Flügelloses Grün
Eine 40K Abenteuergeschichte
Sein Geschäftspartner ist überfällig. Doch das macht Jesse noch nicht nervös. Auch die zwielichtige Spelunke, welche als Treffpunkt gewählt wurde, macht ihn noch nicht nervös. Solche Orte ist er nur zu gut gewohnt. Doch die Tatsache dass dieses Treffen, an diesem undurchsichtigen Ort, in den unteren Ebenen von Commorragh stattfindet, das macht ihn dann doch nervös. Denn auch wenn Jesse ein abenteuergestähltes Schlitzohr ist, so kennt er auch die Geschichten. Genauer gesagt die Horrorgeschichten die man sich über diese finstere Stadt, im Netz der tausend Tore, erzählt. Über seine grausamen und sadistischen Bewohner, die einem die Lebenskraft aussaugen, wie verdammte Vampire. „Der Imperator beschützt“ nuschelt Jesse gedankenverloren in sich hinein. Dann rügt er sich unmittelbar in Gedanken einen Dummkopf. Und es ärgert ihn, dass selbst heute noch er solch alte Gewohnheiten nicht ablegen kann. Und dabei glaubt er an den Leichnam, der auf dem goldenen Thron langsam vor sich hin verrottet, schon lange nicht mehr. Diese Zeiten sind ein für alle Mal vorbei. Er versucht sich abzulenken und fummelt gedankenverloren an seinen ölverschmierten Händen herum. Nicht hübsch, aber was will man machen, wenn einem der Maschinist des Schiffes vor knapp 3 Wochen abgemurkst worden ist. Eine sehr unschöne Geschichte war das und jetzt bleibt ein Großteil dieser Maschinenarbeit an ihm hängen. Jedenfalls bestimmt nicht an den beiden hochnäsigen Spitzohren, die dann final den überschaubaren Rest seiner Mannschaft darstellen. Aber dafür haben die beiden andere Aufgaben. Und hier unten einen natürlichen Heimvorteil, der sich noch als äußerst nützlich erweisen kann. Dann ist der Geschäftspartner da.
Ein, in einen Brustpanzer gehüllter, Sslyth schlängelt sich an den Tisch und nimmt reserviert Platz. Dabei legt er sein oberes Armpaar entspannt auf den Tisch, hält aber sein unteres Armpaar hinter dem Tisch verborgen, so das Jesse nur vermuten kann, das dort die beiden Hände seines Gegenübers jetzt auf jeweils Klinge und Pistole liegen. Aber das ist ok. Jesse hat mittlerweile auch seine beiden Hände griffbereit an die Tischkannte gelegt, um jederzeit an die beiden Laserpistolen zu kommen, die er bereits wohlplatziert in seinem Schoss liegen hat. Um die Anspannung zu brechen und seinen Gegenüber auszuloten, bricht Jesse arg grob das Eis. „Ich warte bereits eine halbe Stunde. So etwas ist höchst unprofessionell. Dafür geht der Preis runter.“ Der Sslyth lacht in fauchend an. Seine Reptilienaugen glänzen dabei bedrohlich, als sich die Schutzhaut darüber vor und zurückschiebt. „Es ist genau anders herum Weichling. Du hast Schwäche gezeigt durch dein Warten. Also geht der Preis hoch. Angebot und Nachfrage. Außerdem zeigst du mir jetzt sofort das Geld. Oder das Geschäft ist beendet.“ Dann lehnt der Xenos sich drohend nach vorne, seine Schlangenzunge zuckt dabei mehrfach kurz hervor. „Außerdem müsste ich dann überlegen sowas wie dich an die Dark Eldar als Spielzeug zu verschachern, um meine Auslagen zu decken.“ Das war mehr als deutlich. Jesse hatte zwar im Vorfeld gewusst das es ruppig werden konnte, aber das hier lief vom Start ab bereits in die völlig falsche Richtung. An den anderen Tischen richten sich mittlerweile auch erste gierige Blicke auf das Geschehen. Jesse entscheidet sich somit instinktiv für einen neuen Ansatz. Nüchtern und so gut wie ohne jede Art von Emotion. „Wieviel?“ Die Reptilienaugen seines Gegenübers verengen sich. „Das Zweifache.“ Die rechte Klauenhand des Sslyth zieht dabei ein fremdartiges Symbol nach, über den Tisch. „Nein, das kann ich nicht zahlen, denn so viel habe ich nicht dabei. Aber ich kann dir 1,2 fach anbieten.“ Der Sslyth fährt ruckartig mit seinem großen Kopf nach vorne und schnappt einmal mit seinem rasiermesserfaschen Kiefer zu. „1,8 fach und ich warne dich Menschlein.“ Knurrt er drohend. Doch Jesse ist sich nun halbwegs sicher dass der Sslyth echte Gier zeigt. Er hat ihn an der Angel und kann das Gespräch jetzt versuchen zu lenken. Nach einigem hin und her und unverhohlenen Drohungen des Xenos einigen sich beide auf 1,5. „Ich will jetzt das Geld sehen. Sofort.“ Fordert des Sslyth. Jesse guckt sich zuerst unauffällig um. Weiterhin beobachten ihn einige verhüllte Gestalten hinten im Barbereich. Möglicherweise Kumpanen des Sslyth. Oder schlimmeres. Jesse zieht mit der rechten Hand eine kleine Schatulle unter dem Tisch hervor und macht sie einen Spalt breit auf. Mit der rechten Hand hält er jetzt eine seiner Laserpistolen unter dem Tisch umklammert. Seine Hände schwitzen. Sein Herzschlag erhöht sich deutlich. „Das ist nicht alles. Du wagst es mich zu betrügen?“ Der Sslyth fixiert ihn herausfordernd. „Nein, ich bin nur vorsichtig. Die ganze Summe lege ich erst auf den Tisch, wenn ich die Ware gesehen habe.“ Dabei blickt Jesse diesmal dem Xenos entschlossen in die fremdartigen Augen. Die Schutzhaut zieht sich wieder vor und zurück. Die Reptilienartigen Augen funkeln. Doch Jesse wendet seinen Blick nicht ab. Unter dem Tisch zielt er dabei parallel mit seiner Laserpistole leicht unter den Brustpanzer des Sslyth. Jederzeit bereit abzudrücken, sollte es erforderlich sein. Die Spannung ist förmlich aus der Luft zu greifen, da schnellt die Schlangenzunge ein paarmal unkontrolliert nach vorne, dann greift der Sslyth unter den Tisch und legt ein halbrundes Metallteil auf den Tisch. In das fremdartig schimmernde Material sind Runen eingraviert, die Jesse nicht lesen kann und auch noch nie zuvor gesehen hat. Ganz ehrlich, man könnte Jesse hier irgendetwas andrehen. Doch eine gerade erschienene, schlanke Gestalt in einen grauen Umhang gehüllt nickt Jesse leicht zu. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Dabei steht sie unmittelbar hinter dem Sslyth. Niemand außer Jesse hat die Gestalt bisher bemerkt. Mit einem lautlosen Schritt ist diese quasi aus einer dunklen Ecke hervorgetreten. Jesse nickt der Gestalt ebenfalls leicht zu. Dann geht alles ganz schnell. Kam sichtbar für andere Personen in dem Raum rammt die Gestalt etwas in den Kopf des Sslyth, das darin ansatzlos verschwindet. Die Augen des Sslyth erstarren wild verdreht und er beißt sich im Reflex selbst die Zunge ab, welche sich zuckend auf dem Tisch weiter kringelt. Ein leichter Blutfilm läuft ihm aus beiden Nasenlöchern und tropft langsam auf seinen Brustpanzer. Die Gestalt wendet sich bereits wieder zum Gehen, da steht Jesse auf und nimmt dabei in einer fließenden Bewegung, wie selbstverständlich, das Metallteil mit, welches unauffällig in einer Tasche seiner Lederjacke verschwindet. „Dank dir Mino, genau zum richtigen Zeitpunkt.“ Flüstert Jesse der maskierten Eldar Piratin zu. Mino wirft ihm lediglich eine hochgezogene Augenbraue zu. Typisch, denkt sich Jesse. Raus aus der Spelunke und auf die Straßen von Commorragh. Feindselige Augen liegen gefühlt auf Jesse und Mino. In der Bar, die beide gerade eben erst verlassen haben, ist spontaner Tumult zu hören. Beide überlegen nicht lange und laufen los.
Wilde Haken schlagend rasen sie durch die finsteren Gassen der Unterstadt. Dann kommen Jesse erste Bedenken. Keuchend „Ist das der Weg zurück zum Schiff?“ „Nein.“ Entgegnet ihm Mino kurz angehalten. Deutlich weniger aus der Puste als Jesse. „Wir müssen noch Natara abholen.“ Jesses Gedanken rasen jetzt. Warum abholen? ... „Warum abholen?“ Schnappt er kurzatmig. „Ich dachte sie besorgt die Sachen die wir abgesprochen hatten und dann begibt sie sich wieder zum Schiff?“ Mino antwortet ihm nicht. So typisch, das macht sie immer wenn sie es nicht für nötig erachtet ihn in diese –das-verstehen-nur-Eldar- Dinge einzuweihen. Wut kocht langsam in Jesse hoch. So nicht. Nicht hier und nicht jetzt. Dieser abgehobene, wie arrogante Kram reicht ihm für gewöhnlich schon auf dem Schiff, wenn es eigentlich um nichts geht. „Mino, verdammt!“ schnauzt er sie fast an. Sie wirft ihm einen Blick über die Schulter zu, den er nicht richtig deuten kann. „Natara hat die Sachen besorgt und sollte danach auch zum Schiff zurückkehren. Dazwischen kümmert sie sich aber noch um…etwas anderes.“ Na toll, denkt sich Jesse. Die Antworten, wenn man überhaupt welche bekommt, kann man meistens komplett vergessen. Eldar Logik. Er gibt’s auf. Nach einigen weiteren Abbiegungen durch dunkle Gassen und an finster dreinblickenden Gestalten vorbei, bleibt Mino vor einem prunkvollen, tempelartigen Gebäude stehen. Wirkt auf Jesse fast wie eine dunkle Kathedrale. Auf Eldar spricht Mino kurz etwas mit den beiden Kabalite Kriegern die vor dem Haupteingang Wache stehen. Jesse kann die bösartigen Blicke der Krieger unter deren Helmen auf seiner Haut spüren. Seine beiden Hände umklammern fest seine Laserpistolen unter seiner Jacke. Seine Köchel werden dabei weiß, so stark ist seine Anspannung. Zwischen zusammengebissenen Zähnen holt er zischend Luft. Zu lange hier draußen offen zu verweilen ist unklug. Sie haben vor kurzem erst einige einflussreiche Verbrecher geprellt. So etwas hat für gewöhnlich immer Konsequenzen. Und Jesse wäre nur allzu dankbar dafür, wenn diese Konsequenzen nur nicht gleich hier auf sie niedergehen. Misstrauisch hält er nach etwaigen Verfolgern Ausschau. Dann kommt das erhoffte „Wir können rein.“ Von Mino. Die Gänge im Inneren sind in einer verwobenen Mischung aus Rot und Schwarztönen gehalten, welche von einer Art Zwielicht ausgeleuchtete werden. Jesse hat das Gefühl sich durch die Eingeweide eines übergroßen Lebewesens zu bewegen. Was ist das hier für ein beklemmender Ort. Es stellen sich seine Nackenhaare auf. Und er hat schon einige schräge Sachen gesehen. Und überall gibt es Türen. Türen über Türen. An wie vielen Räumen sind sie schon vorbeigekommen. Jesse hat den Überblick verloren. Sein Magen zieht sich zusammen. Das hier ist gar nicht gut, irgendetwas stimmt nicht. Hier in Commorragh, sein einziger menschlicher Begleiter tot und die beiden anderen sind Spitzohren, wovon er einer weniger traut als der anderen. Auf einmal kommt er sich so alleine vor, als wäre alles Glück und alle Wärme aus seinem Leben gestohlen worden. Schweißperlen rollen ihm sogleich über die Stirn. Er schluckt mit einer trockenen Kehle. Der Anflug von Panik kriecht seine Eingeweide empor. Komm schon Jesse, reiß dich zusammen. Seine Hände halten seine Laserpistolen jetzt noch fester umklammert. Das gibt ihm einen kurzen Moment Kraft. Dann erschreckt er fast, als Minos Stimme in seinen Ohren wiederhalt. „Jesse, geht es dir nicht gut?“ guckt sie ihn fragend an. Nicht besorgt, das wäre ja schon zu viel verlangt, nur unverständlich, warum er als kleines Menschlein das hier wohl nicht völlig normal findet. „Ich öffne jetzt diese Tür hier und hole Natara. Du solltest deinen Blick abwenden, denn nicht alles hier ist für unwissende Augen bestimmt.“ „Verstehe.“ Entgegnet Jesse ihr knapp. Einen kurzen Blick muss er dann aber doch über Minos Schulter werfen, als sie den Raum mit Natara betritt.
Als sie kurze Zeit später zu dritt auf dem Weg zum Schiff eilen, wünscht sich Jesse verzweifelt er hätte auf Mino gehört. Doch seine aufgewühlten Gedanken sind etwas das warten muss. Im Hanger ist ihr Schiff, die „Windvogel“, von Schergen ihres geprellten Geschäftspartners umringt. Auf beiden Seiten wird ihr Schiff flankiert von mehreren Dark Eldar Gang Schlägern. Und zwei bucklige Monstrosität versuchen sich gerade gewaltsam Zutritt durch die Einstiegsluke zu verschaffen. Und die Beulen an der Luke lassen darauf schließen, dass sie dafür nicht mehr allzu lange brauchen werden. Die Zeit für Verhandlungen ist vorbei. Jesse, Mino und Natara machen sich sofort kampfbereit. Jetzt wird es gleich richtig hässlich. Jesse verzieht sein Gesicht zu einem schrägen Grinsen. Dann explodiert die Welt herum in einem Feuersturm. Mit über die Jahre perfektionierten Blitzreflexen hat Jesse seine beiden Laserpistolen auf die beiden Monstrositäten ausgerichtet und feuert jeweils einen brennenden Laserstrahl ab. Beide Monster gehen mit tödlichen Kopftreffern zu Boden. Mino nimmt in der Weile, mit ihrem unter dem Gewand hervorgezogenen Shurikenkatapult, die rechte Seite der Ganger unter Feuer. In einer Reihe weg fliegen die rasiermesserscharfen und gravitationsbeschleunigten Geschosse über die ungeschützten Ganger Schädel hinweg. Was zurückbleibt sind blutige, zerfetzte Ruinen, wo vorher noch Gesichter zu erkennen gewesen waren. Die Ganger gehen in einer Reihe zu Boden. Auf der anderen Seite absolviert Natara eine meterlange Sprungattacke über die Ganger hinweg. Dabei führt sie ihre mit Eldargeschick geführte Klingenpeitsche in einem genau abgestimmten Bogen um die Hälse der Ganger. Als sie hinter der Gegnergruppe elegant landet, fallen die Köpfe der Ganger sauber abgetrennt zu Boden, worauf kurz drauf deren restliche Körper umfallen. Alle Gegner ausgeschaltet, doch so leicht wird es nicht sein. Hinter ihnen können die drei Gefährten bereits gepanzerte Schritte von Kabalite Kriegern hören. Und gegen solche Gegner wird ein Kampf sicherlich nicht so leicht zu entscheiden sein. Also Flucht. Die verbogene Eingangsluke öffnet sich ruckartig unter einem metallischen Kreischen. Darum wird sich Jesse kümmern müssen, wenn sie zur Abwechslung mal nicht um ihr Leben rennen müssen. Sprich irgendwann später. Jesse und Mino schwingen sich an die Steuerpulte, während Natara das Bordgeschütz, eine nachträglich montierte und umgebaute Schurikenkanone in Stellung bringt. Die in den Hanger stürmenden Kabalite Kriegern eröffnen bereits das Feuer und dutzende kleine Explosionen lassen den Schiffsrumpf erzittern. Natara erwidert das Feuer mit tödlichen Ladungen der Schurikenkanone und Kabalite Krieger neben Kabalite Krieger verwandelt sich in blutigen Nebel. Doch der Ansturm lässt nicht nach. Und dann lässt ein Glücktreffer der Krieger die Schurikenkanone im Lauf explodieren, als diese gerade erneut am Feuern ist. Natara bekommt eine elektrische Rückkopplung verpasst und fliegt durch diesen unerwarteten Schlag quer durch den Schiffskorridor, wo sie abrupt von einer Wand gestoppt wird. Ein elektrisches Knistern gleitet über ihren Körper und scheint sich durch ihre scharfkantige Kampfpanzerung noch zusätzlich aufzuladen. Blut läuft ihr aus dem Mundwinkel und ihre Augen brennen vor Hass. Dass ihr Schiff jetzt ohne jede Verteidigungsmöglichkeit ist, stört sie dabei sehr viel weniger, als die Tatsache dass sie vorerst keine weiteren Gegner töten kann. Ein flüchtiger Gedanke rast durch ihren mörderischen Verstand, in dem sie das Schiff verlässt und sich ihren Gegner im tödlichen Nahkampf stellt. Doch diesen Irrsinn verwirft sie genauso schnell wieder. „Alles ok dahinten?“ ruft Jesse als er sich in den Korridor hinter ihm umdreht, während er weiterhin mit Mino versucht das Schiff so schnell wie möglich in die Luft zu bekommen. Weitere Warnleuchten tauchen unterdessen auf den Konsolen auf. Natara würdigt Jesses Nachfrage lediglich mit einem versteinerten Blick und verschwindet dann nach weiter hinten ins Schiff. Jesse schüttelt irritiert den Kopf und wendet sich wieder voll und ganz den Steuerkonsolen zu. Schließlich kann der Windvogel mehr schlecht als recht, durchgeschüttelt von weiteren Explosionen auf seiner Außenhülle, abheben und entkommt rumpelnd in einen Warptunnel im Netz der tausend Tore. Ein Knall und ein heller Lichtblitz. Dann für einen undefinierten Moment gar nichts mehr. Und auf einer anderen Seite der Galaxie tritt der Windvogel wieder in den Weltraum ein. Jesse schaltet umgehend die überhitzten Antriebsaggregate aus und gönnt sich und dem alten Schiff eine nötige Verschnaufpause.
„Na das lief ja fast wie geplant, oder?“ sagt er sarkastisch zu Mino, die stoisch neben ihm die letzten Kontrollprozeduren in die Konsole eingibt. „Für etwas längere Zeit sollten wir uns nicht mehr in Commorragh sehen lassen.“ Merkt Mino nüchtern an. Jesse grinst daraufhin verstohlen. „Also für mich ist das mehr als ok. Auf dieses verdrehte Schlächterirrenhaus kann ich auch gerne ganz verzichten.“ Mino geht nicht weiter drauf ein und fragt Jesse direkt. „Das Kartenstück. Ich muss es analysieren.“ Sie hält ihm ihre Hand geöffnet entgegen. Natürlich, das Geschäft. Jesse nimmt spielerisch das von Mino als Kartenstück bezeichnete Teil aus seiner Jackentasche. Dabei dreht er es noch ein wenig in seiner Hand und studiert es. Eine so fremdartige, wie aber auch filigrane Handwerkskunst. Das Spitzohr wird schon wissen was damit zu tun ist. Schließlich gibt er es der Eldarpiratin, die kurzerhand damit in den hinteren Bereich des Schiffes verschwindet. Jesse nutzt diesen Moment der Ruhe und lehnt sich weit in seinem Sitz zurück. Merklich erschöpft schließt er seine Augen, in einem Versuch abzuschalten. Doch die Innenlieder seiner Augen verheißen ihm diesmal keine erhoffte Entspannung. Stattdessen sieht er darin eingebrannt, das was er nie hätte sehen sollen. Der unseelige Blick über Minos Schulter als sie Natara abholten. Er möchte das nicht, doch die Bilder gehen nicht mehr aus seinem Kopf. Widerstand erscheint zwecklos. Kaltes Grauen kriecht langsam an ihm empor und jagt ihm einen unangenehmen Schauer über den Körper. Die Tür öffnet sich wie in Zeitlupe. Zeit an sich verliert jede Art von Bedeutung. Jede Sekunde scheint sich endlos auszudehnen. Im Raum steht Natara. Nackt und kopfüber mit Blut beschmiert. Selbst ihre schwarzen Haare hängen jetzt klatschnass mit Blut getränkt an ihr herab. Und ein aus menschlicher Haut zusammengenähter Umhang schmiegt sich an ihren zierlichen Rücken, triefend und frisch abgezogen, einzig befestigt mit einer Sehne, die um ihren Hals liegt. An den Wänden hängen dutzende grausig gefolterte Menschen in Ketten. Nicht nur Männer, auch Frauen und Kinder. Gehäutet und bis aufs äußerste Entstellt und verstümmelt. Und doch noch irgendwie am Leben, zucken diese armen geschundenen Körper vor sich hin, unvorstellbarer Agonie und Qualen ausgesetzt. Doch das entsetzlichste sind dabei Nataras Augen, als sich für einen kurzen Moment ihre Blicke kreuzen. Tote, seelenlose Zombieaugen, auf einem komplett ausdruckslosen Gesicht ohne jede Art von Emotion. Blut und Sabber läuft währenddessen an ihren Mundwinkeln herab. So hatte er die Dark Eldar Kriegerin noch nie zuvor gesehen. Sonst kannte er sie nur in ihrer eleganten, scharfkantigen Panzerung und mit dem eiskalten, wie arroganten Gesichtsausdruck. Sie war für ihn bis dahin immer nur eine knallharte und distanzierte Kämpferin gewesen. Jesse versucht diese Bilder irgendwie aus seinem Kopf zu bekommen. Und auch wenn er Stück für Stück das ganze Blut und die verstümmelten Opfer in einen hinteren Teil seines Verstandes zu schieben schafft, so bleiben doch immer noch unübersehbar Nataras Zombieaugen zurück. Wie sie ihn durchdringen. Ihn drohen aufzuzehren. Jesse öffnet deutlich gestresst seine Augen und nennt sich selber einen Dummkopf dafür dass er nicht auf Mino gehört hatte.
Mino sitzt in ihrem Quartier, in einem Schneidersitz und mustert dabei sehr genau das Kartenstück in ihrer Hand. Sie hat ihren Mantel und die darunter sitzenden, leichten Panzerplatten abgelegt. Ihr Shurikenkataplut steht sicher verstaut, in einer eigens dafür angefertigten Halterung, in der Ecke. Sie trägt jetzt ein traditionelles Eldar Gewand, wie es üblich war auf ihrem Weltenschiff. Lieblich spielende helle Farbtöne auf ganz weichem Stoff, der sich wie selbstverständlich an ihre Haut anschmiegt und ihr so ein Gefühl von Geborgenheit gibt. Jedenfalls soweit das noch möglich ist, so weit entfernt von ihren Leuten, die sie vor langer Zeit verstoßen hatten. Ein Anflug von Trauer und Bedauern zieht über ihr makelloses Gesicht, doch dann wendet sie wieder ihre volle Konzentration auf die vor ihr liegende Aufgabe zu. Diese Runen sind eine alte Schrift. Ein Dialekt, der ihr fremd ist. Und doch irgendwie vertraut, aber auf einer unbewussten, tiefergehenden Ebene ihres Bewusstseins. Mit geschlossenen Augen tasten ihre Finger über die feinen Runen und vor ihrem geistigen Auge zeigt sich ein erstes, noch unklares Bild. Ein lose vorgezeichneter Weg aus Farben. Die Farben Blau und Gelb bilden dabei eine ganz besondere Kombination. Das wie durch Geisterhand daraus entstehende Grün hat noch einmal seine ganz eigene Sprache. Die Runen auf diesem Pfad kann sie nicht mehr lesen. Das sind keine Schriftzeichen der Eldar, da ist sich Mino jetzt sicher. Und ihre Versuche diesem für sie fremden Pfad zu folgen verlaufen nur in Sackgassen. Nach Stunden intensivster Konzentration öffnet Mino enttäuscht ihre Augen. Sie blinzelt, dann bemerkt sie Natara, die sie beobachtend aus dem Türrahmen heraus fixiert. „Du hast versagt, Schwester.“ Kommt kalt aus ihrem Mund. Mino sammelt sich kurz, dann entgegnet sie der Dark Eldar. „Ich brauche nur mehr Zeit.“ Doch insgeheim glaubt sie das nicht einmal selber. Natara scheint die Zweifel der Eldarpiratin zu riechen. „Nein, dein Versagen ist endgültig.“ Eine kurze Pause, in der sich beide Eldar Frauen gegenseitig abschätzen. Dann. „Gib es mir.“ Weiterhin in ihre Kampfpanzerung gehüllt, wirken Nataras Worte mehr wie eine Aufforderung, die kein Nein akzeptiert. Auch wenn Mino das Kartenstück nicht aus der Hand geben möchte, so gibt sie schließlich nach. Zudem, was haben sie noch zu verlieren. Natara verschwindet wieder in den dunklen Korridoren des Schiffes, wo aus Energiespargründen, weite Teile der Beleuchtung abgeschaltete worden sind. Mino seufzt resigniert und überlegt bereits was sie dem Menschen Jesse sagen soll. Über ihren Fehlschlag.
Um sich abzulenken und da die Arbeiten sowieso erledigt werden müssen, schuftet Jesse im Maschinenraum des Schiffs. Selbst ohne Schäden ist der alte Windvogel schon kein Spielplatz, aber in jetzigem Zustand…ohne Worte. Jesse flucht einmal vor sich hin und bricht drauf eine verschmorte Verteilersteuerung aus der Wandkonsole. Schrott und somit schmeißt er das unrettbare Bauteil in eine Ecke, wo bereits andere Teile Schrott gelandet sind. Der Haufen wird Stunde für Stunde größer. Der Haufen an eventuell in Frage kommenden Ersatzteilen ist dagegen jetzt schon deutlich kleiner. Jesse schüttelt desillusioniert den Kopf und macht drauf stoisch weiter. Es hilft ja alles nichts. Augen zu und durch. Da wird er auf einmal aus seinem Trott gerissen, als ein Schatten an ihm vorbeihuscht. Er dreht sich kampfbereit mit dem schweren Schraubenschlüssel in der Hand herum. Seine Laserpistolen befinden sich leider in seinem Quartiert. Fragen schießen durch Jesses Verstand. Ein blinder Passagier? Vielleicht einer der Ganger, der sich irgendwie aufs Schiff geschmuggelt hatte? Aber mit so jemanden wird er schon noch fertig werden können. Oder spielt ihm doch nur sein Verstand Streiche? Er will gerade einen schlecht ausgeleuchteten Nebengang kontrollieren, da kracht etwas in seine Seite und die Nerven dort werden taub. Dann ein schmetternder Schlag ins Gesicht und er sieht für einen kurzen Moment nur noch Sterne. Dann kann er blinzend die Gestalt vor sich ausmachen. Natara. Nur in ein halbdurchsichtiges, schwarzes Seidengewand gehüllt, einzig als Panzerung ihren rechten Panzerhandschuh mit den dreizackigen Unterarmklingen ausgerüstet. Immer noch halb paralysiert durch die ersten Schläge kann Jesse keine Gegenwehr leisten und Natara drückt ihn mit keiner Mühe gegen die Wand. Als Jesse etwas zu sagen versucht, schlägt ihm Natara hart auf den Kehlkopf und außer einem Husten verlässt kein Ton Jesses Kehle. Jetzt ist es also passiert, sagt Jesse zu sich selber, halb wahnsinnig vor Schmerzen. Sie ist durchgedreht und macht mich jetzt kalt. Diese falsche Schlange. Tod und Schande auf alle Xenos Schlampen. Und sollte sogar noch Mino damit etwas zu tun haben, dann… Der Gedanke reißt umgehend ab, als Natara ihre Unterarmklingen über seine linke Wange führt. Neuer Schmerz strömt durch seinen Körper und warmes Blut läuft über seine linke Gesichtshälfte. Dann beugt sich Natara vor sein Gesicht, mit eiskalten blauen Augen, die jetzt zu Schlitzen zusammengekniffen sind. Ein sadistisches Lächeln umspielt leicht ihre Lippen. Dann leckt sie ihm gierig über die blutende Schnittwunde seiner Wange. Gierig lässt sie das frische Blut über ihre lange Zunge in ihrem Rachen laufen. Jesse kommt sich dabei vor, wie in einem endlosen Albtraum gefangen zu sein. Natara lässt schließlich von ihm ab und nicht mehr gestützt fällt Jesse keuchend auf alle Viere nach vorne. Doch noch scheint seine Tortur nicht vorbei zu sein. Die Dark Eldar Mörderin flüstert ihm eine fremdartige Melodie ins linke Ohr. Haucht es dabei fast, aber für Jesse ist jedes unverständliche Wort ein Rasiermesser das sich durch seinen Verstand schneidet. Er möchte laut aufschreiben, kann aber nichts anderes als lautloses Würgen hervorbringen. Und als er letztendlich glaubt den Verstand zu verlieren, steht er an einem kargen Steilhang auf einer ihm unbekannten Welt. Ist das ein Traum? Hinter ihm steht Natara, er kann sie zwar nicht sehen, aber er weiß das sie es ist. Sie steht jetzt ganz dicht hinter ihm und ihre linke Hand umfasst seinen Oberkörper. Dabei schiebt ihre rechte Hand eine handgefertigte Ritualklinge an seine Kehle. Das Metall fühlt sich äußerst scharf an. Natara summt dabei weiterhin diese fremdartige, für ihn unverständliche Melodie. Dazu fängt sie an zu pfeifen. Dieses Pfeifen lenkt sie gezielt über die Klinge, welche darauf anfängt zu schwingen. Und durch dieses Schwingen fängt die Klinge selber an eine weitere Melodie von sich zu geben. Aber nur wenn man ganz genau hinhört, was Jesse jetzt tut. Der Schrecken ist mittlerweile Faszination gewichen. Von irgendwo weiter hinter ihnen ertönt eine weitere Melodie. Diese kommt von Mino, die in einem Schneidersitz unter einem Baum in dieser Einöde sitzt. Einem Baum der noch grün ist und eigentlich hier nicht stehen sollte. Jesse kann dies alles nicht sehen, aber er weiß einfach dass es so ist. Die sich vermischenden Melodien ergeben jetzt bunte Farben. Verschiedene Gelb und Blau Töne ergießen sich dabei aus einem Regenbogenfarbenen Verbund von unterschiedlichsten Farbmischungen. Und dann ist auf einmal alles mit einem grünen Leuchten erfüllt. Der Abgrund strahlt ihm förmlich entgegen. Tief dort unten liegt etwas. Dann stößt ihn Natara nach unten.
Jesse wacht schweißgebadet in seinem Quartier auf. Was war Traum und was war Realität. Er kann es nicht sagen. Vor ihm sitzt Mino im Schneidersitz auf dem Boden und aus einem Schatten in einer Ecke des Raums tritt Natara, weiterhin in ihr halbdurchsichtiges, schwarzes Seidenkleid gehüllt, bis auf den rechten Panzerhandschuh mit den Unterarmklingen, an denen noch Blut haftet. Sein Blut. Also war dieser Teil schon mal kein Traum gewesen. Wut kocht in Jesse hoch. Er blickt sich nach seinem Laserpistolen Paar um, das im Halfter an der Wand hängt. Dann durchbricht Mino das unerträgliche Schweigen. „Du hast ein gefährliches Spiel gespielt Natara, aber letztendlich hat es funktioniert.“ Natara funkelt darauf Mino und Jesse nur arrogant und überlegen an. Jesse kann es weiterhin nicht fassen und faucht ein wütendes. „Ihr verrückten Eldar Schlampen, ich sollte euch beide…“ Mino unterbricht ihn ganz ruhig. „Jesse, lass es gut sein. Dein Verstand ist noch aufgewühlt. Aber du kennst jetzt den Weg zu unserem Ziel.“ Jesse verzieht daraufhin verdutzt sein Gesicht.
Fortsetzung folgt...
Eine 40K Abenteuergeschichte
Sein Geschäftspartner ist überfällig. Doch das macht Jesse noch nicht nervös. Auch die zwielichtige Spelunke, welche als Treffpunkt gewählt wurde, macht ihn noch nicht nervös. Solche Orte ist er nur zu gut gewohnt. Doch die Tatsache dass dieses Treffen, an diesem undurchsichtigen Ort, in den unteren Ebenen von Commorragh stattfindet, das macht ihn dann doch nervös. Denn auch wenn Jesse ein abenteuergestähltes Schlitzohr ist, so kennt er auch die Geschichten. Genauer gesagt die Horrorgeschichten die man sich über diese finstere Stadt, im Netz der tausend Tore, erzählt. Über seine grausamen und sadistischen Bewohner, die einem die Lebenskraft aussaugen, wie verdammte Vampire. „Der Imperator beschützt“ nuschelt Jesse gedankenverloren in sich hinein. Dann rügt er sich unmittelbar in Gedanken einen Dummkopf. Und es ärgert ihn, dass selbst heute noch er solch alte Gewohnheiten nicht ablegen kann. Und dabei glaubt er an den Leichnam, der auf dem goldenen Thron langsam vor sich hin verrottet, schon lange nicht mehr. Diese Zeiten sind ein für alle Mal vorbei. Er versucht sich abzulenken und fummelt gedankenverloren an seinen ölverschmierten Händen herum. Nicht hübsch, aber was will man machen, wenn einem der Maschinist des Schiffes vor knapp 3 Wochen abgemurkst worden ist. Eine sehr unschöne Geschichte war das und jetzt bleibt ein Großteil dieser Maschinenarbeit an ihm hängen. Jedenfalls bestimmt nicht an den beiden hochnäsigen Spitzohren, die dann final den überschaubaren Rest seiner Mannschaft darstellen. Aber dafür haben die beiden andere Aufgaben. Und hier unten einen natürlichen Heimvorteil, der sich noch als äußerst nützlich erweisen kann. Dann ist der Geschäftspartner da.
Ein, in einen Brustpanzer gehüllter, Sslyth schlängelt sich an den Tisch und nimmt reserviert Platz. Dabei legt er sein oberes Armpaar entspannt auf den Tisch, hält aber sein unteres Armpaar hinter dem Tisch verborgen, so das Jesse nur vermuten kann, das dort die beiden Hände seines Gegenübers jetzt auf jeweils Klinge und Pistole liegen. Aber das ist ok. Jesse hat mittlerweile auch seine beiden Hände griffbereit an die Tischkannte gelegt, um jederzeit an die beiden Laserpistolen zu kommen, die er bereits wohlplatziert in seinem Schoss liegen hat. Um die Anspannung zu brechen und seinen Gegenüber auszuloten, bricht Jesse arg grob das Eis. „Ich warte bereits eine halbe Stunde. So etwas ist höchst unprofessionell. Dafür geht der Preis runter.“ Der Sslyth lacht in fauchend an. Seine Reptilienaugen glänzen dabei bedrohlich, als sich die Schutzhaut darüber vor und zurückschiebt. „Es ist genau anders herum Weichling. Du hast Schwäche gezeigt durch dein Warten. Also geht der Preis hoch. Angebot und Nachfrage. Außerdem zeigst du mir jetzt sofort das Geld. Oder das Geschäft ist beendet.“ Dann lehnt der Xenos sich drohend nach vorne, seine Schlangenzunge zuckt dabei mehrfach kurz hervor. „Außerdem müsste ich dann überlegen sowas wie dich an die Dark Eldar als Spielzeug zu verschachern, um meine Auslagen zu decken.“ Das war mehr als deutlich. Jesse hatte zwar im Vorfeld gewusst das es ruppig werden konnte, aber das hier lief vom Start ab bereits in die völlig falsche Richtung. An den anderen Tischen richten sich mittlerweile auch erste gierige Blicke auf das Geschehen. Jesse entscheidet sich somit instinktiv für einen neuen Ansatz. Nüchtern und so gut wie ohne jede Art von Emotion. „Wieviel?“ Die Reptilienaugen seines Gegenübers verengen sich. „Das Zweifache.“ Die rechte Klauenhand des Sslyth zieht dabei ein fremdartiges Symbol nach, über den Tisch. „Nein, das kann ich nicht zahlen, denn so viel habe ich nicht dabei. Aber ich kann dir 1,2 fach anbieten.“ Der Sslyth fährt ruckartig mit seinem großen Kopf nach vorne und schnappt einmal mit seinem rasiermesserfaschen Kiefer zu. „1,8 fach und ich warne dich Menschlein.“ Knurrt er drohend. Doch Jesse ist sich nun halbwegs sicher dass der Sslyth echte Gier zeigt. Er hat ihn an der Angel und kann das Gespräch jetzt versuchen zu lenken. Nach einigem hin und her und unverhohlenen Drohungen des Xenos einigen sich beide auf 1,5. „Ich will jetzt das Geld sehen. Sofort.“ Fordert des Sslyth. Jesse guckt sich zuerst unauffällig um. Weiterhin beobachten ihn einige verhüllte Gestalten hinten im Barbereich. Möglicherweise Kumpanen des Sslyth. Oder schlimmeres. Jesse zieht mit der rechten Hand eine kleine Schatulle unter dem Tisch hervor und macht sie einen Spalt breit auf. Mit der rechten Hand hält er jetzt eine seiner Laserpistolen unter dem Tisch umklammert. Seine Hände schwitzen. Sein Herzschlag erhöht sich deutlich. „Das ist nicht alles. Du wagst es mich zu betrügen?“ Der Sslyth fixiert ihn herausfordernd. „Nein, ich bin nur vorsichtig. Die ganze Summe lege ich erst auf den Tisch, wenn ich die Ware gesehen habe.“ Dabei blickt Jesse diesmal dem Xenos entschlossen in die fremdartigen Augen. Die Schutzhaut zieht sich wieder vor und zurück. Die Reptilienartigen Augen funkeln. Doch Jesse wendet seinen Blick nicht ab. Unter dem Tisch zielt er dabei parallel mit seiner Laserpistole leicht unter den Brustpanzer des Sslyth. Jederzeit bereit abzudrücken, sollte es erforderlich sein. Die Spannung ist förmlich aus der Luft zu greifen, da schnellt die Schlangenzunge ein paarmal unkontrolliert nach vorne, dann greift der Sslyth unter den Tisch und legt ein halbrundes Metallteil auf den Tisch. In das fremdartig schimmernde Material sind Runen eingraviert, die Jesse nicht lesen kann und auch noch nie zuvor gesehen hat. Ganz ehrlich, man könnte Jesse hier irgendetwas andrehen. Doch eine gerade erschienene, schlanke Gestalt in einen grauen Umhang gehüllt nickt Jesse leicht zu. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Dabei steht sie unmittelbar hinter dem Sslyth. Niemand außer Jesse hat die Gestalt bisher bemerkt. Mit einem lautlosen Schritt ist diese quasi aus einer dunklen Ecke hervorgetreten. Jesse nickt der Gestalt ebenfalls leicht zu. Dann geht alles ganz schnell. Kam sichtbar für andere Personen in dem Raum rammt die Gestalt etwas in den Kopf des Sslyth, das darin ansatzlos verschwindet. Die Augen des Sslyth erstarren wild verdreht und er beißt sich im Reflex selbst die Zunge ab, welche sich zuckend auf dem Tisch weiter kringelt. Ein leichter Blutfilm läuft ihm aus beiden Nasenlöchern und tropft langsam auf seinen Brustpanzer. Die Gestalt wendet sich bereits wieder zum Gehen, da steht Jesse auf und nimmt dabei in einer fließenden Bewegung, wie selbstverständlich, das Metallteil mit, welches unauffällig in einer Tasche seiner Lederjacke verschwindet. „Dank dir Mino, genau zum richtigen Zeitpunkt.“ Flüstert Jesse der maskierten Eldar Piratin zu. Mino wirft ihm lediglich eine hochgezogene Augenbraue zu. Typisch, denkt sich Jesse. Raus aus der Spelunke und auf die Straßen von Commorragh. Feindselige Augen liegen gefühlt auf Jesse und Mino. In der Bar, die beide gerade eben erst verlassen haben, ist spontaner Tumult zu hören. Beide überlegen nicht lange und laufen los.
Wilde Haken schlagend rasen sie durch die finsteren Gassen der Unterstadt. Dann kommen Jesse erste Bedenken. Keuchend „Ist das der Weg zurück zum Schiff?“ „Nein.“ Entgegnet ihm Mino kurz angehalten. Deutlich weniger aus der Puste als Jesse. „Wir müssen noch Natara abholen.“ Jesses Gedanken rasen jetzt. Warum abholen? ... „Warum abholen?“ Schnappt er kurzatmig. „Ich dachte sie besorgt die Sachen die wir abgesprochen hatten und dann begibt sie sich wieder zum Schiff?“ Mino antwortet ihm nicht. So typisch, das macht sie immer wenn sie es nicht für nötig erachtet ihn in diese –das-verstehen-nur-Eldar- Dinge einzuweihen. Wut kocht langsam in Jesse hoch. So nicht. Nicht hier und nicht jetzt. Dieser abgehobene, wie arrogante Kram reicht ihm für gewöhnlich schon auf dem Schiff, wenn es eigentlich um nichts geht. „Mino, verdammt!“ schnauzt er sie fast an. Sie wirft ihm einen Blick über die Schulter zu, den er nicht richtig deuten kann. „Natara hat die Sachen besorgt und sollte danach auch zum Schiff zurückkehren. Dazwischen kümmert sie sich aber noch um…etwas anderes.“ Na toll, denkt sich Jesse. Die Antworten, wenn man überhaupt welche bekommt, kann man meistens komplett vergessen. Eldar Logik. Er gibt’s auf. Nach einigen weiteren Abbiegungen durch dunkle Gassen und an finster dreinblickenden Gestalten vorbei, bleibt Mino vor einem prunkvollen, tempelartigen Gebäude stehen. Wirkt auf Jesse fast wie eine dunkle Kathedrale. Auf Eldar spricht Mino kurz etwas mit den beiden Kabalite Kriegern die vor dem Haupteingang Wache stehen. Jesse kann die bösartigen Blicke der Krieger unter deren Helmen auf seiner Haut spüren. Seine beiden Hände umklammern fest seine Laserpistolen unter seiner Jacke. Seine Köchel werden dabei weiß, so stark ist seine Anspannung. Zwischen zusammengebissenen Zähnen holt er zischend Luft. Zu lange hier draußen offen zu verweilen ist unklug. Sie haben vor kurzem erst einige einflussreiche Verbrecher geprellt. So etwas hat für gewöhnlich immer Konsequenzen. Und Jesse wäre nur allzu dankbar dafür, wenn diese Konsequenzen nur nicht gleich hier auf sie niedergehen. Misstrauisch hält er nach etwaigen Verfolgern Ausschau. Dann kommt das erhoffte „Wir können rein.“ Von Mino. Die Gänge im Inneren sind in einer verwobenen Mischung aus Rot und Schwarztönen gehalten, welche von einer Art Zwielicht ausgeleuchtete werden. Jesse hat das Gefühl sich durch die Eingeweide eines übergroßen Lebewesens zu bewegen. Was ist das hier für ein beklemmender Ort. Es stellen sich seine Nackenhaare auf. Und er hat schon einige schräge Sachen gesehen. Und überall gibt es Türen. Türen über Türen. An wie vielen Räumen sind sie schon vorbeigekommen. Jesse hat den Überblick verloren. Sein Magen zieht sich zusammen. Das hier ist gar nicht gut, irgendetwas stimmt nicht. Hier in Commorragh, sein einziger menschlicher Begleiter tot und die beiden anderen sind Spitzohren, wovon er einer weniger traut als der anderen. Auf einmal kommt er sich so alleine vor, als wäre alles Glück und alle Wärme aus seinem Leben gestohlen worden. Schweißperlen rollen ihm sogleich über die Stirn. Er schluckt mit einer trockenen Kehle. Der Anflug von Panik kriecht seine Eingeweide empor. Komm schon Jesse, reiß dich zusammen. Seine Hände halten seine Laserpistolen jetzt noch fester umklammert. Das gibt ihm einen kurzen Moment Kraft. Dann erschreckt er fast, als Minos Stimme in seinen Ohren wiederhalt. „Jesse, geht es dir nicht gut?“ guckt sie ihn fragend an. Nicht besorgt, das wäre ja schon zu viel verlangt, nur unverständlich, warum er als kleines Menschlein das hier wohl nicht völlig normal findet. „Ich öffne jetzt diese Tür hier und hole Natara. Du solltest deinen Blick abwenden, denn nicht alles hier ist für unwissende Augen bestimmt.“ „Verstehe.“ Entgegnet Jesse ihr knapp. Einen kurzen Blick muss er dann aber doch über Minos Schulter werfen, als sie den Raum mit Natara betritt.
Als sie kurze Zeit später zu dritt auf dem Weg zum Schiff eilen, wünscht sich Jesse verzweifelt er hätte auf Mino gehört. Doch seine aufgewühlten Gedanken sind etwas das warten muss. Im Hanger ist ihr Schiff, die „Windvogel“, von Schergen ihres geprellten Geschäftspartners umringt. Auf beiden Seiten wird ihr Schiff flankiert von mehreren Dark Eldar Gang Schlägern. Und zwei bucklige Monstrosität versuchen sich gerade gewaltsam Zutritt durch die Einstiegsluke zu verschaffen. Und die Beulen an der Luke lassen darauf schließen, dass sie dafür nicht mehr allzu lange brauchen werden. Die Zeit für Verhandlungen ist vorbei. Jesse, Mino und Natara machen sich sofort kampfbereit. Jetzt wird es gleich richtig hässlich. Jesse verzieht sein Gesicht zu einem schrägen Grinsen. Dann explodiert die Welt herum in einem Feuersturm. Mit über die Jahre perfektionierten Blitzreflexen hat Jesse seine beiden Laserpistolen auf die beiden Monstrositäten ausgerichtet und feuert jeweils einen brennenden Laserstrahl ab. Beide Monster gehen mit tödlichen Kopftreffern zu Boden. Mino nimmt in der Weile, mit ihrem unter dem Gewand hervorgezogenen Shurikenkatapult, die rechte Seite der Ganger unter Feuer. In einer Reihe weg fliegen die rasiermesserscharfen und gravitationsbeschleunigten Geschosse über die ungeschützten Ganger Schädel hinweg. Was zurückbleibt sind blutige, zerfetzte Ruinen, wo vorher noch Gesichter zu erkennen gewesen waren. Die Ganger gehen in einer Reihe zu Boden. Auf der anderen Seite absolviert Natara eine meterlange Sprungattacke über die Ganger hinweg. Dabei führt sie ihre mit Eldargeschick geführte Klingenpeitsche in einem genau abgestimmten Bogen um die Hälse der Ganger. Als sie hinter der Gegnergruppe elegant landet, fallen die Köpfe der Ganger sauber abgetrennt zu Boden, worauf kurz drauf deren restliche Körper umfallen. Alle Gegner ausgeschaltet, doch so leicht wird es nicht sein. Hinter ihnen können die drei Gefährten bereits gepanzerte Schritte von Kabalite Kriegern hören. Und gegen solche Gegner wird ein Kampf sicherlich nicht so leicht zu entscheiden sein. Also Flucht. Die verbogene Eingangsluke öffnet sich ruckartig unter einem metallischen Kreischen. Darum wird sich Jesse kümmern müssen, wenn sie zur Abwechslung mal nicht um ihr Leben rennen müssen. Sprich irgendwann später. Jesse und Mino schwingen sich an die Steuerpulte, während Natara das Bordgeschütz, eine nachträglich montierte und umgebaute Schurikenkanone in Stellung bringt. Die in den Hanger stürmenden Kabalite Kriegern eröffnen bereits das Feuer und dutzende kleine Explosionen lassen den Schiffsrumpf erzittern. Natara erwidert das Feuer mit tödlichen Ladungen der Schurikenkanone und Kabalite Krieger neben Kabalite Krieger verwandelt sich in blutigen Nebel. Doch der Ansturm lässt nicht nach. Und dann lässt ein Glücktreffer der Krieger die Schurikenkanone im Lauf explodieren, als diese gerade erneut am Feuern ist. Natara bekommt eine elektrische Rückkopplung verpasst und fliegt durch diesen unerwarteten Schlag quer durch den Schiffskorridor, wo sie abrupt von einer Wand gestoppt wird. Ein elektrisches Knistern gleitet über ihren Körper und scheint sich durch ihre scharfkantige Kampfpanzerung noch zusätzlich aufzuladen. Blut läuft ihr aus dem Mundwinkel und ihre Augen brennen vor Hass. Dass ihr Schiff jetzt ohne jede Verteidigungsmöglichkeit ist, stört sie dabei sehr viel weniger, als die Tatsache dass sie vorerst keine weiteren Gegner töten kann. Ein flüchtiger Gedanke rast durch ihren mörderischen Verstand, in dem sie das Schiff verlässt und sich ihren Gegner im tödlichen Nahkampf stellt. Doch diesen Irrsinn verwirft sie genauso schnell wieder. „Alles ok dahinten?“ ruft Jesse als er sich in den Korridor hinter ihm umdreht, während er weiterhin mit Mino versucht das Schiff so schnell wie möglich in die Luft zu bekommen. Weitere Warnleuchten tauchen unterdessen auf den Konsolen auf. Natara würdigt Jesses Nachfrage lediglich mit einem versteinerten Blick und verschwindet dann nach weiter hinten ins Schiff. Jesse schüttelt irritiert den Kopf und wendet sich wieder voll und ganz den Steuerkonsolen zu. Schließlich kann der Windvogel mehr schlecht als recht, durchgeschüttelt von weiteren Explosionen auf seiner Außenhülle, abheben und entkommt rumpelnd in einen Warptunnel im Netz der tausend Tore. Ein Knall und ein heller Lichtblitz. Dann für einen undefinierten Moment gar nichts mehr. Und auf einer anderen Seite der Galaxie tritt der Windvogel wieder in den Weltraum ein. Jesse schaltet umgehend die überhitzten Antriebsaggregate aus und gönnt sich und dem alten Schiff eine nötige Verschnaufpause.
„Na das lief ja fast wie geplant, oder?“ sagt er sarkastisch zu Mino, die stoisch neben ihm die letzten Kontrollprozeduren in die Konsole eingibt. „Für etwas längere Zeit sollten wir uns nicht mehr in Commorragh sehen lassen.“ Merkt Mino nüchtern an. Jesse grinst daraufhin verstohlen. „Also für mich ist das mehr als ok. Auf dieses verdrehte Schlächterirrenhaus kann ich auch gerne ganz verzichten.“ Mino geht nicht weiter drauf ein und fragt Jesse direkt. „Das Kartenstück. Ich muss es analysieren.“ Sie hält ihm ihre Hand geöffnet entgegen. Natürlich, das Geschäft. Jesse nimmt spielerisch das von Mino als Kartenstück bezeichnete Teil aus seiner Jackentasche. Dabei dreht er es noch ein wenig in seiner Hand und studiert es. Eine so fremdartige, wie aber auch filigrane Handwerkskunst. Das Spitzohr wird schon wissen was damit zu tun ist. Schließlich gibt er es der Eldarpiratin, die kurzerhand damit in den hinteren Bereich des Schiffes verschwindet. Jesse nutzt diesen Moment der Ruhe und lehnt sich weit in seinem Sitz zurück. Merklich erschöpft schließt er seine Augen, in einem Versuch abzuschalten. Doch die Innenlieder seiner Augen verheißen ihm diesmal keine erhoffte Entspannung. Stattdessen sieht er darin eingebrannt, das was er nie hätte sehen sollen. Der unseelige Blick über Minos Schulter als sie Natara abholten. Er möchte das nicht, doch die Bilder gehen nicht mehr aus seinem Kopf. Widerstand erscheint zwecklos. Kaltes Grauen kriecht langsam an ihm empor und jagt ihm einen unangenehmen Schauer über den Körper. Die Tür öffnet sich wie in Zeitlupe. Zeit an sich verliert jede Art von Bedeutung. Jede Sekunde scheint sich endlos auszudehnen. Im Raum steht Natara. Nackt und kopfüber mit Blut beschmiert. Selbst ihre schwarzen Haare hängen jetzt klatschnass mit Blut getränkt an ihr herab. Und ein aus menschlicher Haut zusammengenähter Umhang schmiegt sich an ihren zierlichen Rücken, triefend und frisch abgezogen, einzig befestigt mit einer Sehne, die um ihren Hals liegt. An den Wänden hängen dutzende grausig gefolterte Menschen in Ketten. Nicht nur Männer, auch Frauen und Kinder. Gehäutet und bis aufs äußerste Entstellt und verstümmelt. Und doch noch irgendwie am Leben, zucken diese armen geschundenen Körper vor sich hin, unvorstellbarer Agonie und Qualen ausgesetzt. Doch das entsetzlichste sind dabei Nataras Augen, als sich für einen kurzen Moment ihre Blicke kreuzen. Tote, seelenlose Zombieaugen, auf einem komplett ausdruckslosen Gesicht ohne jede Art von Emotion. Blut und Sabber läuft währenddessen an ihren Mundwinkeln herab. So hatte er die Dark Eldar Kriegerin noch nie zuvor gesehen. Sonst kannte er sie nur in ihrer eleganten, scharfkantigen Panzerung und mit dem eiskalten, wie arroganten Gesichtsausdruck. Sie war für ihn bis dahin immer nur eine knallharte und distanzierte Kämpferin gewesen. Jesse versucht diese Bilder irgendwie aus seinem Kopf zu bekommen. Und auch wenn er Stück für Stück das ganze Blut und die verstümmelten Opfer in einen hinteren Teil seines Verstandes zu schieben schafft, so bleiben doch immer noch unübersehbar Nataras Zombieaugen zurück. Wie sie ihn durchdringen. Ihn drohen aufzuzehren. Jesse öffnet deutlich gestresst seine Augen und nennt sich selber einen Dummkopf dafür dass er nicht auf Mino gehört hatte.
Mino sitzt in ihrem Quartier, in einem Schneidersitz und mustert dabei sehr genau das Kartenstück in ihrer Hand. Sie hat ihren Mantel und die darunter sitzenden, leichten Panzerplatten abgelegt. Ihr Shurikenkataplut steht sicher verstaut, in einer eigens dafür angefertigten Halterung, in der Ecke. Sie trägt jetzt ein traditionelles Eldar Gewand, wie es üblich war auf ihrem Weltenschiff. Lieblich spielende helle Farbtöne auf ganz weichem Stoff, der sich wie selbstverständlich an ihre Haut anschmiegt und ihr so ein Gefühl von Geborgenheit gibt. Jedenfalls soweit das noch möglich ist, so weit entfernt von ihren Leuten, die sie vor langer Zeit verstoßen hatten. Ein Anflug von Trauer und Bedauern zieht über ihr makelloses Gesicht, doch dann wendet sie wieder ihre volle Konzentration auf die vor ihr liegende Aufgabe zu. Diese Runen sind eine alte Schrift. Ein Dialekt, der ihr fremd ist. Und doch irgendwie vertraut, aber auf einer unbewussten, tiefergehenden Ebene ihres Bewusstseins. Mit geschlossenen Augen tasten ihre Finger über die feinen Runen und vor ihrem geistigen Auge zeigt sich ein erstes, noch unklares Bild. Ein lose vorgezeichneter Weg aus Farben. Die Farben Blau und Gelb bilden dabei eine ganz besondere Kombination. Das wie durch Geisterhand daraus entstehende Grün hat noch einmal seine ganz eigene Sprache. Die Runen auf diesem Pfad kann sie nicht mehr lesen. Das sind keine Schriftzeichen der Eldar, da ist sich Mino jetzt sicher. Und ihre Versuche diesem für sie fremden Pfad zu folgen verlaufen nur in Sackgassen. Nach Stunden intensivster Konzentration öffnet Mino enttäuscht ihre Augen. Sie blinzelt, dann bemerkt sie Natara, die sie beobachtend aus dem Türrahmen heraus fixiert. „Du hast versagt, Schwester.“ Kommt kalt aus ihrem Mund. Mino sammelt sich kurz, dann entgegnet sie der Dark Eldar. „Ich brauche nur mehr Zeit.“ Doch insgeheim glaubt sie das nicht einmal selber. Natara scheint die Zweifel der Eldarpiratin zu riechen. „Nein, dein Versagen ist endgültig.“ Eine kurze Pause, in der sich beide Eldar Frauen gegenseitig abschätzen. Dann. „Gib es mir.“ Weiterhin in ihre Kampfpanzerung gehüllt, wirken Nataras Worte mehr wie eine Aufforderung, die kein Nein akzeptiert. Auch wenn Mino das Kartenstück nicht aus der Hand geben möchte, so gibt sie schließlich nach. Zudem, was haben sie noch zu verlieren. Natara verschwindet wieder in den dunklen Korridoren des Schiffes, wo aus Energiespargründen, weite Teile der Beleuchtung abgeschaltete worden sind. Mino seufzt resigniert und überlegt bereits was sie dem Menschen Jesse sagen soll. Über ihren Fehlschlag.
Um sich abzulenken und da die Arbeiten sowieso erledigt werden müssen, schuftet Jesse im Maschinenraum des Schiffs. Selbst ohne Schäden ist der alte Windvogel schon kein Spielplatz, aber in jetzigem Zustand…ohne Worte. Jesse flucht einmal vor sich hin und bricht drauf eine verschmorte Verteilersteuerung aus der Wandkonsole. Schrott und somit schmeißt er das unrettbare Bauteil in eine Ecke, wo bereits andere Teile Schrott gelandet sind. Der Haufen wird Stunde für Stunde größer. Der Haufen an eventuell in Frage kommenden Ersatzteilen ist dagegen jetzt schon deutlich kleiner. Jesse schüttelt desillusioniert den Kopf und macht drauf stoisch weiter. Es hilft ja alles nichts. Augen zu und durch. Da wird er auf einmal aus seinem Trott gerissen, als ein Schatten an ihm vorbeihuscht. Er dreht sich kampfbereit mit dem schweren Schraubenschlüssel in der Hand herum. Seine Laserpistolen befinden sich leider in seinem Quartiert. Fragen schießen durch Jesses Verstand. Ein blinder Passagier? Vielleicht einer der Ganger, der sich irgendwie aufs Schiff geschmuggelt hatte? Aber mit so jemanden wird er schon noch fertig werden können. Oder spielt ihm doch nur sein Verstand Streiche? Er will gerade einen schlecht ausgeleuchteten Nebengang kontrollieren, da kracht etwas in seine Seite und die Nerven dort werden taub. Dann ein schmetternder Schlag ins Gesicht und er sieht für einen kurzen Moment nur noch Sterne. Dann kann er blinzend die Gestalt vor sich ausmachen. Natara. Nur in ein halbdurchsichtiges, schwarzes Seidengewand gehüllt, einzig als Panzerung ihren rechten Panzerhandschuh mit den dreizackigen Unterarmklingen ausgerüstet. Immer noch halb paralysiert durch die ersten Schläge kann Jesse keine Gegenwehr leisten und Natara drückt ihn mit keiner Mühe gegen die Wand. Als Jesse etwas zu sagen versucht, schlägt ihm Natara hart auf den Kehlkopf und außer einem Husten verlässt kein Ton Jesses Kehle. Jetzt ist es also passiert, sagt Jesse zu sich selber, halb wahnsinnig vor Schmerzen. Sie ist durchgedreht und macht mich jetzt kalt. Diese falsche Schlange. Tod und Schande auf alle Xenos Schlampen. Und sollte sogar noch Mino damit etwas zu tun haben, dann… Der Gedanke reißt umgehend ab, als Natara ihre Unterarmklingen über seine linke Wange führt. Neuer Schmerz strömt durch seinen Körper und warmes Blut läuft über seine linke Gesichtshälfte. Dann beugt sich Natara vor sein Gesicht, mit eiskalten blauen Augen, die jetzt zu Schlitzen zusammengekniffen sind. Ein sadistisches Lächeln umspielt leicht ihre Lippen. Dann leckt sie ihm gierig über die blutende Schnittwunde seiner Wange. Gierig lässt sie das frische Blut über ihre lange Zunge in ihrem Rachen laufen. Jesse kommt sich dabei vor, wie in einem endlosen Albtraum gefangen zu sein. Natara lässt schließlich von ihm ab und nicht mehr gestützt fällt Jesse keuchend auf alle Viere nach vorne. Doch noch scheint seine Tortur nicht vorbei zu sein. Die Dark Eldar Mörderin flüstert ihm eine fremdartige Melodie ins linke Ohr. Haucht es dabei fast, aber für Jesse ist jedes unverständliche Wort ein Rasiermesser das sich durch seinen Verstand schneidet. Er möchte laut aufschreiben, kann aber nichts anderes als lautloses Würgen hervorbringen. Und als er letztendlich glaubt den Verstand zu verlieren, steht er an einem kargen Steilhang auf einer ihm unbekannten Welt. Ist das ein Traum? Hinter ihm steht Natara, er kann sie zwar nicht sehen, aber er weiß das sie es ist. Sie steht jetzt ganz dicht hinter ihm und ihre linke Hand umfasst seinen Oberkörper. Dabei schiebt ihre rechte Hand eine handgefertigte Ritualklinge an seine Kehle. Das Metall fühlt sich äußerst scharf an. Natara summt dabei weiterhin diese fremdartige, für ihn unverständliche Melodie. Dazu fängt sie an zu pfeifen. Dieses Pfeifen lenkt sie gezielt über die Klinge, welche darauf anfängt zu schwingen. Und durch dieses Schwingen fängt die Klinge selber an eine weitere Melodie von sich zu geben. Aber nur wenn man ganz genau hinhört, was Jesse jetzt tut. Der Schrecken ist mittlerweile Faszination gewichen. Von irgendwo weiter hinter ihnen ertönt eine weitere Melodie. Diese kommt von Mino, die in einem Schneidersitz unter einem Baum in dieser Einöde sitzt. Einem Baum der noch grün ist und eigentlich hier nicht stehen sollte. Jesse kann dies alles nicht sehen, aber er weiß einfach dass es so ist. Die sich vermischenden Melodien ergeben jetzt bunte Farben. Verschiedene Gelb und Blau Töne ergießen sich dabei aus einem Regenbogenfarbenen Verbund von unterschiedlichsten Farbmischungen. Und dann ist auf einmal alles mit einem grünen Leuchten erfüllt. Der Abgrund strahlt ihm förmlich entgegen. Tief dort unten liegt etwas. Dann stößt ihn Natara nach unten.
Jesse wacht schweißgebadet in seinem Quartier auf. Was war Traum und was war Realität. Er kann es nicht sagen. Vor ihm sitzt Mino im Schneidersitz auf dem Boden und aus einem Schatten in einer Ecke des Raums tritt Natara, weiterhin in ihr halbdurchsichtiges, schwarzes Seidenkleid gehüllt, bis auf den rechten Panzerhandschuh mit den Unterarmklingen, an denen noch Blut haftet. Sein Blut. Also war dieser Teil schon mal kein Traum gewesen. Wut kocht in Jesse hoch. Er blickt sich nach seinem Laserpistolen Paar um, das im Halfter an der Wand hängt. Dann durchbricht Mino das unerträgliche Schweigen. „Du hast ein gefährliches Spiel gespielt Natara, aber letztendlich hat es funktioniert.“ Natara funkelt darauf Mino und Jesse nur arrogant und überlegen an. Jesse kann es weiterhin nicht fassen und faucht ein wütendes. „Ihr verrückten Eldar Schlampen, ich sollte euch beide…“ Mino unterbricht ihn ganz ruhig. „Jesse, lass es gut sein. Dein Verstand ist noch aufgewühlt. Aber du kennst jetzt den Weg zu unserem Ziel.“ Jesse verzieht daraufhin verdutzt sein Gesicht.
Fortsetzung folgt...