Geschichtenwettbewerb Winter 12/13 — WFantasy — Furcht und Tapferkeit

SHOKer

Mentor der flinken Federn
3 Februar 2006
4.790
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Tap-tap-tap-tap! Gedankenverloren beobachtete Oliver seine Finger, die er immer wieder trommelnd auf den Schaft seines Speeres niederfahren ließ. Die Bewegung beruhigte ihn, bekämpfte die Nervosität, die sein Inneres zerwühlte, und gab ihm Halt. Hier war etwas, mitten in der ihn umgebenden Unruhe, was er allein kontrollierte. Die Gewalt über diese kleine Aktion half ihm dabei, den nagenden Gedanken in ihm zu überdecken: Du gehörst hier nicht hin, dies ist kein Ort, an dem du dich gerade befinden solltest.
Und doch war er hier, er und seine Kameraden vom 51. Staatsregiment des Talabeclandes, bewaffnet mit Speer und Schild und gekleidet in die rot-weiße Uniform seines Kurfürstentums. Und doch kam er sich überhaupt nicht wie ein Soldat des Imperiums vor. Drei Monate, gerade einmal so lange trug er die Farben seines Landes und schon stand er hier auf dem Schlachtfeld einem wahrhaft furchteinflößenden Gegner gegenüber. Er musterte seine Gefährten und sah die gleichen Sorgen in ihren Augen: Sie waren noch nicht bereit für all das hier!
Neben ihnen, zu ihrer Rechten, diese Leute waren bereit für eine Schlacht. Furchtlos musterten die kampferprobten Gardetruppen das vor ihnen liegende Schlachtfeld und würdigten ihre eingeschüchterten Kampfgenossen keines Blickes. Den Rücken durchgestreckt, die Reihen perfekt geschlossen, waren sie ein Musterbeispiel für Soldaten, für wirkliche Krieger. Beschämt sah Oliver vor sich auf den Boden und nahm angewidert den stechenden Geruch wahr. Obwohl die Schlacht noch nicht einmal begonnen hatte lag der hochgewürgte Inhalt seines Magens wie ein Mahnmal seiner Schande vor ihm und hob sich deutlich von den ihn umgebenden Gräsern ab.
Seinen Blick zur Linken wendend sah Oliver weitere Männer, die für den Kampf und die Schlacht geschaffener schienen als sein Regiment, obwohl sie sich stark von den disziplinierten Bihandkämpfern unterschieden. „Räudiger Abschaum“, so hatte er die Elitekrieger abschätzend über sie reden hören, und diese Bezeichnung war durchaus zutreffend. Die Freischärlereinheit war ein zusammengewürfelter Haufen aus Dieben, Vagabunden, Schlägern und anderen Kriminellen. Bewaffnet waren sie mit einer Vielzahl unterschiedlichster Mordinstrumente und sie wirkten entschlossen, ihr blutiges Tagewerk diesmal in den Dienst des Imperators zu stellen. „Besser geeignet dafür als wir sind sie allemal“, schoss es dem Soldaten ein weiteres Mal durch den Kopf.
Nur mühsam gelang es Oliver, seine Augen wieder auf das vor ihnen liegende Schlachtfeld zu heften und fast augenblicklich überzog ein kalter Schauer seinen Rücken. Das Schlimmste an allem war, dass er gar nicht genau ausmachen konnte, wovor er sich so fürchtete. Zwar roch er die stinkenden Ausdünstungen eines uralten Moores, hörte das Blubbern von gasgefüllten Blasen, die mit einem lauten Schmatzen zerplatzten wenn sie ihren Weg an die Oberfläche vollendet hatten, doch er sah nichts von alledem. Ein dichter, undurchdringlicher Nebelschleier hatte sich über den Sumpf vor ihnen gelegt, so als ob er den Schrecken, der in ihm lauerte, vor neugierigen Blicken verbergen wollte.
Verborgen hinter den beständig hin und her wabernden Nebelschwaden, die ohne erkennbares Muster ab und an durch bläuliche Blitze unterbrochen wurden, wartete der Feind. Auch wenn Olivers Augen nichts von ihm entdecken konnten, vor seinem Inneren zeichneten sich klare Bilder ab. Jedes Geräusch der verborgenen Streitmacht, jedes Klappern, jedes Klirren von Rüstung oder Schwert lieferte seiner Fantasie Nahrung, um sich immer neue, verängstigendere Bilder auszumalen. Bilder von schrecklichen Ungeheuern, riesengroß, vielköpfig und über und über mit Schuppen, Krallen und scharfen Zähnen bedeckt. Dazu Horden von gegnerischen Kämpfern, entstellten Kriegern aus verrottendem Fleisch und abgenagten Knochen. Oliver hatte Angst, schreckliche Angst. Seine Gedanken wanderten zurück zur Rede des Generals. Zurück zu den Worten, die so sehr den Kern seiner ganzen Empfindungen getroffen hatten:
„Hört her, meine Freunde, meine Brüder! Wir sind ausgezogen um dem Bösen, das diesen Ort befallen hat, ein für alle mal den Garaus zu machen. Doch ich will euch nicht belügen, vor uns steht ein starker, ein machtvoller, weil furchteinflößender Feind! Ich sehe sie hier überall vor mir, die Furcht vor den Untoten. Ich sehe sie in den Augen eines jeden Einzelnen von euch, doch ihr braucht euch ihrer nicht zu schämen. Solch unnatürliche Wesen können die Herzen der wackersten Kämpfer ins Stocken bringen und ich sage euch, verzagt nicht ob eurer Angst! Denn in den gleichen Augen, die die Furcht fest umklammert hält, sehe ich noch andere Dinge. Mut! Tapferkeit! Den Willen es heute, hier und heute, ein für alle Mal zu beenden. Die Herrschaft des Bösen zu brechen und eine neue Ära des Friedens einzuläuten.“

Nur schwach erinnerte sich Oliver an die restlichen Worte des Generals, sowie die Hoffnung und den freudigen Eifer, die sie unter den Imperialen entfacht hatten. Dieses Warten auf einen Feind, der sich nicht zeigte, zerfraß jedes Gefühl von Sicherheit. Es ließ ihm Zeit darüber nachzudenken, sich die Dinge die auf ihn zukamen auszumalen. Die Dinge, denen er sich zu stellen hatte und längst schon war die lähmende Kälte der Furcht zurückgekehrt. Wie um Halt zu finden rammte er seinen Speer tiefer in den Boden und umklammerte den Griff so stark, dass seine Fingerknochen weiß hervortraten.
Als Bruder Hildebrand vor ihnen Aufstellung nahm, sanken die Mitglieder des 51. Staatsregimentes auf die Knie. Den Kopf gegen den Schaft seines Speeres gelehnt, die Augen geschlossen, lauschte Oliver der unnatürlich hohen Stimme des Priesters, als dieser seinen Segen verteilte: „Seid euch bewusst, Sigmar selbst schaut auf euch herab und er sieht all eure Taten. Doch ängstigt euch nicht, ist er doch auch stets bei euch! Ihr seid sein verlängerter Arm auf Erden, sein Hammer, der das Böse dieser Welt zerschmettern wird! Vertraut auf ihn, ehret ihn und gehet hin um sein heilig‘ Werk zu vollbringen!“ Dann trat Bruder Hildebrand vor die Freischärler und es war nun an diesen, auf die Knie zu sinken.
Ein einzelner Mann aus der dritten Reihe jedoch blieb demonstrativ stehen und ragte wie eine trotzige Felsklippe aus dem Meer der geduckten Gestalten heraus. Geräuschvoll räusperte er sich und spuckte vor sich auf den Boden. „Pah, Sigmar! Wir kämpfen gegen die Kreaturen des Todes, wir sollten den Totengott Morr preisen, auf das er unsere Seelen nicht am morgigen Tag willkommen heißt.“ Bei seinen Worten ließ er seinen Blick abfällig über die um ihn herum niedergesunkenen Kämpfer schweifen. Oliver musterte den furchtlosen Gesellen, der nicht einmal vor dem Gottkönig Sigmar selbst Respekt zu haben schien. Er war gekleidet in einen abgewetzten, schwarzen Ledermantel, der bis fast zu seinen Knien hinab reichte, seinen Kopf zierte ein alter, speckiger Dreispitz. Oliver zuckte zusammen, als sich die blitzenden Augen des Fremden plötzlich auf ihn hefteten und sich seine lückenhaften Zähne zu einem hämischen Grinsen auseinanderzogen. Schnell wandte der Speerträger seinen Blick ab und murmelte ein Gebet an Morr; es konnte schließlich nicht schaden.
Als er sich wieder dem in Nebel gehüllten Landstrich vor sich zuwandte, bemerkte er eine Veränderung in der grauen Wand vor ihm. Gleich einem tödlich Getroffenen dessen Wams sich von einer Speerspitze, die seinen Körper durchdrungen hat, von Innen nach außen wölbt, schob sich ein kleiner Bereich aus der grauen Masse nach vorne. Es wirkte als wolle die Nebelwand etwas in ihr mit aller Macht zurückzuhalten. Schließlich aber durchbrach dieses etwas die Umklammerung und aus dem zurückfließenden Grau schälte sich eine hagere Gestalt, die Oliver das Blut in den Adern gefrieren ließ!
Es war der Schnitter höchstselbst! In seiner Rechten ruhte eine große Sense mit schartiger Klinge, sein Körper war gehüllt in eine schwarze Leinenkutte, die nur durch einen roten Strick in der Körpermitte zusammengehalten wurde. Für einen winzigen Moment erstarrte alles und es schien, als ob die ganze Szenerie ein von einem berühmten Maler auf Papier gebannter Moment vor dieser Schlacht sei. Still musterten sich die Kontrahenten. Dann durchbrach die einsame Gestalt die Regungslosigkeit und hob langsam ihren linken Arm. Ihre Kutte rutschte etwas nach hinten und entblößte eine knöcherne Hand, die mit ihrem Zeigefinger anklagend auf das wartende Heer wies. Wankend setzte sich das Wesen in Bewegung. Dampf stieg aus dem Dunkel der Kapuze auf, ganz so, als würde der darunter liegende Mund einen Befehl brüllen, doch kein Geräusch drang von dem Untoten zu den Imperialen herüber.
Stattdessen ertönte die befehlsgewohnte Stimme des Hauptmanns. „Legt an, zielt. Feuer!“ Augenblicke später schoss eine Pfeilsalve durch den Himmel. Lächelnd registrierte Oliver, wie mehrere der Geschosse ihr Ziel fanden und in die dicke Kutte fuhren. Dieses hämische Grinsen gefror aber, als der Schnitter unbeeindruckt von den Treffern weiter nach vorne wankte und hinter ihm Reihe um Reihe von Skelettkrieger aus dem Nebel auftauchte. Oliver schluckt als er den unverwundbaren Gegner näherkommen sah. Gleich einer eisernen Faust schnürte die erneut aufkommende Furcht sein kleines, schwaches Herz ein und seine wackeligen Beine schrien ihm förmlich zu, diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen.
Bevor er diesem inneren Drang jedoch Folge leisten konnte riss die Wolkendecke, die den Himmel verdeckte, auf und der Schnitter erstrahlte für kurze Zeit im gleißenden Licht der Sonne. Wie von einer höheren Macht getroffen riss es den Körper der Kuttengestalt nach hinten, die Kapuze fiel herab und enthüllte den blanken Schädel eines Skeletts. Bei seinem nächsten Schritt sank es in die Knie und gebannt beobachtete die imperiale Armee wie es verzweifelt versuchte sich an seiner Sense hochzustemmen. Dann brach es endgültig in sich zusammen. Ein Schwall überwältigender Gefühle stürzte auf Oliver ein. „Der Feind ist zu bezwingen!“, hämmerte es in seinem Kopf und eine nie gekannte Erleichterung machte sich bei dieser Erkenntnis in ihm breit. Augenblicke später zerschnitt die schrille Stimme Hildebrands die ehrfürchtige Stille, die über den zusammengekauerten Linien der imperialen Armee lag: „Niemand wiedersteht dem Beschützer des Imperiums!“ Ein Schrei aus den Kehlen der Gardesoldaten war die Antwort und überwältigt stimmten weitere Soldatenmit ein. „Nichts widersteht uns, denn Sigmar ist mit uns!“, die Stimme des Priesters überschlug sich fast, als er den Schrei der Armee noch einmal übertönte. Der Ausruf fegte letzte Zweifel hinweg, zertrümmerte Furcht und Angst, befreite den eingeschüchterten Geist der Soldaten und erfüllte ihn mit frischem Mut. Donnernd fegte die Antwort der Armee über das Schlachtfeld: „Sigmar mit uns! Sigmar mit uns!“
Von dem Geschrei ebenso wenig beeindruckt wie von dem Tod ihres Gefährten oder dem andauernden Beschuss der Bogenschützen, setzte sich der Vorstoß der Untoten mit langsamer, aber gleichbleibender Geschwindigkeit fort. Oliver überprüfte noch einmal den Sitz seines Helmes, als ihn eine plötzliche Berührung bis ins Mark erschütterte. Sich aus dem Boden selbst erhebend ergriff eine rissige Hand seinen Knöchel. Neben ihr wühlte sich ein Kopf aus den Tiefen der dunklen Erde ans Tageslicht.
Jegliche Farbe wich aus dem Gesicht des jungen Rekruten und Panik griff nach seinem Geist. „Zu euren Füßen!“, hörte er den Schrei eines Soldaten und ohne nachzudenken schlug er mit dem stumpfen Ende seines Speeres zu. Der erste Schlag verfehlte sein Ziel, der Zweite aber traf die Nase des Feindes, die knackend nachgab. Der eiserne Griff des Untoten, mit dem er Olivers Knöchel umklammert hielt, lockerte sich etwas. Oliver drehte seinen Speer und für einen Moment ragte die Spitze drohend über dem unförmigen Gesicht auf. Dann fuhr die Waffe hinab und drang dem Untoten in den weit geöffneten Schlund. Der Körper erschlaffte und angewidert schüttelte Oliver die erschlaffte Hand von seinem Bein, ehe er sich umwandte und einem weiteren Zombie, der links von ihm aus dem Boden auftauchte, den Speer in den Körper stieß.
So schnell er begonnen hatte, so schnell war der Spuk auch wieder vorbei. Nach einem ersten Augenblick der Panik war der Angriff bald abgewehrt, da die meisten der Angreifer schon erschlagen wurden, bevor sie sich aus dem lockeren Erdreich befreien konnten. Argwöhnisch suchte Oliver seine Umgebung nach verräterischen Bewegungen ab und erst als er sich sicher war, dass sich dort nichts mehr verbarg, wandte er seinen Blick wieder den Geschehnissen vor ihren Linien zu.
Die vorgelagerten Bogenschützen hatten sich mittlerweile zurückfallen lassen und die ersten Skelette trafen auf die tiefgestaffelten Reihen des Imperiums. Noch immer in ihrem langsamen, wankenden Trott drangen die Skelette vor und der Speerträger vor Oliver fiel gleich beim ersten Streich des Feindes. Eine klaffende Wunde am Hals umklammernd ging er zu Boden und Oliver nahm seine Stelle ein. Er eröffnete den Kampf mit einem tiefen Stich in die Bauchgegend des Gegners, durchstach aber nur Luft. Sich unter seinen Schild duckend wehrte er einen Schwertschlag des Skelettes ab und setzte dann zu einem neuerlichen Angriff an. Seine Attacke glitt links an dem löchrigen Sargdeckel vorbei, den die Gestalt als Schild verwendete, und zwischen dessen Rippen.
Innerlich jubelnd zog Oliver seine Waffe zurück und erwartete den Zusammenbruch des Gegners, doch dieser schien den klaren Treffer gar nicht zu beachten. Stattdessen schwang er sein Schwert und ließ es direkt auf dem Helm des jungen Soldaten niederfahren. Oliver dröhnte der Schädel von dem Aufprall und erneut stieg Panik in dem unerfahrenen Krieger auf. „Wie soll ein einfacher Mensch gegen so etwas standhalten!“, war sein letzter Gedanke, als er regungslos den tödlichen Streich erwartete. Doch dieser erreichte ihn nicht. Mit einem lauten Klirren stoppte die feindliche Klinge kurz vor seinem Gesicht, pariert von einem schweren Piratensäbel. Ein seitlichen Hieb durchtrennte die Wirbelsäule des Skeletts knapp oberhalb der Hüfte und zweigeteilt vielen die knöchernen Überreste des Getroffenen zu Boden.
„Hau auf ihre Knochen verdammt! Du wirst ihre Leber nicht mehr treffen!“ Benommen realisierte Oliver, dass es der schwarzgewandte Freischärler war, der ihn so anbrüllte. Kurz darauf verschluckte das Getümmel der Schlacht seinen Retter wieder und Oliver war erneut auf sich allein gestellt. Ein weiteres Skelett setzte ihm zu, trieb ihn mit einer Folge von Schlägen seiner rostigen Axt vor sich her. Unfähig sich aus der Umklammerung der Attacken zu befreien duckte sich Oliver hinter seinen Schild. Ein heftiger Hieb ließ ihn in die Knie sinken und erneut war er an einem Punkt angelangt, von dem es kein Zurück mehr gab, doch diesmal erstarrte er nicht vor Angst. Er wusste nicht woher er die Kraft nahm, ob von der Rede des Generals, dem Gebet des Sigmarpriesters, dem Rat des Kameraden oder den Segnungen der Götter. „Sie sind zu besiegen!“ Wie um sich selbst zu ermutigen stieß er den kurzen Satz zwischen zusammengekniffenen Zähnen hervor, dann schlug Oliver mit dem Schild nach seinem Angreifer.
Am Unterkiefer getroffen klappte der Kopf des Skeletts nach hintenüber und mit einem weiteren Schlag des Schildes brachte Oliver es völlig zu Fall. Dann machte er sich daran, den Rat seines Kameraden zu befolgen. Sein nächster Stich traf den Schädel eines Skeletts, das wie vom Blitz getroffen in sich zusammensank. Ohne innezuhalten glitt er unter dem Hieb eines weiteren Untoten hindurch und stach nach dem Hüftknochen des Angreifenden. Der Treffer riss diesen zur Seite und Oliver schaffte es mit einem weiteren Stoß die Knochen seines Brustkorbs zu zermalmen. Klappernd lief ein letztes Zucken durch das Skelett, bevor es reglos liegenblieb. Der junge Soldat hob den Kopf und ein völlig verändertes Antlitz entgegnete kühl dem Blick der leeren Augenhöhlen seiner Gegner.
Furcht und Angst waren gewichen, Selbstvertrauen, Mut und Tapferkeit hatten Einzug gehalten.
Innerhalb kürzester Zeit schaffte es der junge Soldat, fünf weitere Untote zu überwältigen und mit jedem Sieg stieg seine Euphorie. Dies waren keine unbesiegbaren Gegner, kein unbezwingbarer Feind. Im Gegenteil, durch ihre langsamen Bewegungen waren sie ihm kaum gewachsen. Es galt nur die Furcht zu überwinden, die Angst durch Tapferkeit zu ersetzen. Immer weiter drang Oliver in die gegnerischen Linien vor, zerschmetterte hier einen Krieger unter seinem Schild und zerstach dort einen Schädel. Ein überwältigendes Gefühl macht e sich in ihm breit. Sie trieben den Feind zurück, Schritt für Schritt. Sie gewannen die Oberhand, der Sieg würde ihrer sein!
Berauscht von seinen Siegen gegen die Skelette bemerkte Oliver die Veränderungen vor ihm nicht. Die bläulichen Blitze, die den Nebel zunächst nur vereinzelt durchzuckt hatten, nahmen zu und verdichteten sich immer weiter, bis sich schließlich ein dichtes Geflecht aus miteinander verbundenen Strahlen ausbildete. Aus dem Zentrum dieses blitzenden Netzwerkes schoben sich, eingehüllt in ein unwirkliches, bläuliches Leuchten, zwei skelettierte Pferde hervor. Mehrere Schritt über dem Boden schwebend zogen sie eine große Plattform aus der gräulichen Substanz hervor, die ganz aus schwarzem Obsidian gefertigte war. Auf dieser stand ein Untoter, der in Gestalt ganz dem Kuttenwesen glich, das den Kampf eingeleitet hatte. Der magische Schimmer, der ihn wie Rösser und Plattform auch umgab, zeugte von der gewaltigen Macht dieser hageren Kreatur. Quell dieser Macht war ein steinerner Schrein, der, am Ende der Plattform gelagert, alles andere überragte. Vor dem schwarz gekleideten Wesen lag ein aufgeschlagenes Buch auf einer Halterung und knöcherne Finger folgten den uralten Zeilen.
Die Gestalt auf ihrem Rücken rezitiert aus dem Folianten, doch kein Laut drang aus dem Dunkel der Kapuze. Stattdessen verliehen dutzende Schädel, die um den Altar herumwirbelten, jeder der verbotenen Silben flüsternd eine Stimme! Die Untoten im Umkreis der Plattform schienen angespornt von den verderbten Sprüchen ihre Anstrengungen zu verdoppeln und drangen im Bereich des Altars mit erhöhter Geschwindigkeit vor, während allem Lebenden die Energie entzogen wurde.
Von Oliver unbemerkt erreichte ihn die Aura des schwebenden Konstrukts in einem Moment, in dem er mit einem schnellen Stich einen weiteren Gegner zu Fall zu bringen gedachte. Mitten in der Bewegung jedoch verlangsamte sich seine Attacke, als wäre sein Speer plötzlich auf eine zähe Flüssigkeit getroffen und Oliver müsste ihn nun durch diese nach vorne treiben. All seine Geschwindigkeit war verschwunden und schien sich auf das eben noch so träge agierende Skelett zu übertragen. Verwundert sah Oliver wie sein Gegner dem Stoß behände auswich und mit einem einzelnen Hieb seine Speerspitze von ihrem Schaft abtrennte. Dann stach der Untote zu. Verzweifelt drehte sich Oliver um dem Stoß auszuweichen, doch seine unnatürlich langsamen Bewegungen reichten nicht aus und so drang die Klinge tief in das weiche Gewebe seines Bauches ein. Der plötzliche Schmerz ließ Oliver in seinem von Siegestaumel berauschten Vorstoß innehalten. An sich herabblickend sah er, wie Blut den weißen Teil seiner Uniform in einem vergleichbaren Rot wie der Rest der Heraldik Talabeclands einfärbte. Als er zur Seite kippte drehte das Skelett seine Klinge, riss sie aus Oliver heraus und stieg achtlos über den Sterbenden hinweg. Während Oliver spürte wie sein Lebenssaft langsam aus seinem Körper floss, durchzuckte ihn eine plötzliche Erkenntnis. Die Erkenntnis, warum alles Lebende soviel Angst vor diesen Kreaturen hatte:
Denn SIE kennen keine FURCHT… und SIE brauchen keine TAPFERKEIT!
 

yinx

Erwählter
8 Oktober 2006
628
0
10.286
34
Na gut, dann mach ich hier doch mal den Anfang.
Zu Beginn ist die Geschichte ziemlich gut umgesetzt, die Angst wird gut beschrieben, die Unerfahrenheit und das er sich fehl am Platz führt. Bei der grauen Wolke mit Blitzen fühlte ich mich direkt an Chaos erinnert, scheinbar sind es aber doch Vampire.
Leider ufert das ganze dann in ein Gespenst aus, das völlig widersinnig aus dem Nebel auf die Imperialen zustürmt, dann von einem vereinzelten Sonnenstrahl aus dem Nichts getroffen wird und in sich zusammenfällt.
Auch wird Oliver vom unerfahrenen Knilch mit drei Monaten Diensterfahrung sehr schnell zum Überflieger.
Ich hatte erst gehofft, dass die Handlung stärker auf dem Freischärler aufbaut, der Sigmar nicht leiden kann. Generell fand ich es sonderbar, dass es da keine Rüge/ kein Empören seitens des Sigmariten gab, immer verunglimpft er einfach so DEN Gott für die Imperialen, vor allen leicht beeinflussbaren Soldaten und gefährdet damit die empfindliche Truppenmoral. Da wäre eine kurze Auseinandersetzung/ ein Streit/ eine Strafe besser gewesen.
Bei der Schwarzen Kutsche habe ich mich erst gewundert, dass es nur zwei Nachtmahre sind, weil mein umgebautes Modell sechs hat. ;)
Ich finde die Darstellung der Untoten generell etwas fad und wenig bedrückend/ furchteinflößend obwohl ich da als jahrelanger Vampirespieler vermutlich etwas hohe Erwartungen habe. Insgesamt reicht mir dann die leider etwas eintönige Schlachtenbeschreibung nicht, um mich gepackt zu fühlen und das Fazit hat mich auch nicht vom Hocker gehauen. :(
Sprachlich ist das ganze aber immerhin sehr solide, wenn auch ohne besondere Höhen. Ein bisschen mehr Arbeit an der Beschreibung und Gestaltung wäre der Stimmung und den Skeletten sicherlich zu gute gekommen.
Für mich eher im unteren Punktebereich anzusiedeln. Sorry.
 

Nakago

Eingeweihter
1 November 2009
1.544
683
13.586
54
Hm! Hier wäre teilweise weniger etwas mehr gewesen. Zuerst haben wir einen Rekruten, der nach dreimonatiger Grundausbildung ohne praktische Kampferfahrung in die Schlacht geworfen wird. Das ist gut dargestellt und man hat richtig Mitleid mit dem armen Oliver. Aber dann mutiert er zwischendurch zum Überkrieger. OK, Skelette haben nicht den Wahnsinns KG, aber trotzdem wird Oli zum Überkrieger, der sich durch die Reihen des Feindes wie ein Furchtloser Veteran unzähliger Schlachten metzelt, um dann schließlich vor diesem Mortisschrein für schlappe 49 Euro zu stehen. Hätte man auch anders lösen können, was sinniger im kontext des zuvor beschriebenen gewesen wäre. Trotzdem sehr solide geschrieben und ich hatte richtig Angst um den armen Oliver, auch wenn ich das schlimmste befürchtet und recht behalten sollte. Die letzten Gedanke sind stimmig und ein gutes Ende. Hohes Mittelfeld, vier bis fünf Punkte.
 

Nightpaw

Malermeister
6 März 2005
1.938
559
18.656
Sprachlich definitv auf hohem Niveau. Im Gegensatz zu meinen Vorrednern störe ich mich auch nicht daran, dass Oliver innerhalb einer Schlacht vom zaghaften Häufchen Elend zum Helden mutiert. Mehr Zeit bleibt dem armen Kerl ja auch nicht. Warum soll der heldenhafte Kern nicht bereits in ihm gesteckt und nur darauf gewartet haben, zum Leben zu erwachen? Nein, was mich mehr stört, ist, dass die übrigen Recken des Imperiums sehr farblos wirken. Ein wenig mehr vom Schlachtgeschehen um Oliver herum, vielleicht die heldenhafte Rettung eines Kameraden? Ein weiterer Auftritt des widerborstigen Morr-Jüngers? Hätte man etwas aufpeppen können.

Das Ende finde ich auch nicht so berauschend. Dieser monströse mobile Todesschrein schiebt sich auf dem Nebel in die Schlacht hinein, und niemand nimmt es wahr? Wenn der imperiale General und der Priester ihre Punkte wert sind, dann müssen sie die Gefahr doch erkannt haben? Wo bleiben entsetzte Schreie, heiser gebrüllte Befehle, verzweifelte Versuche, diesen Alptraum zu stoppen? Nö, tuckert einfach so unangefochten durch die Schlacht zu unserem Helden und sorgt für sein klägliches Ende.

Was ist die Prämisse? Der Mensch fürchtet den Untoten zu Recht? Tapferkeit führt zum Tod? Wie auch immer, das Ende gefällt mir nicht. Das ist wie mit den japanischen Horrorfilmen. Das Böse gewinnt. Das ist nicht schlimm, wenn das Böse ein gerissener Schelm ist, der sich händereibend seines Sieges freut und den man, trotz all seiner Schandtaten, nicht wirklich hassen kann, weil er eben menschlich ist. Hier allerdings obsiegt ein farbloser, nicht näher definierter Untotenfürst (Todloser?), ein seelenloses Monstrum über die Menschlichkeit. Und das hinterlässt bei mir einen bitteren Nachgeschmack. Den ich mir jetzt mit einem leckeren Glühwein runterspülen werde. Ade. ;)
 

Gwordin

Aushilfspinsler
16 März 2012
47
0
4.891
Erinnerte mich leicht an das Thema des letzten Wettbewerbes - Schlachten.

Der Anfang und generell die Beschreibungen sind gelungen. Wobei am Anfang echt einige richtig, richtig lange Sätze dabei waren. Ich bin zu unbewandert im Fantasy-Fluff und konnte mir unter dem Gebilde aus der Blitzwolke nicht wirklich was vorstellen - anscheinend was mächtiges, was die Untoten/Vampirfürsten zu Felde führen können.
Das ganze Geschehen aus Sicht des einfachen Soldaten Oliver zu schildern, fand ich gut. Allerdings fehlte mir das Drumherum. Ok, die Skelette werden einen nicht ihre Lebensgeschichte erzählen, aber der Schlachtenlärm zumindest vom menschlichen Heer fehlte mir. Was ist mit Mörsern und Kanonen - das haben die Imperialen doch? Was war mit Hufgetrappel der Kavallerie, Büchsenknallen, das Brüllen der Offiziere und Unteroffiziere, die die armen Olivers der Armee zusammen brüllen.

Der letzte Satz, den fand ich stimmig. Bin ich vielleicht allein auf weiter Flur, aber der hat das noch ganz gut abgerundet, quasi als "Und die Moral dieser Geschicht".
 
In der Beschreibung der Armee sehr tabletoppig, ich sah die Regimenter in ihren Regimentsbases auf den Geländestücken. Sehr gut umgesetzt fand ich die psychologischen Vorgänge, die Untote bei Normalsterblichen auslösen. Ich persönlich bin so sehr an Untote in Fantasy gewöhnt, dass ich dazu neige zu vergessen, dass sie in der tat widernatürlich und furchteinflößend sind.
Natürlich ist der neue Rekrut (imperialer Soldat zudem) kein Novum. Und auch der Schluss, der aus der Geschichte gezogen wird (in KAPITALEN), ist nicht so tiefgründig und gewiss nicht allgemeingültig: Tiere haben bestimmt nicht Furcht vor Untoten, weil sie wissen, dass die Untoten keine Furcht haben und keine Tapferkeit brauchen. Aber lassen wirs mal als den letzten Gedanken eines verängstigten, ungebildeten... öhm, ich wüsste gern, was er zuvor im Zivilleben war, aber seis auch darum.
 

yinx

Erwählter
8 Oktober 2006
628
0
10.286
34
Die Abstimmungsphase ist zur Hälfte rum und ich habe meine Wertung abgegeben. Dieser Geschichte konnte ich leider nur einen Punkt geben, mich hats hier nicht gepackt und es ließen sich auch einige handwerkliche Mängel finden. Der Autor hat auf jeden Fall Potential, aber im Vergleich zu den anderen Geschichten, war diese hier am wenigsten interessant. Ich hab aber generell nicht so hoch bewertet in diesem Wettbewerb.
6 Punkte
- 1 gewöhnliche Schlachtenbeschreibung/ gewöhnlicher Protagonist/ bekanntes Setting
- 1 keine Innovation im Erzählstil oder in der Sprache
- 1 fad beschriebene Untote/ generell hapert es erzählerisch ein wenig
- 1 Unglaubwürdige Handlungen der Protagonisten
- 1 Erzwungenes, sehr sonderbares Fazit
bleibt
+ 1 gute Beschreibung der Angst und der Gefühle im ersten Teil der Geschichte

Leider ist die Wertung nicht so prickelnd, was den Autor aber keinesfalls einschüchtern sollte. Handwerklich ist die Geschichte in Ordnung, für eine Kurzgeschichte war nur der Ausschnitt schlecht gewählt und ließ einiges an Innovation vermissen.

P.S.: Jetzt weiß ich, dass es keine schwarze Kutsche, sondern ein Mortis-Schrein war, ich hatte gestern zum ersten mal das neue Vampir AB in der Hand ;) (zur Hölle mit GW, schon wieder ne neue Edition... ^^)
 

SHOKer

Mentor der flinken Federn
3 Februar 2006
4.790
4
33.391
32
hm, ich weiß nicht, obs daran liegt, dass ich grad etwas unkonzentriert war, aber irgendwie konnte mich die Geschichte nicht so recht fesseln. An sich war es sprachlich gar nicht mal schlecht, wenn auch nicht wirklich Herausragend.

Sehr gefallen haben mir die guten Ideen, die in dieser Geschichte stecken. Die passende Umgebungsbeschreibung für Untote, die Gedanken des unerfahrenen Frischlings, die Angst vor dem Feind. Passt sehr gut.

Leider wäre hier tatsächlich weniger mehr gewesen. Einige Abschnitte ziehen die Geschichte etwas sehr in die Länge, andere sind einfach unnötig. Die Auflehung des Freischälers ist zwar ein gutes Storyelement, hat in dieser Geschichte aber leider gar keine Bedeutung. Da erwartet man irgendwie noch mehr von. Am Anfang zieht sich die Beschreibung leider ziemlich und die Schlacht selbst geht dann etwas zu glatt. Etwas weniger Vorgeplänkel, etwas spannendere Action wären schön gewesen.

Dass der Frischling nach und nach zum Überheld wird, stört mich nicht so. Ich mag das eigentlich und ist hier auch gut begründet. Am Ende holt ihn seine Sterblichkeit ja auch recht schnell wieder ein. Dennoch denke ich, dass man diese Entwicklung etwas besser hätte ausbauen können. Es geht dann doch etwas zu schnell von einem Augenblick auf den anderen.

Wieso das eine Skelett von den Sonnenstrahlen gegrillt wird, die anderen aber nicht, erschließt sich mir genauso wenig wie die Frage, weshalb der Protagonist an Monster mit Schuppen und Krallen denkt, wenn er doch weiß, dass es sich um Untote handelt. Also ich denke da eigentlich gleich an wandelnde Leichen und Skelette. Vielleicht ein (gescheiterter) Versuch, den Leser erst in Richtung Chaos zu lenken und dann zu überraschen. Leider macht die Rede des Generals das kaputt.

Also insgesamt würde ich der Geschichte die Einschätzung "nicht schlecht" geben. Sie hat ein paar gute Ansätze und ein paar Sachen, die nicht so gut sind. Insgesamt konnte sie mich nicht fesseln, war jetzt aber auch nicht wirklich abschreckend. Aktuell bin ich hier bei 3 Punkten, muss das aber nochmal überdenken. Ich glaube, diese Geschichte werde ich nochmal lesen.
 

Sarash

Hüter des Zinns
8 Dezember 2007
2.894
1
22.141
Nicht sonderlich spannend die Geschichte. Den neuen Rekruten kann ich mittlerweile zwar kaum noch ertragen, die Geschichte macht zumindest keine handwerklichen Pulverfässer auf und bleibt sich vom Stil her von Anfang bis Ende treu.

Mehr gibt es für mich hierzu auch nicht zu sagen. Langweilig, aber eben nicht grottig. 3 Punkte.