WHFB Herzensfluch

MisterG

Miniaturenrücker
18 April 2007
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N'abend zusammen,

nachdem ich mal wieder meine alten Ordner durchforstet habe, bin ich auf dieses kleine Glanzstück gestoßen. Eigentlich war es mal als Beitrag für den Storywettbewerb (lasst mich lügen, aber es müsste 2009 gewesen sein) dienen, aber dann hatte ich doch noch eine bessere Idee. Da ich aber der Meinung bin, dass es trotzdem eine lesenswerte Geschichte ist, will ich sie euch nicht vorenthalten. Kommentare erwünscht:D

Tomael von Ivorin hielt den Riemen seiner Armbrust an der Schulter fest, damit sie ihm nicht entglitt. Er zog sich von der morschen Stiege auf einen schmalen, verdreckten Balkon, der an das vormals einem reichen Kaufmann gehörende Fachwerkhaus angebaut worden war. Nervös spielte der junge Hexenjäger mit dem Knauf seines Dolchs während er sich vorsichtig weiter über die knarrenden, morschen Bretter tastete. Braiden, sein treuer Begleiter, folgte ihm mit der geübten Lautlosigkeit des Jägers aus dem Dunkel des Hauses. Der Mann, der seine Familie an marodierende Tiermenschen verloren hatte, musterte mit verkniffener Miene die Straße unter ihnen, die ehemalige Imperiumsallee, auf der der Rest ihrer Gruppe wachsam vorrückte. Er sagte selten etwas, und so verunsicherte es den jungen Stirländer auch nicht, dass der Mann seinen Bogen von der Schulter nahm, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Tomael nahm die gespannte Armbrust in die Hand, legte einen versilberten Bolzen ein und gab Brandran von Helmgart, dem Anführer der Gruppe ein knappes Zeichen. Von hier oben hatte er tatsächlich einen nahezu perfekten Überblick über die verwüstete Straße, die sich wie so viele andere durch die verfluchte Stadt Mortheim zog, genau wie der Reikländer es gesagt hatte. Brandran, ein breitschultriger Mann mit kurz geschorenem Haar und beständig berechnend blickenden Augen pfiff kurz, als er sich mit festen Schritten weiter durch den kalten Nieselregen über die Schutthaufen auf der Straße bewegte. Arkas und Tulm, seine beiden Kriegshunde, folgten ihm witternd. Die beiden, dem Hexenjäger bis zur Hüfte reichenden, wolfsähnlichen Hunde waren weniger seine Spürnasen als zwei kräftige Kiefer, die den verderbten Chaosanbetern die Kehlen herausreißen sollten. Seine erfahrene Nase konnte den Gestank nach Chaosmagie in den Ruinen Mortheims auch allein ausfindig machen. Die verkommene Imperiumsallee hielt war typisch für diese verfluchte Stadt: lange verlassene Fachwerkhäuser, zwischen die noch viel verfallenere Hütten gebaut worden waren, Dreck und Abfall, sammelte sich im Rinnstein und über allem hing der Geruch von verrottenden Leichen, die irgendwo unentdeckt zwischen den Gemäuern verwesten. All die nahm Brandran nur am Rande wahr, denn seine Schritte führten ihn ans Ende der Allee, in die Überreste eines ehemaligen Kaufmannsviertels.
„Ist’s noch weit, Reikländer?“, knurrte Manius Arctander, der dritte Hexenjäger der Gruppe hinter ihm. Brandran musste sich nicht umdrehen, um die kampflüsternen Blicke des Ostmarkers und der sie begleitenden Flagellanten Grimnar und Lucius auf sich ruhend zu wissen. Prüfend sog er die Luft ein. Abfall, Exkremente und verwesende Ratten bildeten mit dem beständig irgendwo in der Stadt aufsteigenden Rauch eine auf seinen Geruchssinn einstürmende Kakophonie, die es ihm schwer machen müsste, irgendetwas auch nur ansatzweise riechen zu können. Doch er war lange genug hinter genau diesem Chaoskult her, um dessen spezifischen Geruch selbst hier aus der Menge herausziehen zu können.
„Nein. Bereite deine Seele auf den Kampf vor. Dein Streitkolben wird verderbtes Blut fließen lassen“, antwortete er trocken. Der Ostmarker lachte verächtlich.
„Ihr Reikländer redet zu viel vom Seelenheil. Wir aus dem Norden sind immer bereit, dem Chaos die Hörner abzuschlagen!“ Grimnar grunzte zustimmend und wog seinen Flegel in den schwieligen Händen. Es ist bezeichnend für die Zerrissenheit unseres Imperiums, dass er mich ständig auf meine Herkunft anspricht, dachte der Anführer stoisch.
„Eine unüberlegte Attacke hat noch nie zum Sieg geführt, Arctander“, proklamierte Brandran gelassen. Es war eine einfache Meinungsäußerung, keine Belehrung. Der Bärtige spie als Antwort geräuschvoll gegen eine rußgeschwärzte Wand. Der Anführer wandte sich um und sah zu Tomael hinauf, der mit angelegter Armbrust die Straße im Auge behielt. Ein kurzes Handzeichen bedeutete dem Reikländer, dass der junge Stirländer keine Gefahr für die Gruppe bemerkt hatte.
Beweis genug, befand Brandran, der um die scharfen Augen des jungen Mannes wusste, und ging weiter durch den Schlamm der dunklen Straße. Als Arkas sich neben ihm versteifte zog er in einer flüssigen, gelassenen Bewegung sein imperiales Breitschwert, ohne im Gehen innezuhalten. Vier Fuß lang, zweischneidig und rasiermesserscharf war es ein beruhigendes Gewicht in seiner behandschuhten Faust. Im Weitergehen hob er die Linke und spreizte die Finger ab. Freudig knurrend sprengten Arkas und Tulm los um in einer schmalen Seitengasse zu verschwinden. Es bedurfte keiner weiteren Anweisung, die Kriegshunde wussten, was sie zu tun hatten. Manius Arctander zeigte in freudiger Erwartung des Kampfes Nervosität, während Brandran gemessenen Schrittes und auf eine gelassen anmutende Art aufmerksam weiterging, bis er neben einem gähnenden, schwarzen Loch stand, das vielleicht einmal der Türrahmen einer Arbeiterkate gewesen sein mochte. Ruhig atmend blieb er stehen und blickte über seine rechte Schulter in die Dunkelheit der Hütte. Eine Augenbraue wanderte in die Höhe, als ein Funkeln das sonst so monotone Schwarz durchbrach. Mit dem gebrüllten Namen einer der verderbten Chaosgottheiten auf den Lippen brach ein sehniger Mann aus der Finsternis, dessen entblößte Brust mit abartigen Tätowierungen bedeckt war. Trotz des überraschenden Ansturms war Brandrans Schwert schneller als die Axt des Chaosanbeters. Es schlitzte dem Anstürmenden den Bauch auf, als der Reikländer ihn mit dem linken Unterarm an der Kehle gegen die Wand der Hütte presste. Scheppernd entglitt dem Angreifer die Axt aus den verkrampften Fingern, noch bevor Lucius auch nur reagieren konnte, der direkt hinter Brandran gestanden hatte.
„Im Namen Sigmars, dein Leben ist verwirkt. Empfange durch meine Hand Seine Absolution, Chaosabschaum“, flüsterte der Hexenjäger dem Sterbenden zu. Seine Gesichtszüge blieben kühl, selbst als der Chaosanbeter sterbend die Augen verdrehte. Das letzte, was er über Brandrans Schulter hinweg sah, war das Schild auf Lucius’ Rücken, auf dem in tadellosem Reikspiel die Worte „Dein Ende ist nah“ geschrieben standen. Manius Arctander trat an den zusammengesunkenen Chaosanbeter heran und besah ihn sich genauer. Er hatte vor Abscheu die Lippen zurückgezogen, so dass seine Zähne entblößt waren.
„Und? Wieder nur ein Anhänger eines Kults, der uns nicht interessiert wie die letzten drei Mal? Oder gehört er zu dem Zirkel der Hexe?“, fragte der Ostmarker grimmig.
„Ja, Arctander. Das tat er.“ Ein Lächeln teilte die Lippen des Anführers, als er aus der Hütte die schmerzerfüllten Schreie eines Menschen hörte, welche das Knurren seiner Hunde überdeckten. Die Jagd hat begonnen.
„Vorwärts, ich kann sie spüren“, zischte der Reikländer und zog seinen Dolch.
„Diese verderbten Kreaturen sollen brennen“, brüllte Grimnar freudig und erhob ein Buch mit heiligen Schriften über den Kopf. Er und Lucius begannen, heilige Gebete zu flüstern.
„Tomael, wir müssen vorrücken!“, rief Brandran über die Schulter. Er stieß einen Pfiff durch die Zähne aus, so dass Arkas und Tulm mit blutigem Geifer vor den Mäulern aus der Hütte stürmten und zu ihm aufschlossen. Der junge Stirländer und sein Begleiter sprangen von dem Balkon in einen matschigen Strohhaufen und trabten zum Rest der Truppe.
Für einen kurzen Moment gestattete sich Brandran anzuhalten, um den kühlenden Nieselregen auf seinem Gesicht zu genießen. Tomael duckte sich unter einem herabhängenden, inzwischen unlesbaren Schild hinweg und stellte sich neben seinen Anführer.
„Wie lange wird es noch dauern?“, fragte der junge Stirländer unsicher. Brandran schüttelte langsam den Kopf. Er sog prüfend die Luft ein und hielt dann auf eine hoch aufragende, gemauerte Wand zu. Es war das letzte Überbleibsel des ganzen Stadtviertels, das sich einst majestätisch am Ende der Imperiumsallee erhoben hatte. Nun war es nicht mehr als eines rauchende Trümmerlandschaft, in denen Ratten und verdorbenere Kreaturen ihr Unwesen trieben. Arkas und Tulm strichen unruhig um Brandrans Beine und knurrten bedrohlich, doch er beachtete es gar nicht. Der Geruch nach Chaosmagie wurde stärker. Brandran schnipste einmal und deutete dann auf einen etwa Schulter hohen Mauerabschnitt. Tomael von Ivorin und sein Zelot Braiden schlichen sich dahinter, bereit auf ein Signalwort hin aufzutauchen und den Rest der Gruppe mit ihren Geschossen zu unterstützen. Die Flagellanten folgten Manius Arctander, der sich dämonisch grinsend neben Brandran stellte.
„Was auch immer uns erwartet, Reikländer, es war herrlich an deiner Seite gekämpft zu haben“, knurrte der Hexenjäger. Es war offensichtlich, dass er sich zu diesen Worten überwinden musste, auch wenn sie seine Überzeugung ausdrückten. Brandran starrte auf die Mauerecke, um die er seine Truppe gleich führen würde und antwortete trocken:
„Am Ende steht der Sieg, wie schon Sigmar sagte.“ Das Grinsen des Ostmarkers wurde bei diesen Worten noch etwas breiter.
„Was ist so besonderes an dieser Hexe, dass du sie so energisch verfolgst?“, wollte er wissen.
„Es sollte dir reichen, dass sie eine Hexe ist“, gab Brandran eiskalt zur Antwort. Er verschwieg, dass eben jene Hexe seine Frau gewesen war, bevor sie sich dem Prinzen der Freuden zuwandte. Es war dieses einschneidende Erlebnis, dass ihn so gefühlskalt werden ließ, als Abwehrreaktion auf die ausschweifenden Sinnesfreuden seiner Frau. Manius nickte verständnisvoll, war diese verschlossene Antwort doch typisch für den Reikländer. Er folgte seinem Anführer um die Mauer und seine Augen weiteten sich für einen Moment vor Schreck. Sechs muskulöse Männer knieten in einem ausgetretenen Kreis um eine auf einem schimmernden Stein stehende, schwarzhaarige und halbnackte Frau, die die Arme erhoben hatte und in der verdorbenen Sprache des Chaos skandierte. Violette Flammen züngelten zwischen den tief summenden Männern und leckten an ihren Körpern empor, ohne sie zu verbrennen.
„Hexe!“, brüllte Manius, als er begriff, was er da vor sich hatte. Mit einem ekstatischen Lächeln wandte sich die Frau den Neuankömmlingen zu und führte in einem Ausdruck der Verzückung die Hände zu ihren entblößten Brüsten. Ihre blauen Augen lagen auf dem Reikländer, der ihr am nächsten stand.
„Ah, endlich hast du zu mir gefunden, Brandran. Ich habe dich erwartet“, lachte sie leise.
„Im Namen Sigmars, hiermit klage ich Euch zum wiederholten Male an, mit den verderbenden Mächten des Chaos zu paktieren. Siona von Helmgart, im Namen des Großtheogonisten verurteile ich Euch zum Tode, denn Eure selbst auferlegte Verdammung kann keine andere Strafe nach sich ziehen. Als auserwählter Templer des Sigmar werde ich Euch der Gnade Seiner Heiligkeit ausliefern“, proklamierte Brandran völlig ruhig. Er stand mit schulterbreit gespreizten Beinen vor ihr, das Schwert gesenkt in der rechten Hand und sah ohne das Gesicht zu verziehen zu der Hexe auf. Sie lachte schallend, als er hinzufügte:
„Habt Ihr noch irgendwelche letzten Worte zu sagen?“
„Oh, Brandran, wie oft schon haben wir dieses Gespräch geführt? Dreimal? Viermal? Wie lange willst du noch gegen die Einsicht ankämpfen, dass Slaanesh mir mehr Macht gegeben hat, als du je haben wirst?“, fragte sie mit einer Stimme, die zwischen herausforderndem Missvergnügen und aufreizender Neugier schwankte. Manius knurrte aufgebracht.
„Es gibt nichts einzusehen, außer Eurem Tod, Siona von Helmgart. Akzeptiert und sterbt“, erwiderte Brandran gelassen. Wie auf ein unsichtbares Zeichen hin erhoben sich die sechs Anhänger der Hexe, ergriffen ihre Waffen und stellten sich zwischen ihre Herrin und die Hexenjäger.
„Brandran…Brandran…Ich hätte dich für klüger gehalten. Doch du hast dein Schicksal selbst gewählt“, tadelte sie den Hexenjäger enttäuscht, der immer noch so ruhig vor ihr stand, als könnte ihm nichts geschehen. Ihre schlanke, linke Hand zog einen schmalen, langen Dolch hinter ihrem Lendenschurz hervor. Ihre Rechte strich sanft und verführerisch über ihren hellhäutigen Oberschenkel und ergriff ein Rapier, das sie aus ihrem hochhackigen Stiefel zog. Sie kreuzte die Waffen über ihren schwarzen Haaren und lächelte den Hexenjäger in freudiger Erwartung der Ereignisse an.
„Der Prinz der Freuden wird dieses Opfer mit Wohlwollen annehmen“, flüsterte sie, die Stimme heiser vor Erregung. Ihre Lakaien, mit Knüppeln und rostigen Schwertern bewaffnet, warfen sich auf Brandran.
„Jetzt, Tomael!“, rief der Reikländer und parierte den ersten gegen ihn gerichteten Hieb. Tomael von Ivorin tauchte hinter der Mauer auf und legte seine Armbrust auf die Hexe an. Er wollte sie von dem glühenden Stein herunterschießen, doch als ihre blauen Augen auf ihn fielen konnte er es einfach nicht über sich bringen. Mit einer Willensanstrengung wie er sie noch nie in seinem Leben erlebt hatte zog er dennoch den Abzugsmechanismus. Sein Bolzen drang einem der Chaosanbeter in den Hals, direkt durch das Loch einer auftätowierten Slaaneshrune. Braiden schoss seinen Pfeil ab, doch er verfehlte die Hexe um eine Handbreite. Als sie ihren Dolch gegen ihn reckte, wurde der Zelot einfach weggeschleudert. Noch bevor er in den Schlamm der Straße klatschte, hatten sich Lucius und Grimnar in das Getümmel geworfen und lieferten sich einen erbitterten Kampf mit drei Kultisten. Manius Arctander konnte nicht eingreifen, da wie aus dem nichts zwei weitere Anhänger der Hexe hinter ihm aufgetaucht waren, die ihn mit ihren Äxten bedrängten. Er zerschmetterte einem den zur Parade erhobenen Schild und warf den anderen mit einem Tritt zu Boden, doch auch wenn er weit kräftiger war als die ausgemergelten Männer reichte es noch lange nicht, um sie zu töten.
Mit einiger Genugtuung registrierte Brandran, dass Arkas und Tulm einen der Chaosanhänger zu Boden gerissen hatten und ihre Zähne in Brust und Hals des Unglücklichen versenkten. Er verlagerte sein Gewicht zur Seite, um einer vor Rost starrenden Klinge zu entgehen und rammte dem Schwertschwinger seinen Dolch in die Seite. Er kam nicht mehr dazu, ihn wieder herauszuziehen, denn der Mann, den Tomael mit seinem Bolzen markiert hatte ging vor Ekstase brüllend mit einem Zweihänder auf den Reikländer los. Er entging dem ersten Schlag durch einen Sprung zur Seite und rollte sich unter dem Zweiten hinweg, um sich durch einen schnellen Hieb Luft zu verschaffen. Durch das Zurückweichen bekam der Kultist Lucius’ Flegel gegen den Schädel gehämmert. Bewusstlos, möglicherweise sogar tot, sank er zu Boden und öffnete Brandran so den Weg zu der Hexe. Sie bemerkte ihn in dem Augenblick, als er sich in der für ihn typischen, ruhigen Weise auf sie zu bewegte, obwohl rings um ihn das Handgemenge tobte. Erfreut grinsend ließ sie ihren Dolch über das Rapier schaben und sprang mit einem Salto von dem Stein. Sie landete hinter Brandran und führte einen schnellen Hieb gegen ihn, doch der Hexenjäger parierte mit traumwandlerischer Sicherheit. Obwohl die Hexe mit zwei Klingen bewaffnet war, konnte sie doch keinen Schlag an dem Breitschwert ihres Erzfeindes vorbei bringen. Brandran kämpfte mit überlegener Technik, eine Miene der entschlossenen Konzentration zur Schau stellend. Siona kämpfte wild, ihr ansprechendes Gesicht zu einem entzückten Lächeln verzogen. Als Brandran ihren Dolch zur Seite drückte durchstieß sie mit ihrem Rapier seinen Arm, doch auch davon ließ er sich nicht aufhalten. Er lehnte sich zurück und entging so dem Rückhandschlag, bevor er vorstieß und ihre Haut quer von der Hüfte zur Schulter aufschnitt. Eine dünne Blutlinie lief zwischen ihrem regennassen Busen entlang, was der Hexe jedoch nur noch mehr ekstatische Verzückung zuteil werden ließ. Als einer von Tomaels versilberten Bolzen einen weiteren ihrer Anhänger hinter ihr zu Bodenstreckte, der soeben Lucius niedergeschlagen hatte, kreischte Siona begeistert auf und keilte Brandrans Schwert zwischen ihren Klingen fest.
„Siehe, wozu dein Opfer den Prinzen der Freuden veranlasste“, flüsterte sie ihm betörend zu. Sie versetzte ihm mit ihrem Knie einen Tritt in den Magen, dann sprang sie ansatzlos, höher als es einem Menschen eigentlich möglich sein sollte, in die Luft und landete auf dem bröckeligen Rand der gemauerten Wand, die er erst vor kurzem umrundet hatte. Es störte sie nicht, dass er dabei einen freien Blick zwischen ihre Beine werfen konnte. Stattdessen hockte sie sich entzückt lachend hin und zeigte mit dem Dolch auf den glühenden Stein, der hinter dem mit eisiger, schmerzverzerrter Miene zu ihr hoch starrenden Hexenjäger lag. Brandran drehte sich nur halb um, als ihm auch schon bewusst wurde, was gerade geschehen war. Eine erhobene Augenbraue war das einzige Zeichen seiner Überraschung. Eine Dämonette, eine aus Slaaneshs Gedanken geborene Dämonin stand vor ihm und grinste ihn mit ihren Haifischzähnen an. Irisierende Muster zogen sich über ihre alabasterfarbene Haut, als sie sich anmutig auf ihn zu bewegte.
„Dämonenabschaum! Vergehe in meinem heiligen Zorn!“; brüllte Grimnar als er sich auf das unnatürliche Wesen warf. Noch ehe sein Flegel auf die Kreatur niedergehen konnte spießte die Dämonette den Flagellanten auf einer Klaue auf, in der ihr linker Arm endete und hob ihn ohne sichtliche Anstrengung in die Luft. Der röchelnde Mann versuchte dennoch, ihr das Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen. Innerlich bestürzt, doch äußerlich wie immer ruhig, musste Brandran mit ansehen, wie die Abscheulichkeit vor ihm, die ihm trotz ihrer Widernatürlichkeit so anziehend erschien, Grimnar verächtlich fortschleuderte. Brüllend und blutüberströmt rannte Manius Arctander an dem Reikländer vorbei und hieb mit seinem Streitkolben nach der Dämonette, die seinen Schlag an ihrer Klaue abprallen ließ. Postwendend stieß sie dem Hexenjäger eine schlanke Klinge in den Bauch. Ungläubig taumelte der Ostmarker zurück, doch selbst eine solche Wunde konnte seinen Kampfeswillen nicht brechen. Das Lächeln der Dämonette veränderte sich von verachtend zu anerkennend, als er erneut angriff. Er tauschte vier Schläge mit ihr, dann krachte ihre Klaue gegen seinen Kiefer und schickte ihn so zu Boden.
Brandran ging mit gestrafften Schultern auf sie zu. Die Spitze seines blutigen Breitschwertes hing nur knapp über dem schlammigen Schutt des Anbetungsplatzes, als er auf die Dämonette zuschritt. Weder ihre flackernden, insektenartigen Augen noch ihr moschusartiger Duft konnten den Hexenjäger irritieren. Brandran kannte die Ausgeburten des Chaos schon zu lange. Er täuschte hoch an und führte seine Klinge in einem kurzen Bogen an der Parade vorbei, doch die Unnatürlichkeit entging seinem Hieb durch eine leichte Körperdrehung. Die Stirn runzelnd sprang er zurück, vermied so den Kontakt mit der Klaue und parierte im nächsten Atemzug einen Stich der Klinge des Wesens. Die Dämonette holte zu einem weiten Schlag aus, unter dem Brandran sich hinwegduckte. Als sie ihre Klaue zu einem Rückhandhieb erhob, sprang er vor und stieß ihr sein Schwert zwischen die Brüste. Ungerührt führte das unmenschliche Wesen den Hieb aus und traf Brandran am Kopf. Eine volle Drehung in der Luft ausführend landete der Hexenjäger benommen im Schlamm und schrammte sich die Haut an den rauen Steinen darin auf. Die Dämonette baute sich mit einem Haifischgrinsen über ihm auf und hob die Klinge zum finalen Stich, als ein versilberter Bolzen in ihre Schulter drang und sie zum Aufsehen zwang. Kichernd schritt sie auf den nachladenden Tomael zu. Mit den Zähnen vor Schmerzen knirschend stemmte Brandran sich hinter ihr auf und tastete im Schlamm umher. Ein kleines Beil kam ihm zwischen die Finger. Unsicher stand er auf, blinzelte ein paar Mal, um seinen Blick zu klären und erhob das Beil. Taumelnd griff er an seinen Hals und holte ein silbernes Hammeramulett hervor, dass er gegen die Klinge des Beils drückte.
„Sigmar, steh mir bei“, flüsterte er und spürte das Amulett bei diesen Worten kurz aufzittern.
„Hey, Süße!“, rief er die Dämonette aufgebracht an, die ihm auf perverse Art erfreut grinsend den Kopf zudrehte. „Im Namen des Großtheogonisten und in meiner Eigenschaft als heiliger Templer des Sigmar: Hiermit verdamme ich dich zum Tode, kehre zurück in dein pervertiertes Reich und vergehe im Angesicht der Gerechtigkeit!“ Im Gegensatz zu seiner sonst so kühlen Art zeigte Brandran bei diesen Worten echten Hass. Hass, den er auch in den Wurf legte, mit dem er das Beil in den Schädel der Dämonette beförderte.
Kreischend wurde das dämonische Wesen von purpurnen Flammen verzehrt und hinterließ nichts außer Asche auf Brandrans zu Boden gefallenem Schwert und einem schweren Moschusduft in der Luft. Beides wurde von dem ständig fallenden Nieselregen hinweg gewaschen. Brandran sah zu der euphorisch kreischenden Hexe auf, die immer noch auf der Mauer hockte und das Schauspiel mit wachsender Ekstase angesehen hatte.
„Auch wenn du immer noch lebst, Brandran, so muss ich dir doch für die Erfahrung dieses Genusses danken. Beim nächsten Mal wirst du mir vielleicht das ultimative Erlebnis deines Todes zuteil werden lassen. Doch bis dahin, genieße dein Leben, denn Slaanesh schenkt auch dir Ungläubigem Freuden“, hauchte sie verlockend. Er sah zu ihr hinauf und seine Züge verzogen sich wieder zu dem völlig ruhigen Ausdruck, den er stets an den Tag legte.
„Siona, wann wirst du endlich aufhören vor mir fortzulaufen und dich mir stellen?“, fragte er flüsternd.
„Wenn du bereit bist, den Preis dafür zu zahlen, Gemahl“, lachte sie aufreizend, warf ihm eine Kusshand zu und sprang ab. Er sah sie noch kurz über der Mauer, dann verschwand sie und flüchtete tiefer nach Mortheim hinein. Arkas stupste ihn mit seiner kühlen Nase an und er streichelte dem Wolfshund über den Kopf, während er sich den Schauplatz des Gefechts besah. Die Kultisten waren tot. Genau so tot wie Lucius und Braiden. Er registrierte nur am Rande, dass jene zwei Mitglieder seiner Truppe dieses Zusammentreffen mit der Hexe nicht überlebt hatten. Das volle Ausmaß dieses Umstands war ihm noch nicht bewusst.
„Helmgart, wir müssen hier weg. Grimnar braucht einen Medikus!“, rief ihm Tomael zu. Die Augen auf den sich stöhnend aufrichtenden, zwei Zähne ausspuckenden Manius Arctander gerichtet nickte der Hexenjäger. Er ergriff sein imperiales Breitschwert und sein Blick fiel auf den immer noch glühenden Stein.
„Ist es das, wofür ich es halte?“, fragte Manius, der dem Blick seines Anführers gefolgt war.
„Ja, Warpstein. Wir nehmen ihn mit, wie der Großtheogonist befohlen hat. Kein Chaosanhänger soll ihn je wieder für verdorbene Rituale nutzen können“, antwortete Brandran leise. Der Ostmarker nickte langsam, zog seinen Dolch und begann den Warpstein von dem Felsbrocken abzuschaben und in einem Lederbeutel zu sammeln.
Der Reikländer wandte sich wieder der Richtung zu, in der die Hexe verschwunden war.
„Oh, Siona…Du verdammte Hexe. Wann nimmst du endlich den Fluch von meinem Herzen?“, fragte er leise und erschöpft. In seiner Stimme lag mehr Gefühl, mehr Verzweiflung als in jedem Wort, das er seit ihrem Verrat an ihm geäußert hatte.
 

SHOKer

Mentor der flinken Federn
3 Februar 2006
4.790
4
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Ich hatte die Geschichte schon damals bemerkt, aber noch nicht gelesen. Hab ich jetzt mal nachgeholt. Und ich muss sagen, sie ist dir wirklich gut gelungen. Eigentlich schade, dass du sie dir nicht für den Wettbewerb aufgehoben hast. Hätte eigentlich ganz gut zum Thema Unerfülltes Sehnen gepasst. Und einen Platz in der besseren Hälfte hätte sie sicher auch erreicht.

Ein paar kleine Flüchtigkeitsfehler waren tatsächlich drin, aber nichts wirklich Schlimmes. Was mich mehr gestört hat war die Szene mit dem Wurfbeil. So lange, wie der vorher seinen Text runterrattert, bevor er endlich mal wirft, hätte die Dämonette ihn eigentlich schon längst abschlachten können. Da wäre es besser gekommen, wenn er sie erst mit dem Beil kampfunfähig macht, dann zu ihr hingeht, diesen Text spricht und sie dann mit einem Schwert endgültig tötet/bannt.

Davon abgesehen sehr schöne Geschichte.
 

MisterG

Miniaturenrücker
18 April 2007
937
0
11.851
Ich hatte die Geschichte schon damals bemerkt, aber noch nicht gelesen. Hab ich jetzt mal nachgeholt. Und ich muss sagen, sie ist dir wirklich gut gelungen. Eigentlich schade, dass du sie dir nicht für den Wettbewerb aufgehoben hast. Hätte eigentlich ganz gut zum Thema Unerfülltes Sehnen gepasst. Und einen Platz in der besseren Hälfte hätte sie sicher auch erreicht.

Okay, hätte ich nicht erwartet. Vielleicht bin ich an der Stelle etwas perfektionistisch, aber irgendetwas an dieser Geschichte stört mich, sie ist nicht so rund, wie ich das gerne hätte.
Aber trotzdem danke für das Lob.

Was mich mehr gestört hat war die Szene mit dem Wurfbeil. So lange, wie der vorher seinen Text runterrattert, bevor er endlich mal wirft, hätte die Dämonette ihn eigentlich schon längst abschlachten können. Da wäre es besser gekommen, wenn er sie erst mit dem Beil kampfunfähig macht, dann zu ihr hingeht, diesen Text spricht und sie dann mit einem Schwert endgültig tötet/bannt.

Tja, Generation Hollywood.:D
Ist absolut richtig, meistens achte ich auf solche Flüchtigkeiten sehr genau, da ich auch selber Schwertkampf betreibe. Da merkt man recht schnell, das Reden etwas ist, wofür man deutlich keine Zeit übrig hat. Aber manchmal...Tja, da erwischt es einen doch, dass man den flimtypischen Moment einfängt.
Dies war so einer.
Aber stimmt, eigentlich hätte er da ein bisschen weniger reden müssen, um nicht gleich wieder im Schlamm zu landen.