Zur falschen Zeit am falschen Ort
Gormak fluchte, würde diese Pechsträhne denn niemals enden? Sie waren gerade dabei, einen Rotbuchenhain zu durchqueren, noch einen Tag, dann hätte sie ihre Heimat wieder. Und in dieser verlassenen Gegend auf jemanden zu treffen war an sich schon ungewöhnlich, dass diese aber auch noch die einzige Furt weit und breit versperrten, war schon fast ein schlechter Scherz von Gork und Mork. Hinzu kam noch, dass die Lagernden ausgerechnet Zwerge waren, Gormak hasste die Angehörigen des kleinen Volkes abgrundtief, hatte aber aufgrund früherer Erlebnisse auch einen gehörigen Respekt vor ihren Kampffertigkeiten entwickelt. In seiner desolaten Verfassung konnte er sich auch nicht wirklich mit ihnen abgeben, geschwächt und ausgelaugt, wie er war, musste es halt die gute alte Gewalt regeln. Seine restlichen Kräfte würde er benötigen, um mit Emporkömmlingen im Orkterritorium fertig zu werden, damit er sich ohne unerwünschte Störungen ausruhen und seine Kräfte regenerieren konnte.
„Wo hast du Winzlinge gesehen“, fragte Kringor und beäugte misstrauisch den umliegenden Wald, um verborgene Gegner zu entdecken. Noch immer hatte der Ork sich nicht an die Fähigkeiten des Schamanen gewöhnt, zu denen unter anderem gehörte, seinen Geist von seinem Körper zu trennen und so sein Auge über die nähere Umgebung schweifen zu lassen. „Sie lagern unten am Fluss und versperren uns die Furt über den Gelbhornfluss“, lautete die Antwort des Schamanen.
Bereits während der letzten Worte von Gormak leuchteten die Augen des gekränkten Waaghbosses auf, er ergriff sein Schwert und sprang auf. Mit einem gewaltigen Schrei stürmte der Ork durch das Dickicht und war verschwunden, bevor die anderen Orks die Situation auch nur ansatzweise begriffen hatten. „Zeit für einen Kampf“, zischte flüsternd der sichtlich genervte Schamane. Seine Worte ließen die restlichen Orks zusammenzucken, sie ergriffen ihre Waffen und sprangen hinter ihrem Boss her. „Hirnrissige Bestien, keinen Funken verstand“. Gormak seufzte tief und schlurfte durch die Bresche, die die Orks durch ihr Vordringen geschaffen hatten, in Richtung Gelbhornfluss.
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Kordal lachte herzhaft auf. Die Geschichte von den Werbungsversuchen, die Torun veranstaltet hatte um Kura als seine Gefährtin zu bekommen, waren aus Drons Mund immer noch am besten. Auch Dron schmunzelte bei dem Gedanken und wischte sich mit der Hand über den Mund um ein paar Brotkrumen aus dem Bart zu entfernen. Torun hatte der schönen Kura imponieren wollen und war einen bewachsenen Pfeiler neben ihrem Haus emporgeklettert, um ihr vor ihrem Fenster eine Liebeserklärung machen zu können. Leider war er nach dreiviertel der Strecke abgerutscht und wieder hinuntergefallen. Beim Sturz hatte er sich allerdings in einer Pflanze verfangen, sodass er nun kopfüber am Pfeiler hing und sich nicht mehr befreien konnte. Da er nicht einfach um Hilfe rufen wollte, hatte er schließlich seine Liebeserklärung Kura von hier aus vorgetragen. Diese war allerdings nicht sehr beeindruckt gewesen.
Die beiden Zwerge hatten die Furt überquert und auf der anderen Flussseite ein kleines Lagerfeuer entzündet, einen Fisch gefangen und ihn über dem Feuer gebraten. Anschließend hatten sie diesen gemeinsam mit einem Laib schwarzen Zwergenbrots verspeist. Dron lehnte sich wohl gesättigt zurück und schaute in den Himmel. Der Abend war herrlich idyllisch. Die Vögel zwitscherten, ein süßlicher Duft von blühenden Blumen konkurrierte mit dem intensiven Geruch von noch leicht nasser Erde und nassem Gras. Langsam versank die Sonne hinter dem Rotbuchenhain im Westen und hüllte die Szenerie in ein rötliche Färbung. Plötzlich zerriss ein gewaltiger Schrei den anbrechenden Abend. Von einem Moment auf den Anderen lag eine bedrückende Stille über dem kleinen Flußtal, die nur durch Krachen im Unterholz gestört wurde. Die beiden Kampfgefährten sprangen auf, ergriffen ihre Waffen und gürteten ihre Schilde und Helme. „Großes Mistvieh im Anmarsch“, fluchte Dron und deutete nickend auf den Rotbuchenhain, aus dem gerade mit einem erneuten Schrei ein riesiger Ork hervorbrach.
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Der Schamane hatte Recht behalten, dort an der Furt standen die Winzlinge! "Nur zwei an der Zahl", dachte Kringor und erhöhte sein Tempo um die Gegner auf jeden Fall als erstes zu erreichen. Dieser Triumph würde ihm ganz alleine gehören und die Schmach, die der ehemaligen Waaghbosses und nun nur noch Herrscher über einen kleinen Trupp Orks erlitten hatte, zumindest kurzzeitig verdrängen.
Schulter an Schulter standen Kordal und Dron und erwarteten den Angriff der Orks. Kordal übernahm den rechten Platz. Als älterer und erfahrenerer Krieger war er so in der Lage, mit seinem Schild die Waffenseite von Dron im Notfall mit zu schützen. Nach dem riesigen Ork war noch eine Gruppe aus mehreren kleineren Exemplare dieser verabscheuungswürdigen Gattung aus dem Wäldchen aufgetaucht und den beiden Angehörigen des kleinen Volkes war klar, dass sie nicht lange Seite an Seite kämpfen können würden. Gegen eine solche Übermacht würden sie früher oder später Rücken an Rücken kämpfen und sich so gegenseitig decken müssen. Noch aber stürzte der große Ork weit vor den Anderen alleine auf sie zu, sodass sie zu Beginn sogar in der Überzahl sein würden.
Mit grimmigem Blick, den Kopf leicht gesenkt erwarteten sie ihre Gegner, als ein weiterer, scheinbar uralter Ork, gestützt auf einen knorrigen Eibenstab aus dem Wald auftauchte. „Auch noch ein Magier!?“, war Drons Gedanke, doch für weitere Überlegungen war keine Zeit, denn der riesige Ork war heran.
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„Zu schnell, viel zu schnell“, fuhr es Gormak durch den Kopf. Warum nur war ein solch großartiger Krieger wie Kringor nur mit dem Hirn eines Spatzen ausgestattet! Der Boss würde die Zwerge mit einem Vorsprung von mehr als 100 Schritten erreichen und statt die Gegner aus einer Überzahl heraus zu überwältigen, würde er sich zunächst einmal in Unterzahl befinden, bevor die anderen Orks in das Kampfgeschehen eingreifen konnten. Während dieser Phase waren die disziplinierten und gut geschulten Zwerge durchaus eine Gefahr für Kringor.
Gormak sah es schon vor seinen Augen, kurz bevor Kringor seine Gegner erreichen würde, würden diese auseinanderweichen und den ehemaligen Waaghboss daraufhin in die Zange nehmen können. Von beiden Seiten attackierend waren sie in der Lage, dem Ork schwere Wunden zufügen, da dieser nicht alle ihre Attacken abwehren konnte.
Gormak bedauerte Kringor für seine geistige Primitivität, ohne dieses Handicap hätter er es unter seiner Führung vielleicht weit bringen können. Dann aber entfuhr dem Schamanen ein anerkennender Pfiff. Vielleicht konnte die Primitivität Kringors am heutigen Tage wieder einmal durch seine selbst für Orks enorme Brutalität und Wildheit ausgeglichen werden!
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Kordal verspürte einen stechenden Schmerz in seiner linken Schulter, ein harter Aufprall presste alle Luft aus seinen Lungen und er ging zu Boden. „Was war passiert?“ In dem Moment, in dem Dron und er auseinanderweichen wollten, hatte die tiefstehende Sonne die beiden Krieger kurzzeitig geblendet und der Ork musste mit dem Schwert voran in sie hinein gesprungen sein. Schnell rappelte sich Kordal auf, durch seinen Sprung war auch der Ork aus dem Gleichgewicht geraten, sodass er keinen unmittelbaren Nutzen aus dem zu Boden gehen Kordals nutzen konnte. Aber auch so standen die Dinge nicht gerade günstig für den älteren der beiden Zwerge, seine Verletzung an der Schulter sorgte dafür, dass er seinen Schildarm nicht mehr benutzen konnte und dieser nur nutzlos herumhing. Bevor sich Kordal wirklich orientieren konnte, war der Ork, der schneller wieder auf den Beinen gewesen war, schon wieder über ihm. Mit brutalen Schlägen trieb Kringor Kordal vor sich her und drängte ihn immer weiter zurück.
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„Hah“, schrie Kringor aus voller Kehle, wie würde dieser Sprung an den Lagerfeuern umgehen! Er würde wieder der Held der Geschichten sein, wie früher! Vorher aber gab es noch Messerarbeit zu erledigen. Immer wieder fuhr sein Schwert auf den, wie Kringor nun bemerkte, erstaunlich großen Zwergenkrieger hinab. Immer wieder zielte er auf die linke Seite des Zwerges, da diese nach der Verletzung für diesen schwerer zu verteidigen war. Der nutzlos herumhängende Arm mit dem daran geschnallten Schild war nun eher hinderlich für Verteidigungsmanöver des Zwerges. Doch irgendwie schaffte es der Zwerg immer wieder, seinen Hammer zwischen das Orkschwert und sein Ziel zu bringen und die Schläge zu parieren.
Der ehemalige Waaghboss war überrascht, wie gut der Zwerg sich trotz seiner schweren Verletzung hielt, er war nicht so einfach zu besiegen, wie er es erwartet hatte, nachdem er die Auswirkungen seiner Sprungattacke gesehen hatte. Trotz allem bleckte Kringor siegessicher die Zähne, denn der Zwerg kam überhaupt nicht dazu, selbst in die Offensive zu gehen. Stattdessen wurde er von dem Ork beständig zurückgedrängt und ewig würde er die Attacken nicht abwehren können. Nachdem sich Kordal unter einem weiteren Hieb des Orks weggeduckt hatte, änderte der Waaghboss seine Taktik.
Zunächst sah es so aus, als ob er eine weitere Attacke auf die Schildseite des Zwerges führte, doch mitten im Hieb drehte Kringor die Attacke und zielte nun auf den Hals seines Gegners. Kringor genoss die Veränderung im Blick seines Gegners, als dieser realisierte, dass er diesen Schlag nicht würde parieren können. Plötzlich jedoch brandete siedend heißer Schmerz in der linken Flanke des Orks auf, der diesen zu einer reflexartigen Drehbewegung veranlasste und seine Attacke fehlgehen ließ.
„Verdammt der andere Zw…“, weiter kam der Gedanke von Kringor nicht mehr, denn Kordal nutzte die einzige Möglichkeit, die er vielleicht je in diesem Kampf bekommen würde. Er wandelte den Schwung seiner angesetzten Parade ansatzlos in eine Attacke um. Diese lies er mit aller Kraft gegen die Schläfe des Orks krachen. Der Hammerkopf schlug mit brachialer Gewalt gegen den Schädel des Waaghbosses und beendete dessen Existenz augenblicklich.
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Gormak fühlte sich unangenehm an die vergangenen Tage erinnert. Schon wieder startete etwas eigentlich gut und endete schlussendlich doch in einem Desaster. Durch den Sprung hatte Kringor die beiden Zwergenkrieger getrennt und zusätzlich sogar dem größeren der beiden eine schwere Wunde zugefügt, die seinen Schildarm nutzlos machte. Danach hatte der Waaghboss sofort damit begonnen, den verletzten Zwerg weiter zurückzudrängen, doch irgendwie hatte es der Zwerg geschafft, alle Attacken des Waaghbosses, egal wie mächtig sie auch waren, zu parieren.
Dann hatte Kringor die Deckung des Zwerges schließlich doch durchbrochen, doch der Zwerg hatte es geschafft, den tödlichen Hieb lange genug hinauszuzögern. Denn der Hieb, der die Deckung durchdrungen hätte, wurde nie vollendet, da der kleinere der beiden Zwerge seine massige Figur Lügen gestraft und im entscheidenden Moment in den Kampf eingegriffen hatte.
Die Folgen dieses Eingreifens waren verheerend, der mächtige ehemalige Waaghboss Kringor war nicht mehr. Er lag tot am Boden und der Vormarsch der restlichen Orks kam ins Stocken, da ihr Champion von den beiden Zwergenkriegern besiegt wurde. Nicht umsonst hatten die Zwerge bei den Orks einen gefürchteten Ruf. Denn ihre kämpferischen Fähigkeiten waren ähnlich hoch wie die der Orks und die Disziplin, mit der sie zu Werke gingen, verschaffte ihnen einen Vorteil, der durch die Eigenschaften der Orks nur selten ausgeglichen werden konnten. Brutalität und Wildheit reichten meist nicht aus, Überzahl war oft vonnöten Defensivformationen von Zwergen aufzubrechen.
Um die Situation nicht vollends entgleiten zu lassen sandte Gormak einen telepathischen Befehl an einen der übriggebliebenen Orks, deren Vormarsch mittlerweile völlig zum Stehen gekommen war. Der Befehl erreichte Guznak, dem größten der übriggebliebenen Orks. Zwar war er groß, doch war er von sehr schmaler Statur und bei seinen Kollegen eher als feiger und schlechter Kämpfer, denn als ein Vorbild angesehen. Mittels des telepathischen Befehls ließ Gormak Guznak mit einem Kampfschrei auf den Lippen vorwärtsstürmen.
Der gewünschte Effekt trat ein, als der vermeintlich schwächste Ork mutig auf die Mörder des Waaghbosses zustürmte wollte keiner der übrigen Orks hinter diesem zurückbleiben und es geriet Bewegung in diese. Brüllend nahmen sie ihren Vormarsch auf die Zwerge wieder aufnahmen. Der Vormarsch der Orks wälzte sich auf die beiden Zwerge zu und ging auch dann mit unverminderter Geschwindigkeit weiter, als Guznak schon lange verwirrt stehengeblieben war und sich über seinen plötzlichen Ausbruch von Tapferkeit selbst wunderte.
Die kurze Verzögerung im Vormarsch der Orks hatten die Zwerge genutzt, um den Schild Kordals von dessen Arm loszuschneiden, da er an einem verletzten Arm mehr hinderlich als von Vorteil war. Sie positionierten sich Rücken an Rücken und deckten sich gegenseitig gegen die sie umkreisenden Orks. „Neun Orks gegen zwei Zwerge, davon einer schon so stark verletzt, dass er entscheidend behindert wurde, sollten wohl reichen“, lächelte Gormak in sich hinein.
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Dron und Kordal hatten keine Zeit, ihren Sieg über den riesigen Ork zu feiern. Zunächst hatte es so ausgesehen, als ob die restlichen Orks der Mut verlassen würde, doch dann war einer der ihren alleine vorgestürmt. Dem Vorbild folgend waren auch die anderen Orks vorgeprescht und hatten ihn schließlich sogar überholt. Dron meinte ein kurzes, grünes Aufleuchten um den alten Ork am Waldrand bemerkt zu haben. Ein Blick zu Kordal bestätige ihm, dass dieser das Leuchten ebenfalls bemerkt hatte.
Die Verletzung von Kordal sah übel aus, eine tiefe, gezackte Wunde, doch Dron wusste, dass sie seinen Ziehvater nicht wirklich behindern würde. Der Schild war vom Arm entfernt und Kordal hatte schon immer eine Kampfweise bevorzugt, bei der der Schild nur selten zum Einsatz kam. Stattdessen wehrte Kordal alle Attacken normalerweise mit dem Hammer ab und nutzte den Schild nur für überraschende Schlagattacken oder als letzten Ausweg für eine Parade. Mit einem schnellen Ausfallschritt nach vorne schob sich Kordal in Reichweite zu einem Ork und ließ den Hammer herabsausen. Sein Hieb schmetterte das zur Abwehr erhobene Schwert zur Seite und traf hart den Brustkorb der grünhäutigen Kreatur. Ein Knacken durchzog die Stille, die noch immer herrschte, da die Geräusche des Waldes noch nicht zurückgekommen waren und der Ork brach wie vom Blitz getroffen zusammen.
Sofort sprang Kordal zurück, um wieder die Rückendeckung von Dron zu erlangen. Dieser wehrte währenddessen eine Attacke eines Orks mit dem Schild ab, der auf die rechte Seite von Kordal gezielt hatte. Seine Hippe fuhr hinab und traf den Arm der Kreatur, riss ihn auf und ließ sie mit einem Aufschrei nach hinten springen. Statt ihr nachzusetzen handelte Dron so, wie er es jahrelang beigebracht bekommen hatte. Er positionierte sich mit dem Rücken zu Kordal, denn ohne Rückendeckung wäre der Kampf bei einer solchen Übermacht aussichtlos.
Die verbliebenen Orks umkreisten die beiden Zwerge lauernd und warfen sich auf ein gebrülltes Kommando von allen Seiten auf sie. Ein kurzes, heftiges Handgemenge entbrannte, bevor sich die Orks wieder auf einen Abstand von drei bis vier Metern vor den tödlichen Waffen der beiden Zwerge zurückzogen.
Zwei weitere Orks hatten ihr Leben gelassen, doch auch die Zwerge waren mit einem zersplitterten Schild, sowie einer tiefen Armwunde bei Dron und einer Schnittwunde am Bein bei Kordal nicht ohne Schaden geblieben. Dron schickte ein Dankgebet zu den Grimnir, da die Rüstungen der Zwerge bei drei weiteren Treffern die kleinen Krieger vor Schaden bewahrt hatten. Doch reine Defensive würde sie hier nicht retten, sie mussten aktiv bleiben.
Da nutzlos geworden, schleuderte Dron kurzerhand den unteren Rest seines Schildes dem Ork zu seiner linken unter den Kiefer, der unter dem Geschoss brach. Die eigentliche Attacke führe Dron aber gegen den Ork zu seiner rechten, die Hippe zweihändig packend wischte er der Deckung des Orks beiseite und riss ihm mit dem Dorn die Kehle auf. Dieser griff sich nach dem Hals und versuchte ohne Erfolg die Blutung zu unterdrücken. Nach der Attacke sprang Dron zurück zu seinem Waffenbruder und Ziehvater Kordal, der ebenfalls mit einer überraschenden Attacke gegen einen der Orks, diesen ausgeschaltet. Die Strafe für dieUnaufmerksamkeit des Orks kam in Form eines Hammerkopfes über ihn, der seinen Schädel zertrümmerte.
Mit grimmigem Lächeln senkte Dron den Kopf, als er die aufkeimende Panik in den Augen der übrigen Orks erkannte. Aufmerksam drehten sich die beiden Zwerge gemeinsam im Kreis und Dron bereitete sich darauf vor, mit einem erneuten Angriff die Panik der Orks vollends zu entfesseln. Da Rücken plötzlich erklang ein lautes Knistern in seinem Rücken. Die darauffolgende Hitze ließ Dron herumfahren. Vor seinem entsetzt aufgerissenen Augen brach Kordal ohne einen Laut auszustoßen zusammen. Grüne Flammen umzüngelten seinen Ziehvater.
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„Tiron da zagha“. Gormaks Energiereserven waren so niedrig, dass er eigentlich gar keinen Kampfzauber hatte anwenden wollen, doch der Verlauf des Scharmützels machte ein Eingreifen seinerseits notwendig. Er beendete seinen Zauberspruch und beobachtete zerknirscht, wie der größere der beiden Zwerge zusammenbrach. Eigentlich hatte der Zauberspruch dem kleineren Zwerg gegolten, der größere war schon stark angeschlagen gewesen und hätte nicht notwendigerweise durch einen Zauber sterben müssen. Doch die beiden Zwerge hatten sich, ihre Gegner immer fixierend, beständig im Kreis gedreht und der größere Zwerg hatte sich in die Geschossbahn seines Zaubers bewegt. Oder hatte er sich gar absichtlich in diese hinein geworfen um seinen Kameraden zu schützen? Rückgängig zu machen war es nun eh nicht mehr und mit Vergnügen betrachtete der Schamane den Blick des kleineren Zwerg, der den Anblick des zusammenbrechenden, von Flammen umtosten Kameraden wohl bis an sein Lebensende ins Gedächtnis gebrannt bekommen hatte.
„Bis an sein Lebensende war aber wohl auch nur eine kurze Zeit“, lachte der Gormak, denn die schwankenden vier Orkkrieger, die ihn umkreisten, gewannen aufgrund der Vernichtung des einen ihrer verhassten Gegner den Mut zurück und begannen aufs Neue, den Zwerg zu attackieren. Doch vor ihren Augen vollzog sich eine Veränderung des übrig gebliebenen Gegners. Dieser schüttelte seine Ohnmacht ab, seine Augen verfinsterten sich und mit einem berserkerartigen Schrei sprang er über die verkohlten Reste seines Kameraden und hieb mit einem gewaltigem Schlag einen der verbliebenen Orkkrieger nieder.
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Als Kordal vor ihm zusammenbrach herrschte für einen Moment absolute Leere in Dron, die sich aber innerhalb von Sekunden mit einer unbeschreiblichen Wut füllte. Sie kam aus seinem Inneren und er hatte eine so starke Gefühlsregung noch nie zuvor in seinem Leben gespürt. Gleichzeitig mit der Wut setzte ein Gefühl von Macht und Vergnügen ein, als er sah, wie sein Gegner vor ihm zusammensackte. Seine Augen verengten sich und taxierten nunmehr nur noch den Orkhexer. Ohne diesen verfluchten Hexer wäre Kordal nicht gestorben, die verbliebenen Orks waren schon beinahe am fliehen gewesen, ehe der alte Ork feige in den Kampf eingriff!
Den Blick auf den Mörder seines Ziehvaters gerichtet stürmte Dron vorwärts, wie in Trance wischte er dabei eine Attacke beiseite und rammte den Dorn seiner Waffe tief in die Eingeweide des Attackierenden. Er riss die Waffe mit einem Ruck zurück, um den Dorn gewickelt verteilte er die Gedärme seines unglücklichen Opfers über die kleine Wiese, die nun endgültig alles idyllische verloren hatte, dass sie noch am frühen Abend geprägt hatte.
Erneut durchflutete Dron dieses Gefühl der Macht und das töten seiner Gegner fing an, ihm beinahe Spaß zu machen! Wieder lachte er hasserfüllt auf, als er einen weiteren Ork mit seiner Hippe erwischte, der Dorn bohrte sich tief in den Oberarm seines Gegners, der daraufhin seine Waffe fallen ließ. Dron beobachtete seinen Gegner vergnügt, wie dieser wild aufschrie, da er die Waffe im Körper des Gegners drehend schließlich aus ihm herauszog. Den Schwung der freiwerdenden Waffe nutzte Dron für eine Drehung, er ging bei dieser in die Knie und hörte ein Zischen eines Orkschwertes, welches über ihm durch die Luft fuhr. Noch ehe der Ork richtig realisierte, was geschah, rammte Dron ihm den Dorn seiner Waffe seitlich ins Knie und nachdem sein Gegenüber auf der Erde aufgeprallt war beendete er dessen Existenz, indem er ihm den Dorn durch ein Auge ins Gehirn jagte.
Der Zwerg erhob sich und drehte sich langsam und voll bedrohlicher Präsenz zu dem eben entwaffneten Ork um. Das Antlitz des Zwerges hatte sich seit dem Tod seines Ziehvaters völlig verändert. In seinen Augen loderte ein tiefliegender, alles verzehrender Hass, seine eben noch angenehmen Gesichtszüge, die sich früher häufig und gerne zu einem Lachen verzogen hatten, waren zu einer schmerzverzerrten Grimasse erstarrt. Der Zwerg hob seine Waffe an und fiel mit einem brutalen Schrei über den Ork her, der sich soeben zur Flucht wandte.
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Gormak wurde langsam nervös, nicht nur, dass sein Zauber den falschen Zwerg erwischt hatte, der andere Zwerg hatte darauf mit einer furchterregenden Verwandlung reagiert und sich in eine blutrünstige Kampfmaschine verwandelt. Zwischen Gormak und dem Berserker standen nur noch ein entwaffneter Ork und Guznak! Während er mit der Intonierung eines letzten Zauberspruchs seine restlichen magischen Kräfte sammelte, rammte der Zwerg dem entwaffneten Ork, der sich zur Flucht gewandt hatte den Dorn so tief in den Rücken, dass dieser sich verkantete. Guznak hatte mit seinem Leben schon abgeschlossen gehabt, als er sah, wie sich der Zwerg durch seine Kampfgenossen schlug, nun aber ergriff er die sich ihm bietende, einmalige Chance.
Er würde der Held sein, der den Zwergenberserker erschlagen hatte, da war sich Guznak sicher. Die Waffe des Gegners, der so unter seinen Brüdern gewütet hatte, steckte tief in dem Körper seines letzten Opfers fest und er war somit quasi unbewaffnet. Mit zwei schnellen Sprüngen überbrückte Guznak die Distanz zwischen sich und dem Zwerg, der sich weiterhin abmühte, seine Waffe aus dem Toten zu bekommen. Erst als Guznak schon neben ihm stand und mit seiner Axt ausholte, sah der Zwerg auf und dem Schlag entgegen. Doch statt eines tödlichen Treffers war der Zwerg plötzlich verschwunden und Guznak sah nur noch dessen Beine unter seinen Füßen hervorgucken. Panik überfiel Guznak, es hatte doch alles so schnell vorbei und sein Sieg sicher sein sollen! Panisch hackte er wie wild zu und erwischte das rechte Bein des Zwerges an einer Stelle, wo die Beinschienen aufeinander trafen. „Zwergenblut tut gut“, dachte Guznak zufrieden!
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Dron sah den Hieb kommen und warf sich nach vorne. Unter den O-Beinen des großen Orks hindurch landete er auf dem Bauch und langte nach Kordals Hammer, der nur eine Handbreit außerhalb seiner Reichweite, neben einem Aschehaufen, auf dem Boden lag. Er schob sich vorwärts, der Waffe entgegen, als ein Schmerz in seinem rechten Bein aufflammte. Er unterdrückte den Schmerz und umfasste mit seiner Rechten den Hammerstiehl, wirbelte herum und ließ den Kopf des Hammers seitlich gegen das rechte Knie des Orks krachen.
Wimmernd schrie der Ork auf, umfasste sein zertrümmertes Knie und ging zu Boden. Erschöpft und einer Ohnmacht nahe, gab die in ihm lodernde Wut Dron neue Kraft. Er stützte sich auf Kordals Hammer, zog sich daran hoch und kam mit verzerrtem Gesicht auf die Beine. Die Wunde im Bein schmerzte furchtbar und das Bein ließ sich kaum belasten. Den zwanzig Meter entfernt stehenden Orkhexer im Blick taumelte Dron auf das ihm verhasste Ziel zu. Die Schmerzen wurden immer unerträglicher, doch mit jedem Meter, den er näher an sein Ziel herankam wurde auch die Wut größer und gab ihm die Kraft aufrecht zu bleiben und weiterzugehen. Sein Gesichtsfeld verengte sich zu einer Tunnelansicht, die einzig den Schamanen scharf darstellte. Alle übrigen Gegenstände und Konturen verschwammen rötlich, während sich Dron Schritt um Schritt auf sein ständig vor sich hinbrabbelndes Ziel zubewegte. Sein Ziel erreichend hob Dron den Hammer seines gefallenen Kameraden. Er fühlte sich tonnenschwer an, trotzdem schwang der Zwerg ihn in einem großem Bogen über den Kopf! Bevor der Hammerkopf sein Ziel erreichte, brach Dron von grünen Flammen umhüllt zusammen.