[Archiv] [Wettbewerb Frühling 08] [WHFantasy] "Soldat Philip" — PLATZ 1
Anmerkung von Rabenfeder: diese Geschichte wurde von yinx verfasst.
Aufbruch, 1. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Die Sonne lacht und erfüllt unsere Herzen mit Mut und Zuversicht. In wenigen Stunden schon werden wir uns auf dem Weg in das große Heerlager des Imperators befinden, um von dort aus gegen die grausigen Schergen des Chaos zu fechten. Heiße Leidenschaft überschattet die Ängste, die ich noch vor wenigen Tagen hatte. Kaum kann ich es erwarten, für mein Heimatland zu Felde zu ziehen. Einzig die Trennung von meiner Liebsten betrübt mein Gemüt. Der Abschied war schwer und tränenreich, doch ich fürchte nicht, sie nicht wieder zu sehen, denn ich habe vor, zurückzukehren und ich zweifle dessen auch nicht. Stolz trage ich mein Gewand und meinen Speer, stolz bin ich, zu den erwählten Kriegern des Imperators zu gehören.
Soeben treffen die Offiziere ein, ich muss mich unterbrechen, doch ich werde, sobald ich Gelegenheit habe, wieder zur Feder greifen.
3. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Das Nachtlager ist errichtet, die Rationen verteilt und mir bleiben noch einige Minuten, ehe die Offiziere die Zelte ablaufen, um die Lichter zu löschen. Die Lauferei ist ermüdend und mir fallen beinahe die Augen zu, doch ich fürchte die wichtigsten Geschehnisse, der vergangenen zwei Tage zu vergessen, wenn ich sie nicht, grob wenigstens, schriftlich niederlege. Als wir am ersten Tage aus der Stadt auszogen, kam uns ein Verletzteneskort entgegen, der vom Heerlager evakuiert worden war. Es waren Hunderte und man konnte sehen, wie die frischen, jungen Männer in meinem Zug es mit der Angst zu tun bekamen. Mich selbst beunruhigte der Anblick wenig. Viele tausend Soldaten fechten an der Front gegen das Chaos und diese Handvoll Menschen, die uns hier entgegenkamen, können nur ein Bruchteil der Hauptstreitmacht gewesen sein. Am Abend erlegte ich mit Peter ein Reh. Wir wollten damit unsere Rationen ein wenig aufstocken, doch wir wurden erwischt und das tote Tier beschlagnahmt.
4. Tag des Marsches
Brief an die Geliebte
Meine Liebste,
bitte verzeih mir, dass ich dir nicht gleich, wie ich es versprach, am ersten Tag geschrieben habe, doch die Reise war beschwerlich und voller Tücken. Aber sorge dich nicht, denn ich bin gesund und mir geht es gut. Es sind noch ein paar Tagesmärsche, bis wir das Lager erreichen und meine Füße sind schon voller Blasen. Aber wie ich schon sagte, mach dir keine Sorgen um mich, im Großen und Ganzen geht es mir gut. Nur die Sehnsucht nach dir schmerzt. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich dich vermisse. Leider muss ich das Schreiben schon beenden, denn jeden Augenblick kann der Offizier erscheinen und die Nachtruhe ausrufen. Ich werde dir, sobald ich kann, wieder schreiben. Ich hoffe, der Brief erreicht dich bald.
In Liebe, dein Philip
5. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Schreckliches hat Sigmar uns am heutigen Tage erdulden lassen. Wir sind von einer feindlichen Patrouille attackiert worden und auch wenn die Chaosschergen nicht halb so viele waren wie wir, so wüteten sie dennoch voller Todesmut. Vierzehn tapfere Männer haben sie dahingerafft, davon zwei aus meinem Zug. Aufgrund dieses Vorfalls rasten wir heute früher und erhalten größere Rationen. Ich und Peter haben uns mit den Zwillingen Klaus und Markus angefreundet. Die zwei sehen wirklich völlig gleich aus. Es sind lustige Gesellen, auch wenn sie erschreckend jung für den Krieg sind. Sie zählen gerade mal siebzehn Sommer. (...)
Wie immer schmerzen meine Füße. Ich ziehe die Stiefel mittlerweile nicht mal mehr zur Nachtstunde aus, weil ich Angst vor ihrem zerschundenen Anblick habe. Es ist zwar noch hell, doch ich werde dennoch versuchen, zu schlafen. Der morgige Tag wird hart, denn wir werden die Verletzten tragen müssen. Außerdem haben die Offiziere verlauten lassen, dass wir noch vor dem Morgengrauen aufbrechen wollen.
7. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Kraft und Mut verlassen mich. Ich sehne mich nach nichts weiter, als endlich das verdammte Heerlager zu erreichen. Erneut sind wir überfallen worden. Diesmal von einem Rudel abartiger Hunde, mit Leibern, dreimal so groß wie ein Wolf. Der Gestank der Bestien scheint meinen Händen immer noch anzuhaften und der grausige Gesang ihrer Kehlen will nicht aus meinen Ohren weichen. Es hat uns weitere sechs Männer gekostet und viele mehr sind verletzt worden, unter anderem Markus, doch dieser zum Glück nur leicht. Peter wird uns morgen verlassen. Er wurde zum Verletztentransport eingeteilt und wird morgen schon, mit einem weiteren Dutzend Männern und vielen Verletzten den Weg zurück nach Hause antreten. Ich weiß nicht, ob ich ihn beneiden, oder bemitleiden soll.
8. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Es regnet schon, seit wir das Nachtlager abgebrochen haben und jetzt, wo wir es wieder aufschlagen, regnet es immer noch. Die Zelte konnten nicht aufgestellt werden, weil die Pfosten im knietiefen Schlamm keinen Halt hatten. Nie habe ich ein solches Unwetter erlebt. Wir werden heute, soweit möglich, unter freiem Himmel übernachten. Markus ist fiebrig, es geht ihm sehr schlecht, doch er darf nicht ruhen. Am heutigen Tage mussten wir drei Männer wegen Entkräftung zurücklassen. Der Tod ist ihnen weit sicherer als das Leben. Ich fand diese Entscheidung schrecklich, doch es liegt nicht in meiner Macht, etwas gegen sie einzuwenden. Morgen, gegen Mitte des Tages sollten wir endlich das Heerlager erreichen.
10. Tag des Marsches
Kurierschreiben
bitte um mitteilung des neuen standortes des heerlagers - koordinaten verwaist vorgewunden - scharführer wilhelm erwartet neue anweisungen von ihrer eminenz – werden lager errichten.
19. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Wir haben das Heerlager erreicht, doch ich bin mit meinen Kräften völlig am Ende. Siebenundzwanzig Männer sind noch übrig, von den knapp hundertundfünfzig, mit denen wir vor mehr als zwei Wochen losgezogen sind, darunter zum Glück auch Markus und Klaus. Als wir an den Ort kamen, wo sich das Heerlager hätte befinden sollen, fanden wir nur Leere und die Anzeichen eines gewaltigen, abgebrochenen Lagers. Unschlüssig befahl Scharführer Wilhelm, einen Stützpunkt zu errichten und sandte Kurier los.
Zwei Tage später war noch keiner von den Kurieren zurückgekehrt. Scharführer Wilhelm befahl die Aushebung eines Grabens und ließ niedrige Palisaden errichten. Am fünften Tag der Rast wurden keine Rationen mehr verteilt. Es kam zu Streit, vier Soldaten wollten desertieren und wurden erschossen. Am sechsten Tag wurde wieder Essen ausgegeben. Es regnete die ganze Zeit über und die Pferde waren unruhig, so dass man nachts kein Auge zu tun konnte. Am siebten Tag dann, haben sie uns angegriffen. Es war ein Massaker, nichts konnten wir gegen die gepanzerten Monster des Chaos ausrichten. Scharführer Wilhelm war der erste, der floh, allerdings habe ich ihn seitdem nicht mehr gesehen, vermutlich hat er es nicht geschafft. Ich selbst floh zusammen mit Klaus und Markus, den wir tragen mussten, denn sein Fieber hatte ihn in die Knie gezwungen. Wir versteckten uns in der Dunkelheit, doch auch, als der Lärm verklungen war, trauten wir uns nicht, uns davon zu schleichen. Einen weiteren Tag harrten wir in der Finsternis aus. Am nächsten Morgen wagten wir es und verließen unser Versteck. Nach nur einem halben Tagesmarsch erreichten wir das Heerlager.
1. Tag im Lager
Brief an die Geliebte
Meine Liebste,
die Reise verlief ohne Beschwerden. Ich bin untröstlich, dass ich dir nicht eher schreiben konnte. Ich mag mir gar nicht vorstellen, in was für Sorgen du zerflossen sein musst. Bitte vergib mir! Wie schon erwähnt, der Marsch verlief reibungslos, mir geht es gut und du musst dir wirklich keine Sorgen um mich machen. Peter müsste mittlerweile wieder in der Stadt sein, wenn du ihn siehst, dann richte ihm meine aufrichtigsten Grüße aus. Wie immer fehlst du mir sehr, ich muss unaufhörlich an dich denken. Ach, wenn ich doch nur bei dir sein könnte. Ich muss erst in ein paar Tagen an die Front, wenn ich Glück habe, ist der Krieg bis dahin schon gewonnen. Ich hoffe du befindest dich wohl, so allein, aber habe nur Geduld, bald sind wir schon wieder zusammen.
In Liebe, dein dich vermissender Philip
4. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Peter ist heute früh im Lager eingetroffen. Er war sofort, nachdem er die Stadt mit dem Eskort erreicht hatte wieder losgeschickt worden, allerdings mit den richtigen Koordinaten, wie es scheint. Das Essen ist spärlich, sogar noch weniger üppig, als die Rationen während des Marsches, sodass man fortwährend Hunger hat. Es ist schrecklich und auch wenn ich noch gar nicht an der Front war, fühle ich mich stetig müde und entkräftet. Morgen muss ich das erste Mal ausziehen. Klaus und Peter werden mich begleiten, Markus ist schon seit unserer Ankunft im Lazarett, die Ärzte sagen, es steht schlecht um ihn, er leide an Wundbrand.
7. Tag im Lager
Brief an den Vater
Verehrter Herr,
ich freue mich Ihnen mitteilen zu können, dass ich seit drei Tagen jeden Morgen an die Front gehe und für unser Heimatland fechte. Ganz wie Ihr einst, erweise ich den Imperator gute Dienste, indem ich die grässlichen Kreaturen des Chaos zerschmettere, eine nach der anderen. Furchtlos sehe ich jedem neuen Tag entgegen, wissend, dass das Imperium dieses bösartige Geschwür aus seinem Inneren entfernen wird. Ich freue mich darauf, Euch bald wiederzusehen.
Sei stolz auf mich, Vater.
Philip
7. Tag im Lager
Brief an die Geliebte
Meine Liebste,
noch immer musste ich nicht an die Front. Du musst dir keine Sorgen um mich machen, die tapferen Soldaten drängen den Feind immer weiter zurück und ich bin außer Gefahr. Ich weiß, wie sehr es dich freuen wird, dass zu hören. Bald sind wir wieder vereint, ich kann es kaum erwarten.
Dein dich liebender Philip
7. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Wir verlieren eine Schlacht nach der anderen. Ich kehre jeden Abend müde und abgekämpft zu meinem Zelt zurück, Sigmar für mein Leben dankend. Sobald ich dann morgens wieder ins Feld geschickt werde, beginne ich, die Minuten zu zählen, bis die Ablösung eintrifft. Es ist ein Wunder, dass ich noch am Leben bin, und noch ein größeres, dass Peter und Klaus ebenso leben. Markus geht es immer noch schlecht, aber er lebt. Sie haben ihn heute aus dem Lazarett ausgewiesen, weil die Betten dringend benötigt werden, auch wenn er noch nicht vollständig genesen ist. Ab morgen wir auch er mit uns kämpfen müssen. Ich sorge mich um ihn, denn er ist noch sehr schwach und sein Fieber quält ihn immer noch, wenn auch nicht mehr so stark wie noch vor ein paar Tagen. Er hätte noch einige Tage Ruhe gebraucht.
8. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Ich bin heute zum ersten Mal zum Nachtkampf eingeteilt, zusammen mit Klaus und Markus. Peter ist momentan zu Felde, ich bete, dass er gesund zurückkehrt. Ich wurde heute zum ersten Mal satt. Wenn man nachts kämpfen muss, bekommt man größere Rationen und auch mehr Proviant, weil die Schicht länger dauert. Dennoch blicke ich dem Abend mit Angst entgegen, ich habe ein ungutes Gefühl.
8. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Es ist ruhig, deshalb kann ich immer ein wenig schreiben, wenn die Patrouille mit der Laterne vorbeikommt. Am Horizont zeichnet sich ein Gewitter ab, es blitzt, doch der Donner kommt spät. Morgen sollte es uns erreichen, aber ich hoffe, erst nachdem meine Schicht beendet ist. Hunger quält mich, denn ich war gierig und habe mir meinen Proviant schlecht eingeteilt. Den letzten Rest verwahre ich jetzt eisern, denn ich habe noch gut die Hälfte der Zeit vor mir. Es kön...
10. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Wir wurden in jener Nacht, in der ich meine Aufzeichnungen so plötzlich unterbrechen musste, von den Angreifern überrascht. Sie fielen über uns her, nackte, haarige Männer mit groben Keulen. Nie werde ich diese Momente vergessen, nie werde ich die Schreie vergessen, das Blut, den Gestank. Ich war mit Markus und Klaus zusammen, wir hielten zusammen mit einigen anderen eine höhere Position, waren jedoch vom eigentlichen Kontingent abgeschnitten. Musketenqualm, Funkenregen. Es war unmöglich zu sehen, man handelte nur noch, stach zu, zog den Speer zurück, es schmatzte, man stach zu, erneut. Ich erinnere mich kaum an den eigentlichen Kampf, ich weiß auch nicht, wie lange ich auf diesem Hügel stand und mit meinem Speer stach, ihn in muskulöse Leiber rammte. Als ich dachte, dass wir es fast geschafft hätten, denn die Barbaren zogen sich soeben zurück, da wurde Klaus am Kopf getroffen. Der Junge war sofort bewusstlos, sie zerrten ihn mit sich, fort von uns. Markus wollte hinterher, doch er wurde zurückgehalten.
Als wir zurückkehrten, war er völlig aufgelöst. Er weinte nicht, auch wenn seine Augen gerötet waren. Er schwieg einfach nur und starrte in die Leere. Ich verweilte nur kurz bei ihm, danach flößte sein Anblick mir Angst ein und ich ging.
11. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Für den heutigen Tag bin ich gar nicht eingeteilt. Man sagte mir, dass Peter verletzt sei, darum nutzte ich dir mir gegebene Zeit und ging ihn im Lazarett besuchen. Als ich ihn sah, erstarrte ich vor Angst und Ekel. Sie hatten ihm seinen linken Arm abgenommen und er sah alles andere als gut aus. Unter den Augen saßen tiefe Ringe und seine Haut war so entsetzlich fahl. Ich setzte mich zu ihm, gab ihm meine Ration, doch er sprach nicht. Der Medikus sagte, er hätte die Amputation gut überstanden, wenn sich die Wunde in den nächsten paar Tagen nicht infizierte, würde er überleben.
12. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Das Gewitter, das ich schon vor zwei Tagen erwartet hatte, ist heute Nacht gekommen, als ich wieder eingeteilt war. Es wütete so schlimm, dass keine der beiden Seiten einen Ausfall wagte. Als ich am nächsten Morgen zurückkehrte, erfuhr ich, dass Markus' Zelt bei dem Unwetter zerstörte worden war, er wird also ab heute bei mir im Zelt übernachten, da kein neues bereitgestellt werden konnte. Warum, das weiß ich nicht, denn bei den zahllosen Toten, die jeden Tag vom Schlachtfeld getragen werden, müssten weit mehr Zelte als Soldaten im Lager sein.
16. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Peter wurde heute nach Hause abtransportiert. Ich war dort, um ihn zu verabschieden, doch er sprach nicht. Ich gab ihn noch einmal meine Ration, er bedankte sich nur mit einem Kopfnicken. Ich weiß, dass ich ihn vermissen werde, doch ich bin froh, dass er die Verletzung überlebt hat. Markus spricht auch nicht mehr, seit Klaus' Tod, außerdem ist sein Fieber wieder schlimmer geworden, doch das Lazarett will ihn nicht wieder aufnehmen. Wenn er nicht gerade an der Front ist, schläft er nur noch. Ich fühle mich ziemlich allein, trotz der Tausenden Kämpfer, die um mich sind.
...
39. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Ich und Markus haben wieder die ganze Nacht auf dem Feld verbracht. Er ist mittlerweile beinahe gänzlich genesen und klagt nur noch über leichte Schmerzen im Fuß. Sigmar weiß, woher die kommen! Es ist ein seltsames Gefühl, jeden Morgen aufzuwachen, mit dem Gedanken: dieser Tag könnte dein letzter sein. Jeden zweiten Tag treffen neue Männer ein, keine Ahnung, wo die noch herkommen. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass Imperium müsste leer sein. Briefe an meine Liebste schreibe ich nur noch selten, es passiert zu viel, was mich von ihr ablenkt. Tod, Verderben. Ich erzähle ihr nichts von diesen Dingen, sondern belüge sie mit jedem Wort. Es ist besser, wenn sie die Wahrheit nicht kennt.
42. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Heute Morgen ist Markus nicht mehr aufgewacht. Ich weiß nicht warum, er lag einfach dort, tot, kalt. Vielleicht hatte es was mit seinem Fuß zu tun. Ich wusste nicht genau, was ich tun sollte, ob ich weinen sollte, fluchen... lachen? Ich tat nichts, ich packte ihn nur an den Füßen, schleifte ihn aus dem Zelt und vergrub ihn. Dann ging ich zum Küchenzelt und sagte, ich würde ihm seine Portion mitnehmen. Der Koch war unterrichtet und es war mir erlaubt, ihm seine Ration mitzunehmen, da Markus wegen seiner Krankheit oft das Zelt nicht verlassen konnte. Mein Gewissen ist dadurch nicht belastet, auch jetzt noch nicht. Vielleicht, ja vielleicht bin ich mittlerweile zu stumpf, taub für Begriffe wie Mitgefühl und Kummer.
...
58. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Die Tage und Nächte auf dem Feld sind einsam. Es lohnt sich nicht, Freundschaften zu schließen, denn die meisten neuen Gesichter die ich sehe, gehören schon ein paar Tage später zu toten Menschen. Nur ich überlebe wie durch ein Wunder. Gestern ist Scharführer Wilhelm wieder aufgetaucht, mit einer neuen Truppe aus meiner Heimatstadt. Aus irgendeinem Grund wunderte es mich kaum, ihn wiederzusehen. Kurz fragte ich mich, ob ich auf ihn losgehen sollte, meinen Zorn an ihm auslassen, doch dann entschloss ich mich, nichts zu tun. Ich wusste selbst nicht, warum mir dieser Mann plötzlich so verhasst war.
61. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Noch immer hole ich mir Markus' Rationen ab. Allmählich wundert es mich, dass es nicht auffällt. Noch immer ist mein Gewissen wegen dieser Sache nicht schwer, doch ich fürchte schon, dass es mich, sollte ich je nach Hause zurückkehren, später dann umso mehr dafür belasten wird. Aber ich kann das zusätzliche Brot gut gebrauchen, wenn ich alleine in der Finsternis sitze und dem trommelnden Feuer der Salvenkanonen lausche.
70. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Es regnet schon seit letzter Woche und der Boden ist so matschig, dass man fast knietief einsinkt. Die Kämpfe sind mittlerweile fast gänzlich zum Erliegen gekommen, was uns die Zeit gibt, unsere Wunden zu lecken. Scharführer Wilhem ist nun übrigens auch seit drei Tagen tot. Er wurde von einem schrecklichen, schwarzen Reiter niedergemacht, kurz bevor wir den Chaosdiener von seinem Pferd gezerrt hatten. Ich fühlte eine gewisse Schadenfreude. Ein Gefühl, das mich vor mir selbst fürchten lässt. Irgendwie habe ich diesen Mann für alles, was mir passiert ist, verantwortlich gemacht.
75. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Ich habe aufgehört, den toten Markus auszunutzen und hole mir nur noch meinen Proviant ab. Ich hoffe, seine Seele wird mir verzeihen. Seit zwei Monaten habe ich keinen Brief mehr an meine Geliebte geschrieben. Sie muss denken, ich sei tot.
83. Tag im Lager
Kritzelei an der Zeltwand
Blutrot braust der Morgenwind
Ein jeden Tag auf Neues
Kalt ist das trübe Licht
Blutrot braust der Morgenwind
Ein jeden Tag auf Neues
Einen Tag ohne Sterben gibt es nicht
86. Tag im Lager
Brief an die Geliebte
Meine Liebste,
wie du lesen kannst, bin ich noch am Leben. Ich wurde leicht verwundet und bin deshalb im Lazarett, ich glaube, sie werden mich nach Hause schicken. Ich kann es nicht erwarten dich wiederzusehen. Fast vier Monate ist es nun her, dass ich dich verlassen musste und nun werden wir uns bald wieder in den Armen liegen. Ich freue mich, dass du dich so herzlich um den armen Peter kümmerst, wie du mir schreibst. Bitte teile ihm mit, dass Markus und Klaus beide tot sind. Ich weiß, er wird ähnlich betroffen sein, wie ich es war, also bringe es ihm schonend bei. Ah, nun wendet sich alles zum Guten, Liebste.
Ich werde dir noch einmal schreiben, kurz bevor sie mich nach Hause schicken.
In Liebe, Philip
90. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Es geschah, während einer Nachtschicht. Wie immer bei Dunkelheit, versuchte der Feind uns zu überraschen, doch wir waren gut vorbereitet. Ein Kugelhagel zerfetzte die hilflosen Kreaturen des Chaos und verwandelte sie in blutigen Brei. Es geschah, als ich schon dachte, es sei vorüber, denn die Angreifer waren geschlagen. Doch dann flog die Salvenkanone in die Luft und ein großes Metallstück bohrte sich durch mein Bein. Ich habe geschrien, doch ich war allein. Im näheren Umkreis waren alle tot oder in Deckung. Ich lag bis zum Morgengrauen dort, einsam mit meinen Schmerzen. Erst als das erste Licht des Tages sich durch die Wolken schob, verließen meine treuen Kameraden das Lager und brachten mich ins Lazarett.
Inzwischen hat sich die Wunde infiziert und ich leide an hohem Fieber. Mit zitternder Hand verfasse ich diese letzten Zeilen. Der Medikus hat mir gesagt, wenn ich die kommende Nacht überstehe, dann habe ich es geschafft. Ich bete zu Sigmar, dass er mich diese eine Nacht noch durchstehen lässt. Nur noch diese eine Nacht und all' der Schrecken ist vorbei.
127. Tag der Trennung
Brief an den Vater
Der Imperator selbst ist zutiefst betroffen, von dem Tod ihres Sohnes. Er war ein tapferer Krieger, der stets an seiner Seite gefochten hat, alles gebend, was ein Mann geben konnte. Er hat sich immer für seine Kameraden eingesetzt, sich selbstlos in die Schlacht gestürzt, sie zu retten. So fand er letztendlich auch sein Ende. Wir alle werden ihn in Ehren halten.
Anmerkung von Rabenfeder: diese Geschichte wurde von yinx verfasst.
Aufbruch, 1. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Die Sonne lacht und erfüllt unsere Herzen mit Mut und Zuversicht. In wenigen Stunden schon werden wir uns auf dem Weg in das große Heerlager des Imperators befinden, um von dort aus gegen die grausigen Schergen des Chaos zu fechten. Heiße Leidenschaft überschattet die Ängste, die ich noch vor wenigen Tagen hatte. Kaum kann ich es erwarten, für mein Heimatland zu Felde zu ziehen. Einzig die Trennung von meiner Liebsten betrübt mein Gemüt. Der Abschied war schwer und tränenreich, doch ich fürchte nicht, sie nicht wieder zu sehen, denn ich habe vor, zurückzukehren und ich zweifle dessen auch nicht. Stolz trage ich mein Gewand und meinen Speer, stolz bin ich, zu den erwählten Kriegern des Imperators zu gehören.
Soeben treffen die Offiziere ein, ich muss mich unterbrechen, doch ich werde, sobald ich Gelegenheit habe, wieder zur Feder greifen.
3. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Das Nachtlager ist errichtet, die Rationen verteilt und mir bleiben noch einige Minuten, ehe die Offiziere die Zelte ablaufen, um die Lichter zu löschen. Die Lauferei ist ermüdend und mir fallen beinahe die Augen zu, doch ich fürchte die wichtigsten Geschehnisse, der vergangenen zwei Tage zu vergessen, wenn ich sie nicht, grob wenigstens, schriftlich niederlege. Als wir am ersten Tage aus der Stadt auszogen, kam uns ein Verletzteneskort entgegen, der vom Heerlager evakuiert worden war. Es waren Hunderte und man konnte sehen, wie die frischen, jungen Männer in meinem Zug es mit der Angst zu tun bekamen. Mich selbst beunruhigte der Anblick wenig. Viele tausend Soldaten fechten an der Front gegen das Chaos und diese Handvoll Menschen, die uns hier entgegenkamen, können nur ein Bruchteil der Hauptstreitmacht gewesen sein. Am Abend erlegte ich mit Peter ein Reh. Wir wollten damit unsere Rationen ein wenig aufstocken, doch wir wurden erwischt und das tote Tier beschlagnahmt.
4. Tag des Marsches
Brief an die Geliebte
Meine Liebste,
bitte verzeih mir, dass ich dir nicht gleich, wie ich es versprach, am ersten Tag geschrieben habe, doch die Reise war beschwerlich und voller Tücken. Aber sorge dich nicht, denn ich bin gesund und mir geht es gut. Es sind noch ein paar Tagesmärsche, bis wir das Lager erreichen und meine Füße sind schon voller Blasen. Aber wie ich schon sagte, mach dir keine Sorgen um mich, im Großen und Ganzen geht es mir gut. Nur die Sehnsucht nach dir schmerzt. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich dich vermisse. Leider muss ich das Schreiben schon beenden, denn jeden Augenblick kann der Offizier erscheinen und die Nachtruhe ausrufen. Ich werde dir, sobald ich kann, wieder schreiben. Ich hoffe, der Brief erreicht dich bald.
In Liebe, dein Philip
5. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Schreckliches hat Sigmar uns am heutigen Tage erdulden lassen. Wir sind von einer feindlichen Patrouille attackiert worden und auch wenn die Chaosschergen nicht halb so viele waren wie wir, so wüteten sie dennoch voller Todesmut. Vierzehn tapfere Männer haben sie dahingerafft, davon zwei aus meinem Zug. Aufgrund dieses Vorfalls rasten wir heute früher und erhalten größere Rationen. Ich und Peter haben uns mit den Zwillingen Klaus und Markus angefreundet. Die zwei sehen wirklich völlig gleich aus. Es sind lustige Gesellen, auch wenn sie erschreckend jung für den Krieg sind. Sie zählen gerade mal siebzehn Sommer. (...)
Wie immer schmerzen meine Füße. Ich ziehe die Stiefel mittlerweile nicht mal mehr zur Nachtstunde aus, weil ich Angst vor ihrem zerschundenen Anblick habe. Es ist zwar noch hell, doch ich werde dennoch versuchen, zu schlafen. Der morgige Tag wird hart, denn wir werden die Verletzten tragen müssen. Außerdem haben die Offiziere verlauten lassen, dass wir noch vor dem Morgengrauen aufbrechen wollen.
7. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Kraft und Mut verlassen mich. Ich sehne mich nach nichts weiter, als endlich das verdammte Heerlager zu erreichen. Erneut sind wir überfallen worden. Diesmal von einem Rudel abartiger Hunde, mit Leibern, dreimal so groß wie ein Wolf. Der Gestank der Bestien scheint meinen Händen immer noch anzuhaften und der grausige Gesang ihrer Kehlen will nicht aus meinen Ohren weichen. Es hat uns weitere sechs Männer gekostet und viele mehr sind verletzt worden, unter anderem Markus, doch dieser zum Glück nur leicht. Peter wird uns morgen verlassen. Er wurde zum Verletztentransport eingeteilt und wird morgen schon, mit einem weiteren Dutzend Männern und vielen Verletzten den Weg zurück nach Hause antreten. Ich weiß nicht, ob ich ihn beneiden, oder bemitleiden soll.
8. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Es regnet schon, seit wir das Nachtlager abgebrochen haben und jetzt, wo wir es wieder aufschlagen, regnet es immer noch. Die Zelte konnten nicht aufgestellt werden, weil die Pfosten im knietiefen Schlamm keinen Halt hatten. Nie habe ich ein solches Unwetter erlebt. Wir werden heute, soweit möglich, unter freiem Himmel übernachten. Markus ist fiebrig, es geht ihm sehr schlecht, doch er darf nicht ruhen. Am heutigen Tage mussten wir drei Männer wegen Entkräftung zurücklassen. Der Tod ist ihnen weit sicherer als das Leben. Ich fand diese Entscheidung schrecklich, doch es liegt nicht in meiner Macht, etwas gegen sie einzuwenden. Morgen, gegen Mitte des Tages sollten wir endlich das Heerlager erreichen.
10. Tag des Marsches
Kurierschreiben
bitte um mitteilung des neuen standortes des heerlagers - koordinaten verwaist vorgewunden - scharführer wilhelm erwartet neue anweisungen von ihrer eminenz – werden lager errichten.
19. Tag des Marsches
Tagebucheintrag
Wir haben das Heerlager erreicht, doch ich bin mit meinen Kräften völlig am Ende. Siebenundzwanzig Männer sind noch übrig, von den knapp hundertundfünfzig, mit denen wir vor mehr als zwei Wochen losgezogen sind, darunter zum Glück auch Markus und Klaus. Als wir an den Ort kamen, wo sich das Heerlager hätte befinden sollen, fanden wir nur Leere und die Anzeichen eines gewaltigen, abgebrochenen Lagers. Unschlüssig befahl Scharführer Wilhelm, einen Stützpunkt zu errichten und sandte Kurier los.
Zwei Tage später war noch keiner von den Kurieren zurückgekehrt. Scharführer Wilhelm befahl die Aushebung eines Grabens und ließ niedrige Palisaden errichten. Am fünften Tag der Rast wurden keine Rationen mehr verteilt. Es kam zu Streit, vier Soldaten wollten desertieren und wurden erschossen. Am sechsten Tag wurde wieder Essen ausgegeben. Es regnete die ganze Zeit über und die Pferde waren unruhig, so dass man nachts kein Auge zu tun konnte. Am siebten Tag dann, haben sie uns angegriffen. Es war ein Massaker, nichts konnten wir gegen die gepanzerten Monster des Chaos ausrichten. Scharführer Wilhelm war der erste, der floh, allerdings habe ich ihn seitdem nicht mehr gesehen, vermutlich hat er es nicht geschafft. Ich selbst floh zusammen mit Klaus und Markus, den wir tragen mussten, denn sein Fieber hatte ihn in die Knie gezwungen. Wir versteckten uns in der Dunkelheit, doch auch, als der Lärm verklungen war, trauten wir uns nicht, uns davon zu schleichen. Einen weiteren Tag harrten wir in der Finsternis aus. Am nächsten Morgen wagten wir es und verließen unser Versteck. Nach nur einem halben Tagesmarsch erreichten wir das Heerlager.
1. Tag im Lager
Brief an die Geliebte
Meine Liebste,
die Reise verlief ohne Beschwerden. Ich bin untröstlich, dass ich dir nicht eher schreiben konnte. Ich mag mir gar nicht vorstellen, in was für Sorgen du zerflossen sein musst. Bitte vergib mir! Wie schon erwähnt, der Marsch verlief reibungslos, mir geht es gut und du musst dir wirklich keine Sorgen um mich machen. Peter müsste mittlerweile wieder in der Stadt sein, wenn du ihn siehst, dann richte ihm meine aufrichtigsten Grüße aus. Wie immer fehlst du mir sehr, ich muss unaufhörlich an dich denken. Ach, wenn ich doch nur bei dir sein könnte. Ich muss erst in ein paar Tagen an die Front, wenn ich Glück habe, ist der Krieg bis dahin schon gewonnen. Ich hoffe du befindest dich wohl, so allein, aber habe nur Geduld, bald sind wir schon wieder zusammen.
In Liebe, dein dich vermissender Philip
4. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Peter ist heute früh im Lager eingetroffen. Er war sofort, nachdem er die Stadt mit dem Eskort erreicht hatte wieder losgeschickt worden, allerdings mit den richtigen Koordinaten, wie es scheint. Das Essen ist spärlich, sogar noch weniger üppig, als die Rationen während des Marsches, sodass man fortwährend Hunger hat. Es ist schrecklich und auch wenn ich noch gar nicht an der Front war, fühle ich mich stetig müde und entkräftet. Morgen muss ich das erste Mal ausziehen. Klaus und Peter werden mich begleiten, Markus ist schon seit unserer Ankunft im Lazarett, die Ärzte sagen, es steht schlecht um ihn, er leide an Wundbrand.
7. Tag im Lager
Brief an den Vater
Verehrter Herr,
ich freue mich Ihnen mitteilen zu können, dass ich seit drei Tagen jeden Morgen an die Front gehe und für unser Heimatland fechte. Ganz wie Ihr einst, erweise ich den Imperator gute Dienste, indem ich die grässlichen Kreaturen des Chaos zerschmettere, eine nach der anderen. Furchtlos sehe ich jedem neuen Tag entgegen, wissend, dass das Imperium dieses bösartige Geschwür aus seinem Inneren entfernen wird. Ich freue mich darauf, Euch bald wiederzusehen.
Sei stolz auf mich, Vater.
Philip
7. Tag im Lager
Brief an die Geliebte
Meine Liebste,
noch immer musste ich nicht an die Front. Du musst dir keine Sorgen um mich machen, die tapferen Soldaten drängen den Feind immer weiter zurück und ich bin außer Gefahr. Ich weiß, wie sehr es dich freuen wird, dass zu hören. Bald sind wir wieder vereint, ich kann es kaum erwarten.
Dein dich liebender Philip
7. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Wir verlieren eine Schlacht nach der anderen. Ich kehre jeden Abend müde und abgekämpft zu meinem Zelt zurück, Sigmar für mein Leben dankend. Sobald ich dann morgens wieder ins Feld geschickt werde, beginne ich, die Minuten zu zählen, bis die Ablösung eintrifft. Es ist ein Wunder, dass ich noch am Leben bin, und noch ein größeres, dass Peter und Klaus ebenso leben. Markus geht es immer noch schlecht, aber er lebt. Sie haben ihn heute aus dem Lazarett ausgewiesen, weil die Betten dringend benötigt werden, auch wenn er noch nicht vollständig genesen ist. Ab morgen wir auch er mit uns kämpfen müssen. Ich sorge mich um ihn, denn er ist noch sehr schwach und sein Fieber quält ihn immer noch, wenn auch nicht mehr so stark wie noch vor ein paar Tagen. Er hätte noch einige Tage Ruhe gebraucht.
8. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Ich bin heute zum ersten Mal zum Nachtkampf eingeteilt, zusammen mit Klaus und Markus. Peter ist momentan zu Felde, ich bete, dass er gesund zurückkehrt. Ich wurde heute zum ersten Mal satt. Wenn man nachts kämpfen muss, bekommt man größere Rationen und auch mehr Proviant, weil die Schicht länger dauert. Dennoch blicke ich dem Abend mit Angst entgegen, ich habe ein ungutes Gefühl.
8. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Es ist ruhig, deshalb kann ich immer ein wenig schreiben, wenn die Patrouille mit der Laterne vorbeikommt. Am Horizont zeichnet sich ein Gewitter ab, es blitzt, doch der Donner kommt spät. Morgen sollte es uns erreichen, aber ich hoffe, erst nachdem meine Schicht beendet ist. Hunger quält mich, denn ich war gierig und habe mir meinen Proviant schlecht eingeteilt. Den letzten Rest verwahre ich jetzt eisern, denn ich habe noch gut die Hälfte der Zeit vor mir. Es kön...
10. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Wir wurden in jener Nacht, in der ich meine Aufzeichnungen so plötzlich unterbrechen musste, von den Angreifern überrascht. Sie fielen über uns her, nackte, haarige Männer mit groben Keulen. Nie werde ich diese Momente vergessen, nie werde ich die Schreie vergessen, das Blut, den Gestank. Ich war mit Markus und Klaus zusammen, wir hielten zusammen mit einigen anderen eine höhere Position, waren jedoch vom eigentlichen Kontingent abgeschnitten. Musketenqualm, Funkenregen. Es war unmöglich zu sehen, man handelte nur noch, stach zu, zog den Speer zurück, es schmatzte, man stach zu, erneut. Ich erinnere mich kaum an den eigentlichen Kampf, ich weiß auch nicht, wie lange ich auf diesem Hügel stand und mit meinem Speer stach, ihn in muskulöse Leiber rammte. Als ich dachte, dass wir es fast geschafft hätten, denn die Barbaren zogen sich soeben zurück, da wurde Klaus am Kopf getroffen. Der Junge war sofort bewusstlos, sie zerrten ihn mit sich, fort von uns. Markus wollte hinterher, doch er wurde zurückgehalten.
Als wir zurückkehrten, war er völlig aufgelöst. Er weinte nicht, auch wenn seine Augen gerötet waren. Er schwieg einfach nur und starrte in die Leere. Ich verweilte nur kurz bei ihm, danach flößte sein Anblick mir Angst ein und ich ging.
11. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Für den heutigen Tag bin ich gar nicht eingeteilt. Man sagte mir, dass Peter verletzt sei, darum nutzte ich dir mir gegebene Zeit und ging ihn im Lazarett besuchen. Als ich ihn sah, erstarrte ich vor Angst und Ekel. Sie hatten ihm seinen linken Arm abgenommen und er sah alles andere als gut aus. Unter den Augen saßen tiefe Ringe und seine Haut war so entsetzlich fahl. Ich setzte mich zu ihm, gab ihm meine Ration, doch er sprach nicht. Der Medikus sagte, er hätte die Amputation gut überstanden, wenn sich die Wunde in den nächsten paar Tagen nicht infizierte, würde er überleben.
12. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Das Gewitter, das ich schon vor zwei Tagen erwartet hatte, ist heute Nacht gekommen, als ich wieder eingeteilt war. Es wütete so schlimm, dass keine der beiden Seiten einen Ausfall wagte. Als ich am nächsten Morgen zurückkehrte, erfuhr ich, dass Markus' Zelt bei dem Unwetter zerstörte worden war, er wird also ab heute bei mir im Zelt übernachten, da kein neues bereitgestellt werden konnte. Warum, das weiß ich nicht, denn bei den zahllosen Toten, die jeden Tag vom Schlachtfeld getragen werden, müssten weit mehr Zelte als Soldaten im Lager sein.
16. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Peter wurde heute nach Hause abtransportiert. Ich war dort, um ihn zu verabschieden, doch er sprach nicht. Ich gab ihn noch einmal meine Ration, er bedankte sich nur mit einem Kopfnicken. Ich weiß, dass ich ihn vermissen werde, doch ich bin froh, dass er die Verletzung überlebt hat. Markus spricht auch nicht mehr, seit Klaus' Tod, außerdem ist sein Fieber wieder schlimmer geworden, doch das Lazarett will ihn nicht wieder aufnehmen. Wenn er nicht gerade an der Front ist, schläft er nur noch. Ich fühle mich ziemlich allein, trotz der Tausenden Kämpfer, die um mich sind.
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39. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Ich und Markus haben wieder die ganze Nacht auf dem Feld verbracht. Er ist mittlerweile beinahe gänzlich genesen und klagt nur noch über leichte Schmerzen im Fuß. Sigmar weiß, woher die kommen! Es ist ein seltsames Gefühl, jeden Morgen aufzuwachen, mit dem Gedanken: dieser Tag könnte dein letzter sein. Jeden zweiten Tag treffen neue Männer ein, keine Ahnung, wo die noch herkommen. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass Imperium müsste leer sein. Briefe an meine Liebste schreibe ich nur noch selten, es passiert zu viel, was mich von ihr ablenkt. Tod, Verderben. Ich erzähle ihr nichts von diesen Dingen, sondern belüge sie mit jedem Wort. Es ist besser, wenn sie die Wahrheit nicht kennt.
42. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Heute Morgen ist Markus nicht mehr aufgewacht. Ich weiß nicht warum, er lag einfach dort, tot, kalt. Vielleicht hatte es was mit seinem Fuß zu tun. Ich wusste nicht genau, was ich tun sollte, ob ich weinen sollte, fluchen... lachen? Ich tat nichts, ich packte ihn nur an den Füßen, schleifte ihn aus dem Zelt und vergrub ihn. Dann ging ich zum Küchenzelt und sagte, ich würde ihm seine Portion mitnehmen. Der Koch war unterrichtet und es war mir erlaubt, ihm seine Ration mitzunehmen, da Markus wegen seiner Krankheit oft das Zelt nicht verlassen konnte. Mein Gewissen ist dadurch nicht belastet, auch jetzt noch nicht. Vielleicht, ja vielleicht bin ich mittlerweile zu stumpf, taub für Begriffe wie Mitgefühl und Kummer.
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58. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Die Tage und Nächte auf dem Feld sind einsam. Es lohnt sich nicht, Freundschaften zu schließen, denn die meisten neuen Gesichter die ich sehe, gehören schon ein paar Tage später zu toten Menschen. Nur ich überlebe wie durch ein Wunder. Gestern ist Scharführer Wilhelm wieder aufgetaucht, mit einer neuen Truppe aus meiner Heimatstadt. Aus irgendeinem Grund wunderte es mich kaum, ihn wiederzusehen. Kurz fragte ich mich, ob ich auf ihn losgehen sollte, meinen Zorn an ihm auslassen, doch dann entschloss ich mich, nichts zu tun. Ich wusste selbst nicht, warum mir dieser Mann plötzlich so verhasst war.
61. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Noch immer hole ich mir Markus' Rationen ab. Allmählich wundert es mich, dass es nicht auffällt. Noch immer ist mein Gewissen wegen dieser Sache nicht schwer, doch ich fürchte schon, dass es mich, sollte ich je nach Hause zurückkehren, später dann umso mehr dafür belasten wird. Aber ich kann das zusätzliche Brot gut gebrauchen, wenn ich alleine in der Finsternis sitze und dem trommelnden Feuer der Salvenkanonen lausche.
70. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Es regnet schon seit letzter Woche und der Boden ist so matschig, dass man fast knietief einsinkt. Die Kämpfe sind mittlerweile fast gänzlich zum Erliegen gekommen, was uns die Zeit gibt, unsere Wunden zu lecken. Scharführer Wilhem ist nun übrigens auch seit drei Tagen tot. Er wurde von einem schrecklichen, schwarzen Reiter niedergemacht, kurz bevor wir den Chaosdiener von seinem Pferd gezerrt hatten. Ich fühlte eine gewisse Schadenfreude. Ein Gefühl, das mich vor mir selbst fürchten lässt. Irgendwie habe ich diesen Mann für alles, was mir passiert ist, verantwortlich gemacht.
75. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Ich habe aufgehört, den toten Markus auszunutzen und hole mir nur noch meinen Proviant ab. Ich hoffe, seine Seele wird mir verzeihen. Seit zwei Monaten habe ich keinen Brief mehr an meine Geliebte geschrieben. Sie muss denken, ich sei tot.
83. Tag im Lager
Kritzelei an der Zeltwand
Blutrot braust der Morgenwind
Ein jeden Tag auf Neues
Kalt ist das trübe Licht
Blutrot braust der Morgenwind
Ein jeden Tag auf Neues
Einen Tag ohne Sterben gibt es nicht
86. Tag im Lager
Brief an die Geliebte
Meine Liebste,
wie du lesen kannst, bin ich noch am Leben. Ich wurde leicht verwundet und bin deshalb im Lazarett, ich glaube, sie werden mich nach Hause schicken. Ich kann es nicht erwarten dich wiederzusehen. Fast vier Monate ist es nun her, dass ich dich verlassen musste und nun werden wir uns bald wieder in den Armen liegen. Ich freue mich, dass du dich so herzlich um den armen Peter kümmerst, wie du mir schreibst. Bitte teile ihm mit, dass Markus und Klaus beide tot sind. Ich weiß, er wird ähnlich betroffen sein, wie ich es war, also bringe es ihm schonend bei. Ah, nun wendet sich alles zum Guten, Liebste.
Ich werde dir noch einmal schreiben, kurz bevor sie mich nach Hause schicken.
In Liebe, Philip
90. Tag im Lager
Tagebucheintrag
Es geschah, während einer Nachtschicht. Wie immer bei Dunkelheit, versuchte der Feind uns zu überraschen, doch wir waren gut vorbereitet. Ein Kugelhagel zerfetzte die hilflosen Kreaturen des Chaos und verwandelte sie in blutigen Brei. Es geschah, als ich schon dachte, es sei vorüber, denn die Angreifer waren geschlagen. Doch dann flog die Salvenkanone in die Luft und ein großes Metallstück bohrte sich durch mein Bein. Ich habe geschrien, doch ich war allein. Im näheren Umkreis waren alle tot oder in Deckung. Ich lag bis zum Morgengrauen dort, einsam mit meinen Schmerzen. Erst als das erste Licht des Tages sich durch die Wolken schob, verließen meine treuen Kameraden das Lager und brachten mich ins Lazarett.
Inzwischen hat sich die Wunde infiziert und ich leide an hohem Fieber. Mit zitternder Hand verfasse ich diese letzten Zeilen. Der Medikus hat mir gesagt, wenn ich die kommende Nacht überstehe, dann habe ich es geschafft. Ich bete zu Sigmar, dass er mich diese eine Nacht noch durchstehen lässt. Nur noch diese eine Nacht und all' der Schrecken ist vorbei.
127. Tag der Trennung
Brief an den Vater
Der Imperator selbst ist zutiefst betroffen, von dem Tod ihres Sohnes. Er war ein tapferer Krieger, der stets an seiner Seite gefochten hat, alles gebend, was ein Mann geben konnte. Er hat sich immer für seine Kameraden eingesetzt, sich selbstlos in die Schlacht gestürzt, sie zu retten. So fand er letztendlich auch sein Ende. Wir alle werden ihn in Ehren halten.
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