30k Hüllenbruch - eine Death Guard Kurzgeschichte

gopostal

Tabletop-Fanatiker
27. März 2009
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Hüllenbruch

Dentarus Varon war nie jemand gewesen der sich beschwert hätte. Auch nicht nachdem er vor vielen Jahren, bei den Aufnahmeprüfungen der Death Guard, versagt hatte. Die Schmach nicht gut genug gewesen zu sein, wurde verdrängt von der Freude seiner geliebten Legion weiterhin dienen zu können, wenn auch nicht als ersehnter Halbgott, sondern stattdessen als deren Adjutant. Aber dann doch wenigstens als jemand unter Halbgöttern, der auch seinen Anteil leisteten konnte.

Jetzt steigen jedoch Zweifel in ihm auf. Am Anfang nur ein einzelner loser Gedanke, dennoch nagend und stetig sägend an seinen Nerven. Was wenn sich die Halbgötter geirrt hatten? Wegen dem ganzen Krieg gegen Terra und den Imperator. Dem Kampf Bruder gegen Bruder. War dies überhaupt möglich? Aber waren dies überhaupt noch seine Gedanken, seine Zweifel? Der tobende Warpsturm um die Endurance herum belastete die stetig aufflackernden Kraftfelder des Kampfschiffes, der alt ehrwürdigen Gloriana Klasse, stark. Immer wieder kommt es zu partiellen Durchbrüchen. Vom Warp verzerrte Scheußlichkeiten, die sich Gefechte mit der Besatzung lieferten. Und Worte in seinem Kopf die nicht die seinen sind. Jedenfalls glaubte Dentarus das. Wollte das glauben. Denn diese Stimmen befehlen ihm unvorstellbare Dinge. Angewidert den Kopf schüttelnd, erhebt sich der ausgemergelte Mann, mit dem eingefallenen Gesicht, von seiner Pritsche. Sein unsteter Blick schweift über die defekten Teile von Servorüstungen, die über den Boden seiner Unterkunft verteilt liegen und die er noch zu reparieren hat. Die Arbeit hat sich nach den Ausfällen der letzten Wochen merklich erhöht. Die Krankenstation ist überfüllt, denn wer die Angriffe des Warp überlebt, ist schlimm gezeichnet und … verändert. Der Primarch hat vor kurzem dann die Krankenstation zum gesperrten Bereich erklärt, unbefugtes Betreten wird mit dem Tod geahndet. Dentarus hört allerdings allerhand Geschichten von anderen Adjutanten, die aufgrund ihrer Aufgaben noch begrenzten Zutritt haben. Und was er dort hört lässt ihn erschaudern. Die grausamen Worte in seinem Verstand, die nicht die seinen sein können, werden dort in den Laboren zur Realität. Space Marines die zwar ihre Wunden regenerieren, aber so doch ganz anders als es eigentlich sein sollte. Lebende Grotesken, die gurgelnd und mit Tentakeln bewaffnet auf ihre ehemaligen Kameraden losgehen, während stinkender Eiter aus ihren Körperöffnungen sickert. Hirnlose Verzerrungen durch das Chaos, welche nur noch von ihren einzigen Kammeraden im vernichtenden Bolterfeuer und reinigendem Feuer der Flammenwerfer niedergemacht werden können. Was für ein wahr gewordener Albtraum.

Reflexartig möchte Dentarus schon die Worte „Der Imperator beschützt“ rezitieren, um seinen rasenden Gedanken einen Moment der Ruhe gönnen zu können, da hält er abrupt inne. Nein, der Imperator beschützt sie mittlerweile nicht mehr. Das können jetzt nur noch der Kriegsherr Horus und ihr Primarch Mortarion. Sein Blick richtet sich auf seine mit Blasen und Schwielen übersäten Hände. Die Arbeit, so viel Arbeit. Dann gleitet zischend seine Quartierstür auf und ein riesiger, dunkler Schatten steht in dem Rahmen. Die Voxgitter der Gestalt knistern.
„Man hatte dir aufgetragen diese Rüstungen zu reparieren. Warum arbeitest du nicht?!“ Donnernde Worte, unmenschlich verzerrt durch das Voxgitter des Helms, die sogleich Frage wie Anschuldigung in einem sind. Dentarus könnte sicherlich Gründe anführen, wie das seine Hände und Gelenke unter der Arbeitslast schmerzen und es unmöglich ist den stetig mehr werdenden Aufgaben seiner Herren nachzukommen, doch was würde das bringen. Seine Herren sind nicht gerade für ihr Verständnis oder ihre Rücksichtnahme bekannt.
„Mein Herr, ich habe keine Entschuldigung und werde umgehend mit den Arbeiten fortfahren.“ Dabei geht Dentarus wie von alleine auf seine abgewetzten Knie und verneigt sich tief. Die schwer gepanzerte Gestalt schnauft darauf hin einmal verächtlich, was sich durch die Verzerrung des Voxgitters fast wie das Knurren eines Raubtieres anhört. Dann wendet sich der Kollos, quietschend unter den Bewegungen seiner Servomotoren, zum Gehen und die Quartierstür gleitet wieder zu. Stille, bis Dentarus desillusioniert laut ausatmet. Schmerzen und Zweifel beiseite gewischt, beschließt es sich sogleich wieder an die Arbeit zu machen. Das wird ihn auf andere Gedanken bringen und ist so oder so unvermeidlich. Sein Beitrag, damit die Halbgötter weiter ihren Aufgaben nachkommen können. Zum Wohle der Legion. Und zum Wohle der Legion bedarf es neuem Maschinenöl. Denn seine Vorräte sind mittlerweile aufgebraucht, aufgrund des hohen Verbrauches die letzten Wochen über. Ein Gang in die Unterstadt der Endurance ist somit unvermeidlich. Früher hätte er sich über einen solchen Ausflug gefreut, heute wird es stattdessen zu einer gefährlichen Unternehmung. Die Bereiche der Unterstadt, wo sich ein Space Marine meistens nur selten hin verirrt, sind entbehrliche Bereiche. Einige Unterbereiche sind bereits verschlossen und versiegelt worden, nach Eibrüchen der Warpmonstrositäten. Lediglich entbehrliche Diener die dort leben, kein Grund wertvolle Boltermunition dafür zu verschwenden oder geschweige denn gar wertvolle Space Marine Leben dafür aufs Spiel zu setzen. Dentarus kann der Weisheit seines Primarchen, in dieser Sache, nur zustimmen und bewundert dessen scharfen, wie klaren Verstand.

Die ersten Korridore zur Unterstadt sind noch ausreichend mit Space Marines bewacht, die dort auf Patrouille sind. Doch dann gibt es auf einmal keine Patrouillen mehr und die Beleuchtung ist auf ein schummeriges Restflackern zurückgefahren oder bisweilen ganz abgestellt. Kein Grund in solchen Bereichen kostbare Energie zu verschwenden. Dentarus schleicht angespannt durch die dunklen Gänge und versucht dabei die sich windenden Schatten im Auge zu behalten. Welche Schrecken mögen diese wohl beherbergen? Um sich ein wenig abzulenken versucht er sich an schönere Momente in der Vergangenheit zu erinnern. Die stoischen, aber immer korrekten Anweisungen seines alten Herren, bevor dieser in der ersten Woche bei einem Angriff der Warpkreaturen fiel. Es war ein ehrliches und gutes Arbeiten. Und eine großartige Aufgabe, sich um die Ausrüstung seines Herren kümmern zu dürfen. Sergeant Taro, ein wirklich ehrenvoller Mann, der ihn nie schlecht behandelt hat. So in Gedanken und den guten alten Zeiten hinterherhängend, ist Dentarion auf einmal in der Unterstadt angekommen. Das dort früher wuselnde Treiben der Stände ist zu einer gähnenden Leere geworden. Nur noch einige fahle Gestalten, die sich gekrümmt, in alte Mäntel gehüllt, durch die Schatten drücken. Auch der Stand, mit dem kostbaren Maschinenöl, ist verlassen. Doch zu seinem Glück weiß Dentarus wo Melanie, die alte aber gutherzige, Verkäuferin ihre Unterkunft hat. Ein paar Gassen weiter klopft er entschlossen gegen ihre verrostete Stahltür. Nach einigen Anläufen wird diese von innen zögerlich, unter einem unschönen Quietschen, geöffnet.
„Was sehen meine alten Augen da! Dentarus alter Freund, komm doch herein. Bitte setz dich.“ Gastfreundlich wie immer, wenn auch diesmal etwas zu sehr, was wohl damit zusammenhängt, das nur noch wenige in diesen Tagen vorbeikommen, kann sich Dentarus denken. „Gerne.“ Lächelt er sie leicht verzerrt an, eine Gesichtsbewegung die für ihn zu ungewohnt geworden ist, als das diese noch natürlich erscheinen könnte. In stark ausgebeulten, abgegriffenen Sesseln nehmen beide Platz. Der Raum riecht muffig und irgendwie abgestanden, was an den vermutlich nur seltenen Luftwechseln hier unten liegt. Da er etwas will, hält es Dentarus für sinnvoll, Interesse zu zeigen, an dem Schicksal der Vergessenen hier unten. Er selber ist dagegen ja fast schon privilegiert, mit seinem Quartier in der Nähe der Halbgötter. „Wie geht es dir hier unten in diesen außergewöhnlichen Zeiten?“
Melanie stöhnt daraufhin ernüchtert auf. Merklich mitgenommen versucht sie die richtigen Worte zu finden. „Ich habe fast alles verloren. Meine geliebte Tochter, als Teilbereich 34-G abgeschottet worden ist und quasi mein Geschäft, wo du der erste Kunde, in den letzten drei Wochen, bist. Was soll ich jetzt noch machen?“ Den Tränen nahe sieht sie ihn fragen an.
„Dein Verlust tut mir sehr leid. Doch noch gibt es Hoffnung. Deshalb bin ich auch hier. Denn ich benötige Maschinenöl für die Rüstungen unserer Herren. Dann…“ Melanie schneidet ihm höflich, aber bestimmt das Wort ab. „Dentarus du alter Narr, hast du es noch nicht gehört? Es gibt keine Hoffnung mehr. Wir werden diese Warp Hölle nie wieder verlassen. „Unsere Herren“ haben sämtliche Navigatoren hinrichten lassen. Welcher Wahnsinn mag sie da geritten haben? Wir sind somit auf ewig gestrandet in dieser Hölle. Hätten wir uns doch nie vom Licht der Imperators abgewendet…“ Irgendwie verloren und seltsam gebrochen schüttelt sie leicht den Kopf. Nach dieser verstörenden Information kann er sie nur verdutzt, mit blinzenden Augen angucken, den Mund weit offen vor Überraschung. „Hast du das wirklich noch nicht gewusst?“ …

Auf dem Rückweg, mit knapp drei Litern gebrauchten, aber gefilterten Maschinenöl unter dem Arm. Nur noch geringfügig mit zerspanten Ablagerungen verunreinigt. Unter diesen Umständen wird es das aber schon tun. Doch Dentarus kann an nichts anderes mehr denken, als die hingerichteten Navigatoren. Wenn der Primarch so weise ist, warum befiehlt er dann so einen Wahnsinn? Wie kann so etwas denn sein? Gedankenverloren, sieht er den mit Pusteln befallenen Klauenarm, der aus den Schatten nach ihm greift, zu spät. Ein krachender Schlag, seine Jacke zerreißt und er wird durch den Gang gewirbelt, als sich der lebende Albtraum aus den Schatten erhebt. Ein zuckendes Knäul aus Klauen, Tentaklen und einem riesigen klaffenden Maul in der Mitte, gefüllt mit dolchgroßen Reißzähnen, umgeben von facettenartigen Insektenaugen. Viele an der Anzahl, die ihn hektisch zu mustern scheinen. Dentarus ist starr vor Angst und klammert sich verzweifelt an seinen Pott altes Maschinenöl, so als könnte es ihn beschützen, vor dem was da auf ihn zugekrochen kommt.
Zu seinem Glück ist ein gesicherter Nebenkorridor gleich um die Ecke. Schwere, gepanzerte Schritte hallen über den Gang, schaukeln sich verstärkt auf, als das Echo von den Wänden immer wieder zurückgeworfen wird, bis zwei gepanzerte Gestalten mit Boltern im Anschlag, um die Ecke gebogen kommen. Das Monster ist gerade über ihm, Maß nehmend, welches Körperteil es ihm zuerst abreißen und gierig verschlingen soll, da schlagen die ersten Bolterschüsse unter ohrenbetäubenden Explosionen ein. Blutige und eitrige Massen an Fleischstücken fliegen umher. Die Space Marines feuern so lange weiter auf den bebenden Fleischhaufen, bis außer reflexartigen Zuckungen kein Leben mehr davon zu vernehmen ist. Dann richtet einer der Engel des Todes seinen noch glühenden Bolterlauf auf ihn und eine donnernde Stimme ertönt, wieder verzerrt durch das Voxgitter.
„Wer bist du, was machst du hier und bist du infiziert worden?“… „Antworte schnell!“ Dentarus beginnt zu stottern, der Schock sitzt noch tief. „Ich…ich…ich bin Dentarus…Varon.“ Mehr Worte bekommt er nicht heraus. Der ihn bedrohende Space Marine guckt einmal mit einer kurzen, surrenden Drehbewegung seines Helms zu seinem Kammeraden herüber. „Töten wir ihn einfach. Sicher ist sicher.“ Dentarus blickt kreidebleich in den Lauf des Bolters. Er schließt seine Augen, denn mit Halbgöttern diskutieren ist nicht sein Stand. Wenn dies sein Schicksal sein soll, kann er nichts mehr daran ändern. Er hört das Klicken des Abzuges…

Nein, er öffnet seine Augen, das Klicken war der gepanzerte Handschuh des anderen Space Marines der damit den Bolter seines Kameraden absenkt. „Warte noch Bruder, ich glaube den hier kenne ich.“
„Du, warst du nicht der Adjutant von Sergeant Taro?“ Ausdruckslose Augenlinsen mustern ihn. Er sammelt seine rasenden Gedanken, findet wieder Worte. „Ja Herr. Ich habe Sergeant Taro stets treu gedient. Heutzutage warte ich die Ausrüstung einer Vielzahl von Herren. Seht nur, mit diesem Maschinenöl habe ich vor meine Arbeiten fortzusetzen. Alles für das Wohl der Legion.“ Wie eine heilige Reliquie hält er dabei den Pott Maschinenöl in die Höhe. Als vermeintliches Schild gegen das Monster hatte es ja bereits funktioniert, vielleicht hilft es jetzt auch noch einmal, um den Zorn von Halbgöttern zu besänftigen.
„Ich kannte unseren Bruder Taro gut. Seinen Adjutanten beschrieb er, wenn er ihn einmal erwähnte, stets als zuverlässig.“ Der Space Marine wendet sich jetzt direkt seinem Bruder zu, der Dentarus noch vor einem Augenblick hinrichten wollte. „Diesen hier können wir guten Gewissens verschonen.“ Ein kurzer Moment der Stille. „Ist mir auch recht.“ Schnauft der andere Space Marine, Dentarus meint eine gewisse Verärgerung aus dem verzerrten Voxgitter herauszuhören. Gleich zweimal hintereinander Glück gehabt, das kann kein Zufall gewesen sein. In seinem Quartier zurück, macht er sich sogleich wieder an die benötigten Arbeiten, um die Rüstungen seiner Herren wieder in einen einsatzbereiten Zustand versetzen zu können. Dabei denkt er nur aufopferungsvoll an seinen alten Herren, Sergeant Taro. Wie gerne hätte er ihm noch persönlich seinen unendlichen Dank ausgesprochen.

Überlebensgroß, mit einem geradezu messerscharfen Verstand ausgestattet, versucht Mortarion, Primarch der Death Guard, das Mysterium des Warp zu durchdringen. Er verabscheut diesen magischen Hokuspokus. Doch in der Not frisst der Teufel Fliegen. Und die Not ist groß. Seine Legion droht zu verfallen. Immer mehr seiner treuen Space Marines, Death Guard, mutieren auf entsetzlichste Art und Weise. Monstrositäten, die er als ihr Vater nicht mehr wiederzuerkennen weiß. Fast so als wären sie von einer Art Fluch befallen. Auch wenn er sich vehement weigert, an solch einen Unsinn glauben zu wollen. Dennoch sollten die Schutzzeichen und Siegel unerlässlich sein. Diese Lektion hatte er bereits vor einiger Zeit lernen müssen, wenn auch mit einem gewissen Widerwillen. Doch das tut jetzt nichts zur Sache.
Hier, in seinen privaten Gemächern, an Bord der Endurance, nur noch umgeben von seinen treuen, wie stoischen Deathshroud Terminatoren, welche sich unter keinen Umständen je weiter als 49 Schritte von ihm entfernen würden. Ihre Pestsensen hängen Unheils schwer über dem aufgebauten Experiment. Ein in runenübersäte Ketten geschlagener, besessener Death Guard Space Marine. Mittlerweile kaum noch widerzuerkennen. Sowohl aufgrund seiner zahlreichen Mutationen, wie auch aufgrund der schmerzhaften Befragung durch den Primarchen. Abgetrennte Tentakel, Klauen und herausgepresster Eiter besudeln den edlen Fußboden. Doch das ist Mortarion egal, auf so etwas hat er noch nie viel gegeben. Erinnerungen an die dreckigen Bauerndörfer, in denen er gelebt hatte für eine Zeit, auf Barbarus, kommen in ihm hoch. Doch sogleich verwirft er diesen Anflug von Sentimentalität wieder. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt dafür. Das Weiterbestehen seiner gesamten Legion steht auf dem Spiel.
Er ist die, mittlerweile zwei Tage andauernde, Befragung dieses Unglücksraben leid. Wo ist nur ein Night Lord wenn man mal einen braucht? Enttäuscht, da außer hirnlosem Gebrabbel, Gesabber und Gelächter nicht mehr aus der Kreatur herauszubekommen ist, trennt er dem Monster mit einer einzigen eleganten, wie schnell ausgeführten Bewegung den Kopf von den Schultern. „So wird das nichts.“ Sagt er enttäuscht zu sich selber, die Deathshroud Terminatoren um ihn herum, scheinen ihm dabei stumm zuzustimmen. Eine vor Wochen noch leise, fast flüsternde Stimme in seinem Hinterkopf, wird mittlerweile immer lauter. Eine Stimme die ihm Vorschläge unterbreitet. Helfen will. Wege aufzeigt, wie er seine Legion doch noch retten kann. Der Primarch ist diese beleidigenden Konversationen leid, von dem Irrsinn im Warp lässt er sich nicht verspotten oder geschweige denn vorführen. Was soll er jetzt noch tun?

Eine Woche später ist die gesamte Unterstadt der Endurance abgeschottet und versiegelt worden. Jeder Unbefugte der sich dem Bereich auf weniger als 1000 Meter zu nähren wagt, wird auf der Stelle hingerichtet. Dentarus muss in seinem Quartier, mit einer Träne des Bedauerns, an die arme Melanie denken. Doch für Trauer und Bedauern ist jetzt keine Zeit. Er muss weiterhin die Rüstungen seiner Herren instand halten und das Maschinenöl ist ihm wieder einmal ausgegangen. So ausgegangen wie seine Ideen. Was soll er jetzt noch tun?

Und als bereits alle Hoffnung verloren schien, in diesem unseligen Moment eines kosmischen Schicksals, treffen Mortarion, flankiert von seinen Deathshroud Terminatoren und Dentarus, mit seinem Pott Maschinenöl, randvoll gefüllt nebenbei, vor dem abgeschotteten Teilbereich 34-G, aufeinander. Dentarus, der aufopferungsvolle, wie treudoofe Diener der er nun mal ist, bereit alles zu riskieren, um seinen Herren weiter dienen zu können. Auch wenn das bedeutet in verbotene Bereich vorzudringen, auf deren Betreten die Todesstrafe steht. Und ein mittlerweile zu allem entschlossener Primarch, der zusammen mit seiner Elite in das Herz des Wahnsinns vorzustoßen gedenkt, um doch noch irgendwie eine Lösung finden zu können. Einen Weg zu finden versucht seine Legion retten zu können. Eine Legion, wovon mittlerweile mehr Space Marines befallen und mutiert sind, als der Rest der es noch nicht ist. Bisher.
Alles passiert innerhalb von wenigen Sekunden. Ein Deathshroud Terminator kommt wie ein gepanzertes Rhinozeros auf Dentarus zugedonnert. Die Pestsense bereits zum Schlag erhoben, damit das Todesurteil unverzüglich vollstreckt und jede erdenkliche Gefahr vom Primarchen abgewendet werden kann. Mortarions gelangweilter Blick verfolgt dieses Szenario nebenbei. Nur eine winzig kleine Irritation. Kaum der Rede wert. Dentarus wiederum hält entschlossen und mit voller Gewissheit seinen heiligen Pott Maschinenöl schützend vor sich in die Höhe. Jetzt gilt es ein drittes Mal sich zu beweisen. Die Grundfesten des eigenen Glaubens auszuloten, die eigene Seele zu erforschen. Seine bewährte Reliquie wird ihn sicherlich vor allem Schaden bewahren. Für das Wohl der Legion.
Von schräg oben nach schräg unten zerteilt die Pestsense, aus voller Fahrt heraus, in einem perfekten Bogen, den Adjutanten in zwei Hälften. Auch der Pott Maschinenöl wird dabei in zwei Hälften zerteilt. Funken stoben auseinander. Verschiedene Flüssigkeiten spritzen umher. Und der Vernichterschwarm, verteilt über tausende und abtausende winzige Insekten, ergießt sich nicht endet wollend, wie aus einem tiefen schwarzen Loch heraus, auf die Deathshroud Terminatoren und Mortarion. Rüstungen und Atemgeräte werden innerhalb von Bruchteilen von Sekunden durchdrungen. Die schwer gepanzerten Gestalten von Halbgöttern stampfen, schlagen und toben. Mortarion kann sich dabei von allen am längsten auf den Beinen halten, doch am Ende muss auch er sich dem Ansturm geschlagen geben. In einem tiefen, tranceartigen Albtraum, der dem Primarchen wie die Verhöhnung der Realität erscheint, gibt Mortarion dem stetig weiter bohrenden Stimmen in seinem Kopf nach und opfert dem Chaos Gott Nurgel alles, um im Gegenzug Wiedergeboren zu werden. Von da an gab es keine Space Marines mehr in den Reihen der Death Guard, sondern ausschließlich Seuchenmarines.

Eine Stunde zuvor. Dentarus hat noch die eine oder andere Idee, wo in den eigentlich verbotenen Bereichen noch etwas Maschinenöl aufzutreiben sein könnte. Sollte er dabei sein Leben lassen, dann würde das auch keinen Unterschied mehr machen. Kann er die Rüstungen seiner Herren nicht länger reparieren, dann ist auch er nutzlos. Das ist er der Legion und seinem toten Sergeant schuldig.
Und so geschah es, dass er allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz, hinter einer abgeschotteten Lucke, seinen totgeglaubten Sergeant erblickte. Ihm freundlich zuwinkend. Ohne lange zu überlegen, öffnet Dentarus überglücklich die Lucke und berichtet unter Freudentränen Sergeant Taro wie dankbar er ist ihm gedient haben zu können. In fast väterlicher Manier legt der alte Sergeant, welcher seltsam aufgedunsen wirkt, eine seiner dicken Pranken auf Dentarus Schulter. „Mein alter Freund, ich danke dir für die aufmunternden, wie schmeichelnden Worte. Und ich habe sogar noch ein Geschenk für dich. Etwas ganz Besonderes.“ Er drückt mit der anderen Hand, voller aufgequollener Finger, seinem ehemaligen Adjutanten einen randvollen Pott mit einer undefinierbaren Flüssigkeit in die Hand. „Habe ich selbst hergestellt, nach einem alten Familienrezept. Damit werden die Rüstungen deiner Herren ewig halten. Das verspreche ich dir.“ Überschwänglich vor Freude verabschieden sich beide Freunde wieder voneinander. Dentarus kann sich nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal so glücklich und dankbar gewesen ist. Die Gestalt des Sergeant Taro quillt währenddessen immer weiter auf. Das unwirkliche Grinsen auf dem nunmehr verzerrten Gesicht wird dabei ebenso immer breiter und breiter.
 
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