„Chronik der Pein“
Und im achten Jahr der Pein, als die heimtückischen Eldar-Piraten das Pantrum-System heimsuchten, wurden die verzweifelten Hilferufe der Bewohner von Abuga, Sylon und Pitcarus erhört. Nachdem General Montecuccoli den Waaaghboss Hirnmatscha auf den Stufen-Makropolen von Strabor mit eigener Hand erschlug, erhörte er das Flehen der Geknechteten von Pantrum. Am siebenten Tag des vierten Monats im achten Jahr der Pein erreichte die Vorhut der 147. Armee das Pantrum-System und nahm den Kampf gegen die Eldar Heimsuchung auf. Ein Kampf, der bald zu den zähesten und blutigsten in der Geschichte der 147. Armee zählen sollte.
Der Pilot lenkt in eine harte Linkskurve die gleichzeitig in einen Sinkflug übergeht. Er schreit in sein Helmkom aber der Gefechtslärm ist so stark, dass man seine Anweisungen nicht hören kann. Instinktiv halte ich mich fest und stemme meine Beine gegen den Boden. Der Sinkflug wird immer steiler, die Valkyrie gerät in heftige Schieflage.
Ob der Pilot die Kurve falsch berechnet hat?
Alles, was nicht festgezurrt oder angebunden ist, schlittert auf dem Metallboden zur offenen Seitenluke und fällt hinaus. Zwei Behälter mit Munition für das Seitengeschütz, dessen Schütze nur noch Dank seiner Gurte nicht aus der Maschine geflogen ist. Ein Helm, dann ein Klemmbrett, dessen Blätter im Wind flattern. Das Letzte das hinausfällt, bevor der Pilot die trudelnde Valkyrie wieder stabilisieren kann, ist ein Mensch. Einer meiner Männer in voller Montur, der seinen Halt verloren hat. Arme und Beine bewegen sich verzweifelt, die Entsetzensschreie der Anderen gehen im Lärm unter. Sie richten ebenso wenig aus, wie die fruchtlosen Versuche den Mann noch zu greifen, bevor er aus der Luke fällt und für immer aus unserem Blick verschwindet. Gallas liegt an der Luke. Er hat noch versucht den Mann zu halten. Ich ziehe ihn wieder hinein und schüttle den Kopf. Er weiß genau wie ich, dass wir nichts mehr machen können.
Wir haben einen Auftrag.
Nur der zählt, und wir haben gewusst, dass es Verluste geben wird.
Wir gehen weiter runter. Ich merke es daran, wie sich mein Magen umdreht und damit auf den Sinkflug reagiert. Die Luft ist schwarz von den Rauchsäulen die sich kilometerhoch in den Himmel schrauben. Das Besatzungsmitglied an der Seitenluke hat zu feuern begonnen. Die Waffe speit einen Strom von Geschossen aus, leere Hülsen werden ausgeworfen und kullern auf dem genieteten Metallboden herum. Die Maschine verharrt in der Luft.
Das ist das Zeichen.
Die Männer erheben sich und machen ihre eigenen Waffen bereit. Alle in vollständiger Montur mit Vollvisierhelmen die sogar in der Kabine der Valkyrie keinen Blick auf die Gesichter darunter erlauben.
Es ist nicht nötig.
Ich kenne jeden von ihnen, würde ihnen jederzeit mein Leben anvertrauen. Es macht mich stolz diese handverlesenen Männer in das Gefecht zu führen.
Gardisten, so wie ich einer bin.
In einer hochwertigen Plattenrüstung, denn nur die beste Ausrüstung ist gerade gut genug.
Gardisten, die Elite der imperialen Armee.
Die Meisten tragen wie ich einen HE-Laser, der mit einem Kabel am zusätzlichen Energiemodul am Rücken verbunden ist. Einer, „Tex“, hat einen Flammenwerfer. Ein Plasmawerfer und ein kompakter, solider Granatwerfer mit einem Trommelmagazin komplettieren die Trupp-Bewaffnung. Wir haben genug Feuerkraft um ein ganzes Bataillon aufzuhalten, und wir können es! Ich lade den kleinen Grantwerfer durch, der unter dem Lauf meiner Waffe befestigt ist und nicke.
Die Valkyrie schwebt wie eine Libelle in der Luft. Wir springen ab, zwei Meter in die Tiefe. Hinter unsere Maschine kommen noch weitere Flieger desselben Typs rein. Der Rest meiner Kompanie. Von irgendwo steigen plötzlich Raketen hoch. Sie ziehen eine weiße Rauchsäule hinter sich her. Die meisten verfehlen ihre Ziele. Zwei jedoch treffen und eine Maschine explodiert in einem gleißenden Feuerball. Es regnet brennende Trümmer, ein spitzes Teil von der Größe eines Buchs verfehlt mich nur knapp.
Ich sammle meine Männer und rücke vor.
Wir rennen die Stufen hinauf. Meine Männer schwärmen hinter mir aus. Grünhäute strömen uns aus den oberen Ebenen der Makropole entgegen. Wir feuern aus vollen Rohren. Granaten und Laserstrahlen mähen die vorderste Reihe der Orks nieder, doch dahinter wartet eine unüberschaubare Masse. Wir stürmen den Orks entgegen, ich kann bereits ihr markantes, kehliges Brüllen hören. Ihr infernalischer Kriegsschrei, der zum Synonym für ihre mörderischen Raubzüge geworden ist.
WAAAGH!
So tönt es aus hunderten von Kehlen während muskulöse, gepiercte Gestalten mit grobschlächtigen Beilen aus uns zustürmen, einer Welle aus grünem Fleisch gleich. Bevor es zum Aufprall kommt, senkt sich ein Schatten über uns. Eine einzelne Valkyrie fliegt hinein, ihre Düsen wirbeln Staub auf, trennt für einen Moment die Schlachtreihen und eine Gestalt in einer glänzend polierten Schlachtrüstung springt heraus. Sie zieht eine funkelnde lange Klinge, ein Energieschwert, und geht furchtlos auf die Grünhäute zu. Ich kenne diese Waffe. Ich habe sie schon in Händen gehalten und mit ihr einen Chaos Marine erschlagen. Und ich kenne den Träger dieser ehrwürdigen Waffe. Reinhardt Montecuccoli, General der 147. Armee. Mein Vorgesetzter und mein Freund.
Ich sporne meine Männer an und renne los. Montecuccoli hat bereits Feindkontakt. Die Orks schließen einen Kreis um ihn, und stoßen einander zur Seite, um mit Montecuccoli zu kämpfen. Ich sehe die Mordlust in ihren Augen. Ich feuere meine Waffe ab und fälle zwei, drei Grünhäute mit einer konzentrierten Salve. Rote Energiestrahlen und Geschosse zischen zwischen den beiden Seiten hin und her. Etwas streift meinen Helm. Es fühlt sich an als hätte ein Titan an meinen Kopf geklopft. Ich gehe unweigerlich zu Boden und muss mit ansehen, wie ein Orks mit seiner lärmenden Bolterwaffe, die sie in ihrer Sprache „Wumme“ nennen, zwei meiner Männer fällt. Ich sehe sein hässliches Grinsen im Gesicht, wie er sich über seinen Erfolg freut, kurz bevor ihn „Tex“ mit seinem Flammenwerfer ein Ende bereitet. Gallas steht plötzlich neben mir und hilft mir auf die Beine.
Es geht weiter.
Montecuccoli hält sich immer noch.
Unglaublich! Thron der Erde, aber ich habe bisher noch niemanden so mit einem Schwert kämpfen sehen, wie meinen General!
Fast mühelos wehrt er die rohen Angriffsversuche der grobschlächtigen Orks ab. Technik und Verstand, die spielend gegen eine Welle brutaler Gewallt standhalten und ihr erfolgreich Paroli bieten. Ein Orkbulle, dessen rechter Arm durch eine krude Augmetik ersetzt wurde, wie sie nur Orks herzustellen vermögen, springt Montecuccoli an, doch der General weicht behände aus und sein Schwert fährt in einem sengenden Bogen durch den feindlichen Spalta. Er fällt in zwei Teile, genauso wie der Kopf der Grünhaut, der sich in einer sprudelnden Fontäne aus Blut vom Körper löst.
Ein Ork geht auf mich los, ein Schlachtbeil in jeder Hand, beide zum tödlichen Schlag erhoben. Ich nutze es aus und ramme ihm mein Bajonett in die Brust. Seine wutverzerrte Fratze weicht einem Ausdruck von Verwunderung. Ich feuere mein Gewehr ab damit sich das Bajonett löst. Ein schlaffer lebloser Körper fällt zu meinen Füssen. Rund um mich sind meine Männer bereits in den Nahkampf verwickelt. Der Lärm ist ohrenbetäubend, die Schüsse der Projektilwaffen, das markante Zischen der Lasergewehre, die Schreie der Verwundeten und das kehlige Brüllen der Orks. Dazwischen immer wieder unterbrochen von dem alles übertönenden Heulen und den Einschlägen der superschweren Geschütze unserer Artillerie, welche die oberen Ebenen beharkt. Ein Strategie, die Montecuccoli selbst befohlen hat. Wir sind nur der Köder, um die Orks herauszulocken. Die Artillerie erledigt den Hauptteil. Sie vernichtet die Masse der Orks, die uns entgegenströmen, während wir uns um den Rest kümmern. Eine riskante Strategie, aber sie geht auf.
Keine vier Meter entfernt sehe ich Montecuccoli zurücktaumeln. Ich schreie auf, aber mein Schrei geht im Umgebungslärm unter. Ein riesiger Ork, mehr als zwei Meter groß in einem mit kruden Kolben und Scharnieren versehenen Exo-Skelett ist aus der Masse der Grünhäute hervorgetreten. Sein Maul ist mit rostroten Eisen beschlagen, einer seiner muskulösen Arme endet in einer gewaltigen, mit vertrocknetem Blut verklebten, Energieklaue. Eine Aura der Macht und des Schreckens geht von ihm aus. Kein Zweifel, es ist der Waaaghboss. Er hat den Köder angenommen. Hirnmatscha ist sein Name und ich habe keinen Zweifel, wie er dazu gekommen ist.
Montecuccoli ist in die Defensive geraten. Er kann die ersten Hiebe der Energieklaue mit seinem Schwert abwehren. Aber der vierte Angriff durchbricht seine Verteidigung und trifft den General an der Schulter. Er beschädigt seine Schulterpanzerung. Montecuccolis Gesicht ist blass und blutleer, er ahnt sein bevorstehendes Schicksal. Das Gesicht des Orkbosses verzieht sich zu einer hämischen Fratze ob seines Triumphes. Er holt mit der Energieklaue aus um es zu beenden. Ich renne schreiend los, weiß aber, dass ich zu spät kommen werde. Dieser Schlag wird vernichtend sein. Welch launisches Schicksal uns Menschen in diesem Universum bereitet ist!
Ein Ork springt mich von der Seite an. Ich habe keine Zeit und ramme ihm meinen Gewehrkolben in das Gesicht und schlage ihm mehrer seiner Hauer aus. Doch es hilft nichts. Ich sehe wie in Zeitlupe, wie der Schlag des Waaaghbosses gegen den Kopf Montecuccolis geführt wird,- mit der Kraft einer Lokomotive. Blitzschnell, noch bevor ich es realisiert habe, sinkt Montecuccoli auf die Knie und der Hieb geht ins Leere. Das Schwert, zuvor kraftlos in seinen Händen blitzt in einem gleißenden Bogen auf. Hirnmatscha heult auf. Montecuccolis erster Schlag verbeult die Mechanik seiner rechten Hand. Ein Kolben ist zertrümmert. Der Ork kann seine Energieklaue nicht mehr verwenden. Er hebt seine linke Hand in der eine gewaltige, krude Boltpistole liegt. Sie ist so groß, dass ich Zweifel habe, ob ein Space Marine sie halten könnte.
Doch Montecuccoli ist wieder schneller. Ein zweiter Schlag trennt die Hand am Gelenk ab, die samt Boltpistole zu Boden fliegt. Schritt für Schritt weicht Hirnmatscha nun zurück während ihn Montecuccoli mit einem Hagel von Schlägen eindeckt, die so schnell kommen, dass man ihnen mit bloßem Auge nicht folgen kann. Orks aus dem Gefolge ihres Bosses wollen ihm zu Hilfe eilen, aber ich bin zur Stelle und stoppe sie mit der geballten Feuerkraft meines HE-Lasers und einer Granate, die ich in die Menge werfe. Weitere Explosionen folgen, einer meiner Männer mit einem Granatwerfer tritt neben mich und feuert unablässig Geschoss um Geschoss in die feindlichen Reihen. Von überall schwärmen plötzlich Gardisten herbei und verneigen ihre Feuerkraft mit der unseren. Wir bringen Tod und Vernichtung unter die Xenos, die es gewagt haben, einen Planeten des Imperators zu verheeren.
Ein Ruck geht durch die Orks. Ich merke es, ihre Moral ist vernichtet, die Mordlust in ihren Augen weicht der Erkenntnis, dass wir keinen von ihnen am Leben lassen werden. Ich blicke nach Montecuccoli und sehe, wie er mit dem letzten Abwärtshieb Hirnmatschas Schädel spaltet. Ich gehe zu dem wankenden Montecuccoli, der sich die Seite hält aus der Blut hervorquillt. Seine Rüstung ist zerkratzt und verbeult, wo ihn Hirnmatschas Energieklaue getroffen hat.
Es ist vorbei.
Was nun kommt, ist Aufräumarbeit. Ich stütze Montecuccoli während wir zu wartenden Valkyrie humpeln. Nach wie vor hallen die Donnerschläge unserer Artillerie, die die höheren Teile der Stufen-Makropole beharkt. Ein kerniges, krachendes Geräusch das durch Mark und Bein geht. An uns flutet die Infanterie vorbei. Nicht mehr nur meine Männer aus Vier- Vier, der vierten Kompanie der vierten autrianischen Garde. Ich sehe die Nummer auf den Schulterschützern. Es ist das Siebenundzwanzigste, ein guter Haufen. Ich kenne ihren Oberst Claudius Graf Valiori von den Einsatzbesprechungen. Ich sehe hin weiter hinten stehen in einer Gruppe mit einigen seiner Offiziere. Sein Adjutant hält eine Karte wie ein Ministorumsdiener das Gebetsbuch in einer Messe, und Oberst Valiori zeigt abwechselnd auf die Karte und auf die Makropole hinter mir.
Er nickt mir zu, als ich vorbei gehe.
Erstaunlich, dass er mich unter der Maske erkennt. Dann geht mir auf, dass sein Gruß nicht mir gegolten hat.
Die Vakyrie wartet.
Ihre Kufen berühren nur knapp den Boden, die Turbinen sind gerade so gedrosselt, dass die Maschine nicht abhebt. Die Turbinen verursachen Böen rings um die Flugmaschine. Geduckt läuft mir der Bordschütze entgegen und hilft mir mit Montecuccoli. Gemeinsam bringen wir ihn zum Laderaum.
Montecuccoli öffnet den Mund, um etwas zu sagen.
Er öffnet den Mund und Blut strömt heraus. Panik befällt mich, es ist der schrecklichste Anblick an diesem Tag. Ich schreie und brülle, gegen den Gefechtslärm, die Einschläge der Granaten und das Tosen der startenden Valkyrie, die sich entfernt. Das Bild von Montecuccoli wird auf ewig in meiner Erinnerung bleiben.
Mein Vorgesetzter und Freund, der Blut kotzt.
Schweißgebadet wachte Major Scaevola auf. Es war acht-vier-acht, wie die Einheimischen sagen würden. Der achte Tag des vierten Monats im achten Jahr der Pein, und es war früher Morgen. Scaevola hatte für einen Moment Probleme sich daran zu erinnern, wo er sich gerade befand. Erst langsam und schrittweise kam ihm die Erkenntnis.
Pantrum-System.
Sylon.
Heereslager Nord.
Es war eine Erkenntnis, die nur wenig schmeichelhafter war als sein Traum. Er fuhr sich mit der Hand über die nasse Stirn und stieg aus der Feldpritsche. So früh am Morgen war Sylons Klima noch gnädig. Der Planet marterte sie noch nicht mit der unerträglichen Kombination aus hohen Temperaturen und ebenso hoher Luftfeuchtigkeit. Auch die Moskitoschwärme waren um diese Zeit noch nicht aktiv. Vermutlich, weil diese Plagegeister davon ausgingen, dass es um diese frühe Stunden keinen lohnendes Ziel gab.
Scaevola griff nach seinem Chronometer und las die Zeit ab. 04:30 blinkte es ihm entgegen. Es war viel zu früh. Er griff sich sein Handtuch, das er zum Trocknen über den Stuhl gelegt hatte.