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Equilibrium (letztes Update: Februar 2021)
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Beitrag
<blockquote data-quote="Sistermarynapalm" data-source="post: 3000104" data-attributes="member: 18790"><p style="text-align: center"><p style="text-align: center"><strong>Sind wirklich schon wieder zwei Monate vergangen?</strong></p> <p style="text-align: center"></p> </p><p> <p style="text-align: center"><p style="text-align: center"><strong></strong></p> <p style="text-align: center"><strong>Wow. Die Zeit verfliegt.</strong></p> <p style="text-align: center"></p> </p><p> <p style="text-align: center"><p style="text-align: center"><strong></strong></p> <p style="text-align: center"><strong>Damit kommt das neue Kapitel.</strong></p> <p style="text-align: center"></p> </p><p> <p style="text-align: center"><p style="text-align: center"><strong></strong></p> <p style="text-align: center"><strong>Viel Spaß beim Lesen!</strong></p> <p style="text-align: center"></p> </p><p> </p><p></p><p> <p style="text-align: center"><p style="text-align: center"><strong>10</strong></p> <p style="text-align: center"></p> </p><p></p><p> </p><p>Es mochte an der Tatsache liegen, dass Serareh einen eklatanten Anteil an den Truppenverschiebungen des Imperiums in diesem Teil des Segementus Pacificum besaß, aber wer plante Bastet zu bereisen, der lernte in der Regel die wuchtigen Landebuchten des Raumflughafens von Sera als Erstes kennen.</p><p>Waffenstarrende Festungen, schwere Flugabwehrgeschütze und Langstreckenraketenbatterien, sowie eine ganze Garnison wendiger Raumjäger waren nahe dem Zivilflughafen stationiert, um im Falle eines Angriffs feindlicher Kräfte umgehend zum Einsatz gebrachten werden zu können.</p><p>Raumflughäfen gehörten zur den wichtigsten infrastrukturellen Einrichtungen eines Planeten und wer daran dachte, Operationen gegen eine Welt im größeren Stil durchzuführen, der tat gut daran, zuerst die riesigen Umschlagplätze in seinen Besitz zu nehmen.</p><p>Zwar hieß es immer, im Krieg kam es nicht darauf an eine Welt zu erobern, sondern die Herzen deren Bewohner, allerdings brachte auch die beste Eroberung nichts, wenn sie nur von kurzer Dauer war. Und das führte einen zwangsläufig immer wieder auf den Besitz der Raumhäfen zurück.</p><p>Aber das war nur einer der Gründe, aus denen sich Tervor Fortis die Zeit nahm, die Anlagen eingehender zu betrachten.</p><p>Viel wichtiger für ihn maßen sich die Erkenntnisse aus, die er aus den Fehlern gewann, welche das Imperium bei der Konstruktion seiner Infrastrukturanlagen beging.</p><p>Funktion und effektive Verwaltung großer Immobilien zur Nutzbarmachung vorhandener Ressourcen stellte ein Kerngeschäft von Fortis dar. Er war Vertreter eines großen Manufakturkonsortiums auf dem Planeten Ghersom IV, das neben Fahrzeugen für die Imperiale Armee fortschrittliche, dampfbetriebene Triebwagen für gleisgebundene Verkehrsmittel herstellte. Offiziell zumindest.</p><p>Inoffiziell war er in einem anderen Auftrag unterwegs. Aber da das geheim war, verdrängte er dieses Wissen immer wieder gerne in die hintersten Windungen seines Gehirns zurück und zog diese Trumpfkarte nur, wenn er sie wirklich benötigte.</p><p>Den Rest der Zeit war er lediglich ein Handelsvertreter, der sich einen Eindruck von der Infrastruktur eines Planeten machte. In diesem Fall Bastet.</p><p>Noch hatte Fortis keinen Basteter getroffen, aber noch während die Fähre zur Landung ansetzte, gab er sich Überlegungen hin, wie die Basteter wohl auf ihn reagierten.</p><p>Er selbst war ein Mann um die vierzig, wobei er jünger wirkte, als es sein Pass verriet. Mit seiner sportlichen, eher jugendlichen Erscheinung besaß er eine überraschend anziehende Wirkung auf Frauen, die er zum Teil auch seinem nordischen Einschlag verdankte (selbst wenn man sich im Imperium unter dem Begriff einer nordischen Herkunft nicht wirklich etwas vorstellen konnte).</p><p>Natürlich nutzte er diese Eigenschaft gerne, um andere Leute zu manipulieren – besonders Frauen – wenn auch nicht, um diese für das eine oder andere Schäferstündchen zu gewinnen.</p><p>Natürlich war auch er nur ein Mann und durchaus gewillt, sich der einen oder anderen körperlichen Entspannung hinzugeben. Auf der anderen Seite aber wusste er genau, dass ihm das den einen oder anderen tadelnden Blick einbringen würde. Und die tadelnden Blicke eines kleinen Mädchens konnten sehr eindringlich sein.</p><p>Nachdenklich lehnte er sich in seinem Sitz zurück und dachte an die schmächtige, fast schon dürre Gestalt, das kurze, wirre blonde Haar und die durchdringenden blauen Augen seiner Herrin.</p><p>Nein, verbesserte er sich. Herrin war das falsche Wort und sie hätte sich wohl auch nie so bezeichnet.</p><p>Sie war … eine Führerin. Ein Leuchtfeuer. Ein heller Stern im ewigen Dunkel des Universums. Und obwohl sie den Körper eines Kindes besaß, warteten in ihrem Innersten unheimliche Kräfte darauf, sich der Galaxis zu offenbaren und das Imperium zurück auf jene Pfade zu lenken, die es vor Jahrtausenden verlassen hatte.</p><p>Doch dafür musste zuerst ergründet werden, wie viele Welten sich retten ließen, wie viele sich retten lassen wollten und wie viele schlussendlich nicht zu retten sein würden.</p><p>Also zogen Männer und Frauen wie Fortis aus, bereisten das galaktische Reich und stellten Nachforschungen über den Zustand der von ihnen besuchten Welten an.</p><p>Natürlich war ihnen klar, dass dies eine sehr gefährliche Aufgabe war. Diejenigen, denen die Wichtigkeit ihrer Mission nicht offenbar wurde, mochten darin den häretischen Versuch sehen, das Imperium der Menschheit zu schädigen und würden dagegen mit äußerster Brutalität vorgehen.</p><p>Fortis wusste bereits von Fällen, in denen es so geschehen war. Und jedes Mal, wenn er von einem neuen Martyrium erfuhr, versetzte ihm dieses Wissen schmerzende Stiche in der Herzgegend.</p><p>Ohne Frage ließen sich die Verluste an Personal und Wissen letztendlich irgendwann ersetzen, aber das Ziel ihrer Sache wurde durch derlei Ereignisse immer wieder zurückgeworfen.</p><p>Vor allem aber fühlte Fortis, dass ihre Herrin ungemein darunter litt. Fast schien es, als empfände sie jeden Verlust wie den Tod eines Kindes. Hinzu kam: obwohl Fortis sehr wohlbekannt war, dass es sich bei seiner Herrin eben nicht um ein junges Mädchen handelte, so sah er, wenn er sie beobachtete, immer nur ein Kind. Und das machte es doppelt schlimm, sie leiden zu sehen.</p><p> Er hoffte inständig, dass keine seiner Reisen ihr jemals einen Anlass zur Trauer geben würden. </p><p>»Entschuldigen Sie«, sprach ihn jemand von der Seite an. Fortis sah auf.</p><p>Ein junger Steward beugte sich zu ihm herab. »Wir sind bereits gelandet, mein Herr.«</p><p>Erstaunt blickte sich der Magistrat um. Die Reisenden um ihn herum hatten sich schon erhoben und strebten den Ausgängen der Fähre entgegen.</p><p>Frustriert stellte er fest, dass er den größten Teil des Anfluges verträumt und eine einmalige Chance versäumt hatte, sich einen ersten Überblick über die Infrastruktur zu verschaffen.</p><p>Das bedeutete, er würde zusätzliche Throne in die Hand nehmen müssen, um ein örtliches Shuttle für einen zusätzlichen Überflug zu chartern.</p><p>Nicht, dass ihn das Geld gestört hätte. Davon besaß er genug und konnte es nach seinem eigenen Gutdünken verwenden.</p><p>Ihn beunruhigte eher die Tatsache, dass er derart nachlässig gewesen war. Im falschen Moment konnte so etwas tödlich sein.</p><p>Aber es gab sicherlich bessere Zeiten, sich darüber Gedanken zu machen.</p><p>Fortis blickte zum Steward auf. »Oh, schade«, stellte er fest und erhob sich.</p><p>Der Mann trat erstaunt zur Seite und verfolgte den Magnaten dabei, wie dieser sein Gepäck aus der Gepäckablage zusammensammelte, seinen Mantel anzog und dann die Fähre verließ.</p><p>Seine Verabschiedung blieb unbeantwortet.</p><p>Außerhalb des Shuttles traf Fortis der Vorschlaghammer brennend heißer Wüstenluft. Die Nacht hatte sich bereits über diese Seite des Planeten gesenkt, aber die Atmosphäre schien das noch nicht realisiert zu haben.</p><p>Am Horizont glühten die letzten Reste der beiden Zwillingssonnen von Bastet nach und wenn man seinen Blick in die andere Richtung richtete, sah man die von den Geräuschen himmlischer Magenverstimmung begleiteten stroboskopartigen Lichter eines aufziehenden Gewitters.</p><p>Davor wuchsen die wuchtigen Formen der großen Landebuchten in die heiße Nachtluft, in denen an- und abfliegenden Raumfahrzeuge zumindest eine temporäre Bleibe fanden. Im harten Licht- und Schattenspiel zwischen Nacht und Landefeldbeleuchtung ließen sich nur Schemen ausmachen, aus denen tausende grell erleuchtete Augen auf Fortis hinab starrten. Der Magnat schwor sich, dass er mindestens noch einen Tag damit zubringen würde, die Anlagen des Raumhafens genauer unter die Lupe zu nehmen.</p><p>Ein Mitarbeiter der Bodenbesatzung, in eine graue Uniform gehüllt und mit einem bionischen Auge versehen, eilte auf ihn zu und verneigte sich knapp. Nach einer kurzen Vorstellung bat der Mann ihn, ihm zu folgen und schritt Fortis voran zum Eingang des Landeterminals.</p><p>Dort wartete eine Gruppe von Ordensschwestern, begrüßte die Reisenden und segnete sie.</p><p>Wie Fortis beim Nähertreten feststellte, handelte es sich bei den Frauen um Schwestern der Leere, eines Kults von Priesterinnen und Klerikerinnen, der offiziell den Rang eines Ordens führte und unter den Schwestern des Adeptus Sororitas als ein niederer Orden geführt wurde.</p><p>Das Symbol des Ordens war, soviel wusste Fortis, eine schwarze Scheibe, welche die Leere des Weltraums symbolisierte. Tatsächlich war der eigentliche Wirkbereich dieses kleinen Kults die Schwärze der ewigen Nacht zwischen den Sternen. Die meisten ihrer Angehörigen waren selbst Kinder der Leere, also Menschen, die in der unendlichen Weite des Alls geboren worden waren. Sie reisten zwischen den Sternen umher, spendeten Trost an jene, die sich dem Einfluss des Immateriums ausgesetzt sahen und begleiteten Pilger, Reisende und Schiffsbesatzungen auf ihren Wegen entlang der Lebensadern des Imperiums – manchmal sogar darüber hinaus.</p><p> Niemand wusste wirklich, wie lange der Orden bereits existierte. Allerdings hielten sich hartnäckig Behauptungen, die Schwestern der Leere seien von einer fremden, dunklen Macht entsandt worden, das Imperium zu unterminieren und sich gleich vergifteten Zellen in seinem Innern auszubreiten, um es irgendwann, in einem entscheidenden Moment, zu lähmen und zu zerschlagen.</p><p> Was davon wirklich stimmte, konnte wohl niemand sagen. Allerdings interessierten sich die Exekutiven des Imperiums bisher ganz und gar nicht für die Schwesternschaft. Von daher maßen die meisten imperialen Bürger derlei Behauptung nicht wirklich viel Bedeutung bei.</p><p> Fortis wusste es besser – er kannte ihren wahren Hintergrund – und daher fühlte er sich beim Anblick der Schwestern immer ein wenig beruhigter.</p><p> Die Frau, die die kleine Prozession führte – zumindest, wenn man Alter und Erfahrung in Relation setzen wollte, wirkte sie wie die Anführerin – bemerkte ihn und kam mit kurzen, zögernden Schritten näher. »Willkommen, Reisender«, begrüßte sie ihn. »Willkommen auf Bastet.«</p><p> »Danke«, erwiderte er und verneigte sich. Dabei maß er die Schwester mit knappen, prüfenden Blicken.</p><p> Sie war irgendwo zwischen Mitte fünfzig und Anfang sechzig, besaß ein kultiviertes Erscheinungsbild und tiefbraune Augen, die ihn durch eine große Brille anblickten. Ob es einen Grund dafür gab, dass die Brille wie ein Vergrößerungsglas wirkte, wusste Fortis nicht, aber er konnte sich dem Eindruck nicht erwehren, dass die Augen der Schwester ein Vielfaches größer erschienen als normal üblich.</p><p> Das verlieh ihr etwas eulenhaftes. Besonders in Verbindung mit ihren etwas dickeren, buschigen Augenbrauen und dem akkurat gekämmten Haar gleich sie eher einem Uhu als einer Ordensschwester.</p><p> Es hätte ihn nicht gewundert, wenn sie ihn im nächsten Moment um eine Spende in Form einer toten Maus gebeten hätte.</p><p> Aber dem war nicht so. Stattdessen erkundigte sie sich nach seinem Befinden.</p><p> »Die Reise war lang«, stellte er etwas ermattet fest, während sie ihm mit einer einladenden Geste bedeutete, sie zur Gepäckaufnahme zu begleiten. »Ich bin müde.«</p><p> »Von wo kommt Ihr, wenn mir diese Frage gestattet ist?«, fragte sie mit ihrer etwas kratzigen Stimme.</p><p> »Ghersom IV.«</p><p> »Oh«, bemerkte sie und warf ihm einen Blick zu. »Eine sehr schöne Welt. Ich bin bereits selbst dort gewesen.«</p><p> Als er nicht antwortete, fuhr sie fort: »Das wirft natürlich die Frage auf, aus welchem Grund es Euch auf eine glühende Kugel wie Bastet III verschlagen hat.«</p><p> Normalerweise wäre Fortis nun hellhörig geworden. Immerhin bot eine solche Art der Fragestellung einen Grund zur Vorsicht. Was auch immer der Anlass für das Interesse der Schwester sein mochte, der Weg, den sie dabei beschritt, deutete auf einen stark investigativen Wissensdurst hin.</p><p> Allerdings spürte er in diesem Moment keine Gefahr. Etwas leitete ihn und seine Worte, bot ihm den Trost der Erkenntnis, dass er es hier nicht mit einer Feindin zu tun hatte.</p><p> »Geschäfte«, bemerkte als knapp, als eine Reihe Wartender passierten und den Terminal betraten.</p><p> Jenseits des Eingangs wuchs die nach außen eher wuchtige, gedrungene Form des Gemäuers in das für imperiale Gebäude eher typischen Seitenverhältnis der imperialen Neo-Gotik.</p><p> Hohe, reich verzierte Säulen stützten mehrere Ebenen, aufgeteilt in eine Reihe von Längs- und Querschiffen, bewacht von fein gehauenen Statuen und Fresken, die ihnen von der Decke aus beim Betreten des Ankunftsgebäudes zuschauten.</p><p> »Ich nehme an, dass es wichtige Geschäfte sind, wenn Ihr den weiten Weg von Ghersom auf Euch genommen habt«, stellte die Schwester fest.</p><p> »Ich wage zu behaupten, dass meine Geschäfte dem Wohl der Menschheit dienen«, erwiderte er. »Das ist die einzige Bedeutung, die ich ihnen beimesse.«</p><p> Urplötzlich drehte sich die Schwester um.</p><p> »Gebt mir Eure Hand«, sagte sie und lächelte ihn an, was ihr das Aussehen einer Eule verlieh, die gerade eine fette Ratte verspeist hatte.</p><p> Ohne zu zögern, streckte er den Arm aus, welcher von seiner Begleiterin sofort ergriffen wurde. Sie zeichnete die Linien seiner Handfläche nach, schien kurz in Gedanken verloren und legte ihre viel kleinere Hand schließlich in seine.</p><p> Er spürte, wie etwas seine Haut berührte.</p><p> Ohne ihm weitere Worte der Erklärung zu schenken, schloss sie seine Finger um den kleinen, festen Gegenstand und blickte ihm erneut in die Augen. »Ihr habt starke Finger, mein Herr. Achtet gut auf sie. Mit ihnen könnt Ihr erreichen, was immer Ihr zu erreichen sucht.« Dann ließ sie ihn los.</p><p> Neugierig sah er nach. Ein kurzer Blick offenbarte, was ihm die Schwester übergeben hatte: Ein winziger, unscheinbarer Datenchip ruhte in seiner Hand.</p><p> »Habt Dank, Schwester«, antwortete Fortis und lächelte ebenfalls. »Ein solches Geschenk gleich zur Ankunft gibt Mut für die kommenden Geschäfte.«</p><p> Seine Begleiterin rückte die Brille über den braunen zurecht, bevor sie die Hand hob. »Sie möge Euch begleiten«, segnete sie ihn.</p><p> »Aber, Schwester!«, brachte er hervor und merkte postwendend, dass soeben seine Deckung abhandengekommen war. Wie nur hatte er sich so von ihren Worten derart überraschen lassen können?</p><p> Noch während den Magistraten seine Miene entglitt, ergriff die Schwester die Türklinke der Situation, drückte sie herunter und öffnete so den Pfad für eine Lösung der für Fortis verfahrenen Situation. Geschickt wandelte sie sein ehrliches Erschrecken in die Unkenntnis eines Außenweltlers um.</p><p> Ihre Hand richtete sich einladend auf eine Statue der Heiligen Bastet, die über den Eingangsbereich wachte. »Wer auf Bastet wandelt, sollte stets um die Gunst der Herrin dieser Welt bemüht sein.«</p><p> Der Manufactoriums-Vertreter folgte der Geste mit seinen Augen, begriff und nickte, mehr dankbar denn von ihren Worten überzeugt. »Ich verstehe.«</p><p> Sein Gegenüber neigte ihren Kopf und wandte sich zum Gehen.</p><p> Fortis zögerte, als ihm eine letzte Sache einfiel. Er räusperte sich und erhob ein letztes Mal die Stimme. »Sagt Ihr mir noch Euren Namen, Schwester?«</p><p> »Ich dachte, den wüsstet Ihr längst«, stellte sie mit einem kleinen Anflug von Überraschung in der Stimme fest. »Beatrice.«</p><p> </p><p> <p style="text-align: center"><p style="text-align: center">***</p> <p style="text-align: center"></p> </p><p> </p><p>»Jetzt gehen Sie endlich«, intonierte Ekko gegenüber dem vor ihm stehenden Priester, seiner Aussage mit einem knappen Handwink mehr Gewicht verleihend, »und nehmen Sie Frau Biatch gleich mit.«</p><p> »Biasz«, verbesserte die attraktive imperiale Interogatorin neben ihm.</p><p> Eigentlich hätten alle Anwesenden nun damit gerechnet, dass ihr der Colonel noch eine sarkastische Bemerkung entgegenschleuderte – und eigentlich hatten sie damit auch Recht. Natürlich wäre er am liebsten laut lachend aufgestanden und hätte sie mit einem »Genau! Die auch« von dannen geschickt. Aber im Augenblick fehlte ihm dafür einfach der Nerv und so beschränkte er sich auf ein einfaches »Raus!« sowie eine entsprechende, kaum missverständliche Geste.</p><p> »Das wird ein Nachspiel haben!«, versicherte ihm der in schlichte Gewänder gehüllte Mann.</p><p> »Das denke ich kaum«, gab Ekko zurück. Dann legte er die Laserpistole auf den Schreibtisch und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Das altehrwürdige Leder knirschte.</p><p> Mit wachsamen Augen verfolgte der Colonel, wie zwei Soldaten die beiden Inquisitionsagenten aus dem Zelt des Kommandanten führten, dann wandte er sich an Balgor, der etwas außerhalb der Szenerie an eine der tragenden Stangen gelehnt stand und die Szenerie wortlos verfolgte. »Ich sollte mir wirklich ein neues Holster besorgen«, stellte er fest.</p><p> »Warum?«, erkundigte sich der Captain.</p><p> »Das ist bereits das zweite Mal innerhalb weniger Tage, dass mir jemand die Knarre klaut.« Ekko warf seine Hand in einer abwiegelnden Geste achtlos in Richtung der Waffe. Eine Beleidigung, die vom Maschinengeist verstanden und tief in seinen Erinnerungen abgespeichert wurde.</p><p> »Ein Glück, dass Sie gerade vorbeikamen. Sonst hätte mir eine sehr unangenehme Unterhaltung bevorgestanden.«</p><p> »Oh – das war nicht ich. Das war Krood«, merkte der rangniedere Offizier an und zuckte die Schultern.</p><p> Ekko runzelte die Stirn und sah auf. »Krood?«, hakte er ungläubig nach. »Was wollte der denn von mir?«</p><p> Stille antwortete ihm, stellte Vermutungen und Überlegungen an, wusste aber auch keine Lösung und ließ sich demotiviert in einen der Sessel vor dem Schreibtisch fallen.</p><p> Balgor hingegen zuckte lediglich die Achseln.</p><p> Eine Weile lang sagte keiner von ihnen ein Wort, während wertvolle Zeit verstrich und sich über die beiden seltsamen Offiziere wunderte, die nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen wussten, als in Gedanken versunken zu sein.</p><p> Es war schließlich Balgor, der das Zepter der Gesprächsführung übernahm. »Also, Colonel, was wissen wir denn jetzt eigentlich?«, erkundigte er sich.</p><p> »Wenn ich das wüsste«, gab sein Gegenüber zurück und steuerte damit keinen nützlichen Beitrag zur Fragestellung bei. »Sie haben mich überfallen und belästigt«, mutmaßte er.</p><p> »Colonel – das ist nicht mehr witzig«, merkte der temporär stellvertretende Regimentskommandeur an. »Die Inquisition hat es auf Sie – und damit auf uns – abgesehen. Was wollen die von uns?«</p><p> Ekko zog Luft ein. »Ich weiß es nicht«, wiederholte er, dieses Mal mit deutlich kürzer angebunden und mit mehr Nachdruck in der Stimme als zuvor. »Dieses Vorgehen ist absolut atypisch. Kein Inquisitor würde sich einem Delinquenten gegenüber derart offen und aufdringlich verhalten. Man würde im Geheimen alle Informationen sammeln und den Betreffenden dann wegcatchen, wenn er es am wenigsten erwartet. Im Grunde wie ein Disziplinarverfahren. Denken Sie nicht, ich hätte mir da nicht schon längst selbst Gedanken drüber gemacht.«</p><p> »Doch, natürlich«, wehrte Balgor ab. »Mir war klar, dass Sie sich darüber Gedanken machen würden. Deswegen frage ich ja.«</p><p> »Es könnte alles sein«, gestand sein Gesprächspartner. »Vielleicht hat es irgendetwas mit den Sororitas zu tun, mit Ayle oder meiner Zeit in der PVS Bastet. Es ist aber auch genauso gut möglich, dass sich jemand aus dem Umfeld des Departmento Munitorium berufen fühlt, den aberwitzigen Umständen unseres Überlebens auf Agos Virgil genauere Beachtung zu schenken.« Er hob ahnungslos die Hände. »Oder es hat gar nichts mit uns zu tun und wir hatten nur das Pech, dass ich so verteufelt gut aussehe.«</p><p> Balgor schoss seinem Vorgesetzten einen finsteren Blick zu, den dieser zum Anlass nahm weiter auszuholen: »Sagen Sie nichts – Sie müssen zugeben, dass selbst Doktor Calgrow auffällig oft meine Nähe sucht. Mein Umfeld liebt mich einfach.«</p><p> Die Zeltplane flog zur Seite. »Colonel Ekko!«, brach die aufgeregte Stimme von Achad Alit in das Schweigen, füllte den Raum mit derart viel Leben, dass es in seiner Intensität kaltem, grellem Neonlicht ähnelte.</p><p> »Sehen Sie?«, schloss Ekko das Thema ab, bevor er, an Alit gewandt, neu ansetzte: »Herr Jung-Kommissar. Was verschafft uns die Ehre, Beobachter Ihrer Erregung zu werden?«</p><p> Der Angesprochene reagierte gar nicht auf die Worte, sondern begann sogleich, den Grund seines plötzlichen Auftretens zu umreißen: »Ich wurde gerade Zeuge davon, wie Soldaten zwei Zivilisten aus dem Lager eskortierten!«, informierte er die Anwesenden. »Hat es einen unerlaubten Zutritt gegeben?«</p><p> Ekko und Balgor wechselten einen kurzen Blick. Der Regimentskommandeur schüttelte den Kopf. Es würde wohl kaum Schaden anrichten, wenn er dem Kommissar die Wahrheit erzählte. Zumindest hoffte er das. »Oh – das waren keine Zivilisten. Das waren Beamte der Inquisition.«</p><p> »Der In-quisition?«, brach es aus Alit hervor. Er straffte seine Uniform, mehr aus Reflex denn tatsächlicher Notwendigkeit. Immerhin waren die beiden Abgesandten bereits auf dem Rückweg an jenen Ort, von dem aus sie ihr finsteres Treiben begonnen hatten. »Warum hat mich niemand darüber informiert, dass zwei Angehörige der Imperialen Inquisition hier ihren hoheitlichen Aufgaben nachgehen?«</p><p> »Nachgehen …«, brummte Ekko in Gedanken versunken. Er stockte, schreckte auf und fuhr herum. »Nachgehen!«, rief er so plötzlich aus, dass ihn die damit einhergehende Überraschung selbst aus dem Sessel katapultierte. »Balgor! Schicken Sie zwei Männer, die den beiden in einem Tauros folgen und herausfinden, wo sie jetzt hinfahren.«</p><p> »Was?«</p><p> »Balgor, sofort!«</p><p> Der Angesprochene wandte sich um. Die Schallwelle seiner Stimme schnitt scharf in das von schwachem Licht erfüllte Zelt, lief durch den Raum und gelangte, nach einem kurzen Sprint an der Zeltplane vor dem Eingang vorbei, an die kalte Nachtluft: »Lenhim!«</p><p> Das Echo ließ nicht lange auf sich warten, pflanzte sich in die Ferne fort und gewann dabei an Wortschatz.</p><p> »Rebis!«</p><p> »Gorak!«</p><p> »Melbin!«</p><p> »Was ist denn los?!«</p><p> »Solch eine Situation zeigt es wieder einmal«, brummte der Colonel ein wenig missmutig.</p><p> Balgor und Alit wandten sich ihm zu.</p><p> »Was denn?«, wollte der temporär stellvertretende Regimentskommandeur wissen.</p><p> »Wenn gar nichts mehr funktioniert, so funktioniert dennoch unsere Befehlskette.«</p><p> Die Zeltplane flog erneut zur Seite. Lenhim trat ein.</p><p> Ekko blickte zu Balgor, forderte ihn stumm auf, sich der Angelegenheit anzunehmen. Der verneigte sich ansatzweise, machte kehrt, und führte den Lieutenant aus dem Zelt.</p><p> Der Regimentskommandeur und sein Kommissar blieben zurück.</p><p> »Colonel«, machte Alit auf sich aufmerksam – ein Fehler, wie er kurz darauf feststellte. Dennoch sprach er mit fester Stimme weiter. »Es ist nicht klug, Vertretern der Ekklesiarchie gegenüber derart aufzutreten.«</p><p> »Klug?«, ertönte die ironische Antwort. »Der Priester hat zugeguckt, wie die Dame mich bestiegen hat«, fasste er die Situation treffend zusammen. »Und ich war nicht einmal wach!«</p><p> »Bestiegen?«, wiederholte Alit und dachte nach. Nach einer Weile malte das Genius der Fantasie zur Beschreibung passende Aquarellbilder in seinem Kopf. Achad Alit war nie künstlerisch begabt gewesen, daher erinnerten die Darstellungen in Form und Farbe eher an Strichmännchen und Kinderzeichnungen. Der Sinn dahinter wurde dem Jung-Kommissar aber dennoch offenbar.</p><p> Er erbleichte, fühlte eine plötzliche Schwäche in sich aufwallen und schaffte es gerade noch zu einem der Sitze vor Ekkos Schreibtisch, bevor ihn die Wucht der Erkenntnis in das Leder trieb. »Heißt das … heißt das, Sie hatten Sex?!«</p><p> Der Colonel, der eigentlich mit einer ganz anderen Antwort gerechnet und sich bereits eine sarkastische Bemerkung zu Recht gelegt hatte, stellte fest, dass er darauf keine Erwiderung fand, öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Das wäre schön gewesen«, gab er zu. »Aber leider hat sie nur in meinem Kopf rumgewühlt.« Denn umriss er die Geschehnisse in einer etwas humaneren Form. Es machte die Situation auch nicht einfacher.</p><p> »Aber … das würde ja heißen, dass es die Inquisition auf Sie abgesehen hat«, stellte der Jung-Kommissar fest. Er lehnte sich weiter in seinem Sitz zurück. Wäre es ihm möglich gewesen, er wäre wohl mitsamt der Sitzgelegenheit von seinem Kommandeur abgerückt. »Was haben Sie getan, dass Ihnen eine solche Aufmerksamkeit zuteilwird?« Die Worte waren wohl gewählt, neutral gehalten und zugleich auffordernd. Allerdings hätte es auch keiner geübten Verschleierung bedurft, denn die Reaktion des Kommissars entwertete jede noch so freundliche Rede.</p><p> Der Colonel schürzte nachdenklich die Lippen, warf seine Füße auf den Tisch, wobei die Stiefel eine Reihe von zerfledderten Manuskripten von der Arbeitsfläche räumten, und legt die Hände aneinander. »Tja, sehen Sie …«, begann er, »… das gehört zu jenen Wegen des Imperators, die Sie bestimmt auch noch ergründen werden, wenn Sie lange genug an der Front dienen.«</p><p> »Wie meinen Sie das?«, verlangte Alit zu wissen.</p><p> »Manchmal reicht es der Inquisition schon, dass Sie leben, wenn jeder Sie eigentlich für tot hält«, erklärte der Colonel nachsichtig. »Meine Männer und ich haben eine Schlacht überlebt, bei der so gut wie jeder andere gestorben ist. Und wir sind heim gekommen.«</p><p> Diese Worte schienen den Kommissar nicht zu überzeugen. »Warum sollte das die Inquisition auf den Plan rufen?«, verlangte er zu wissen.</p><p> Ekko lächelte düster. »Wenn ich das wüsste, dann wäre ich einen großen Schritt weiter.«</p><p> </p><p> <p style="text-align: center"><p style="text-align: center">***</p> <p style="text-align: center"></p> </p><p> </p><p>Rabenschwarze Nacht umhüllte die mächtigen Mauern der alten Zitadelle, verbarg das unförmige Gebäude vor den Blicken allzu neugieriger imperialer Bürger.</p><p> Schwer gepanzerte Inquisitionsgardisten, gehüllt in ihre weinroten Kampfuniformen und durch schwere Plattenpanzerung vor plötzlichen Feuerüberfällen geschützt, patrouillierten auf den Laufgängen hinter den massiven Dachzinnen. Das schwache Glimmen der in ihre Helme integrierten Restlichtverstärker verlor sich in der Düsternis, doch ihre Aufmerksamkeit war so präsent wie die umherpirschender Raubtiere. So entging ihnen auch nicht, dass sich die Formen eines Fahrzeugs aus dem Dunkel schälten.</p><p> Ein großer Stabswagen der Inquisition, ebenso eindrucksvoll und reich verziert wie jedes offiziell im Dienst der imperialen Verwaltung stehende Objekt, näherte sich der breiten Eingangspforte.</p><p> Mehrere Gardisten verharrten an ihren Positionen, richteten sich ungefähr auf die von dem Vehikel ausgehende Geräuschkulisse aus, und beobachteten dessen Näherkommen. Nur für den Fall, dass sich das Ziel doch nicht als Fahrzeug der Inquisition, sondern eine täuschend echte Nachahmung, deren Sinn sich erst erschloss, wenn sie im Innern der Bastion laut krachend explodierte.</p><p> Und obwohl sie ihre von Jahren unermüdlichen Dienstes geschärften Sinne einsetzten, entging den Soldaten das weit hinter der Limousine haltende Gefährt der imperialen Armee.</p><p> Für einen kurzen Moment erschien es noch, als würde einer der Männer aus den Augenwinkeln auf das kurze Aufglimmen am äußeren Rand seines Sichtfelds aufmerksam, aber die nächtliche Hitze der Wüste ließ Vorder- und Hintergrund miteinander verschmelzen, sodass sich selbst bei einem genauen Hinsehen nicht mehr als ein flüchtiger Schatten vor seinen Sensoren bewegt hätte.</p><p> Galia Sinwell hingegen konnte nicht einmal den Schatten des entfernt haltenden Gefährts ausmachen, als sie über die mit feinem Wüstensand bedeckten Steine ging, um die in den Innenhof der Bastion einfahrende Limousine in Empfang zu nehmen. Ihr Assistent trottete hinter ihr her, ein Notizpergament in den Händen.</p><p> Wenig geduldig blieb die hohe Herrin der Inquisition am Rand der Zufahrt stehen, stemmte die Hände in die Hüften und verfolgte, wie die Reifen unter betont leisem Knirschen zum Halten kamen.</p><p> »Wo seid ihr gewesen?«, herrschte sie den Priester und die Interogatorin an, als beide den Passagierraum des Stabsfahrzeugs verließen. Nicht, dass es sie wirklich interessiert hätte. Beide waren viel zu erwachsen, um sich unzüchtigem Verhalten hinzugeben, und normalerweise nur unterwegs, um einem der vielfältigen Aufträge ihrer Vorgesetzten nachzugehen.</p><p> In diesem Fall allerdings lag die Sache anders. »Ich möchte hoffen, ihr habt nichts zu unternehmen versucht, das unserem Auftrag zum Schaden gereichen könnte?«, fügte sie an, runzelte die Stirn und verlagerte die Haltung ihrer Arme aus den Hüften unter die Brüste. »Also?«, verlangte sie zu wissen.</p><p> Die Angesprochenen tauschten kurze Blicke. Selbstbewusstsein und Eleganz machten sich eilig aus dem Staub.</p><p> »Wir haben den Basteter observiert«, begann Biasz ein wenig zähneknirschend. »Wir haben versucht, mehr über seine Beweggründe herauszufinden.«</p><p> »Oh, <em>wirklich</em>?« Ironie, Sarkasmus und blanker Hohn mischten sich in den Worten der Inquisitorin zu einem unheimlichen Potpourri. »Wer hat euch denn dazu ermächtigt?«</p><p> »Wir …«, wollte der Priester einspringen, aber Sinwell schnitt ihm sofort das Wort ab.</p><p> »Ihr?«, brach es ihr hervor. »Na, da bin ich aber froh! Was hätte ich nur getan, wenn <em>ich</em> euch ermächtigt hätte?! Wie gut, dass <em>ihr</em> euch in der Lage gesehen habt, <em>euch</em> <em>selbst die Genehmigung</em> zu einer derart heiklen Observation zu geben!«</p><p> Biasz wollte etwas zu ihrer Verteidigung einwenden, doch in dem Moment, da sie den Mund aufmachte, konzentrierte sich der Zorn ihrer Herrin vollkommen auf die Interogatorin.</p><p> »Halt den Mund, du dumme Göre!«, fuhr Sinwell sie an. »Ich habe Jahre deines – und meines – Lebens damit verbracht, dir die Feinheiten inquisitorischen Denkens beizubringen! Und wie dankst du es mir?! Indem du in ein Feldlager der Imperialen Armee einbrichst und den Regimentsführer attackierst!«</p><p> »Ich habe ihn nicht attackiert!«, wehrte sich Biasz.</p><p> »Du hast dich auf ihn gesetzt und bist in seinen Geist eingebrochen!«, bellte Sinwell weiter. Hätte sie aufgesehen, so wäre ihr vermutlich aufgefallen, dass kaum noch einer der Inquisitionsgardisten den vorgeschriebenen Patrouillenwegen folgte. Die Gefahr aus dem Innern der Zitadelle schien in diesem Moment weitaus größer als jeder Angriff, der von außen hätte erfolgen können. »Und währenddessen hat dein Begleiter ihn mit seiner Waffe bedroht! Wie konntet ihr nur?!« Die Inquisitorin schnaubte. »Ihr habt euch benommen wie dilettantische Anfänger!«</p><p> »Es war unsere Absicht, in Eurem Interesse …«, begann der Ministrant einen weiteren Versuch der Verteidigung, scheiterte aber bereits nach kurzer Strecke.</p><p> »Mein Interesse?«, wehte Sinwell seinen Einwand zur Seite. »Er hätte euch erschießen lassen können. Und damit wäre er in dem Moment sogar im Recht gewesen! Wie kann es in meinem Interesse sein, auf diese Weise Aufmerksamkeit zu erregen?!«</p><p> Biasz senkte den Kopf. »Aber ich verstehe nicht: woher …«</p><p> »Er hat mich angerufen und sich für dein Vorbeikommen bedankt«, erklärte Sinwell bissig. »Außerdem hat er darum gebeten, dass der Typ …« – bei diesen Worten blickte sie zum Priester – »… beim nächsten Mal nicht mitkommt, damit die Atmosphäre nicht zerstört wird« Sie hielt inne, griff einen der sie passierenden Herzschläge und zerquetschte ihn in ihrer Faust. »Wisst ihr eigentlich, was ihr beide da angerichtet habt?!«</p><p> »Verzeiht, Mylady«, wandte Defay ein, stellte sich ein wenig schützend vor Biasz. »Mir war nicht bewusst, dass wir Euch damit derartigen Schaden zufügen.«</p><p> »Oh! Also ganz plötzlich war es eure Idee, Dekan?!« Sinwell hob eine Hand, ließ sie dann wieder sinken. »Ich hätte mehr von euch erwartet. Von euch beiden«; ebbte ihr Wutanfall auf eine Weise ab, die auf ein späteres, noch mächtigeres Unwetter hindeutete. Sie fuhr herum. »Und nun kommt. Es gibt eine neue Entwicklung.«</p><p> Biasz und Defay verfolgten, wie sie von Dannen schritt, den Weg in Richtung der unterirdischen Kommandozentrale nehmend. Tavlov schlurfte hinter ihr her wie ein fußkranker Schoßhund.</p><p> »Danke«, murmelte die Inquisitionsadeptin, als sie sich selbst in Bewegung setzte.</p><p> »Nehmen Sie es nicht tragisch. Ich bin genauso schuldig wie Sie«, antwortete der Mann neben ihr. »Ich werde dem Imperator später meine Verfehlung beichten und seine Strafe ebenso akzeptieren wie die der Inquisitorin.«</p><p> Eine Weile lang schritten sie stumm nebeneinander her, bevor der ekklesiarchische Diener erneut die Stimme erhob. »Manchmal bemitleide ich ihn ein wenig«, meinte der Priester finster und deutete knapp auf Tavlov. »Man könnte auf den Gedanken kommen, er sei ihr Eigentum.«</p><p> »Er <em>ist</em> ihr Eigentum«, präzisierte die Interogatorin, um einschränkend anzufügen: »Aber nicht mehr lange. Sie hat einen viel interessanteren Besitz gefunden.«</p><p> Die Reaktion ließ ein wenig auf sich warten. »Und wer soll das sein? Sie meinen doch nicht etwa diesen Colonel, oder?«, brach es aus ihrem Begleiter hervor. In einer Reflexbewegung deutete er über die Schulter.</p><p> Die junge Frau hob ahnungsvoll die Schultern. »Er hat etwas primitives an sich«, erklärte sie. Ein partiell erregtes Seufzen schloss sich an. »Etwas … animalisches.«</p><p> »Finden Sie?«, fragte der Priester, ohne sie eigentlich direkt anzusprechen. Er hätte genauso gut feststellen können: ‚findet sie!‘, fügte aber stattdessen an: »Für mich besitzt er eher etwas Dümmliches. Die Sache mit dem primitiv würde ich aber definitiv unterschreiben.«</p><p> Biasz warf ihm einen düsteren Blick zu. »Sie haben nicht viel Erfahrung im Umgang mit Frauenherzen, oder?«, erkundigte sie sich wie beiläufig.</p><p> »So wie Sie reden, könnte man meinen, Sie verstünden nicht viel von Inquisitionsverfahren«, stichelte er zurück.</p><p> Sie stoppte abrupt und wandte sich ihm zu.</p><p> Evi Biasz war deutlich kleiner als der hochgeschossene Priester, doch in diesem Moment schienen die Rollen vertauscht: Urplötzlich strahlte ihre Aura überlebensgroß, drängte das Selbstbewusstsein ihres Gegenübers in eine nahezu winzige Ecke eines nur um sie herum existierenden Bannkreises zurück.</p><p> Dort kauerte es, befand sich zwischen den zusammengedrückten Fingern ihrer Gunst und lebte eigentlich nur noch, weil sich Biasz einfach nicht entscheiden konnte, ob sie seinen Stolz wie ein lästiges Insekt zerquetschen wollte.</p><p> Wie ihm aufging, besaß sie gerade jetzt mehr Ähnlichkeit mit Galia Sinwell denn jemals zuvor. </p><p> »Eine wichtige Regel beim Umgang mit Frauen ist, dass man sie niemals wütend machen sollte«, erklärte sie ihm, die Stimme zu einem verbalen Warnschild erhoben. »Besonders nicht, wenn sie Macht besitzen.«</p><p> »Ich habe es gerade gemerkt«, stellte der Dekan fest. »Sonst noch einen Ratschlag, an den ich mich unbedingt halten sollte?«</p><p> »Nur einen«, schloss Biasz, und dabei nahm ihre Ausstrahlung erstaunliche Ähnlichkeit mit der Aura ihrer Herrin an: »Verwechseln Sie Interesse niemals mit Schwäche.«</p><p> </p><p> <p style="text-align: center"><p style="text-align: center">***</p> <p style="text-align: center"></p> </p><p> </p><p>Sein Name lautete Cassius.</p><p> Ohne Frage hätte die meisten Menschen dies für einen Spitz- oder Decknamen gehalten, denn dessen Herkunft ließ sich bis auf die Begriffe Cassis und Cassus zurückverfolgen, Urahnen zweier vollkommen unterschiedlicher Wortstämme, deren Bedeutung »Helm«, beziehungsweise »eitel« lautete.</p><p> Tatsächlich aber war Cassius der tatsächliche Name des Mannes, eines Veteranen der Planetaren Verteidigungsstreitkräfte von Bastet.</p><p> Mehr als fünfzehn Jahre hatte er treu und tapfer in den Diensten des Imperators und der Heiligen Bastet verbracht, für sie gekämpft, getötet und bisweilen sogar gemordet.</p><p> Fünfzehn Jahre, in denen das Leben an ihm vorbeizog wie ein düsteres Trauerspiel, dessen Hauptdarsteller und Zuschauer er gleichermaßen spielte.</p><p> Fünfzehn Jahre, die er sich mit den Feinden der Menschheit herumgeschlagen hatte. Wofür?</p><p> Niemand dankte ihm.</p><p> In mehr als fünfzehn Jahren war aus ihm nicht viel mehr als ein einfacher Sergeant geworden.</p><p> Wenn ihn doch nur einmal eine dieser knackigen, gut gebauten Schwestern besucht hätte, von denen die Ekklesiarchie tausende auf Bastet stationierte. Wenn sie ihm einfach zu Willen gewesen wäre und ihn entschädigt, ihn mit den Worten empfangen hätte: »Wir danken dir, Cassius, für deine Dienste. Ich danke dir für deine Dienste.«</p><p> Er hätte sie gefickt. Sie durchgenommen wie eine ekklesiarchische Hure. Hätte all den Frust und seine aufgestaute Wut in sie entladen wie ein Schlachtschiff seine Lanzenbatterien auf ein Weltenschiff der Eldar.</p><p> Ihre Schreie wären noch über Meilen zu hören gewesen.</p><p> Aber nein. Er hatte sich mit einer Pilgerin begnügen müssen.</p><p> Ja. Sie war jung gewesen. Zu jung. Noch ein Mädchen. Aber das machte nichts. Er wollte sie ja nicht heiraten.</p><p> Sie hatte sich gewehrt. Ihn gekratzt, geschlagen und getreten. Aber das machte nichts. Er wollte sie ja nicht wiederverwenden.</p><p> Die Arme eines Mädchens waren dünn. Es brauchte nicht viel Gewalt, um sie zu brechen. Aber er hatte sich nicht zurückgehalten. Warum auch? Gewalt war eines der Dinge, die man ihn gelehrt hatte. Gewalt war die Sprache des Universums. Und Sex und Gewalt gehörten zusammen wie zwei Zwillingsschwestern, die ihn zwischen sich zur Ruhe betteten, ihn wärmten und dafür sorgten, dass er sich wohlfühlte.</p><p> Als die Arbites den Raum stürmten, war nicht mehr genug von ihr übrig, dass man es später hätte wiedererkennen können.</p><p> Vermutlich hatte die kleine Fotze nicht einmal mehr geatmet. Aber das machte nichts. Es gab sowieso keinen Platz im Universum, den sie noch hätte besuchen können.</p><p> Er war gefoltert worden, Stunden über Stunden, wurde vor ein Militärgericht geführt, abgeurteilt und dem Henker übereignet.</p><p> Das machte ihn hart. Hart und böse. Gebrochen aber hatte es ihn nicht.</p><p> Dann griffen die Orks an. Das Imperium zog alle seine Kräfte zusammen, um Bastet zu verteidigen und Cassius gelang es, zu entkommen.</p><p> Im Anschluss trieb er eine Weile in den Schatten von Bastet III umher, bis er schließlich mit der organisierten Unterwelt in Kontakt kam.</p><p> Wer die Unterwelt von Bastet kennenlernen wollte, ohne sie wirklich zu erleben – denn das Erleben eines bösen Ortes währte üblicherweise nicht lange, bevor man in eine Situation geriet, die einen entweder selbst in die Finsternis absorbierte oder irgendwann tot in die Fluten der Maat ausspuckte – der tat wohl am besten daran, sich die finstere Seite der Gesellschaft als genaues Gegenstück zum grellen Schein der beiden Zwillingsschwestern vorzustellen.</p><p> Am Rande des Zwielichts trieben die Unerfahrenen, die Neulinge und Angeber. Hier siedelten Taschendiebe, halbstarke Schlitzer und Gelegenheitsvergewaltiger.</p><p> Dahinter residierten die Banden und Gangs, Punker und Galaxie-Anarchisten, Auftragskiller und Schwerverbrecher. All jene Individuen, die von Natur aus bereits böse waren, aber noch immer irgendwo im Orbit der Gesellschaft vor sich hin dümpelten.</p><p> Dann folgte eine dicke, rote Linie, die man im Hochgotisch als ‚Consistere‘ bezeichnete. Dabei handelte es sich mehr um eine Warnung denn eine wirkliche Grenze. »Halte ein, solange du es noch kannst!«</p><p> Wer diese Linie überschritt, sei es nun aus Dummheit, Unwissenheit oder vollstem Willen, der geriet unweigerlich ins Netz der Triaden.</p><p> Die Triaden stellten das Gros des organisierten Verbrechens im Bastet-System. Ähnlich wie die mit tausenden Ablegern im gesamten Imperium operierende Verbrecherorganisation »Casa Nostrum«, ins Niedergotisch übersetzt etwa »Unser Heim«, dominierten die dicht strukturierten Familienclans Teile von Wirtschaft, Sozialwesen und Politik des Planeten.</p><p> Wer in ihre Fänge geriet, der schaffte es meist nur auf eine Weise wieder hinaus: in Scheiben.</p><p> Noch hatte Cassius die rote Linie nicht überschritten, sondern kratzte sie lediglich bisweilen an.</p><p> Dort machte er sich einen Namen. Einer der Härtesten der Harten. Böse genug, damit ihn niemand anzufassen gedachte, aber noch nicht so tief gesunken, dass er für sein weiteres Fortbestehen einem renommierten Club beitreten musste.</p><p> Wer Cassius engagierte, der konnte sich auf erstklassige Arbeit verlassen. Wer ihm in die Quere kam, der teilte das Schicksal der namenlosen Pilgergöre.</p><p> Vermutlich würde er irgendwann einmal gezwungen werden, sich für eine Seite der Schatten zu entscheiden. Allerdings hieß es ja bekanntlich auch, dass die Nacht monochrom war, nur aus verschiedenen Abstufungen von Grau bestand. Und Cassius war entschieden, sein Dasein so sehr zu schattieren, dass sich später selbst die Triaden nicht mehr an ihn heranwagten.</p><p> Dafür aber wurde es notwendig, weiter voranzuschreiten; das tiefe Fass der Reputation mit Taten zu füllen, die ihn unvergessen machten.</p><p> Und das führte ihn zurück ins Hier und Jetzt.</p><p> Er wandte sich der berobten Gestalt zu, die vor ihm am Tisch im Seth saß. Das Seth war einer der Edelsteine unter den heruntergekommenen Bars in der Unterstadt von Serareh. Trotz seiner eindeutigen Zuordnung, zu den eng verwobenen Netzen der kriminellen Seite Bastets, genoss es einen überraschenden guten Ruf und konnte nicht behaupten, dass es gemieden wurde. Teilweise kamen sogar Touristen von überall aus dem Planetensystem ins Seth – und sei es nur, weil sie einmal erleben wollten, wie es sich anfühlte, in eine richtige Bandenschießerei zu geraten.</p><p> Daher wunderte es nur wenig, dass sich die erstaunlich gut situierte Gestalt gerade diesen Ort für ein Treffen ausgesucht hatte.</p><p> Eine Kellnerin brachte ihnen Getränke. Als sie sich bei der Verteilung der Gläser vorbeugte und ihnen dabei das gut ausgestattete Dekolleté präsentierte, ergriff der Besucher das Wort: »Sie haben uns nicht gesehen«, erklärte er wie selbstverständlich und hielt ihr ein paar Throne hin.</p><p> Die Frau starrte erst ihn, dann Cassius an. Kurz entschlossen nahm dieser seinem Gegenüber die Throne aus der Hand, schob sie der Kellnerin in den Ausschnitt und klatschte ihr dabei auf die nackte Haut.</p><p> Er spürte wieder dieses Verlangen. Diesen Wunsch, sich auf die erneute Suche nach einer blutjungen und jungfräulichen Pilgerin zu begeben und diese einfach zu zerreißen.</p><p> Er unterdrückte den Drang. Vielleicht würde er sich irgendwann einmal der Kellnerin annehmen. Aber nicht jetzt.</p><p> »Wenn Sie einen Ort wie diesen hier besuchen, dann sollten sie dessen Sprache sprechen«, knurrte er und griff nach seinem Ale.</p><p> »Ich verstehe«, sagte der andere, dessen eine Gesichtshälfte immer wirkte, als würde sie dem gesprochenen Wort ein wenig hinterherhinken. »Ich werde versuchen, daran zu denken.«</p><p> »Also, warum haben Sie mich herbestellt?«, fuhr Cassius fort. »Hier, in dieses … Etablissement?« Er meinte das Seth.</p><p> »Mein Meister wünscht, Eure Dienste in Anspruch zu nehmen«, begann sein Gegenüber mit gemessener Stimme.</p><p> Der ehemalige Soldat starrte in sein Glas, blickte durch die trübe Flüssigkeit auf den Boden und ließ die Worte des anderen noch einmal Revue passieren. Dann rümpfte er die Nase. »Und weiter?«</p><p> »Das Imperium ist alt. Seine Bonzen sind fett, selbstverliebt und dekadent. Sie lassen sich von den Triaden umherstoßen und vergessen dabei, wer der wahre Herr der Menschheit ist. Wir sind der Meinung, dass die Zeit der Triaden abgelaufen ist. Bastets Unterwelt braucht einen neuen König.«</p><p> »Und dieser König soll Ihr Meister sein?«, hakte Cassius nach.</p><p> »Nein«, wehrte der andere entspannt ab. »Beileibe nicht. Mein Meister hat kein Interesse an einer Welt wie der Ihren. Das werden die Beteiligten unter sich ausmachen müssen, wenn die Macht der Triaden gebrochen ist.«</p><p> »Hm«, brummte Cassius. »Ich verstehe.« Tatsächlich verstand er nicht ganz, aber das war egal. Die Vorstellung, die Kraft der Triaden könne gebrochen werden, ließ sein Herz einen kleinen Sprung machen. Vor allem, wenn er daran dachte, welche Möglichkeiten sich ihm dabei erschlossen.</p><p> Ganz so einfach war die Sache dann aber doch nicht. »Was springt für Sie dabei heraus?«, bohrte er weiter.</p><p> »Es ist unser Ziel, dass die Verwaltung endlich wieder an Ordnung gewinnt«, erklärte der Besucher. Dabei strich er sich über die reich bestickte Robe. »Wir dienen alle dem Imperator. Und der Imperator soll uns führen – bei allem, was wir tun.«</p><p> Cassius rümpfte die Nase. Ja, er kannte solches Gerede. Es klang wie jene Worte, die man ihm, Jahre über Jahre hinweg, eingeredet hatte, bis er sie selbst glaubte und für sie alles hingab. Verschroben, einfältig und geblendet.</p><p> Den Imperator kümmerte es einen Scheiß, was man tat oder wozu. Er war selbst viel zu sehr damit beschäftigt, seine Gegner irgendwo jenseits der Grenze zwischen materieller und immaterieller Welt zu bekämpfen.</p><p> Aber gut. Das sollte nicht sein Problem sein. »Was würde denn für mich dabei herausspringen?«</p><p> »Ihr könntet in Ruhe Euren Aktivitäten nachgehen – solange diese nicht mit unseren Vorhaben im Konflikt stehen.«</p><p> Cassius dachte nach. Das Angebot klang verlockend. Ohne die Sorge, die regulierende und kontrollierende Hand der Triaden könnte bei jedem Zucken seinerseits nach ihm greifen, boten sich ihm viele neue Möglichkeiten.</p><p> Allerdings ließ sich nicht ersehen, welche Folgen der Wegfall des Puffers haben würde, den die Triaden zwischen den Kleinkriminellen und der Staatsmacht bildeten.</p><p> »Und wie würde das ablaufen?«, fragte er zögernd weiter.</p><p> Der Besucher hob die Hand. »Unser erstes Ziel wird sein, dem Imperium die eigene Machtlosigkeit vor Augen zu führen. Es bedarf dazu nur eines kleinen Hebels«, erklärte er.</p><p> Als Cassius‘ Reaktion ausblieb, fügte er an: »Wir töten den Gouverneur.«</p><p> Der Knall, mit dem der ehemalige Sergeant sein Ale-Glas abstellte, hallte schwer durch den Schankraum. Dass sich trotzdem niemand umdrehte, lag einzig und allein an der Tatsache, dass das um sie herum aufschäumende Meer an Geräuschen den Laut wie eine kleine Spitze des Hintergrundlärms erscheinen ließ.</p><p> Cassius suchte in den trüben Augen seines Gegenübers nach einem mühsam zurückgehaltenen Lächeln, das die Bedeutung der Worte entwertete und sie durch eine realistischere Forderung ersetzte. Er fand keines.</p><p> »Warten Sie – Sie meinen das ernst?!«, brach es aus ihm heraus.</p><p> »Natürlich«, bekräftigte der andere. »Wir belieben nicht zu scherzen.«</p><p> »Aber … wie?!«</p><p> Das verschwörerische Lächeln des Mannes, ein wenig schief dank der etwas hinterherhinkenden Gesichtshälfte, ließ keinen Zweifel daran, dass Cassius im Begriff war, sich auf ein gefährliches Spiel mit dem Feuer einzulassen. »Ich denke, Ihr kennt das Saatfest, oder?«</p></blockquote><p></p>
[QUOTE="Sistermarynapalm, post: 3000104, member: 18790"] [CENTER][CENTER][B]Sind wirklich schon wieder zwei Monate vergangen?[/B] [/CENTER] [/CENTER] [CENTER][CENTER][B] Wow. Die Zeit verfliegt.[/B] [/CENTER] [/CENTER] [CENTER][CENTER][B] Damit kommt das neue Kapitel.[/B] [/CENTER] [/CENTER] [CENTER][CENTER][B] Viel Spaß beim Lesen![/B] [/CENTER] [/CENTER] [CENTER][CENTER][B]10[/B] [/CENTER] [/CENTER] Es mochte an der Tatsache liegen, dass Serareh einen eklatanten Anteil an den Truppenverschiebungen des Imperiums in diesem Teil des Segementus Pacificum besaß, aber wer plante Bastet zu bereisen, der lernte in der Regel die wuchtigen Landebuchten des Raumflughafens von Sera als Erstes kennen. Waffenstarrende Festungen, schwere Flugabwehrgeschütze und Langstreckenraketenbatterien, sowie eine ganze Garnison wendiger Raumjäger waren nahe dem Zivilflughafen stationiert, um im Falle eines Angriffs feindlicher Kräfte umgehend zum Einsatz gebrachten werden zu können. Raumflughäfen gehörten zur den wichtigsten infrastrukturellen Einrichtungen eines Planeten und wer daran dachte, Operationen gegen eine Welt im größeren Stil durchzuführen, der tat gut daran, zuerst die riesigen Umschlagplätze in seinen Besitz zu nehmen. Zwar hieß es immer, im Krieg kam es nicht darauf an eine Welt zu erobern, sondern die Herzen deren Bewohner, allerdings brachte auch die beste Eroberung nichts, wenn sie nur von kurzer Dauer war. Und das führte einen zwangsläufig immer wieder auf den Besitz der Raumhäfen zurück. Aber das war nur einer der Gründe, aus denen sich Tervor Fortis die Zeit nahm, die Anlagen eingehender zu betrachten. Viel wichtiger für ihn maßen sich die Erkenntnisse aus, die er aus den Fehlern gewann, welche das Imperium bei der Konstruktion seiner Infrastrukturanlagen beging. Funktion und effektive Verwaltung großer Immobilien zur Nutzbarmachung vorhandener Ressourcen stellte ein Kerngeschäft von Fortis dar. Er war Vertreter eines großen Manufakturkonsortiums auf dem Planeten Ghersom IV, das neben Fahrzeugen für die Imperiale Armee fortschrittliche, dampfbetriebene Triebwagen für gleisgebundene Verkehrsmittel herstellte. Offiziell zumindest. Inoffiziell war er in einem anderen Auftrag unterwegs. Aber da das geheim war, verdrängte er dieses Wissen immer wieder gerne in die hintersten Windungen seines Gehirns zurück und zog diese Trumpfkarte nur, wenn er sie wirklich benötigte. Den Rest der Zeit war er lediglich ein Handelsvertreter, der sich einen Eindruck von der Infrastruktur eines Planeten machte. In diesem Fall Bastet. Noch hatte Fortis keinen Basteter getroffen, aber noch während die Fähre zur Landung ansetzte, gab er sich Überlegungen hin, wie die Basteter wohl auf ihn reagierten. Er selbst war ein Mann um die vierzig, wobei er jünger wirkte, als es sein Pass verriet. Mit seiner sportlichen, eher jugendlichen Erscheinung besaß er eine überraschend anziehende Wirkung auf Frauen, die er zum Teil auch seinem nordischen Einschlag verdankte (selbst wenn man sich im Imperium unter dem Begriff einer nordischen Herkunft nicht wirklich etwas vorstellen konnte). Natürlich nutzte er diese Eigenschaft gerne, um andere Leute zu manipulieren – besonders Frauen – wenn auch nicht, um diese für das eine oder andere Schäferstündchen zu gewinnen. Natürlich war auch er nur ein Mann und durchaus gewillt, sich der einen oder anderen körperlichen Entspannung hinzugeben. Auf der anderen Seite aber wusste er genau, dass ihm das den einen oder anderen tadelnden Blick einbringen würde. Und die tadelnden Blicke eines kleinen Mädchens konnten sehr eindringlich sein. Nachdenklich lehnte er sich in seinem Sitz zurück und dachte an die schmächtige, fast schon dürre Gestalt, das kurze, wirre blonde Haar und die durchdringenden blauen Augen seiner Herrin. Nein, verbesserte er sich. Herrin war das falsche Wort und sie hätte sich wohl auch nie so bezeichnet. Sie war … eine Führerin. Ein Leuchtfeuer. Ein heller Stern im ewigen Dunkel des Universums. Und obwohl sie den Körper eines Kindes besaß, warteten in ihrem Innersten unheimliche Kräfte darauf, sich der Galaxis zu offenbaren und das Imperium zurück auf jene Pfade zu lenken, die es vor Jahrtausenden verlassen hatte. Doch dafür musste zuerst ergründet werden, wie viele Welten sich retten ließen, wie viele sich retten lassen wollten und wie viele schlussendlich nicht zu retten sein würden. Also zogen Männer und Frauen wie Fortis aus, bereisten das galaktische Reich und stellten Nachforschungen über den Zustand der von ihnen besuchten Welten an. Natürlich war ihnen klar, dass dies eine sehr gefährliche Aufgabe war. Diejenigen, denen die Wichtigkeit ihrer Mission nicht offenbar wurde, mochten darin den häretischen Versuch sehen, das Imperium der Menschheit zu schädigen und würden dagegen mit äußerster Brutalität vorgehen. Fortis wusste bereits von Fällen, in denen es so geschehen war. Und jedes Mal, wenn er von einem neuen Martyrium erfuhr, versetzte ihm dieses Wissen schmerzende Stiche in der Herzgegend. Ohne Frage ließen sich die Verluste an Personal und Wissen letztendlich irgendwann ersetzen, aber das Ziel ihrer Sache wurde durch derlei Ereignisse immer wieder zurückgeworfen. Vor allem aber fühlte Fortis, dass ihre Herrin ungemein darunter litt. Fast schien es, als empfände sie jeden Verlust wie den Tod eines Kindes. Hinzu kam: obwohl Fortis sehr wohlbekannt war, dass es sich bei seiner Herrin eben nicht um ein junges Mädchen handelte, so sah er, wenn er sie beobachtete, immer nur ein Kind. Und das machte es doppelt schlimm, sie leiden zu sehen. Er hoffte inständig, dass keine seiner Reisen ihr jemals einen Anlass zur Trauer geben würden. »Entschuldigen Sie«, sprach ihn jemand von der Seite an. Fortis sah auf. Ein junger Steward beugte sich zu ihm herab. »Wir sind bereits gelandet, mein Herr.« Erstaunt blickte sich der Magistrat um. Die Reisenden um ihn herum hatten sich schon erhoben und strebten den Ausgängen der Fähre entgegen. Frustriert stellte er fest, dass er den größten Teil des Anfluges verträumt und eine einmalige Chance versäumt hatte, sich einen ersten Überblick über die Infrastruktur zu verschaffen. Das bedeutete, er würde zusätzliche Throne in die Hand nehmen müssen, um ein örtliches Shuttle für einen zusätzlichen Überflug zu chartern. Nicht, dass ihn das Geld gestört hätte. Davon besaß er genug und konnte es nach seinem eigenen Gutdünken verwenden. Ihn beunruhigte eher die Tatsache, dass er derart nachlässig gewesen war. Im falschen Moment konnte so etwas tödlich sein. Aber es gab sicherlich bessere Zeiten, sich darüber Gedanken zu machen. Fortis blickte zum Steward auf. »Oh, schade«, stellte er fest und erhob sich. Der Mann trat erstaunt zur Seite und verfolgte den Magnaten dabei, wie dieser sein Gepäck aus der Gepäckablage zusammensammelte, seinen Mantel anzog und dann die Fähre verließ. Seine Verabschiedung blieb unbeantwortet. Außerhalb des Shuttles traf Fortis der Vorschlaghammer brennend heißer Wüstenluft. Die Nacht hatte sich bereits über diese Seite des Planeten gesenkt, aber die Atmosphäre schien das noch nicht realisiert zu haben. Am Horizont glühten die letzten Reste der beiden Zwillingssonnen von Bastet nach und wenn man seinen Blick in die andere Richtung richtete, sah man die von den Geräuschen himmlischer Magenverstimmung begleiteten stroboskopartigen Lichter eines aufziehenden Gewitters. Davor wuchsen die wuchtigen Formen der großen Landebuchten in die heiße Nachtluft, in denen an- und abfliegenden Raumfahrzeuge zumindest eine temporäre Bleibe fanden. Im harten Licht- und Schattenspiel zwischen Nacht und Landefeldbeleuchtung ließen sich nur Schemen ausmachen, aus denen tausende grell erleuchtete Augen auf Fortis hinab starrten. Der Magnat schwor sich, dass er mindestens noch einen Tag damit zubringen würde, die Anlagen des Raumhafens genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein Mitarbeiter der Bodenbesatzung, in eine graue Uniform gehüllt und mit einem bionischen Auge versehen, eilte auf ihn zu und verneigte sich knapp. Nach einer kurzen Vorstellung bat der Mann ihn, ihm zu folgen und schritt Fortis voran zum Eingang des Landeterminals. Dort wartete eine Gruppe von Ordensschwestern, begrüßte die Reisenden und segnete sie. Wie Fortis beim Nähertreten feststellte, handelte es sich bei den Frauen um Schwestern der Leere, eines Kults von Priesterinnen und Klerikerinnen, der offiziell den Rang eines Ordens führte und unter den Schwestern des Adeptus Sororitas als ein niederer Orden geführt wurde. Das Symbol des Ordens war, soviel wusste Fortis, eine schwarze Scheibe, welche die Leere des Weltraums symbolisierte. Tatsächlich war der eigentliche Wirkbereich dieses kleinen Kults die Schwärze der ewigen Nacht zwischen den Sternen. Die meisten ihrer Angehörigen waren selbst Kinder der Leere, also Menschen, die in der unendlichen Weite des Alls geboren worden waren. Sie reisten zwischen den Sternen umher, spendeten Trost an jene, die sich dem Einfluss des Immateriums ausgesetzt sahen und begleiteten Pilger, Reisende und Schiffsbesatzungen auf ihren Wegen entlang der Lebensadern des Imperiums – manchmal sogar darüber hinaus. Niemand wusste wirklich, wie lange der Orden bereits existierte. Allerdings hielten sich hartnäckig Behauptungen, die Schwestern der Leere seien von einer fremden, dunklen Macht entsandt worden, das Imperium zu unterminieren und sich gleich vergifteten Zellen in seinem Innern auszubreiten, um es irgendwann, in einem entscheidenden Moment, zu lähmen und zu zerschlagen. Was davon wirklich stimmte, konnte wohl niemand sagen. Allerdings interessierten sich die Exekutiven des Imperiums bisher ganz und gar nicht für die Schwesternschaft. Von daher maßen die meisten imperialen Bürger derlei Behauptung nicht wirklich viel Bedeutung bei. Fortis wusste es besser – er kannte ihren wahren Hintergrund – und daher fühlte er sich beim Anblick der Schwestern immer ein wenig beruhigter. Die Frau, die die kleine Prozession führte – zumindest, wenn man Alter und Erfahrung in Relation setzen wollte, wirkte sie wie die Anführerin – bemerkte ihn und kam mit kurzen, zögernden Schritten näher. »Willkommen, Reisender«, begrüßte sie ihn. »Willkommen auf Bastet.« »Danke«, erwiderte er und verneigte sich. Dabei maß er die Schwester mit knappen, prüfenden Blicken. Sie war irgendwo zwischen Mitte fünfzig und Anfang sechzig, besaß ein kultiviertes Erscheinungsbild und tiefbraune Augen, die ihn durch eine große Brille anblickten. Ob es einen Grund dafür gab, dass die Brille wie ein Vergrößerungsglas wirkte, wusste Fortis nicht, aber er konnte sich dem Eindruck nicht erwehren, dass die Augen der Schwester ein Vielfaches größer erschienen als normal üblich. Das verlieh ihr etwas eulenhaftes. Besonders in Verbindung mit ihren etwas dickeren, buschigen Augenbrauen und dem akkurat gekämmten Haar gleich sie eher einem Uhu als einer Ordensschwester. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn sie ihn im nächsten Moment um eine Spende in Form einer toten Maus gebeten hätte. Aber dem war nicht so. Stattdessen erkundigte sie sich nach seinem Befinden. »Die Reise war lang«, stellte er etwas ermattet fest, während sie ihm mit einer einladenden Geste bedeutete, sie zur Gepäckaufnahme zu begleiten. »Ich bin müde.« »Von wo kommt Ihr, wenn mir diese Frage gestattet ist?«, fragte sie mit ihrer etwas kratzigen Stimme. »Ghersom IV.« »Oh«, bemerkte sie und warf ihm einen Blick zu. »Eine sehr schöne Welt. Ich bin bereits selbst dort gewesen.« Als er nicht antwortete, fuhr sie fort: »Das wirft natürlich die Frage auf, aus welchem Grund es Euch auf eine glühende Kugel wie Bastet III verschlagen hat.« Normalerweise wäre Fortis nun hellhörig geworden. Immerhin bot eine solche Art der Fragestellung einen Grund zur Vorsicht. Was auch immer der Anlass für das Interesse der Schwester sein mochte, der Weg, den sie dabei beschritt, deutete auf einen stark investigativen Wissensdurst hin. Allerdings spürte er in diesem Moment keine Gefahr. Etwas leitete ihn und seine Worte, bot ihm den Trost der Erkenntnis, dass er es hier nicht mit einer Feindin zu tun hatte. »Geschäfte«, bemerkte als knapp, als eine Reihe Wartender passierten und den Terminal betraten. Jenseits des Eingangs wuchs die nach außen eher wuchtige, gedrungene Form des Gemäuers in das für imperiale Gebäude eher typischen Seitenverhältnis der imperialen Neo-Gotik. Hohe, reich verzierte Säulen stützten mehrere Ebenen, aufgeteilt in eine Reihe von Längs- und Querschiffen, bewacht von fein gehauenen Statuen und Fresken, die ihnen von der Decke aus beim Betreten des Ankunftsgebäudes zuschauten. »Ich nehme an, dass es wichtige Geschäfte sind, wenn Ihr den weiten Weg von Ghersom auf Euch genommen habt«, stellte die Schwester fest. »Ich wage zu behaupten, dass meine Geschäfte dem Wohl der Menschheit dienen«, erwiderte er. »Das ist die einzige Bedeutung, die ich ihnen beimesse.« Urplötzlich drehte sich die Schwester um. »Gebt mir Eure Hand«, sagte sie und lächelte ihn an, was ihr das Aussehen einer Eule verlieh, die gerade eine fette Ratte verspeist hatte. Ohne zu zögern, streckte er den Arm aus, welcher von seiner Begleiterin sofort ergriffen wurde. Sie zeichnete die Linien seiner Handfläche nach, schien kurz in Gedanken verloren und legte ihre viel kleinere Hand schließlich in seine. Er spürte, wie etwas seine Haut berührte. Ohne ihm weitere Worte der Erklärung zu schenken, schloss sie seine Finger um den kleinen, festen Gegenstand und blickte ihm erneut in die Augen. »Ihr habt starke Finger, mein Herr. Achtet gut auf sie. Mit ihnen könnt Ihr erreichen, was immer Ihr zu erreichen sucht.« Dann ließ sie ihn los. Neugierig sah er nach. Ein kurzer Blick offenbarte, was ihm die Schwester übergeben hatte: Ein winziger, unscheinbarer Datenchip ruhte in seiner Hand. »Habt Dank, Schwester«, antwortete Fortis und lächelte ebenfalls. »Ein solches Geschenk gleich zur Ankunft gibt Mut für die kommenden Geschäfte.« Seine Begleiterin rückte die Brille über den braunen zurecht, bevor sie die Hand hob. »Sie möge Euch begleiten«, segnete sie ihn. »Aber, Schwester!«, brachte er hervor und merkte postwendend, dass soeben seine Deckung abhandengekommen war. Wie nur hatte er sich so von ihren Worten derart überraschen lassen können? Noch während den Magistraten seine Miene entglitt, ergriff die Schwester die Türklinke der Situation, drückte sie herunter und öffnete so den Pfad für eine Lösung der für Fortis verfahrenen Situation. Geschickt wandelte sie sein ehrliches Erschrecken in die Unkenntnis eines Außenweltlers um. Ihre Hand richtete sich einladend auf eine Statue der Heiligen Bastet, die über den Eingangsbereich wachte. »Wer auf Bastet wandelt, sollte stets um die Gunst der Herrin dieser Welt bemüht sein.« Der Manufactoriums-Vertreter folgte der Geste mit seinen Augen, begriff und nickte, mehr dankbar denn von ihren Worten überzeugt. »Ich verstehe.« Sein Gegenüber neigte ihren Kopf und wandte sich zum Gehen. Fortis zögerte, als ihm eine letzte Sache einfiel. Er räusperte sich und erhob ein letztes Mal die Stimme. »Sagt Ihr mir noch Euren Namen, Schwester?« »Ich dachte, den wüsstet Ihr längst«, stellte sie mit einem kleinen Anflug von Überraschung in der Stimme fest. »Beatrice.« [CENTER][CENTER]*** [/CENTER] [/CENTER] »Jetzt gehen Sie endlich«, intonierte Ekko gegenüber dem vor ihm stehenden Priester, seiner Aussage mit einem knappen Handwink mehr Gewicht verleihend, »und nehmen Sie Frau Biatch gleich mit.« »Biasz«, verbesserte die attraktive imperiale Interogatorin neben ihm. Eigentlich hätten alle Anwesenden nun damit gerechnet, dass ihr der Colonel noch eine sarkastische Bemerkung entgegenschleuderte – und eigentlich hatten sie damit auch Recht. Natürlich wäre er am liebsten laut lachend aufgestanden und hätte sie mit einem »Genau! Die auch« von dannen geschickt. Aber im Augenblick fehlte ihm dafür einfach der Nerv und so beschränkte er sich auf ein einfaches »Raus!« sowie eine entsprechende, kaum missverständliche Geste. »Das wird ein Nachspiel haben!«, versicherte ihm der in schlichte Gewänder gehüllte Mann. »Das denke ich kaum«, gab Ekko zurück. Dann legte er die Laserpistole auf den Schreibtisch und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Das altehrwürdige Leder knirschte. Mit wachsamen Augen verfolgte der Colonel, wie zwei Soldaten die beiden Inquisitionsagenten aus dem Zelt des Kommandanten führten, dann wandte er sich an Balgor, der etwas außerhalb der Szenerie an eine der tragenden Stangen gelehnt stand und die Szenerie wortlos verfolgte. »Ich sollte mir wirklich ein neues Holster besorgen«, stellte er fest. »Warum?«, erkundigte sich der Captain. »Das ist bereits das zweite Mal innerhalb weniger Tage, dass mir jemand die Knarre klaut.« Ekko warf seine Hand in einer abwiegelnden Geste achtlos in Richtung der Waffe. Eine Beleidigung, die vom Maschinengeist verstanden und tief in seinen Erinnerungen abgespeichert wurde. »Ein Glück, dass Sie gerade vorbeikamen. Sonst hätte mir eine sehr unangenehme Unterhaltung bevorgestanden.« »Oh – das war nicht ich. Das war Krood«, merkte der rangniedere Offizier an und zuckte die Schultern. Ekko runzelte die Stirn und sah auf. »Krood?«, hakte er ungläubig nach. »Was wollte der denn von mir?« Stille antwortete ihm, stellte Vermutungen und Überlegungen an, wusste aber auch keine Lösung und ließ sich demotiviert in einen der Sessel vor dem Schreibtisch fallen. Balgor hingegen zuckte lediglich die Achseln. Eine Weile lang sagte keiner von ihnen ein Wort, während wertvolle Zeit verstrich und sich über die beiden seltsamen Offiziere wunderte, die nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen wussten, als in Gedanken versunken zu sein. Es war schließlich Balgor, der das Zepter der Gesprächsführung übernahm. »Also, Colonel, was wissen wir denn jetzt eigentlich?«, erkundigte er sich. »Wenn ich das wüsste«, gab sein Gegenüber zurück und steuerte damit keinen nützlichen Beitrag zur Fragestellung bei. »Sie haben mich überfallen und belästigt«, mutmaßte er. »Colonel – das ist nicht mehr witzig«, merkte der temporär stellvertretende Regimentskommandeur an. »Die Inquisition hat es auf Sie – und damit auf uns – abgesehen. Was wollen die von uns?« Ekko zog Luft ein. »Ich weiß es nicht«, wiederholte er, dieses Mal mit deutlich kürzer angebunden und mit mehr Nachdruck in der Stimme als zuvor. »Dieses Vorgehen ist absolut atypisch. Kein Inquisitor würde sich einem Delinquenten gegenüber derart offen und aufdringlich verhalten. Man würde im Geheimen alle Informationen sammeln und den Betreffenden dann wegcatchen, wenn er es am wenigsten erwartet. Im Grunde wie ein Disziplinarverfahren. Denken Sie nicht, ich hätte mir da nicht schon längst selbst Gedanken drüber gemacht.« »Doch, natürlich«, wehrte Balgor ab. »Mir war klar, dass Sie sich darüber Gedanken machen würden. Deswegen frage ich ja.« »Es könnte alles sein«, gestand sein Gesprächspartner. »Vielleicht hat es irgendetwas mit den Sororitas zu tun, mit Ayle oder meiner Zeit in der PVS Bastet. Es ist aber auch genauso gut möglich, dass sich jemand aus dem Umfeld des Departmento Munitorium berufen fühlt, den aberwitzigen Umständen unseres Überlebens auf Agos Virgil genauere Beachtung zu schenken.« Er hob ahnungslos die Hände. »Oder es hat gar nichts mit uns zu tun und wir hatten nur das Pech, dass ich so verteufelt gut aussehe.« Balgor schoss seinem Vorgesetzten einen finsteren Blick zu, den dieser zum Anlass nahm weiter auszuholen: »Sagen Sie nichts – Sie müssen zugeben, dass selbst Doktor Calgrow auffällig oft meine Nähe sucht. Mein Umfeld liebt mich einfach.« Die Zeltplane flog zur Seite. »Colonel Ekko!«, brach die aufgeregte Stimme von Achad Alit in das Schweigen, füllte den Raum mit derart viel Leben, dass es in seiner Intensität kaltem, grellem Neonlicht ähnelte. »Sehen Sie?«, schloss Ekko das Thema ab, bevor er, an Alit gewandt, neu ansetzte: »Herr Jung-Kommissar. Was verschafft uns die Ehre, Beobachter Ihrer Erregung zu werden?« Der Angesprochene reagierte gar nicht auf die Worte, sondern begann sogleich, den Grund seines plötzlichen Auftretens zu umreißen: »Ich wurde gerade Zeuge davon, wie Soldaten zwei Zivilisten aus dem Lager eskortierten!«, informierte er die Anwesenden. »Hat es einen unerlaubten Zutritt gegeben?« Ekko und Balgor wechselten einen kurzen Blick. Der Regimentskommandeur schüttelte den Kopf. Es würde wohl kaum Schaden anrichten, wenn er dem Kommissar die Wahrheit erzählte. Zumindest hoffte er das. »Oh – das waren keine Zivilisten. Das waren Beamte der Inquisition.« »Der In-quisition?«, brach es aus Alit hervor. Er straffte seine Uniform, mehr aus Reflex denn tatsächlicher Notwendigkeit. Immerhin waren die beiden Abgesandten bereits auf dem Rückweg an jenen Ort, von dem aus sie ihr finsteres Treiben begonnen hatten. »Warum hat mich niemand darüber informiert, dass zwei Angehörige der Imperialen Inquisition hier ihren hoheitlichen Aufgaben nachgehen?« »Nachgehen …«, brummte Ekko in Gedanken versunken. Er stockte, schreckte auf und fuhr herum. »Nachgehen!«, rief er so plötzlich aus, dass ihn die damit einhergehende Überraschung selbst aus dem Sessel katapultierte. »Balgor! Schicken Sie zwei Männer, die den beiden in einem Tauros folgen und herausfinden, wo sie jetzt hinfahren.« »Was?« »Balgor, sofort!« Der Angesprochene wandte sich um. Die Schallwelle seiner Stimme schnitt scharf in das von schwachem Licht erfüllte Zelt, lief durch den Raum und gelangte, nach einem kurzen Sprint an der Zeltplane vor dem Eingang vorbei, an die kalte Nachtluft: »Lenhim!« Das Echo ließ nicht lange auf sich warten, pflanzte sich in die Ferne fort und gewann dabei an Wortschatz. »Rebis!« »Gorak!« »Melbin!« »Was ist denn los?!« »Solch eine Situation zeigt es wieder einmal«, brummte der Colonel ein wenig missmutig. Balgor und Alit wandten sich ihm zu. »Was denn?«, wollte der temporär stellvertretende Regimentskommandeur wissen. »Wenn gar nichts mehr funktioniert, so funktioniert dennoch unsere Befehlskette.« Die Zeltplane flog erneut zur Seite. Lenhim trat ein. Ekko blickte zu Balgor, forderte ihn stumm auf, sich der Angelegenheit anzunehmen. Der verneigte sich ansatzweise, machte kehrt, und führte den Lieutenant aus dem Zelt. Der Regimentskommandeur und sein Kommissar blieben zurück. »Colonel«, machte Alit auf sich aufmerksam – ein Fehler, wie er kurz darauf feststellte. Dennoch sprach er mit fester Stimme weiter. »Es ist nicht klug, Vertretern der Ekklesiarchie gegenüber derart aufzutreten.« »Klug?«, ertönte die ironische Antwort. »Der Priester hat zugeguckt, wie die Dame mich bestiegen hat«, fasste er die Situation treffend zusammen. »Und ich war nicht einmal wach!« »Bestiegen?«, wiederholte Alit und dachte nach. Nach einer Weile malte das Genius der Fantasie zur Beschreibung passende Aquarellbilder in seinem Kopf. Achad Alit war nie künstlerisch begabt gewesen, daher erinnerten die Darstellungen in Form und Farbe eher an Strichmännchen und Kinderzeichnungen. Der Sinn dahinter wurde dem Jung-Kommissar aber dennoch offenbar. Er erbleichte, fühlte eine plötzliche Schwäche in sich aufwallen und schaffte es gerade noch zu einem der Sitze vor Ekkos Schreibtisch, bevor ihn die Wucht der Erkenntnis in das Leder trieb. »Heißt das … heißt das, Sie hatten Sex?!« Der Colonel, der eigentlich mit einer ganz anderen Antwort gerechnet und sich bereits eine sarkastische Bemerkung zu Recht gelegt hatte, stellte fest, dass er darauf keine Erwiderung fand, öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Das wäre schön gewesen«, gab er zu. »Aber leider hat sie nur in meinem Kopf rumgewühlt.« Denn umriss er die Geschehnisse in einer etwas humaneren Form. Es machte die Situation auch nicht einfacher. »Aber … das würde ja heißen, dass es die Inquisition auf Sie abgesehen hat«, stellte der Jung-Kommissar fest. Er lehnte sich weiter in seinem Sitz zurück. Wäre es ihm möglich gewesen, er wäre wohl mitsamt der Sitzgelegenheit von seinem Kommandeur abgerückt. »Was haben Sie getan, dass Ihnen eine solche Aufmerksamkeit zuteilwird?« Die Worte waren wohl gewählt, neutral gehalten und zugleich auffordernd. Allerdings hätte es auch keiner geübten Verschleierung bedurft, denn die Reaktion des Kommissars entwertete jede noch so freundliche Rede. Der Colonel schürzte nachdenklich die Lippen, warf seine Füße auf den Tisch, wobei die Stiefel eine Reihe von zerfledderten Manuskripten von der Arbeitsfläche räumten, und legt die Hände aneinander. »Tja, sehen Sie …«, begann er, »… das gehört zu jenen Wegen des Imperators, die Sie bestimmt auch noch ergründen werden, wenn Sie lange genug an der Front dienen.« »Wie meinen Sie das?«, verlangte Alit zu wissen. »Manchmal reicht es der Inquisition schon, dass Sie leben, wenn jeder Sie eigentlich für tot hält«, erklärte der Colonel nachsichtig. »Meine Männer und ich haben eine Schlacht überlebt, bei der so gut wie jeder andere gestorben ist. Und wir sind heim gekommen.« Diese Worte schienen den Kommissar nicht zu überzeugen. »Warum sollte das die Inquisition auf den Plan rufen?«, verlangte er zu wissen. Ekko lächelte düster. »Wenn ich das wüsste, dann wäre ich einen großen Schritt weiter.« [CENTER][CENTER]*** [/CENTER] [/CENTER] Rabenschwarze Nacht umhüllte die mächtigen Mauern der alten Zitadelle, verbarg das unförmige Gebäude vor den Blicken allzu neugieriger imperialer Bürger. Schwer gepanzerte Inquisitionsgardisten, gehüllt in ihre weinroten Kampfuniformen und durch schwere Plattenpanzerung vor plötzlichen Feuerüberfällen geschützt, patrouillierten auf den Laufgängen hinter den massiven Dachzinnen. Das schwache Glimmen der in ihre Helme integrierten Restlichtverstärker verlor sich in der Düsternis, doch ihre Aufmerksamkeit war so präsent wie die umherpirschender Raubtiere. So entging ihnen auch nicht, dass sich die Formen eines Fahrzeugs aus dem Dunkel schälten. Ein großer Stabswagen der Inquisition, ebenso eindrucksvoll und reich verziert wie jedes offiziell im Dienst der imperialen Verwaltung stehende Objekt, näherte sich der breiten Eingangspforte. Mehrere Gardisten verharrten an ihren Positionen, richteten sich ungefähr auf die von dem Vehikel ausgehende Geräuschkulisse aus, und beobachteten dessen Näherkommen. Nur für den Fall, dass sich das Ziel doch nicht als Fahrzeug der Inquisition, sondern eine täuschend echte Nachahmung, deren Sinn sich erst erschloss, wenn sie im Innern der Bastion laut krachend explodierte. Und obwohl sie ihre von Jahren unermüdlichen Dienstes geschärften Sinne einsetzten, entging den Soldaten das weit hinter der Limousine haltende Gefährt der imperialen Armee. Für einen kurzen Moment erschien es noch, als würde einer der Männer aus den Augenwinkeln auf das kurze Aufglimmen am äußeren Rand seines Sichtfelds aufmerksam, aber die nächtliche Hitze der Wüste ließ Vorder- und Hintergrund miteinander verschmelzen, sodass sich selbst bei einem genauen Hinsehen nicht mehr als ein flüchtiger Schatten vor seinen Sensoren bewegt hätte. Galia Sinwell hingegen konnte nicht einmal den Schatten des entfernt haltenden Gefährts ausmachen, als sie über die mit feinem Wüstensand bedeckten Steine ging, um die in den Innenhof der Bastion einfahrende Limousine in Empfang zu nehmen. Ihr Assistent trottete hinter ihr her, ein Notizpergament in den Händen. Wenig geduldig blieb die hohe Herrin der Inquisition am Rand der Zufahrt stehen, stemmte die Hände in die Hüften und verfolgte, wie die Reifen unter betont leisem Knirschen zum Halten kamen. »Wo seid ihr gewesen?«, herrschte sie den Priester und die Interogatorin an, als beide den Passagierraum des Stabsfahrzeugs verließen. Nicht, dass es sie wirklich interessiert hätte. Beide waren viel zu erwachsen, um sich unzüchtigem Verhalten hinzugeben, und normalerweise nur unterwegs, um einem der vielfältigen Aufträge ihrer Vorgesetzten nachzugehen. In diesem Fall allerdings lag die Sache anders. »Ich möchte hoffen, ihr habt nichts zu unternehmen versucht, das unserem Auftrag zum Schaden gereichen könnte?«, fügte sie an, runzelte die Stirn und verlagerte die Haltung ihrer Arme aus den Hüften unter die Brüste. »Also?«, verlangte sie zu wissen. Die Angesprochenen tauschten kurze Blicke. Selbstbewusstsein und Eleganz machten sich eilig aus dem Staub. »Wir haben den Basteter observiert«, begann Biasz ein wenig zähneknirschend. »Wir haben versucht, mehr über seine Beweggründe herauszufinden.« »Oh, [I]wirklich[/I]?« Ironie, Sarkasmus und blanker Hohn mischten sich in den Worten der Inquisitorin zu einem unheimlichen Potpourri. »Wer hat euch denn dazu ermächtigt?« »Wir …«, wollte der Priester einspringen, aber Sinwell schnitt ihm sofort das Wort ab. »Ihr?«, brach es ihr hervor. »Na, da bin ich aber froh! Was hätte ich nur getan, wenn [I]ich[/I] euch ermächtigt hätte?! Wie gut, dass [I]ihr[/I] euch in der Lage gesehen habt, [I]euch[/I] [I]selbst die Genehmigung[/I] zu einer derart heiklen Observation zu geben!« Biasz wollte etwas zu ihrer Verteidigung einwenden, doch in dem Moment, da sie den Mund aufmachte, konzentrierte sich der Zorn ihrer Herrin vollkommen auf die Interogatorin. »Halt den Mund, du dumme Göre!«, fuhr Sinwell sie an. »Ich habe Jahre deines – und meines – Lebens damit verbracht, dir die Feinheiten inquisitorischen Denkens beizubringen! Und wie dankst du es mir?! Indem du in ein Feldlager der Imperialen Armee einbrichst und den Regimentsführer attackierst!« »Ich habe ihn nicht attackiert!«, wehrte sich Biasz. »Du hast dich auf ihn gesetzt und bist in seinen Geist eingebrochen!«, bellte Sinwell weiter. Hätte sie aufgesehen, so wäre ihr vermutlich aufgefallen, dass kaum noch einer der Inquisitionsgardisten den vorgeschriebenen Patrouillenwegen folgte. Die Gefahr aus dem Innern der Zitadelle schien in diesem Moment weitaus größer als jeder Angriff, der von außen hätte erfolgen können. »Und währenddessen hat dein Begleiter ihn mit seiner Waffe bedroht! Wie konntet ihr nur?!« Die Inquisitorin schnaubte. »Ihr habt euch benommen wie dilettantische Anfänger!« »Es war unsere Absicht, in Eurem Interesse …«, begann der Ministrant einen weiteren Versuch der Verteidigung, scheiterte aber bereits nach kurzer Strecke. »Mein Interesse?«, wehte Sinwell seinen Einwand zur Seite. »Er hätte euch erschießen lassen können. Und damit wäre er in dem Moment sogar im Recht gewesen! Wie kann es in meinem Interesse sein, auf diese Weise Aufmerksamkeit zu erregen?!« Biasz senkte den Kopf. »Aber ich verstehe nicht: woher …« »Er hat mich angerufen und sich für dein Vorbeikommen bedankt«, erklärte Sinwell bissig. »Außerdem hat er darum gebeten, dass der Typ …« – bei diesen Worten blickte sie zum Priester – »… beim nächsten Mal nicht mitkommt, damit die Atmosphäre nicht zerstört wird« Sie hielt inne, griff einen der sie passierenden Herzschläge und zerquetschte ihn in ihrer Faust. »Wisst ihr eigentlich, was ihr beide da angerichtet habt?!« »Verzeiht, Mylady«, wandte Defay ein, stellte sich ein wenig schützend vor Biasz. »Mir war nicht bewusst, dass wir Euch damit derartigen Schaden zufügen.« »Oh! Also ganz plötzlich war es eure Idee, Dekan?!« Sinwell hob eine Hand, ließ sie dann wieder sinken. »Ich hätte mehr von euch erwartet. Von euch beiden«; ebbte ihr Wutanfall auf eine Weise ab, die auf ein späteres, noch mächtigeres Unwetter hindeutete. Sie fuhr herum. »Und nun kommt. Es gibt eine neue Entwicklung.« Biasz und Defay verfolgten, wie sie von Dannen schritt, den Weg in Richtung der unterirdischen Kommandozentrale nehmend. Tavlov schlurfte hinter ihr her wie ein fußkranker Schoßhund. »Danke«, murmelte die Inquisitionsadeptin, als sie sich selbst in Bewegung setzte. »Nehmen Sie es nicht tragisch. Ich bin genauso schuldig wie Sie«, antwortete der Mann neben ihr. »Ich werde dem Imperator später meine Verfehlung beichten und seine Strafe ebenso akzeptieren wie die der Inquisitorin.« Eine Weile lang schritten sie stumm nebeneinander her, bevor der ekklesiarchische Diener erneut die Stimme erhob. »Manchmal bemitleide ich ihn ein wenig«, meinte der Priester finster und deutete knapp auf Tavlov. »Man könnte auf den Gedanken kommen, er sei ihr Eigentum.« »Er [I]ist[/I] ihr Eigentum«, präzisierte die Interogatorin, um einschränkend anzufügen: »Aber nicht mehr lange. Sie hat einen viel interessanteren Besitz gefunden.« Die Reaktion ließ ein wenig auf sich warten. »Und wer soll das sein? Sie meinen doch nicht etwa diesen Colonel, oder?«, brach es aus ihrem Begleiter hervor. In einer Reflexbewegung deutete er über die Schulter. Die junge Frau hob ahnungsvoll die Schultern. »Er hat etwas primitives an sich«, erklärte sie. Ein partiell erregtes Seufzen schloss sich an. »Etwas … animalisches.« »Finden Sie?«, fragte der Priester, ohne sie eigentlich direkt anzusprechen. Er hätte genauso gut feststellen können: ‚findet sie!‘, fügte aber stattdessen an: »Für mich besitzt er eher etwas Dümmliches. Die Sache mit dem primitiv würde ich aber definitiv unterschreiben.« Biasz warf ihm einen düsteren Blick zu. »Sie haben nicht viel Erfahrung im Umgang mit Frauenherzen, oder?«, erkundigte sie sich wie beiläufig. »So wie Sie reden, könnte man meinen, Sie verstünden nicht viel von Inquisitionsverfahren«, stichelte er zurück. Sie stoppte abrupt und wandte sich ihm zu. Evi Biasz war deutlich kleiner als der hochgeschossene Priester, doch in diesem Moment schienen die Rollen vertauscht: Urplötzlich strahlte ihre Aura überlebensgroß, drängte das Selbstbewusstsein ihres Gegenübers in eine nahezu winzige Ecke eines nur um sie herum existierenden Bannkreises zurück. Dort kauerte es, befand sich zwischen den zusammengedrückten Fingern ihrer Gunst und lebte eigentlich nur noch, weil sich Biasz einfach nicht entscheiden konnte, ob sie seinen Stolz wie ein lästiges Insekt zerquetschen wollte. Wie ihm aufging, besaß sie gerade jetzt mehr Ähnlichkeit mit Galia Sinwell denn jemals zuvor. »Eine wichtige Regel beim Umgang mit Frauen ist, dass man sie niemals wütend machen sollte«, erklärte sie ihm, die Stimme zu einem verbalen Warnschild erhoben. »Besonders nicht, wenn sie Macht besitzen.« »Ich habe es gerade gemerkt«, stellte der Dekan fest. »Sonst noch einen Ratschlag, an den ich mich unbedingt halten sollte?« »Nur einen«, schloss Biasz, und dabei nahm ihre Ausstrahlung erstaunliche Ähnlichkeit mit der Aura ihrer Herrin an: »Verwechseln Sie Interesse niemals mit Schwäche.« [CENTER][CENTER]*** [/CENTER] [/CENTER] Sein Name lautete Cassius. Ohne Frage hätte die meisten Menschen dies für einen Spitz- oder Decknamen gehalten, denn dessen Herkunft ließ sich bis auf die Begriffe Cassis und Cassus zurückverfolgen, Urahnen zweier vollkommen unterschiedlicher Wortstämme, deren Bedeutung »Helm«, beziehungsweise »eitel« lautete. Tatsächlich aber war Cassius der tatsächliche Name des Mannes, eines Veteranen der Planetaren Verteidigungsstreitkräfte von Bastet. Mehr als fünfzehn Jahre hatte er treu und tapfer in den Diensten des Imperators und der Heiligen Bastet verbracht, für sie gekämpft, getötet und bisweilen sogar gemordet. Fünfzehn Jahre, in denen das Leben an ihm vorbeizog wie ein düsteres Trauerspiel, dessen Hauptdarsteller und Zuschauer er gleichermaßen spielte. Fünfzehn Jahre, die er sich mit den Feinden der Menschheit herumgeschlagen hatte. Wofür? Niemand dankte ihm. In mehr als fünfzehn Jahren war aus ihm nicht viel mehr als ein einfacher Sergeant geworden. Wenn ihn doch nur einmal eine dieser knackigen, gut gebauten Schwestern besucht hätte, von denen die Ekklesiarchie tausende auf Bastet stationierte. Wenn sie ihm einfach zu Willen gewesen wäre und ihn entschädigt, ihn mit den Worten empfangen hätte: »Wir danken dir, Cassius, für deine Dienste. Ich danke dir für deine Dienste.« Er hätte sie gefickt. Sie durchgenommen wie eine ekklesiarchische Hure. Hätte all den Frust und seine aufgestaute Wut in sie entladen wie ein Schlachtschiff seine Lanzenbatterien auf ein Weltenschiff der Eldar. Ihre Schreie wären noch über Meilen zu hören gewesen. Aber nein. Er hatte sich mit einer Pilgerin begnügen müssen. Ja. Sie war jung gewesen. Zu jung. Noch ein Mädchen. Aber das machte nichts. Er wollte sie ja nicht heiraten. Sie hatte sich gewehrt. Ihn gekratzt, geschlagen und getreten. Aber das machte nichts. Er wollte sie ja nicht wiederverwenden. Die Arme eines Mädchens waren dünn. Es brauchte nicht viel Gewalt, um sie zu brechen. Aber er hatte sich nicht zurückgehalten. Warum auch? Gewalt war eines der Dinge, die man ihn gelehrt hatte. Gewalt war die Sprache des Universums. Und Sex und Gewalt gehörten zusammen wie zwei Zwillingsschwestern, die ihn zwischen sich zur Ruhe betteten, ihn wärmten und dafür sorgten, dass er sich wohlfühlte. Als die Arbites den Raum stürmten, war nicht mehr genug von ihr übrig, dass man es später hätte wiedererkennen können. Vermutlich hatte die kleine Fotze nicht einmal mehr geatmet. Aber das machte nichts. Es gab sowieso keinen Platz im Universum, den sie noch hätte besuchen können. Er war gefoltert worden, Stunden über Stunden, wurde vor ein Militärgericht geführt, abgeurteilt und dem Henker übereignet. Das machte ihn hart. Hart und böse. Gebrochen aber hatte es ihn nicht. Dann griffen die Orks an. Das Imperium zog alle seine Kräfte zusammen, um Bastet zu verteidigen und Cassius gelang es, zu entkommen. Im Anschluss trieb er eine Weile in den Schatten von Bastet III umher, bis er schließlich mit der organisierten Unterwelt in Kontakt kam. Wer die Unterwelt von Bastet kennenlernen wollte, ohne sie wirklich zu erleben – denn das Erleben eines bösen Ortes währte üblicherweise nicht lange, bevor man in eine Situation geriet, die einen entweder selbst in die Finsternis absorbierte oder irgendwann tot in die Fluten der Maat ausspuckte – der tat wohl am besten daran, sich die finstere Seite der Gesellschaft als genaues Gegenstück zum grellen Schein der beiden Zwillingsschwestern vorzustellen. Am Rande des Zwielichts trieben die Unerfahrenen, die Neulinge und Angeber. Hier siedelten Taschendiebe, halbstarke Schlitzer und Gelegenheitsvergewaltiger. Dahinter residierten die Banden und Gangs, Punker und Galaxie-Anarchisten, Auftragskiller und Schwerverbrecher. All jene Individuen, die von Natur aus bereits böse waren, aber noch immer irgendwo im Orbit der Gesellschaft vor sich hin dümpelten. Dann folgte eine dicke, rote Linie, die man im Hochgotisch als ‚Consistere‘ bezeichnete. Dabei handelte es sich mehr um eine Warnung denn eine wirkliche Grenze. »Halte ein, solange du es noch kannst!« Wer diese Linie überschritt, sei es nun aus Dummheit, Unwissenheit oder vollstem Willen, der geriet unweigerlich ins Netz der Triaden. Die Triaden stellten das Gros des organisierten Verbrechens im Bastet-System. Ähnlich wie die mit tausenden Ablegern im gesamten Imperium operierende Verbrecherorganisation »Casa Nostrum«, ins Niedergotisch übersetzt etwa »Unser Heim«, dominierten die dicht strukturierten Familienclans Teile von Wirtschaft, Sozialwesen und Politik des Planeten. Wer in ihre Fänge geriet, der schaffte es meist nur auf eine Weise wieder hinaus: in Scheiben. Noch hatte Cassius die rote Linie nicht überschritten, sondern kratzte sie lediglich bisweilen an. Dort machte er sich einen Namen. Einer der Härtesten der Harten. Böse genug, damit ihn niemand anzufassen gedachte, aber noch nicht so tief gesunken, dass er für sein weiteres Fortbestehen einem renommierten Club beitreten musste. Wer Cassius engagierte, der konnte sich auf erstklassige Arbeit verlassen. Wer ihm in die Quere kam, der teilte das Schicksal der namenlosen Pilgergöre. Vermutlich würde er irgendwann einmal gezwungen werden, sich für eine Seite der Schatten zu entscheiden. Allerdings hieß es ja bekanntlich auch, dass die Nacht monochrom war, nur aus verschiedenen Abstufungen von Grau bestand. Und Cassius war entschieden, sein Dasein so sehr zu schattieren, dass sich später selbst die Triaden nicht mehr an ihn heranwagten. Dafür aber wurde es notwendig, weiter voranzuschreiten; das tiefe Fass der Reputation mit Taten zu füllen, die ihn unvergessen machten. Und das führte ihn zurück ins Hier und Jetzt. Er wandte sich der berobten Gestalt zu, die vor ihm am Tisch im Seth saß. Das Seth war einer der Edelsteine unter den heruntergekommenen Bars in der Unterstadt von Serareh. Trotz seiner eindeutigen Zuordnung, zu den eng verwobenen Netzen der kriminellen Seite Bastets, genoss es einen überraschenden guten Ruf und konnte nicht behaupten, dass es gemieden wurde. Teilweise kamen sogar Touristen von überall aus dem Planetensystem ins Seth – und sei es nur, weil sie einmal erleben wollten, wie es sich anfühlte, in eine richtige Bandenschießerei zu geraten. Daher wunderte es nur wenig, dass sich die erstaunlich gut situierte Gestalt gerade diesen Ort für ein Treffen ausgesucht hatte. Eine Kellnerin brachte ihnen Getränke. Als sie sich bei der Verteilung der Gläser vorbeugte und ihnen dabei das gut ausgestattete Dekolleté präsentierte, ergriff der Besucher das Wort: »Sie haben uns nicht gesehen«, erklärte er wie selbstverständlich und hielt ihr ein paar Throne hin. Die Frau starrte erst ihn, dann Cassius an. Kurz entschlossen nahm dieser seinem Gegenüber die Throne aus der Hand, schob sie der Kellnerin in den Ausschnitt und klatschte ihr dabei auf die nackte Haut. Er spürte wieder dieses Verlangen. Diesen Wunsch, sich auf die erneute Suche nach einer blutjungen und jungfräulichen Pilgerin zu begeben und diese einfach zu zerreißen. Er unterdrückte den Drang. Vielleicht würde er sich irgendwann einmal der Kellnerin annehmen. Aber nicht jetzt. »Wenn Sie einen Ort wie diesen hier besuchen, dann sollten sie dessen Sprache sprechen«, knurrte er und griff nach seinem Ale. »Ich verstehe«, sagte der andere, dessen eine Gesichtshälfte immer wirkte, als würde sie dem gesprochenen Wort ein wenig hinterherhinken. »Ich werde versuchen, daran zu denken.« »Also, warum haben Sie mich herbestellt?«, fuhr Cassius fort. »Hier, in dieses … Etablissement?« Er meinte das Seth. »Mein Meister wünscht, Eure Dienste in Anspruch zu nehmen«, begann sein Gegenüber mit gemessener Stimme. Der ehemalige Soldat starrte in sein Glas, blickte durch die trübe Flüssigkeit auf den Boden und ließ die Worte des anderen noch einmal Revue passieren. Dann rümpfte er die Nase. »Und weiter?« »Das Imperium ist alt. Seine Bonzen sind fett, selbstverliebt und dekadent. Sie lassen sich von den Triaden umherstoßen und vergessen dabei, wer der wahre Herr der Menschheit ist. Wir sind der Meinung, dass die Zeit der Triaden abgelaufen ist. Bastets Unterwelt braucht einen neuen König.« »Und dieser König soll Ihr Meister sein?«, hakte Cassius nach. »Nein«, wehrte der andere entspannt ab. »Beileibe nicht. Mein Meister hat kein Interesse an einer Welt wie der Ihren. Das werden die Beteiligten unter sich ausmachen müssen, wenn die Macht der Triaden gebrochen ist.« »Hm«, brummte Cassius. »Ich verstehe.« Tatsächlich verstand er nicht ganz, aber das war egal. Die Vorstellung, die Kraft der Triaden könne gebrochen werden, ließ sein Herz einen kleinen Sprung machen. Vor allem, wenn er daran dachte, welche Möglichkeiten sich ihm dabei erschlossen. Ganz so einfach war die Sache dann aber doch nicht. »Was springt für Sie dabei heraus?«, bohrte er weiter. »Es ist unser Ziel, dass die Verwaltung endlich wieder an Ordnung gewinnt«, erklärte der Besucher. Dabei strich er sich über die reich bestickte Robe. »Wir dienen alle dem Imperator. Und der Imperator soll uns führen – bei allem, was wir tun.« Cassius rümpfte die Nase. Ja, er kannte solches Gerede. Es klang wie jene Worte, die man ihm, Jahre über Jahre hinweg, eingeredet hatte, bis er sie selbst glaubte und für sie alles hingab. Verschroben, einfältig und geblendet. Den Imperator kümmerte es einen Scheiß, was man tat oder wozu. Er war selbst viel zu sehr damit beschäftigt, seine Gegner irgendwo jenseits der Grenze zwischen materieller und immaterieller Welt zu bekämpfen. Aber gut. Das sollte nicht sein Problem sein. »Was würde denn für mich dabei herausspringen?« »Ihr könntet in Ruhe Euren Aktivitäten nachgehen – solange diese nicht mit unseren Vorhaben im Konflikt stehen.« Cassius dachte nach. Das Angebot klang verlockend. Ohne die Sorge, die regulierende und kontrollierende Hand der Triaden könnte bei jedem Zucken seinerseits nach ihm greifen, boten sich ihm viele neue Möglichkeiten. Allerdings ließ sich nicht ersehen, welche Folgen der Wegfall des Puffers haben würde, den die Triaden zwischen den Kleinkriminellen und der Staatsmacht bildeten. »Und wie würde das ablaufen?«, fragte er zögernd weiter. Der Besucher hob die Hand. »Unser erstes Ziel wird sein, dem Imperium die eigene Machtlosigkeit vor Augen zu führen. Es bedarf dazu nur eines kleinen Hebels«, erklärte er. Als Cassius‘ Reaktion ausblieb, fügte er an: »Wir töten den Gouverneur.« Der Knall, mit dem der ehemalige Sergeant sein Ale-Glas abstellte, hallte schwer durch den Schankraum. Dass sich trotzdem niemand umdrehte, lag einzig und allein an der Tatsache, dass das um sie herum aufschäumende Meer an Geräuschen den Laut wie eine kleine Spitze des Hintergrundlärms erscheinen ließ. Cassius suchte in den trüben Augen seines Gegenübers nach einem mühsam zurückgehaltenen Lächeln, das die Bedeutung der Worte entwertete und sie durch eine realistischere Forderung ersetzte. Er fand keines. »Warten Sie – Sie meinen das ernst?!«, brach es aus ihm heraus. »Natürlich«, bekräftigte der andere. »Wir belieben nicht zu scherzen.« »Aber … wie?!« Das verschwörerische Lächeln des Mannes, ein wenig schief dank der etwas hinterherhinkenden Gesichtshälfte, ließ keinen Zweifel daran, dass Cassius im Begriff war, sich auf ein gefährliches Spiel mit dem Feuer einzulassen. »Ich denke, Ihr kennt das Saatfest, oder?« [/QUOTE]
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