1
Fauchend startete der Bremsschub der Sprungmodule. Das Grollen des Thunderbirds verschwand in der Ferne. Auf Feuerstrahlen reitend, setzten Bruder-Sergeant Corvaxis und seine Männer kurz vor dem Kommandozentrum der Orks auf – einem griesgrämig dreinschauenden Haufen von in rostigen Panzerungsstücken steckenden Boys, der in seiner Mitte den übelgelauntesten und größten Ork der gesamten Horde beherbergte. Die Aufklärung hatte ihn als das Intelligenzzentrum dieser Front und Orkhorde ausgemacht. So weit sich bei einem Ork von Intelligenz sprechen ließ. Nun galt es den Kopf der Schlange chirurgisch präzise zu entfernen.
Kaum gelandet, brüllten die Boltpistolen laut auf und spien ihre Munition in die gerade zur Besinnung kommenden Orks. Das mächtige Kettenschwert in Corvaxis rechter Hand erzitterte unter der Aktivierung des Rotationsmechanismus. Ein wüstes, blutiges Handgemenge auf engsten Raum entbrannte. Die Orks brüllten ihre Kampfeslust frei heraus, schrien wutverzehrt sobald sie getroffen wurden. Die Marines der Raven Guard schossen, schnitten und prügelten sich durch die Leibgarde und alle weiteren Orks, die auf den Kommandohügel drängten. Das Blut spritzte in alle Richtungen, Gliedmaßen wurden abgetrennt, Zähne flogen durch die Gegend, Eingeweide ergossen sich auf den Boden. Corvaxis hieb und drosch mit seinem Kettenschwert durch die Orks, die sich ihm entgegen warfen. Sein Kampfgenosse Artanus schlug beherzt mit seiner Energiefaust bevorzugt gegen jeden Schädel, der sich ihm bot. Das Knirschen von Schädelknochen ging im wüsten Lärm des wilden Handgemenges unter. Immer mehr Orks drängten auf die Raven Guard zu. Nicht um ihren Boss zu schützen, sondern um der erste zu sein, der einen Space Marine zur Strecke brachte.
Der ungeduldige Boss selbst stieß, prügelte und rempelte sich durch seine Boys um an die Space Marines heran zu kommen, die gerade auf seinem Kommandohügel gelandet waren. Gebührend wollte er sie begrüßen: das riesige, keulenförmige Gerät, welches er schwang und den beständig surrenden Ton einer Kettensäge von sich gab, führte er durch seine Untergebenen, bis er vor Corvaxis stand.
Aristie, so nannte man in der frühesten Zeit der Menschheitsgeschichte einen Zweikampf, bei dem zwei Recken aus feindlichen Lagern gegeneinander antraten und der Rest der Kämpfe um sie ruhte. Corvaxis registrierte nur, dass sein Trupp weiterhin effizient die Orks bekämpfte und ihm die nötige Zeit verschaffte. Er stand dem mächtigen Boss allein gegenüber. Dieser hob beidhändig seine riesige Kettensägenkeule in die Höhe, schwungvoll über den Kopf. Corvaxis zog schnell die Plasmapistole aus seinem Halfter und drückte ab! Die energetische Plasmaentladung war genau auf den Kopf des Xenos gerichtet, der durch die glühende Energie vaporisiert wurde. Der erstarrte Corpus fiel aufgrund der schweren Nahkampfwaffe, die noch über dem nicht mehr vorhandenen Kopf erhoben war, nach hinten zwischen die kurzzeitig innehaltenden Reste des Mobs.
„Mission erfüllt!“, gab Corvaxis über den internen Funk des Trupps bekannt. Die Raven Guard-Marines entledigten sich schnell ihres jeweiligen Gegners und starteten dann wieder die Triebwerke ihrer Sprungmodule. So schnell wie sie gekommen waren, verschwanden sie nun auch wieder im sich weiter lila verfärbenden Himmel.
2
In seinem Kopf fühlte es sich an, als würden dunkle, schwarze Tentakel nach ihm greifen. Gargbutz‘ allgemein miese Laune erreichte dadurch den absoluten Tiefpunkt. Sein Schädel war eh schon voller Einflüsterungen, darum lebte er ja auch weit ab von den restlichen Mobs in seiner Hütte, nur mit den Spinnaz drum herum. Doch das unablässige Flüstern war nun überlagert, ergänzt durch eine drohende schwarze, massige Präsenz seitdem der Himmel sich verfärbt hatte und überall diese Käfas auftauchten. Groß oder klein, flink oder behäbig. Überall! Auf dem Boden, im Boden, im Wasser, in der Luft. Wenn einer den Menschlingen diese Welt streitig machte, dann die Orkze, aber nicht solche Käfas!
Das Lager war voll, voll mit Orks. Der Platz wurde immer geringer. Und damit der Abstand! Dazu dann noch diese Tentakel in seinem Hirn. Gargbutz spürte, wie die Energien in seinem Kopf immer mehr aufwallten. Sich nur noch kurz zurück zogen und immer stärker wieder und wieder gegen seinen Schädel brandeten. Als wenn eine riesige Orkhorde versuchen würde, die Mauern einer Festung einzureißen. Und das Gedränge im Lager – und damit in seinem Kopf – wurde nun noch größer! Die Käfas hatten Boss Brazkrot und seine Mobs in dieses Lager getrieben. Der Boss, der Ugartor den Schlächta beerbt hatte, dessen Kopf von den schwarzen Fliegadosenmännas weggepustet worden war. Mehr Orks ins einer Nähe und die schwarzen Tentakeln machten aus seinem Schädelinneren ein eigenes Schlachtfeld!
Jenseits der grobschlächtigen Lagerbefestigungen brandete das Gebrüll der riesigen Käfashorde herüber.
Die reine Waaaghenergie tropfte im schon geifernden aus dem Maul, die umstehenden Orks suchten unweigerlich Abstand, außer seinen Spinnaz. Keiner wollte beim großen Köppeplatzen der erste Betroffene sein – außer ein Spinna vielleicht. Die Unruhe um ihn herum wurde größer und die Orks drängten fort. Der Oberboss Habruk brüllte laut und verteilte Kopfnüsse, doch Ordnung ließ sich nicht mehr herrichten.
Irgendwas stach nun in seinen Kopf! Einer der Tentakel.
Zu viele verstanden das Gedränge als Angriffssignal, ein markerschütterndes „WAAAGH!“ begleitete die ausfallenden Boys und Gargbutz konnte die Kräfte in ihm nicht mehr zurückhalten. Der Tentakel, der in sein Hirn gestoßen war, diente ihm als Verbindung. Zu Gehirnen jenseits der Befestigungen. Nicht orkischen Gehirnen. In einem weiten Radius erspürte Gargbutz das selbst für ihn völlig groteske Schwarmbewusstsein, das durch bestimmte Punkte in seiner fast neuronalen Landkarte hell aufleuchtete und viele kleinere Schimmer aufwies. Dann in weiterer Entfernung spürte er die Menschlein, auch einige tausend, die in einer langen Reihe kauerten. Unbewusst griff sein Geist aber nach dem aus, wodurch das Schwarmbewusstsein knapp hinter den Lagerbefestigungen präsent war: in die hell leuchtenden Kugeln, die anscheinend mit ihren Tentakeln zuvor in seinem Kopf für so viel Unruhe gesorgt hatten. Ein hysterisches Lachen, das sich zu einem brüllenden Inferno hervorbrechender Waaaghenergie entwickelte, platzte aus Gargbutz heraus und ergriff die Hirne der Tyraniden. Und neben vielen, vielen Köppen der Orks um ihn herum, zerplatzten auch andere Hirne anderswo.
Damit zerriss auch etwas, was Gargbutz in den letzten Sekunden seines Daseins noch als eine Art geistiger Leine erspüren konnte. Spektakulär zerstoben zig grüne Schädel um ihn herum und verteilten ihre Hirnmasse in der Gegend. Und endgültig drangen auch die Energien, gewaltige Energien aus Gargbutz Kopf. Es schien so, als sei sein Geist in abertausend Kreaturen – Orks, Tyraniden, Menschlingen, Nagern, Vögeln und allen Lebewesen im Umkreis – zugleich. Zu guter Letzt explodierte Gargbutz als Ganzes und eine riesige weißblaue Explosion schraubte sich gen verfärbten Himmel.
3
Fressen! Der einzige Impuls, der durch den riesigen, massigen Leib ging, war der, den Hunger zu stillen, der unaufhörlich und wild im Inneren brannte.
Die Fesseln im Stammhirn waren schlagartig gelöst. Der Explosionswelle konnte das Ungetüm stur trotzen. Und wankte auf das nächste Ziel zu. Die komischen grünen Wesen, die sich vor im tummelten, mit metallischen Gegenständen auf die Hautpanzerung klopften, mit eigenartigen Instrumenten eisenhaltige Teile auf den Körper niederprasseln ließen, stampfte der Gigant nieder. Und das Maul schnappte unentwegt zu. Die Fülle der Beute schien unendlich. Teilweise aber auch lag sie kopflos am Boden rum und musste nur gefressen werden. Alle Artgenossen drum herum, die kleinen und großen, fielen über jegliches Grün mit zwei Beinen und zwei Armen her. Blut spritzte, floss in das Maul, gierig wurde verschlungen und sich gemästet. Die Sensenklauen und Scheren kamen nicht zur Ruhe, im Wahn hackte und schnitt sich jeder Artgenosse durch die Beute.
Kein Ende. Keine Kontrolle. Die Fesseln versuchten nicht einmal in das Hirn zu greifen. Vollkommen ungezügelt. Der Fressdrang konnte ausgelebt werden. Eine hungerstillende Ewigkeit lang.
Doch dann war das Schlachtfeld leer, die grünen Wesen entweder dahin geschlachtet und von den nachbrandenden Artgenossen, großen, kleinen, sehr großen und sehr kleinen, absorbiert. Neue Beute musste gefunden werden.
Der Geruchssinn leitete, führte aus dem wild wuchernden Gestrüpp. Fressen! Kein anderer Impuls hatte mehr Platz. Die kleineren Artgenossen um das Monstrum herum mussten dem schnappenden Maul versuchen zu entkommen. Das riesige Ungetüm trieb sie vor sich her. Folgen! Das gewaltige Geschöpf heftete sich an die Fersen der Kleineren, wieder nur vom Impuls des Hungers getrieben. Trotz des eben abgehaltenen Fressrauschs. Der Schwarm kannte in seinem Kern nur das Streben nach Verzehr von Biomasse. Hinaus aus dem Wald. Wenn es hier nichts zu erwischen gab, würde sich sicherlich etwas jenseits der Baumgrenze finden. Dort trieb der Geruchssinn die Tyraniden hin!
4
Er spähte über den Rand. Ruhe. Der Wald bewegte sich nicht, gab keinen Laut von sich. Doch seitdem diese Sporen in der Luft waren und sich der Himmel violett gefärbt hatte, konnte man ihm beim Wachsen förmlich zusehen. Ein erschreckend faszinierender Anblick.
„Straf-Gefreiter!“, brüllte jemand hinter ihm. „Gehen sie auf ihren Posten.“
Sein kahlrasiertes Haupt, mit der tätowierten Häftlingsnummer im Nacken, ruckte vom Wald zum Kommissar hinauf, der auf dem Kamm des Schützengrabens stand. Seine Nase registrierte den Geruch von Leder. Das Leder des Mantels, den der Kommissar trug und der ruhig an ihm herabhing. Er hätte nie gedacht, dass er solch einen Geruch nach Tagen von Xenosporen in der Luft, in seiner Nase, in seiner Lunge, ja unter seinen Fingernägeln und in fast jeder Pore, so… ja, also so heimelig empfinden würde. Wohlig. Angenehm.
Während er noch seinen Blick auf die hochgewachsene, mit einer Atemmaske ausgestattete imperiale Autorität geheftet hatte, spürte er eine Veränderung der Luft. Unter seiner Schädeldecke. Ein Knistern, ein Pressen. Irgendwas schien sich zu sammeln, schien in seinen Kopf zu greifen – und plötzlich war der Druck weg!
Wenige Liedschläge später schien der Wald sich zu bewegen. Das Grollen einer Explosion war zu vernehmen und in der Ferne, irgendwo hinter den wuchernden Wipfeln des Waldes, schraubte sich eine Explosionswolke in den Himmel. Sie war irrtümlich blau, weiß – nicht schwarz und rot von Ruß und Feuer.
Es verging einige Zeit, sicherlich mehr als eine Stunde.
Sich noch über die eigentümliche Explosion wundernd, machte die aufkommende Unruhe und Bewegung vor dem Straf-Gefreiten seiner Grübelei ein Ende. Der Wald erwachte zum Leben! Und aus seinem Unterholz brachen kleine, sechsbeinige, blitzschnelle Xenos hervor! Ganze Baumreihen erbebten und hinter den deformierten und umgestürzten Baumriesen kamen riesige Organismen hervor, mit sensen- und scherenförmigen Gliedern. Das Gebrüll der riesigen käferartigen Bestien erfüllte die Luft. Auch das gelle Gekreische der kleineren Käferformen schabte an seinen Ohren. Die Laute erschütterten seinen Verstand!
„An die Waffen! Laden und auf meinen Befehl feuern!“
Das Kommando des Kommissars krallte sich im Verstand des Straf-Gefreiten fest. Seine Wirklichkeit war ins Trudeln geraten, doch die klare, brutale aber vor allem menschliche Stimme hinter ihm ließ ein Stück Normalität in seinen Kopf zurückkehren. Das ganze Strafbataillon hatte sich in den Graben geworfen. Und legte an.
Die Xenos preschten unaufhaltsam über das gerodete Vorland. Kamen immer näher an den Grabenrand. Die erste Welle war vielleicht noch drei, vier Sätze entfernt.
„Feuer!“, gellte es über das Schlachtfeld. Und das Strafbataillon schoss. Die kleineren Tyraniden fielen, fielen scheinbar wie die Fliegen. Doch die großen, riesigen Xenos schütteln sich nur einmal kurz. Sie stapften unbeeindruckt weiter. Und hinter ihnen kam die nächste Welle der Kleinen. Undiszipliniert schossen viele der Zwangsrekrutierten die Magazine leer. Die ersten kleineren Xenos erreichten den Rand und den Graben selbst. Die Boltpistole des Kommissars und weiterer seiner Amtsgenossen hallten in den Gräben, gaben gezielte Schüsse auf die widerlichen Kreaturen ab.
„Feuert weiter nach vorne!“, schrie der Kommissar direkt neben dem Straf-Gefreiten. Schnell zog der Kommissar sein Kettenschwert und schlug um sich.
Die Erde begann zu beben und zu zittern. Explosionen folgten, Dreck wurde in die Luft geschleudert und prasselte in die Gräben. Die Panzer und Artillerie feuerten nun von weiter weg aus dem Hinterland, ohne Rücksicht auf eigene Verluste. Die Riesen mit ihren übergroßen Tötungswerkzeugen waren nur noch knapp zehn, fünfzehn Meter vom Graben entfernt. Die ersten Häftlinge warfen ihre Waffen weg. Flohen panisch in die entgegen gesetzte Richtung. Keine Munition wurde an diese Straf-Gefreiten verschwendet. Denn die kleineren Xenos fielen über die Fliehenden her. Der Kommissar schoss und schlug um sich. Bis einer der Riesen über ihm war. Die Scherenklaue zuschnappte. Und die Xenos einfach über den Graben und alle die verzweifelten Häftlinge und nutzlos weiterkämpfenden Kommissare schlicht hinwegschwemmten.
5
Der Funkspruch der am Boden befindlichen Streitkräfte war vor über einer halben Stunde eingegangen. Rückzug. Die Meldung des Space Marine-Captains der Iron Crusaders war gerade auf der Kommandobrücke verhallt. Ausweichen. Vom gesamten Planeten! Auch die Raven Guard rückte ab. Die zentrale Fabrikanlage wurde von Organismen der Morgon-Klasse überschwemmt. Wie konnte der Schwarm nur solche gigantischen Bioorganismen ohne jegliche Kenntnisnahme der Aufklärung ausbilden? Und die Bekämpfung der riesenhaften Wühlerorganismen in der Hauptanlage von Ennoch III wurde unterbunden, von einem zusammenbrechenden, äußeren Verteidigungsgürtel. Ausgelöst war der Verlust der zentralen Fabrikanlage durch den Einbruch der Front im nordöstlichen Sektor. Hier waren Strafregimenter von einer offenbar vollkommen ungezügelten, unkoordinierten Tyranidenhorde aufgerieben und vernichtet worden.
Inquisitor Meeir saß regungslos in seinem Kommandosessel. Seine Ellenbogen verharrten auf den Oberschenkeln, seine Hände falteten sich vor dem Gesicht, die Daumen stützen das Kinn. Die Biomasse der Orks, das muss der Grund gewesen sein. Die ganze Brücke war in ein trübes, grünliches Licht getaucht. Das Sirren und Surren der Motoren der diversen Servitoren war zu hören und der wutentbrannte Schlag des Kapitäns auf den Hologefechtstisch. Nur ein Gedanke ging dem Inquisitor durch den Kopf: verloren!
Die Reste der als vernichtet geltenden Schwarmflotte Kraken waren neu erwacht. Meeir musste an den verstoßenen Kryptman denken.
„Seit stets wachsam! Die Tyraniden sind nur dann vernichtet, wenn sie tatsächlich vernichtet sind.“
Man hätte es als das halb irrsinnige Gebrabbel eines Aussätzigen abtun können – wenn er verdammt nochmal nicht recht behielt!
Tatsache war, dass ein kleiner Splitter Krakens überlebt hatte und nun drohte, den ganzen Vidar-Sektor zu verschlingen. Ennoch III war nicht die erste Welt. Und würde bei weitem nicht die letzte sein! Auf weiteren Welten des Sektors waren Xenoaktivitäten zu vermelden, eben auch die von Orks. Auf Ennoch III nun aber ausgerechnet beide Spezies. Und dann in einem jetzt erschreckenden Ausmaß zum Vorteil der Tyraniden. Das Pendel hatte zu deren Gunsten begonnen auszuschlagen, nachdem der Widerstand der Orks empfindlich eingebrochen war. Wie hieß der Boss noch, den die Raven Guard zur Strecke gebracht hatte? Urg-irgendwas?
Meeir stand bedächtig auf. Er winkte dem Kommunikationsoffizier zu. Erwartungsvoll starrte dieser ihn an. Der Inquisitor atmete nochmals durch. Er war jung für sein Amt, hatte nicht mal das erste Lebensjahrhundert erreicht. Durch jugendlichen Leichtsinn war er dazu verleitet gewesen, zu denken, ein Gleichgewicht des Schreckens zwischen Tyraniden und Orks könnte die Welt so lange halten, bis genügend Verstärkungen zur Ausrottung beider Xenobedrohungen zusammen gezogen waren. Vergebens.
Er musste nun das endgültige Verhängnis über diese Welt bringen. Und wohl über weitere in den kommenden Wochen und Monaten. Meeir sprach mit fester Stimme: „An die kombinierte Flotte: Ich, Inquisitor Rachius Meeir, Mitglied des Ordo Xenos der Heiligen Inquisition, verhänge hiermit den Exterminatus über die Welt Ennoch III. Ende.“
Ein Akolyth mit einem grünlich schimmernden Datenpad trat an ihn heran. Meeir las auf der Projektionsfläche:
An die Heilige Inquisition zu Terra – Extermintus: Ennoch III, Klassifikation Fabrikwelt, Subsektor Epsylon im Sektor Vidar. Begründung: irreversible Xenoskontamination! Spezies: Orks, Tyraniden. Angeordnet durch: Ordo Xenos, Inquisitor Rachius Meeir.
Er nahm das Emblem der Inquisition, welches an einer schweren, eisernen Kette mit großen Ringen um seinen Hals hing und drückte das Emblem der Inquisition in die entsprechende Vertiefung des Datenpads. Damit war die Order besiegelt. Ein weiterer von Myriaden Verwaltungsakten erledigt. Exitus acta probat - der Zweck heiligt die Mittel, dachte Meeir bei sich.
Er befahl Kapitän und Kommunikationsoffizier: „Meldet an die verbündeten Space Marine-Streitkräfte, dass sie zwei Standardstunden zum Verlassen des Planeten haben. Restliche Kräfte verbleiben auf dem Planeten, zwecks Dekontamination. Ich kehre nach Ablauf der Frist auf die Brücke zurück. “
Den Meltertorpedo würde er selber zünden, damit nichts als Schlacke von dieser Welt übrig blieb. Nur kurz haderte er damit, dass in zwei Standardstunden gehörige Margen an Waffen und Munition fehlen würden. Mittel, die im weiteren Kampf gegen Kraken gut gebraucht werden konnten.
Damit verließ Inquisitor Meeir schneidigen Schrittes die Kommandobrücke. Das zackige Salutieren des Kapitäns und der restlichen, nicht lobotomisierten Brückencrew nahm er nicht mehr wahr. Die Astropathen mussten instruiert werden. Es galt die Verteidigung eines Sektors zu koordinieren, um sich weitere Meltertorpedos und Schlackehaufen zu ersparen.
Fauchend startete der Bremsschub der Sprungmodule. Das Grollen des Thunderbirds verschwand in der Ferne. Auf Feuerstrahlen reitend, setzten Bruder-Sergeant Corvaxis und seine Männer kurz vor dem Kommandozentrum der Orks auf – einem griesgrämig dreinschauenden Haufen von in rostigen Panzerungsstücken steckenden Boys, der in seiner Mitte den übelgelauntesten und größten Ork der gesamten Horde beherbergte. Die Aufklärung hatte ihn als das Intelligenzzentrum dieser Front und Orkhorde ausgemacht. So weit sich bei einem Ork von Intelligenz sprechen ließ. Nun galt es den Kopf der Schlange chirurgisch präzise zu entfernen.
Kaum gelandet, brüllten die Boltpistolen laut auf und spien ihre Munition in die gerade zur Besinnung kommenden Orks. Das mächtige Kettenschwert in Corvaxis rechter Hand erzitterte unter der Aktivierung des Rotationsmechanismus. Ein wüstes, blutiges Handgemenge auf engsten Raum entbrannte. Die Orks brüllten ihre Kampfeslust frei heraus, schrien wutverzehrt sobald sie getroffen wurden. Die Marines der Raven Guard schossen, schnitten und prügelten sich durch die Leibgarde und alle weiteren Orks, die auf den Kommandohügel drängten. Das Blut spritzte in alle Richtungen, Gliedmaßen wurden abgetrennt, Zähne flogen durch die Gegend, Eingeweide ergossen sich auf den Boden. Corvaxis hieb und drosch mit seinem Kettenschwert durch die Orks, die sich ihm entgegen warfen. Sein Kampfgenosse Artanus schlug beherzt mit seiner Energiefaust bevorzugt gegen jeden Schädel, der sich ihm bot. Das Knirschen von Schädelknochen ging im wüsten Lärm des wilden Handgemenges unter. Immer mehr Orks drängten auf die Raven Guard zu. Nicht um ihren Boss zu schützen, sondern um der erste zu sein, der einen Space Marine zur Strecke brachte.
Der ungeduldige Boss selbst stieß, prügelte und rempelte sich durch seine Boys um an die Space Marines heran zu kommen, die gerade auf seinem Kommandohügel gelandet waren. Gebührend wollte er sie begrüßen: das riesige, keulenförmige Gerät, welches er schwang und den beständig surrenden Ton einer Kettensäge von sich gab, führte er durch seine Untergebenen, bis er vor Corvaxis stand.
Aristie, so nannte man in der frühesten Zeit der Menschheitsgeschichte einen Zweikampf, bei dem zwei Recken aus feindlichen Lagern gegeneinander antraten und der Rest der Kämpfe um sie ruhte. Corvaxis registrierte nur, dass sein Trupp weiterhin effizient die Orks bekämpfte und ihm die nötige Zeit verschaffte. Er stand dem mächtigen Boss allein gegenüber. Dieser hob beidhändig seine riesige Kettensägenkeule in die Höhe, schwungvoll über den Kopf. Corvaxis zog schnell die Plasmapistole aus seinem Halfter und drückte ab! Die energetische Plasmaentladung war genau auf den Kopf des Xenos gerichtet, der durch die glühende Energie vaporisiert wurde. Der erstarrte Corpus fiel aufgrund der schweren Nahkampfwaffe, die noch über dem nicht mehr vorhandenen Kopf erhoben war, nach hinten zwischen die kurzzeitig innehaltenden Reste des Mobs.
„Mission erfüllt!“, gab Corvaxis über den internen Funk des Trupps bekannt. Die Raven Guard-Marines entledigten sich schnell ihres jeweiligen Gegners und starteten dann wieder die Triebwerke ihrer Sprungmodule. So schnell wie sie gekommen waren, verschwanden sie nun auch wieder im sich weiter lila verfärbenden Himmel.
2
In seinem Kopf fühlte es sich an, als würden dunkle, schwarze Tentakel nach ihm greifen. Gargbutz‘ allgemein miese Laune erreichte dadurch den absoluten Tiefpunkt. Sein Schädel war eh schon voller Einflüsterungen, darum lebte er ja auch weit ab von den restlichen Mobs in seiner Hütte, nur mit den Spinnaz drum herum. Doch das unablässige Flüstern war nun überlagert, ergänzt durch eine drohende schwarze, massige Präsenz seitdem der Himmel sich verfärbt hatte und überall diese Käfas auftauchten. Groß oder klein, flink oder behäbig. Überall! Auf dem Boden, im Boden, im Wasser, in der Luft. Wenn einer den Menschlingen diese Welt streitig machte, dann die Orkze, aber nicht solche Käfas!
Das Lager war voll, voll mit Orks. Der Platz wurde immer geringer. Und damit der Abstand! Dazu dann noch diese Tentakel in seinem Hirn. Gargbutz spürte, wie die Energien in seinem Kopf immer mehr aufwallten. Sich nur noch kurz zurück zogen und immer stärker wieder und wieder gegen seinen Schädel brandeten. Als wenn eine riesige Orkhorde versuchen würde, die Mauern einer Festung einzureißen. Und das Gedränge im Lager – und damit in seinem Kopf – wurde nun noch größer! Die Käfas hatten Boss Brazkrot und seine Mobs in dieses Lager getrieben. Der Boss, der Ugartor den Schlächta beerbt hatte, dessen Kopf von den schwarzen Fliegadosenmännas weggepustet worden war. Mehr Orks ins einer Nähe und die schwarzen Tentakeln machten aus seinem Schädelinneren ein eigenes Schlachtfeld!
Jenseits der grobschlächtigen Lagerbefestigungen brandete das Gebrüll der riesigen Käfashorde herüber.
Die reine Waaaghenergie tropfte im schon geifernden aus dem Maul, die umstehenden Orks suchten unweigerlich Abstand, außer seinen Spinnaz. Keiner wollte beim großen Köppeplatzen der erste Betroffene sein – außer ein Spinna vielleicht. Die Unruhe um ihn herum wurde größer und die Orks drängten fort. Der Oberboss Habruk brüllte laut und verteilte Kopfnüsse, doch Ordnung ließ sich nicht mehr herrichten.
Irgendwas stach nun in seinen Kopf! Einer der Tentakel.
Zu viele verstanden das Gedränge als Angriffssignal, ein markerschütterndes „WAAAGH!“ begleitete die ausfallenden Boys und Gargbutz konnte die Kräfte in ihm nicht mehr zurückhalten. Der Tentakel, der in sein Hirn gestoßen war, diente ihm als Verbindung. Zu Gehirnen jenseits der Befestigungen. Nicht orkischen Gehirnen. In einem weiten Radius erspürte Gargbutz das selbst für ihn völlig groteske Schwarmbewusstsein, das durch bestimmte Punkte in seiner fast neuronalen Landkarte hell aufleuchtete und viele kleinere Schimmer aufwies. Dann in weiterer Entfernung spürte er die Menschlein, auch einige tausend, die in einer langen Reihe kauerten. Unbewusst griff sein Geist aber nach dem aus, wodurch das Schwarmbewusstsein knapp hinter den Lagerbefestigungen präsent war: in die hell leuchtenden Kugeln, die anscheinend mit ihren Tentakeln zuvor in seinem Kopf für so viel Unruhe gesorgt hatten. Ein hysterisches Lachen, das sich zu einem brüllenden Inferno hervorbrechender Waaaghenergie entwickelte, platzte aus Gargbutz heraus und ergriff die Hirne der Tyraniden. Und neben vielen, vielen Köppen der Orks um ihn herum, zerplatzten auch andere Hirne anderswo.
Damit zerriss auch etwas, was Gargbutz in den letzten Sekunden seines Daseins noch als eine Art geistiger Leine erspüren konnte. Spektakulär zerstoben zig grüne Schädel um ihn herum und verteilten ihre Hirnmasse in der Gegend. Und endgültig drangen auch die Energien, gewaltige Energien aus Gargbutz Kopf. Es schien so, als sei sein Geist in abertausend Kreaturen – Orks, Tyraniden, Menschlingen, Nagern, Vögeln und allen Lebewesen im Umkreis – zugleich. Zu guter Letzt explodierte Gargbutz als Ganzes und eine riesige weißblaue Explosion schraubte sich gen verfärbten Himmel.
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Fressen! Der einzige Impuls, der durch den riesigen, massigen Leib ging, war der, den Hunger zu stillen, der unaufhörlich und wild im Inneren brannte.
Die Fesseln im Stammhirn waren schlagartig gelöst. Der Explosionswelle konnte das Ungetüm stur trotzen. Und wankte auf das nächste Ziel zu. Die komischen grünen Wesen, die sich vor im tummelten, mit metallischen Gegenständen auf die Hautpanzerung klopften, mit eigenartigen Instrumenten eisenhaltige Teile auf den Körper niederprasseln ließen, stampfte der Gigant nieder. Und das Maul schnappte unentwegt zu. Die Fülle der Beute schien unendlich. Teilweise aber auch lag sie kopflos am Boden rum und musste nur gefressen werden. Alle Artgenossen drum herum, die kleinen und großen, fielen über jegliches Grün mit zwei Beinen und zwei Armen her. Blut spritzte, floss in das Maul, gierig wurde verschlungen und sich gemästet. Die Sensenklauen und Scheren kamen nicht zur Ruhe, im Wahn hackte und schnitt sich jeder Artgenosse durch die Beute.
Kein Ende. Keine Kontrolle. Die Fesseln versuchten nicht einmal in das Hirn zu greifen. Vollkommen ungezügelt. Der Fressdrang konnte ausgelebt werden. Eine hungerstillende Ewigkeit lang.
Doch dann war das Schlachtfeld leer, die grünen Wesen entweder dahin geschlachtet und von den nachbrandenden Artgenossen, großen, kleinen, sehr großen und sehr kleinen, absorbiert. Neue Beute musste gefunden werden.
Der Geruchssinn leitete, führte aus dem wild wuchernden Gestrüpp. Fressen! Kein anderer Impuls hatte mehr Platz. Die kleineren Artgenossen um das Monstrum herum mussten dem schnappenden Maul versuchen zu entkommen. Das riesige Ungetüm trieb sie vor sich her. Folgen! Das gewaltige Geschöpf heftete sich an die Fersen der Kleineren, wieder nur vom Impuls des Hungers getrieben. Trotz des eben abgehaltenen Fressrauschs. Der Schwarm kannte in seinem Kern nur das Streben nach Verzehr von Biomasse. Hinaus aus dem Wald. Wenn es hier nichts zu erwischen gab, würde sich sicherlich etwas jenseits der Baumgrenze finden. Dort trieb der Geruchssinn die Tyraniden hin!
4
Er spähte über den Rand. Ruhe. Der Wald bewegte sich nicht, gab keinen Laut von sich. Doch seitdem diese Sporen in der Luft waren und sich der Himmel violett gefärbt hatte, konnte man ihm beim Wachsen förmlich zusehen. Ein erschreckend faszinierender Anblick.
„Straf-Gefreiter!“, brüllte jemand hinter ihm. „Gehen sie auf ihren Posten.“
Sein kahlrasiertes Haupt, mit der tätowierten Häftlingsnummer im Nacken, ruckte vom Wald zum Kommissar hinauf, der auf dem Kamm des Schützengrabens stand. Seine Nase registrierte den Geruch von Leder. Das Leder des Mantels, den der Kommissar trug und der ruhig an ihm herabhing. Er hätte nie gedacht, dass er solch einen Geruch nach Tagen von Xenosporen in der Luft, in seiner Nase, in seiner Lunge, ja unter seinen Fingernägeln und in fast jeder Pore, so… ja, also so heimelig empfinden würde. Wohlig. Angenehm.
Während er noch seinen Blick auf die hochgewachsene, mit einer Atemmaske ausgestattete imperiale Autorität geheftet hatte, spürte er eine Veränderung der Luft. Unter seiner Schädeldecke. Ein Knistern, ein Pressen. Irgendwas schien sich zu sammeln, schien in seinen Kopf zu greifen – und plötzlich war der Druck weg!
Wenige Liedschläge später schien der Wald sich zu bewegen. Das Grollen einer Explosion war zu vernehmen und in der Ferne, irgendwo hinter den wuchernden Wipfeln des Waldes, schraubte sich eine Explosionswolke in den Himmel. Sie war irrtümlich blau, weiß – nicht schwarz und rot von Ruß und Feuer.
Es verging einige Zeit, sicherlich mehr als eine Stunde.
Sich noch über die eigentümliche Explosion wundernd, machte die aufkommende Unruhe und Bewegung vor dem Straf-Gefreiten seiner Grübelei ein Ende. Der Wald erwachte zum Leben! Und aus seinem Unterholz brachen kleine, sechsbeinige, blitzschnelle Xenos hervor! Ganze Baumreihen erbebten und hinter den deformierten und umgestürzten Baumriesen kamen riesige Organismen hervor, mit sensen- und scherenförmigen Gliedern. Das Gebrüll der riesigen käferartigen Bestien erfüllte die Luft. Auch das gelle Gekreische der kleineren Käferformen schabte an seinen Ohren. Die Laute erschütterten seinen Verstand!
„An die Waffen! Laden und auf meinen Befehl feuern!“
Das Kommando des Kommissars krallte sich im Verstand des Straf-Gefreiten fest. Seine Wirklichkeit war ins Trudeln geraten, doch die klare, brutale aber vor allem menschliche Stimme hinter ihm ließ ein Stück Normalität in seinen Kopf zurückkehren. Das ganze Strafbataillon hatte sich in den Graben geworfen. Und legte an.
Die Xenos preschten unaufhaltsam über das gerodete Vorland. Kamen immer näher an den Grabenrand. Die erste Welle war vielleicht noch drei, vier Sätze entfernt.
„Feuer!“, gellte es über das Schlachtfeld. Und das Strafbataillon schoss. Die kleineren Tyraniden fielen, fielen scheinbar wie die Fliegen. Doch die großen, riesigen Xenos schütteln sich nur einmal kurz. Sie stapften unbeeindruckt weiter. Und hinter ihnen kam die nächste Welle der Kleinen. Undiszipliniert schossen viele der Zwangsrekrutierten die Magazine leer. Die ersten kleineren Xenos erreichten den Rand und den Graben selbst. Die Boltpistole des Kommissars und weiterer seiner Amtsgenossen hallten in den Gräben, gaben gezielte Schüsse auf die widerlichen Kreaturen ab.
„Feuert weiter nach vorne!“, schrie der Kommissar direkt neben dem Straf-Gefreiten. Schnell zog der Kommissar sein Kettenschwert und schlug um sich.
Die Erde begann zu beben und zu zittern. Explosionen folgten, Dreck wurde in die Luft geschleudert und prasselte in die Gräben. Die Panzer und Artillerie feuerten nun von weiter weg aus dem Hinterland, ohne Rücksicht auf eigene Verluste. Die Riesen mit ihren übergroßen Tötungswerkzeugen waren nur noch knapp zehn, fünfzehn Meter vom Graben entfernt. Die ersten Häftlinge warfen ihre Waffen weg. Flohen panisch in die entgegen gesetzte Richtung. Keine Munition wurde an diese Straf-Gefreiten verschwendet. Denn die kleineren Xenos fielen über die Fliehenden her. Der Kommissar schoss und schlug um sich. Bis einer der Riesen über ihm war. Die Scherenklaue zuschnappte. Und die Xenos einfach über den Graben und alle die verzweifelten Häftlinge und nutzlos weiterkämpfenden Kommissare schlicht hinwegschwemmten.
5
Der Funkspruch der am Boden befindlichen Streitkräfte war vor über einer halben Stunde eingegangen. Rückzug. Die Meldung des Space Marine-Captains der Iron Crusaders war gerade auf der Kommandobrücke verhallt. Ausweichen. Vom gesamten Planeten! Auch die Raven Guard rückte ab. Die zentrale Fabrikanlage wurde von Organismen der Morgon-Klasse überschwemmt. Wie konnte der Schwarm nur solche gigantischen Bioorganismen ohne jegliche Kenntnisnahme der Aufklärung ausbilden? Und die Bekämpfung der riesenhaften Wühlerorganismen in der Hauptanlage von Ennoch III wurde unterbunden, von einem zusammenbrechenden, äußeren Verteidigungsgürtel. Ausgelöst war der Verlust der zentralen Fabrikanlage durch den Einbruch der Front im nordöstlichen Sektor. Hier waren Strafregimenter von einer offenbar vollkommen ungezügelten, unkoordinierten Tyranidenhorde aufgerieben und vernichtet worden.
Inquisitor Meeir saß regungslos in seinem Kommandosessel. Seine Ellenbogen verharrten auf den Oberschenkeln, seine Hände falteten sich vor dem Gesicht, die Daumen stützen das Kinn. Die Biomasse der Orks, das muss der Grund gewesen sein. Die ganze Brücke war in ein trübes, grünliches Licht getaucht. Das Sirren und Surren der Motoren der diversen Servitoren war zu hören und der wutentbrannte Schlag des Kapitäns auf den Hologefechtstisch. Nur ein Gedanke ging dem Inquisitor durch den Kopf: verloren!
Die Reste der als vernichtet geltenden Schwarmflotte Kraken waren neu erwacht. Meeir musste an den verstoßenen Kryptman denken.
„Seit stets wachsam! Die Tyraniden sind nur dann vernichtet, wenn sie tatsächlich vernichtet sind.“
Man hätte es als das halb irrsinnige Gebrabbel eines Aussätzigen abtun können – wenn er verdammt nochmal nicht recht behielt!
Tatsache war, dass ein kleiner Splitter Krakens überlebt hatte und nun drohte, den ganzen Vidar-Sektor zu verschlingen. Ennoch III war nicht die erste Welt. Und würde bei weitem nicht die letzte sein! Auf weiteren Welten des Sektors waren Xenoaktivitäten zu vermelden, eben auch die von Orks. Auf Ennoch III nun aber ausgerechnet beide Spezies. Und dann in einem jetzt erschreckenden Ausmaß zum Vorteil der Tyraniden. Das Pendel hatte zu deren Gunsten begonnen auszuschlagen, nachdem der Widerstand der Orks empfindlich eingebrochen war. Wie hieß der Boss noch, den die Raven Guard zur Strecke gebracht hatte? Urg-irgendwas?
Meeir stand bedächtig auf. Er winkte dem Kommunikationsoffizier zu. Erwartungsvoll starrte dieser ihn an. Der Inquisitor atmete nochmals durch. Er war jung für sein Amt, hatte nicht mal das erste Lebensjahrhundert erreicht. Durch jugendlichen Leichtsinn war er dazu verleitet gewesen, zu denken, ein Gleichgewicht des Schreckens zwischen Tyraniden und Orks könnte die Welt so lange halten, bis genügend Verstärkungen zur Ausrottung beider Xenobedrohungen zusammen gezogen waren. Vergebens.
Er musste nun das endgültige Verhängnis über diese Welt bringen. Und wohl über weitere in den kommenden Wochen und Monaten. Meeir sprach mit fester Stimme: „An die kombinierte Flotte: Ich, Inquisitor Rachius Meeir, Mitglied des Ordo Xenos der Heiligen Inquisition, verhänge hiermit den Exterminatus über die Welt Ennoch III. Ende.“
Ein Akolyth mit einem grünlich schimmernden Datenpad trat an ihn heran. Meeir las auf der Projektionsfläche:
An die Heilige Inquisition zu Terra – Extermintus: Ennoch III, Klassifikation Fabrikwelt, Subsektor Epsylon im Sektor Vidar. Begründung: irreversible Xenoskontamination! Spezies: Orks, Tyraniden. Angeordnet durch: Ordo Xenos, Inquisitor Rachius Meeir.
Er nahm das Emblem der Inquisition, welches an einer schweren, eisernen Kette mit großen Ringen um seinen Hals hing und drückte das Emblem der Inquisition in die entsprechende Vertiefung des Datenpads. Damit war die Order besiegelt. Ein weiterer von Myriaden Verwaltungsakten erledigt. Exitus acta probat - der Zweck heiligt die Mittel, dachte Meeir bei sich.
Er befahl Kapitän und Kommunikationsoffizier: „Meldet an die verbündeten Space Marine-Streitkräfte, dass sie zwei Standardstunden zum Verlassen des Planeten haben. Restliche Kräfte verbleiben auf dem Planeten, zwecks Dekontamination. Ich kehre nach Ablauf der Frist auf die Brücke zurück. “
Den Meltertorpedo würde er selber zünden, damit nichts als Schlacke von dieser Welt übrig blieb. Nur kurz haderte er damit, dass in zwei Standardstunden gehörige Margen an Waffen und Munition fehlen würden. Mittel, die im weiteren Kampf gegen Kraken gut gebraucht werden konnten.
Damit verließ Inquisitor Meeir schneidigen Schrittes die Kommandobrücke. Das zackige Salutieren des Kapitäns und der restlichen, nicht lobotomisierten Brückencrew nahm er nicht mehr wahr. Die Astropathen mussten instruiert werden. Es galt die Verteidigung eines Sektors zu koordinieren, um sich weitere Meltertorpedos und Schlackehaufen zu ersparen.
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