Und hier die letze Geschichte. Diesmal was Ungewöhnliches....
Das Geisterschiff
Flock wurde hart zu Boden geworfen, als das Deck sich plötzlich bewegte. Er schlug der Länge nach hin, schmeckte sein eigenes Blut und schwebte auch gleich wieder nach oben. Die Schwerkraft ist hinüber, dachte er halb benommen. Er stieß an eine Wand und prallte von ihr ab.
Beißender Rauch füllte die Brücke und Flock musste husten. Als er an seinem Kommandosessel vorbei flog, krallte er sich an ihm fest und beendete sein Trudeln. Die Alarmleuchten blinkten noch immer und tauchten die Brücke in rotes Licht, aber die nervenzerreißende Sirene hatte aufgehört, wofür Flock dem Imperator dankte.
Langsam kam Flock wieder zu sich. Er schüttelte den Kopf und wurde sich seiner Lage schlagartig wieder bewusst. Piraten!
Sie waren doch tatsächlich von Piraten angegriffen worden. Und das auf einer der sichersten Routen, die er kannte. Die Stolz Hyperias war ein einfacher Frachter und als solcher kaum geschützt. Und obwohl die Piraten kaum besser ausgerüstet waren, eine lahme Fregatte und ein paar Jäger, hatten sie ihnen dennoch zugesetzt.
Als das halbe Schiff schon in Flammen stand, hatte Flock einen Entschluss gefasst. Sie waren ganz nahe an Hyperia II und im Asteroidengürtel des Planeten wollte Flock die Piraten abhängen.
Und das war ihm auch gelungen. Nur am äußeren Rand des Gürtels hatten sie etwas gestreift. Etwas Großes, denn das Schiff wurde herumgeschleudert und Flock sah jetzt die ganzen Warnlampen blinken.
Was ist denn NICHT kaputt, fragte er sich. Aufgebracht drückte er einen Knopf auf der Lehne seines Sessels.
„Richie, was ist da unten los?“, brüllte er in die Kommanlage.
Als Antwort bekam er nur Rauschen. Flock versuchte mehrere Stationen durch, aber überall mit dem selben Ergebnis.
„Das kann doch nicht wahr sein...“, murmelte er, stieß sich ab und glitt auf eine Konsole zu.
Hastig glitten seine Finger über die mit Glyphen bedeckten Tasten. Bereitwillig zeigten die Monitore daraufhin die Schäden an. Triebwerke ausgefallen... Lebenserhaltungssystem 20% Leistung...
Flock wurde immer blasser, als mehr und mehr Schäden angezeigt wurden. Die ganze Steuerbordseite des hundert Meter langen Frachters war aufgerissen. Wenn der Maschinengeist Recht hatte, und Flock hatte keinen Grund, daran zu zweifeln, dann besaß nur die Brücke und ein Gang hinter ihr eine Atmosphäre. Der Rest des Schiffes war dem Weltraum ausgesetzt.
Was bedeutete, dass er der einzige Überlebende war, schloss Flock daraus. Er war momentan viel zu geschockt, um einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden.
Und das alles für eine Ladung Getreide, dachte Flock, während er durch die Brücke trieb. Die Stolz Hyperias hatte nämlich Getreide geladen. Sie verkehrte zwischen Hyperia IV und Hyperia I. Hyperia IV versorgte Hyperia I mit Nahrung und erhielt als Gegenleistung Rohstoffe. Und nun trieben die Getreidekörner neben dem Schiff durch den Weltraum.
Die Lichter fingen genau dann zu flackern an, als Flocks Magen zu knurren anfing. Wieviele Stunden waren seit dem Angriff vergangen, fragte er sich. Er hatte seinen Chronographen in seiner Kajüte vergessen. Wahrscheinlich trieb er gerade durch den Weltraum.
Flock stieß sich ab und flog auf die Tür zu. Die Schadensanalyse hatte ergeben, dass der Großteil des Schiffes dem Vakuum ausgesetz war. Hinter der Brücke befand sich ein kurzer Gang, hinter dem der Versammlungsraum lag. Außerdem führten von dort vier Türen in die Räume der Offiziere. Der Versammlungsraum und drei der Räume waren hinüber, aber die Kajüte des ersten Offiziers war unbeschädigt. Vielleicht gab es da etwas zu essen?
Die Tür zum Gang glitt zur Seite und Flock trieb hinein. Vor der gewünschten Tür gab es für Flock jedoch eine böse Überraschung. Sie ging nicht auf. Als Kapitän hatte er die Codes zu allen Türen, aber diese ließ sich trotzdem nicht öffnen. Verzweifelt versuchte Flock es immer wieder. Schließlich hämmerte er mit den Fäusten gegen den Stahl. Das heißt, er versuchte es, wurde aber durch die ehernen Gesetze der Physik von der Tür geschleudert. Panik und Verzweiflung übermannten ihn. Hätte Flock jemals gedacht, schluchzend durch sein Schiff zu treiben? Ihm ging auf, dass er alleine auf einem toten Schiff war. Und vermutlich nicht mehr lange zu leben hatte. Auch wenn das Lebenserhaltungssystem noch funktionierte, würde er verdursten oder verhungern. Und schließlich würde die Stolz Hyperias sein Sarg werden.
Bei diesem Gedanken flammte Flocks Zorn auf. Er wusste selber nicht, woher er die Energie nahm, aber so wollte er nicht enden.
„Bin schon aus schlimmeren Schlamasseln rausgekommen!“, sprach er sich selber Mut zu, während er sich an einer der Konsolen zu schaffen machte.
Seine Bemühungen wurden mit einem Zischen aus dem Gang belohnt. Hastig eilte er zur Tür und musste hysterisch auflachen, als er sah, was er erreicht hatte.
Die Tür hatte sich geöffnet, aber nur einen Finger breit. Gerade weit genug, dass er in die Kajüte blicken und das halb aufgegessene Mittagessen seines ersten Offiziers sehen konnte. Der Anblick der durch den Raum schwebenden Speisen ließ seinen Magen erneut knurren. Was er mittlerweile mehr begehrte, als das Essen, war der Inhalt der gläsernen Karaffe.
Flock versuchte krampfhaft, sich zu beruhigen und einen Weg zu finden, die Tür zu öffnen. Nicht vollständig, nein. Es reichte auch, wenn er seinen Arm hindurchzwängen konnte. Er versuchte, seine Finger in den Schlitz zu stecken und die Tür aufzustemmen. Nach mehreren vergeblichen Versuchen gab er es auf. Ihm war nach Weinen zu mute. Am liebsten hätte er sich einfach in einer Ecke zusammengekauert.
„Verfluchte Tür!“, brüllte er das herzlose Stück Metall an.
Dann stieß er sich von der Wand ab und flog zur Brücke zurück. Dort ließ er sich alle möglichen Pläne durch den Kopf gehen, bis er einschlief.
Als Flock aufwachte, war der Hunger stärker und sein Mund ausgetrocknet. Mit dem Eifer eines Verzweifelten machte er sich ans Werk.
Es dauerte fast einen ganzen Tag, bis er ein Panel gelöst und ein Stück von einer Leitung abgeschraubt hatte. Ohne jegliches Werkzeug war er nur auf seine Hände angewiesen. Flock beachtete die Schmerzen und das ganze Blut gar nicht. Er hatte jetzt eine Möglichkeit, die Tür aufzustemmen. Mit einem Freudenschrei eilte er zur Kajüte. Er war so von dem Gedanken an das, was in der Kajüte des ersten Offiziers schwebte, beschäftigt, dass er den Schatten, der an seinem Schiff vorbeizog gar nicht bemerkte. Wie auch den leichten Ruck, der durch die Stolz Hyperias ging.
Mit einiger Mühe stemmte er die Tür gerade so weit auf, dass er sich hineinquetschen konnte. Gierig schnappte er nach der Karaffe und nach einem Stück Brot. Flock biss ein großes Stück vom Brot ab und spülte ihn mit Wasser runter. Das Brot war mittlerweile hart, aber ihm kam es leckerer vor, als alles, was er bisher gegessen hatte. Er hatte sich über die seltsame Angewohnheit seines Offiziers, nur Wasser zu trinken, lustig gemacht, aber jetzt meinte er, ihn zu verstehen. Flock konnte sich nicht erinnern, jemals etwas dermaßen köstliches getrunken zu haben. Er stopfte sich weiter voll, als seltsame Geräusche in seinem Rücken ihn auffahren ließen.
Langsam drehte Flock sich um und glotzte die Gestalt, die im Türrahmen stand, an. Sie war groß, so groß, dass sie sich bücken musste, um in die Kajüte zu schauen. Außerdem trug sie eine Art Raumanzug und darüber eine violette Robe, die mit funkelnden Juwelen bestickt war. Ein Helm verdeckte ihr Gesicht und die beiden roten Linsen schienen ihn böse anzufunkeln.
„Das ist mein Essen!“, stammelte Flock mit vollem Mund. „DAS IST MEIN ESSEN!“, wiederholte er es und schrie diesmal, so dass Brotkrümel aus seinem Mund flogen. Dabei drückte er das Wasser und das Brot fest an sich.
Die Gestalt streckte den Arm aus und Flock entspannte sich schlagartig. Er war so entspannt, dass er keinen Muskel rühren konnte. Langsam schwebte er zur Decke empor.
Das muss ein Fiebertraum sein, dachte er, als er die Augen schloss.
Als Flock wieder zu sich kam, wusste er zunächst nicht, wo er sich befand. Er lag ausgestreckt auf dem Boden eines ansonsten leeren Raumes. Die Wände waren weiß und von irgendwoher kam licht, aber er sah keine Lampe. Erstaunt stellte er fest, dass er noch immer die Karaffe und das Stück Brot in seinen Händen hielt. Als er sich aufrichtete und umdrehte, ließ er seine hart erkämpfte Verpflegung fallen. Hinter ihm lag ein Tablett auf dem Boden. Auf ihm stand ein Teller mit etwas, das wie ein Kuchen aussah und eine Flasche mit einer milchigen Flüssigkeit. Ohne einen Gedanken an etwas anderes zu verschwenden, stürzte Flock sich auf das Essen. Es schmeckte ungewöhnlich, aber unglaublich gut. Als Flock gerade die letzten Krümel des Kuchens vom Teller las, ertönte ein Glockenschlag hinter ihm. Er drehte sich um, und sah, dass eine Tür sich geöffnet hatte.
Auf dem Boden erschien plötzlich ein grüner Pfeil. Dann fing er an zu blinken.
„Eindeutiger kann man´s nicht sagen.“, murmelte Flock und trat in den Gang.
Ein weiterer Pfeil erschien fünf Schritt vor ihm, und dann ein anderer. Flock folgte ihnen und betrachtete staunend seine neue Umgebung.
Er ging durch einen seltsamen Gang. Er war rund und Flock fragte sich, welche Art von Lebewesen ihn benutzte. Die Türen, die hier und da vom Gang wegführten, waren ebenfalls rund. Es schien auch, als wäre das Schiff, und dass er sich auf einen Schiff befand, dessen war Flock sich sicher, aus einen Stück geformt... gegossen war. Flock konnte keine einzige Schweißnaht sehen, und auch keine Nieten oder Schrauben. Er konnte nicht einmal feststellen, aus welchem Material das Schiff war. Flock hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Das Material schien irgendwie halbdurchsichtig zu sein, aber sobald er sich nahe an eine Wand heranwagte, verschwand dieses Gefühl.
Außerdem hatte Flock das merkwürdige Gefühl, dass das Schiff lebendig sei. Wie um dieses Gefühl zu bestätigen, erschien auf einer Wand vor ihm ein dunkler Fleck. Er verdichtete sich und Strukturen wurden sichtbar. Flock war erstaunt, denn er sah gerade zu, wie aus einem dunkeln Fleck hochgothische Buchstaben wurden. Und war entsetzt, als er das Wort las. „Verschwinde!“
Ohne eine Sekunde zu verschwenden, eilte Flock den Pfeilen hinterher.
Die Pfeile führten ihn durch die scheinbar endlosen Gänge zu eiern Tür, die sich äußerlich nicht von den anderen unterschied. Flock hatte auf dem ganzen Wege niemanden gesehen und auch nichts gehört. Alles schien wie ausgestorben zu sein.
„Und was jetzt?“, fragte Flock, ohne eine wirklich Antwort zu erwarten.
Anstelle einer Antwort glitt die Tür geräuschlos auf und Flock trat zögernd in den Raum dahinter.
Er wusste sofort, dass es die Brücke des Schiffes war. Obwohl hier alles fremdartig war, erkannte er es. Die großen Panoramafester verrieten es ebenso wie die seltsamen Konsolen und die Anordnung der Sessel. Nur war dieser Raum, in dem auf jedem andern Schiff rege Betriebsamkeit herrschen würde, erstaunlicherweise leer. Leer, bis auf einen Sessel in der Mitte.
In ihm saß jemand, der die selben Sachen trug, wie der Eindringling, der Flock gefangen genommen hatte. Diesmal hatte er jedoch seinen Helm abgenommen und ein zartes Gesicht mit mandelförmigen, dunkeln Augen und spitz zulaufenden Ohren enthüllt. Flock und der seltsame Humanoide blickten sich mehrere Sekunden schweigend an.
„Ich weiß du bist! Du bist ein Eldar!“, entfuhr es Flock schließlich.
„Erstaunlich, ein Chem-Pan-Sey mit Bildung.“, sagte der Eldar. Er schien erheitert zu sein. „Mit wem habe ich die... Ehre?“, spöttelte er weiter.
„Ich bin... Anastasius Flock. Kapitän... ehemaliger Kapitän der Stolz Hyperias.“, stellte Flock sich vor.
„Erstaunlich, gleich ein Kapitän...“
„Und wer seid ihr?“
„Es genügt, wenn ihr wisst, dass ich Betherion heiße und ebenfalls... Kapitän bin.“, antwortete der Eldar und betrachtete Flock amüsiert.
„Und was wollt ihr von mir?“
Nach dieser Frage wurde Betherion wieder ernst. Er betrachte Flock eingehend und sprach erst nach einiger Zeit wieder.
„Ich wollte einen von euch aus der Nähe sehen. Jahrhundertelang habe ich euch bekämpft aber noch keinen von euch gesehen.“
„Und, gefällt dir, was du siehst?“, fragte Flock gereizt. Ihm fiel plötzlich ein altes Sprichwort über die Eldar ein: „Frage nie einen Eldar, denn er wird dir drei Antworten geben, von denen jede wahr und entsetzlich ist.“
„Nein, aber du entsprichst meinen Vorstellungen und dem, was ich gehört habe. Schmutzig, stinkend, ungepflegt, dreist und haarig, das bist du.“
Flock blickte an sich herab und sah sein zerrissenes Overall und seine blutigen Hände.
„Wenn dein Schiff von Piraten zerstört wird, wirst du kaum besser aussehen!“, gab er trotzig zurück.
„Ah, du meinst, es liegt an den Umständen! Nun, ich werde dir Zeit und Gelegenheit geben, mich eines Besseren zu belehren.“, sagte Betherion und wandte sich ab.
Vor Flocks Füßen erschein wieder ein Pfeil. Doch diesmal war er gekrümmt und deutete unmissverständlich auf die Tür.
Wieder ein mal folgte Flock den Pfeilen. Diesmal brachten sie ihn in einen Raum mit einem Waschbecken. Lauter Gegenstände von der Stolz lagen auf einem Haufen neben dem Becken. Flock fand seine Paradeuniform und ach seinen Rasierer. Am meisten freute er sich jedoch über die Pflaster und die Salbe, mit der er seine Hände behandeln konnte. Sie fingen wieder an zu schmerzen.
Nach einiger Zeit betrachtete Flock sich im Spiegel und stellte fest, dass er doch eine imposante Figur machte. Er hatte sich gewaschen, rasiert und seine Hände verarztet. Außerdem war er froh, dass seine dunkelblaue Uniform mit den goldenen Epauletten ihm noch passte.
Soll dieses Alien jetzt mal seine Witze machen, dachte er zufrieden.
Kaum hatte er den Gedanken zu Ende geführt, erklang wieder der vertraute Gongschlag und ein Pfeil erschien vor seinen Füßen.
Diesmal brachten ihr die Pfeile zu einem Aufzug und schließlich wieder bis vor eine Tür. Einmal war Flock sich sicher, flüsternde Stimmen gehört zu haben.
„Verschwinde, Mörder!“, hatten sie geflüstert. Als er sich aber umgedreht hatte, war niemand da.
Langsam wurde ihm das Schiff immer unheimlicher.
Die Tür glitt auf und er betrat einen prächtig ausgestatteten Raum. An den Wänden hingen Gemälde, die farbenprächtige Landschaften darstellten und Leuchtkristalle tauchten den Raum in ein angenehmes Licht. Ein großer Tisch nahm die Mitte des Raumes ein.
Betherion saß an seinem Ende und deutete Flock, sich hinzusetzen.
„Ja, doch, schon eine ganze Spur kultivierter.“, kommentierte er Flocks Aufmachung.
Flock setzte sich und betrachtete unsicher die Speisen, die vor ihm aufgereiht standen. Zweifelnd nahm er eine kunstvolle Gabel, und da Betherion ebenfalls aß, probierte er es einfach. Er wusste nicht, was er aß, aber es schmeckte ihm.
„Wie ich sehe, platzt mein Gast gleich vor lauter Fragen. Stellt sie, und ich werde mein Bestes tun.“
Flock nahm an, dass man keine großartigen psionischen Fähigkeiten brauchte, um dies zu bemerken. Aber er nahm Betehrions Angebot an.
„Seid ihr alleine auf diesem Schiff?“, fragte er gerade heraus.
„Nein und ja, je nach dem, wie ihr es seht.“
„Und wie macht ihr das alles allein?“, fragte Flock weiter, ohne auf die seltsame Antwort Betherions einzugehen.
„Das will ich dir erzählen. Nimm ein Glas Wein, denn es wird eine lange Geschichte. Mein Schiff ist alt, sehr alt. Ich befehlige es seit über sechs Hundert Jahren und ich bin der achte Kapitän dieses Schiffes. Dir wird vielleicht das seltsame Material aufgefallen sein, aus dem es besteht. Man nennt es Phantomkristall. Wenn ein Eldar stirbt, dann geht seine Seele in das Schiff ein. Dieses Schiff lebt also auf seine Art. Als ich angefangen habe, war es voll. Volle Besatzungsmitglieder, Kameraden, Freunde. Aber das ist lange her. Jetzt bin ich hier alleine. Und doch bin ich von ihnen umgeben. Sie wandern durch die Wände und Decks und im Kampf nehmen sie ihre Posten ein.“
„Dann waren es ihre Geister, die ich gehört habe!“, stieß Flock ungläubig hervor. Noch nie hatte er so etwas Unglaubliches gehört.
„Das kann durchaus sein. Was habe sie denn gesagt?“
„Verschwinde habe sie gesagt.“
„Tja, nicht alle hier sind dir wohlgesonnen. Viele habe durch deine Rasse Freunde und Familienmitglieder verloren und sogar ihr eigenes Leben. Aber du brachst keine Angst zu haben. Ohne meinen Befehl werden sie dir nichts tun.“
Flock fand, dass es nicht gerade beruhigend klang. Er hörte wieder dieses seltsame Murmeln und drehte sich um.
Entsetzt fuhr er hoch, als er sah, was sich hinter ihm abspielte. Durchsichtige Gestalten schwebten in den Wänden. Es waren Schemen von Eldar. Vollkommen klar sah er ihre durchsichtigen Gesichter. Manche blickten ihn neugierig an, andere gelangweilt oder angeekelt. Doch am meisten jagten ihm die Angst ein, die ihn voller Zorn und Hass anstarrten.
„Keine Angst...“, versuchte Betherion ihn zu beruhigen, hatte aber keinen Erfolg.
„Wie könnt ihr so etwas nur aushalten?! Lass mich hier raus!“, schrie Flock mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen.
Mittlerweile waren auch Gesichter im Boden aufgetaucht. Flock sprang entsetzt zur Seite und rannte auf die Tür zu. Schreien verschwand er im Gang.
Betherion fand ihn wimmernd und zusammengekauert in einer Sackgasse. Die Seelen der Eldar umgaben ihn noch immer und Betherion fiel auf, dass das Haar des Menschen vollständig grau war.
„Bitte, lasst mich gehen!“, jammerte Flock.
„Wohin willst du gehen? Wir sind noch recht weit von einer euerer Welten entfernt?“, fragte Betherion ihn.
Aber Flock wollte keine Ruhe geben. Er flehte den Eldar auf Knien an. Als Betherion das Gejammer nicht mehr ertragen konnte, brachte er Flock zu einer Rettungskapsel und sah ihr lange durch ein Bullauge nach, während sie in die Schwärze des Alls davon trudelte. Er verstand nicht, warum die Seelen seiner Freunde so aufgebracht waren. Er musste noch ein Wörtchen mit ihnen reden. Aber wenn die Chem-Pan-Sey Angst vor so etwas Gewöhnlichem wie den Seelen Verstorbener hatten, hat man nicht übertrieben, als man ihm vom erschreckend niedrigen Entwicklungsstand der Menschen berichtet hatte.
Das Geisterschiff
Flock wurde hart zu Boden geworfen, als das Deck sich plötzlich bewegte. Er schlug der Länge nach hin, schmeckte sein eigenes Blut und schwebte auch gleich wieder nach oben. Die Schwerkraft ist hinüber, dachte er halb benommen. Er stieß an eine Wand und prallte von ihr ab.
Beißender Rauch füllte die Brücke und Flock musste husten. Als er an seinem Kommandosessel vorbei flog, krallte er sich an ihm fest und beendete sein Trudeln. Die Alarmleuchten blinkten noch immer und tauchten die Brücke in rotes Licht, aber die nervenzerreißende Sirene hatte aufgehört, wofür Flock dem Imperator dankte.
Langsam kam Flock wieder zu sich. Er schüttelte den Kopf und wurde sich seiner Lage schlagartig wieder bewusst. Piraten!
Sie waren doch tatsächlich von Piraten angegriffen worden. Und das auf einer der sichersten Routen, die er kannte. Die Stolz Hyperias war ein einfacher Frachter und als solcher kaum geschützt. Und obwohl die Piraten kaum besser ausgerüstet waren, eine lahme Fregatte und ein paar Jäger, hatten sie ihnen dennoch zugesetzt.
Als das halbe Schiff schon in Flammen stand, hatte Flock einen Entschluss gefasst. Sie waren ganz nahe an Hyperia II und im Asteroidengürtel des Planeten wollte Flock die Piraten abhängen.
Und das war ihm auch gelungen. Nur am äußeren Rand des Gürtels hatten sie etwas gestreift. Etwas Großes, denn das Schiff wurde herumgeschleudert und Flock sah jetzt die ganzen Warnlampen blinken.
Was ist denn NICHT kaputt, fragte er sich. Aufgebracht drückte er einen Knopf auf der Lehne seines Sessels.
„Richie, was ist da unten los?“, brüllte er in die Kommanlage.
Als Antwort bekam er nur Rauschen. Flock versuchte mehrere Stationen durch, aber überall mit dem selben Ergebnis.
„Das kann doch nicht wahr sein...“, murmelte er, stieß sich ab und glitt auf eine Konsole zu.
Hastig glitten seine Finger über die mit Glyphen bedeckten Tasten. Bereitwillig zeigten die Monitore daraufhin die Schäden an. Triebwerke ausgefallen... Lebenserhaltungssystem 20% Leistung...
Flock wurde immer blasser, als mehr und mehr Schäden angezeigt wurden. Die ganze Steuerbordseite des hundert Meter langen Frachters war aufgerissen. Wenn der Maschinengeist Recht hatte, und Flock hatte keinen Grund, daran zu zweifeln, dann besaß nur die Brücke und ein Gang hinter ihr eine Atmosphäre. Der Rest des Schiffes war dem Weltraum ausgesetzt.
Was bedeutete, dass er der einzige Überlebende war, schloss Flock daraus. Er war momentan viel zu geschockt, um einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden.
Und das alles für eine Ladung Getreide, dachte Flock, während er durch die Brücke trieb. Die Stolz Hyperias hatte nämlich Getreide geladen. Sie verkehrte zwischen Hyperia IV und Hyperia I. Hyperia IV versorgte Hyperia I mit Nahrung und erhielt als Gegenleistung Rohstoffe. Und nun trieben die Getreidekörner neben dem Schiff durch den Weltraum.
Die Lichter fingen genau dann zu flackern an, als Flocks Magen zu knurren anfing. Wieviele Stunden waren seit dem Angriff vergangen, fragte er sich. Er hatte seinen Chronographen in seiner Kajüte vergessen. Wahrscheinlich trieb er gerade durch den Weltraum.
Flock stieß sich ab und flog auf die Tür zu. Die Schadensanalyse hatte ergeben, dass der Großteil des Schiffes dem Vakuum ausgesetz war. Hinter der Brücke befand sich ein kurzer Gang, hinter dem der Versammlungsraum lag. Außerdem führten von dort vier Türen in die Räume der Offiziere. Der Versammlungsraum und drei der Räume waren hinüber, aber die Kajüte des ersten Offiziers war unbeschädigt. Vielleicht gab es da etwas zu essen?
Die Tür zum Gang glitt zur Seite und Flock trieb hinein. Vor der gewünschten Tür gab es für Flock jedoch eine böse Überraschung. Sie ging nicht auf. Als Kapitän hatte er die Codes zu allen Türen, aber diese ließ sich trotzdem nicht öffnen. Verzweifelt versuchte Flock es immer wieder. Schließlich hämmerte er mit den Fäusten gegen den Stahl. Das heißt, er versuchte es, wurde aber durch die ehernen Gesetze der Physik von der Tür geschleudert. Panik und Verzweiflung übermannten ihn. Hätte Flock jemals gedacht, schluchzend durch sein Schiff zu treiben? Ihm ging auf, dass er alleine auf einem toten Schiff war. Und vermutlich nicht mehr lange zu leben hatte. Auch wenn das Lebenserhaltungssystem noch funktionierte, würde er verdursten oder verhungern. Und schließlich würde die Stolz Hyperias sein Sarg werden.
Bei diesem Gedanken flammte Flocks Zorn auf. Er wusste selber nicht, woher er die Energie nahm, aber so wollte er nicht enden.
„Bin schon aus schlimmeren Schlamasseln rausgekommen!“, sprach er sich selber Mut zu, während er sich an einer der Konsolen zu schaffen machte.
Seine Bemühungen wurden mit einem Zischen aus dem Gang belohnt. Hastig eilte er zur Tür und musste hysterisch auflachen, als er sah, was er erreicht hatte.
Die Tür hatte sich geöffnet, aber nur einen Finger breit. Gerade weit genug, dass er in die Kajüte blicken und das halb aufgegessene Mittagessen seines ersten Offiziers sehen konnte. Der Anblick der durch den Raum schwebenden Speisen ließ seinen Magen erneut knurren. Was er mittlerweile mehr begehrte, als das Essen, war der Inhalt der gläsernen Karaffe.
Flock versuchte krampfhaft, sich zu beruhigen und einen Weg zu finden, die Tür zu öffnen. Nicht vollständig, nein. Es reichte auch, wenn er seinen Arm hindurchzwängen konnte. Er versuchte, seine Finger in den Schlitz zu stecken und die Tür aufzustemmen. Nach mehreren vergeblichen Versuchen gab er es auf. Ihm war nach Weinen zu mute. Am liebsten hätte er sich einfach in einer Ecke zusammengekauert.
„Verfluchte Tür!“, brüllte er das herzlose Stück Metall an.
Dann stieß er sich von der Wand ab und flog zur Brücke zurück. Dort ließ er sich alle möglichen Pläne durch den Kopf gehen, bis er einschlief.
Als Flock aufwachte, war der Hunger stärker und sein Mund ausgetrocknet. Mit dem Eifer eines Verzweifelten machte er sich ans Werk.
Es dauerte fast einen ganzen Tag, bis er ein Panel gelöst und ein Stück von einer Leitung abgeschraubt hatte. Ohne jegliches Werkzeug war er nur auf seine Hände angewiesen. Flock beachtete die Schmerzen und das ganze Blut gar nicht. Er hatte jetzt eine Möglichkeit, die Tür aufzustemmen. Mit einem Freudenschrei eilte er zur Kajüte. Er war so von dem Gedanken an das, was in der Kajüte des ersten Offiziers schwebte, beschäftigt, dass er den Schatten, der an seinem Schiff vorbeizog gar nicht bemerkte. Wie auch den leichten Ruck, der durch die Stolz Hyperias ging.
Mit einiger Mühe stemmte er die Tür gerade so weit auf, dass er sich hineinquetschen konnte. Gierig schnappte er nach der Karaffe und nach einem Stück Brot. Flock biss ein großes Stück vom Brot ab und spülte ihn mit Wasser runter. Das Brot war mittlerweile hart, aber ihm kam es leckerer vor, als alles, was er bisher gegessen hatte. Er hatte sich über die seltsame Angewohnheit seines Offiziers, nur Wasser zu trinken, lustig gemacht, aber jetzt meinte er, ihn zu verstehen. Flock konnte sich nicht erinnern, jemals etwas dermaßen köstliches getrunken zu haben. Er stopfte sich weiter voll, als seltsame Geräusche in seinem Rücken ihn auffahren ließen.
Langsam drehte Flock sich um und glotzte die Gestalt, die im Türrahmen stand, an. Sie war groß, so groß, dass sie sich bücken musste, um in die Kajüte zu schauen. Außerdem trug sie eine Art Raumanzug und darüber eine violette Robe, die mit funkelnden Juwelen bestickt war. Ein Helm verdeckte ihr Gesicht und die beiden roten Linsen schienen ihn böse anzufunkeln.
„Das ist mein Essen!“, stammelte Flock mit vollem Mund. „DAS IST MEIN ESSEN!“, wiederholte er es und schrie diesmal, so dass Brotkrümel aus seinem Mund flogen. Dabei drückte er das Wasser und das Brot fest an sich.
Die Gestalt streckte den Arm aus und Flock entspannte sich schlagartig. Er war so entspannt, dass er keinen Muskel rühren konnte. Langsam schwebte er zur Decke empor.
Das muss ein Fiebertraum sein, dachte er, als er die Augen schloss.
Als Flock wieder zu sich kam, wusste er zunächst nicht, wo er sich befand. Er lag ausgestreckt auf dem Boden eines ansonsten leeren Raumes. Die Wände waren weiß und von irgendwoher kam licht, aber er sah keine Lampe. Erstaunt stellte er fest, dass er noch immer die Karaffe und das Stück Brot in seinen Händen hielt. Als er sich aufrichtete und umdrehte, ließ er seine hart erkämpfte Verpflegung fallen. Hinter ihm lag ein Tablett auf dem Boden. Auf ihm stand ein Teller mit etwas, das wie ein Kuchen aussah und eine Flasche mit einer milchigen Flüssigkeit. Ohne einen Gedanken an etwas anderes zu verschwenden, stürzte Flock sich auf das Essen. Es schmeckte ungewöhnlich, aber unglaublich gut. Als Flock gerade die letzten Krümel des Kuchens vom Teller las, ertönte ein Glockenschlag hinter ihm. Er drehte sich um, und sah, dass eine Tür sich geöffnet hatte.
Auf dem Boden erschien plötzlich ein grüner Pfeil. Dann fing er an zu blinken.
„Eindeutiger kann man´s nicht sagen.“, murmelte Flock und trat in den Gang.
Ein weiterer Pfeil erschien fünf Schritt vor ihm, und dann ein anderer. Flock folgte ihnen und betrachtete staunend seine neue Umgebung.
Er ging durch einen seltsamen Gang. Er war rund und Flock fragte sich, welche Art von Lebewesen ihn benutzte. Die Türen, die hier und da vom Gang wegführten, waren ebenfalls rund. Es schien auch, als wäre das Schiff, und dass er sich auf einen Schiff befand, dessen war Flock sich sicher, aus einen Stück geformt... gegossen war. Flock konnte keine einzige Schweißnaht sehen, und auch keine Nieten oder Schrauben. Er konnte nicht einmal feststellen, aus welchem Material das Schiff war. Flock hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Das Material schien irgendwie halbdurchsichtig zu sein, aber sobald er sich nahe an eine Wand heranwagte, verschwand dieses Gefühl.
Außerdem hatte Flock das merkwürdige Gefühl, dass das Schiff lebendig sei. Wie um dieses Gefühl zu bestätigen, erschien auf einer Wand vor ihm ein dunkler Fleck. Er verdichtete sich und Strukturen wurden sichtbar. Flock war erstaunt, denn er sah gerade zu, wie aus einem dunkeln Fleck hochgothische Buchstaben wurden. Und war entsetzt, als er das Wort las. „Verschwinde!“
Ohne eine Sekunde zu verschwenden, eilte Flock den Pfeilen hinterher.
Die Pfeile führten ihn durch die scheinbar endlosen Gänge zu eiern Tür, die sich äußerlich nicht von den anderen unterschied. Flock hatte auf dem ganzen Wege niemanden gesehen und auch nichts gehört. Alles schien wie ausgestorben zu sein.
„Und was jetzt?“, fragte Flock, ohne eine wirklich Antwort zu erwarten.
Anstelle einer Antwort glitt die Tür geräuschlos auf und Flock trat zögernd in den Raum dahinter.
Er wusste sofort, dass es die Brücke des Schiffes war. Obwohl hier alles fremdartig war, erkannte er es. Die großen Panoramafester verrieten es ebenso wie die seltsamen Konsolen und die Anordnung der Sessel. Nur war dieser Raum, in dem auf jedem andern Schiff rege Betriebsamkeit herrschen würde, erstaunlicherweise leer. Leer, bis auf einen Sessel in der Mitte.
In ihm saß jemand, der die selben Sachen trug, wie der Eindringling, der Flock gefangen genommen hatte. Diesmal hatte er jedoch seinen Helm abgenommen und ein zartes Gesicht mit mandelförmigen, dunkeln Augen und spitz zulaufenden Ohren enthüllt. Flock und der seltsame Humanoide blickten sich mehrere Sekunden schweigend an.
„Ich weiß du bist! Du bist ein Eldar!“, entfuhr es Flock schließlich.
„Erstaunlich, ein Chem-Pan-Sey mit Bildung.“, sagte der Eldar. Er schien erheitert zu sein. „Mit wem habe ich die... Ehre?“, spöttelte er weiter.
„Ich bin... Anastasius Flock. Kapitän... ehemaliger Kapitän der Stolz Hyperias.“, stellte Flock sich vor.
„Erstaunlich, gleich ein Kapitän...“
„Und wer seid ihr?“
„Es genügt, wenn ihr wisst, dass ich Betherion heiße und ebenfalls... Kapitän bin.“, antwortete der Eldar und betrachtete Flock amüsiert.
„Und was wollt ihr von mir?“
Nach dieser Frage wurde Betherion wieder ernst. Er betrachte Flock eingehend und sprach erst nach einiger Zeit wieder.
„Ich wollte einen von euch aus der Nähe sehen. Jahrhundertelang habe ich euch bekämpft aber noch keinen von euch gesehen.“
„Und, gefällt dir, was du siehst?“, fragte Flock gereizt. Ihm fiel plötzlich ein altes Sprichwort über die Eldar ein: „Frage nie einen Eldar, denn er wird dir drei Antworten geben, von denen jede wahr und entsetzlich ist.“
„Nein, aber du entsprichst meinen Vorstellungen und dem, was ich gehört habe. Schmutzig, stinkend, ungepflegt, dreist und haarig, das bist du.“
Flock blickte an sich herab und sah sein zerrissenes Overall und seine blutigen Hände.
„Wenn dein Schiff von Piraten zerstört wird, wirst du kaum besser aussehen!“, gab er trotzig zurück.
„Ah, du meinst, es liegt an den Umständen! Nun, ich werde dir Zeit und Gelegenheit geben, mich eines Besseren zu belehren.“, sagte Betherion und wandte sich ab.
Vor Flocks Füßen erschein wieder ein Pfeil. Doch diesmal war er gekrümmt und deutete unmissverständlich auf die Tür.
Wieder ein mal folgte Flock den Pfeilen. Diesmal brachten sie ihn in einen Raum mit einem Waschbecken. Lauter Gegenstände von der Stolz lagen auf einem Haufen neben dem Becken. Flock fand seine Paradeuniform und ach seinen Rasierer. Am meisten freute er sich jedoch über die Pflaster und die Salbe, mit der er seine Hände behandeln konnte. Sie fingen wieder an zu schmerzen.
Nach einiger Zeit betrachtete Flock sich im Spiegel und stellte fest, dass er doch eine imposante Figur machte. Er hatte sich gewaschen, rasiert und seine Hände verarztet. Außerdem war er froh, dass seine dunkelblaue Uniform mit den goldenen Epauletten ihm noch passte.
Soll dieses Alien jetzt mal seine Witze machen, dachte er zufrieden.
Kaum hatte er den Gedanken zu Ende geführt, erklang wieder der vertraute Gongschlag und ein Pfeil erschien vor seinen Füßen.
Diesmal brachten ihr die Pfeile zu einem Aufzug und schließlich wieder bis vor eine Tür. Einmal war Flock sich sicher, flüsternde Stimmen gehört zu haben.
„Verschwinde, Mörder!“, hatten sie geflüstert. Als er sich aber umgedreht hatte, war niemand da.
Langsam wurde ihm das Schiff immer unheimlicher.
Die Tür glitt auf und er betrat einen prächtig ausgestatteten Raum. An den Wänden hingen Gemälde, die farbenprächtige Landschaften darstellten und Leuchtkristalle tauchten den Raum in ein angenehmes Licht. Ein großer Tisch nahm die Mitte des Raumes ein.
Betherion saß an seinem Ende und deutete Flock, sich hinzusetzen.
„Ja, doch, schon eine ganze Spur kultivierter.“, kommentierte er Flocks Aufmachung.
Flock setzte sich und betrachtete unsicher die Speisen, die vor ihm aufgereiht standen. Zweifelnd nahm er eine kunstvolle Gabel, und da Betherion ebenfalls aß, probierte er es einfach. Er wusste nicht, was er aß, aber es schmeckte ihm.
„Wie ich sehe, platzt mein Gast gleich vor lauter Fragen. Stellt sie, und ich werde mein Bestes tun.“
Flock nahm an, dass man keine großartigen psionischen Fähigkeiten brauchte, um dies zu bemerken. Aber er nahm Betehrions Angebot an.
„Seid ihr alleine auf diesem Schiff?“, fragte er gerade heraus.
„Nein und ja, je nach dem, wie ihr es seht.“
„Und wie macht ihr das alles allein?“, fragte Flock weiter, ohne auf die seltsame Antwort Betherions einzugehen.
„Das will ich dir erzählen. Nimm ein Glas Wein, denn es wird eine lange Geschichte. Mein Schiff ist alt, sehr alt. Ich befehlige es seit über sechs Hundert Jahren und ich bin der achte Kapitän dieses Schiffes. Dir wird vielleicht das seltsame Material aufgefallen sein, aus dem es besteht. Man nennt es Phantomkristall. Wenn ein Eldar stirbt, dann geht seine Seele in das Schiff ein. Dieses Schiff lebt also auf seine Art. Als ich angefangen habe, war es voll. Volle Besatzungsmitglieder, Kameraden, Freunde. Aber das ist lange her. Jetzt bin ich hier alleine. Und doch bin ich von ihnen umgeben. Sie wandern durch die Wände und Decks und im Kampf nehmen sie ihre Posten ein.“
„Dann waren es ihre Geister, die ich gehört habe!“, stieß Flock ungläubig hervor. Noch nie hatte er so etwas Unglaubliches gehört.
„Das kann durchaus sein. Was habe sie denn gesagt?“
„Verschwinde habe sie gesagt.“
„Tja, nicht alle hier sind dir wohlgesonnen. Viele habe durch deine Rasse Freunde und Familienmitglieder verloren und sogar ihr eigenes Leben. Aber du brachst keine Angst zu haben. Ohne meinen Befehl werden sie dir nichts tun.“
Flock fand, dass es nicht gerade beruhigend klang. Er hörte wieder dieses seltsame Murmeln und drehte sich um.
Entsetzt fuhr er hoch, als er sah, was sich hinter ihm abspielte. Durchsichtige Gestalten schwebten in den Wänden. Es waren Schemen von Eldar. Vollkommen klar sah er ihre durchsichtigen Gesichter. Manche blickten ihn neugierig an, andere gelangweilt oder angeekelt. Doch am meisten jagten ihm die Angst ein, die ihn voller Zorn und Hass anstarrten.
„Keine Angst...“, versuchte Betherion ihn zu beruhigen, hatte aber keinen Erfolg.
„Wie könnt ihr so etwas nur aushalten?! Lass mich hier raus!“, schrie Flock mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen.
Mittlerweile waren auch Gesichter im Boden aufgetaucht. Flock sprang entsetzt zur Seite und rannte auf die Tür zu. Schreien verschwand er im Gang.
Betherion fand ihn wimmernd und zusammengekauert in einer Sackgasse. Die Seelen der Eldar umgaben ihn noch immer und Betherion fiel auf, dass das Haar des Menschen vollständig grau war.
„Bitte, lasst mich gehen!“, jammerte Flock.
„Wohin willst du gehen? Wir sind noch recht weit von einer euerer Welten entfernt?“, fragte Betherion ihn.
Aber Flock wollte keine Ruhe geben. Er flehte den Eldar auf Knien an. Als Betherion das Gejammer nicht mehr ertragen konnte, brachte er Flock zu einer Rettungskapsel und sah ihr lange durch ein Bullauge nach, während sie in die Schwärze des Alls davon trudelte. Er verstand nicht, warum die Seelen seiner Freunde so aufgebracht waren. Er musste noch ein Wörtchen mit ihnen reden. Aber wenn die Chem-Pan-Sey Angst vor so etwas Gewöhnlichem wie den Seelen Verstorbener hatten, hat man nicht übertrieben, als man ihm vom erschreckend niedrigen Entwicklungsstand der Menschen berichtet hatte.