Dragon's Dogma - (m)ein Geheimtipp

Ferox21

Tabletop-Fanatiker
18. März 2010
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Hallo auch,

schon vor einiger Zeit habe ich mir Dragon's Dogma zugelegt und da ich seitdem viel Spaß mit diesem Spiel hatte wollte ich es hier mal vorstellen. Für mich ist es auch mehr ein Geheimtipp, da es sicher nicht perfekt auf seine Art aber faszinierend ist. Also denn…



Im Lande Gransys kämpfte man vor vielen Jahren gegen einen gigantischen Drachen. Dieser wurde anscheinend bezwungen, kehrt jetzt allerdings wieder auf die Welt zurück. Sein erstes Ziel ist das Fischerdorf Kassardis. Als frischgebackener Sohn (bzw. wahlweise auch Tochter) des Städtchens stellen wir uns mit dem Mut der Verzweiflung dem Drachen entgegen - und verlieren natürlich. Dieser reißt uns prompt das Herz aus der Brust und verschwindet. Allerdings stirbt unser Hauptcharakter nicht, sondern lebt weiter. Damit ist er ein so genannter "Erweckter" (in der englischen Sprachausgabe "Arisen"), der anscheinend dazu bestimmt ist, den Drachen aufzuhalten. Noch flugs eine Basisklasse - Krieger, Bogenschütze oder Magier ausgewählt und los geht’s. Schon beim Versuch den Ort zu verlassen treffen wir auf unseren ersten Vasall (engl. Pawn). Die Vasallen sind nur augenscheinlich menschenähnlich, stammen allerdings aus der Geisterwelt des Rift und gehorchten nur den Befehlen eines Erweckten. Uns wird in einem kleinen Fort, ein paar Gehminuten von Kassardis dann auch unser Hauptvassal zur Seite gestellt. Diesen können wir wie unseren Hauptcharakter nach Belieben gestalten (ebenfalls sind beide Geschlechter möglich) und er levelt mit uns mit. Zusätzlich können wir noch zwei weitere Vasallen anheuern. Diese erhalten aber keine Erfahrungspunkte und sind dementsprechend nach einiger Zeit zu schwach für unsere Truppe, so dass wir zwei neue Vasallen an den über die Länder verstreuten Riftsteinen beschwören sollten. Der Clou an der Geschichte: Wenn man mit einer online-Verbindung spielt erhalten wir Zugriff auf die Hauptvasallen anderer Spieler, die wir aufnehmen können. Ebenso kann unser Hauptvasall dann von anderen Spielern angeworben werden. Dies sind freilich nur auf einem Server gespeicherte Kopien der Charaktere, man muss also nicht auf seinen Haptvassal verzichten. Wechselt man dann einen Spielervasall, kann man ihm auch Geschenke und ein Feedback mitgeben. Wer nicht online spielen kann oder mag bekommt natürlich auch vorgefertigte Vasallen auf seinem Levelbereich angeboten. Ach ja, man kann auch höherstufige Vasallen anwerben als man selber ist, aber das kostet dann Riftpunkte, die man nur ab und an in Kämpfen erwirbt - oder durch das Ausleihen des eigenen Vasalls bekommt.

Die Hintergrundgeschichte ist leider nur sehr generisch und kommt vor allem am Anfang nur schleppend in Fahrt. Das macht aber wenig, denn der Reiz des Spiels liegt gerade in seiner durchaus vorhandenen Sperrigkeit und der überzeugenden Spielwelt. Gerade am Anfang ist man doch sehr schwach auf der Brust (kein Wunder, war man doch vorher nur Fischer) und als ich an der ersten Abzweigung einem Trampelpfad ins Gebirge folgte traf ich recht schnell auf einen Gruppe von Dieben, die mich mit ein paar Schlägen auf die Bretter schickte und ich am nächsten Kontroll- bzw. Speicherpunkt neu starten musste. Speichern ist übrigens fast überall und jederzeit möglich, Kontrollpunkte sind seltener. Also wird erst mal der Hauptquest gefolgt und am Ende kam ich mehr tot als lebendig in der Hauptstadt Grand Soren an. Dort kann man dann im Gasthaus auch seine Klasse wechseln und neben den Erweiterungen der Basisklassen (die auch dem Hauptvasall offenstehen - Ritter, Waldläufer und Erzmagier) aus für seinen Hauptcharakter eine von 3 Mischklassen auswählen. Letzteres wären Assasine (Krieger und Bogenschütze), Mystischer Ritter (Krieger und Magier) und Magischer Bogenschütze (Bogenschütze und Magier). Außerdem kann man dort zum ersten Mal wirklich gute Ausrüstung kaufen. Ich habe denn auch bald die Hauptstory links liegen gelassen - zumal ich dort auf einen Gegner traf, der erstmal deutlich zu schwer für mich und meine Truppe war. Ich habe statt dessen die Welt erkundet und viele der üppig vorhandenen Nebenquests absolviert.

Und genau dort öffnet sich dann der Reiz des Spiels. Anfangs kommt man mit seiner 4er Gruppe noch nicht weit. Schnell trifft man auf Gegner, die einem arg zusetzen. Magier fungieren zwar auch als Heiler, aber mit jedem Treffer sind die Anzahl der maximal widerherstellbaren Lebenspunkte. Zurücksetzen kann man das nur mit einer Übernachtung im Gasthaus oder mit Heiltränken, die man finden oder in der Stadt kaufen kann. Dazu kommt noch ein sehr beeindruckender Tag- und Nachtwechsel. Wenn sich die Sonne senkt tauchen in der Nacht nicht nur stärkere Monster aus, nein, es ist auch wirklich dunkel - künstliche Beleuchtung gibt es nicht. Einzig eine Laterne kann man sich anhängen und die verbreitet nur ein schwaches Licht in der Dunkelheit. Eine absolut beängstigende Szene hatte ich als ich von der Nach überrascht wurde und sich dann nach einigen Untotenangriffen plötzlich ein Riesenhafter Zyklop im Schein der Laterne aus der Dunkelheit schälte. Die Kämpfe gegen solche riesigen Monster sind ein weiteres Highlight des Spiels, denn sie verfügen nicht nur über mehrere Energieleisten sondern sind zäh und müssen wirklich niedergerungen werden.

An der Stelle kann man mal auf das Kampfsystem eingehen. Das ist sehr actionreich, verrichtet aber seinen Dienst ohne große Macken und hat einige Besonderheiten. So können Nahkämpfer an den großen Monstern hochklettern (sofern die Ausdauer langt) und gezielt Schwachstellen attackieren. Auch sonst gibt es wenig zu meckern, für ein Action RPG ist das System wirklich gelungen. So erschließt sich einem langsam die Welt, denn mit jeden Levelaufstieg wird man stärker, kann neue Fertigkeiten erlernen (lustigerweise nur bei Gasthausbesitzern) und bessere Ausrüstung kaufen. Auch das System mit den Vasallen wird einem immer klarer. Gerade der hohe Schwierigkeitsgrad zu Anfang motiviert ungemein. Die Gegner leveln nicht mit und so kann man sich immer größere Gebiete der Welt erschließen. Kommen wir anfangs nur bis zu einer Hügelkuppe, sehen wir in der Entfernung auf einmal eine Burgruine an der Küste, die wir aber aufgrund des Zustandes unserer Gruppe heute nicht mehr erreichen können. Einige Level später schaffen wir es vielleicht zu der Ruine und treffen dort auf eine Diebesbande, die eine Quest für uns parat hat. Dieser Spielaspekt ist sehr gut gelungen, und das muss er auch sein, denn eine Schnellreisefunktion gibt es nicht. Auch keine Pferde oder andere Reittiere. Man muss immer alle Orte zu Fuß erreichen, was aber nicht langweilig daherkommt, denn die Welt ist wunderschön und abwechslungsreich gestaltet und fängt perfekt eine Mittelalterliche Welt ein. Später gibt es zwar doch noch Reisesteine, aber die führen immer nur zurück zur Hauptstadt und kosten ein kleines Vermögen. Gransys ist dabei groß genug, um glaubwürdig zu sein und das Gefühl von Größe und Weite zu vermitteln aber auch klein genug, damit beim Reisen keine Langeweile aufkommt. Dabei hat man stets das Gefühl, dass die Welt mit Liebe zum Detail gebaut wurde und nicht geschludert wurde - jetzt mal im Gegensatz zu Spielen wir Kingdoms of Amalur oder auch der Baukastenwelt einer Oblivion. Und von den optisch beeindruckenden Höhlen und Verließen habe ich bisher noch gar nicht gesprochen.

Einen Vergleich zu anderen Spielen ziehe ich nur ungern, denn Dragon's Dogma hat sehr viele interessante Neuerungen, das es eigenständig machen - das Vasallensystem oder die Actionkämpfe gegen die großen Monster. Vieles erinnert an die Souls Spiele (Dark Souls und Demon Souls), vor allem der schwierigere Einstieg und die Welt, die die Phantasie des (Rollen-)Spielers anregt und einem nicht alles vorkaut. Aber auch Elemente von Zelda (die ungefähre Größe der Welt, die Dungeons) oder der Elder Scrolls Reihe (Massen an Rüstungen und Kräutern/Tränken) lassen sich finden. Ich halte das Spiel aber für eigenständig genug und solche Vergleiche sind nur dazu da, um einem einen ungefähren Hinweis zu geben.



Mein Fazit:

Na also, endlich wieder ein Japano-RPG, das Spaß macht. Auch wenn der Stil sehr westlich ist, so kann Dragon's Dogma seine Wurzeln doch nicht verhehlen und knüpft meiner Meinung nach an die große Tradition der japanischen Rollenspiele auf dem Super Nintendo an. Ja, das Spiel ist sperrig, es erklärt wenig und die Hauptstory ist größtenteils belanglos. Aber hat man sich einmal in die Spielmechanik reingefuchst, dann entsteht ein unglaublicher Sog, der einen nicht mehr loslässt. Vor allem der Entdeckerdrang und die Phantasie werden stark angeregt - was auch daran liegt, dass die Welt mit viel Liebe zum Detail gestaltet wurde und nichts beliebig aussieht. Man bewegt sich einfach gerne durch Gransys. Es freut mich besonders, dass hier der Aspekt der Reise wieder in den Mittelpunkt gestellt wird. Gerade das scheint in vielen anderen aktuellen RPGs mittlerweile nur noch als lästige Brücke zum nächsten Schauwert zu fungieren und wird mit Schnellreisefunktionen oder ähnlichem unterbrochen.

Ich hatte auf jeden Fall mit dem ungeschliffenen Juwel Dragon's Dogma weitaus mehr Spaß als mit Skyrim - und das soll schon etwas heißen. Dennoch sind die Schwächen vorhanden und am Ende würde ich wohl "nur" eine realitische Wertung von 80-83 Prozent vergeben. Ein Geheimtipp für Rollenspielfans ist es aber definitiv.