WHFB Thimonec

Auxo

Codexleser
25. April 2009
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Thimonec


Ich bin weder klug noch weise, weder groß noch stark, nicht hässlich, wenn auch kaum schön, Reiter, Kämpe, doch Ritter nennt Ihr mich zu unrecht. Fatal ist meine Lage, mein Leben eine Lüge. Ein verlorener Fatalist. Übel hat sie mir mitgespielt, jene, welche des Schicksals Zügel in ihren zierlichen Fingern hält, fester als kein Oger es je vermag. Jene Regentin der Tümpel, der Wiesen, Himmel, Sträucher – Pferdeherrin, Mutter aller Ritter und Rösser, Fürstin über Bretonia.
Oh Zürnende, wieso sandtest du mich auf irrigen Pfaden? Jede Windung ein Prüfstein, Verlockung gleich süßen Blüten, umkränzt von giftigen Dornen. Bin ich denn geboren einzig um zu straucheln? Vermessenheit ward zum Schatten meiner Fersen, Hochmut zum seidenen Saume der mich hüllte, Gier die Feder meines Treibens. Kaltschaudernd blicke ich zurück.
Allein es war der Fluch des Blutes, welcher mich zu Boden zwang. Lanze und Schild, sie täuschten mannigfach die würdigen Herren, doch niemals noch erwuchs der edlen Eiche Stamm aus Sand und Stein. So ward auch mein Geist zu schwach, sündig wurde das Fleisch und der Fall, ein Sturz aus schwindelerregender Höhe, er traf mich jäh.
Nun jedoch möchte ich danken gleichviel ich zürne, jenen, welche als Waisenkind mich in ihren Reihen nährten und lehrten. Es waren die würdigen Herren von la Maisontal zu gleichen Teilen Amme und Henker, denn was sie mir an Liebe und Bildung angedeihen ließen, ward zum Grundstein meines Verhängnisses. Nur ihre Unterweisungen im Kampf mit Bogen, Schwert und Lanze, ja ihr allzeit höfischer Umgang machte mich nach dem verbotenen schmachten.
Ritter wollte ich sein! Ein dreckiger Bauernlümmel? Welch Anmaßung!
Mit lahmem Klepper und stumpfer Klinge zog ich aus die Welt zu retten, das Böse vom Antlitz Bretonias zu bannen, doch bannte ich es desto mehr in die Kammern meines Herzens. Die widerlichen Kreaturen zu tilgen legte ich die Lanze ein, doch schuf ich die schlimmste über all dem Schlachten in mir selbst. Ich fühlte mich auserkoren Moral und Zucht zu sähen, doch war ich bald auf den Hund gekommen und erntete nichts als Leid.
Es hatte einen guten Anfang genommen. Vor Valpurin erschlug ich ein halbes Dutzend Orks im Schlaf, brachte Recht und Ordnung in das korrupte, von Unzucht geplagte La Mirage, befreite die Frau des Gildenmeisters Franc Guilbert de Fontainelle – dann befiel mich Laster.
Der Freiherr Domenec de Mirabaut – mein Ruf trug Schuld, er eilte schon von Ohr zu Ohr – rief mich auf seine Burg. Beeindruckt von meinem Tun hielt er mich naturgemäß für einen Spross ritterlicher Ahnen und so ward mir die erste Lüge in den Mund gelegt. Fortan focht ich in seiner Gnaden Gefolge als Thimonec de Mirabaut, da meine Herkunft ich im Dunkeln ließ.
Tapfer stritt ich für meinen Herrn, den Pflichten eines Ritters Rechnung tragend. Nun geschah es eines Tages, dass ich an einen abgelegnen Weiler kam – allein – wie es das Schicksal wollte. Da hörte ich schon von weitem ein Wehklagen. Der alte Bauer und seine junge Frau, sie waren leichenblass. Ein Monster hatte ihren Stier gerissen. Der Fährte folgte ich im nu, erschlug auch jenen Troll. Voll Überschwang zeigte sich der Bauer da, brachte Wein, holte Wurst und wir zechten bis tief in die Nacht. Da schlummerte er ein.
Der Teufel will's. Was strahlten der Dirnen Augen so hübsch. Was leuchteten ihre Backen errötend im Flammenwiderschein. Was wogte ihr üppiger Busen. Was glänzten die Lippen so feucht. Saperament, so lüstern war ich nimmer mehr. Ich zerrte das Weib in die Stube, riss ihr die Kleider in Stücke - sie war willig, wir trieben es. Sie keuchte, sie stöhnte, da stand der Bauer wutschnaubend im Rahmen der Tür. Ich erwürgte ihn mit bloßen Fingern. Der Mann wurde kalt, aschfahl das Gesicht, die Frau - ich brach ihr die Beine und ließ sie weinend zurück.
Tagelang durchstriff ich endlose Wälder, zernagt von Zweifel und Schuld. Schließlich kam ich zurück an den Hof meines Herrn, schweigsam, kalt, zur Sühne nicht fähig, denn meine Eitelkeit erlaubte mir weder Fehl noch Tadel. Ich konnte nicht fehlen! Ich war die Moral, die jüngste Instanz. Es irrt nur der Schwache, doch wähnte ich mich stark und ging noch gestärkt aus diesem Fall hervor. Härter war mein Urteil und so richtete meine Klinge zahlreiche bäurische Halunken. Die Faulen, welche die Felder nur lausig bestellten. Die Hochmütigen, welche sich nicht bis zum Boden vor mir verneigten. Die Frohsinnigen, die Narren, die Alten und Kranken. Furcht gereichte mir zum Ruhm. Der Gipfel meiner Macht war zum Greifen nahe,
als ich mich in einer weiteren Schlinge der Vorsehung verfing.
Alles begann mit einem harmlosen Wortgefecht, welches ich mit dem einzigen Erben des Freiherrn nach ritterlicher Art des öfteren pflegte, um meinen Geist zu schärfen. Elfische Bräuche und Wurzelkult, albernes Geschwätz! Nun geschah es, dass wir heftig aneinander gerieten und ich im Zorn den Hof verließ. Um mich auf andere Gedanken zu bringen erging ich mich in der Großwildjagd. Gerade scheuchte meine Meute einen besonders kräftigen Eber vor sich her, als sich plötzlich eine fremde Gesellschaft der Beute bemächtigte. Drei maskierte, splitternackte Burschen mit erregten Gliedern. Sie waren wie von Sinnen, grölten, jauchzten – da spannte ich den Bogen und schoss sie der Reih' nach ins Grab. Erst dann erkannte ich; Es waren dies des Freiherrn Sohn sowie desselben Neffen.
Mich packte der Schreck. Ich floh, ritt über Hügel und Heiden, bis an jene Stelle, da die geheiligte Erde in die ewigen Weiten des Ozeans mündet. Erst da zügelte ich mein Ross, hielt inne. Ich wollte stehen und auf der Stelle sterben. Doch jene Kraft, die sich meiner ermächtigt hatte, sie hielt mich zurück.
Sie wollte mehr, pulsierte in meinen Adern. Ich, ich wollte mehr. Mehr Macht, mehr Ruhm. Ich wappnete mich mit Lug, doch bei meiner Rückkehr an den herrschaftlichen Hof war der Mörder längst gefasst. Ein Bauer, welcher besagten Tages außerhalb der Dorffluren gesehen ward, baumelte langsam verwesend am Burgtor. Es war die Gunst, ihre Gunst, des Schicksals Gunst. Hatte sie mir vergeben?
Trauer mimend machte ich dem Freiherrn meine Aufwartung. Doch was fällt ihm ein, diesem Esel?
Zur Verantwortung will er mich ziehen. Die Abwesenheit soll ich ihm sühnen. Meine Frechheiten will er sich nicht länger gefallen lassen. Wirr, der Mann sprach eindeutig wirr. Er habe Visionen, klare Botschaft, geradezu Anweisung! Ich sei Schuld am Tod seines Sohnes. Nun, kurz gesagt, es sei seine Pflicht die ehrenwerten Hüter des Grals zu involvieren, um so manchen Schleier zu lichten, Klarheit zu schaffen und gegebenenfalls den gar mir aus zu machen.
Da ritt mich das schiere Entsetzen. Mein Traum brach entzwei. Zu spät wurde ich der Harke des Schicksals gewahr. Das Urteil war gesprochen. Es blieb mir nichts als mich zu fügen. Ich zog meine Klinge und hieb den plappernden Kerl von seinem Rumpf. Den Kopf in der Hand trat ich vor das Volk und sie waren starr. Sie neigten das Haupt voll Furcht. Ich war ihr Herr und Meister. Als dunkler Prinz erlangte ich traurigen Ruf, feierte Gelage, waltete mit stählerner Faust. Doch hätte ich mit diesem hinterlistigen Denunziantentum meiner Ritterschaft rechnen müssen, zu deren Herr ich mich dreisterweise aufgeschwungen hatte. Bald drang Kunde an mein Ohr. Noch vor Ablauf von neun Tagen sollte ich durch Ihro Gnaden göttlicher Ritter zur Strecke gebracht sein.
Es muss nun jedem klar vor Augen stehen, dass ich mich in eine äußerst prekäre Lage versetzt sah. Plötzlich erkannte ich es. Keine Gunst war jemals auf meiner Seite gestanden. Es war der Fluch des Fleisches, der Fluch der Schwäche und schließlich der Fluch der Sünde, die mir Ziel und Sieg verwehrten. Einsichtig, mit ehrlicher Reue im Busen, bestieg ich mein Ross und gab ihm die Sporen. Dem Schicksal hatte ich lange die Stirn geboten. Durchaus war es ein Fehler, denn niemand vermag wieder sein Los zu leben und so lege ich voll Demut mein zukünftiges Geschick in der ewigen Fürstin Hände. Es ist nun Zeit ihre Wege zu gehen und mit bangen Blicken folge ich dem hohen Gestirn, welches den Weg mir deutet. Ihr Ziel? ...Mousillon.

Ich hoffe die kurze Geschichte war unterhaltsam und ist Anlass zahlreicher Kommentare. Vor allem Kritik ist ausdrücklich erwünscht!
Gruß

 
Sehr altmodisch geschrieben, aber immerhin die ganze Zeit über den Stil beibehalten, davor erst einmal Hut ab.
Eine Geschichte über den dunklen Prinzen von Moussillon, beziehungsweise über seinen Werdegang, zu verfassen ist auf jeden Fall ein interessanter Ansatz, doch meine ich mich zu erinnern, dass der oben Genannte königlichen Geblüts sein soll. Deine Version hingegen ist, so ich es richtig verstanden habe, ein Bauernspross, oder besser gesagt, ein ebensolches Findelkind, das nur die Chance hatte, seine Herkunft zu verschleiern.
aber abgesehen davon, eine sehr interessante Geschichte.
 
Danke erstmal für die Rückmeldungen.
MisterG hat die Geschichte in ihrem Kern auch wunderbar wiedergegeben.
Bei meiner Thematik habe ich mich am AB Bretonia orientiert, in dem steht, dass sich in Mousillon jemand selbst zum Herzog aufgeschwungen hat. Wer dieser Jemand sein soll, wird jedoch nicht näher erläutert. Ob jedoch Thimonec in Mousillon überhaupt jemals eine Rolle spielen wird und welche, lasse ich bewusst offen.
Gruß