[Archiv][Storywettbewerb Frühjahr 09][WHFantasy] "Tugend und Laster"

SHOKer

Mentor der flinken Federn
03. Februar 2006
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Diese Geschichte wurde von Auxo verfasst.

1.
Im Jahre des Verbrechens

Die Nacht der Raben:
[Der Rabe Rin am Waldesrand. Re kommt angeflattert. In der Ferne ein Ritter in vollem Galopp.]

Rin: Wer reitet so spät durch Nacht und Sturm?
Re: Es ist ein räudig‘ Menschenwurm.
Rin: Was trägt er verhüllt vor sich auf dem Ross?
Re: Es ist ein zitternd‘ Menschenspross.
Rin: Was ist dem Ritter so angst und bang‘?
Re: Die Zeit wird knapp, der Weg ist lang.

[Einige Zeit später. Die Raben in der Luft, unter ihnen der Ritter.]
Rin: Was stürmt er hinan in Hast und Not,
da in seinen Armen das Kind liegt tot?
Re: Ein ewig‘ Rätsel bleibt mir der Menschen Tun,
nicht mal die Toten lassen sie ruhn‘.

Aus der Tiefe:
[Irgendwo in den Hallen der Ewigkeit. Trauernde Seele.]
Seele: Sein Gesicht getränkt mit Blut, die kleinen Knie zertrümmert,
ist der Menschen höchstes Gut, an bebend‘ Brust verkümmert.

[Erschüttert tritt ein Verblichener auf.]

Geist: Was hat die Uhr geschlagen, dass Menschen sich so plagen,
die Anderen zu richten, sich selber zu vernichten?


Der verzweifelte Ritter:
[An einem einsamen Hügel. Ritter verscharrt das tote Kind. Raben über ihm im Geäst.]
Ritter: Sigmariten im Hass geeint, schimpften sich gläubig, gar rechtschaffen,
zogen wider den innern‘ Feind, griffen zu Harnischen und Waffen,
sie läuterten Weiber und schlugen das Kind,
verstreuten die Leiber im rauschenden Wind,
schleiften das Dorf, ignorierten Gesetze
und alles nur - wegen EINER Hexe.

Re und Rin im Chor: Was für ein Abend, was eine Nacht,
da der Ritter das tot‘ Kind hat gebracht.

[Ritter geht ab. Re und Rin krähen wie irrsinnig.]
2. Die Leiden des Hauptmanns Kurt
Dumpf drangen Trommelschläge durch die milchigen Butzenglasscheiben, ließen den Staub im einfallenden, schalen Sonnenlicht zu ihrem Rhythmus tanzen. Die vergilbten Blätter des ledernen Folianten, welcher geöffnet auf einem Tisch lag, tränkten die stickige Luft mit schwerem Altholzgeruch. Die Wände des engen Arbeitszimmers waren bis unter die Decke mit dunklen Eichenbücherregalen gesäumt, aus denen lose Skripte, Pergamentrollen und in Kalbsleder eingebundene Bücher ohne Ordnung aus den Fächern quollen.
Hinter dem mittig postierten, altmodischen Schreibtisch kauerte ein grauhaariger Mann, welcher die faltigen Lider angestrengt zusammenkniff.
Speckig fiel ihm strähniges Haupthaar in das ausgemergelte Gesicht. Ein zerschlissener, vom Zahn der Zeit abgenagter Morgenmantel umschlang seinen schmächtigen, seltsam krumm vornüber gebeugten Körper.
Seine müden Augen versuchte er mit leidlichem Erfolg seinem Willen zu unterwerfen. Immer wieder verschwammen die kunstvoll geschwungenen Lettern vor seiner Nase, verbanden sich zu schwarz-beigen Ornamenten nichtssagenden Inhalts.
Schließlich seufzte der alte Hauptmann, gab sich diesem erdrückend übermächtigen Feind geschlagen und richtete sich auf. Was wollte man auch gegen das Alter kämpfen und sich ernsthaft einbilden, dies mit den Meriten, wie sie einem erfolgreichen Strategen im Formate des Hauptmanns durchaus gebührten, krönen zu können.
‚Es ist absurd, du alter Narr, ‘ schallt Kurt seine Einfalt. ‚Das Leben ist nun mal keine Rotte marodierender Orks. ‘
Trotz seines hohen Alters neigte er nicht selten zu ausufernder Impulsivität. Schon seit fast einem Dutzend Jahren hatte er seinen Dienst quittiert und fristete nun ein elendes Dasein, da er es versäumt hatte, sich in all den Sonnenumläufen im Kielwasser des Krieges nach einer geeigneten Lebensgefährtin umzusehen. Bücher und antike Schriften bildeten seine einzige, ganz und gar klägliche Leidenschaft - wenn man von einer virulenten Schwäche für Alkohol einmal absah.
Manch einer aus den niederen Gesellschaftsschichten, welchen er sich sehr verbunden fühlte, nannte ihn einen
Gelehrten, doch ließen jene dem wahren Wesen des greisen Hauptmanns schwerlich Gerechtigkeit widerfahren. Nicht Philistertum schmückte seine ausschweifenden Tiraden, sondern ein geschliffener Geist, welcher sich in den reißenden Fluten des Lebens immer wieder zu behaupten wusste.
Die abgewetzten Bretter knarrten unter seinen schlurfenden Schritten.
Rotgolden funkelte feinster Altdorfer Roggenbranntwein in dem kleinen Kristallglas am Fenster.
Kurt umklammerte es mit seinen knöchernen Fingern, sog das rauchige Aroma durch die Nase ein, ließ es in seinem Körper wirken, seinen Geist beleben.
Sonnenstrahlen tasteten nach seinem Kopf, hüllten sein Antlitz in milde Wärme.
Mit einem kräftigen Schluck leerte er das Glas. Ein köstlich-kräftiger Getreideextrakt benetzte seine Zunge, ehe der Alkohol wie eine Glutwelle die Speiseröhre hinab strömte und ein bestialisches Brennen hinterließ.
Kurt schüttelte sich. „Himmel und Hölle des totgeweihten Mannes.“
Er schenkte sich nach und leerte auch das zweite Glas in einem Zug. Abwesend starrte er auf das glänzende Gefäß, welches das einfallende Licht prismatisch brach.
Er ließ seinen Gedanken freien Lauf, entglitt in einen Ozean voll Erinnerung und Emotion. Ein Meer ohne Ufer, ein Meer ohne Horizont, ein Meer, das nur in ihm existierte, ganz tief drin und verborgen.
Einst war er ein kühner Mann gewesen. Ordensritter und nach einer beeindruckenden militärischen Karriere hatte er es bis zum Hauptmann der Reiterei zu Altdorf gebracht. Wie in Trance durchschritt sein Bewusstsein einen unsichtbaren Schleier.
Waffengeklirr drang an sein inneres Ohr, das nervöse Schnauben von Pferden.
Plötzlich fand er sich wieder, als junger Reiter inmitten von lodernden Häusern. Der Geruch von verbranntem Fleisch biss in seiner Nase. Blut und Fett der Geschändeten mäanderte knöchelhoch zwischen den Scheiterhaufen, welche von rußqualmenden Feuersäulen zerfressen wurden. Zertrümmerte Glasscherben glitzerten wie Kristalle mitten in all diesem Elend, als wollten sie dieser Ansammlung apokalyptischer Macht mit Zynismus und dekadentem Prunk eine buntscheckige Narrenkappe überstülpen.
Verkohlte Gliedmaßen fütterten die gierigen Flammen, aus welchen hie und da grotesk verzerrte Fratzen stierten.
Hastig griff Kurt nach der Schnapsflasche und spülte seine dunkle Vergangenheit hinab.
‚Süßer Äther sei mein Gast, auf dass du mich vergessen machst. ‘
Er hasste die Demagogen, die Hetzer, welche durch die Straßen zogen, Andersgesinnte verschleppten, vergewaltigten, mordeten, und doch hatte er ihnen einst als Werkzeug gedient. Er hatte sich benutzen lassen, sich dem Unrecht gefügig dargeboten.
„Mari, “ brüllte er mit kratziger Stimme. „Mari.“
Schüchtern schlüpfte die blutjunge Dirne durch den Türspalt.
„Euer Gnaden, “ lispelte sie mit gesenktem Blick.
„Bring mir ‘nen Klaren, “ grummelte er.
„Jawohl mein Herr.“
Lautlos wie auf Samtpfoten entschwand sie.
Der alte Hauptmann erblickte seinen Hirschfänger, den er zur Dekoration über das Fenster gehängt hatte.
Ehrfürchtig griff er nach dem Kurzschwert, welches ihm in seiner Jugend solch formidable Dienste erwiesen hatte.
Kaum spürte er den kalten Stahl zwischen seinen Fingern, als sie ihn schon anstarrten mit ihren eisgrauen Augen. Stumm klagten sie ihn an. Unschuldige Seelen, zu unrecht gerichtet von frommen Teufeln, welche
von ihrer Gerechtigkeit besessen waren.
Er hielt ihn wieder in Händen, den kleinen Jungen, der blutüberströmt an seiner toten Mutter Brust wimmerte. Er hielt ihn wieder unter seinem Arm. Er ritt wieder auf seinem kräftigen Rappen und abermals spürte er,
wie dieses kleine zuckende Bündel seinen Lebensodem aushauchte. Von Neuem erscholl das krächzende, demütigende Hohngelächter über seinem Haupt.
Zorn glomm in seinem Herzen. Abgrundtiefer Zorn, unendlicher Zorn. Ein Hass, welcher seit Jahren unter einer brüchigen Oberfläche gebrodelt hatte.
Kurt wollte einen weiteren Schluck nehmen, doch die Karaffe war leer.
Wutentbrannt schleuderte er sein Glas in die Ecke, dass es barst. Schwer und rasselnd ging sein Atem, fast japste er nach Luft. Wie wahnwitzig raste sein altersschwaches Herz, drosch gegen sein knöchernes Verließ.
Mit seinen ausgelatschten Filzpantoffeln schlurfte Kurt so schnell es eben ging die schmale Treppe hinab ins Parterre.
„Mari, “ grölte er.
Seine Nase leuchtete rubinrot. Kleine Äderchen durchbrachen die dünne, ledrige Haut.
Besorgt kam das Mädchen mit einem Tablett aus der Speisekammer.
Fast flehte sie ihn an: „Mein Herr, Bruder Reimund sagte doch…“
„Was der vermaledeite Bruder sagt, ist mir wurscht, “ schrie Kurt. Spucke troff aus seinem breiten Mund und rann ihm in den ungepflegten Bart. Bebend hob und senkte sich seine Brust.
Ein kräftiger Zug Branntwein heizte sein Gemüt weiter an.
Lüstern packte er Mari am Arm, um sie an sich zu ziehen, doch die Magd konnte sich unter Tränen losreißen, ließ das Tablett fallen und versteckte sich in der Küche. Glucksend ergoss sich Kirschwasser aus der zu Boden gefallenen Flasche über den braunen Läufer.
Es war nicht das erste Mal, dass Kurt seinen Frust ertränkte, doch an diesem Tag war es anders.
Vielleicht waren es die pochenden Trommelschläge, vielleicht die dröhnenden Tempelglocken,
welche ihn so tief in seine Vergangenheit vorstoßen ließen, die Dinge in ihm zum Leben erweckten,
denen er jegliches Vorhandensein bereits abgesprochen hatte.
Weder Frau noch Kinder konnte er sein Eigen nennen und sein Ableben war nurmehr eine Frage der Zeit. Plötzlich schien es ihm, als habe seine dahinsiechende Existenz nur noch einen Sinn.
Mit zittriger Hand legte er seinen rotblauen, ausgeblichenen Offiziersmantel an, schlüpfte in seine schweren Lederstiefel, nahm die rostige Jenny, steckte sie unter seinen Mantel und machte sich auf den Weg.
Verschwommen nahm er die engen, verwinkelten Gassen wahr. Er schwankte mal hierhin, mal dorthin, doch überall verfolgten ihn anprangernde, schmerzverzerrte Grimassen.
Das Schicksal heftete sich wie ein zweiter Schatten an seine Fersen.
Endlich hatte er die kühlen Steingemäuer erreicht. Mit Müh und Not schob er sich durch das Große Portal, wankte durch die Menschenmassen, welche gerade den göttlichen Hochgesängen lauschten,
dann fiel er auf die Knie und streichelte verstört den roten Teppich zu seinen Füßen. Weich und flauschig, flauschig und weich. Der Muff von abertausend Jahren durchbrach die Poren seiner Finger, fraß sich in sein tumoreskes Fleisch.
Er hustete Blut, der Schweiß rann ihm in Strömen über das totenblasse Gesicht.
Irritiert blickte der Lektor von seiner heiligen Schrift auf.
„Für die Bürger von Roßdorf…, “ keuchte Kurt, das zahnlose Gebiss bleckend und in einem ohrenbetäubenden Inferno aus Rauch und Flamme verging der Lektor, die Brust von einer Bleikugel zerfetzt.
Kaum war der Schuss verhallt, ließ Kurt die Pistole fallen, brach zusammen und starb.
Die Verbrechen waren gesühnt und des Hauptmanns Seele glitt hinüber in Morrs ewiges Schattenreich.





3.Altdorfer SchreierMittwoch 9.7
Irrer schießt in Tempel um sich
Am gestrigen Mittwoch wurden überrumpelte Gläubige Zeuge eines bizarren
wie schrecklichen Ereignisses. Zur Mittagsmesse
stürmte ein sturzbetrunkener Fanatiker den Tempel des Sigmar und schoss den
ersten Lektor der Gemeinde, den 81. Jährigen Gabriel Franz nieder, bevor
der Attentäter selbst den Folgen seines übermäßigen Alkoholkonsums erlag.
Augenzeugen berichteten, wie sich der Täter auf den Ort Roßdorf berief
und als Motiv seiner Tat Rache nannte.
Tatsächlich war Franz vor Jahrzehnten an einer Hexenjagd als leitender Inquisitor beteiligt.
Die Zentralverwaltung prüft nun, ob es im Rahmen jener Handlungen, an welchen
womöglich auch der Attentäter beteiligt war,
(seines Zeichens pensionierter Hauptmann; Anm. der Redaktion)
zu exzessiven Übergriffen auf die Zivilbevölkerung gekommen ist.
Verdächtigungen seitens der Inquisition, nach welchen der Mann Rädelsführer
eines Chaoskultes im Armenviertel gewesen sein könnte, was zu umfangreichen Säuberungsaktionen geführt hätte, ließen sich bedauerlicher Weise nicht erhärten.
Freitag 11.7
Keine Belege für Bluttat
In dem Fall Gabriel Franz (wir berichteten) gibt es laut dem Sprecher der Heiligen Kirche
des Sigmars neue Erkenntnisse. Tatsächlich wurde Roßdorf vor Jahrzenten im Rahmen einer
Hexensäuberung unter dem Befehl Gabriel Franz‘ durchkämmt.
Zeugen, die einen Gewaltexzess belegen hätten können, wurden unglücklicherweise keine
gefunden, da das Dorf an seiner ursprünglichen Stelle nicht mehr auffindbar war.
Ein weiteres Beispiel für die seit Jahren anhaltende Landflucht, so der Sprecher
der Kirche. Der Fall werde somit aufgrund unzureichender Beweislage
zu den Akten gelegt.

 
Zuletzt bearbeitet:
Interessantes Konzept!
Gekonnt werden bekannte Elemente mit eingeflochten. Die Story selbst passt sehr gut ins düstere Warhammer-Fantasy Universum und ist wundervoll tragisch. Diese Geschichte ist vergleichsweise anspruchsvoll, es lohnt sich sie zweimal zu lesen. Manchem mag das zu anstrengend sein, für mich ist es ein Qualitätsmerkmal.
 
Die Geschichte ist recht anspruchsvoll geschrieben, gleichzeitig stören aber auch die Übergänge, das Gedicht ist nicht gerade herausragend geschrieben. Gerade dieser Vers gefällt mir nicht: "[FONT=&quot]Rin: Was stürmt er hinan in Hast und Not,
[/FONT]
[FONT=&quot]da in seinen Armen das Kind liegt tot?" Dies sagt eine Person, oder? Aber selbst wenn nicht, passt das da nicht wirklich gut.[/FONT][FONT=&quot]
Auch schwindet mir die Lust immer wieder beim lesen. Sie kommt zar wieder, aber sie ist nicht stätig da. (Später werde ich diese Geschichte noch etwas mehr kommentieren. Möchte davor nur noch die letzte der beiden Warhammergeschichten lesen.)


[/FONT]
 
Kann meinen Vorrednern nur zustimmen. Anspruchsvoll geschrieben und auch von der Thematik überzeugend. Der dreiteilige Aufbau ist zumindest einfallsreich.

Aber es gibt auch Kritik. Das (ich nehme mal an es soll eine Art kurzes Drama sein 😀), wirkt auf mich leider etwas gekünstelt. Auch ist es kurz und inhaltsleer.

Wie auch Glorin schon bemerkte, braucht die Geschichte etwas bis sie in Fahrt kommt.

[FONT=&quot]Dies sagt eine Person, oder? Aber selbst wenn nicht, passt das da nicht wirklich gut.[/FONT][FONT=&quot]
[/FONT]
Ich glaube es handelt sich um Raben. 😉
[FONT=&quot]Der Rabe Rin am Waldesrand. Re kommt angeflattert.[/FONT]
 
Das Konzept ist aufjedenfall neu 🙂

Das Gedicht hat mich leider ein wenig zu stark an den Erlkönig erinnert.
Die beiden "Zeitungsartikel" wirken für mich ein wenig ... hm, gekünselt/unecht/ k a, wie ichs beschreiben soll. So würde ich mir jedenfalls keien Berichte aus dem WHF-Universum vorstellen.
Der mittlere Teil überzeugt ohne Frage.
 
Okay, der Erlkönig am Anfang ist ein wenig unglücklich gewählt, wenn er auch ein Schmunzeln beim Lesen erzeugte.
Der Mittelteil ist sehr überzeugend. Ein alternder Veteran, der sich seiner Schuld bewusst ist und sie in Alkohol zu ertränken versucht...Genial dargestellt.
Auch die beiden Zeitungsberichte am Schluss fand ich passend, zeigen sie doch die Macht der Kirche Sigmars über die Medien (wenn man von so etwas in einer mittelalterlichen/renaissanceähnlichen Welt schon sprechen kann).
 
Prämisse: Gefällt mir!^_^

Der Aufbau ist kreativ gewählt, keine Frage. Ich dachte zunächst, es handle sich um weitgehend autonome Teile, was die Bewertung erschwert hätte, ich ließ mich jedoch schnell eines besseren belehren.

Beim ersten Lesen des ... naja, des ersten Teils? Sehe ich das richtig, dass es als Theaterstückchen gemeint ist?
Jedenfalls nerven die Regieanweisungen beim ersten drüberlesen. Wenn man dann aber unter Kenntniss der Regieanweisungen beim zweiten oder dritten Durchgang selbige ignoriert und sich quasi die Aufführung vorstellt, dann wirkt es erst richtig.

Das Schicksal des Hauptmanns ist gut erzählt, sein Niedergang ist ziemlich ergreifend inszeniert. In Sachen Wortwahl hat der Autor wirklich alle Register gezogen. Das lässt den Stil professioneller wirken, hat aber manchmal etwas von zwingendem Selbstbeweis seitens des Autors. Ob der trunksüchtige alte Hauptmann nun ein Glitzern "prismatisch" nennen muss...

Um mit Busch zu sprechen: "Aber wehe, wehe, wehe! Wenn ich auf das Ende sehe!!"
Am Ende fällt die Geschichte leider etwas ab. Der große Knall bleibt weitgehend aus. Mag sein, dass die Zeit knapp wurde, oder die Ideen ausgingen, jedenfalls wirkt das leider nicht so ausgetüftelt, wie das Vorrangehende.
Insbesondere, sein Dahinscheiden in einem kurzen Satz abzuhandeln, hat mich etwas enttäuscht.

Die nachgeschobenen Zeitungsartikel haben leider auch nicht so recht überzeugen können. Der Tonfall ist mir da wirklich zu nah an der "Bild", zu weit weg von WHF.

Für mich ist das absatzweise die am besten geschriebene Geschichte im Teilnehmerfeld. Das Ende ist leider recht schwach geraten und Die Artikel stören mein Gesamtbild etwas.

Dennoch weit vorn im Ranking.
 
Das Schicksal der zu spät Gekommenen ist es wohl, auf ewig ihrer Vordermänner Worte zu wiederholen.
Eine Geschichte, die sicherlich spalten kann. Es ist auf jeden Fall toll, dass sich von dem herkömmlichen Aufbau einer Kurzgeschichte gelöst wird, wodurch sie ungemein interessanter zu lesen ist. Diese große Stärke ist zugleich aber auch eine Schwäche, da die drei Teile stilistisch einfach zu grob ineinander übergehen:
Von einem poetischen Drama über ein (von der Wortwahl teilweise etwas sehr... ausgeprägtem) Prosastück bis zu einem reißerischen Zeitungsartikel, der einfach zu modern wirkt (vgl. die "Anmerkung der Redaktion" - vielleicht hätte man es hier wirklich mehr im Stile eines tatsächlichen Marktschreiers halten sollen) gibt es hier doch sehr viel Varianz, und nach jedem Bruch muss man sichneu einlesen.

Der Klammerrabe
 
der anfang hat mich auch an den erlkönig erinnert 🙂 das muss aber nichts schlechtes sein.
edit: ich muss meine meinung etwas nach oben korrigieren: die geschichte ist gut durchdacht und hat eine nahezu perfekte wortwahl. man fühlt sich gleich in die zeit hineinversetzt. großes lob von mir.
wenn die autoren hier mal aufgedeckt werden, würd ich gerne wissen, was das mit der hexe und dem kind auf sich hat. war der protagonist ehemann und vater? zwischendurch steht da, dass er keine zeit dafür hatte... vielleicht hab ich was wichtiges überlesen, aber klärt mich auf 🙂
 
Zuletzt bearbeitet:
wenn die autoren hier mal aufgedeckt werden, würd ich gerne wissen, was das mit der hexe und dem kind auf sich hat. war der protagonist ehemann und vater? zwischendurch steht da, dass er keine zeit dafür hatte... vielleicht hab ich was wichtiges überlesen, aber klärt mich auf 🙂

also ich habe das so verstanden: Der Hauptmann hat an einem Angriff auf ein Dorf geführt, indem angeblich eine Hexe gelebt hat. Und aus irgendeinanden Grund waren die Auftraggeber (Kirche eben) der Meinung, man müsse das ganze Dorf niederbrennen. Das Kind war, soweit ich weiß, einfach nur eines, das er geschnappt hat und in Sicherheit bringen wollte.

So, meine Bewertung der Story:
Sehr solide, würde ich sagen. Also den Einstieg finde ich sehr gelungen, konnt mir gut vorstellen, wie die Raben da über den Ritter fliegen. Und es ist in jedem Fall genialer, als einfach zu beschreiben, wie er das tote Kind begräbt. Den Mittelteil fand ich weniger schön. Das wirkte zum Teil so, als hätte man ganz zufällig den Tag erwischt, an dem ihm endlcih klar wird, was er tun kann. Ein wenig zu zufällig. Da fehlt irgendwie ein deutliches Ereigniss, das ihm seinen WEg vor Augen führt. Dass er sich betrinkt und versucht, das Dienstmädchen anzugrapschen, kommt mir auch mehr wie die 0815-Beschreibung eines verbitterten Vetaranen vor. Also da wie gesagt, eher flach. Das Ende fand ich dagegen wieder sehr gelungen. Den Tod/Mord hätte man noch ausbauen können, aber die Zeitungsartikel finde ich schön. Man kann sich streiten, ob er Ton in die Zeit passt, aber ich habe da nichts auszusetzen und der Inhalt überzeugt auf jeden Fall und zeigt die Intrigen der Kirche.

Fazit: Eine sehr solide Geschichte mit interessanten Ideen, gerade stilistisch, die leider in der Mitte etwas konstruiert wirkt. Hätte möglicherweise einen Punkt bekommen.
 
[FONT=Arial, sans-serif]Zuerst vielen herzlichen Dank an alle, die meiner Geschichte zu Punkten verholfen haben. [/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]Auch ein Dankeschön an SHOKer, der hier sehr viel Mühe und sicher auch viel Herzblut in [/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]diesen Wettbewerb gesteckt hat. [/FONT]


[FONT=Arial, sans-serif]Danke auch für die teils sehr konstruktive Kritik, die ich bereits für eine neue Geschichte verwenden [/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]konnte. [/FONT]


[FONT=Arial, sans-serif]Leider ist für mich das Ergebnis nicht ganz zufriedenstellend, da hätte ich mir schon etwas mehr erwartet, da die Geschichte doch recht aufwendig gemacht war.
[/FONT]
[FONT=Arial, sans-serif]
[/FONT]
gleichzeitig stören aber auch die Übergänge,
da die drei Teile stilistisch einfach zu grob ineinander übergehen
Muss ich euch Recht geben. Im nachhinein hätte ich die Teile noch etwas schöner ineinander übergehen lassen sollen. War im nachhinein auch mein eigener Hauptkritikpunkt.



Das Gedicht hat mich leider ein wenig zu stark an den Erlkönig erinnert.
Da hättest du mal meine 'Originalversion' sehen sollen 😀.



Auch die beiden Zeitungsberichte am Schluss fand ich passend, zeigen sie doch die Macht der Kirche Sigmars über die Medien
Die nachgeschobenen Zeitungsartikel haben leider auch nicht so recht überzeugen können. Der Tonfall ist mir da wirklich zu nah an der "Bild", zu weit weg von WHF.
reißerischen Zeitungsartikel, der einfach zu modern wirkt (vgl. die "Anmerkung der Redaktion" - vielleicht hätte man es hier wirklich mehr im Stile eines tatsächlichen Marktschreiers halten sollen)
Die Zeitungsartikel sollten einen kühlen, fast zynischen Charakter besitzen, der einen gewissen bitteren Beigeschmack auslöst. Ein Marktschreier hätte diese Durchdringung der Gesellschaft, die zum regelrechten blinden Akzeptieren von offensichtlichen Unwahrheiten führt, nicht in der Weise darstellen können.



In Sachen Wortwahl hat der Autor wirklich alle Register gezogen. Das lässt den Stil professioneller wirken, hat aber manchmal etwas von zwingendem Selbstbeweis seitens des Autors.
Ja, eine leidige Schwäche meinerseits ^_^


Am Ende fällt die Geschichte leider etwas ab. Der große Knall bleibt weitgehend aus. Mag sein, dass die Zeit knapp wurde, oder die Ideen ausgingen, jedenfalls wirkt das leider nicht so ausgetüftelt, wie das Vorrangehende.
Insbesondere, sein Dahinscheiden in einem kurzen Satz abzuhandeln, hat mich etwas enttäuscht.
Naja, erstens bin ich der Meinung, das man den Tod nicht ewig inszenieren muss, da er an sich uninteressant ist. Auch liegt das Hauptaugenmerk auf dem Niedergang und nicht auf dem Sterben des Hauptmanns. Der große Knall bleibt natürlich aus, da das Ende eher eine Aufforderung ist, die vielen 'kleinen Knaller' zu suchen.


also ich habe das so verstanden: Der Hauptmann hat an einem Angriff auf ein Dorf geführt, indem angeblich eine Hexe gelebt hat. Und aus irgendeinanden Grund waren die Auftraggeber (Kirche eben) der Meinung, man müsse das ganze Dorf niederbrennen. Das Kind war, soweit ich weiß, einfach nur eines, das er geschnappt hat und in Sicherheit bringen wollte.
Vollkommen korrekt. 😉


Das wirkte zum Teil so, als hätte man ganz zufällig den Tag erwischt, an dem ihm endlcih klar wird, was er tun kann. Ein wenig zu zufällig.
Jein. Einerseits hast du nicht ganz unrecht, andererseits ist im Grunde jede Geschichte eine total zufällig stattgefundene, da sie ja sonst nicht erzählenswert wäre. Was du aber (denke ich) eigentlich damit meintest, dass eben die inneren Beweggründe des Protagonisten nicht vehement genug durchgearbeitet sind, kann ich nachvollziehen. Da hätte ich eine noch konsequenteren seelischen Niedergang beschreiben können.



Wenn man dann aber unter Kenntniss der Regieanweisungen beim zweiten oder dritten Durchgang selbige ignoriert und sich quasi die Aufführung vorstellt, dann wirkt es erst richtig.
Ja, stimmt. Es wirkt meist etwas hölzern, wenn man Theaterstücke (vor allem derart kurze) liest. Ich hatte auch überlegt, das ganze Stück in Versform zu gestalten, aber das ist einfach zu zeitaufwendig. Allein die paar Verse am Eingang haben mich schon etliche Stunden gekostet.

Dass er sich betrinkt und versucht, das Dienstmädchen anzugrapschen, kommt mir auch mehr wie die 0815-Beschreibung eines verbitterten Vetaranen vor.
Besonders ausgefallen ist es nicht, aber irgendwie musste ich sein Scheitern im zivilen Leben auch darstellen, was ja mit einer seiner Handlungsantriebe ist. Vll. wäre es noch cooler gewesen, wenn das Dienstmädchen nicht jung, sondern steinalt gewesen wäre 🙂

Das wärs fürs Erste von mir. Ich hoffe ich konnte eurer Kritik gerecht werden, ansonsten einfach noch einmal nachfragen. Schlussendlich freue ich mich vor allem über die neuen Erfahrungen und Eindrücke die ich in diesem Wettbewerb gewonnen habe.

Gruß
 
Zuletzt bearbeitet: