Anmerkung Vorab. In Absprache mit einem Moderator sollte ich das Ganze hier posten, im allgemeinen Bereich.
Reisebericht
Flackernde Kerzen erleuchten den Raum gerade ausreichend, um ein skurriles Spiel der Schatten an die Wände zu zaubern. Meine Gastgeber legen großen Wert auf Etikette. Oder nein, so wird das nichts. Werter Leser, ich will ganz ehrlich zu ihnen sein. Meine Gedanken kreisen und ich habe Schwierigkeiten der immer phantastischer werdenden Reise noch folgen zu können. Mein Blick verfängt sich an etwas gewöhnlich ungewöhnlichem auf dem so alten, wie vornehmen, Holztisch. Nicht die so sorgsamen, aber bereits abgewetzten Verzierungen, die von Kunsthandwerkern in das Material getrieben worden waren. Und dabei die Geschichte eines alten und edlen Adelshauses zu erzählen scheinen. Nein, es ist etwas anderes.
Blut und Schädel. Ich kann meinen Blick nicht davon abwenden. Hypnotisch ziehen diese beiden, elementaren, Komponenten mich in ihren Bann. Ich kann nicht wiederstehen und sehe mich wieder an den Anfang dieser Unternehmung zurückversetzt.
Ein Tag zuvor, an der Grenze in das Reich der Toten
Der blutige Schädel meines Assistenten wird triumphartig in die Höhe gerissen. Eine mit Adern versetzte Wirbelsäule baumelt leicht zuckend an ihm herab. Fast so wie eine sterbende Schlange, die sich noch gegen den nahenden Tod zu erwehren scheint. Was soll ich nur seinen Eltern sagen? Der blutige Schlächter des Khorne der seinen Schädel stolz zur Schau stellt, kommt jetzt auf mich zu. Dabei steigt er knirschend und krachend, mit schweren gepanzerten Schritten, über meine beiden erschlagenden Pferde. Diese guten Tiere. Und es war auch nicht unbedingt einfach welche für diese Reiseroute zu bekommen. Jedenfalls zu einem fairen Preis, wenn sie verstehen was…Eine donnernde, wie dröhnende Stimme lässt meinen Gedankengang abrupt abreißen. „Dieses Land gehört dem Blutgott, kleiner Mensch. Was gibt euch das Recht hier aufzutauchen. Wollt ihr sterben!“ Dabei packt mich der Schlächter mit seinem gepanzerten Handschuh am Genick und hält mich in die Höhe. Seine blutüberströmte Axt funkelt leicht in seiner anderen Hand. Ok, nur keine Panik, ich habe mich schon aus schwierigeren Situationen zu befreien gewusst. Wäre doch gelacht wenn ich mich nicht auch hier gewannt herausgeredet bekomme.
„Werter Herr, wenn ich mich erklären darf. Ich habe eine Reisegenehmigung vom zuständigen Chaosgeneral in diesem Bereich. Und wenn der „große Blähbauch“ davon erfahren sollte wie ihr mich hier behandelt wird er sicherlich nicht erfreut sein. Ganz und gar nicht. Das können sie mir aber glauben, guter Mann.“ Immer ein Ass im Ärmel, ich bin doch nicht leichtsinnig. Nur gewusst wie. Lachend schleudert mich der Schlächter zu Boden. Auch seine paar dutzend Gefolgsleute, narbenübersäte Barbaren, fangen an zu Lachen. Ein dumpfes, grollendes Lachen. Und ziemlich gehässig möchte ich doch meinen. „Niemanden hier interessieren deine Abmachungen die du Narr mit diesem Nurgel Abschaum geschlossen hast. Sein Wort hat für uns keinerlei Wert. Hier zählt nur das Recht des Blutgottes. Und unsere Bezahlung solltest du jetzt kennen!“ Fast schon irre funkelt er mich mit seinem entstellten Gesicht an, auf dem sich leichte Anzeichen von Mutation abzeichnen. Also erste Hornauswüchse und sowas, sie wissen schon. „Nun, da sie so ungeniert auf meinen bereits stark belasteten Geldbeutel anspielen will ich nicht lange feilschen. Wieviel schulde ich ihnen noch.“ Ich versuche dabei leicht zerknittert und reserviert zu wirken. Sich nur nie in die Karten schauen lassen. Mit seiner Axt diesmal fest mit beiden Händen umschlungen kommt er zielstrebig auf mich zu. Er holt zum Schlag aus. Wirklich zu ärgerlich. Es gibt genau eine Sorte von Leuten, in diesen ganzen Reichen, mit denen es einfach keinen Zweck hat zu verhandeln. Soll es wirklich so zu Ende gehen? Die Reiche würden ja ihren größten Abenteurer und Geschichtenschreiber verlieren.
Ein anderer Blickwinkel auf das Geschehen. Ein edler König, mit seinen in glänzenden Stahl gehüllten Untertanen, steht bereit. Nur die letzten Waldausläufer verbergen sie noch. Zu lange schon musste er mitansehen, wie diese Barbaren des Chaos sein Land haben leiden lassen. Es verwüstet und gebrandschatzt haben. Jetzt scheinen seine Lande sogar bereits für einfache Reisende nicht mehr sicher zu sein. Ein echter König hat Autorität und braucht keine großen Gesten. Er nickt nur leicht seinen Gefolgsleuten zu, die als Antwort ihre Schwerter ziehen. Sein edles Schlachtross schreitet erst zögerlich voran, dann schon beschleunigt sich sein Tritt. Am Ende ist es unter den Donnern der Hufe fast so als würde er abheben und auf die sich kampfbereit machenden Chaos Barbaren zufliegen. Neben ihm die leuchtenden Schwerter und Rüstungen seiner Ritter. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen diesem unehrenhaften Abschaum eine Lektion zu erteilen.
Ein Gekreische als müsste jeden Augenblick mein Trommelfell reißen. Der Schlächter über mir, die Axt zum Todesstoß erhoben dreht sich irritiert um. Seine Barbaren geraten in Aufruhr. Dann sehe ich das geflügelte Monstrum über uns auftauchen. Ein gewaltiges knöchernes Maul, mit dem dieses Ungeheuer einen der Barbaren sogleich in zwei Hälften beißt. Blut und Eingeweide spritzen nur so. Das war mein guter Mantel, verdammt. Die Flecken werde ich bestimmt nie wieder herausbekommen. Neben der Bestie, die nur aus einem finsteren, verdrehten Albtraum entsprungen sein kann, werfen sich mit Reißzähnen und Klauen bewaffnete Irre in die Barbaren. Einige von den Irren sterben sofort unter den Knüppel und Äxten der Barbaren, aber für jeden gefallenen Irren, scheinen zwei nachkommen. In Windeseile werden die paar Dutzend Barbaren zu Boden gerissen und …uhhh. Das ist ja wirklich widerlich. Ich möchte erst den Blick abwenden, aber dann bin ich doch zu sehr Abenteurer und Entdecker. Ich kann nicht anders und muss es mir ansehen, auch wenn es noch so grotesk ist. Die Irren reißen den Barbaren die Bäuche auf, um an die weichen Innereien zu kommen. Sie zerschlagen auch die Schädel, um dort an das grau gematschte Innere zu kommen. Und so geht es immer weiter. Ich kann Kochen krachend knacken und Sehnen schnappend reißen hören. Dann schlägt ein muskelbepackter und mit Knochenketten behängter Irrer mit dem Schlächter zusammen. Der Schlächter versucht ihn mit einem wuchtigen Schlag zu enthaupten, doch der Irre ist zu schnell. Im nächsten Moment ist er schon hinter dem Schlächter und schlägt diesem durch die Panzerung seine langen Klauen durch den Oberkörper hindurch. Dann zerreißt er den Schlächter in möglichst viele Einzelteile. Um mich herum spritzt das Blut jetzt fast schon Fontänen artig. Dann kommt dieser übergroße Irre auf mich zu. Seine Augen funkeln finster, sein Gesicht zu einer einzigen blutigen Grimasse verzerrt. Ein Mund mit spitzen Zähne geradezu übersäht. Dann verändert sich sein Gesichtsdruck grundlegend in etwas das ich nicht erwartet hatte und er streckt mit eine seiner Klauenhände entgegen.
„Ich entschuldige mich im Namen meines Hauses für die Unannehmlichkeiten Reisender. Und ich würde mich sehr freuen sie auf meinem Schloss „Winterstein“ als Gast begrüßen zu können. Ihr reitet selbstverständlich mit mir auf meinen königlichen Schlachtross.“ Trotz seines gurgelnden Knurrens ist er eigentlich mehr oder weniger gut verständlich. Und wer bin ich, um jetzt groß wählerisch zu sein. Zudem, was soll ich sagen. Schloss „Winterstein“ ist zufälliger Weise auch Ziel meiner Reise gewesen. Und so sitze ich hier, in luftiger Höhe, auf dem Rücken einer gigantischen, halb verwesten Fledermaus. Und vor mir der Anführer dieser Meute, der das Untote Reittier durch seine Gedanken zu lenken scheint. Unter uns huschen seine irren Gefolgsleute, mit ihrer fahlen und blassen Haut, durch die Landschaft aus toten Bäumen und felsigem Ödland. Jetzt wo ich so drüber nachdenke habe ich von diesen Wesen doch schon gehört. Keine normalen Untoten, wie man sie hier eigentlich erwarten würde. Also das Klischee aus staksigen Skeletten und schwankenden Zombies. Nein, das hier scheinen die Guhl Höfe zu sein. Irre Kannibalen, die von der nekromantischen Macht des Nagash angezogen werden. Faszinierend.
Als wir in dem Vorhof von Schloss „Winterstein“ landen, muss ich doch sagen, das dieses sogenannte Schloss mehr mit einer Ruine, als mit einem Schloss gemein zu haben scheint. Schutt und modriges Holz liegt im Innenhof. Anliegende Gebäude sind zum Teil eingefallen. Der hohe Turm der Burg zeigt an mehr als einer Stelle bedenkliche Risse, die durch den Jahrhunderte alten Stein gehen. Einfach alles signalisiert unmissverständlich: Verfall. Doch verlassen ist dieses Schloss keinesfalls. In dunklen Ecken lauern die Guhle mit ihren geifernden Mäulern. Und das was noch entfernt nach dem Schatten eines Turnierplatzes aussieht, bietet das Schauspiel grausigster Gewalttaten. Hünenhafte Guhle, fast so groß wie ein Oger, prügeln kleinere Guhle blutig in den Boden. Dafür benutzen sie bevorzugt Knüppel aus Knochen und abgebrochene Grabsteine. Danach verschlingen sie gierig die zermatschten Überreste ihrer kleineren Artgenossen. Und täusche ich mich, oder wachsen diese Monstrositäten dadurch sogar? Der König und zugleich mein Gastgeber muss mein verdutztes Blinzen bemerkt haben. „Ah, ihr habt unser heutiges Turnier entdeckt. Es geht doch nichts über aufopferungsvolle Ritter, die darum streiten die Besten zu ermitteln, die dann an der Seite ihres Königs reiten dürfen. Von so etwas kriege ich nie genug. Aber nun kommt, ihr müsst bereits ganz ausgehungert sein. Und ich habe extra für euch unsere Köche ein Festmahl zubereiten lassen.“ Ich kraule darauf kurz meinen wirklich leicht knurrenden Magen. Ja, ich könnte schon eine Stärkung vertragen. Königliche Bewirtung ist eh meine Art von Essen. Fein, Fein. Nur das Beste für die Besten, felge ich immer leicht flapsig zu sagen. Naja, die wissen schon.
An der großen Speisetafel sitzend, ist mein Appetit dann auf einmal wie verflogen, als die Gerichte serviert werden. Mein Gastgeber muss mein überraschtes Zaudern sogleich bemerkt haben. „Keine Angst, das geht jedem das erste Mal so. Meine Küche hat sich mal wieder selbst übertroffen. Fast schon einschüchternd solche Berge an bestem Braten. Bitte, bedient euch.“ Dabei nimmt er sich einen halb eingeschlagenen Menschkopf von einem verblichenen Silbertablett und fängt an genüsslich auf dem verbleibenden Knorpel im Gesicht des Kopfes herumzukauen. Ich muss mich schlagartig wirklich zurückhalten, um nicht auf die Tafel zu kotzen. Panisch nach einem Ausweg suchend geistert mein Blick durch den Raum. Überall um uns herum andere Guhle. Und mittendrin mein höchst tödlicher Gastgeber, der gerade noch dabei ist den Schädel aufzubeißen und das Hirn sabbernd herauszuschlürfen. Also gut, ich kann es mir nicht leisten in so einer Situation meinen sehr speziellen Gastgeber zu brüskieren. Ich fürchte dann kann mich niemand mehr retten. Also nehme ich mit zitternder Hand einen … einen, ja also. Einen Finger. Die Zeit scheint still zu stehen als ich den toten Finger an meine Lippen führe. „Ihr seid eine Naschkatze. Aber macht euch nichts draus, von diesen kleinen Leckereien bekomme ich auch nie genug. Ich mag es einfach wie sie knacken.“ Mit dieser Bemerkung reißt mich mein überaus fürsorglicher Gastgeber aus meiner Schockstarre. Ich öffne meinen Mund. Ziehe meine Zunge zurück. Der tote Finger ist jetzt fast hineingeführt, da…
„Darf ich vorstellen, meine Tante, die Lady Terese von Klagenfels.“ Mein Gastgeber deutet dabei gestenreich auf die große Wendeltreppe aus dem Turm kommend. Ich nutze den Augenblick und werfe den toten Finger unauffällig unter den Tisch, wo ich sogleich zwei Guhle darum streiten höre, wie zwei knurrende Hunde um einen Knochen. Dann wende auch ich meinen Blick auf eine edle Lady, die in ihrem feinen Abendkleid die Treppe hinunterkommt. In der Tat ist es nicht leicht seinen Blick abzuwenden. Lady Terese ist eine kühle Schönheit, mit ihrer weißen Haut und dem Rabenschwarzen Haar. Elegant hochgesteckt mit … mit zurechtgefeilten Knochensplittern wie mir scheint. Jetzt fallen mit auch die korsettartigen Knochen um ihre Taille auf. Und ihr roter Mund, mit den unübersehbaren spitzen Zähnen als sie mir leicht unterkühlt zulächelt. Sie stolziert selbstbewusst um die Tafel und tätschelt dabei ihrem Neffen über den Kopf. Dieser schnurrt dabei wie ein gezähmtes Raubtier. Dann kommt sie zielstrebig auf mich zu. „Sie müssen der überall bekannte Abenteurer und Geschichtenschreiber Hans Oskar Falken sein. Es ist mir eine Ehre sie endlich persönlich kennlernen zu dürfen.“ Sie macht einen leichten, vornehmen Knicks vor mir. Ich stehe sofort von meinem Platz auf und verneige mich. „Die Ehre ist ganz auf meiner Seite.“ Mein Herz schlägt mir jetzt fast bis zum Hals. Das also ist meine mysteriöse Brieffreundin, die mich zuletzt davon überzeugt hatte hierherzukommen. Eine wundersame Reise mit außergewöhnlichen Entdeckungen wurde mir da vor Wochen versprochen. Und bisher kann ich mich beim besten Willen nicht beklagen. Die meisten Abenteurer und Autoren würden für solch eine Gelegenheit wie diese hier ohne zu zögern ihre eigene Großmutter erschlagen. Das können sie mir aber glauben. Lady Terese klatscht einmal kurz in die Hände, dann kommen zwei Guhle aus der Küche mit einem neuen Tablett. Diesmal steht allerdings eine Zwiebelrübentorte darauf. Sie flüstert mir mit einem Zwinkern zu. „Das hier könnt ihr ohne Probleme essen, vertraut mir. Und das Glas Wein das man euch gleich bringen wird ist wirklich echter Wein und kein halb geronnenes Blut.“
So komme ich also doch noch verpflegungstechnisch auf meine Kosten. Terese und ihr Neffe, der überings Harald heißt, wie ich nebenbei erfahre, erzählen mir viele interessante Schoten ihres unfreiwilligen Zusammenlebens. Nachdem Chaoskrieger ihre Burg geschleift hatten, konnte Terese nur noch hier bei ihrem Neffen Zuflucht suchen. Welcher selber voll damit Beschäftigt ist Truppen auszuheben, um diese unflätigen Chaos Eindringlinge aus seinen Landen wieder herauszuwerfen. Haralds leicht verwirrter Geisteszustand und Tereses natürlicher Charme zusammen mit einer unmissverständlichen Durchsetzungsstärke geben dabei eine unübertreffbare Kombination an ulkigen Missverständnissen zum Besten. Für einen Moment vergesse ich sogar, dass ich hier mit Monstern an einer Tafel sitze, die mir jederzeit die Kehle aufreißen könnten, wenn ihnen der Sinn danach stehen sollte. Als ich an der Reihe bin, gebe ich einige meiner Geschichten von den wilden Orkstämmen und zotigen, wie trinkfesten Zwergen zum Besten. Man hängt geradezu an meinen Lippen. So geht der Abend langsam dahin, bis es schon weit nach Mitternacht ist. Harald streckt sich bereits immer wieder mit einem gurgelnden Gähnen. Terese ergreift spontan das Wort. „Neffe, ich werde mich jetzt in meinen Schlafsaal zurückziehen. Dabei werde ich noch unseren Gast zu seinem Zimmer bringen.“ Und da ist der gute Harald fast so wie ein Baby eingeschlafen auf seinem Stuhl. Und so ziehen wir auf der langen Wendeltreppe in die Nacht davon. Auf der Hälfte der Treppe angekommen, erwähnt meine Begleiterin nebenbei. „Eure Unterkunft ist ein verseuchtes Rattenloch. Selbstverständlich begleitet ihr mich in meine Unterkunft. Zudem haben wir noch einiges zu besprechen.“ Wer bin ich um solch einer Lady zu widersprechen? Ich bitte sie.
Ihre Unterkunft ist wirklich luxuriös für so ein altes Schloss. Gold und Silberverschläge, bestes Mobiliar, selbst die Vorhänge sind hier sauber und nicht halb zerfallen wie im Rest des Schlosses. Der Vollmond scheint von draußen magisch leuchtend herein. Terese tritt an das Fenster, ein unwirklicher Wind scheint sie dabei ganz leicht zu umwehen. Sie blickt mit erhobenen, fast schon herrschenden Hauptes nach draußen und spricht gleichzeitig zu mir. Ihre Stimme ist jetzt fern von jedem Charme und ersetzt mit grausamer Entschlossenheit. „Die Vertreibung aus meinem eigenen Schloss war eine Beleidigung. Meine Untertanen nur so dahingeschlachtet wie Vieh. Ich werde jeden ehrlosen Hund des Chaos dafür zu Knochenstaub zermahlen lassen. Keiner von diesen Bastarden wird die Ehre zu Teil, als Untoter noch in meinen Reihen zu dienen. Ich werde ein Exempel statuieren, das die Reiche in 1000 Jahren noch nicht vergessen haben sollen.“ Mit vor Hass auf die Welt funkenden Augen blickt sie jetzt in meine Richtung, um ihren Worten noch mehr Gewicht zu verleihen. „Mein geistig umnachteter Neffe wird dabei mit seinem Gesindel von Gefolge die Stoßtruppen bilden. Dort werden die Verluste am verheerendsten sein. Noch nie hat er mir einen Wunsch abschlagen können und wenn er die Gelegenheit bekommt vorne im blutigen Getümmel sich austoben zu können, dann nur umso besser.“ Was für ein zutiefst herzloser Plan. Ich räuspere mich kurz. „Meine Lady, das ist ein exzellenter Plan.“ Sie schnaubt darauf hin wohlwollend. „Das will ich auch gemeint haben.“ Jetzt stolziert sie erhaben durch den Raum. Dabei verkündet sie voller Vorfreude. „Viele wissen noch nichts davon, doch Nagash kehrt zurück. Schon bald wird er wieder seine Truppen sammeln und zusammenziehen. Für einen erneuten großen Krieg gegen das Chaos. Meine nekromantischen Kräfte wachsen mittlerweile von Tag zu Tag. Bald schon werde ich in der Lange sein eine Horde an untoten Truppen auszuheben. Zusammen mit meinem zurückgebliebenen Neffen werden wir dann eine Macht sein mit der zu rechnen ist. Hierbei geht es jetzt nicht mehr nur um Rache. Nein. Es geht um einen verdammten Platz an Nagash Tafel!“
Jetzt ruht ihr Blick schwer schneidend auf mir. Es ist als würde ein Felsbrocken auf meiner Brust liegen und mir die Luft zum Atmen nehmen. „Das alles wird aber nicht reichen. Auch andere untote Herrscher werden um die Gunst des großen Nagash buhlen. Was wir brauchen ist eine Legende. Eine Geschichte. Etwas, das sich in den Herzen unserer lebenden Untertanen verfängt. Und da kommt ihr ins Spiel. Ich habe euch doch nicht hierher geholt, damit ihr hirnlose Witze mit meinem Neffen reißen könnt. Eure, gut zugegeben, witzigen Schoten erzählt. Und nebenbei heimlich die untote Natur der Dinge hier studieren könnt, um dies später der wissbegierigen Welt da draußen zu präsentieren. Und Schreiberling, werdet ihr mir die Geschichte liefern um die ich euch hier bitte. Werdet ihr das verloschene Feuer in den Herzen unserer lebenden Untertanen neu entfachen? Ich brauche diese Truppen unbedingt. Diese Tatsache ist Alternativlos auf dem Weg ganz nach oben.“ Herausfordernd lastet jetzt ihr Blick auf mir. Respekt. Das nenne ich mal eine Frau die weiß was sie will. Und vor allem, wie sie es auch bekommt. Ich lasse nochmal alle neuen Erkenntnisse, der letzten Minuten, durch meinen aufgewühlten Geist sausen, dann lächele ich breit und verkünde gestenreich. „Man lasse mir Pergament und Tinte bringen.“
Ihre eben nach harten Gesichtszüge brechen auf und enthüllen fast schon ein mädchenhaftes, ehrliches? Lächeln. „Wie es scheint habe ich mich nicht in ihnen getäuscht. Die Geschichten über sie und von ihnen scheinen also alle wahr zu sein. Ich bin wirklich höchst erfreut darüber, dass ich sie für meine Unternehmung gewinnen konnte. Gleich morgen legen wir los. Aber bis dahin…“ Jetzt kommt sie mit langsamen Schritten auf mich zu. „Ich habe dieses degenerierte Ungeziefer, die stinkenden Guhle und dieses vergammelte Fleisch satt. Es dürstet mich nach etwas anderem.“ Ihr roter Mund wird breiter und entblößt jetzt immer mehr ihrer spitzen Zähne. Leichter Geifer läuft an ihnen herunter. Ich weiche erschrocken zurück, doch kann mich kaum bewegen, so als wenn mich unsichtbare Hände festhalten würden. „Keine Angst, es tut gar nicht weh.“ Ihre Augen funkeln jetzt vor…ja was? Mordlust, Wahnsinn, verdammt. Was soll das jetzt denn jetzt schon wieder? Erst soll ich ihre Chroniken verfassen und auf einmal bin ich nur noch ihr Gutenacht Snack. Ihre Hand fast mir von hinten ins Haar, was für ein stählender Griff. Vor meinem geistigen Auge sehe ich ihre immer länger werdenden Zähne in meine wohlig pulsierende Halsschlagader beißen. Mein Blut spritzt, doch ich spüre keinen Schmerz. Immer heftiger saugt und reißt sie an meiner klaffenden Halswunde und mir wird bereits ganz schummerig. Die Welt scheint hinfort zu gleiten. Ganz weit fort. Mir ist kalt und doch friere ich nicht. Dann reißen mich ihre Lippen auf den meinen, aus diesem Splitter eines fieberartigen Wachtraums. Anstatt mich zu beißen, reißt sie mir mit ihrem Kuss fasst den Kopf ab. Ich spüre wie meine Wirbel ächzen. Der Kuss selber ist dabei recht angenehm. Nur die Tatsache, dass ich neben einer Menge an ätherischen Ölen auch einen leicht, muffigen, Grabgeruch zu schmecken scheine, aber nun gut, das ist Meckern auf hohem Niveau. Ihre Lippen lösen sich wieder von den meinen. Mein Nacken schmerzt noch leicht aufgrund der stürmischen Belastung, aber das ist eigentlich nichts. Mit einem jetzt seltsamen Gesichtsausdruck funkelt sie mich an.“ Ich kann mich doch drauf verlassen, das das hier nicht in meiner Chronik später zu lesen sein wird, oder?“ Dabei lässt sie mit einer eleganten Bewegung ihr Abendkleid zu Boden gleiten. Ich bin sprachlos im ersten Augenblick. Mir sind in meiner Zeit ja schon einige äußerst attraktive Damen um den Hals gefallen. So ist das ja nicht. Meine Leibesgeschichten sind bekanntermaßen fast so legendär wie meine eigentlichen Abenteuer. Aber diese Lady, ein makelloser, wie wohl proportionierter Körper reinster Weiblichkeit. Fast so wie aus Porzellan. Ich versuche meine Stimme wiederzufinden, dann mit aller verbliebenen Eloquenz die ich noch aus dem Ärmel schütteln kann. „Hans Oskar Falken, Abenteurer und Held, einer Lady stets in allen Lebenslagen zu diensten.“ Ich lächele dabei fast schon schelmhaft.
Geistige Notiz an mich. Den letzten Absatz muss ich unbedingt noch aus meinen Aufzeichnungen streichen. Als Gentleman der ich bin, könnte ich es mir nie verzeihen, eine Dame, von solch einem Format, in Verlegenheit zu bringen.
Reisebericht
Flackernde Kerzen erleuchten den Raum gerade ausreichend, um ein skurriles Spiel der Schatten an die Wände zu zaubern. Meine Gastgeber legen großen Wert auf Etikette. Oder nein, so wird das nichts. Werter Leser, ich will ganz ehrlich zu ihnen sein. Meine Gedanken kreisen und ich habe Schwierigkeiten der immer phantastischer werdenden Reise noch folgen zu können. Mein Blick verfängt sich an etwas gewöhnlich ungewöhnlichem auf dem so alten, wie vornehmen, Holztisch. Nicht die so sorgsamen, aber bereits abgewetzten Verzierungen, die von Kunsthandwerkern in das Material getrieben worden waren. Und dabei die Geschichte eines alten und edlen Adelshauses zu erzählen scheinen. Nein, es ist etwas anderes.
Blut und Schädel. Ich kann meinen Blick nicht davon abwenden. Hypnotisch ziehen diese beiden, elementaren, Komponenten mich in ihren Bann. Ich kann nicht wiederstehen und sehe mich wieder an den Anfang dieser Unternehmung zurückversetzt.
Ein Tag zuvor, an der Grenze in das Reich der Toten
Der blutige Schädel meines Assistenten wird triumphartig in die Höhe gerissen. Eine mit Adern versetzte Wirbelsäule baumelt leicht zuckend an ihm herab. Fast so wie eine sterbende Schlange, die sich noch gegen den nahenden Tod zu erwehren scheint. Was soll ich nur seinen Eltern sagen? Der blutige Schlächter des Khorne der seinen Schädel stolz zur Schau stellt, kommt jetzt auf mich zu. Dabei steigt er knirschend und krachend, mit schweren gepanzerten Schritten, über meine beiden erschlagenden Pferde. Diese guten Tiere. Und es war auch nicht unbedingt einfach welche für diese Reiseroute zu bekommen. Jedenfalls zu einem fairen Preis, wenn sie verstehen was…Eine donnernde, wie dröhnende Stimme lässt meinen Gedankengang abrupt abreißen. „Dieses Land gehört dem Blutgott, kleiner Mensch. Was gibt euch das Recht hier aufzutauchen. Wollt ihr sterben!“ Dabei packt mich der Schlächter mit seinem gepanzerten Handschuh am Genick und hält mich in die Höhe. Seine blutüberströmte Axt funkelt leicht in seiner anderen Hand. Ok, nur keine Panik, ich habe mich schon aus schwierigeren Situationen zu befreien gewusst. Wäre doch gelacht wenn ich mich nicht auch hier gewannt herausgeredet bekomme.
„Werter Herr, wenn ich mich erklären darf. Ich habe eine Reisegenehmigung vom zuständigen Chaosgeneral in diesem Bereich. Und wenn der „große Blähbauch“ davon erfahren sollte wie ihr mich hier behandelt wird er sicherlich nicht erfreut sein. Ganz und gar nicht. Das können sie mir aber glauben, guter Mann.“ Immer ein Ass im Ärmel, ich bin doch nicht leichtsinnig. Nur gewusst wie. Lachend schleudert mich der Schlächter zu Boden. Auch seine paar dutzend Gefolgsleute, narbenübersäte Barbaren, fangen an zu Lachen. Ein dumpfes, grollendes Lachen. Und ziemlich gehässig möchte ich doch meinen. „Niemanden hier interessieren deine Abmachungen die du Narr mit diesem Nurgel Abschaum geschlossen hast. Sein Wort hat für uns keinerlei Wert. Hier zählt nur das Recht des Blutgottes. Und unsere Bezahlung solltest du jetzt kennen!“ Fast schon irre funkelt er mich mit seinem entstellten Gesicht an, auf dem sich leichte Anzeichen von Mutation abzeichnen. Also erste Hornauswüchse und sowas, sie wissen schon. „Nun, da sie so ungeniert auf meinen bereits stark belasteten Geldbeutel anspielen will ich nicht lange feilschen. Wieviel schulde ich ihnen noch.“ Ich versuche dabei leicht zerknittert und reserviert zu wirken. Sich nur nie in die Karten schauen lassen. Mit seiner Axt diesmal fest mit beiden Händen umschlungen kommt er zielstrebig auf mich zu. Er holt zum Schlag aus. Wirklich zu ärgerlich. Es gibt genau eine Sorte von Leuten, in diesen ganzen Reichen, mit denen es einfach keinen Zweck hat zu verhandeln. Soll es wirklich so zu Ende gehen? Die Reiche würden ja ihren größten Abenteurer und Geschichtenschreiber verlieren.
Ein anderer Blickwinkel auf das Geschehen. Ein edler König, mit seinen in glänzenden Stahl gehüllten Untertanen, steht bereit. Nur die letzten Waldausläufer verbergen sie noch. Zu lange schon musste er mitansehen, wie diese Barbaren des Chaos sein Land haben leiden lassen. Es verwüstet und gebrandschatzt haben. Jetzt scheinen seine Lande sogar bereits für einfache Reisende nicht mehr sicher zu sein. Ein echter König hat Autorität und braucht keine großen Gesten. Er nickt nur leicht seinen Gefolgsleuten zu, die als Antwort ihre Schwerter ziehen. Sein edles Schlachtross schreitet erst zögerlich voran, dann schon beschleunigt sich sein Tritt. Am Ende ist es unter den Donnern der Hufe fast so als würde er abheben und auf die sich kampfbereit machenden Chaos Barbaren zufliegen. Neben ihm die leuchtenden Schwerter und Rüstungen seiner Ritter. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen diesem unehrenhaften Abschaum eine Lektion zu erteilen.
Ein Gekreische als müsste jeden Augenblick mein Trommelfell reißen. Der Schlächter über mir, die Axt zum Todesstoß erhoben dreht sich irritiert um. Seine Barbaren geraten in Aufruhr. Dann sehe ich das geflügelte Monstrum über uns auftauchen. Ein gewaltiges knöchernes Maul, mit dem dieses Ungeheuer einen der Barbaren sogleich in zwei Hälften beißt. Blut und Eingeweide spritzen nur so. Das war mein guter Mantel, verdammt. Die Flecken werde ich bestimmt nie wieder herausbekommen. Neben der Bestie, die nur aus einem finsteren, verdrehten Albtraum entsprungen sein kann, werfen sich mit Reißzähnen und Klauen bewaffnete Irre in die Barbaren. Einige von den Irren sterben sofort unter den Knüppel und Äxten der Barbaren, aber für jeden gefallenen Irren, scheinen zwei nachkommen. In Windeseile werden die paar Dutzend Barbaren zu Boden gerissen und …uhhh. Das ist ja wirklich widerlich. Ich möchte erst den Blick abwenden, aber dann bin ich doch zu sehr Abenteurer und Entdecker. Ich kann nicht anders und muss es mir ansehen, auch wenn es noch so grotesk ist. Die Irren reißen den Barbaren die Bäuche auf, um an die weichen Innereien zu kommen. Sie zerschlagen auch die Schädel, um dort an das grau gematschte Innere zu kommen. Und so geht es immer weiter. Ich kann Kochen krachend knacken und Sehnen schnappend reißen hören. Dann schlägt ein muskelbepackter und mit Knochenketten behängter Irrer mit dem Schlächter zusammen. Der Schlächter versucht ihn mit einem wuchtigen Schlag zu enthaupten, doch der Irre ist zu schnell. Im nächsten Moment ist er schon hinter dem Schlächter und schlägt diesem durch die Panzerung seine langen Klauen durch den Oberkörper hindurch. Dann zerreißt er den Schlächter in möglichst viele Einzelteile. Um mich herum spritzt das Blut jetzt fast schon Fontänen artig. Dann kommt dieser übergroße Irre auf mich zu. Seine Augen funkeln finster, sein Gesicht zu einer einzigen blutigen Grimasse verzerrt. Ein Mund mit spitzen Zähne geradezu übersäht. Dann verändert sich sein Gesichtsdruck grundlegend in etwas das ich nicht erwartet hatte und er streckt mit eine seiner Klauenhände entgegen.
„Ich entschuldige mich im Namen meines Hauses für die Unannehmlichkeiten Reisender. Und ich würde mich sehr freuen sie auf meinem Schloss „Winterstein“ als Gast begrüßen zu können. Ihr reitet selbstverständlich mit mir auf meinen königlichen Schlachtross.“ Trotz seines gurgelnden Knurrens ist er eigentlich mehr oder weniger gut verständlich. Und wer bin ich, um jetzt groß wählerisch zu sein. Zudem, was soll ich sagen. Schloss „Winterstein“ ist zufälliger Weise auch Ziel meiner Reise gewesen. Und so sitze ich hier, in luftiger Höhe, auf dem Rücken einer gigantischen, halb verwesten Fledermaus. Und vor mir der Anführer dieser Meute, der das Untote Reittier durch seine Gedanken zu lenken scheint. Unter uns huschen seine irren Gefolgsleute, mit ihrer fahlen und blassen Haut, durch die Landschaft aus toten Bäumen und felsigem Ödland. Jetzt wo ich so drüber nachdenke habe ich von diesen Wesen doch schon gehört. Keine normalen Untoten, wie man sie hier eigentlich erwarten würde. Also das Klischee aus staksigen Skeletten und schwankenden Zombies. Nein, das hier scheinen die Guhl Höfe zu sein. Irre Kannibalen, die von der nekromantischen Macht des Nagash angezogen werden. Faszinierend.
Als wir in dem Vorhof von Schloss „Winterstein“ landen, muss ich doch sagen, das dieses sogenannte Schloss mehr mit einer Ruine, als mit einem Schloss gemein zu haben scheint. Schutt und modriges Holz liegt im Innenhof. Anliegende Gebäude sind zum Teil eingefallen. Der hohe Turm der Burg zeigt an mehr als einer Stelle bedenkliche Risse, die durch den Jahrhunderte alten Stein gehen. Einfach alles signalisiert unmissverständlich: Verfall. Doch verlassen ist dieses Schloss keinesfalls. In dunklen Ecken lauern die Guhle mit ihren geifernden Mäulern. Und das was noch entfernt nach dem Schatten eines Turnierplatzes aussieht, bietet das Schauspiel grausigster Gewalttaten. Hünenhafte Guhle, fast so groß wie ein Oger, prügeln kleinere Guhle blutig in den Boden. Dafür benutzen sie bevorzugt Knüppel aus Knochen und abgebrochene Grabsteine. Danach verschlingen sie gierig die zermatschten Überreste ihrer kleineren Artgenossen. Und täusche ich mich, oder wachsen diese Monstrositäten dadurch sogar? Der König und zugleich mein Gastgeber muss mein verdutztes Blinzen bemerkt haben. „Ah, ihr habt unser heutiges Turnier entdeckt. Es geht doch nichts über aufopferungsvolle Ritter, die darum streiten die Besten zu ermitteln, die dann an der Seite ihres Königs reiten dürfen. Von so etwas kriege ich nie genug. Aber nun kommt, ihr müsst bereits ganz ausgehungert sein. Und ich habe extra für euch unsere Köche ein Festmahl zubereiten lassen.“ Ich kraule darauf kurz meinen wirklich leicht knurrenden Magen. Ja, ich könnte schon eine Stärkung vertragen. Königliche Bewirtung ist eh meine Art von Essen. Fein, Fein. Nur das Beste für die Besten, felge ich immer leicht flapsig zu sagen. Naja, die wissen schon.
An der großen Speisetafel sitzend, ist mein Appetit dann auf einmal wie verflogen, als die Gerichte serviert werden. Mein Gastgeber muss mein überraschtes Zaudern sogleich bemerkt haben. „Keine Angst, das geht jedem das erste Mal so. Meine Küche hat sich mal wieder selbst übertroffen. Fast schon einschüchternd solche Berge an bestem Braten. Bitte, bedient euch.“ Dabei nimmt er sich einen halb eingeschlagenen Menschkopf von einem verblichenen Silbertablett und fängt an genüsslich auf dem verbleibenden Knorpel im Gesicht des Kopfes herumzukauen. Ich muss mich schlagartig wirklich zurückhalten, um nicht auf die Tafel zu kotzen. Panisch nach einem Ausweg suchend geistert mein Blick durch den Raum. Überall um uns herum andere Guhle. Und mittendrin mein höchst tödlicher Gastgeber, der gerade noch dabei ist den Schädel aufzubeißen und das Hirn sabbernd herauszuschlürfen. Also gut, ich kann es mir nicht leisten in so einer Situation meinen sehr speziellen Gastgeber zu brüskieren. Ich fürchte dann kann mich niemand mehr retten. Also nehme ich mit zitternder Hand einen … einen, ja also. Einen Finger. Die Zeit scheint still zu stehen als ich den toten Finger an meine Lippen führe. „Ihr seid eine Naschkatze. Aber macht euch nichts draus, von diesen kleinen Leckereien bekomme ich auch nie genug. Ich mag es einfach wie sie knacken.“ Mit dieser Bemerkung reißt mich mein überaus fürsorglicher Gastgeber aus meiner Schockstarre. Ich öffne meinen Mund. Ziehe meine Zunge zurück. Der tote Finger ist jetzt fast hineingeführt, da…
„Darf ich vorstellen, meine Tante, die Lady Terese von Klagenfels.“ Mein Gastgeber deutet dabei gestenreich auf die große Wendeltreppe aus dem Turm kommend. Ich nutze den Augenblick und werfe den toten Finger unauffällig unter den Tisch, wo ich sogleich zwei Guhle darum streiten höre, wie zwei knurrende Hunde um einen Knochen. Dann wende auch ich meinen Blick auf eine edle Lady, die in ihrem feinen Abendkleid die Treppe hinunterkommt. In der Tat ist es nicht leicht seinen Blick abzuwenden. Lady Terese ist eine kühle Schönheit, mit ihrer weißen Haut und dem Rabenschwarzen Haar. Elegant hochgesteckt mit … mit zurechtgefeilten Knochensplittern wie mir scheint. Jetzt fallen mit auch die korsettartigen Knochen um ihre Taille auf. Und ihr roter Mund, mit den unübersehbaren spitzen Zähnen als sie mir leicht unterkühlt zulächelt. Sie stolziert selbstbewusst um die Tafel und tätschelt dabei ihrem Neffen über den Kopf. Dieser schnurrt dabei wie ein gezähmtes Raubtier. Dann kommt sie zielstrebig auf mich zu. „Sie müssen der überall bekannte Abenteurer und Geschichtenschreiber Hans Oskar Falken sein. Es ist mir eine Ehre sie endlich persönlich kennlernen zu dürfen.“ Sie macht einen leichten, vornehmen Knicks vor mir. Ich stehe sofort von meinem Platz auf und verneige mich. „Die Ehre ist ganz auf meiner Seite.“ Mein Herz schlägt mir jetzt fast bis zum Hals. Das also ist meine mysteriöse Brieffreundin, die mich zuletzt davon überzeugt hatte hierherzukommen. Eine wundersame Reise mit außergewöhnlichen Entdeckungen wurde mir da vor Wochen versprochen. Und bisher kann ich mich beim besten Willen nicht beklagen. Die meisten Abenteurer und Autoren würden für solch eine Gelegenheit wie diese hier ohne zu zögern ihre eigene Großmutter erschlagen. Das können sie mir aber glauben. Lady Terese klatscht einmal kurz in die Hände, dann kommen zwei Guhle aus der Küche mit einem neuen Tablett. Diesmal steht allerdings eine Zwiebelrübentorte darauf. Sie flüstert mir mit einem Zwinkern zu. „Das hier könnt ihr ohne Probleme essen, vertraut mir. Und das Glas Wein das man euch gleich bringen wird ist wirklich echter Wein und kein halb geronnenes Blut.“
So komme ich also doch noch verpflegungstechnisch auf meine Kosten. Terese und ihr Neffe, der überings Harald heißt, wie ich nebenbei erfahre, erzählen mir viele interessante Schoten ihres unfreiwilligen Zusammenlebens. Nachdem Chaoskrieger ihre Burg geschleift hatten, konnte Terese nur noch hier bei ihrem Neffen Zuflucht suchen. Welcher selber voll damit Beschäftigt ist Truppen auszuheben, um diese unflätigen Chaos Eindringlinge aus seinen Landen wieder herauszuwerfen. Haralds leicht verwirrter Geisteszustand und Tereses natürlicher Charme zusammen mit einer unmissverständlichen Durchsetzungsstärke geben dabei eine unübertreffbare Kombination an ulkigen Missverständnissen zum Besten. Für einen Moment vergesse ich sogar, dass ich hier mit Monstern an einer Tafel sitze, die mir jederzeit die Kehle aufreißen könnten, wenn ihnen der Sinn danach stehen sollte. Als ich an der Reihe bin, gebe ich einige meiner Geschichten von den wilden Orkstämmen und zotigen, wie trinkfesten Zwergen zum Besten. Man hängt geradezu an meinen Lippen. So geht der Abend langsam dahin, bis es schon weit nach Mitternacht ist. Harald streckt sich bereits immer wieder mit einem gurgelnden Gähnen. Terese ergreift spontan das Wort. „Neffe, ich werde mich jetzt in meinen Schlafsaal zurückziehen. Dabei werde ich noch unseren Gast zu seinem Zimmer bringen.“ Und da ist der gute Harald fast so wie ein Baby eingeschlafen auf seinem Stuhl. Und so ziehen wir auf der langen Wendeltreppe in die Nacht davon. Auf der Hälfte der Treppe angekommen, erwähnt meine Begleiterin nebenbei. „Eure Unterkunft ist ein verseuchtes Rattenloch. Selbstverständlich begleitet ihr mich in meine Unterkunft. Zudem haben wir noch einiges zu besprechen.“ Wer bin ich um solch einer Lady zu widersprechen? Ich bitte sie.
Ihre Unterkunft ist wirklich luxuriös für so ein altes Schloss. Gold und Silberverschläge, bestes Mobiliar, selbst die Vorhänge sind hier sauber und nicht halb zerfallen wie im Rest des Schlosses. Der Vollmond scheint von draußen magisch leuchtend herein. Terese tritt an das Fenster, ein unwirklicher Wind scheint sie dabei ganz leicht zu umwehen. Sie blickt mit erhobenen, fast schon herrschenden Hauptes nach draußen und spricht gleichzeitig zu mir. Ihre Stimme ist jetzt fern von jedem Charme und ersetzt mit grausamer Entschlossenheit. „Die Vertreibung aus meinem eigenen Schloss war eine Beleidigung. Meine Untertanen nur so dahingeschlachtet wie Vieh. Ich werde jeden ehrlosen Hund des Chaos dafür zu Knochenstaub zermahlen lassen. Keiner von diesen Bastarden wird die Ehre zu Teil, als Untoter noch in meinen Reihen zu dienen. Ich werde ein Exempel statuieren, das die Reiche in 1000 Jahren noch nicht vergessen haben sollen.“ Mit vor Hass auf die Welt funkenden Augen blickt sie jetzt in meine Richtung, um ihren Worten noch mehr Gewicht zu verleihen. „Mein geistig umnachteter Neffe wird dabei mit seinem Gesindel von Gefolge die Stoßtruppen bilden. Dort werden die Verluste am verheerendsten sein. Noch nie hat er mir einen Wunsch abschlagen können und wenn er die Gelegenheit bekommt vorne im blutigen Getümmel sich austoben zu können, dann nur umso besser.“ Was für ein zutiefst herzloser Plan. Ich räuspere mich kurz. „Meine Lady, das ist ein exzellenter Plan.“ Sie schnaubt darauf hin wohlwollend. „Das will ich auch gemeint haben.“ Jetzt stolziert sie erhaben durch den Raum. Dabei verkündet sie voller Vorfreude. „Viele wissen noch nichts davon, doch Nagash kehrt zurück. Schon bald wird er wieder seine Truppen sammeln und zusammenziehen. Für einen erneuten großen Krieg gegen das Chaos. Meine nekromantischen Kräfte wachsen mittlerweile von Tag zu Tag. Bald schon werde ich in der Lange sein eine Horde an untoten Truppen auszuheben. Zusammen mit meinem zurückgebliebenen Neffen werden wir dann eine Macht sein mit der zu rechnen ist. Hierbei geht es jetzt nicht mehr nur um Rache. Nein. Es geht um einen verdammten Platz an Nagash Tafel!“
Jetzt ruht ihr Blick schwer schneidend auf mir. Es ist als würde ein Felsbrocken auf meiner Brust liegen und mir die Luft zum Atmen nehmen. „Das alles wird aber nicht reichen. Auch andere untote Herrscher werden um die Gunst des großen Nagash buhlen. Was wir brauchen ist eine Legende. Eine Geschichte. Etwas, das sich in den Herzen unserer lebenden Untertanen verfängt. Und da kommt ihr ins Spiel. Ich habe euch doch nicht hierher geholt, damit ihr hirnlose Witze mit meinem Neffen reißen könnt. Eure, gut zugegeben, witzigen Schoten erzählt. Und nebenbei heimlich die untote Natur der Dinge hier studieren könnt, um dies später der wissbegierigen Welt da draußen zu präsentieren. Und Schreiberling, werdet ihr mir die Geschichte liefern um die ich euch hier bitte. Werdet ihr das verloschene Feuer in den Herzen unserer lebenden Untertanen neu entfachen? Ich brauche diese Truppen unbedingt. Diese Tatsache ist Alternativlos auf dem Weg ganz nach oben.“ Herausfordernd lastet jetzt ihr Blick auf mir. Respekt. Das nenne ich mal eine Frau die weiß was sie will. Und vor allem, wie sie es auch bekommt. Ich lasse nochmal alle neuen Erkenntnisse, der letzten Minuten, durch meinen aufgewühlten Geist sausen, dann lächele ich breit und verkünde gestenreich. „Man lasse mir Pergament und Tinte bringen.“
Ihre eben nach harten Gesichtszüge brechen auf und enthüllen fast schon ein mädchenhaftes, ehrliches? Lächeln. „Wie es scheint habe ich mich nicht in ihnen getäuscht. Die Geschichten über sie und von ihnen scheinen also alle wahr zu sein. Ich bin wirklich höchst erfreut darüber, dass ich sie für meine Unternehmung gewinnen konnte. Gleich morgen legen wir los. Aber bis dahin…“ Jetzt kommt sie mit langsamen Schritten auf mich zu. „Ich habe dieses degenerierte Ungeziefer, die stinkenden Guhle und dieses vergammelte Fleisch satt. Es dürstet mich nach etwas anderem.“ Ihr roter Mund wird breiter und entblößt jetzt immer mehr ihrer spitzen Zähne. Leichter Geifer läuft an ihnen herunter. Ich weiche erschrocken zurück, doch kann mich kaum bewegen, so als wenn mich unsichtbare Hände festhalten würden. „Keine Angst, es tut gar nicht weh.“ Ihre Augen funkeln jetzt vor…ja was? Mordlust, Wahnsinn, verdammt. Was soll das jetzt denn jetzt schon wieder? Erst soll ich ihre Chroniken verfassen und auf einmal bin ich nur noch ihr Gutenacht Snack. Ihre Hand fast mir von hinten ins Haar, was für ein stählender Griff. Vor meinem geistigen Auge sehe ich ihre immer länger werdenden Zähne in meine wohlig pulsierende Halsschlagader beißen. Mein Blut spritzt, doch ich spüre keinen Schmerz. Immer heftiger saugt und reißt sie an meiner klaffenden Halswunde und mir wird bereits ganz schummerig. Die Welt scheint hinfort zu gleiten. Ganz weit fort. Mir ist kalt und doch friere ich nicht. Dann reißen mich ihre Lippen auf den meinen, aus diesem Splitter eines fieberartigen Wachtraums. Anstatt mich zu beißen, reißt sie mir mit ihrem Kuss fasst den Kopf ab. Ich spüre wie meine Wirbel ächzen. Der Kuss selber ist dabei recht angenehm. Nur die Tatsache, dass ich neben einer Menge an ätherischen Ölen auch einen leicht, muffigen, Grabgeruch zu schmecken scheine, aber nun gut, das ist Meckern auf hohem Niveau. Ihre Lippen lösen sich wieder von den meinen. Mein Nacken schmerzt noch leicht aufgrund der stürmischen Belastung, aber das ist eigentlich nichts. Mit einem jetzt seltsamen Gesichtsausdruck funkelt sie mich an.“ Ich kann mich doch drauf verlassen, das das hier nicht in meiner Chronik später zu lesen sein wird, oder?“ Dabei lässt sie mit einer eleganten Bewegung ihr Abendkleid zu Boden gleiten. Ich bin sprachlos im ersten Augenblick. Mir sind in meiner Zeit ja schon einige äußerst attraktive Damen um den Hals gefallen. So ist das ja nicht. Meine Leibesgeschichten sind bekanntermaßen fast so legendär wie meine eigentlichen Abenteuer. Aber diese Lady, ein makelloser, wie wohl proportionierter Körper reinster Weiblichkeit. Fast so wie aus Porzellan. Ich versuche meine Stimme wiederzufinden, dann mit aller verbliebenen Eloquenz die ich noch aus dem Ärmel schütteln kann. „Hans Oskar Falken, Abenteurer und Held, einer Lady stets in allen Lebenslagen zu diensten.“ Ich lächele dabei fast schon schelmhaft.
Geistige Notiz an mich. Den letzten Absatz muss ich unbedingt noch aus meinen Aufzeichnungen streichen. Als Gentleman der ich bin, könnte ich es mir nie verzeihen, eine Dame, von solch einem Format, in Verlegenheit zu bringen.
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