Modellierung: Extreme Armeen und warum Beschränkungen die Taktik fördern

Lintu

Fluffnatiker
11. Februar 2014
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20.016
Ich habe nun eine Weile über ein Modell nachgedacht um das Problem von extremen Armeen etwas griffiger zu machen. Ich bin Mathematiker und kenne die Probleme von Modellen und weiß, dass ein Modell kein Beweis ist. Ganz im Gegenteil können Modelle leicht als Argument ohne fundierten Boden genutzt werden. Es geht hier um Komplexitätsreduktion - etwas was den deutschen Staat im Moment immer wieder erschüttert. Und dennoch ist es ein Thema welches ich hier diskutieren möchte, weil ich es als Grundlegend im System Warhammer sehe.

Modell
Jeder Spieler wählt drei beliebige Karten - ohne dass es sein Gegenspieler sieht - aus der Vorrat Schere, Stein und Papier. Es dürfen Karten mehrfach gewählt werden, aber nicht mehr als drei in Summe.

Die Spieler zeigen sich die Karten.

Es wird eine Partie Schere-Stein-Papier gespielt, aber es dürfen nur die Karten auf der Hand gespielt werden. Dann darf jeder Spieler eine Karte des Gegners wählen und dieser muss sie abwerfen. Die Entscheidung welche Karte abgeworfen wird erfolgt gleichzeitig.

Es folgt: Spielen, Abwerfen, Spielen. Dann ist das Spiel vorbei.

Beispiel
Speiler A wählt 3 Steinkarten und Spieler B wählt Schere, Stein und Papier.

Runde 1: Spieler A muss Stein wählen und Spieler B wählt Papier, weil es sich so eines Siegespunktes sicher ist. Beide entscheiden für das Abwerfen des Gegners: A wirft Stein ab und B Papier.

Runde 2: Spieler A muss Stein wählen und Spieler B wählt Stein, weil er zumindest ein Unentschieden hervor rufen kann. Beide entscheiden für das Abwerfen des Gegners: A wirft Stein ab und B Stein.

Runde 3: Beide spielen ihre letzte Karte. Und A gewinnt, weil Stein die Schere schleift.

Es endet mit einem Unentschieden.

Bewertung
Wenn beide Spieler bewusst spielen, wird es immer ein Unentschieden geben.

Gehen wir nun davon aus, dass es ein Glückselement gibt: Beim Schere-Stein-Papier-Spiel darf zu 70% die ausgespielte Karte ausgesucht werden und zu 30% zieht der Gegner eine zufällige.

Sofort wird klar: Spieler A wird immer mindestens ein Unentschieden forcieren können, aber mit etwas Glück gewinnt er. Es gibt also eine Gewinnstrategie.

Transfer
Dieses Modell lässt sich auf jeder Spiel mit wählbaren Figuren übertragen, bei welchem mit der Zeit Einheiten verloren gehen und es ein Zufallselement gibt. Schon zu Zeiten von BattleTech galt: "Wenns gut ist, dann nimm es zweimal!"

Und auch bei Warhammer lässt sich die Wahl der Karten vor dem Spiel gut auf die Armeezusammenstellung übertragen. Das Schere-Stein-Papier-Spiel mit dem Zufallsfaktor stellt zum einen natürlich die Würfel dar, zum anderen aber auch das taktische Spiel und die Nutzung des Spielfeldes: Es gibt viele Faktoren im Spiel die nur schwer in einem abstrakten System darzustellen sind. Würfelpech/-glück, geschickte Nutzung des Terrains, dies sind alles Faktoren die manchmal dazu führen, dass ich nicht die Schere-Stein-Papier-Karte spielen kann die ich möchte. Das am Ende der Runde etwas kaputt ist, dass ist klar - also wird eine Karte abgelegt.

Strategie
Mit einem ausgeglichenen Kartendeck bin ich also immer im Nachteil. Das möchte ich aber gar nicht sein und deshalb ziehe ich nun immer mit einem Deck in den Krieg, komplett aus Schere, Stein oder Papier. Es gibt also nur noch 3 sinnvolle Strategien.

Abgrenzung
Nun ist es natürlich nicht so, dass jede gleichförmige Themenarmee gleich einer "komplett Stein"-Strategie entspricht. Ganz im Gegenteil! Oftmals sind die Themenarmeen gerade die, wo einzelne Modelle flexible Aufgaben haben und eher eine Mischung aus allen Karten in sich vereinen. Oft wird also eine Themearmee sehr ausgeglichen sein.

Natürlich gibt es auch bei Warhammer viel mehr Strategien, was sich sicher nur durch Brunnen, Feuer, Echse, Spock und ähnliches modelliert ließe. Aber ich bin mir sicher, dass durch einen Induktionsbeweis deutlich zu machen ist, dass die Grundthematik dieselbe bleibt.

Meine Meinung
Und auf Basis dieses Modells kann man meiner Meinung nach gut argumentieren, dass ein Kappen von Spitzen für ein Spiel nur förderlich sein kann, denn die Art wie Warhammer 40k aufgebaut ist, wird immer wieder in das obige Problem laufen, solange es Spitzen gibt. Jedes Spiel dieser Art wird darunter leiden und der beste Konter sind vielfältige Armeen.

Es gab schon immer Beschränkungen und es wird diese auch immer geben - sie müssen nur richtig vorgegeben werden.
 
Was du vergessen hat, das bei 40k manche Armeen Zugriff auf Doppelkarten haben.
Während Spieler A mit Stein/Stein/Stein ankommt, hat Spieler B Stein+Papier/Stein+Schere/Stein auf der Hand.


Das Spitzen kappen bei 40k würde jetzt erstmal heißen diese Doppelungen zu negieren bevor man die anderen Faktoren angeht damit ein ausgeglichenes Setup einem extremen ebenbürtig sein kann.
 
Danke. Auch wenn du damit indirekt die Katalog bestätigst. Direkt geht auch: Warum ich etwas mache!

Es gibt viele Möglichkeiten mit dem Thema umzugehen. Ob dies nun Cherry/Fluff oder wie auch immer heißt.

Wir führen seit etwas 4 Monaten hier verschiedenste Gespräche über die Probleme bei Warhammer. Nach und nach kommen wir meinem Empfinden nach aber immer mahr zum Punkt und in diesem Thread wollte ich mal darüber reden, was mir ins Auge gesprungen ist - weil ich es auch von anderen Spielen kenne.
 
Ein interessantes Modell, was dem grundlegenden Gedanken glaube ich sehr nahe kommt.
Prinzipiell bin ich auch völlig deiner Meinung. Allerdings wäre es glaube ich - auch im Sinne der Themenarmeen - ab und an ganz schön Turniere/Spiele mit weniger Beschränkungen zu spielen.
Ich nehme gerade mal mich als Beispiel: Für meine Tau Armee habe ich mir einen KX 139 zugelegt, viel Mühe in Zusammenbau und Bemalung gesteckt, nur dafür das ich ihn jetzt nie spielen kann. Das empfinde ich persönlich als sehr schade, aber im Sinne eines allgemeinen Balancing kann ich verstehen das man gigantische Kreaturen rausnimmt (auch wenn der eigentliche Grund hier nur der Phantomritter zu sein scheint..)

Kurzum: Beschränkungen ja und gut! Aber ab und an dann mal mit der Möglichkeit einfach das zu spielen worauf man Bock hat 😉
 
Echt, der Stormsurge ist zu hart? Kostet mehr als der Phantomritter, hält weniger aus und teilt weniger aus.
Ihn finde ich eigentlich recht fair bepreist. Andere Meinungen dazu?
In freundlichen Spielen ist er schon böse, vor allem da er etwas besser gegen Grav da steht als direkt vergleichbares und die großen Ein-Schuss-Waffen wie Laserkanonen ganz gut schlucken kann. Gerade aber Plasmawerfer und ähnliches (sogar massierte Maschinenkanonen) machen ihm sehr zu schaffen.
Auf Turnier-Ebene würde ich für die gleichen Kosten wahrscheinlich auch zwei Sturmflut oder einen Haufen Suizid-Crisis favorisieren.
Das Ding ist mal wieder, dass er erst durch Zielmarkierer echt fies werden kann, wenn er fast garantiert trifft und Deckung ihm bei zwei oder sogar vier (verankert) Schuss TK (Blast Gun, die andere finde ich insgesamt weniger gut) in jedem Fall egal ist. Er ist gut gegen die dicken Fahrzeuge, was sonst für Tau ein Problem darstellen würde. Er füllt halt diese Lücke exzellent aus und verteilt auch so nebenher noch ein wenig Schmerz hier und da, gegen weiche Infanteriemassen natürlich auch dort sehr massiv. Er ist an sich vielleicht Punkt für Punkt nicht ganz so stark wie der Ritter, eingebettet in die Tau-Armee allerdings durchaus vergleichbar wie ich finde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Stein, Schere, Papier - so gesehen und mit den konkreten Regeln dieses Spiels eine einfache klare Angelegenheit.

Aber Stein der einen Armee ist nicht gleich Stein einer anderen Armee. Da konterst du den Stein mit vermeintlichem Papier - und musst mit Erstaunen sehen, dass aus dem Stein plötzlich Schere wird oder dein Papier zu Schere.

Meiner Meinung nach ein Ansatz, der sich nicht übertragen lässt.
 
Wobei mir grad noch die Frage aufkommt was du genau hier bezwecken willst.
Eine Übertragung der Erkenntnisse der letzten 8 Jahren in ein mathematisches Modell oder ein Ansatz für eine neue Überlegung?

Weil weder der Ansatz des Spitzen kappen bei GW Spielen, noch der Fakt das GW immer mehr taktische Elemente durch Zufallsergebnisse ersetzt ist neu oder muss großartig argumentiert werden.

Die Dinge sind seid Jahren anerkannte Tatsachen und nicht der Grund das man Beschränkungen oder Regelanpassungen nicht durchsetzen kann.


PS:
Das aktuelle 40k auf Stein/Papier/Schere sieht eher so aus:

Jeder Spiel wählt 1 Karte die entweder Stein+Papier+Schwere, oder Stein+Papier, Stein+Schere, Stein oder ein halber Stein drauf stehen hat.
Nun kann jeder Spieler 1 weitere Karte zufällig ziehen, wobei das Deck aus Abwandlungen der vorher gewählten Karten aufgebaut ist (ein halber Stein hat 1/3 Chance einen ganzen Stein zu bekommen oder endet mit 1/2 Stein + 1/2 Schwere).

Die 3. Karte wird zufällig während des Spiels aus einem Deck gezogen wo alle Karten gemischt sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke auch, dass man das vorgestellte Modell nicht wirklich auf Wh40k übertragen kann. Dass ein Modell die Wirklichkeit reduziert und vereinfacht widergibt ist klar. Ich hab eher eine Problem mit der eigentlichen Aussage.

Du sagst du möchstes "Spitzen kappen". Ich verstehe das so, dass du die möglichen Auswahlen, wie man sein Deck zusammenstellen kann, reduzieren möchtest. Als Beispiel: "Stein" ist keine valide Auswahl mehr.

Das ändert an der Grundproblematik wenig, da immer noch einseitige Auswahlen aus ausschliesslich "Schere" oder "Papier" dominant wären. Aber die Vielfalt geht vor die Hunde, weil all die schönen Steine nicht mehr genutzt warden.

Dann landen wir im Extremfall in der Situation dass alle nur noch "Papier" spielen (aka HH). Ja, dann ist es zwar balanced, aber wirklich wenig Abwechslung.

Man sollte das Modell eher dahin modifizieren, dass gemischte Strategien (damit meine ich die Decks) keinen Nachteil erhalten.