Jäger und Beute
Er lauschte wieder. Doch da war nichts. Der dichte Nebel, der zwischen den weitauseinaderstehenden Bäumen hing, verschluckte alle Geräusche. Trotzdem horchte er aufmerksam. Vielleicht würde er doch etwas hören.
Nein, da war nichts. Auch wenn er genau wusste, dass es sie gab, es musste sie geben.
Beute?
Er überlegte. War es wirklich Beute? Oder waren es Jäger und er die Beute? Machte dies überhaupt einen Unterschied?
Nein!
Es machte keinen Unterschied für ihn. Ihm war es egal, ob er die Beute war, oder der Jäger. Für ihn zählte nur die Jagd. Es war das Spiel, welches er so sehr liebte, dass seine ganze Existenz ausmachte.
Schmerzen erfassten seinen massigen Körper. Er dachte zu viel nach. Er wusste, dass er anders war als die meisten anderen seiner Art. Unzählige Male war er mit anderen seiner Art auf die Jagd gegangen. Manchmal zu zweit, manchmal in kleinen Gruppen und bei sehr seltenen Gelegenheiten war ihre Anzahl Legionen. Doch am liebsten war er allein auf der Jagd. Die Anwesenheit der anderen seiner Art war ihn zuwider. Es waren ungeduldige, direkte Bestien. Ihnen ging es nur um das töten, um das zerstören. Sie wollten so viel Blut vergießen, wie sie konnten. So viel Leid verursachen, wie sie konnten, bevor sie wieder nach Hause zurückkehrten.
Der Schmerz wurde stärker. Er wusste, dass der Schmerz nur seine lodernde Wut, die in jedem seiner Art steckte, weiter an fachen sollte. Es sollte ihn in unbändige Raserei versetzten und ihn dazu antreiben, seine Feinde ...
Nein!
Er hatte keine Feinde. Er hatte Beute oder er war die Beute. Feinde hatten nur die anderen seiner Art. Den Schmerz im Inneren ignorierend konzentrierte er sich wieder auf sein Spiel und lauschte weiter.
Noch immer hörte er nichts von seiner ... Beute? Oder von seinen Jägern? Es war ihn egal, daher beschloss er sie einfach als Jäger-Beute zu bezeichnen.
Da er noch immer nichts hörte, öffnete er sein Auge, dass andere hatte ihn einer der Jäger-Beute erst vor wenigen Stunden genommen, nach dem sie ihn überrascht hatten.
Geduldig hatte er Sie eine Zeit lang beobachtet, auf eine günstige Gelegenheit gewartet, um zu zuschlagen. Es waren drei. Klein waren Sie schwach und unaufmerksam hatten Sie auf eine Waldlichtung gerastet. Ungeziefer war aus ihrem Inneren gekrochen, hatte Sie umschwärmt, war auf ihnen herum geklettert.
Dann hatte er zugeschlagen, ohne Vorwarnung brüllte er wütend auf. Sein Ziel war der Alpha der Jäger-Beute gewesen. Der Alpha war auffällig bunt und aufgeplustert, um allen seine Autorität zu vermitteln. Wie überreifes Obst, das von einem Baum fiel, war die Jäger-Beute auseinandergeplatzt, als er ihm perfekt in der Mitte traf. Dabei verging ein kleiner Teil des Ungeziefers im Feuer seines Brüllens. Das restliche Ungeziefer stob auseinander und warf sich in den Dreck, da es seinem Zorn und seine Kraft fürchteten.
Auch wenn ihn das Ungeziefer eigentlich nicht interessierte, so wusste er trotzdem aus vielen Jagden, dass es schmerzhafte Stacheln hatte. Daher zielte er auf einen dichten Pulk von ihnen und brüllte wütend auf. Das Ungeziefer wurde von seinem Zorn zerrissen.
Wenn sie ihm nur in Ruhe ließen oder vor ihm fliehen würde, so würde er Sie verschonen. Doch dass taten sie natürlich nicht.
Einige von ihnen zielten mit ihren Kleinen aber piekenden Stacheln auf ihn und brüllten.
Keiner traf.
Die zwei Jäger-Beute versuchten vor ihm zu fliehen, doch er brüllte wieder und erlegte einen von ihnen.
Doch plötzlich wurde die Erde um ihn herum aufgerissen, als weitere Jäger-Beute aus dem Nebel auftauchten. Es war ein Rudel, sechs an der Zahl. Sie waren groß und stark, anders als das Trio wehrhaft, mit lauten Stimmen.
Dies war seine Lieblings Jäger-Beute. Doch die Freude war nur kurz, als einer von ihnen zornig brüllte und ihm eines seiner Augen nahm. Der Schmerz störte ihn nicht, auch Angst verspürte er keine. Er kannte noch nicht einmal Angst, keiner seiner Art kannte Angst. Trotzdem trat er den Rückzug an. Das Spiel sollte nicht so schnell enden.
Das war vor einiger Zeit gewesen. Seitdem war seine Jäger-Beute hinter ihm her. Er genoss es, doch hier hatte er lange genug gelauscht und doch nichts gehört. Ein schrecklicher Gedanke überkam ihn. Hatten sie vielleicht die Jagd auf ihm aufgegeben?
Nein. Nein, das durften sie nicht, mach, sie durften sein Spiel nicht unterbrechen. Er atmete einmal lange und so laut aus, wie er konnte und setzte sich in Bewegung. Er gab sich keine Mühe, leise zu sein, er konnte es auch nicht, selbst wenn er es wollte. Sein schwerer Körper bewegte sich träge und langsam. Jüngere Bäume zerschmetterte er unter seinem enormen Gewicht.
Eine Zeit lang bewegte er sich so durch den Wald, der Nebel hatte sich noch immer nicht gelichtet. Er stieß auf keine Jäger-Beute. Waren sie vielleicht wirklich in ihrem Bau zurückgekehrt? Sollte er sie vielleicht in ihrem Bau aufschrecken?
Nein, das war nicht sein Wesen. So etwas überließ er den anderen seiner Art. Er stoppte. Frustriert brüllte er auf und der Stamm eines dicken und alten Baums wurde zerrissen. Laut krachte der Waldriese zu Boden.
Er beschloss wieder zu warten. Wenn seine Jäger-Beute noch hinter ihn her war, so würden sie ihn hoffentlich gehört haben. Vorsichtig bewegte er sich auf die Krone des gefällten Riesen zu und nutzte das dichte Blätterdach als Tarnung. Er schloss sein Auge, hielt den Atem an und lauschte. Zu seiner Freude musste er dieses Mal nicht lange warten.
Etwas Großes und Schweres nährte sich vorsichtig seinem Versteck.
Er sah einen unförmigen Schatten im Nebel und hörten dessen lauten Atem. Wie er selbst auch, konnten sie sich nicht leise fortbewegen. Er ließ ihn näher herankommen, immer näher, bis sich die Jäger-Beute aus dem Nebel geschält hatte. Sein Gegenüber hielt an. Zehn Meter trennte Sie, doch noch war er nicht entdeckt worden.
Durch das grün der Blätter betrachtete er seinen Kontrahenten. Groß, breit, stark, gefährlich. Ein wehrhafter Jäger.
Doch nicht ebenwürdig.
Auch wenn die Jäger-Beute ähnlich aus sah wie er selbst, war er doch nicht von seiner Art.
Nein, die Jäger-Beute war nur eine schwache Version von ihm. Oben aus dem Kopf der Jäger-Beute schob sich ein Exemplar des Ungeziefers zur hälfte. Es blickte sich um. Niemals würde er Ungeziefer auf sich dulden, geschweige denn in sich. Die überdimensionierten Augen des Dings blickten in seine Richtung.
Es hatte ihn entdeckt.
Panisch schlug es auf den Kopf der Jäger-Beute und kroch zurück in dessen Inneren. Der große rechteckige Kopf mit der langen Schnauze drehte sich hektisch in seine Richtung. Wenn sein Körper es gekonnt hätte, hätte er gelächelt. Er hätte ihn schon längst erlegen können. Doch er warte bis zum letzten Moment. Dann war er gekommen. Er brüllte und traf die Jäger-Beute knapp unter dessen Kopf, der daraufhin vom Körper getrennt wurde.
Das war einer, aber wo war der Rest des Rudels?
Er beschloss zu warten, vielleicht ließ sich noch ein Weiterer von ihnen in die Falle locken. Lange musste er nicht warten. Die Umrisse von zwei Weiteren des Rudels erschienen vor ihm im Nebel. Doch diese waren anscheinend vom ersten des Rudels gewarnt und brüllten augenblicklich ihren Zorn hinaus, noch bevor sie vollständig aus dem Nebel aufgetaucht waren. Der Erste traf nur sein Versteck und zerfetzte es. Der andere hinterließ eine Tiefe Narbe an der Seite seines Kopfes.
Er ließ sich nicht einschüchtern und wartete geduldig, ehe er zurückbrüllte. Es war ein sauberer Treffer mitten in die Brust eines der beiden. Auch wenn sich die Jäger-Beute weiter vorwärts bewegte, so wusste er doch, dass diese schon tot war.
Der andere des Rudels war schlau und bewegte sich schräg auf ihn zu. Er verfolgte die Bewegung des Kontrahenten mit seinem Kopf und brüllte. Dieses Mal verfehlte er ihn und erlegte lediglich einen Baum. Jetzt musste er seine Position aufgeben. Er atmete laut aus und wich zurück, während die Jäger-Beute weiter ihren Kopf in seine Richtung drehte, ohne zu brüllen.
Er selber brüllte wieder und traf. Doch der Winkel war schlecht und so wurde sein Zorn von der dicken Haut abgelenkt und durchbohrte einen weiteren Baum.
Plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz, der seinen gewaltigen Körper erschütterte. Der Rest des Rudels war erschienen. Er wollte seinen Kopf drehen, doch es gelang ihm nicht. Er steckte einen weiteren Treffer ein, der ihn vollständig lähmte.
Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie die eine Jäger-Beute stehen blieb und ihren Erfolg genoss. Hilflos, bewegungslos konnte er nichts machen, sich nicht verteidigen.
Doch letztendlich spielte es keine Rolle, wie dieses Spiel endete. Für ihn und die anderen seiner Art gab es immer eine nächste Jagd, ein nächstes Spiel. Jetzt würde er nach Hause zurückkehren. Er würde einfach warten, bis ihn das Ungeziefer ein weiteres Mal beschwor, ihn einen Körper aus Stahl und Eisen gab, damit er das Spiel spielen konnte, dass er so sehr liebte.
Dann hörte er das Brüllen von vier Jägern.
Hauptmann Derius öffnete die Trumluke seines Leman Russ und quetschte seinen Oberkörper durch die schmale Öffnung. Er musste es einfach mit seinen eigenen Augen sehen, nur so konnte er es auch wirklich glauben. Gebannt aber voller Abscheu starte er auf das brennende Wrack.
Sie hatten es tatsächlich geschafft, das Ding zu vernichten.
Es hatte sich anscheinend einmal um einen Leman Russ Panzer gehandelt. Doch der schändliche Einfluss des Erzfeindes hatte ihn verändert. Violet Farbendes Fleisch und schreckliche Runen überzogen dessen Rumpf.
Er aktivierte das Kehlkopfmikrofon um seinen Hals. "Hauptmann Derius, vom Imperators Glorie, an Hauptquartier. Bestätige den Abschuss der Dämonenmaschine."