Hallo liebe Leser,
nach vielen Androhungen, Versprechungen und Verlockungen stelle ich nun meinen kleinen Hintergrund zu meinem Waaaghboss Pard vor. Damit der Leser nicht einfach so mitten in die Geschichte geworfen wird, gebe ich vorab noch ein paar Informationen:
Die Idee kam mir, als ich wieder mal im Orkforum einer dieser Diskussionen las, was denn Orks ausmachen würde. Wie allseits bekannt, hat sich das Bild des allgemeinen Orks von der zweiten zur dritten Edition stark gewandelt; weil die jetzt aktuellen Orks nach Meinungen vieler absolut klischeehaft sind, nenne ich sie mal die "Stereotypenorks". Das allein hat allerdings noch nicht den Ausschlag gegeben, mit einem Hintergrund anzufangen, denn es fehlte noch das gewisse Etwas. Dieses lieferte mir dann Terry Pratchett mit seinen genialen Werken (hier seien die Romane rund um die unsichtbare Universität besonders hervorgehoben). Dann noch einige Philosophen und die Sache war perfekt. Die Geschichte der narrativen Orks war geboren.
Der Text ist sicherlich sprachlich kein Meilenstein der Weltliteratur. Es gibt noch einige unschöne Ausdrücke und Wiederholungen, die sicherlich mal abgeändert werden. Das Grundgerüst aber bleibt stehen. Das Ende wurde leider nie weitergeführt, weil ich irgendwann die Lust verloren hatte. Aber das Turnier in Münster war zu episch, um es nicht irgendwie mit reinzunehmen. Vielleicht gibt es auch ein paar grammatische Fehler in dieser Geschichte. Ich bitte den werten Leser, mich darauf hinzuweisen, wenn er denn welche finden sollte. Auch Verbesserungsvorschläge hinsichtlich synonymer Worte sind erwünscht. (Es sei denn, jemand möchte, dass alle/viele Fremdwörter verschwinden; die bleiben. Wem das nicht gefällt, der möge bitte nicht die Geschichte lesen, denn ich möchte nicht nachher wieder eine Entschuldigung/Rechtfertigung schreiben.) Es kann zudem sein, dass manche Sachen falsch in Reihenfolge erscheinen. Das liegt dann daran, dass ich die Formatierungen noch mal alle neu machen muss, weil ich ein Worddokument rüberkopiere und die Formatierungen noch mal neu gestalten muss. Die Fußnoten muss ich dann auch leider nach ganz unten versetzen, anstatt am Ende einer Seite.
So, genug des Vorworts. Nun soll die Satire beginnen. Ich wäre sehr erfreut, wenn konstruktive Kritik folgen würde, egal zu welchem Aspekt. Und bevor ich's vergesse: ich weiß, dass Waaaghbosse für gewöhnlich nicht 4 Meter groß werden, aber es erschien mir sehr passend. Und wer viel liest, wird auch einige Aphorismen in meinen Texten wiederfinden, die auch abgeändert worden sind. Wer möchte, kann die nachher aufzählen. ^_^ So, jetzt aber:
Pards rhetorische Bande
Pard ließ den Blick umherschweifen und seufzte. Er fluchte nicht etwa oder brüllte aus Leibeskräften, nein, er seufzte melancholisch – so melancholisch, wie ein 4-Meter-Monster eben seufzen kann. „Langsam beginnt eure Orthographie, blamabel zu werden“, sagte er, an zwei Orks gerichtet. Er hatte keinen Dolmetscher, der sich hinter ihm befand, und auch keine Maschine, die dies automatisch für ihn übersetzte, er sprach es selbst richtig aus. Das schwierige Wort „Orthographie“ kam mühelos über die Lippen des gewaltigen Orks, die hinter der massiven Stahlmaske verborgen waren. „“Metapher“ schreibt man mit „ph“ und nicht mit „f“, ihr Troglodyten“, sagte der Waaaghboss höflich, aber bestimmt. Die beiden verwirrten Maler korrigierten schnell dieses komplizierte Wort, von dem man nicht erwartete, dass es jemals einen Orkmund verließ, geschweige denn von Orkhand niedergeschrieben wurde. „Die Analphabetenrate ist erschreckend“, sagte der Metallhüne niedergeschlagen und stapfte in die Richtung eines zusammengezimmerten Etwas, das mangels eines besseren Worts hier mal „Hütte“ genannt wird. Was das Ganze paradox machte, war das große Schild, das an der Tür hing und das mit roten, leuchtenden Lettern folgendes kundtat: „Hier gibt’s täglich frische Axiome und Oxymorone!“ Was es unheimlich machte, war die Tatsache, dass es auch hier keinerlei Rechtschreibfehler gab. Die Wörter waren noch nicht einmal durchgestrichen oder nachgebessert; scheinbar wurden sie bei dem ersten Anlauf korrekt angeschrieben. „Orkrates, Platork, Orkistoteles, seid ihr da?“, hallte es blechern durch die unendlichen Weiten der Hütte.* „Störe unsere Kreise nicht“, sagte einer der vorlauten Schmiergrotze, Grotzimedes. Als sich der Angesprochene unglaublich langsam zu dem Schmiergrot drehte, schien es so, als ob die Zeit stehen bleiben würde. Dann überlegte der winzige Assistent noch einmal genauer über die aktuelle Lage nach und verschwand in einem finsteren Loch – als ob es ihn nie gegeben hätte. *² Nach diesem kurzen Zwischenfall stapfte der Waaaghboss zielgerichtet in ein bestimmtes Segment der Hütte, als ob er von einem sehr leistungsfähigen Magneten angezogen würde. „Und ich sage dir, dass diese Sache irrational ist. Warum sollten wir als zivilisierte Orks so etwas tun?“, deklamierte einer der drei Meks. „Bleibe ruhig, Orkistoteles; dir ist offensichtlich nicht bewusst, was narrative Komponenten alles zur Folge haben können. Wir müssen Dreck auf die Waffen verteilen, weil das gängige Orkklischee dies vorgibt. Auch die komplett schwarzen Anziehsachen und die alberne grüne Hautbemalung gehören dazu. Wir müssen unseren narrativen Soll erfüllen, sonst kann schreckliches geschehen“, sprach der größte der drei Orks mit sonorer Stimme. Mittlerweise war auch Pard an dem Ort des Kolloquiums angekommen; man sollte nun meinen, dass diesem gewaltigen laufenden Schrotteimer nun die vollste Aufmerksamkeit geschenkt wird, aber erstaunlicherweise schien den Meks dies ziemlich egal zu sein. „Orkrates hat Recht. Wenn wir nicht unseren werten Feinden das liefern, was sie sehen wollen, könnte es zu Verwirbelungen im Raum-Zeit-Kontinuum führen. Auf jeden Fall spielen Quanten eine Rolle“, murmelte der letzte Orkphilosoph. „Das Problem ist aber, dass die Sache zu gut funktioniert. Meine Männer fangen schon wieder an, Analphabeten zu werden. Sie werden sukzessiv wieder zu hirnlosen Schlägern ohne Ahnung von Orthographie“, dröhnte eine Stimme, die von sehr weit oben zu kommen schien. Uneingeweihte hätten vielleicht vermutet, dass ein Gewitter im Anzug wäre. „Wie ich es vorhergesagt habe. Unendlichkeit ist der Mangel an Grenzen“, verkündete Orkistoteles selbstzufrieden.
„Dies ist allerdings erschreckend. Das Narrativium sucht sich einen Weg. Da dieser Prozess nun bereits eingeläutert ist, müssen wir wohl bedauerlicherweise in den Krieg ziehen, damit die Orks ihren Trieben nachgehen können. Sonst müssten wir innerhalb unserer Gemeinde Exempel statuieren, was unter der Würde von kultivierten Orks wie uns liegt. Pard, bitte sei so gut und rufe Kantork, Schorkenhauer und Nietzschork auf den Rhetorikplatz“, sagte nun wieder Orkrates. Der Uneingeweihte wäre nun wohl wieder arg verwundert, dass sich ein Waaaghboss, der schließlich über den gesamten Stamm regiert, Anweisungen erteilen lässt. Vermutlich sehen einige der fantasievolleren Uneingeweihten nun einen zerquetschten Mekschädel, der letzten Endes noch eine riesige Sauerei anrichtet. Der Stammführer Pard hub seine mächtige Baringtonstimme an und grollte: „In Ordnung. Ihr nehmt die Milch mit“. Und dann verschwand er.
„Nun, Gut und Böse sind die Vorurteile Gorks: sagte der Snotling“, sprach Nietzschork genüsslich. „Gork ist allerdings nicht a priori vorhanden, sondern nur durch reine Empirik der inhärenten Verstandeskraft anzutreffen“, lautete der Konter von Kantork. „Das Seyn ist immer betrübt“, nuschelte Schorkenhauer. Gerade als Nietzschork eine weitere verbale Attacke starten wollte, schien es so, als ob irgendetwas die Sonne auslöschen würde; es wurde binnen von Sekunden sehr, sehr dunkel. „Kommt mit, Jungs, unsere drei Weisen erwarten euch“, donnerte der Sonnenverdunkler. Die drei Subweisen fröstelten, da sie wussten, dass jedes Kolloquium in Versdramen ausartete. Ein narrativer Imperativ sondergleichen.
Das orkische Kolloquium
Es treten auf:
Pard, der Anführer der Horden
Orkrates, Oberhaupt der drei Weisen
Platork, einer der drei Weisen
Orkistoteles, ebenfalls einer der drei Weisen
Nietzschork, Subweiser und Nihilist
Kantork, Subweiser und Transzendentalist
Schorkenhauer, Subweiser und Pessimist
1. Akt, 1. Szene
Auf dem Rhetorikplatz
(Es treten auf: Pard, Nietzschork, Kantork, Schorkenhauer)
Pard Mir dünkt’s, wir seien da,
geleitet wie von Zauberhand,
leiten alles ein gar wunderbar,
in diesem weiten Land.
Kantork Hach, es ist wahrlich eine Pest,
wir gehen auf und ab,
die Zeit wird knapp,
so gibt sie uns den Rest.
Nietzschork Ein Narr, der dabei Übles denkt,
so fein, wie uns uns’re Fügung lenkt,
uns’re Sinne sind geschärft,
sogar bis auf den letzten Nerv.
Schorkenhauer Ha, du Narr, du böser Wicht,
verblendet und töricht,
da du schaust in das grelle Licht,
ganz da bist du wohl nicht.
Pard Haltet ein, seid nicht so rau,
dies führt nur zu Verdruß,
der Schmerz ist doch nur lau,
der Friede ist ein ewiger Fluß.
Schorkenhauer Ein Troglodyt, dem dieses dünkt,
nur Ruhe er sich wünscht,
will nicht werden gelyncht,
alles er aufs Gute münzt.
(Es kommen hinzu: Platork, Orkistoteles)
Platork So tretet denn ein,
seid nicht schüchtern,
immer nur herein,
hört die dunklen Stimmen flüstern.
Orkistoteles Nur das wahre Herz kann passieren,
kein Hass, keine Wut darf grassieren,
damit immer das Unheil bleibt ferne,
denn so haben’s die Weisen gerne.
(Alle ab)
1. Akt, 2. Szene
In der metaphysischen Halle
(Es treten auf: Pard, Nietzschork, Kantork, Schorkenhauer, Platork, Orkistoteles)
Platork So schweiget denn nun geziemlich,
damit der Meister kommet,
bringt Licht in das Zwielicht,
und das Gute immer schonet.
Orkistoteles Mehr Licht, mehr Reines,
an bösen Dingen keines,
damit das Herz reine bleibt,
und die Moral bis zum Himmel reicht.
Alle Oh großer Weiser,
so lasset uns ein,
böse ist keiner,
wir alle sind rein.
(Es kommt hinzu: Orkrates)
Orkrates Da seid ihr ja,
ihr jungen Narren,
eure Augen sind noch klar;
während meine Knochen knarren.
Kommt hinein in die gute Stube,
achtet auf die verborg’ne Grube,
seid leise und gelehrig,
alles and’re feucht euch einen Kehricht.*
Nun sag ich euch: Der Reim ist tot,
Mit dieser Kunst verdient sich kein Brot.
„Endlich können wir wieder normal sprechen“, sagte Schorkenhauer erleichtert. Orkrates überhörte diese Aussage geflissentlich und räusperte sich, bevor er sprach: „Meine lieben Freunde, wir haben uns heute versammelt, weil sich ein großes Problem angebahnt hat. Das Narrativium, das wir angestaut haben und nutzten, um die Quanten nicht zu beunruhigen, sucht sich einen Weg in die Realität. Das bedeutet, dass wir gezwungen sind, in den Krieg zu ziehen, damit sich das geballte Narrativium entladen kann. Wenn dies geschehen ist, können wir wieder in aller Ruhe unsere Forschungsarbeiten weiterbetreiben. Aber nun müssen wir wohl oder übel unser deterministisches Fatum erfüllen und kämpfen. Zu diesem Zweck haben Pard und ich die Karte ausgehend studiert; unsere Wahl fiel auf einen kleinen Ort in der Nähe des Quantengebirges. Dort werden wir eine Vielfalt an gegnerischen Heeren antreffen und können eine Menge überschüssiges Narrativium loswerden. Jedes Jahr treffen sich an diesem Ort bis zu 120 Armeen, die die Waffen gewetzt haben und gegen jeden Gegner kämpfen, der bereit ist, die Herausforderung anzunehmen. Es kämpfen sowohl mürrische Veteranen als auch (noch) optimistische Neulinge. Der Austragungsort ist durch seinen Facettenreichtum und daher für eine Übung prädestiniert. Es wird sogar kolportiert, dass man sich das Wohlwollen göttlicher Entitäten verdienen kann und wahrhaft königlich gesegnet wird, sodenn man gut gekämpft hat. Der Name dieses Ortes, dieses gelobten Landes, meine lieben Freunde, lautet Münster.“ Die Orks blickten sich gegenseitig in die Augen. Dann ertönte ein einstimmiges Murmeln. Die Sache war beschlossen. Der Krieg war unvermeidbar.
* Hütten wie diese sind immer unendlich weit. Das ist ein narrativer Imperativ.
*² Auch dies ist eine narrative Sache. Winzige, vorlaute Frechdachse scheinen die ominöse Gabe erlernt zu haben, binnen weniger Herzschläge zu verschwinden. Die Evolution schien da sehr großzügig zu sein. Darwork wäre sehr, sehr unglücklich.
*³ Ein altes Orksprichwort. Das Verb „feucht“ hat seinen etymologischen Ursprung aus der uralten Sibilantensprache der Squigs, das ursprünglich in etwa so klang: „Froicht.“ Weil Squigs diesen Laut ominöserweise recht häufig ausstoßen, wurde dieses Wort offiziell auch in der Orksprache übernommen. Das steht zu dem Wort „feucht“ in der Orkyklopädie: „feucht“ [Verb]: Wenn eine transzendentale, rein a priori geborene Affizierung den Weg in das kontemplative, teilweise kompetitiv geprägte Leben eines Orks eindringen will und ebenjenem reziprokal dazu helfen soll, eine empirische Ansicht über die ab ono reellen und perpertuierlich beständigen Axiome zu erlangen, spricht man von „feucht“. Aus Rücksicht mit dem werten Leser verzichten wir an dieser Stelle auf die Erläuterung des Wortes „Kehricht“.
nach vielen Androhungen, Versprechungen und Verlockungen stelle ich nun meinen kleinen Hintergrund zu meinem Waaaghboss Pard vor. Damit der Leser nicht einfach so mitten in die Geschichte geworfen wird, gebe ich vorab noch ein paar Informationen:
Die Idee kam mir, als ich wieder mal im Orkforum einer dieser Diskussionen las, was denn Orks ausmachen würde. Wie allseits bekannt, hat sich das Bild des allgemeinen Orks von der zweiten zur dritten Edition stark gewandelt; weil die jetzt aktuellen Orks nach Meinungen vieler absolut klischeehaft sind, nenne ich sie mal die "Stereotypenorks". Das allein hat allerdings noch nicht den Ausschlag gegeben, mit einem Hintergrund anzufangen, denn es fehlte noch das gewisse Etwas. Dieses lieferte mir dann Terry Pratchett mit seinen genialen Werken (hier seien die Romane rund um die unsichtbare Universität besonders hervorgehoben). Dann noch einige Philosophen und die Sache war perfekt. Die Geschichte der narrativen Orks war geboren.
Der Text ist sicherlich sprachlich kein Meilenstein der Weltliteratur. Es gibt noch einige unschöne Ausdrücke und Wiederholungen, die sicherlich mal abgeändert werden. Das Grundgerüst aber bleibt stehen. Das Ende wurde leider nie weitergeführt, weil ich irgendwann die Lust verloren hatte. Aber das Turnier in Münster war zu episch, um es nicht irgendwie mit reinzunehmen. Vielleicht gibt es auch ein paar grammatische Fehler in dieser Geschichte. Ich bitte den werten Leser, mich darauf hinzuweisen, wenn er denn welche finden sollte. Auch Verbesserungsvorschläge hinsichtlich synonymer Worte sind erwünscht. (Es sei denn, jemand möchte, dass alle/viele Fremdwörter verschwinden; die bleiben. Wem das nicht gefällt, der möge bitte nicht die Geschichte lesen, denn ich möchte nicht nachher wieder eine Entschuldigung/Rechtfertigung schreiben.) Es kann zudem sein, dass manche Sachen falsch in Reihenfolge erscheinen. Das liegt dann daran, dass ich die Formatierungen noch mal alle neu machen muss, weil ich ein Worddokument rüberkopiere und die Formatierungen noch mal neu gestalten muss. Die Fußnoten muss ich dann auch leider nach ganz unten versetzen, anstatt am Ende einer Seite.
So, genug des Vorworts. Nun soll die Satire beginnen. Ich wäre sehr erfreut, wenn konstruktive Kritik folgen würde, egal zu welchem Aspekt. Und bevor ich's vergesse: ich weiß, dass Waaaghbosse für gewöhnlich nicht 4 Meter groß werden, aber es erschien mir sehr passend. Und wer viel liest, wird auch einige Aphorismen in meinen Texten wiederfinden, die auch abgeändert worden sind. Wer möchte, kann die nachher aufzählen. ^_^ So, jetzt aber:
Pards rhetorische Bande
Pard ließ den Blick umherschweifen und seufzte. Er fluchte nicht etwa oder brüllte aus Leibeskräften, nein, er seufzte melancholisch – so melancholisch, wie ein 4-Meter-Monster eben seufzen kann. „Langsam beginnt eure Orthographie, blamabel zu werden“, sagte er, an zwei Orks gerichtet. Er hatte keinen Dolmetscher, der sich hinter ihm befand, und auch keine Maschine, die dies automatisch für ihn übersetzte, er sprach es selbst richtig aus. Das schwierige Wort „Orthographie“ kam mühelos über die Lippen des gewaltigen Orks, die hinter der massiven Stahlmaske verborgen waren. „“Metapher“ schreibt man mit „ph“ und nicht mit „f“, ihr Troglodyten“, sagte der Waaaghboss höflich, aber bestimmt. Die beiden verwirrten Maler korrigierten schnell dieses komplizierte Wort, von dem man nicht erwartete, dass es jemals einen Orkmund verließ, geschweige denn von Orkhand niedergeschrieben wurde. „Die Analphabetenrate ist erschreckend“, sagte der Metallhüne niedergeschlagen und stapfte in die Richtung eines zusammengezimmerten Etwas, das mangels eines besseren Worts hier mal „Hütte“ genannt wird. Was das Ganze paradox machte, war das große Schild, das an der Tür hing und das mit roten, leuchtenden Lettern folgendes kundtat: „Hier gibt’s täglich frische Axiome und Oxymorone!“ Was es unheimlich machte, war die Tatsache, dass es auch hier keinerlei Rechtschreibfehler gab. Die Wörter waren noch nicht einmal durchgestrichen oder nachgebessert; scheinbar wurden sie bei dem ersten Anlauf korrekt angeschrieben. „Orkrates, Platork, Orkistoteles, seid ihr da?“, hallte es blechern durch die unendlichen Weiten der Hütte.* „Störe unsere Kreise nicht“, sagte einer der vorlauten Schmiergrotze, Grotzimedes. Als sich der Angesprochene unglaublich langsam zu dem Schmiergrot drehte, schien es so, als ob die Zeit stehen bleiben würde. Dann überlegte der winzige Assistent noch einmal genauer über die aktuelle Lage nach und verschwand in einem finsteren Loch – als ob es ihn nie gegeben hätte. *² Nach diesem kurzen Zwischenfall stapfte der Waaaghboss zielgerichtet in ein bestimmtes Segment der Hütte, als ob er von einem sehr leistungsfähigen Magneten angezogen würde. „Und ich sage dir, dass diese Sache irrational ist. Warum sollten wir als zivilisierte Orks so etwas tun?“, deklamierte einer der drei Meks. „Bleibe ruhig, Orkistoteles; dir ist offensichtlich nicht bewusst, was narrative Komponenten alles zur Folge haben können. Wir müssen Dreck auf die Waffen verteilen, weil das gängige Orkklischee dies vorgibt. Auch die komplett schwarzen Anziehsachen und die alberne grüne Hautbemalung gehören dazu. Wir müssen unseren narrativen Soll erfüllen, sonst kann schreckliches geschehen“, sprach der größte der drei Orks mit sonorer Stimme. Mittlerweise war auch Pard an dem Ort des Kolloquiums angekommen; man sollte nun meinen, dass diesem gewaltigen laufenden Schrotteimer nun die vollste Aufmerksamkeit geschenkt wird, aber erstaunlicherweise schien den Meks dies ziemlich egal zu sein. „Orkrates hat Recht. Wenn wir nicht unseren werten Feinden das liefern, was sie sehen wollen, könnte es zu Verwirbelungen im Raum-Zeit-Kontinuum führen. Auf jeden Fall spielen Quanten eine Rolle“, murmelte der letzte Orkphilosoph. „Das Problem ist aber, dass die Sache zu gut funktioniert. Meine Männer fangen schon wieder an, Analphabeten zu werden. Sie werden sukzessiv wieder zu hirnlosen Schlägern ohne Ahnung von Orthographie“, dröhnte eine Stimme, die von sehr weit oben zu kommen schien. Uneingeweihte hätten vielleicht vermutet, dass ein Gewitter im Anzug wäre. „Wie ich es vorhergesagt habe. Unendlichkeit ist der Mangel an Grenzen“, verkündete Orkistoteles selbstzufrieden.
„Dies ist allerdings erschreckend. Das Narrativium sucht sich einen Weg. Da dieser Prozess nun bereits eingeläutert ist, müssen wir wohl bedauerlicherweise in den Krieg ziehen, damit die Orks ihren Trieben nachgehen können. Sonst müssten wir innerhalb unserer Gemeinde Exempel statuieren, was unter der Würde von kultivierten Orks wie uns liegt. Pard, bitte sei so gut und rufe Kantork, Schorkenhauer und Nietzschork auf den Rhetorikplatz“, sagte nun wieder Orkrates. Der Uneingeweihte wäre nun wohl wieder arg verwundert, dass sich ein Waaaghboss, der schließlich über den gesamten Stamm regiert, Anweisungen erteilen lässt. Vermutlich sehen einige der fantasievolleren Uneingeweihten nun einen zerquetschten Mekschädel, der letzten Endes noch eine riesige Sauerei anrichtet. Der Stammführer Pard hub seine mächtige Baringtonstimme an und grollte: „In Ordnung. Ihr nehmt die Milch mit“. Und dann verschwand er.
„Nun, Gut und Böse sind die Vorurteile Gorks: sagte der Snotling“, sprach Nietzschork genüsslich. „Gork ist allerdings nicht a priori vorhanden, sondern nur durch reine Empirik der inhärenten Verstandeskraft anzutreffen“, lautete der Konter von Kantork. „Das Seyn ist immer betrübt“, nuschelte Schorkenhauer. Gerade als Nietzschork eine weitere verbale Attacke starten wollte, schien es so, als ob irgendetwas die Sonne auslöschen würde; es wurde binnen von Sekunden sehr, sehr dunkel. „Kommt mit, Jungs, unsere drei Weisen erwarten euch“, donnerte der Sonnenverdunkler. Die drei Subweisen fröstelten, da sie wussten, dass jedes Kolloquium in Versdramen ausartete. Ein narrativer Imperativ sondergleichen.
Das orkische Kolloquium
Es treten auf:
Pard, der Anführer der Horden
Orkrates, Oberhaupt der drei Weisen
Platork, einer der drei Weisen
Orkistoteles, ebenfalls einer der drei Weisen
Nietzschork, Subweiser und Nihilist
Kantork, Subweiser und Transzendentalist
Schorkenhauer, Subweiser und Pessimist
1. Akt, 1. Szene
Auf dem Rhetorikplatz
(Es treten auf: Pard, Nietzschork, Kantork, Schorkenhauer)
Pard Mir dünkt’s, wir seien da,
geleitet wie von Zauberhand,
leiten alles ein gar wunderbar,
in diesem weiten Land.
Kantork Hach, es ist wahrlich eine Pest,
wir gehen auf und ab,
die Zeit wird knapp,
so gibt sie uns den Rest.
Nietzschork Ein Narr, der dabei Übles denkt,
so fein, wie uns uns’re Fügung lenkt,
uns’re Sinne sind geschärft,
sogar bis auf den letzten Nerv.
Schorkenhauer Ha, du Narr, du böser Wicht,
verblendet und töricht,
da du schaust in das grelle Licht,
ganz da bist du wohl nicht.
Pard Haltet ein, seid nicht so rau,
dies führt nur zu Verdruß,
der Schmerz ist doch nur lau,
der Friede ist ein ewiger Fluß.
Schorkenhauer Ein Troglodyt, dem dieses dünkt,
nur Ruhe er sich wünscht,
will nicht werden gelyncht,
alles er aufs Gute münzt.
(Es kommen hinzu: Platork, Orkistoteles)
Platork So tretet denn ein,
seid nicht schüchtern,
immer nur herein,
hört die dunklen Stimmen flüstern.
Orkistoteles Nur das wahre Herz kann passieren,
kein Hass, keine Wut darf grassieren,
damit immer das Unheil bleibt ferne,
denn so haben’s die Weisen gerne.
(Alle ab)
1. Akt, 2. Szene
In der metaphysischen Halle
(Es treten auf: Pard, Nietzschork, Kantork, Schorkenhauer, Platork, Orkistoteles)
Platork So schweiget denn nun geziemlich,
damit der Meister kommet,
bringt Licht in das Zwielicht,
und das Gute immer schonet.
Orkistoteles Mehr Licht, mehr Reines,
an bösen Dingen keines,
damit das Herz reine bleibt,
und die Moral bis zum Himmel reicht.
Alle Oh großer Weiser,
so lasset uns ein,
böse ist keiner,
wir alle sind rein.
(Es kommt hinzu: Orkrates)
Orkrates Da seid ihr ja,
ihr jungen Narren,
eure Augen sind noch klar;
während meine Knochen knarren.
Kommt hinein in die gute Stube,
achtet auf die verborg’ne Grube,
seid leise und gelehrig,
alles and’re feucht euch einen Kehricht.*
Nun sag ich euch: Der Reim ist tot,
Mit dieser Kunst verdient sich kein Brot.
„Endlich können wir wieder normal sprechen“, sagte Schorkenhauer erleichtert. Orkrates überhörte diese Aussage geflissentlich und räusperte sich, bevor er sprach: „Meine lieben Freunde, wir haben uns heute versammelt, weil sich ein großes Problem angebahnt hat. Das Narrativium, das wir angestaut haben und nutzten, um die Quanten nicht zu beunruhigen, sucht sich einen Weg in die Realität. Das bedeutet, dass wir gezwungen sind, in den Krieg zu ziehen, damit sich das geballte Narrativium entladen kann. Wenn dies geschehen ist, können wir wieder in aller Ruhe unsere Forschungsarbeiten weiterbetreiben. Aber nun müssen wir wohl oder übel unser deterministisches Fatum erfüllen und kämpfen. Zu diesem Zweck haben Pard und ich die Karte ausgehend studiert; unsere Wahl fiel auf einen kleinen Ort in der Nähe des Quantengebirges. Dort werden wir eine Vielfalt an gegnerischen Heeren antreffen und können eine Menge überschüssiges Narrativium loswerden. Jedes Jahr treffen sich an diesem Ort bis zu 120 Armeen, die die Waffen gewetzt haben und gegen jeden Gegner kämpfen, der bereit ist, die Herausforderung anzunehmen. Es kämpfen sowohl mürrische Veteranen als auch (noch) optimistische Neulinge. Der Austragungsort ist durch seinen Facettenreichtum und daher für eine Übung prädestiniert. Es wird sogar kolportiert, dass man sich das Wohlwollen göttlicher Entitäten verdienen kann und wahrhaft königlich gesegnet wird, sodenn man gut gekämpft hat. Der Name dieses Ortes, dieses gelobten Landes, meine lieben Freunde, lautet Münster.“ Die Orks blickten sich gegenseitig in die Augen. Dann ertönte ein einstimmiges Murmeln. Die Sache war beschlossen. Der Krieg war unvermeidbar.
* Hütten wie diese sind immer unendlich weit. Das ist ein narrativer Imperativ.
*² Auch dies ist eine narrative Sache. Winzige, vorlaute Frechdachse scheinen die ominöse Gabe erlernt zu haben, binnen weniger Herzschläge zu verschwinden. Die Evolution schien da sehr großzügig zu sein. Darwork wäre sehr, sehr unglücklich.
*³ Ein altes Orksprichwort. Das Verb „feucht“ hat seinen etymologischen Ursprung aus der uralten Sibilantensprache der Squigs, das ursprünglich in etwa so klang: „Froicht.“ Weil Squigs diesen Laut ominöserweise recht häufig ausstoßen, wurde dieses Wort offiziell auch in der Orksprache übernommen. Das steht zu dem Wort „feucht“ in der Orkyklopädie: „feucht“ [Verb]: Wenn eine transzendentale, rein a priori geborene Affizierung den Weg in das kontemplative, teilweise kompetitiv geprägte Leben eines Orks eindringen will und ebenjenem reziprokal dazu helfen soll, eine empirische Ansicht über die ab ono reellen und perpertuierlich beständigen Axiome zu erlangen, spricht man von „feucht“. Aus Rücksicht mit dem werten Leser verzichten wir an dieser Stelle auf die Erläuterung des Wortes „Kehricht“.