Juristische Spitzfindigkeiten

HelveticusDerAeltere

Tabletop-Fanatiker
10. September 2002
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Da es auf diesem Forum sicher den ein- oder anderen (angehenden) Juristen gibt, hätte ich aus aktuellem Anlaß eine juristische Frage. Das Internet gibt hier zwar ähnliche, aber leider keinen wirklich gleichen Fall samt Antworten her.

Und bevor die üblichen Verdächtigen hier auftauchen: Zu einem richtigen Anwalt geh ich dann, wenn ich wenigstens einen gewissen Anhaltspunkt habe, was die Erfolgsaussichten angeht, danke 😛 😉

Zu "meinem Fall": Ich habe mir über einen Online-Shop sehr günstig einen Artikel gekauft, der vom ursprünglichen Zulieferer nicht mehr erhältlich ist, aber noch zahlreich unter "Zwischenhändlern" kursiert. Heisst, er ist nicht vom Markt oder gar nicht mehr aufzutreiben - nur halt meist zu einem wesentlich höheren Preis.

Der Kaufvertrag ist MMN spätestens mit der Bestätigung des Versands und der Abbuchung des Kaufbetrags von meinem Konto rechtskräftig zustande gekommen.

Nach 2 Wochen warten und mehreren Nachfragen eröffnet mir der Verkäufer nun, dass das Paket angeblich retour gekommen (Nahfragen über die Paketnummer wurden ignoriert) und der Inhalt "versehentlich" direkt weiterverkauft worden sei. "Ersatzweise" bietet er mir andere, dem ursprünglichen Artikel nicht gänzlich fremde, aber letztlich dennoch "ausreichend unähnliche" Artikel (eine Zuzahlung vorausgesetzt) an, was für mich schon übel nach Lockangebot stinkt, bzw., als habe der Verkäufer noch gemerkt, dass er seinen Preis höher hätte ansetzen können, was sich aber natürlich kaum beweisen lässt.

Meine eigentliche Frage: Kann ich auf die Erfüllung des Kaufvertrags bestehen bzw. Schadenersatz in Form der Auszahlung der Differenz bei Erwerb des gleichen Artikels über einen anderen Anbieter einfordern, und falls ja, welche Paragraphen wären hier maßgeblich? Meine bisherigen Recherchen würden mich § 433/ 439 & § 280-283 vermuten lassen, oder liege ich da falsch? Bzw. falls nicht, was gibt in diesem speziellen Fall den Ausschlag?

Danke schonmal im Voraus für eure Antworten.

P.S.: Ja, dem Typen würde ich gerne "richtig deutsch" kommen 😛 😉
 
Zuletzt bearbeitet:
Mal sehen, ob ich das noch drauf habe...
soweit ich weiß, hat der Anbieter die Chance auf zweimalige Nachbesserung, bzw. muss diese sogar in Anspruch nehmen/ihm gewährt werden, was hier wahrscheinlich Neubeschaffung und erneute Zusendung wäre. Klappt es beide Male nicht oder nicht zur Zufriedenheit des Empfängers, kann das Geld zurück gefordert werden oder eine Ersatzleistung geleistet werden.
..ist schon etwas her, dass ich das hatte, aber ich meine, das so weit noch zusammen bekommen zu haben.
 
Du hast einen rechtsgültigen Kaufvertrag, ja. Der Verkäufer schuldet dir also einen Artikel. Leider ist durch den Versand keine Gattungsschuld mehr vorhanden (also irgendeinen Artikel) sondern eine Stückschuld (den und nur den einen versandten Artikel). Hat der Verkäufer den weiterverkauft so ist der Kaufvertrag mit den neuen Käufer nichtig weil der Artikel nun mit einem Rechtsmangel behaftet. Das wird aber extrem schwer nachzuweisen sein.
Schadenersatzanspruch hast du in der Tat, allerdings nur in Höhe des dir entstandenen Schadens. Das muss also nicht Geld sein, es sollte das Produkt sein. Einen Differenzbetrag wirst du eher nicht erstattet bekommen, da der Schaden der dir bisher entstanden ist nur der gezahlte Kaufpreis ist. Man könnte mit den Beschaffungskosten argumentieren, das ist aber schwierig.

Ohne das jetzt alles minutiös geprüft zu haben und frei Schnauze geschrieben würde ich sagen, dass es zwar gut für dich aussieht dein Geld zu erhalten, nicht aber den Artikel oder den Differenzbetrag. Alle Angaben ohne Gewähr, klar, neh!

@Orlok: Eine Nachbesserung ist nicht nötig, der V den Artikel nicht mangelhaft geliefert hat sondern sie Lieferung endgültig verweigert.
 
Eben nicht, die Leistung ist durch das abhandenkommen des Dings unmöglich geworden. Ein anderes geht nicht, weil es sich um eine STÜCKschuld nicht Gattungsschuld handelt.
Muss er dazu aber nichtmal erst nachweisen, dass er den Versand auch tatsächlich "versucht" hat (was ja meiner Meinung nach nie erfolgt ist, sonst hätte er mir ja auf mehrmaliges Nachfragen die Paketnummer nennen können...)...?
 
Eben nicht, die Leistung ist durch das abhandenkommen des Dings unmöglich geworden. Ein anderes geht nicht, weil es sich um eine STÜCKschuld nicht Gattungsschuld handelt.
Ich weiss zwar nicht seid wann Du Jura studierst aber das sind echt Spitzfindigkeiten - aber RAW ist ja in manchen Kreisen en vogue...😛uke:
Habe mich auch mal Wikipedia-schlau gemacht...
Mir kommt es vor, als würdest Du Stück- und Gattungsschuld vertauscht haben?
 
Es dürfte noch nicht konkretisiert worden sein, so dass weiterhin eine Gattungsschuld besteht.

Das ist im Grunde aber auch egal, da bei einer Stückschuld zwar Unmöglichkeit eingetreten ist, dann aber eine Schadensersatzpflicht eintritt, da der Verkäufer hier die Unmöglichkeit auch zu vertreten hätte. Schaden wäre hier (m.M.) der übliche Wert für die Erneutbeschaffung.

Also Du hast wohl den Erfüllungsanspruch behalten ODER wenn er hier eine Aussonderung beweisen könnte einen Schadensersatzanspruch.

Die EInschätzung erhebt aber keinen Anspruch auf richtigkeit, insbesondere da die Sachlage nur überschlägig bekannt ist. Für eine verbindliche und umfassende Auskunft: Rechtsanwalt aufsuchen.

Bekannt sein dürfte, dass der Gegner eines berechtigten Anspruches auch die Rechtsanwaltskosten zu tragen hat. Aber wichtig: Immer die Gegenseite zuerst in Verzug setzten (am sichersten: Frist zu Leistung setzten).

Wenn Du arm bist, kannst Du beim Amtsgericht einen Beratungsschein holen, dann musst Du bei der Erstberatung nur noch 10-20€ Selbstbeteiligung zahlen.


Freder schrieb:
Ich weiss zwar nicht seid wann Du Jura studierst aber das sind echt Spitzfindigkeiten - aber RAW ist ja in manchen Kreisen en vogue...😛uke:

Das ist ähnlich klug wie einem Elektriker vorzuwerfen, er würde zwischen - und + Pol unterscheiden und wäre deshalb ,,spitzfindig".
 
ich weiß ja nicht wum welchen Wert es geht aber... mal ehrlich - eine Sache die nicht geliefert werden kann, kann nicht geliefert werden. Grund ist dabei ja egal solange du dein Geld wiederbekommst? Lohnt sich der ganze Aufwand eigentlich? oder gehts hier um mehrere Hundert Euro? Was ist denn zB wenn sein Lieferant aus irgendwelchen Gründen ihn nicht beliefern konnte? Ihm jetzt das Leben schwer machen?

ka, aber so lange es nicht wirklich um hohe Beträge gehen sollte, versteh ich die Aufregung nicht. Da arbeiten doch auch nur Menschen die ihre Butter aufs Brot wollen und es geht hier ja vermutlich nicht um lebenswichtige Inhalte. Soll der jetzt echt teurer einkaufen als er es dir verkauft obwohl er vlt. sogar nichts für das grundsätzliche problem kann?

nur meine Meinung
 
@Thalos: Ja, das ist es eben, was man wirklich abwägen muss. Entweder man ist lieb und einem kehrt das nicht, dann kann der Gegenüber natürlich andere Leute weiter abzocken oder der Typ hat das Ding wirklich nicht und kann dafür auch nichts. In diesem Fall kann man aber auf eine gewisse Kulanz hoffen, d.h. ein besseres Angebot für den selben Preis erhalten.

(Wieso fühle ich mich nur gerade an die "Pussy"-Speech erinnert?)