[FONT="]Reikwald, der 08.03.2534[/FONT]
[FONT="]Tagebuch des Hartmuth Fleischer[/FONT]
[FONT="]Ich muss es auf Pergament bringen, bevor meine Erinnerung sich trübt. Diese Nacht rief uns der Hauptmann, damit wir die auf dem Totenacker aufgetauchten Untoten ausräuchern. Ich muss zugeben, dass ich verdammt viel Angst verspürte, als wir die Friedhofstore durchquerten. Und auch dieser Söldner Viktor, der uns begleitete, half da nicht. Er war unheimlich. Dunkel gekleidet, schweigsam, mürrisch...Und irgendwie unmenschlich. Doch hätte ich da gewusst, was mir noch bevorstand, hätte ich diesen Anblick vielleicht gar als Beruhigung erachtet.[/FONT]
[FONT="]Es war schrecklich.[/FONT]
[FONT="]Karl wurde von diesen Kreaturen vor meinen Augen förmlich ausgeweidet, und nicht nur er war am nächsten Morgen nur noch eine entstellte Leiche...[/FONT]
[FONT="]Sein Anderthalbhänder vollführte einen perfekten Halbkreis in Bauchhöhe und schlitzte den in den Schein der Fackeln springenden Gruftghul auf, bevor dieser seine dreckverkrusteten Klauen zum Schlag heben konnte. Es kostete ihn nicht einmal ein müdes Lächeln.[/FONT]
[FONT="]„Wie ist das möglich?“, wollte Brutus von Garren erbleicht wissen.[/FONT]
[FONT="]„Was?“, knurrte Viktor zurück und ließ seine roten Augen kurz auf dem Mann verweilen.[/FONT]
[FONT="]„Ich habe das Biest noch nicht einmal gesehen! Wie könnt Ihr es so schnell töten?“, wollte der Hauptmann der Stadtwache Reikwalds wissen.[/FONT]
[FONT="]„Ich kenne diese Ungeheuer“, antwortete Viktor trocken, während er seinen Blick aufmerksam über die Gräber des Friedhofs schweifen ließ, die Klinge aus Meteoreisen abwehrbereit vor dem Körper.[/FONT]
[FONT="]Er fluchte innerlich, da er sich auf die Hilfe der Stadtwache eingelassen hatte. Der Bürgermeister, ein fetter, aufgeblasener Aristokrat, hatte ihn angeheuert, um den Friedhof der Stadt von seinen nächtlichen Besuchern zu säubern. Von Garren hatte seine Hilfe angeboten, doch wenn Viktor geahnt hätte, wie sich die Stadtwache anstellen würde, hätte er verzichtet. Die Männer zitterten vor Angst so sehr, dass ihre Kettenhemden beständig klimperten. Außerdem nahm das Licht ihrer nervös hin und her geschwenkten Fackeln ihm immer wieder die Nachtsicht. Eigentlich war dies einer seiner entscheidenden Vorteile, den er sich durch die Einnahme eines Trankes einer jungen Hexe verschafft hatte, doch durch die verängstigten Männer hinter und neben ihm konnte er ihn nicht einmal ansatzweise ausspielen.[/FONT]
[FONT="]„Bleibt hier. Ich bin bis zum Morgengrauen zurück“, bestimmte Viktor mit knarrender Stimme.[/FONT]
[FONT="]„Wollt Ihr etwa ganz alleine weiter?“, erkundigte sich Brutus. Die Erleichterung in seiner Stimme strafte seine Worte lügen. Viktor sah den Hauptmann einige Herzschläge lang eiskalt an, woraufhin dieser per Handzeichen seine Männer um sich scharte.[/FONT]
[FONT="]Viktor drehte sich um und ging weiter zwischen den einfachen Gräbern hindurch zu den Krypten der verstorbenen Reichen dieser Stadt. Er wusste, dass sich hier die meisten Ghule herumtrieben. Sie hatten nichts für den als Grabbeigabe beigelegten Schmuck übrig, mehr für das verfaulende Fleisch der Leichen, doch ihre Herren fanden umso mehr Gefallen an dem Geschmeide, dass die Adeligen ihren toten Anverwandten mit ins Grab gaben.[/FONT]
[FONT="]Mit einem schnellen Handgriff an seinen Gürtel vergewisserte er sich, dass die kleine, mit Weihwasser gefüllte Phiole noch in ihrer Schlaufe hing. Viktor bezeichnete sich nicht gerade als einen gläubigen Anhänger des Sigmarkults, doch er wusste um die Macht der Priester und ihres Segens im Kampf gegen Untote.[/FONT]
[FONT="]Sein Hass auf diese verkommenen Wesen war stark genug, um seinen fehlenden Glauben auszugleichen. Seit ein Vampir sein Heimatdorf Tiefbach zerstört hatte, seine Frau und seinen Sohn ermordend, jagte Viktor alle ihrer Art. Er war nicht einfach nur ein Söldner wie so viele in diesen schrecklichen Zeiten; Viktor war schon beinahe ein Kreuzritter, doch seine Methoden waren anders, denn sein Hass hatte ihn nicht für das Offensichtliche blind werden lassen: Vampire waren schnell, unmenschlich stark und tödlich. Um sie zu töten, musste er mit ihren Fähigkeiten wenigstens gleichziehen können.[/FONT]
[FONT="]Eine Hexe, Abigail mit Namen, tief im Reikwald hatte ihm dabei geholfen. Viktor konnte sich ein trockenes Lächeln bei diesem Gedanken nicht verkneifen. Sie war jung und ansehnlich gewesen. Ihre weiche, tröstende Hand hatte ihm die Torturen erleichtert, doch die Tränke, die sie ihm eingeflösst hatte, hatten dennoch unmenschliche Schmerzen verursacht, während sich sein Körper innerlich verändert hatte.[/FONT]
[FONT="]Es war Jahre her. In der Zwischenzeit hatte er ein Dutzend oder mehr Vampire gejagt und getötet, für Geld ebenso wie aus Rache. Und immer wieder war er zu Abigail zurückgekehrt, die ihm aus Extrakten der Blutsauger neue Tränke braute, um seine Fähigkeiten zu steigern. Inzwischen war sie ihm schon fast so etwas wie eine neue Familie geworden. Obwohl er seit Tiefbachs Zerstörung grimmig und rau geworden war, hatte die Hexe irgendwie einen Zugang zu ihm gefunden, wie das mit einem Drudenfuß verzierte Amulett um seinen Hals bewies.[/FONT]
[FONT="]Seine Pupillen weiteten sich, um ihm eine bessere Sicht auf dem vom Halbmond beschienenen Friedhof zu ermöglichen. Ein kühler Wind strich ihm durchs Haar und trug ihm den Geruch von frisch aufgeworfener Erde, fauligem Holz und Blut entgegen.[/FONT]
[FONT="]Einige Gruftghule humpelten und sprangen geduckt zwischen großen Grabplatten umher, doch ihre Aufmerksamkeit galt dem Fackelschein der Stadtwächter.[/FONT]
[FONT="]Umso besser. Dann machen sie sich doch noch zu irgendwas nützlich[/FONT] [FONT="], dachte Viktor bitter, zog sein nietenverstärktes Lederwams enger zusammen und ging langsamen Schrittes weiter.[/FONT]
[FONT="]Die verzweifelten, angsterfüllten Schreie der Männer begannen, als er eine niedrige Mauer überstieg, die den inneren Friedhof von den Gräbern der gewöhnlichen Bürger abtrennte. Zwischen die panischen Rufe mischten sich schmerzverzerrte Todesschreie, als er in den Schatten der ersten Krypta eintauchte. Er achtete nicht darauf; denn er konnte sich keine Ablenkung leisten.[/FONT]
[FONT="]Und kein Bedauern.[/FONT]
[FONT="]Einige Schritte später blieb er stehen. Das Mondlicht glitzerte in der sternenklaren Nacht auf der Klinge seines Schwertes. Sein Blick wanderte über die verzierten Grabgewölbe, die still vor ihm lagen. Er ging weiter, den Kopf leicht gesenkt und das Schwert immer wieder gegen die Pfeiler von Krypten schlagend, so dass das Meteoreisen laut hallte und einen beinahe glockenartigen Klang über den Friedhof schickte. Er hatte nicht die Zeit, jede Grabkammer nach dem Vampir zu durchsuchen, denn bei Tagesanbruch würden die Ghule zurückkehren. Und egal, wie schnell er war, es waren einfach zu viele von ihnen. Seine einzige Möglichkeit war es also, seinen Gegner aus seinem Bau zu locken.[/FONT]
[FONT="]„Fast schon wie die Jagd auf Tiermenschen“, flüsterte Viktor verächtlich, als zwei magere Gestalten sich lautlos aus dem Schatten eines Mausoleums schälten. Abwartend blieb er stehen und ging ein wenig in die Knie, die Klinge lässig vor seinen Beinen auf den Boden gerichtet. Zwei Totenschädel grinsten ihn über verrostete Brustpanzer hinweg an. In den Augenhöhlen der Skelette schimmerte ein kränkliches, grünes Licht. Viktor schnaubte gleichgültig, als die Knochenmänner auf ihn zukamen. Er verspürte keine Angst mehr. Ein Ergebnis der Tränke und seiner Erfahrungen gleichermaßen. Beinahe desinteressiert hob er seine Klinge vor den Körper, parierte gekonnt den ersten Hieb und schmetterte die Eisennieten auf den Knöcheln seiner Handschuhe in das Schädelgesicht. Die morschen Knochen krachten und zerbröckelten. Seines Fokus beraubt, fiel das durch unheilige Magie wiederbelebte Skelett auseinander.[/FONT]
[FONT="]Der andere Knochenmann stach mit seiner rostigen Klinge nach Viktors Bauch, doch der Söldner war schneller, wich dem Stich aus, parierte den Rückhandhieb und entwand dem Knochenmann das Schwert. Mit einem geringschätzigen Schnauben brach er sich mit einem Abwärtshieb einen Weg durch den Brustkorb des Toten. Klappernd fielen die Knochen zu Boden und blieben still liegen. Er lauschte, doch außer einigen entfernten Schreien und dem Ruf eines Uhus weit über ihm war nichts zu hören. Langsam entspannte er sich und richtete sich wieder zu voller Größe auf. Die Schmerzensrufe ignorierend spie er hartherzig aus und ging auf die Krypta zu, aus der die beiden Skelette gekommen waren. Es war ein antikes Mausoleum, ein von dicken Säulen umgebener, von einem Spitzdach gekrönter Steinbau, der den Eingang zur unterirdischen Grabkammer von der Außenwelt abschirmte.[/FONT]
[FONT="]Viktor setzte seinen Stiefel hinter die Pforte und atmete tief durch. Es roch nach Staub, Kerzenwachs und Tod. Ein verschrumpelter Leichnam lag halb auf der abschüssigen Sandsteintreppe, die glasigen Augen erschrocken aufgerissen. Die Kleidung war abgenutzt, sah jedoch nicht sehr alt aus. Viktor hockte sich neben den Toten und begutachtete ihn genauer. Zwei kleine Löcher zeichneten sich dunkel auf dem bleichen Hals ab.[/FONT]
[FONT="]Seine einzige Reaktion war ein gefühlloses, erfassendes Nicken. Ein Zischen aus der Krypta antwortete ihm.[/FONT]
[FONT="]„Kannst es wohl nicht mehr erwarten“, lächelte er kalt, stand auf und stieg die Treppe hinab. Drei Kerzen standen auf einem offenen Steinsarg und sorgten für schwaches, unbeständiges Licht. Festen Schrittes ging er die letzten Stufen hinab und blieb entspannt am Fuß der Steintreppe stehen. Sein Lächeln war so kalt wie Eis, als er sich in der Gruft umsah. Eine dunkelhaarige Frau in einem langen, blutroten Kleid stand mit dem Rücken zu ihm an der gegenüberliegenden Wand.[/FONT]
[FONT="]„Du zeigst keine Furcht“, flüsterte sie anerkennend.[/FONT]
[FONT="]„Du also bist die Hyäne, die den Abschaum da oben angezogen hat“, antwortete er trocken. Sein abschätzender Blick wanderte ihren schmalen Rücken hinab.[/FONT]
[FONT="]„Oh, bitte, nicht so abfällig“, erwiderte sie bittend. Sie drehte sich langsam zu ihm um und lächelte ihn an, zugleich charmant und traurig. Sie war ausgesprochen schön, doch ihre langen Eckzähne erweckten Viktors Verachtung.[/FONT]
[FONT="]„Welchen Namen soll ich auf deinen Grabstein meißeln lassen, Blutsauger?“, wollte er eiskalt wissen.[/FONT]
[FONT="]„Man nennt mich Giulia, Viktor“, antwortete sie bekümmert, ohne seinen Zorn zu beachten. Er wusste, dass sie seine Gedanken las.[/FONT]
[FONT="]„Bald werden sich höchstens die Aasfresser an dich erinnern, Bestie“, versprach er abweisend.[/FONT]
[FONT="]„Du solltest dich vielleicht einmal fragen, wer von uns die Bestie ist, Viktor“, gab Giulia mit sanfter Stimme zu bedenken. Viktor verengte skeptisch die Augen, als er eine Spur Furcht in ihrer Tonlage erkannte. [/FONT]
[FONT="]„Was weißt du schon?“[/FONT]
[FONT="]„Vieles, was vergangen ist.“[/FONT]
[FONT="]„Meine Vergangenheit ist Asche, meine Zukunft ist dein Tod!“, zischte er ihr entgegen.[/FONT]
[FONT="]„Weshalb?“, fragte sie unschuldig und ging einige elegante Schritte auf ihn zu. Beiläufig bemerkte Viktor ihren tiefen Ausschnitt und die eisengraue Farbe ihrer Augen.[/FONT]
[FONT="]„Du tötest Menschen, um sie auszusaugen und dich daran zu belustigen...Bestialisch, mehr kann man dazu nicht sagen“, erläuterte Viktor und streckte ihr die Spitze seines Anderthalbhänders entgegen.[/FONT]
[FONT="]„Der Tod bedeutet für mich Leben, ich muss mich nähren. Doch du...Du meuchelst Vampire aus Rache, aus einem niederen Beweggrund. Tote sind dir gleichgültig, sie erwecken nicht eine einzige Gefühlsregung in dir, Viktor. Ist dies nicht ebenso bestialisch?“, wollte sie einfühlsam wissen.[/FONT]
[FONT="]„Deinesgleichen hat meine Familie getötet.“ Er spie die Worte wie einen Eisklumpen aus.[/FONT]
[FONT="]„Woraufhin du dich selbst entmenscht hast, oder wie würdest du deine Mutationen beschreiben?“, fragte sie traurig nach.[/FONT]
[FONT="]„Ein notwendiges Übel, um dich und deine Art jagen zu können“, knurrte Viktor und ging einen festen Schritt auf sie zu. Giulia wich gewandt ebenso weit zurück. Angst stand in ihren Augen.[/FONT]
[FONT="]„Und dein Mitgefühl? Ist es dir nicht gerade eben erst wieder egal gewesen, dass hinter dir Menschen starben, nur weil du deine Rachegelüste ausleben wolltest? Was für ein Mensch bist du, wenn dich die schmerzverzerrten Hilferufe der Männer, die dir gerade noch helfen wollten, nicht einmal darüber nachdenken lassen, ihnen zu helfen?“, gab Giulia zu bedenken. Eine Träne floss langsam über ihre linke Wange.[/FONT]
[FONT="]„Was für ein Vampir bist du?“, wollte Viktor mit Grabesstimme wissen.[/FONT]
[FONT="]„Hast du einmal darüber nachgedacht, dass nicht alle Vampire so sein wollen, wie sie sind?“, fragte sie zurück. Mehr Tränen flossen über ihre Wangen, als sie einen weiteren Schritt von ihm zurückwich.[/FONT]
[FONT="]„Nein“, zischte er trocken. Seine Augen verengten sich aggressiv, als er auf sie zutrat, das Schwert immer noch ausgestreckt.[/FONT]
[FONT="]„Und ich werde es nie müssen. Deine Ablenkung funktioniert bei mir nicht, Blutsauger!“, versprach er kalt.[/FONT]
[FONT="]„Du solltest dich wirklich fragen, wer von uns die Bestie ist“, sagte Giulia mit belegter Stimme.[/FONT]
[FONT="]„Stirb einfach“, erwiderte Viktor verächtlich und führte einen schnellen Hieb von rechts gegen ihre Hüfte. Seine Klinge traf nur leere Luft, da Giulia auf einen der Särge gesprungen war und ihn von dort erstickt anschrie: „Warum willst du nicht erkennen?“[/FONT]
[FONT="]„Es gibt nichts zu erkennen“, zischte er abweisend und schlug erneut nach ihr. In dem Moment, als Giulia auf den anderen Steinsarg sprang, um seiner Klinge zu entgehen, sah sie ihm in die roten Augen.[/FONT]
[FONT="]Es war dieser eine Augenblick, in dem sie den Hass erkannte, der allein tief in Viktor brodelte. Dieser Augenblick, in dem sie erkannte, dass es nur zwei Optionen für sie gab: töten oder getötet werden. Der Söldner vor ihr würde nicht aufgeben, bis eines von beiden eingetreten war. Widerstrebend und mit Tränen in den Augen zog sie einen langen, schmalen Dolch von der Kante des Totenbettes.[/FONT]
[FONT="]„Ich will dich nicht töten“, flüsterte sie heiser mit einem langsamen Kopfschütteln. Viktors Antwort bestand aus einem horizontalen Hieb gegen ihren Bauch, den sie geschickt mit dem Dolch auffing. Mit einem raschen Schritt ging sie auf ihn zu und stieß ihre Klinge nach vorn. Viktor entging dem Stich durch eine Körperdrehung und führte eine übermenschlich schnelle Schlagfolge, die Giulia in eine Ecke drängte. Ihre Haut hatte eine gräuliche Farbe angenommen und ihren tränenden Augen fehlte die Iris.[/FONT]
[FONT="]„Endlich zeigst du dein wahres Antlitz, Bestie“, flüsterte er frostig. Sie schüttelte traurig den Kopf, was Viktor als Zeichen für einen neuerlichen Angriff nahm.[/FONT]
[FONT="]Giulia wehrte sich tapfer und schmetterte ihre Faust gegen seine Brust, wodurch der Söldner durch die Krypta flog. Sie schrie klagend auf und entblößte ihre langen Fangzähne, doch Viktor erhob sich mit einem eisigen Lächeln. Sein veränderter Leib ignorierte die gebrochenen Rippen einfach. Er sah, dass die Vampirin aus mehreren Schnitten an Armen und Beinen blutete. Sie sprang auf ihn zu, schneller als jeder Mensch. Doch auch er war schnell und begegnete ihrem Dolch mit seiner eigenen Klinge. Schweiß stand auf seiner Stirn, als er ihre raschen Angriffe parierte und immer wieder einen eigenen Schnitt anbrachte. Er duckte sich unter einem Rückhandhieb hindurch und zog ihr die Klinge über den Bauch, was Giulia kreischend zurückweichen ließ und ihm Luft zum Atmen gab. Sie bemerkte erst jetzt dass die aus Meteoreisen geschmiedete Klinge Wunden schlug, die sie nicht so einfach heilen lassen konnte wie die gewöhnlicher Waffen.[/FONT]
[FONT="]Langsam erkannte Giulia ihre Lage und verzweifelte noch mehr. Viktor griff erneut an, schwang seine Klinge gegen ihr Schlüsselbein und drängte sie so zurück. Sein Rückhandhieb, zu schnell für das Auge von Sterblichen, überraschte sie. Die Klinge schnitt ihr Kleid von unten nach oben auf. Noch in der Bewegung warf Viktor eine kleine Phiole nach ihr, die an ihren Rippen zerbrach. Weihwasser spritzte über ihre Seite und verbrannte ihre Haut. Klirrend rutschte ihr Dolch über den Steinboden, als sie vor Schmerzen zu Boden fiel. Sie krümmte sich kreischend und mehr Tränen flossen über ihre Wangen.[/FONT]
[FONT="]Viktor tauchte über ihr auf und setzte ihr die Klinge über ihrer entblößten, wohlgeformten Brust auf die Haut.[/FONT]
[FONT="]„Bitte“, schluchzte sie leise und sah in seine eiskalten Augen. Ihre Erscheinung war wieder völlig menschlich und sie weinte beklagenswert.[/FONT]
[FONT="]„Stirb einfach“, antwortete Viktor gnadenlos und stach zu. Erbarmungslos durchstieß er Giulias Herz.[/FONT]
[FONT="]Als wir schließlich keine Kampfgeräusche mehr aus der Grabkammer hörten, stiegen Gustav, der Hauptmann und ich die Steintreppe hinab. Uns eröffnete sich ein Bild des Grauens, keiner von uns war darauf vorbereitet.[/FONT]
[FONT="]Der Söldner stand blutbespritzt in der Mitte des Raumes, das Bastardschwert in der Rechten, eine tote Frau zu seinen Füßen. Sie war an Armen, Beinen und Rumpf mit Schnittwunden übersät, das Kleid völlig zerfetzt. Er hatte sie geschlachtet, das war offensichtlich. Ich brauchte einen Moment, um ihre langen Eckzähne zu erkennen.[/FONT]
[FONT="]Vampir.[/FONT]
[FONT="]Vor mir lag die Erklärung für die vielen Untoten in der letzten Zeit, Untote, die gerade Kameraden von mir zerfetzt hatten. Und doch konnte ich nicht anders, als Mitleid mit ihr zu empfinden. Sie erschien so...unschuldig.[/FONT]
[FONT="]Der Söldner drehte sich um und sah uns mit seinen unheimlichen, roten Augen an. In diesem Moment verstand ich, weshalb er der „Rote Schlächter“ genannt wurde.[/FONT]
[FONT="]Unter dem geringschätzigen Blick des Fremden kam mir noch eine ganz andere Erkenntnis: Ich war mir nicht sicher, ob die wahre Bestie tot am Boden lag oder gerade mit einem eiskalten Lächeln im Gesicht vor mir stand.[/FONT]
[FONT="]Tagebuch des Hartmuth Fleischer[/FONT]
[FONT="]Ich muss es auf Pergament bringen, bevor meine Erinnerung sich trübt. Diese Nacht rief uns der Hauptmann, damit wir die auf dem Totenacker aufgetauchten Untoten ausräuchern. Ich muss zugeben, dass ich verdammt viel Angst verspürte, als wir die Friedhofstore durchquerten. Und auch dieser Söldner Viktor, der uns begleitete, half da nicht. Er war unheimlich. Dunkel gekleidet, schweigsam, mürrisch...Und irgendwie unmenschlich. Doch hätte ich da gewusst, was mir noch bevorstand, hätte ich diesen Anblick vielleicht gar als Beruhigung erachtet.[/FONT]
[FONT="]Es war schrecklich.[/FONT]
[FONT="]Karl wurde von diesen Kreaturen vor meinen Augen förmlich ausgeweidet, und nicht nur er war am nächsten Morgen nur noch eine entstellte Leiche...[/FONT]
[FONT="]Sein Anderthalbhänder vollführte einen perfekten Halbkreis in Bauchhöhe und schlitzte den in den Schein der Fackeln springenden Gruftghul auf, bevor dieser seine dreckverkrusteten Klauen zum Schlag heben konnte. Es kostete ihn nicht einmal ein müdes Lächeln.[/FONT]
[FONT="]„Wie ist das möglich?“, wollte Brutus von Garren erbleicht wissen.[/FONT]
[FONT="]„Was?“, knurrte Viktor zurück und ließ seine roten Augen kurz auf dem Mann verweilen.[/FONT]
[FONT="]„Ich habe das Biest noch nicht einmal gesehen! Wie könnt Ihr es so schnell töten?“, wollte der Hauptmann der Stadtwache Reikwalds wissen.[/FONT]
[FONT="]„Ich kenne diese Ungeheuer“, antwortete Viktor trocken, während er seinen Blick aufmerksam über die Gräber des Friedhofs schweifen ließ, die Klinge aus Meteoreisen abwehrbereit vor dem Körper.[/FONT]
[FONT="]Er fluchte innerlich, da er sich auf die Hilfe der Stadtwache eingelassen hatte. Der Bürgermeister, ein fetter, aufgeblasener Aristokrat, hatte ihn angeheuert, um den Friedhof der Stadt von seinen nächtlichen Besuchern zu säubern. Von Garren hatte seine Hilfe angeboten, doch wenn Viktor geahnt hätte, wie sich die Stadtwache anstellen würde, hätte er verzichtet. Die Männer zitterten vor Angst so sehr, dass ihre Kettenhemden beständig klimperten. Außerdem nahm das Licht ihrer nervös hin und her geschwenkten Fackeln ihm immer wieder die Nachtsicht. Eigentlich war dies einer seiner entscheidenden Vorteile, den er sich durch die Einnahme eines Trankes einer jungen Hexe verschafft hatte, doch durch die verängstigten Männer hinter und neben ihm konnte er ihn nicht einmal ansatzweise ausspielen.[/FONT]
[FONT="]„Bleibt hier. Ich bin bis zum Morgengrauen zurück“, bestimmte Viktor mit knarrender Stimme.[/FONT]
[FONT="]„Wollt Ihr etwa ganz alleine weiter?“, erkundigte sich Brutus. Die Erleichterung in seiner Stimme strafte seine Worte lügen. Viktor sah den Hauptmann einige Herzschläge lang eiskalt an, woraufhin dieser per Handzeichen seine Männer um sich scharte.[/FONT]
[FONT="]Viktor drehte sich um und ging weiter zwischen den einfachen Gräbern hindurch zu den Krypten der verstorbenen Reichen dieser Stadt. Er wusste, dass sich hier die meisten Ghule herumtrieben. Sie hatten nichts für den als Grabbeigabe beigelegten Schmuck übrig, mehr für das verfaulende Fleisch der Leichen, doch ihre Herren fanden umso mehr Gefallen an dem Geschmeide, dass die Adeligen ihren toten Anverwandten mit ins Grab gaben.[/FONT]
[FONT="]Mit einem schnellen Handgriff an seinen Gürtel vergewisserte er sich, dass die kleine, mit Weihwasser gefüllte Phiole noch in ihrer Schlaufe hing. Viktor bezeichnete sich nicht gerade als einen gläubigen Anhänger des Sigmarkults, doch er wusste um die Macht der Priester und ihres Segens im Kampf gegen Untote.[/FONT]
[FONT="]Sein Hass auf diese verkommenen Wesen war stark genug, um seinen fehlenden Glauben auszugleichen. Seit ein Vampir sein Heimatdorf Tiefbach zerstört hatte, seine Frau und seinen Sohn ermordend, jagte Viktor alle ihrer Art. Er war nicht einfach nur ein Söldner wie so viele in diesen schrecklichen Zeiten; Viktor war schon beinahe ein Kreuzritter, doch seine Methoden waren anders, denn sein Hass hatte ihn nicht für das Offensichtliche blind werden lassen: Vampire waren schnell, unmenschlich stark und tödlich. Um sie zu töten, musste er mit ihren Fähigkeiten wenigstens gleichziehen können.[/FONT]
[FONT="]Eine Hexe, Abigail mit Namen, tief im Reikwald hatte ihm dabei geholfen. Viktor konnte sich ein trockenes Lächeln bei diesem Gedanken nicht verkneifen. Sie war jung und ansehnlich gewesen. Ihre weiche, tröstende Hand hatte ihm die Torturen erleichtert, doch die Tränke, die sie ihm eingeflösst hatte, hatten dennoch unmenschliche Schmerzen verursacht, während sich sein Körper innerlich verändert hatte.[/FONT]
[FONT="]Es war Jahre her. In der Zwischenzeit hatte er ein Dutzend oder mehr Vampire gejagt und getötet, für Geld ebenso wie aus Rache. Und immer wieder war er zu Abigail zurückgekehrt, die ihm aus Extrakten der Blutsauger neue Tränke braute, um seine Fähigkeiten zu steigern. Inzwischen war sie ihm schon fast so etwas wie eine neue Familie geworden. Obwohl er seit Tiefbachs Zerstörung grimmig und rau geworden war, hatte die Hexe irgendwie einen Zugang zu ihm gefunden, wie das mit einem Drudenfuß verzierte Amulett um seinen Hals bewies.[/FONT]
[FONT="]Seine Pupillen weiteten sich, um ihm eine bessere Sicht auf dem vom Halbmond beschienenen Friedhof zu ermöglichen. Ein kühler Wind strich ihm durchs Haar und trug ihm den Geruch von frisch aufgeworfener Erde, fauligem Holz und Blut entgegen.[/FONT]
[FONT="]Einige Gruftghule humpelten und sprangen geduckt zwischen großen Grabplatten umher, doch ihre Aufmerksamkeit galt dem Fackelschein der Stadtwächter.[/FONT]
[FONT="]Umso besser. Dann machen sie sich doch noch zu irgendwas nützlich[/FONT] [FONT="], dachte Viktor bitter, zog sein nietenverstärktes Lederwams enger zusammen und ging langsamen Schrittes weiter.[/FONT]
[FONT="]Die verzweifelten, angsterfüllten Schreie der Männer begannen, als er eine niedrige Mauer überstieg, die den inneren Friedhof von den Gräbern der gewöhnlichen Bürger abtrennte. Zwischen die panischen Rufe mischten sich schmerzverzerrte Todesschreie, als er in den Schatten der ersten Krypta eintauchte. Er achtete nicht darauf; denn er konnte sich keine Ablenkung leisten.[/FONT]
[FONT="]Und kein Bedauern.[/FONT]
[FONT="]Einige Schritte später blieb er stehen. Das Mondlicht glitzerte in der sternenklaren Nacht auf der Klinge seines Schwertes. Sein Blick wanderte über die verzierten Grabgewölbe, die still vor ihm lagen. Er ging weiter, den Kopf leicht gesenkt und das Schwert immer wieder gegen die Pfeiler von Krypten schlagend, so dass das Meteoreisen laut hallte und einen beinahe glockenartigen Klang über den Friedhof schickte. Er hatte nicht die Zeit, jede Grabkammer nach dem Vampir zu durchsuchen, denn bei Tagesanbruch würden die Ghule zurückkehren. Und egal, wie schnell er war, es waren einfach zu viele von ihnen. Seine einzige Möglichkeit war es also, seinen Gegner aus seinem Bau zu locken.[/FONT]
[FONT="]„Fast schon wie die Jagd auf Tiermenschen“, flüsterte Viktor verächtlich, als zwei magere Gestalten sich lautlos aus dem Schatten eines Mausoleums schälten. Abwartend blieb er stehen und ging ein wenig in die Knie, die Klinge lässig vor seinen Beinen auf den Boden gerichtet. Zwei Totenschädel grinsten ihn über verrostete Brustpanzer hinweg an. In den Augenhöhlen der Skelette schimmerte ein kränkliches, grünes Licht. Viktor schnaubte gleichgültig, als die Knochenmänner auf ihn zukamen. Er verspürte keine Angst mehr. Ein Ergebnis der Tränke und seiner Erfahrungen gleichermaßen. Beinahe desinteressiert hob er seine Klinge vor den Körper, parierte gekonnt den ersten Hieb und schmetterte die Eisennieten auf den Knöcheln seiner Handschuhe in das Schädelgesicht. Die morschen Knochen krachten und zerbröckelten. Seines Fokus beraubt, fiel das durch unheilige Magie wiederbelebte Skelett auseinander.[/FONT]
[FONT="]Der andere Knochenmann stach mit seiner rostigen Klinge nach Viktors Bauch, doch der Söldner war schneller, wich dem Stich aus, parierte den Rückhandhieb und entwand dem Knochenmann das Schwert. Mit einem geringschätzigen Schnauben brach er sich mit einem Abwärtshieb einen Weg durch den Brustkorb des Toten. Klappernd fielen die Knochen zu Boden und blieben still liegen. Er lauschte, doch außer einigen entfernten Schreien und dem Ruf eines Uhus weit über ihm war nichts zu hören. Langsam entspannte er sich und richtete sich wieder zu voller Größe auf. Die Schmerzensrufe ignorierend spie er hartherzig aus und ging auf die Krypta zu, aus der die beiden Skelette gekommen waren. Es war ein antikes Mausoleum, ein von dicken Säulen umgebener, von einem Spitzdach gekrönter Steinbau, der den Eingang zur unterirdischen Grabkammer von der Außenwelt abschirmte.[/FONT]
[FONT="]Viktor setzte seinen Stiefel hinter die Pforte und atmete tief durch. Es roch nach Staub, Kerzenwachs und Tod. Ein verschrumpelter Leichnam lag halb auf der abschüssigen Sandsteintreppe, die glasigen Augen erschrocken aufgerissen. Die Kleidung war abgenutzt, sah jedoch nicht sehr alt aus. Viktor hockte sich neben den Toten und begutachtete ihn genauer. Zwei kleine Löcher zeichneten sich dunkel auf dem bleichen Hals ab.[/FONT]
[FONT="]Seine einzige Reaktion war ein gefühlloses, erfassendes Nicken. Ein Zischen aus der Krypta antwortete ihm.[/FONT]
[FONT="]„Kannst es wohl nicht mehr erwarten“, lächelte er kalt, stand auf und stieg die Treppe hinab. Drei Kerzen standen auf einem offenen Steinsarg und sorgten für schwaches, unbeständiges Licht. Festen Schrittes ging er die letzten Stufen hinab und blieb entspannt am Fuß der Steintreppe stehen. Sein Lächeln war so kalt wie Eis, als er sich in der Gruft umsah. Eine dunkelhaarige Frau in einem langen, blutroten Kleid stand mit dem Rücken zu ihm an der gegenüberliegenden Wand.[/FONT]
[FONT="]„Du zeigst keine Furcht“, flüsterte sie anerkennend.[/FONT]
[FONT="]„Du also bist die Hyäne, die den Abschaum da oben angezogen hat“, antwortete er trocken. Sein abschätzender Blick wanderte ihren schmalen Rücken hinab.[/FONT]
[FONT="]„Oh, bitte, nicht so abfällig“, erwiderte sie bittend. Sie drehte sich langsam zu ihm um und lächelte ihn an, zugleich charmant und traurig. Sie war ausgesprochen schön, doch ihre langen Eckzähne erweckten Viktors Verachtung.[/FONT]
[FONT="]„Welchen Namen soll ich auf deinen Grabstein meißeln lassen, Blutsauger?“, wollte er eiskalt wissen.[/FONT]
[FONT="]„Man nennt mich Giulia, Viktor“, antwortete sie bekümmert, ohne seinen Zorn zu beachten. Er wusste, dass sie seine Gedanken las.[/FONT]
[FONT="]„Bald werden sich höchstens die Aasfresser an dich erinnern, Bestie“, versprach er abweisend.[/FONT]
[FONT="]„Du solltest dich vielleicht einmal fragen, wer von uns die Bestie ist, Viktor“, gab Giulia mit sanfter Stimme zu bedenken. Viktor verengte skeptisch die Augen, als er eine Spur Furcht in ihrer Tonlage erkannte. [/FONT]
[FONT="]„Was weißt du schon?“[/FONT]
[FONT="]„Vieles, was vergangen ist.“[/FONT]
[FONT="]„Meine Vergangenheit ist Asche, meine Zukunft ist dein Tod!“, zischte er ihr entgegen.[/FONT]
[FONT="]„Weshalb?“, fragte sie unschuldig und ging einige elegante Schritte auf ihn zu. Beiläufig bemerkte Viktor ihren tiefen Ausschnitt und die eisengraue Farbe ihrer Augen.[/FONT]
[FONT="]„Du tötest Menschen, um sie auszusaugen und dich daran zu belustigen...Bestialisch, mehr kann man dazu nicht sagen“, erläuterte Viktor und streckte ihr die Spitze seines Anderthalbhänders entgegen.[/FONT]
[FONT="]„Der Tod bedeutet für mich Leben, ich muss mich nähren. Doch du...Du meuchelst Vampire aus Rache, aus einem niederen Beweggrund. Tote sind dir gleichgültig, sie erwecken nicht eine einzige Gefühlsregung in dir, Viktor. Ist dies nicht ebenso bestialisch?“, wollte sie einfühlsam wissen.[/FONT]
[FONT="]„Deinesgleichen hat meine Familie getötet.“ Er spie die Worte wie einen Eisklumpen aus.[/FONT]
[FONT="]„Woraufhin du dich selbst entmenscht hast, oder wie würdest du deine Mutationen beschreiben?“, fragte sie traurig nach.[/FONT]
[FONT="]„Ein notwendiges Übel, um dich und deine Art jagen zu können“, knurrte Viktor und ging einen festen Schritt auf sie zu. Giulia wich gewandt ebenso weit zurück. Angst stand in ihren Augen.[/FONT]
[FONT="]„Und dein Mitgefühl? Ist es dir nicht gerade eben erst wieder egal gewesen, dass hinter dir Menschen starben, nur weil du deine Rachegelüste ausleben wolltest? Was für ein Mensch bist du, wenn dich die schmerzverzerrten Hilferufe der Männer, die dir gerade noch helfen wollten, nicht einmal darüber nachdenken lassen, ihnen zu helfen?“, gab Giulia zu bedenken. Eine Träne floss langsam über ihre linke Wange.[/FONT]
[FONT="]„Was für ein Vampir bist du?“, wollte Viktor mit Grabesstimme wissen.[/FONT]
[FONT="]„Hast du einmal darüber nachgedacht, dass nicht alle Vampire so sein wollen, wie sie sind?“, fragte sie zurück. Mehr Tränen flossen über ihre Wangen, als sie einen weiteren Schritt von ihm zurückwich.[/FONT]
[FONT="]„Nein“, zischte er trocken. Seine Augen verengten sich aggressiv, als er auf sie zutrat, das Schwert immer noch ausgestreckt.[/FONT]
[FONT="]„Und ich werde es nie müssen. Deine Ablenkung funktioniert bei mir nicht, Blutsauger!“, versprach er kalt.[/FONT]
[FONT="]„Du solltest dich wirklich fragen, wer von uns die Bestie ist“, sagte Giulia mit belegter Stimme.[/FONT]
[FONT="]„Stirb einfach“, erwiderte Viktor verächtlich und führte einen schnellen Hieb von rechts gegen ihre Hüfte. Seine Klinge traf nur leere Luft, da Giulia auf einen der Särge gesprungen war und ihn von dort erstickt anschrie: „Warum willst du nicht erkennen?“[/FONT]
[FONT="]„Es gibt nichts zu erkennen“, zischte er abweisend und schlug erneut nach ihr. In dem Moment, als Giulia auf den anderen Steinsarg sprang, um seiner Klinge zu entgehen, sah sie ihm in die roten Augen.[/FONT]
[FONT="]Es war dieser eine Augenblick, in dem sie den Hass erkannte, der allein tief in Viktor brodelte. Dieser Augenblick, in dem sie erkannte, dass es nur zwei Optionen für sie gab: töten oder getötet werden. Der Söldner vor ihr würde nicht aufgeben, bis eines von beiden eingetreten war. Widerstrebend und mit Tränen in den Augen zog sie einen langen, schmalen Dolch von der Kante des Totenbettes.[/FONT]
[FONT="]„Ich will dich nicht töten“, flüsterte sie heiser mit einem langsamen Kopfschütteln. Viktors Antwort bestand aus einem horizontalen Hieb gegen ihren Bauch, den sie geschickt mit dem Dolch auffing. Mit einem raschen Schritt ging sie auf ihn zu und stieß ihre Klinge nach vorn. Viktor entging dem Stich durch eine Körperdrehung und führte eine übermenschlich schnelle Schlagfolge, die Giulia in eine Ecke drängte. Ihre Haut hatte eine gräuliche Farbe angenommen und ihren tränenden Augen fehlte die Iris.[/FONT]
[FONT="]„Endlich zeigst du dein wahres Antlitz, Bestie“, flüsterte er frostig. Sie schüttelte traurig den Kopf, was Viktor als Zeichen für einen neuerlichen Angriff nahm.[/FONT]
[FONT="]Giulia wehrte sich tapfer und schmetterte ihre Faust gegen seine Brust, wodurch der Söldner durch die Krypta flog. Sie schrie klagend auf und entblößte ihre langen Fangzähne, doch Viktor erhob sich mit einem eisigen Lächeln. Sein veränderter Leib ignorierte die gebrochenen Rippen einfach. Er sah, dass die Vampirin aus mehreren Schnitten an Armen und Beinen blutete. Sie sprang auf ihn zu, schneller als jeder Mensch. Doch auch er war schnell und begegnete ihrem Dolch mit seiner eigenen Klinge. Schweiß stand auf seiner Stirn, als er ihre raschen Angriffe parierte und immer wieder einen eigenen Schnitt anbrachte. Er duckte sich unter einem Rückhandhieb hindurch und zog ihr die Klinge über den Bauch, was Giulia kreischend zurückweichen ließ und ihm Luft zum Atmen gab. Sie bemerkte erst jetzt dass die aus Meteoreisen geschmiedete Klinge Wunden schlug, die sie nicht so einfach heilen lassen konnte wie die gewöhnlicher Waffen.[/FONT]
[FONT="]Langsam erkannte Giulia ihre Lage und verzweifelte noch mehr. Viktor griff erneut an, schwang seine Klinge gegen ihr Schlüsselbein und drängte sie so zurück. Sein Rückhandhieb, zu schnell für das Auge von Sterblichen, überraschte sie. Die Klinge schnitt ihr Kleid von unten nach oben auf. Noch in der Bewegung warf Viktor eine kleine Phiole nach ihr, die an ihren Rippen zerbrach. Weihwasser spritzte über ihre Seite und verbrannte ihre Haut. Klirrend rutschte ihr Dolch über den Steinboden, als sie vor Schmerzen zu Boden fiel. Sie krümmte sich kreischend und mehr Tränen flossen über ihre Wangen.[/FONT]
[FONT="]Viktor tauchte über ihr auf und setzte ihr die Klinge über ihrer entblößten, wohlgeformten Brust auf die Haut.[/FONT]
[FONT="]„Bitte“, schluchzte sie leise und sah in seine eiskalten Augen. Ihre Erscheinung war wieder völlig menschlich und sie weinte beklagenswert.[/FONT]
[FONT="]„Stirb einfach“, antwortete Viktor gnadenlos und stach zu. Erbarmungslos durchstieß er Giulias Herz.[/FONT]
[FONT="]Als wir schließlich keine Kampfgeräusche mehr aus der Grabkammer hörten, stiegen Gustav, der Hauptmann und ich die Steintreppe hinab. Uns eröffnete sich ein Bild des Grauens, keiner von uns war darauf vorbereitet.[/FONT]
[FONT="]Der Söldner stand blutbespritzt in der Mitte des Raumes, das Bastardschwert in der Rechten, eine tote Frau zu seinen Füßen. Sie war an Armen, Beinen und Rumpf mit Schnittwunden übersät, das Kleid völlig zerfetzt. Er hatte sie geschlachtet, das war offensichtlich. Ich brauchte einen Moment, um ihre langen Eckzähne zu erkennen.[/FONT]
[FONT="]Vampir.[/FONT]
[FONT="]Vor mir lag die Erklärung für die vielen Untoten in der letzten Zeit, Untote, die gerade Kameraden von mir zerfetzt hatten. Und doch konnte ich nicht anders, als Mitleid mit ihr zu empfinden. Sie erschien so...unschuldig.[/FONT]
[FONT="]Der Söldner drehte sich um und sah uns mit seinen unheimlichen, roten Augen an. In diesem Moment verstand ich, weshalb er der „Rote Schlächter“ genannt wurde.[/FONT]
[FONT="]Unter dem geringschätzigen Blick des Fremden kam mir noch eine ganz andere Erkenntnis: Ich war mir nicht sicher, ob die wahre Bestie tot am Boden lag oder gerade mit einem eiskalten Lächeln im Gesicht vor mir stand.[/FONT]
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