40k Chronisten-Servitor SDI67913ADM12-ZH

icanhearthebeat

Testspieler
18. April 2010
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Vor kurzem habe etwas in der Vergangenheit gestöbert und diese Geschichte gefunden, die ich vor vielen Jahren geschrieben und damals auch in einem anderen Forum gepostet hatte. Jetzt habe ich mich dazu enschlossen sie hier erneut, leicht überarbeitet, zu posten. Mich würden eure Meinungen sehr interessieren, vor allem darüber ob Geschichten dieser Art ins WH40K Universum passen oder vllt. sogar erwünscht sind. ^_^
(Wer das ganze schonmal auf warhammer.40000.net gelesen hat möge mir bitte verzeihen😉, aber wie gesagt, habs überarbeitet.)
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In den dunklen Kerkern des Administratums des Departmento Munitorum schrieb Chronisten-Servitor SDI67913ADM12-ZH seine Berichte. Einsam und verlassen sichtete er Material, lauschte aufgezeichneten Gesprächen über Funk, Videoübertragungen und Schriften der Imperialen Armee. Lange vergangene Bilder huschten vor seinen Augen umher. Menschen, die vor vielen Jahrhunderten lebten und starben waren alles was der Servitors sah und abgesehen von den Technikern die ihn alle 5 Jahre warteten, war er allein.

Wenn seine Programme ihm anzeigten, genug Material zu einem Vorfall aufbereitet zu haben, dann schickte SDI67913ADM12-ZH das gesammelte Werk zu Servitor SDI67913ADM11-JX, der es erneut katalogisierte, mit bisherigen Fällen verglich und gegebenenfalls zusammenführte, um zu vermeiden das in Zukunft derselbe Vorfall zweimal behandelt wird. SDI67913ADM11-JX schickte seine Berichte zu SDI67913ADM10-MA, der wieder derselben Tätigkeit nachging, und den Bericht mit anderen Vorfällen abglich. Nach über 10 weiteren Servitoren würde der Bericht bei einem lebenden Menschen landen, der ihn abzeichnen und zu den Akten legen würde. Sinn und Zweck dieser Schriften waren es, Verschwender der Ausrüstung des Munitorums ausfindig zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen.
SDI67913ADM12-ZH sah gerade das Verzerrte Bild einer Frau, einer jungen Soldatin vor seinem Bildschirm flackern. Die Nachricht wurde +++5134545M41+++ aufgenommen. Es war ein Hilferuf. Sie bat um Verstärkung, um mehr Munition und um Medizinische Versorgung für Ihre Truppen. Sie hatte Tränen in den Augen, denn sie wusste das ihr flehen vergebens war. Die Nachricht war 400 Jahre alt. Es würde keine Hilfe kommen...
Servitor SDI67913ADM12-ZH sah solche Bilder jeden Tag, Hilferufe von Kommandeuren die auf unerwartet starken Widerstand gestoßen war und so ihre Rationen an Menschen, Munition und sonstigen Gütern ausserplanmäßig überschritten. Sogar Gouverneure ganzer Planeten, die voller Verzweiflung ihre Trauer oder ihren Hass gegen das Munitorum richteten, das messerwetzenden Grauen schon im Nacken.
Doch ein Servitor hat keine Gefühle, und so ließen ihn alle diese schockierenden Funde vergangener Zeiten unberührt.

Manchmal, nur manchmal, konnte sich der Servitor an etwas erinnern. Wenn SDI67913ADM12-ZH gewartet wurde, alle 5 Jahre, wenn seine bionisch verlängerten Finger von seiner Schreibmaschine gelöst wurden, wenn sein Geist sich wenige Minuten nicht mit Nachrichten aus dem All füllte, dann stiegen in ihm die Bilder aus seiner eigenen Zeit als Mensch auf. Er sah sich, Seite an Seite mit seiner Ehefrau am Traualtar in der Kapelle des Imperialen Kults auf seiner Heimatwelt. Er sah seinen Sohn in der Wiege, die Rassel in der kleinen Hand hin- und herschüttelnd, wie er größer wurde und schließlich zur Schule ging. Eines Tages erinnerte sich der Servitor sogar an seinen eigenen Namen: Jonas Glotha.
Doch stets bevor Jonas einen klaren Gedanken fassen konnte, steckte der Techniker die nadelartigen Kontakte und Versorungsschläuche wieder in Jonas geschundenen Körper, die Finger an der Schreibmaschine festgeschraubt, zu ewiger Knechtschaft gezwungen. In ständiger, hektischer und spinnengleicher Bewegung huschten seine Finger über das Tastfeld, Berichte, Kommentare, Hinweise zusammenfassend und für die nächste Instanz verarbeitend. Sein Leben war genauso Trist wie die Zellwände zwischen denen er sich befand, und wenn er in diesen Jahren die er hier unten verbrachte, auch nur 5 Sekunden lang seinen freien Willen wieder hätte haben können, er hätte sie genutzt um sich selbst zu töten. Doch die Jahre vergingen, und er hatte alles vergessen, seine Charakterzüge, seine Vorlieben, seine Abneigungen. Alles was ihm immer wieder im Kopf herumspukte war sein eigener Name, Jonas Glotha, und die Bilder von seiner Familie.

Das hochfrequente Ticken der bionischen Finger hallte durch den Kerker, wurde von den Wänden hin und hergeworfen. SDI67913ADM12-ZH schickte seinen fertigen Bericht zu SDI67913ADM11-JX, der ihn überarbeiten und weiterschicken wird, bis der Hilferuf der Kommandeurin schließlich kurz gelesen und anschließend in den Archiven des Administratums verhallen mag.
Sofort begann der Servitor mit seinem nächsten Bericht, das erste Dokument war eine Videoaufzeichnung von +++4112999M41+++. Er aktivierte die Wiedergabe und starrte mit seinen eitertriefenden Augen auf den Bildschirm. Ein junger, einst stattlicher Soldat, jedoch verwundet, erschien auf dem Display. Der Beginn der Nachricht schien im Warp verloren gegangen zu sein, denn der Mann begann den Bericht mitten im Satz.
„...Imperator möge uns treu sein. So etwas habe ich noch nie gesehen! Ich beschwöre Sie, Hohe Lords Des Departmento Munitorum, das Imperium ist großer Gefahr! Entfesseln Sie die gesamte Macht der Imperialen Armee wenn Sie können!...“ Das wird nicht geschehen. „...müssen etwas unternehmen, die Front bricht zusammen! Der Feind hat warpgeborene Alpträume auf seine Seite, unsere Ausbilder sind tot oder vermisst, wir haben beinahe keine Munition mehr...“ Hier kam der interessante Teil für den Servitor. Die Geschwindkeit mit denen seine Finger auf die Tasten einschlugen erhöhte sich um ein vielfaches, als er lange Textzeilen niederschrieb. Hier lag offenbar ein Verstoß gegen die Munitorumsvorschriften vor, es wurden in kurzer Zeit zuviele Ressourcen eingesetzt. „...verbleibe ich in der Hoffnung, dass sie meiner Bitte und Warnungen Aufmerksamkeit schenken.und weiterverfolgen. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Ende +++4112999M41+++ Rekrut Glotha. Automatische Prioritätseinstufung: gering.

Mit einem Ruck setzte das Klackern der Finger auf den Tasten aus, der letzte Anschlag noch in den dunklen Gewölben verhallend. Das erste mal in seiner Existenz stand der Servitor ausserhalb der Wartungszeiten still, völlig erstarrt, jede gebliebene körperliche Funktion auf ein Minimum reduziert. Eine Träne lief seine verkrustete Wange herunter, tropfte vom Kinn und verursachte in dem kalten, nun völlig stillen Kerker ein Echo, als das salzige Naß auf dem steinernen Boden auftraf. Ein weitere Träne bahnte sich Ihren weg über das ausdruckslose Gesicht des Servitors, der ein ersticktes Keuchen von sich gab.
Er hob seine Arme, die Finger rissen an den Nieten und Gestängen des Tastfeldes, bis diese sich bogen und in einem Regen aus metallenen Einzelteilen und Blut am Boden verteilten. Unbeholfen fuhren die zerfetzten Finger über den Bildschirm, das Gesicht des jungen Soldaten Nachzeichnend. Zuletzt ruhte der gespaltene Zeigefinger auf dem Namen des Rekruten, der immer noch in der unteren Ecke angezeigt wurde. Rekrut Glotha. War der Mann der diesen Hilferuf abgesandt hatte Jonas Sohn? Jonas Verstand regte sich weiter in dem Servitor.

Er wälzte sich hin und her, nicht Recht begreifend, was die gerade erfahrenen Fakten zu bedeuten hatten. Er wandte sich in seinem Körper hin und her, verwirrt. Der Servitor ließ sich in sein Sitzgefäß zurückfallen, am ganzen Körper zitternd. Seine eingefallenen Augen drehten sich nach oben zur düsteren Decke, dort wo eigentlich der blaue Himmel sein müsste. Schaum trat vor seinen Mund, den er schließlich weit öffnete, alles herauswürgend was sich in seinem Magen angesammelt hatte. Ungenutzte Magensäure, künstliches Nährgut, die Ausdünstungen des leicht öligen Wassers das Servitoren in den Körper gepumpt bekommen. Jonas fing an zu schreien, sein Verstand nahm war was mit seinem Sohn geschehen war oder noch geschehen würde. Sein Gliedmaßen, Arme, Beine, Hände, lange spinnbeinartige Finger, der Kopf, alles zuckte völlig unkontrolliert in immer heftiger werdenenden Krämpfen, als sich der Servitor von seinem bionischen Gefängnis löste. Die Nachricht stammte von 4112999M41, vor zwei Monaten.
Der Servitor erhob sich in seinem Kerker. Sein Körper, nicht mehr zum gehen konzipiert, schien erst unter der Belastung zusammenzubrechen, doch wie wie von einer unsichtbaren Macht am Leben erhaltene Marionette machte Jonas einen Schritt nach dem anderen. Er spürte all die Gefühle, die so lange Verschollen waren auf sich einströmen.

Er lachte und weinte zugleich.

Jonas zog gerissene Kabel und kleinere Geräte zur Überprüfung der Köperfunktionen hinter sich her, als er seine kleine Zelle verließ, und in einen dunklen, feuchten Korridor schritt. Den Gang entlang befanden sich überall Türrahmen, hinter denen sich weitere Servitoren verbargen, die ihr tristes Leben als Sklaven des Administratums fristeten. Jonas wankte den Gang entlang, in die Richtung in der er den Ausgang vermutete.
Bilder, ob es Erinnerungen, Träume oder einfach nur Hirngespinste waren konnte er nicht feststellen, strömten auf ihn ein. Er sah seine Eltern, seine Familie, zumindest vermutete er das Sie das waren.
Er erinnerte sich an ein Haus, ein Wohnung, Bilder die dort hingen, Teppiche die ausgelegt waren. Er erinnerte sich an seine Stadt. An Kinder. Er erinnerte sich an seine Freunde, die er dort hatte. Er erinnerte sich an einen Mann, gekleidet in Stahl, der mit wahnsinnigen Augen auf ihn hinabblickte. Er wisperte: „Ich habe ein Geschenk für dich, Jonas“.
Jonas stieß einen hellen Schrei aus, wankte zurück und stürzte. Er sah wieder den Kerker vor sich, die Zellen, die Servitoren. Seine gerissenen und gebrochenen Anschlüsse bohrten sich sein Fleisch, als er mit seinem ganzen Gewicht auf dem Steinboden aufprallte. Doch er raffte sich erneut auf, hielt sich an den Wänden fest, und schlurfte den Weg entlang. Der Korridor schien endlos zu sein, eine Tür folgte der nächsten, Servitor an Servitor saßen sie da, die Luft wurde von ihrem hektischen Tippen erfüllt.

Ein dumpfer Donner in der Ferne lies Jonas erschauern. Ein weiteres Donnern folgte, aus weiter Distanz, doch deutlich zu hören. Der Klang von Stahl der auf Stahl schlug.
Jonas beschritt weiter seinen Weg und das Donnern wurde lauter, es ließ nun die Wände erzittern und Staub von der Decke rieseln, es erschwerte dem Servitor SDI67913ADM12-ZH seinen Weg zusätzlich, da es seine ohnehin weichen Knie durchschüttelte. Doch er ging weiter. Das Donnern wurde lauter, nun aus verschiedenen Richtungen, der Schalle hatte sich in den Gassen des Kerkers verfangen und wurde nun hin und hergeworfen, aus dem Donnern wurde ein Donnergrollen. Der Servitor ging weiter. Bis die Wände plötzlich verschwanden.
Jonas befand sich in einer großen, schwach beleuchteten Halle, und er sah Menschen, verängstigte in den Ecken kauernde Menschen, ausgemergelt und voller Furcht auf ein gewaltiges Tor aus festem Stahl starrend. Es schien als würde etwas von draußen gegen den Einlass zu krachen, immer und immer wieder. Es war ein zermürbendes Geräusch, das von den Wänden widerhallte und die Menschen zusammenzucken ließ. Der Servitor ging weiter durch den Raum.
Einige Menschen schienen Notiz von ihm zu nehmen, sie starrten ihn an, ungläubig, ihren Augen nicht trauend, doch keiner Stand auf. Jonas, nun ohne die Hilfe der stützenden Wände, fiel mehr als das er auf seinen Beinen lief, bis ihn ein erneutes Donnern von den Füßen fegte. Auf allen vieren kroch er weiter dem Tor entgegen, inzwischen von allen im Raum befindlichen Menschen entdeckt.
Doch keiner unternahm etwas. Alle saßen da, regungslos, die Augen starr auf den Servitor gerichtet. Glaubten sie nicht was sie sahen? War es ihnen gleichgültig, waren sie so verzweifelt? Jonas erreichte das Tor und zog sich daran hoch, doch ein erneutes Donnern stieß in zurück. Er kämpfte mit dem Gleichgewicht und seiner schwindenen Kraft, und hielt durch. Er krallte sich mit dem was von seinen Fingern übrig war am Tor ein, schwer keuchend. Am Ende seiner Kräfte betätigte er den Öffungsmechanismus. Und das Tor öffnete sich. Leise, in völliger Stille. Das riesige Portal klappte seine Flügel ein, so lautlos, dass man es nicht für möglich gehalten hätte.
Blendend helles Licht viel aus der Öffnung herein, die Menschen öffneten ihre Münder, wiegten sich vor und zurück, Tränen der Verzweiflung strömten über Ihre Gesichter, Tränen der Endgültigkeit, Tränen der Trauer.

Doch Jonas hörte nichts. Er blickte mit zusammengekniffenen Augen über die sandige, rote Wüste, über ferne, im unbarmherzigen Sonnenlicht schimmerne Berge, über die Kiesel die vor ihm auf der Straße lagen. Und auf in Stahl gekleideten Beine, die wie Säulen aus dem Boden ragten.
Jonas hob seinen Blick empor, versuchte mit seinem schwächlichen, verkrüppelten Arm seine Augen vor der Sonne zu schützen, und sah in das Gesicht eines Hühnen. Die Panzerplatten, die seinen ganzen Körper bedeckten, waren mit abstoßenden und widerlich anmutenden Runen und Symbolen beschmiert. Mit einem schiefen Lächeln und ausdruckslosen Augen sah er auf Jonas herab. „Ich habe ein Geschenk für dich, Jonas“. Der Riese beugte sich nach vorne und öffnete eine seiner gepanzerten Hände. „ Ich hab ihn für dich aufgehoben, du freust dich doch, ja?“ Er überreichte Jonas den verkrusteten, mit Blut überzogenen Kopf des Rekruten Glotha. Friedlich sah sein Gesicht aus, die Augen wurden scheinbar mit gewaltigen Fingern tief in die Höhlen gequetscht und durch seine eigenen Genitalien ersetzt, auf die mit einem heißen Gegenstand pupillenförmige Ringe gebrannt wurden. Sein Mund über dessen Lippen früher soviel Lachen kam, wurde durch viele grobe Nähte zu einem grausamen Grinsen verzerrt. Jonas wiegte den Kopf seines Sohnes in den Armen, während sich der gepanzerte Gigant umwandte, und von dannen Schritt. Servitor SDI67913ADM12-ZH drehte sich um, ging zurück in die Halle, während sich das Tor hinter ihm wieder schloss. Dieses mal jedoch mit Motorentosen und schrecklich lautem Quietschen der überdimensionalen Scharniere.
Er ließ sich zu Boden fallen, sein Geschenk fest umklammert. Alle Menschen waren weg, verschwunden, als wären sie nur Schatten gewesen, die sich bei genauerer Betrachtung als Täuschung der Sinne herausstellen.
 
Die Geschichte gefällt mir irgendwie, auch wenn sie schwer zu interpretieren ist. Alles sehr surreal. Man könnte jetzt denken, dass der Servitor schon lange ohne es zu wissen für das Chaos arbeitet (vielleicht in einer gefallenen Bastion) und diese Erinnerung einfach ein Spaß ist den sich einer der Gefallenen mit ihm gegönnt hat. Aber ganz klar ist es mir nicht. 😉
Ist aber schön geschrieben.