[Archiv] [Storywettbewerb II 2012] [WHFantay] Der einzig wahre Grund

SHOKer

Mentor der flinken Federn
3 Februar 2006
4.790
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Es verspricht ein wundervoller Tag zu werden, viel zu schön um ihn mit einer Schlacht zu verschwenden. Und doch geht die Sonne so rot wie das Blut auf, das heute auf den noch nebelverhangenen, welligen Wiesen vor mir vergossen werden wird.
Verdammte Hexe. Wieso hast du es nur so weit kommen lassen? Wieso habe ich es nur so weit kommen lassen?
Doch es ist müßig, sich solche Gedanken zu machen. Eine Wahl zu haben ist eine Illusion, es gibt kein „was wäre wenn“, kein „warum ich“. Wenn man zurücksieht und all die Möglichkeiten sieht, die sich wie die Äste eines Baumes verzweigen, fällt es leicht, sich diesem Irrglauben hinzugeben. Aber die Wahrheit ist, wenn ich etwas anders getan hätte, wäre ich nicht ich selbst. Ich wäre eine andere Person, die andere Fragen stellen würde.
Aber ich bin niemand Anderes, ich bin Fürst Torwald, seit dem Tod meines Vaters vor zwei Jahren Herr über mehr als fünfzig Morgen Land. Und so muss ich mich der Wahrheit stellen, dass ich heute Männer in die Schlacht und den Tod führen werde. Gegen Truppen, die von der einzigen Person geführt werden, die mir mehr bedeutet als ich selbst.
Doch ich werde nicht zögern. Die Grenzgrafschaften waren schon immer ein raues Pflaster, hier überlebt niemand, der sich Schwäche gegen seine Feinde erlaubt. Und diese Halbelfenhexe, diese verdammte Hure, hat sich meine Feindschaft redlich verdient! Mit finsterem Blick sehe ich nach Norden, über die grünen Hügel und den sich auflösenden Nebel hinweg, auf die von den ersten Sonnenstrahlen umkränzte Burg Liljas. Sie wirkt gegen den heller werdenden Himmel schwarz. Seltsam, dass sie mir einst so schön vorkam. Für einen Augenblick sehe ich ihr liebreizendes Gesicht vor meinen Augen, doch das Klirren von Kettengliedern reißt mich aus meinen Gedanken.
„Mein Fürst“, grüßt Herreward mich. Mein Heerführer ist trotz der frühen Stunde schon mit seiner Plattenrüstung gepanzert. „Liljas Truppen werden schon bald ausrücken“, erinnert er mich.
Was er nicht sagt ist, dass ich meine eigene Rüstung anlegen muss und meine Einheiten zu einer Schlachtreihe formieren soll. Ich lächle, denn Herreward kann selbst in der dringendsten Situation seine Zurückhaltung wahren. Ich war nie dazu fähig.
Mit einem Nicken versichere ich ihm mein Verstehen, woraufhin er sich wieder zu den hohen, blauen Zelten auf dem Hügel in der Mitte des Lagers zurückzieht.
Ich hingegen blicke noch einmal nach Norden.
„Verdammte Hyäne“, ist alles, was ich denken kann. Dann drehe auch ich mich um und begebe mich zwischen Zelten, Abwassergräben und gerade noch glimmenden Feuerstellen hindurch zur Mitte des Heerlagers.

Ich schließe die nun von einem Plattenhandschuh bedeckte Hand zur Faust und überprüfe den Sitz der Panzerung an Armen und Schultern, indem ich sie einmal kreisen lasse. Erst dann nicke ich meinem Pagen zu. Mit geschickten Bewegungen legt er mir das Wehrgehänge an und überreicht mir ehrfurchtsvoll mein Schwert. Mit geübtem Blick überprüfe ich die Klinge. Sie ist frisch geschliffen und poliert worden, glänzt im durch ein Loch in der Zeltwand eindringenden Lichtstrahl wie Silber. Ich lächle sanft, als ich sie in ihrer Scheide verstaue. Am Ende dieses Tages wird sie weder funkeln noch scharf sein, sondern nur noch ein schartiges, blutbesudeltes Stück Stahl. Und doch bin ich überzeugt davon, dass mich mein Schwert wieder einmal durch die Schlacht bringen wird.
Ich trete aus meinem Zelt heraus unter den davor aufgespannten, malvenfarbenen Baldachin. Meine Hauptleute haben sich auf den Befehl Herrewards hier eingefunden, stehen um einen schweren Lindenholztisch herum, auf dem einige Schlachtpläne unordentlich herumliegen. Ich nicke Graf Ingeaban zu, dem Anführer meiner Kavallerie, sehe in die durchdringenden, dunklen Augen Hauptmann Nicollos dessen tileanische Pavese-Armbrustschützen meinen Truppen die dringend benötigte Feuerkraft geben sollen und schüttele die mir von Ulfbert dargebotene Hand. Der stämmige Mann, der an der Spitze meiner Infanterie marschiert, blickt so erfreut auf mich, als wenn wir uns zu einem Jagdausflug treffen würden und nicht kurz vor einem Kampf stünden.
Sie blicken mich erwartungsvoll an. Ich kenne diesen Augenblick, kurz vor der Schlacht. Sie sind nervös und ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass es mir anders erginge. Genau genommen bin ich froh, dass ich mein spärliches Frühstück in meinem Magen behalte.
Bei den Göttern, ich bin so aufgeregt, dass es mich nicht wundern würde, wenn mein pochendes Herz eine Delle in meinen Brustpanzer hämmern würde!
Doch ich zeige es nicht. Ich bin ihr Anführer, und ich muss ruhig wirken, um sie nicht noch zusätzlich zu verunsichern. In Momenten wie diesen verfluche ich die Verantwortung meines Geburtsrechts.
Mit zwei langen Schritten trete ich an den Tisch, lege die Handflächen darauf, um ihr Zittern zu verbergen und suche mit den Augen nach dem Pergament, auf dem ich die Aufstellung vermerkt hatte, die ich meinen Hauptmännern nun vermitteln will. Ich finde sie, halb unter verworfenen Entwürfen verborgen und ziehe das Blatt zu mir heran.
„Hört her! Liljas Truppen werden uns in Bälde entgegentreten. Sie haben nicht genug Lebensmittel in ihrer Burg, um eine Belagerung zu riskieren. Außerdem ist sie zu überheblich und zu sehr von ihrem Sieg überzeugt, um abzuwarten.“
„Wie könnt Ihr Euch da so sicher sein, mein Fürst?“, fragt Ingeaban zweifelnd nach. Kritisch beäugt er die Burg, die sich hinter dem unter uns liegenden Lager und den Wiesen deutlich gegen den Himmel abhebt.
„Ich...Kenne sie zu gut“, antworte ich verbittert. Ich sehe, wie Ulfbert bei meinen Worten grinst und höre das unterdrückte Lachen Nicollos. Verdammte Hurenböcke! So lange sie mit Lilja nicht selbst zu tun hatten, sollten sie sich kein Urteil über mich anmaßen!
„Ulfbert, du wirst die Infanterie in der Mitte führen. Achte darauf, dass die Speerträger die Flanken der Schwertkämpfer decken. Nimm mit den Hellebardenträgern das Zentrum der Reihe ein. Brich mit ihnen durch die feindliche Linie! Bist du dem gewachsen?“, frage ich, während ich mit einem Finger den Angriffspfeil entlangfahre.
„Natürlich, mein Fürst.“ Ulfberts Stimme lässt keinen Zweifel, dass er es schaffen wird. Ich habe nie geargwöhnt, dass es anders sein konnte, aber die Frage musste gestellt werden. Und trotz meines schiefen Grinsens bei seiner im Brustton der Überzeugung vorgebrachten Antwort fühle ich mich beruhigt.
„Graf Ingeaban, die Kavallerie muss auf der linken Flanke konzentriert sein. Wir schützen unsere Linie vor Liljas Reitern auf der Ebene hier und zerschmettern ihre Schlachtreihe, sobald Ulfbert ihre Mitte bricht.“ Ingeaban nickt nur kurz. In seinen Augen spiegelt sich die Vorfreude auf den Kampf. Ich wünschte, dass auch ich ihm so freudig entgegensehen könnte.
„Nicollo, deine Armbrustschützen übernehmen den Höhenzug an der rechten Flanke. Schießt alles nieder, bevor es euch erreicht. Und wenn ihr Bolzen übrig habt, dünnt ihr Zentrum aus!“
„Wie Ihr befehlt, Herr“, antwortete der Tileaner mit einer knappen Verbeugung. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was der kleine, sonnengebräunte Mann gerade denkt. Aber ich hoffe, dass er sein Geld wert ist. Teuer genug ist er, denke ich bei mir, während ich alle noch einmal ansehe. Sie sind immer noch nervös, aber sie wissen nun, was sie tun sollen. Es ist ein einfacher Plan, ohne viele taktische Feinheiten oder Kriegslisten – doch gerade dadurch hoffe ich, dass er ausführbar bleibt.
„Also dann, stellt die Männer auf, wir haben eine Schlacht zu schlagen.“ Sie verbeugen sich vor mir und gehen. Nur Herreward bleibt bei mir unter dem Baldachin. Er reicht mir einen Pokal mit Wein, weiß Morr, wo er ihn wieder her hat. Ich trinke einen Schluck und stelle das Zinngefäß auf dem Tisch ab, bevor ich wieder auf die Burg blicke. Vor nicht mal einem halben Jahr hatte ich mich noch gefreut, ihre Mauern zu erblicken. Damals verhießen sie Vergnügen. Heute hingegen...bedeuten sie Schmerz. Es wird mir eine Freude sein, sie zu schleifen!
Während meine Hauptleute und ihre Unterführer mit lauten Stimmen meine Armee zu einer Schlachtreihe formieren, öffnet sich das schwere Fallgatter. Liljas Truppen rücken endlich aus.
„Und so beginnt es also“, flüstere ich grimmig.

Ich reite auf meinem Rappen an der tief gestaffelten Reihe meiner Männer entlang und spüre ihre Blicke auf mir ruhen. Ich sehe abgehärmte Veteranen, die mit stoischer, beinahe apathischer Ruhe auf das Bevorstehende warten. Ich sehe Krieger, die sich Mut für das Kommende angetrunken haben und jetzt lautstarke Verhöhnungen in Richtung Feind grölen. Und ich sehe nervöse Frischlinge, die sich schweißbedeckt nach hinten drängen oder ihren Mageninhalt direkt dort ausspeien, wo sie gerade stehen oder hocken. Es sind die üblichen Reaktionen auf die Aussicht eines baldigen Todes. Ich zügle mein Pferd und bedenke das wogende, dunkle Band von Liljas Truppen vor mir mit einem spöttischen Grinsen im Gesicht, bevor ich mich wieder meinen eigenen Männern zuwende.
„Seht ihr diese Narren? Sie hätten sich hinter ihren Mauern verbergen können, doch ihre Geister sind vernebelt! Sie glauben tatsächlich, uns schlagen zu können“, rufe ich ihnen zu. Ich lache lauthals, während ich meinen tänzelnden Rappen an die Kandare nehme.
„Die Schwächlinge dort drüben ordnen sich einer Hexe unter, haben nicht einmal den Schneid einen der ihren auf den Thron zu setzen. Wie, frage ich, sollen sie da über wahre Männer obsiegen können?“ Verhaltenes Gelächter dringt aus meiner Schlachtreihe.
„Fürchtet sie nicht, denn sie sind verweichlicht und ihre Herzen sind wankelmütig. Fegt sie hinweg und das Beutegut wird euch gehören!“ Begeistert brüllen meine Männer auf, so dass ich mein Pferd erneut unter Kontrolle bringen muss. Ich habe sie erwartungsgemäß erreicht... Die Gemüter der Soldaten sind einfach. Ich habe ihnen alles gesagt, was sie wissen müssen.
Was ich nicht sagte, ist, weshalb ich sie hierherführte...
Ich habe Lilja geliebt. Nachdem ihr Vater starb, versprach sie sich mir. Die Hochzeit war schon geplant, doch dann hat das Biest sich einen Geliebten genommen und mich zurückgewiesen, meinte, ich wäre nicht gut genug für sie. Ein Erbe des hochnäsigen Seeelfenvolkes ihrer Mutter. Ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr sie mich damit kränkte.
Doch nun werde ich Sühne fordern. Ich sehe Herreward an, der auf seiner braunen Stute sitzt und das Banner meines Fürstentums hält. Ich kenne den Blick, mit dem er mich bedenkt. Mitleid.
Er kann es sich schenken, denn ich bin zutiefst entschlossen. Voller Überzeugung schließe ich mein Visier. Er nickt, hebt dann das Banner hoch in die Luft. Entlang der Schlachtlinie brüllen die Hauptleute Befehle und die Männer setzen sich in Bewegung. Zuerst zögerlich, doch bald schon im Laufschritt – dem Feind entgegen, zu Blut, Ruhm und was da kommen möge. Wer keine Schlacht überlebt hat kennt diese Augenblicke nicht, kurz bevor die Linien aufeinanderprallen. Alles was geschieht scheint gleichzeitig unendlich weit weg und doch unmittelbar zu sein. Ich weiß, dass ich mein Schwert ziehe und es auf die Reiter richte, die ich durch die Sehschlitze erkenne, ich weiß, dass ich den Rappen mit den Sporen zu höherem Tempo ansporne und ich weiß, dass Ingeaban und meine Ritter mir folgen. Und doch scheint es irgendwie unwirklich. Schreie künden vom Auftreffen der Armbrustbolzen in der Mitte von Liljas Reihe, als ich den ersten ihrer Kavalleristen erreiche. Und plötzlich, mit einem Schlag, wird die Welt zu einem sehr kleinen Ort.
Stich, Parade, abdrängen mit der Masse meines Pferdes, wieder zuschlagen, ducken. Alles geht ineinander über. Ich denke nicht mehr darüber nach, als ich meine Klinge durch Kettengeflecht und Kehle stoße. Schreiend treibe ich den Rappen an, versetze einem weiteren Feind einen Hieb gegen die Waffenhand und dränge mich weiter vorwärts, mitten ins dichteste Getümmel. Um mich herum sind nur gellende Schreie, wildes Wiehern und dröhnende Schläge. Jemand wirft mich mit einem Hieb auf den Hals meines Pferdes, doch ich halte mich im Sattel, komme wieder hoch und schlage erneut um mich. Undeutlich sehe ich einen Ritter in einem brünierten Kettenhemd vor mir, der seinen Streitkolben gegen mich hebt. Ich pariere den Schlag, kontere mit einem Hieb meiner Angel gegen seinen Helm und stoße zu, doch meine Klinge gleitet ab. Ich kann es nicht beenden, denn zwei weitere Reiter drängen mich ab. Mühsam verteidige ich mich, von meiner Plattenrüstung verlangsamt. Immer wieder winden sie sich an meiner Klinge vorbei, hauen auf mich ein. Doch auch ich bin nicht allein, Herreward springt mir zu Hilfe und spaltet den Helm des Einen. Der Andere, dem ein langer Mantel von den Schultern hängt, brüllt, wütet und achtet nicht mehr auf mich. Ich stoße meine Klinge in seine Achsel, beende so seinen Zorn. Ich wende mich um, will mir einen weiteren Feind suchen, doch da ist keiner mehr. Nur Tote und Verwundete, deren Blut den Boden aufweicht, der von den Hufen aufgewühlt ist. Mit dröhnender Stimme übertönt Ingeaban das Kreischen der Verwundeten und sammelt meine Ritter erneut. Mein linker Arm pocht unangenehm, wo eine Klinge ihn traf, doch noch rauscht die Wut durch meine Adern, lässt mich den Schmerz ignorieren. Vor mir sehe ich undeutlich durch den aufgewirbelten Staub die beiden aufeinandertreffenden Schlachtreihen. Stahl klirrt, Männer schreien.
Erst jetzt, in diesem Moment der Ruhe, realisiere ich alle Bewegungen, alle Geschehnisse des gerade verklungenen Schlagabtausches. Ich grinse, als sich das Hochgefühl einstellt, Morr einmal mehr von der Schippe gesprungen zu sein.
„Weiter! Zerschmettert sie!“, brülle ich, lasse meinen Rappen auf der Hinterhand tanzen und deute mit dem blutbesudelten Schwert auf die Schlachtreihe zu meiner Rechten. Mit Rufen, die mehr nach Tier als nach Mensch klingen, treiben meine Ritter ihre Pferde erneut an, immer auf das vom Staub in eine geisterhafte Szenerie gesetzte Gemetzel zu. Und ich mitten unter ihnen. Immer schneller, wie das Blut, das in meinen Adern rauscht. Für Angst ist es längst zu spät.
Mit einem Krachen brechen wir in die Flanke von Liljas Schlachtreihe. Männer werden von den Pferden weggeschleudert, von den Hufen zerstampft, von unseren Klingen niedergemacht. Jubel erschallt aus den Reihen meiner Schwertkämpfer, die ihre Feinde vor sich zurückschrecken sehen. Und ich treibe meinen Rappen weiter an, denn dies hier sind nicht diejenigen, die ich zu töten gekommen bin. Zusammen mit Herreward und zwei weiteren Rittern sprenge ich vorwärts, haue um mich und dränge meinen Rappen durch die schwankende Reihe von Liljas Hellebardenträgern.
Mit einem Mal finde ich mich am Boden wieder, Dreck und Blut in meinen Helm hustend. Um mich sind nur Stiefel und Hufe. Unter großem Kraftaufwand wälze ich meine gepanzerte Gestalt herum, sehe meinen Rappen mit einer Gleve im Brustbein am Boden liegen und wild um sich schlagen. Vor ohnmächtiger Wut und Schmerzen brüllend richte ich mich auf, ergreife mein Schwert und komme unter größter Anstrengung endlich wieder auf die Füße. Herreward schlägt immer noch auf die Infanteristen um mich ein, um mir das Aufstehen zu ermöglichen. Doch nun stehe ich und mache mir selbst mit einer Mühle meines Schwertes Luft. Hier, im dichtesten Gedränge, ist es schwer nichts zu treffen und so stampfe ich vorwärts, treibe meine Feinde vor mir her, während Ingeaban die restlichen Ritter hinter mir heranführt, die Schwertkämpfer um mich herum ausschwärmen und auf die verängstigten Männer losgehen, die Lilja als ihre Soldaten aufgestellt hat. Es ist ein ständiges Schieben, schlagen und um Gleichgewicht in der schweren Rüstung kämpfen. Überall riecht es nach Schweiß, Exkrementen und Angst. Ich erkenne einen vor mir, der noch nicht mal wirklich zum Mann gereift ist und wild kreischend mit einem Spieß auf mich zustürmt. Der Stahl in meiner Hand beendet sein wahrscheinlich viel zu kurzes Leben.
Als er fällt, sehe ich sie.
Lilja, die auf einem Felsvorsprung steht und mit wehenden Haaren ihre Männer anfeuert. Ich öffne mein Visier, um sicher zu sein, dass sie es wirklich ist.
„Hure!“, brülle ich, so laut, dass es das Getöse der Schlacht übertönt. Sie sieht mich, doch ich kann ihr Gesicht auf die Entfernung nicht deuten. Ihre Männer weichen verzagend vor mir zurück, so dass ich auf sie zumarschieren kann. Schnaufend bleibe ich vor dem Felsen stehen.
„Ich bin hier, deine Sühne einzufordern!“
„Sühne? Wofür? Olaf, Liebster, ich fordere Vergeltung für seinen ungerechtfertigten Angriff!“, lächelt sie kalt. Ihre herablassende Art versetzt mir einen Stich, doch mein Hauptaugenmerk liegt auf einem Gerüsteten, der nun auf mich zukommt. Ihr Champion, ihr Geliebter. Endlich treffen wir aufeinander.
„Herr?“, fragt Herreward unsicher.
„Nein.“ Heute sind genug Männer für diese Frau gestorben. Ich schicke keinen Weiteren in den Tod. Wenn Olaf für sie kämpfen will, werde ich sein Blut selbst nehmen.
Ich sehe noch einmal zu ihr hinauf und die alten Gefühle drängen an die Oberfläche. Ihre Schönheit zeigt mir die Genialität des Abgrunds: Egal, wie lange du damit zugebracht hast, hinaufzuklettern, du kannst jederzeit, in einem Herzschlag, zurück ins Dunkel fallen.
Sie ist die Verkörperung meines Abhangs.
Olaf nähert sich mir grunzend, erhebt seine Klinge über den Kopf und rammt sie mir entgegen. Kräftig, aber nicht geschickt. Meine Ausbildung übernimmt, lässt mich parieren, kontern, nachsetzen und erneut zuschlagen. Zu weit, zu ausholend, ich gebe ihm Zeit zu reagieren, die er nutzt. Seine Klinge reißt meinen Brustpanzer auf, doch ich stehe noch, fange mich, blocke den nächsten Hieb. Ich bringe ihn durch eine Finte aus dem Rhythmus und kann ihm so mein eigenes Schwert entgegen werfen, kratze über seinen Schild und kehre den Schlag sofort um, verpasse ihm einen Hieb gegen den Oberarm. Völlig ungerührt ob meines Treffers rammt er mir seinen Schild in den Bauch.
Benommen stolpere ich zurück, fange mehr aus Glück als aus Verstand einen tödlichen Streich ab und komme endlich wieder zu Besinnung. Durch mein Zurücktaumeln ist Olaf unvorsichtig geworden. Er holt zu viel Schwung und ich nutze den Moment, um ihm meine Klinge seitlich zwischen Halsberge und Helm hindurch in die Wirbelsäule zu stoßen.
Ich weiß nicht, ob er im Leben viel sprach, doch nun geht er ohne letzte Worte scheppernd zu Boden und ich wende mich wieder Lilja zu.
Tränen stehen in ihren Augen.
„Warum hast du das getan? Geld? Ländereien?“, schluchzt sie qualvoll. Ich blicke mit Bedauern erneut auf Olaf, dem anschienend ihr Herz gehörte.
„Der einzig wahre Grund, warum Männer Kriege führen...Liebe“, bringe ich mit trockener Zunge hervor, überrascht davon, wie schwer mir dieses Geständnis fällt. Ich hätte nicht zusehen können, wie ein Anderer sie berührt.
„Was verstehst du schon davon? Ich zeige dir wahre Liebe!“, heult sie hysterisch. Wie ihre Krieger auch kann ich mich vor Unglauben nicht bewegen, als sie einen Dolch zieht und zwischen ihre Rippen rammt. Schockiert halte ich die Luft an, während sie ihren letzten, seufzenden Atemzug macht.
Dies ist Liebe.
Liebe schmerzt.
Und ich habe meine Liebste durch meine Liebe verloren.
 
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SHOKer

Mentor der flinken Federn
3 Februar 2006
4.790
4
33.391
31
Ah ja, eine wirklich sehr schöne Geschichte. Schöne Themenwahl, auch wenn diese Aussage natürlich sehr gewagt und mit Sicherheit anfechtbar ist. Aber von der Idee her gefällt es mir und die Thematik zieht sich sauber durch die ganze Geschichte.

Sprachlich habe ich auch nicht viel auszusetzen. Liest sich flüssig und ohne größere Schwierigkeiten. Es sind sogar einige sehr schöne Formulierungen drin. Großes Lob.

Von der Handlung her auch völlig in Ordnung. Ein kurzer Augenblick vor der Schlacht, der Zeit gibt, die Emotionen des Protagonisten wiederzugeben, einige Kampfszenen und dann halt das Ende. Angesichts der Länge sogar überraschend viel Handlung, die in gutem Tempo abgespult wird. Also ich habe mich weder gelangweilt beim Lesen noch blieb ich am Ende mit dem Gefühl zurück, dass dort etwas fehlen würde.

Kritik gibts allerdings auch. Erst einmal hatte ich das Gefühl, dass die Qualität in Sprache und Detailgrad zum Ende hin dann doch etwas nach lies. Der eigentlich sehr ausbaufähige Tod der "Geliebten" wird mit persönlich etwas zu kurz und unspektakulär abgehandelt. Dagegen hätte man vielleicht bei der Beschreibung der Unterführer sparen können, die letztendlich ja doch kaum etwas beigetragen haben bzw. bis auf einen nach dem Kriegsrat nicht wieder vorkamen. Die Besprechung hätte man vielleicht rauslassen und den Schlachtplan indirekt später mit 1-2 Sätzen erklären können.

Größter Vorwurf: Olaf. Zuerst dachte ich, er wäre ein Elf, weil die Stelle

doch dann hat das Biest sich einen Geliebten genommen [...] Ein Erbe des hochnäsigen Seeelfenvolkes ihrer Mutter.
wirklich etwas zweideutig formuliert ist. Beim Nachlesen wurde mir klar, dass er wohl eher kein Elf ist. Dadurch stellt sich aber mir die Frage, was genau diesen Mann denn für diese Frau interessant macht. So, wie er hier beschrieben wird (kräftig, aber ungeschickt, redet nicht usw), erinnert er mich stark an einen Barbaren oder eine ähnliche geistig stumpfe Hau-Drauf-Figur, die einer Halbelfendame sicherlich kaum ein geeigneter Partner sein kann. Vor allem im Vergleich zum reichen, mächtigen und anscheinend auch sehr talentierten Protagonisten.
Also diese Liebe und erst recht der dadurch verursachte Freitod konnten mich nicht wirklich überzeugen. Auch die Weise, wie die Halbelfe beschrieben wird, wirkt auf mich nicht wie jemand, der sich für einen Geliebten selbst das Leben nimmt. Tut mir leid, aber das Ende enttäuschte mich sprachlich wie inhaltlich ein wenig. Da wäre mehr möglich gewesen.

Alles in allem tendiere ich hier aktuell zu 4-5 Punkten.
 
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Sistermarynapalm

Blisterschnorrer
14 Juni 2011
432
1
7.761
www.fanfiktion.de
Der einzig wahre Grund – was wird mich da wohl erwarten? Wie sich das mit Schlachten verbinden lässt?
Das waren die Gedanken, die mir durch den Kopf schossen, als ich die Überschrift für diese Geschichte gelesen habe. Mehr als einen Samurai-Gedankengang konnte ich mir darunter nicht vorstellen.
Und mit dieser Überlegung schloss sich ein finsterer Gedanke um die Windungen meines Hirnes.
Ich bin wirklich nicht bewandert, was die Fantasy angeht. Das Einzige, was mich im Bereich Fantasy oder Pseudo-Mittelalter interessiert hat, sind diese uralt-asiatischen Kriegerfilme, so etwa der Samurai mit dem Kind, ein paar Kung Fu-Filme und die Animes Samurai Champloo und Moribito (wo ich als Anti-Englisch-Leser tatsächlich mal ein englisches Buch in die Hand genommen habe) – und natürlich Herr der Ringe (aber auch nur die Filme)
Um diese ganze Werbemacherei abzukürzen – ich habe aber so etwas von null Ahnung von Fantasy, dass ich vermutlich Schwierigkeiten habe werde, mich in das ganze Setting einzufinden.
Aber einmal der Reihe nach.

Das Setting:

Schon der Beginn der Geschichte erinnerte mich irgendwie an die Gedankengänge eines edlen japanischen Kriegers. Ich fühlte mich sofort an die Selbstgespräche von Jin aus Moribito erinnert, als er über dem bewusstlosen Kaisersohn Chagum lehnt.
Der Leser startet sofort in die Action, die Gedankengänge des Protagonisten, mit denen er sich auf die kommende Schlacht vorbereitet.
Die Atmosphäre, die der Charakter dabei erzeugt, ist recht intensiv. Irgendwie, und das ist ein ganz interessanter Effekt, hat diese Ich-Perspektive, dieses nüchterne, resignierende Resümieren (welch eine Wortwahl …) einen ganz besonderen Effekt auf die Art, wie mir der Protagonist vorkommt.
Tatsächlich fühle ich mich dadurch recht stark in den Charakter versetzt, so als wenn ich den Atem des Charakters hören, seinen (oder ihren) Puls fühlen und seine Gedanken denken kann. Bei Dan Abnett heißt das Kampfzeit. Ein intensiver Zeitlupeneffekt, bei dem man alles wahrnimmt, was um einen herum passiert.
Besonders ist dort das Resümee aufgefallen, was passiert wäre, wenn der Charakter in seinem Leben irgendetwas anders gemacht hätte. Diese Einstellung kenne zumindest ich nicht von „Kriegsgeschichten“, aber sie gefällt mir. Als wenn sich der Film des Lebens noch einmal vor den eigenen Augen abspult.
Ebenso gefallen haben mir die Andeutungen, die immer wieder in die Geschichte eingeworfen werden und sich schließlich zu einem großen Puzzle verbinden, das erst zum Ende aufgelöst wird.
Was mich hingegen verwirrt hat, war der doch massive Einsatz von benannten Charakteren in einer derart kurzen Geschichte. Vor allem die doch teilweise etwas kompliziertere Benennung trägt auch nicht unbedingt zu einem besseren Zurechtfinden statt.
Ich musste, trotz der Kürze, immer wieder kurz in die Besprechung scrollen und nachlesen, wer nun welche Aufgabe hatte.
Die Besprechung selbst war logisch und ordentlich strukturiert und gab einen guten Einblick in die Planung des jungen Herren Fürsten, vor allem die einfache, altbewährte Struktur der Phalanx-Taktik.
Allerdings fand ich es recht eigenartig, dass die Männer angespannt sind, aber die Vertrauten des Fürsten trotzdem über die Verbitterung ihres Anführers grinsen, als dieser erwähnt, dass er seine Gegnerin kennt. Also, ob sich ein Vertrauter im Beisein angeheuerter Milizionäre/Söldner so etwas erlauben würde? Das kommt mir ein wenig Out-of-Status vor.
Und natürlich darf der altbewährte Satz „Und so beginnt es (also)“ nicht fehlen :-D Das lob ich mir!
(Auch wenn ich sagen muss, dass ich bei der Besprechung dem Beginn der Schlacht irgendwie total an den Entsatz Rohans vor Minas Tirith denken musste – Reitet nun – REITET! Zu Ruhm, Ehre [oder was da sonst noch kommen möge]).
Ich ahne bereits, was da kommt. Der Typ hat bestimmt die Hexe geknallt und sie hat ihn abserviert, right? Dieses ganze Setting erinnert mich so ein wenig an die Sage von Artus, in der auch irgendein König die Burg seines Kontrahenten belagerte, weil er die Frau haben wollte. Ja gut, ich weiß, nicht dasselbe, aber dennoch mit gewissem Wiedererkennungswert für mich.
Die Schlacht selbst zeichnet ein recht surreales Bild. Auch, wenn die Beschreibungen klar und verständlich sind, hatte ich bisweilen Probleme, dem ganzen Verlauf zu folgen. Die Schlachtbeschreibung wirkt trotz der Nähe des Protagonisten irgendwie weit entfernt, wie eine neblige Vergangenheit, an die sich der Charakter nur recht undeutlich erinnert.
Dadurch kommen einige für mich unverständliche Szenenwechsel in die Geschichte, die mich irgendwie stutzen lassen. Hier einmal der von mir realisierte Ablauf: Der Protagonist reitet auf den Gegner zu, kämpft ein bisschen im „dichtesten“ Getümmel, wird bedrängt, wird gerettet, steht plötzlich da, wo niemand mehr ist (da alle tot) (und lächelt dabei grimmig – ist er Spartaner?), sieht vor sich die Infanterie, hört, wie die Ritter gesammelt werden, bricht in die Flanke des Gegners (mitten unter seinen Rittern – wie ist er da denn hingekommen?), reitet den Feind nieder, jubelnde Schwertkämpfer aus seinen Reihen (da frage ich mich – wo sind die jetzt plötzlich hergekommen? Ich denke, da waren Speerträger vorne?), wird ausm Sattel gehoben, weil sein Pferd eine Lanze/Hellebarde küsst (wobei ich mich jetzt frage – wer ist denn so intelligent, mitm Pferd Lanzenträger zu attackieren? Das ist ja, als wenn man als Messerkämpfer versucht, eine 2cm-Vierlingsflak im Sturmangriff zu nehmen), steht auf, kämpft plötzlich wieder in Mitten seiner Schwertkämpfer, sieht seine Alte aufm Felsen stehen, schreit sie an, alles sprengt auseinander, er geht zu ihr, wird beleidigt, dann kommt ihr Champion und in diesem Moment ist offensichtlich alles verstummt. Also anders kann ich das nicht deuten, als wenn die gewaltige, tobende Schlacht in dem Moment die Luft anhält. Denn dann reden er und sein Vertrauter ganz entspannt miteinander, er sagt ihm, dass niemand mehr sterben soll, bzw. drückt diesen Gedanken durch ein ganz markantes „Nein!“ aus. Dann denkt er darüber nach, wie verletzlich die Geister der Menschen doch sind (womit wir wieder beim Samurai vom Anfang wären), tötet den Champion.
Ich muss ganz ehrlich gestehen – das stellt mich so nicht zufrieden. Da hätte ich ehrlich mehr erwartet.
Über das Ende hingegen scheiden sich bei mir die Geister. Der eine (Geist) sagt, dass das Ende der Geschichte angemessen ist und zum Nachdenken anregt, der andere möchte eher Obelix zitieren, als Kelopatra zu den drei Helden sagt: „Gallier, die Ihr von weit hergekommen seid, um mich zu ärgern! Ich werde euch zeigen, wie eine Königin zu sterben weiß!“ – „Oh, wie ein Filmstar.“
Das Ende hat etwas theatralisch/dramatisches, wirkt aber auf mich gleichzeitig auch sehr überzeichnet, ja, fast kitschig. Hm. Ich komme da zu keiner richtigen Einigung.

Ausdruck und Grammatik

Wie bereits erwähnt, bin ich nicht wirklich der Fantasy-Kenner, sodass ich von Anfang an einige Probleme hatte, mich mit dem Erzählstil und dem dargestellten Szenario zurecht zu finden. Das erste, was mir wirklich auffiel, war die starke Ego-Perspektive des Charakters. So etwas kannte ich bis dato lediglich aus alten Kriminalromanen (Sherlock Holmes im Readers Digest). (Habe mich aber inzwischen belehren lassen, dass das bei Fantasy-Geschichten offensichtlich das Gros der Fälle stellt).
Die Sprache ist dem Setting angemessen. Sie könnte tatsächlich den Gedanken eines Adeligen entstammen, auch wenn an einigen Stellen die Wortwahl im Satz meiner Meinung nach etwas unglücklich war, z.B. mehrmals in einem Satz „würde“, „hätte“, „herum“ etc. Für sich genommen nichts, was ich jetzt als unbedingt schlimm erachten würde, aber für einen Adeligen doch etwas ungewöhnlich, nicht wahr?
Die einzelnen Phasen der Geschichte waren sauber gegeneinander abgetrennt und haben dadurch einen guten Überblick über die Lage und die Vorgänge verschafft.
Wie ich aber bereits anmerkte: Der Kampf selbst hat mich nicht ganz so zugesagt – Ich denke allerdings, dass hier ein wenig mehr Platz beim Schreiben angemessen gewesen wäre. Es will mir so vorkommen, als wenn der Autor zähneknirschend und mit Schaum vor dem Mund gekürzt hat, um auf die erforderliche Menge an Wörtern zu kommen.
Kann mich aber auch irren.
Ebenso noch einen Punkt, den ich erwähnen möchte, weil er mir lauwarm aufgestoßen ist. Fachbegriffe tauchen eine Menge auf. Für mich war es teilweise recht schwer, diese als Non-Fantasy-Leser zu verstehen, geschweige denn, einzuordnen. Hier hätte, wenn es die Möglichkeit zugelassen hätte, vielleicht die eine oder andere Wortwahl geholfen, ein genaueres Bild von den Vorgängen zu erschaffen (so etwa beim Schleifen einer Mauer – also dass der da nicht steht und poliert, ist mir auch klar, aber mehr nicht; oder das Nehmen des Rappen an der Kandare – solche Perversitäten stelle ich mir jetzt wirklich nicht vor.)
Dass hier eine ganze Menge Fachwissen hinter hängt, Solid Copy, aber bei mir ist dieses leider nicht gegeben, was für mich verständlicherweise einige Schwierigkeiten mit sich brachte.

Zusammenfassend:

Ich weiß nicht, woran genau es liegt, aber die Geschichte spricht mich nicht richtig an. Sie gefällt mir, ohne Frage, aber sie dringt nicht bis zu mir durch. Für die Kürze ist ein wenig zu viel Würze, zu vollgepackt, zu viel, das noch untergebracht werden sollte. Dadurch habe ich nicht wirklich den Draht gefunden, mich dort wohlzufühlen.
Insgesamt eine schöne Geschichte, aber leider nicht unbedingt mein Favorit.

4/6
 

Gwordin

Aushilfspinsler
16 März 2012
47
0
4.891
1. Eindruck

Eine Liebesgeschichte - interessanter Ansatz! Thema ist getroffen ("Love is a battlefield" ;)).
Ich bin mir gerade unsicher, aber diese Geschichte ist einmal komplett im Präsens verfasst. Im Gegensatz zu anderen Beiträgen. Das bringt einen eindringlich näher an die Handlung.
Das Innenleben des Fürsten und seine Wahrnehmung auf dem Schlachtfeld sind gut beschrieben.

Ein wenig irritiert war ich von der Szenerie beim Schlachtplan. Über das Gelächter der zwei Herren von der Infanterie. Aber gut, das wird sich beim zweiten Lesen sicherlich erschließen. Die Schlacht selber gerät an einigen Stellen aus den Fugen, bzw.: ich konnte dem Durcheinander nicht immer folgen und fragte mich ab und an "wie das"?
Die Sache ist sauber ausgearbeitet, ich finde keine groben Schnitzer beim ersten Lesen. Was mir nur nicht ganz klar wird: ist die Dame nun eine Halbelfin oder nicht? Vielleicht fehlinterpretiere ich da auch was.
Wieso die Dame sich ausgerechnet zum augenscheinlich tumben Olaf hingezogen fühlt, leuchtet mir auch nicht ganz ein. Aber wie gesagt, dass sind meine ersten Eindrücke.

Solide - nach dem ersten Eindruck tendiere ich zu einer gehobenen Bewertung. Änderung natürlich vorbehalten.
 
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MisterG

Miniaturenrücker
18 April 2007
937
0
11.851
Die Erzählperspektive ist mal was anderes und technisch gut umgesetzt. Ich fühlte mich wirklich gut in die Rolle des Fürsten versetzt. Der Wechsel zwischen detaillierter Beschreibung vor der Schlacht und abrupten, stakkatoartigen Eindrücken während dieser gefiel mir besonders.
Auch das Thema mit einer Liebesgeschichte zu vermengen, war ein guter Einfall, der schön umgesetzt wurde - auch wenn das Ende etwas abrupt kam. Vielleicht interpretiere ich jetzt auch zu viel hinein, aber der Unterschied zwischen Olaf und dem Fürsten hätte nicht größer sein können - wollte hier jemand noch ein "Gegensätze ziehen sich an" einbringen, oder kommt mir das nur so vor?
Wahrscheinlich hätten es zwei Unterführer weniger auch getan, um Wörter für eine bessere Beschreibung der Gefühle beim Tod Liljas übrig zu haben. Schade, hier wurde Potential verschenkt. Auf der anderen Seite erscheint der Fürst durch die Anzahl der Vertrauten sehr gut in seine Armee eingebunden, was ja auch durch die Ansprache verdeutlicht wurde.
 

Sarash

Hüter des Zinns
8 Dezember 2007
2.894
1
22.141
Hm, hm - großes hm.
Irgendwie langweilt mich die Geschichte. Zu keinem Zeitpunkt kommt Spannung bei mir auf und dass die Alte am Ende stirbt war ja sowas von klar. Allgemein stimme ich sowieso nicht zu, dem einzig wahren Grund meine ich. Es gibt viele Gründe, warum man in den Krieg zieht, der wichtigste ist Geld. Und das war in der Antike übers Mittelalter bis heute kaum anders. Geld und Macht.

Der Charakter des Adeligen erscheint mir sehr wehleidig, als wolle er vom Leser Mitleid erhaschen. Ansonsten war der erste Teil eigentlich ganz ok. Nicht sonderlich spannend, aber ich hatte meine Hoffnungen eben auf die Schlacht gesetzt. Die Atmosphäre schön ausgearbeitet, aber ich hatte schnell das Gefühl, dass doch zu viele Worte aufgewendet wurden und es am Ende womöglich nicht mehr langen würde.
Die folgende Schlacht dann ist unverständlich und spannungsarm, er reitet, kämpft, stürzt, reitet, kämpft, stürzt... Dann steht er plötzlich vor seiner Alten (also er hat sie mal gehabt und dann hat sie ihn durch einen Wandschrank ausgetauscht, klingt nicht sehr halbelfisch). Es folgte eine vollkommen unrealistische Duellsituation, in der der Wandschrank natürlich verliert (bin ich der einzige, der beim Namen Olaf lachen musste). Der Typ ist tot und plötzlich benimmt sich Lilja nicht mehr wie sie die ganze Zeit über war, sondern macht einen auf Julia und folgt ihrem Romeo. Und der Protagonist ist auch noch geschockt? Was hat er denn erwartet, wenn er ihre Burg angreift. Wollte er sie nicht sowieso umbringen. Nicht nachvollziehbar.

Tja, diese Geschichte kommt bei mir leider weiter nach unten. 3 Punkte würde ich sagen.
 

Auxo

Codexleser
25 April 2009
239
0
6.396
Ehrlich gesagt bin ich etas überrascht - nicht von der Geschichte, die hat mich nicht besonders mitgerissen, sondern von den Kommentaren.

Sprachlich einwandfrei
Sprachlich habe ich auch nicht viel auszusetzen. Liest sich flüssig und ohne größere Schwierigkeiten. Es sind sogar einige sehr schöne Formulierungen drin. Großes Lob.

So hat sich mir die Geschichte jetzt nicht unbedingt dargestellt. Sicherlich grundsolide, aber im Vergleich mit den anderen Geschichten jetzt nicht unbedingt hervorstechend.
"Und doch geht die Sonne so rot wie das Blut auf, das heute auf den noch nebelverhangenen, welligen Wiesen vor mir vergossen werden wird." - Der Satz ist eigentlich schon abgeschlossen, da kommen noch einmal zwei Nebensätze. Ganz davon abgesehen, kann man hier wirklich schönere Metaphern wählen. Etwa: Blutrot, als wüsste sie vom bevorstehenden Gemetzel, ragt die Sonne über den Horizont und tränkt die Erde mit ihrer Glut.

Die Sprache ist solide, mit oft einfachen Wörtern, aber eher komplizierter und nicht immer passender Satzkonstruktion.

Was mich weiterhin stört, sind die "Aphorismen" oder sagen wir "Weisheiten" dieser Geschichte, die ich allesamt als unglücklich bezeichnen möchte. Beispielsweise: "Wenn man zurücksieht und all die Möglichkeiten sieht, die sich wie die Äste eines Baumes verzweigen, fällt es leicht, sich diesem Irrglauben hinzugeben. Aber die Wahrheit ist, wenn ich etwas anders getan hätte, wäre ich nicht ich selbst. Ich wäre eine andere Person, die andere Fragen stellen würde. Aber ich bin niemand Anderes, ich bin Fürst Torwald, seit dem Tod meines Vaters vor zwei Jahren Herr über mehr als fünfzig Morgen Land."
Die farbigen Markierungen dienen noch einmal der Illustration des sprachlichen Kritikpunktes von Sistermarynapalm, den ich oben auch schon angerissen habe. Abwechslungsreiche Sprache sieht anders aus. Was mich hier eigentlich stört, ist das Überspitzen eines philosophischen Gedankens. Tatsächlich gibt es einige exzellente Überlegungen zur Entwicklung von Identität und Persönlichkeit. Max Frischs "Stiller" und "Mein Name sei Gantenbein" sei an dieser Stelle allen warm ans Herz gelegt. Dieser Gedanke umfasst jedoch weniger, dass ein Erbadeliger, nur weil er ein paar Sachen anders gemacht hat, die an dieser Stelle auch nicht bennant werden, etwas radikal Anderes sein kann.
Ich möchte es mal so wenden: Der Autor hat einen radikalfundamentalen Gedanken formuliert, dem das nötige Fundament fehlt - sowohl philosophische Reflexion als auch erzählerische Einbettung. Ein solch krasser Wandel der Person, die den eventuellen Wechsel in einen anderen Stand (in einer Ständegesellschaft!) mitdenkt oder der hier zumindest mitschwingt, muss in meinen Augen durch das Geschehen in einen Sinnzusammenhang gebracht werden, was hier nicht geschieht. Räsonierte der Protagonist am Ende der Geschichte aus einem gewissen Prozess heraus in diese Richtung, so würde der Satz weniger befremdlich wirken - so wirkt er für mich leider deplaziert. Ähnliches gilt für die Überlegungen zur Liebe. Liebe ist ein Komplex, der oft profan, weil alltäglich erfahrbar, scheint und es doch so garnicht ist. Liebe authentisch rüberzubringen, ist nicht ganz so einfach und in dieser Erzählung in meinen Augen auch eher gescheitert. Die Schilderung der riesigen Gefühle, die bis in den Selbstmord führen oder auf der anderen Seite einen Feldzug anzetteln bleiben für mich unpassend.
Hoffentlich konnte ich meinen Punkt an dieser Stelle einigermaßen klar machen und er soll vor allem als Ratschlag für zukünftige Geschichten verstanden werden.

Ansonsten schließe ich mich in Vielem Sarash an. Der Romeo und Julia Faktor (zum Unglück des Autors hasse ich dieses schreckliche Pamphlet!) ist mir deutlich zu hoch. Der Charakter ist für einen liebenden Mann etwas zu blutleer und schließlich geht es dann doch um einfache Menschen, ohne all zu große Anbindung in das Warhammer-Universum.

Meine Bewertung wird hier zwischen 2 - 3 Punkten liegen.
 

Blackorc

Tabletop-Fanatiker
26 September 2007
7.419
8
62.171
Was mir an diesem Beitrag sehr gut gefällt ist sind die detaillierten Beschreibungen, die Glaubwürdigkeit der Schilderungen, die charismatischen Protagonisten, alles ist sehr eindrucksvoll geschildert und wirkt greifbar. Generell wurde von Beginn an mein Interesse geweckt und hat bis zum Ende nicht nachgelassen. Dem Autor ist es gelungen mich zu fesseln und bei der Stange zu halten. Gut umgesetzt wurde übrigens die Ich-Perspektive. Ich habe mein geistiges Auge durch das Heerlager streifen lassen, hatte schnell ein präzises Bild von der Taktikbesprechung und konnte auch dem Schlachtgeschehen gut folgen. Selbstverständlichkeiten bei einer guten Geschichte, möchte man meinen. Doch in der Tat hakt es bei Beiträgen im Geschichtenwettbewerb häufig genau daran, dass man als Leser kein klares oder unvollständiges Bild von den Gegebenheiten bekommt. Das war hier in Bezug auf das Schlachtgeschehen nicht der Fall.


Wäre da nicht das überordnete Thema der Geschichte, wo es genau an dem Problem der Nachvollziehbarkeit hakt. Von der Beziehung zwischen Thorwald und Lilja erfahren wir leider viel zu wenig. Die Idee, die Schlacht mit einer tragischen Liebesgeschichte zu verknüpfen ist toll, auch das Ende erscheint grundsätzlich passend. Aber um sich wirklich in die tiefere Tragik des Szenarios einfinden zu können, dafür fehlt es einfach an Informationen. Eventuell hätte sich das mit ein, zwei Rückblenden lösen lassen. Aber so bleibt die Liebesgeschichte einfach farblos und hat mich letzten Endes ziemlich kalt gelassen. Auch Olaf blieb ein schwacher Charakter.


Wenn ich raten darf, gehe ich davon aus, dass die Geschichte gekürzt wurde, da sie haarscharf am Wortlimit vorbei schrammt. Es ist natürlich immer schade wenn das passiert, aber leider eine notwendige Rahmenbedingung in diesem Wettbewerb. Dennoch - was zählt ist das Resultat welches wir hier zu Lesen bekommen und dem bescheinige ich starke, atmosphärische Schilderungen einerseits, eine unzureichend ausformulierte Liebesgeschichte andererseits. Ich schätze mal, es wird auf 4 Punkte von meiner Seite hinaus laufen.
 

TheMadWarlock

Beisitzer im Rat der 13
11 April 2011
936
0
10.646
Kandare ist das einzige Wort, das ich nachschlagen musste. Allerdings hatte ich vom Kontext her sowieso bereits das richtige Bild im Kopf. Wenn Unklarheiten in einer Geschichte auftauchen hilft nochmaliges lesen, oder nachschlagen. Wenn dann alles klar ist kann man es dem Autor wohl schlecht anlasten, dass Fachbegriffe verwendet werden.

Ein solider Sprachstil mit selten Schwächen aber einigen guten Wortwahlen lässt diese Geschichte dankbar flüssig lesen und besticht mit vielen aber nicht zu vielen Details. Speziell die Gräben um Regenwasser von den Zelten abzuleiten wird andernorts äußerst selten erwähnt. Das hat mir besonders gefallen.

Aus Sicht des Protagonisten und im Präsenz zu schreiben bringt Vorteile, wie bereits von anderen angesprochen. Aber die Nachteile zeigen sich in den unbegründeten Kritiken über schlecht nachvollziehbare Charaktere, die naturgemäß zu kurz kommen. Wie soll man als Leser das wahre Wesen der Lilja einschätzen können, wenn die einzige Quelle der verstoßene Geliebte ist, der bereits den Entschluss gefasst hat gegen sie ins Feld zu ziehen?
Für mich sind die Charaktere allesamt nachvollziehbar, wenn man bedenkt wer über sie berichtet und welche Lebenserfahrung der Protagonist wohl hat. Natürlich steckt da jetzt einiges an Spekulation drin bis hin zum Zurechtbiegen der Motive, dass sie zur Geschichte passen.
Wenn man das als Kritikpunkt sehen will, kann man fragen ob der Autor seine Charaktere hätte besser ausführen sollen.
Da ich persönlich damit aber keine Probleme habe bleibe ich vorest bei der guten Bewertung. Die von Auxo angesprochenen Punkte werde ich mir noch näher ansehen (was Recherche erfordet und ich mich damit beeilen muss damit bis zum Ende der Abstimmungsphase meine Bewertung den letzten Schliff bekommt.)

Die Fülle an namhaften Charakteren finde ich gerade recht. Olaf wird nicht weiter ausgebaut, da Torwald ihn nur Sekunden bevor er ihn tötet das erste mal sieht. Es reicht dem Protagonisten zu wissen, dass der Fremde der neue Geliebte seiner Angebeteten ist. Vermutlich hat er einfach nur mehr Land, oder andere Qualitäten. Damit ist er ein Rivale und sie schickt ihn auch noch vor um für sie zu kämpfen.
In Torwald kämpfen also über den Zeitraum der Geschichte der Stolz als Adliger und die Schmach über die Abweisung einer Frau in seiner Brust. Reue über seine Tat wird in den letzten Zeilen ausgedrückt. Wenn alle Gedanken weggefegt werden durch die für ihn unvorstellbare Tat Liljas (auch wieder nachvollziehbar, weil nicht selten. Das aber gleich mit "Romeo und Julia" zu vergleichen käme der Behauptung nahe Shakespeare hätte diese Reaktion der Frauen auf eine durch den Tod verlorene Liebe erfunden und es würde diese ohne ihn nicht geben).
Der Fürst steht also am Ende da. Die Schlacht gewonnen aber seine Liebe verloren, alles war umsonst. Aber seine Ehre als Adliger ist wiederhergestellt und andere Fürsten können ihm keine Schwäche nachsagen.

Die schwache Taktik, die gegen den nicht näher erläuterten Feind (eine Kavallerieeinheit und ein Block aus Hellebardieren)angwendet wird, scheint erfolgreich. Aber das Schicksal einiger Teile der Armee, die weit von Torwald entfernt kämpfen, wird nicht erwähnt.
Natürlich hängt das mit dem Blickwinkel und dem Helmvisier zusammen, zumal der Fürst später auch nicht mehr auf einem Pferd sitzt und somit der Überblick fehlt. Das Notwendige wird erzählt, alles Andere bleibt im Dunkel. Gerne hätte ich mehr vom Schlachtenverlauf erfahren, aber das Dargebotene war passend und nachvollziehbar geschrieben.

Als letztes habe ich noch einen Kritikpunkt, der der Geschichte auch fast einen Punkt kostet: Keine eindeutig der Fantasy zuzuordnenden Elemente wurden erwähnt. Sei es ein magischer Gegenstand (Schutztalisman, Waffe, Rüstungsteil, was auch immer) oder Magie in die Schlachtatktik eingebunden. Es fand keine Segnung der Schlachtreihe durch Sigmarpriester statt, andere Vertreter anderer Gottheiten fehlten ebenfalls. Hier hätte man die bereits gut gesetzten Details mit ein paar warhammertypischen ergänzen können. Aber natürlich sparsam. Auch wenn es Magie im Warhammer Fanatsy Szenario gibt, ist sie nicht an allen Ecken vertreten.

Über den Titel, bzw ob Liebe wirklich der einzig wahre Grund für Kriege darstellt lässt sich streiten, dass fließt für mich nicht in die Wertung ein. Unzweifelhaft gab und gibt es Kriege aus sehr unterschiedlichen Gründen.

Bisher vergebe ich 5 Punkte für diese schöne Geschichte, die ich auch gerne mal wieder lese.
 

MisterG

Miniaturenrücker
18 April 2007
937
0
11.851
Puh, endlich ist der Wettbewerb vorbei und ich kann mich auch mal zu Wort melden, ohne Angst zu haben, mich selbst zu verraten :lol:
Es war auf jeden Fall ein spannender Wettbewerb, gerade weil ich es sehr interessant fand, was alles in meine Geschichte hineininterpretiert wurde.
Also dann, beantworten wir mal ein paar der offenen Fragen hierzu...

@SHOKer
So, wie er hier beschrieben wird (kräftig, aber ungeschickt, redet nicht usw), erinnert er mich stark an einen Barbaren oder eine ähnliche geistig stumpfe Hau-Drauf-Figur, die einer Halbelfendame sicherlich kaum ein geeigneter Partner sein kann. Vor allem im Vergleich zum reichen, mächtigen und anscheinend auch sehr talentierten Protagonisten.
Also diese Liebe und erst recht der dadurch verursachte Freitod konnten mich nicht wirklich überzeugen. Auch die Weise, wie die Halbelfe beschrieben wird, wirkt auf mich nicht wie jemand, der sich für einen Geliebten selbst das Leben nimmt.

Zuerst einmal ist dies ein Problem der Erzählperspektive. Natürlich erfährt man nicht viel von Olaf - na hallo, wer hat denn in einer Schlacht noch Zeit, sich gegenseitig seine Lebensgeschichte vorzutragen. "Hallo, ich bin der Fürst vom Norden, schreib bitte auf meinen Grabstein, dass ich so reich war, dass ich von goldenen Tellern essen konnte, lass uns jetzt kämpfen!" ist irgendwie äußerst unpassend. Auch ein Vorstellen durch Lilja hätte mir doch niemand im Ernst abgenommen... Ja sicher, ein gehässiges "das ist mein Neuer, er ist soviel besser als du, egal in welcher Beziehung" wäre vielleicht noch drin gewesen, aber das hätte einer hochgeobrenen Dame auch nicht angestanden.
Zum Anderen muss ich zugeben, dass ich mir an dieser Stelle auch nicht viele Gedanken darüber gemacht habe. Für mich war nur wichtig, dass sie einen Geliebten hat. Ich habe noch kurz darüber nachgedacht, dass Gegensätze sich ja anziehen sollen, aber das war es dann auch schon wieder. Ich wollte Olaf nicht weiter ausarbeiten. Für mich war er das schweigsame, kriegerische Raubein, zu dem sie sich hingezogen fühlt und das war's.

@Sistermarynapalm
Die Schlacht selbst zeichnet ein recht surreales Bild. Auch, wenn die Beschreibungen klar und verständlich sind, hatte ich bisweilen Probleme, dem ganzen Verlauf zu folgen. Die Schlachtbeschreibung wirkt trotz der Nähe des Protagonisten irgendwie weit entfernt, wie eine neblige Vergangenheit, an die sich der Charakter nur recht undeutlich erinnert.
Dadurch kommen einige für mich unverständliche Szenenwechsel in die Geschichte, die mich irgendwie stutzen lassen. Hier einmal der von mir realisierte Ablauf: Der Protagonist reitet auf den Gegner zu, kämpft ein bisschen im „dichtesten“ Getümmel, wird bedrängt, wird gerettet, steht plötzlich da, wo niemand mehr ist (da alle tot) (und lächelt dabei grimmig – ist er Spartaner?), sieht vor sich die Infanterie, hört, wie die Ritter gesammelt werden, bricht in die Flanke des Gegners (mitten unter seinen Rittern – wie ist er da denn hingekommen?), reitet den Feind nieder, jubelnde Schwertkämpfer aus seinen Reihen (da frage ich mich – wo sind die jetzt plötzlich hergekommen? Ich denke, da waren Speerträger vorne?), wird ausm Sattel gehoben, weil sein Pferd eine Lanze/Hellebarde küsst (wobei ich mich jetzt frage – wer ist denn so intelligent, mitm Pferd Lanzenträger zu attackieren? Das ist ja, als wenn man als Messerkämpfer versucht, eine 2cm-Vierlingsflak im Sturmangriff zu nehmen), steht auf, kämpft plötzlich wieder in Mitten seiner Schwertkämpfer, sieht seine Alte aufm Felsen stehen, schreit sie an, alles sprengt auseinander, er geht zu ihr, wird beleidigt, dann kommt ihr Champion und in diesem Moment ist offensichtlich alles verstummt.

Du störst dich hier an einem der Kernpunkte, die ich darstellen wollte. Wenn die Schlachtreihen aufeinanderprallen, dann war es das mit Übersicht. Besonders, wenn man mittendrin steckt. Da kann man sich auch nicht mehr aussuchen, vielleicht doch noch mal umzudrehen und lieber die Schwertkämpfer als die Hellebardenträger anzugreifen, auf die man auf einmal stößt. Es sollte surreal wirken. Siehe die Stelle
Wer keine Schlacht überlebt hat kennt diese Augenblicke nicht, kurz bevor die Linien aufeinanderprallen. Alles was geschieht scheint gleichzeitig unendlich weit weg und doch unmittelbar zu sein. Ich weiß, dass ich mein Schwert ziehe und es auf die Reiter richte, die ich durch die Sehschlitze erkenne, ich weiß, dass ich den Rappen mit den Sporen zu höherem Tempo ansporne und ich weiß, dass Ingeaban und meine Ritter mir folgen. Und doch scheint es irgendwie unwirklich. Schreie künden vom Auftreffen der Armbrustbolzen in der Mitte von Liljas Reihe, als ich den ersten ihrer Kavalleristen erreiche. Und plötzlich, mit einem Schlag, wird die Welt zu einem sehr kleinen Ort.
Ich weiß nicht, ob du schon mal in einer Schlägerei gesteckt hast, oder schon mal in einem "Massengefecht" bei einer Re-Enactementveranstaltung gestanden hast, aber es ist wirklich so. Man konzentriert sich nur noch auf das, was gerade geschieht, ohne es wirklich wahrzunehmen. Da blinkt auf einmal ein Schwert auf, und ohne darauf zu reagieren, wendet man das gelernte an und blockiert mit der eigenen Klinge. Und Übersicht...Naja, sagen wir mal, die kommt in dem Moment, da man plötzlich alleine dasteht und sich fünf anderen gegenübersieht, da der Rest der eigenen "Mannschaft" "niedergemacht" wurde. Vorher ist's damit Essig.
Es ist immer noch ein Ich-Erzähler, der nichts beschreibt, als das, was er gerade erlebt. Dementsprechend habe ich auch nicht groß ausgeführt, wie die Schwertkämpfer zu ihm stoßen, jedoch haben mir meine Probeleser alle (keine Angst, keiner davon ist in diesem Forum angemeldet) bestätigt, dass es auf den zweiten Blick logisch nachvollziehbar war. Dementsprechend habe ich da keinen Änderungsbedarf gesehen.
Das es um ihn herum still wird, ist subjektiv. Er konzentriert sich nur noch auf Lilja, respektive Olaf. Der Rest ist ihm in diesen Augenblicken egal.
Warum er nicht von den Umstehenden angegriffen wird? Sieh dir Troja an. Ein Kampf unter Champions. Da halten sich die Anderen raus. Ob das realistisch ist - keine Ahnung, aber dramatisch:D

das Nehmen des Rappen an der Kandare – solche Perversitäten stelle ich mir jetzt wirklich nicht vor.
Ich weiß nicht, was du dir darunter vorstellst - aber es ist nichts anderes als die Zügel eines Pferdes anziehen, um es am Ausbrechen zu hindern. Die Kandarre ist die Bissstange, die man an den Zügeln anbringt, um zusätzliche Kontrolle über das Pferd zu bekommen.

@Blackorc
Wenn ich raten darf, gehe ich davon aus, dass die Geschichte gekürzt wurde, da sie haarscharf am Wortlimit vorbei schrammt. Es ist natürlich immer schade wenn das passiert, aber leider eine notwendige Rahmenbedingung in diesem Wettbewerb. Dennoch - was zählt ist das Resultat welches wir hier zu Lesen bekommen und dem bescheinige ich starke, atmosphärische Schilderungen einerseits, eine unzureichend ausformulierte Liebesgeschichte andererseits. Ich schätze mal, es wird auf 4 Punkte von meiner Seite hinaus laufen.

Aye...Ich hab ne Menge gekürzt, inklusive zweier Rückblenden, die die Beziehung zwischen Torwald und Lilja besser geschildert hätten. Aber wie so oft, wollte ich leider zu viel hineinpacken. Auf der anderen Seite wollte ich dann auch nicht herauskürzen, dass Torwald nicht allein ist, sondern seine Hauptleute hat, mit denen er auch eine zwischenmenschliche Beziehung führt. Naja, vielleicht hätte ich die Schwerpunkte anders setzen können, aber das ist jetzt müßig - "was wäre wenn" funktioniert nicht :D

@Auxo
Was mich weiterhin stört, sind die "Aphorismen" oder sagen wir "Weisheiten" dieser Geschichte, die ich allesamt als unglücklich bezeichnen möchte.

Dieser Gedanke umfasst jedoch weniger, dass ein Erbadeliger, nur weil er ein paar Sachen anders gemacht hat, die an dieser Stelle auch nicht bennant werden, etwas radikal Anderes sein kann.

Kommen wir zu einem Hauptpunkt dieses Stücks. Ich habe diese Geschichte um vier Zitate herum aufgebaut. Zitate, aus dem erzählerisch absolut genialen "Max Payne 2: The Fall of Max Payne".
Diese vier lauten:

There are no choices. The illusion comes afterwards, when you ask 'why me?' and 'what if?'. When you look back, see the branches, like a pruned bonsai tree or a forked lightning. If you had done something differently, it wouldn't be you, it would be someone else looking back, asking a different set of questions.

The Genious of the Hole: No matter how long you spend climbing out, you can still fall back down in an instant.

This is love. Love hurts.

The only true reason, why man fight war: Love.


Ich liebe dieses Spiel, besonders die bemerkenswerten, wenn auch düsteren, "Lebensweisheiten". Ich wollte sie in einer Geschichte umsetzen, und dies ist das Ergebnis. Ich muss sagen, ich finde es auch erstaunlich, was du da alles hineininterpretiert hast. Natürlich würde Torwald kein Bauer werden, nur weil er es wollte. Er ist in seinen Stand geboren. Aber er hätte anders handeln können, er hätte nicht ins Feld ziehen können. Er hätte es auf sich beruhen lassen können. Er hätte sich eine andere Frau suchen können. Er hätte sich mehr auf Handel, als auf Krieg konzentrieren können. Er hätte sein Fürstentum schon längst durch irgendeinen Fehler seinerseits verlieren können.
Was wäre wenn...Aber er hat nichts davon getan, er ist die Person, die in diesem Moment auf die Hügel blickt und die burg seiner ehemaligen Verlobten betrachtet, die er demnächst angreifen wird.
Mehr war damit nie gemeint. Dass du da so viel Spielraum reinlegst, ist ja gut, aber deutlich zu viel des Guten.

@TheMadWarlock
Ich bin erstaunt...Du hast im Großen und Ganzen exakt das erfasst, was ich herüberbringen wollte. Dankeschön, es gibt also noch mehr Leute, die so denken wie ich:D
 

Blackorc

Tabletop-Fanatiker
26 September 2007
7.419
8
62.171
Aye...Ich hab ne Menge gekürzt, inklusive zweier Rückblenden, die die Beziehung zwischen Torwald und Lilja besser geschildert hätten.

Dachte ich´s mir doch - wie schade :(
Vielleicht magst du ja die Langfassung noch im Storyforum posten - interessieren würde es mich schon.

Ich habe diese Geschichte um vier Zitate herum aufgebaut. Zitate, aus dem erzählerisch absolut genialen "Max Payne 2: The Fall of Max Payne".

Geile Idee - ich krieg schon wieder Gänsehaut, wenn ich nur die Zitate lese. Max Payne 2 war wirklich brilliant.
Natürlich merkt man sowas als Leser nicht, wenn man nicht direkt mit der Nase drauf gestoßen wird, aber ich finde es immer wieder toll, zu erfahren, welche Gedanken sich die Autoren so zu ihren Geschichten gemacht haben.