40k Zwölf Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle

Rene von Carstein

Tabletop-Fanatiker
01. März 2002
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Zwölf Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle

Es war noch sehr früh am Morgen. Die Dämmerung begann bereits dem anbrechenden Tageslicht zu weichen, aber noch konnte man wenig erkennen. Zwischen den meterhohen Eichen des Waldes war die Sicht durch den Schatten der Bäume sogar noch schlechter. Vögel zogen zwitschernd ihre Kreise, einige Nagetiere huschten zwischen den Ästen herum. Die Luft roch nach Harz, nach Fichtennadeln und frisch geschlagenem Holz.

Neben einem Baumstumpf lag Carter und wartete auf das, was da kommen sollte. Er war durch seine Tarnung aus Zweigen und Blättern kaum zu erkennen und selbst wenn ihn jemand sehen würde, wäre es doch zu spät gewesen.
Das Zielfernrohr seines Gewehres war starr auf die Ebene vor ihm gerichtet. Nur wenige hundert Meter entfernt standen vier Fahrzeuge auf der kleinen Straße, die direkt durch den Wald führte. Aus dem Motorblock des vorderen Transporters strömte weißblauer Dampf. Irgendein mechanischer Fehler hatte die Kolonne lahm gelegt. Überall standen Soldaten um die Kolosse herum und versuchten, den Wagen wieder flott zu kriegen. Sie waren ahnungslos, die meisten trugen nicht einmal ihre Waffen bei sich.

Neben Carter lag Brussilow. Der stämmige Hüne hielt seinen schweren Bolter schussbereit und legte einen Gurt in die Munitionskammer ein. Mit einem leisen Klicken zog er den Abzug zurück. Wenige Meter weiter wartete „Rocket“ darauf, dass er endlich seine Panzerfaust einsetzen durfte.
Der Scharfschütze ließ sein Fadenkreuz von einem Feind zum nächsten gleiten, immer auf der Suche nach einem lohnenden Ziel. Dann senkte er die Waffe ein wenig. Zwischen den Büschen am Straßenrand raschelte es leise. Carter konnte erkennen, dass sich der Oberst mit dem Rest seiner Gruppe an den Gegner herangearbeitet hatte und seine Plasmapistole durchlud, bevor er sie auf den nächstbesten Rebellen richtete. Seine Männer taten es ihm gleich und mit einem kurzen Nicken signalisierte der Offizier, dass sie jetzt angreifen würden. Langsam und darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen, zog er den Sicherungsstift einer Granate und schleuderte sie blitzschnell direkt zwischen eine Gruppe Soldaten. Bevor diese das Geschoss bemerkten, explodierte es zwischen ihnen.
Carter schaltete mit einem gutplatzierten Schuss einen der MG-Schützen auf den gepanzerten Fahrzeugen aus. „Rockets“ Rakete jagte fauchend in den hintersten Wagen und setzte ihn in Brand.
Brussilows schwerer Bolter erwachte zum Leben und mähte den Gegner reihenweise nieder, während der Oberst und seine Männer bereits über ihnen waren und mit gezielten Schüssen und ihren Bajonetten immer mehr Aufständische abschlachteten. Der Oberst schoss abwechselnd mit seiner Pistole und wirbelte, während diese sich zischend wieder auflud, mit seinem Energieschwert durch die zahlenmäßig überlegenen Soldaten.
Krieger brachte eine Sprengladung an einem weiteren Transporter an, der Sekunden später in tausend Stücke zerbarst.

Das Gefecht hatte keine zwanzig Minuten gedauert, dann war alles vorbei. Die Feinde waren ausgelöscht, drei ihrer Fahrzeuge ausgebrannte Wracks.
Der Oberst sammelte seine Männer um sich. Alle waren noch am Leben, nur ein paar hatten leichte Verletzungen davon getragen.

„Sehr gut gemacht, Jungs!“ grinste Oberst Steiner, als er die Verwüstung sah, die seine Leute angerichtet hatten.
„Ein paar von euch scheinen sich tatsächlich dazu entschieden haben, das hier zu überleben.“ fügte Leutnant Kage hinzu. Dann folgten seine Augen dem Blick des Oberst in die Richtung, aus welcher der Feind vor einer Stunde gekommen war.
„Wir sollten uns absetzen, bevor der Rauch andere Rebellen anlockt. Sprengt den letzten Transporter und dann lasst uns von hier verschwinden!“ befahl Steiner.
Zehn Sekunden nachdem sie wieder zwischen den Büschen im Wald verschwanden, wurde das Fahrzeug mit einem ohrenbetäubendem Knall auseinander gerissen.

Carter trug seine Waffe wie immer im Anschlag, jederzeit bereit, sich in den Dreck zu werfen, falls sie in einen Hinterhalt gerieten. Der Oberst hatte sie sicher durch die feindlichen Linien geschleust und bisher deutete nichts auf besondere Schwierigkeiten. Er war aber sicher, dass die größte Sauerei noch kommen würde. Steiner war bekannt dafür, dass er seine Leute in die gefährlichsten Missionen schickte und nur wenige überhaupt die ersten Wochen bei seinem Haufen überlebten. Obwohl der Offizier immer wieder predigte, dass nur der Tod in der Schlacht ihre Seelen retten konnte, zog es Carter vor, lieber noch ein bisschen am Leben zu bleiben.

Inzwischen rückten sie weiter durch den Wald vor. Auf der Straße unter ihnen waren Fahrzeuge mit haufenweise Rebellensoldaten unterwegs. Sie würden vielleicht bald bemerken, dass ein Stoßtrupp ihre Linien durchbrochen hatte. Eigentlich hätten sie jeglichen Feindkontakt vermeiden sollen.

Immer weiter drangen sie in feindliches Gebiet ein. Der Wald wurde immer düsterer und unheimlicher, doch sie konnten keinen anderen Weg nehmen, ohne sofort entdeckt zu werden.
Steiner ließ seine Männer fast ohne Pause marschieren. Nur nachts, wenn es dunkel war, durften sie etwas ruhen. Carter hatte das Pech, dass sein Gewehr die einzigste Waffe mit Nachtsichtgerät war. Er musste meistens etwas abseits vom Lager in Deckung lauern und die Gegend beobachten. Nur ein paar Stunden, wenn der Oberst an seiner Stelle lag und mit dem IR-Fernglas die Umgebung absuchte, durfte der Scharfschütze schlafen.

Inzwischen hatten sie den dunklen Wald hinter sich gelassen. Vorsichtig robbten sie über eine Wiese durch mannshohes Gras, darauf vorbereitet, dass plötzlich ein Feind auftauchte.
Sie gingen weit genug auseinander, um sich gegenseitig Deckung zu geben. Oberst Steiner wollte kein Risiko eingehen und schickte immer erst ein oder zwei Mann voraus.

Es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein. Immer wieder zogen imperiale Bomber über ihre Köpfe hinweg. Einige Monate, nachdem die Rebellen den Aufstand losgebrochen hatten, wurden sie nun von den loyalen Streitkräften Stück für Stück aufgerieben und weiter zurückgedrängt. Gestern Abend hatte der Oberst schließlich ihren Auftrag enthüllt. Sie sollten ein wichtiges Munitions- und Nachschubdepot sprengen. Wenn die Mission Erfolg hatte, würde der Widerstand des Feindes an diesem Abschnitt der Front zusammenbrechen und der Krieg um einige Wochen oder vielleicht sogar mehrere Monate verkürzt.
Natürlich wusste Carter, dass so ein wichtiges Ziel entsprechend stark gesichert sein würde. Er würde eine Menge Glück brauchen, um das zu überleben. Aber der Oberst rechnete sowieso nicht damit, dass seine Männer überlebten. Nicht umsonst nannte man sie die „Galgenvögel“ von der XIII. Straflegion.

Er hatte zu Recht vermutet, dass das Depot mehrere hundert Meter rundum keine natürlichen Deckungsmöglichkeiten aufwies. Der Wald war gerodet, das Umland wahrscheinlich mit Minenfeldern zusätzlich gesichert worden. Ein Hochspannungszaun und Stacheldraht schienen ein unüberwindbares Hindernis zu sein. Auf mehreren Türmen waren schwere Waffen postiert und einige Flak-Geschütze schienen für einen Angriff aus der Luft bereit zu stehen. Überall waren Schwärme von Soldaten und sogar durch die Umgebung zogen Patrouillen ihre Runden. Es schien unmöglich, durch diese Verteidigung brechen zu können. Aber Carter wusste, dass Oberst Steiner schon andere Bauwerke bezwungen hatte. Irgendwie würde er es schaffen, auch diese Hürde zu nehmen.

Oberst Steiner lag mit seinen Männern am Waldrand und beobachtete das Zielobjekt. Nichts deutete darauf hin, dass Munition oder Treibstoff außerhalb der gepanzerten Bunker gelagert wurden. Der Feind wollte wohl kein Risiko eingehen. Fahrzeuge wurden genauestens kontrolliert, bevor sie passieren durften.
Nirgendwo schien es eine Schwachstelle zu geben, aber der erfahrene Offizier wusste, dass dieses Gefühl totaler Sicherheit den Untergang bedeuten würde.
Er wusste aus den Berichten der Orbitalaufklärung, dass ihnen eine Garnison aus mehreren hundert Rebellen gegenüberstand und ihre Chancen entsprechend gering waren. Aber er würde jeden Auftrag ausführen, selbst wenn er ihn direkt in die Hölle führen würde.
Die einzigste Möglichkeit, in diese waffenstarrende Festung zu kommen, war, die Nacht zu nutzen. Der Feind hatte zwar Suchscheinwerfer installiert, aber Steiners Leute waren darauf trainiert, wie sie den Lichtkegeln entgehen konnten. Es war wichtig, innerhalb des Depots zu sein, bevor der Feuerzauber losging. Hier draußen wären sie dem Beschuss schutzlos ausgesetzt.

Carter hatte die Posten genau im Visier. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es gleich losgehen würde. Die anderen hatten ebenfalls Stellung bezogen, ihre Waffen schussbereit auf das Ziel gerichtet. Der Oberst hob kurz die Hand. Es begann.
Rockets Rakete durchschlug den östlichen Wachturm. Langsam kippte die Holzkonstruktion zur Seite und begrub ein paar Soldaten unter sich. Brussilows schwerer Bolter durchsiebte den zweiten Turm. Krieger feuerte mit seinem Melter auf das Feld vor ihnen. Eine Reihe von Explosionen wirbelte Staub und Dreck durch die Luft. Die Minenfelder waren mehrfach miteinander gekoppelt worden, nun gingen sie der Reihe nach hoch.
„Vorwärts!“ schrie Steiner. Mit erhobenem Schwert und durchgeladener Plasmapistole stürmte er vor. Rocket hatte jetzt eine Multiplex-Nebelrakete geladen und schoss sie direkt auf das kraterübersäte Feld. Durch diesen Nebel folgten die anderen Galgenvögel ihrem Kommandanten.
Die Gegenwehr war unorganisiert und viele Soldaten wurden bereits niedergemacht, bevor sie überhaupt schießen konnten.
Karusow riss es plötzlich von den Beinen. Tödlich getroffen taumelte der Galgenvogel noch ein paar Meter, bevor er zusammenbrach.
Brussilow fegte mit seinem schweren Bolter das Dach des Hauptbunkers leer, ein kleiner Haufen verschossener Projektile sammelte sich zu seinen Füßen.
Krieger brachte die Sprengladung an den Eingangstoren zum Depot an. Noch während er in Deckung rannte, traf ihn ein Geschoss im Rücken und warf ihn um. Oberst Steiner holte den feindlichen Schützen mit einem gutgezielten Treffer seiner Pistole runter.
Scharfschütze Carter hatte inzwischen neben den brennenden Überresten der beiden Wachtürme in einem Splitterschutzgraben Stellung bezogen und schoss schneller als er nachladen konnte. Die Instinkte einer Tötungsmaschine begannen die Kontrolle zu übernehmen. Er zielte und feuerte, während seine Finger immer neue Magazine in die Ladekammer seines Gewehres steckten. Er war nicht länger Carter, der Galgenvogel. Er war jetzt Carter, der Gott des Todes. Mit jeder Patrone endete ein Leben, wenn er es wollte.
Die Explosion der geballten Ladung zerfetzte die Stahltore regelrecht und riss sie aus der Verankerung.
„Los, vorwärts, ihr Hunde!“ brüllte Steiner und rannte los. Seine Leute folgten ihm. Carter übernahm die Nachhut.

Sie sahen sich einem weitläufigen System aus Lagerkammern und Korridoren gegenüber. Zwischen den Regalen konnten immer noch Rebellen lauern. Entsprechend vorsichtig rückten sie vor.
Bisher lief alles glatt.
„Vorsicht“ flüsterte Steiner. Unauffällig deutete er nach oben. An der hinteren Hallenwand war ein Vorsprung, an dem sich gerade ein Schatten bewegt hatte. Der Oberst sah Carter mit einem durchdringenden Blick an und rollte dann die Augen. Der Scharfschütze verstand und zog kurz die Hand runter. Leise schlich er sich weiter. Plötzlich durchzuckte ein Blitz die Halle und ging haarscharf an Carter vorbei. Er überlegte nicht lange und schoss zurück. Seine Waffe hatte allerdings mehr Erfolg und schreiend stürzte der feindliche Scharfschütze ab.
Aus einer Tür zum Nebenraum stürmten Rebellen heran. Einer durchbohrte Brussilows Arm mit seinem Bajonett. Wütend packte der Bulle seinen Gegner und brach ihm ohne größere Anstrengung das Genick, während er mit einer Hand seine Waffe abfeuerte. Reihenweise fielen die Feinde. Noch während er zu Boden ging, zog ein Soldat eine Granate und entsicherte. Brussilow fing sie in der Luft, doch er schaffte es nicht mehr, sie zurückzuschleudern. Ein Schrapnell traf Kohlmann am Hals, blutüberstömt brach er zusammen.

Steiner fluchte. Er wusste, dass das Feuergefecht über kurz oder lang die Munition und den Treibstoff entzünden und das Depot vernichten würde. Aber er hatte nicht vor, hier auf diesem gottverlassenen Einsiedlerplaneten zu sterben. Durch zu viele Höllen war er gegangen und jedes Mal zurückgekehrt.
Kurzentschlossen packte er die blutigen Überreste von Brussilow mit beiden Armen und warf sie gegen die Rebellen, die immer noch aus der Tür strömten. Unter dem Gewicht des Riesen taumelten sie zurück in den Raum. Eine Handvoll Granaten flog hinterher, während Reiser die Tür zuknallte. Es gab einen dumpfen Knall, gefolgt von dem Geräusch berstender Knochen und zerfetzter Eingeweide.
Bald schon hatten die Galgenvögel alle Rebellen niedergemacht und das Depot unter Kontrolle.

„Reiser, geh raus und sichere unseren Rückzug!“ befahl Steiner. Die Sprengladungen waren angebracht und sollten in zehn Minuten hochgehen.
„Jawoll, Herr Oberst!“ erwiderte dieser und wandte sich dem Tor zu. Kaum war er im Freien, als er auch schon von einer Salve schwerer Boltgeschosse auseinander gerissen wurde.
„Verdammt, die Rebellen stehen vor dem Zaun und schießen auf alles, was sich bewegt!“ schrie Kage.

„Hey, ihr da drin!“ brüllte von draußen jemand. „Kommt heraus und ergebt euch! Ihr habt keine Chance!“
Steiner verzog den Mundwinkel und spukte aus. Er war nicht gewillt, sich in die Hand der Abtrünnigen zu begeben. Zu gut wusste er, was ihn und seine Männer erwartete.
Er musste nachdenken. Während er dies tat, pflegte er immer eine seiner Zigarren zu rauchen. Geduldig nahm er einen der langen dicken Stängel aus seiner Brusttasche. Es schien eine unwirkliche Szene zu sein, wie der Offizier dastand und an dem Mundstück kaute. Diese Ruhe und Selbstsicherheit übertrug sich auch auf die anderen Galgenvögel. Sie sahen ihn fragend an.
„Carter?!“ flüsterte er so, dass ihn möglichst niemand draußen hören konnte.
„Ja, Herr Oberst?!“ Carter war erstaunt. Solange er in diesem Regiment war, hatte der Oberst ihn noch nie mit seinem Namen gerufen. Bisher hatte er sogar geglaubt, dass Steiner ihre Namen nicht einmal kannte. Oberst Steiner musste wohl wirklich in der Klemme stecken.
„Du bist Scharfschütze. Deinen Augen entgeht nichts. Du hast genau zwei Minuten, einen Weg aus diesem Höllenloch zu finden. Wir sind dicht hinter dir. Und Gnade dir der Imperator, wenn du versagst, dann werd ich dich noch bis in die Hölle verfolgen und dir deinen Hals umdrehen! Verstanden?“ Der Gesichtsausdruck des Oberst war entschlossen genug, um keinen Zweifel an seinen Worten zu lassen.
„Zu Befehl, Herr Oberst!“ salutierte Carter.
Steiner wandte sich zu den anderen: „Wenn wir uns alle absetzen, werden uns die Rebellen verfolgen und vielleicht auch den Fluchtweg abschneiden. Ich brauche einen Freiwilligen, der hier bleibt und die da draußen ein wenig beschäftigt. Er wird zwar sein Leben verlieren, aber dafür etwas anderes retten: Seine Seele. Wer auch immer sich dazu meldet, wird von mir rehabilitiert.“
Petrow und Rocket meldeten sich gleichzeitig.
Steiner war zufrieden: „Sehr schön, ich sehe, dass ich mich immer noch auf euch verlassen kann. Und den anderen sag ich nur eins: Wenn wir das hier übeleben, werde ich euch diesen Überlebenstrieb abtrainieren, ihr Scheißkerle! Und jetzt Abmarsch!“

Carter lief der Schweiß von der Stirn. Instinktiv folgte er dem Weg. Sie gingen in den Raum, aus dem zuvor die Rebellen gekommen waren. Überall lagen Leichenteile und Unmengen von Blut. Trotzdem konnte sein geübter Blick eine kleine Luke im Boden ausmachen. Mit vereinten Kräften hoben sie die schwere Eisenplatte aus der Verankerung. Eine Metalleiter führte in die Tiefe.
Von draußen drangen Schreie zu ihnen durch. Dazwischen immer wieder Lasergewehrfeuer und das Rauschen der Raketen aus Rockets Panzerfaust. Dann brach das Geräusch plötzlich ab, nur das Schreien wurde lauter.
„Verriegelt die Tür und dann nichts wie raus hier!“ befahl der Oberst.
Sie stiegen hinab in die tiefe Dunkelheit. Nur der Schein der Taschenlampen erhellte die schwarze Finsternis um sie herum. Irgendwann endeten die Sprossen und sie hatten wieder festen Boden unter sich. Sie waren in einem riesigen Gang unter dem Depot angekommen. Über ihnen bebte die Decke und Brocken matschiger Erde regneten herunter.
„Los, wir müssen sofort verschwinden. Vorwärts, ihr verfluchten Hunde!!!“ schrie Steiner.
Carter fühlte sich plötzlich wieder an jenen Tag zurückversetzt, an dem er den Oberst zum ersten Mal gesehen hatte. Damals wusste er noch nicht, dass das der berühmtberüchtigte Oberst Steiner war. Sein Name konnte einen erwachsenen Mann zum Weinen bringen und so mancher harte Kerl war unter seinem Drill zusammengebrochen.
Es gab niemanden unter seinem Kommando, dem Steiner Respekt oder wenigstens Achtung entgegenbrachte und nicht selten hatte er sie ohne jegliche Gefühlsregung in den Tod geschickt.

Und wieder waren sie zu einer Selbstmordmission aufgebrochen. Jetzt lebten wieder nur eine Handvoll Männer. Carter sah sich um. Außer Steiner und Leutnant Kage, der schon fast so lange in dem Regiment wie der Oberst selbst diente, waren da nur noch Hammer, ein sehr schweigsamer eigenbrötlerischer Typ und Jane Frost, eine Amazone, die eigentlich nichts zwischen diesem Haufen ungehobelter Kerle zu suchen hatte. Von Hammer wusste Carter nicht viel. Dieser Mann war mehr als unheimlich. Aus seinen dunklen grauen Augen sprach der Tod selbst. Aus gutem Grund wollte kein Galgenvogel mit ihm was zu tun haben. Er hatte die dumme Angewohnheit, getötete Feinde zu häuten. Mindestens einmal hatte Carter bemerkt, dass das Opfer noch lebte.
Frost war eine gutgebaute, schlanke Frau Anfang Dreißig, lange blonde Haare und große blaue Augen. Sie sah aus wie ein Mädchen, kaum stark genug, ein Küchenmesser zu halten. Aber sie war eine gnadenlose Killerin, die ihre Reize auszunutzen verstand. Obwohl sie sich bereitwillig jedem Mann, der ihr etwas bieten konnte, hingab, waren die meisten Galgenvögel „weise“ genug, ihre niederen Triebe zu kontrollieren. Es hieß von ihr, dass sie manchmal einen Liebhaber kastrierte und die abgeschnittenen Teile wie eine Trophäe behielt. Bei diesem Gedanken wurde Carter etwas mulmig in der Magengrube.
Wie war er nur hierher geraten?

Es war ein dummer Zufall gewesen, dass die Imperiale Armee an jenem Tag vor drei Jahren die Stellungen der Eldar überrannt hatte. Ein glücklich fehlgeleiteter Treffer vom Schlachtkreuzer „Erleuchtete Seele“ löschte auf einen Schlag die Hauptsiedlung der Exoditen und damit auch den Energiegenerator für ihren Schutzschild aus. Schlimmer für die Außerirdischen war jedoch gewesen, dass sie auch einen Großteil ihrer schweren Waffen und Nachschub verloren hatten.
Carter war Angehöriger des 116. Cadia gewesen, damals noch unter dem Befehl von Oberst Grabowski. Sergeant war er gewesen und ihm und seinen Männern vom 2. Zug fiel die Aufgabe zu, die Überreste der Stadt nach versteckten Widerstandsnestern abzusuchen und diese auszuheben.
Leutnant Ehrlinger ließ sie ausschwärmen. Plötzlich hatte sich ein Schuss aus einer der Ruinen gelöst und einen von Carters Männer in den Hals getroffen: Scharfschützen!
Seine Gruppe feuerte aus allen Rohren. Im Sturm verlor er noch zwei Männer, bevor sie das Gebäude erreicht hatten. Der Leutnant und die anderen Trupps waren inzwischen von hinten an die Ruine herangeschlichen und schossen, was ihre Lasergewehre hergaben, bis die Scharfschützen tot am Boden lagen. Dann hatte der Offizier befohlen, die Ruine zu sprengen und die anderen Aliens zu vernichten. Es war nur ein kurzer Impuls gewesen, der Carter auf eine Bewegung in einer dunklen Ecke des Raumes aufmerksam gemacht hatte. Schon hatte er seine Laserpistole entsichert und eine Granate gezogen. Doch er warf sie nicht.
Im Schein der Taschenlampe erkannte er in der Finsternis die Bewegung einer Eldar-Frau und zwei kleine Kinder, die sie schützend hinter ihrem zierlichen Körper versteckte.
Der Blick aus ihren dunklen Augen war hasserfüllt. Offensichtlich erwartete sie keine Gnade.
„Los, Carter, erschieß die Schlampe und ihre Brut!“ befahl der Leutnant.
„Sir, sie sind unbewaffnet! Es sind nur Kinder!“ erwiderte Carter.
„Das sind Aliens. Abschaum, der das Leben nicht verdient hat unter der Gnade unseres Imperators! Knall sie ab!“ Ehrlinger hatte den Gesichtsausdruck einer wilden Bestie und ungläubig sah sich Carter plötzlich seinen Kameraden gegenüber, die ihn im Halbkreis umringten und ihn anfeuerten, endlich zu schießen.
„Nein, Sir, das ist nicht ehrenhaft! Wir sind Soldaten und keine Mörder!“ Mit diesen Worten warf Carter die Pistole auf den Boden.
Der Leutnant schien vor Wut zu explodieren. „Sie Feigling, dafür stell ich Sie vors Kriegsgericht!“ Er zog den Abzug seiner Boltpistole und jagte das ganze Magazin in die Eldar. Jede Kugel fand ihr Ziel, die Bewegung erstarb.
Aus Carters Gesicht sprachen Entsetzen und Wut zugleich. Er konnte nicht glauben, was er eben gesehen hatte. In seiner Faust hielt er immer noch die Granate, die er nicht geworfen hatte. Mit einem kurzen „Pling“ flog der Sicherungsstift aus seiner Halterung und er schleuderte sie vor Ehrlingers Füße. Dem Offizier blieb nicht genügend Zeit, sich von seiner Überraschung zu erholen und die Granate wieder zurückzuwerfen. Ehrlinger verschwand in einer gewaltigen Explosion. Was von ihm übrig blieb, reichte nicht aus, um eine Streichholzschachtel zu füllen.
Irgendjemand hatte Carter dann eine mit dem Gewehrkolben verpasst. Es kam zur Verhandlung. Auf Mord an einem Vorgesetzten stand die Todesstrafe und das Erschießungskommando.
Aber es war schlimmer gekommen: Fünf Jahre in der Straflegion von Oberst Steiner.
Jetzt waren schon drei Jahre vergangen und Carter lebte immer noch. Am Anfang hatte er nur den Wunsch gehabt, diese Zeit zu überleben und danach ein einfaches Leben, vielleicht als Farmer, zu beginnen. Inzwischen war es ihm egal geworden, ob er lebte oder starb. Die Höllen, die er durchlitten hatte, waren mehr als genug, um ein ganzes Regiment Soldaten in den Wahnsinn zu treiben.
Zu Beginn hatte er jeden Tag gefeiert, den er lebend überstanden hatte, aber jetzt hätte er alles darum gegeben, endlich die Erlösung des Todes zu finden.
Diese Gedanken verdrängte Carter wieder. Er war zu weit gekommen, um sich jetzt einfach erschießen zu lassen.

Sie waren wieder im Wald, aber an anderer Stelle als vorher. Irgendwie wurde Carter das Gefühl nicht los, dass sie immer tiefer in Rebellengebiet vorstießen anstatt sich den imperialen Linien zu nähern. Doch der Oberst strahlte die typische Selbstsicherheit aus. Er fischte eine Zigarre aus seiner Brusttasche und entzündete ein Streichholz. Steiner war mit sich selbst zufrieden. Natürlich würde Carter nicht erwarten, einen Orden für seine Tat zu bekommen, aber eine kleine Belobigung wäre schon nicht schlecht gewesen.
Misstrauisch warf er einen Blick zu Leutnant Kage. Jeder Galgenvogel wusste, dass der Leutnant und der Oberst sich leidenschaftlich hassten. Manchmal glaubte Carter sogar, dass Kage nur auf die Gelegenheit wartete, Steiner das Messer ins Kreuz zu rammen.
Auch wenn er den Oberst nicht gerade leiden konnte, Kage war noch viel schlimmer und undurchsichtiger. Carter würde ein Auge auf ihn haben.

Der Marsch schien kein Ende zu nehmen. Sie liefen tagelang durch dichtes Gestrüpp und die riesigen dunklen Bäume. Es gab nur wenig Rast, manchmal aßen sie sogar während des Marsches. Hammer war indes immer merkwürdiger geworden. Carter fiel auf, dass er jetzt immer hinter Frost herlief und ab und zu ein schmatzendes schlürfendes Geräusch von sich gab.
Einen Abzug hielt er immer an seinem Gewehr, fast so, als wenn er auf etwas wartete.
Carter blieb ruhig, aber er wusste, dass sich irgendetwas anbahnte. Wenn Frost es bemerkte, dann verbarg sie es sehr gut. Fast schien es ihm, als wenn sie den Einsiedler sogar noch mehr reizte, in dem sie genau das tat, was er wollte. Sie hatte ihre Tarnjacke ausgezogen und um ihre Hüften geschwungen. Unter der Jacke trug sie nur ein olivgrünes Unterhemd, unter dem sich ihre weiblichen Rundungen deutlich abzeichneten. Schweißperlen liefen ihren schwanengleichen Hals herunter. Dieser Anblick hätte einen wilden Stier zur Raserei gebracht und auch wenn Hammer ein Idiot war, er war immer noch ein Mann. Das konnte ihn nicht kalt lassen.

Sie erreichten einen kleinen Bach, der direkt durch den Wald floss und aus einer Höhle in einem kleinen Felsen entsprang. Steiner wollte allein die Gegend erkunden und Kage ordnete an, dass sie eine Pause einlegten. Carter hätte den Oberst begleitet, denn er befürchtete, dass der Leutnant ein paar finstere Dinge plante. Außerdem wollte er nicht allein mit den drei Psychopathen sein.
Aber Steiner hatte abgelehnt.
Nun saß Carter in der Höhle und kaute auf einer Scheibe Brot, mit Rindfleisch belegt, rum. Nebenbei reinigte er sein Gewehr. Er hatte das schon so oft getan, dass er nicht einmal seine Augen benutzen musste, um es wieder zusammenzusetzen. Seine Laserpistole lag geladen und entsichert nicht weit von ihm entfernt. Würde einer von den anderen was mit ihm abziehen wollen, sollte er nur kommen. Kage war „spazieren“ gegangen. Wer wusste schon, welchen Hirngespinsten der Leutnant wieder nachjagte. Nachdem Steiner ihn so unschön zusammengestaucht hatte, wollte Carter es sowieso nicht wissen, wenn der Leutnant den Oberst meuchelte.
Sein Blick wanderte zum Bach.
Hammer stand an einem Baum nicht weit entfernt und tat so, als müsste er austreten. Wäre dem so, würde er sich wohl die Hosen nass machen. Sein Kopf drehte sich immer wieder zu dem kleinen Wasser, wo Frost gerade mit der Pflege ihres Körpers beschäftigt war. Sie hatte ihre Jacke ausgezogen. Diesmal trug sie nichts darunter. Carter konnte sie nur von hinten sehen, aber er stellte sich lebhaft vor, wie wohl die andere Seite aussehen würde.
Ihre Körperlinie war genauso schön wie ihr Gesicht, aber er wusste nur zu gut, dass sie insgeheim mit Hammer und vielleicht auch mit ihm spielte. Sie spürte seine Blicke auf ihren zierlichen Schultern. Fast so als wolle sie ihn provozieren, zog sie sich jetzt auch noch die Hose aus. Darunter trug sie einen dieser neumodischen Miniaturslips.
Carter blickte misstrauisch zu Hammer, der nun nur noch Augen für das hatte, was Frost trieb. Mit geübten Blick konnte Carter erkennen, dass sich die Hand Hammers fest um den Griff seines Kampfmessers gelegt hatte. Langsam zog er die lange Klinge aus der Tasche und schnitzte ein bisschen an dem Baum herum. Solange er noch mit offenen Hosen dastand, würde noch nicht viel passieren.
Noch immer ölte Carter sein Gewehr ein. Wenn jetzt etwas geschehen würde, könnte er nicht mal eingreifen, ohne seine Position zu verlassen. Aber insgeheim glaubte er, dass er sich sowieso nicht einmischen sollte. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Frost mit diesem Typen auch allein fertig werden würde.

Jetzt begann Hammer, seine Hose wieder zuzuknöpfen. Frost schien dies nur im Ansatz zu bemerken. Demonstrativ drehte sie sich jetzt zu Carter, so dass sie Hammer nicht mehr sehen konnte. Sie zog ihre Hose wieder an, wobei sie sich sehr viel Zeit ließ. Ein kurzer Blick zu Carter verriet ihm, dass er da bleiben sollte, wo er war.
Trotzdem suchte er instinktiv nach seiner Pistole, während seine Augen immer noch auf Frost haften blieben. Obwohl er sie bereits geladen hatte, prüfte Carter nochmals das Magazin.

Hammer bückte sich nun und schlich sich an Frost heran. Sie war immer noch damit beschäftigt, sich wieder anzuziehen. Als sie die Arme hob, um ihr Hemd überzustreifen, war der Einsiedler bereits über ihr. Doch sie hatte seinen Angriff erwartet und warf ihn über ihre Schultern, während sie ihm das Messer aus der Hand schlug.
Wütend kam Hammer wieder auf die Beine. Da standen sie nun wie zwei Gladiatoren, die darauf warteten, sich gegenseitig zu zerfleischen. Carter musste zugeben, dass ihn der Anblick einer halbnackten Frau, die mit einem ungewaschenen Kerl kämpfte, sehr faszinierte.

Obwohl Hammer ein großer muskulöser Kerl war, konnte Frost wesentlich besser kämpfen. Sie fing seinen Angriff ab, packte ihn an den Schultern und rollte sich nach hinten ab, wobei sie ihn über ihre ausgestreckten Beine zog und auf den Boden schleuderte. Hammer bohrte seine Fingernägel in ihr zartes Fleisch, Blut lief aus der Wunde. Aber Frost war eine Frau, die Schmerzen ohne Probleme ertragen konnte. Der Nervenimpuls machte sie sogar noch gefährlicher, denn wenn Blut floss war sie eine unkontrollierbare Bestie. Der ahnungslose Einsiedler drehte sich um und hob das Messer auf, da war sie auch schon bei ihm und trat ihm die Waffe aus der Hand, während sie ihn mit einer gekonnten Drehung und einem festen Fußtritt erneut zu Boden warf. Diesmal war es jedoch bitterer Ernst.
Carter sah, wie Frost ein kleines leicht gekrümmtes Messer aus ihrem Stiefel zog.
„Na los, komm doch her!“ schrie sie, während Hammer halb betäubt am Boden lag. Nur langsam kam er wieder auf die Beine. Seine Hände hatten das Messer wiedergefunden und mit gnadenloser Wut in den Augen wollte auch er nur noch eins: Blut!
Was sollte Carter nur tun. Sich zwischen die beiden Bestien werfen würde seinen eigenen Tod bedeuten. Wenn sie sich gegenseitig abschlachteten, würde Steiner ihn beschuldigen und vielleicht erschießen.
Noch schlimmer war aber die Aussicht, dass nach dem Ende dieses Kampfes er das nächste Opfer sein könnte. Jetzt musste er etwas unternehmen. Er suchte nach dem Magazin für sein Gewehr, während er versuchte, den Kampf immer noch im Auge zu behalten. Wo war es?
Länger konnte er nicht mehr warten. Nur mit seiner Laserpistole und seinem Kampfmesser bewaffnet wollte er dem ganzen Spuk ein Ende setzen.
Plötzlich ging ein Projektil aus einer Boltpistole knapp an Carters Kopf vorbei.
Es war Kage, der wieder ins Lager zurückgekehrt war.
Erstaunt hielten Frost und Hammer in ihrem Kampf inne. Ihre Blicke waren auf den Leutnant gerichtet.
„Misch dich nicht ein, Carter! Das ist eine Sache, die nur zwischen den beiden geklärt wird. Verstanden?!“
Was war hier los, verdammt noch mal. Warum wollte Kage, dass dieser Unsinn weiterging?
„Lass deine Laserpistole fallen und setz dich wieder hin!!!“ Der Leutnant hatte seine Waffe direkt auf Carters Kopf gerichtet und sein Blick ließ keinen Zweifel zu, dass er sofort schießen würde, wenn er auch nur im Entferntesten daran dachte, Dummheiten zu machen.
Langsam löste sich Carters Griff und die Pistole fiel zu Boden.
Ob er wollte oder nicht, er musste sich dem Irrsinn und diesem Psychopaten Kage fügen.
So als würde es nur ein einfacher Morgenappell sein, wandte sich Leutnant Kage wieder an Frost und Hammer: „Weitermachen!“

Dies war das Zeichen für die beiden. Es schien fast so, als wäre es ein Film der Urzeit, in dem zwei gigantische Monster miteinander rangen. Sie prügelten aufeinander ein, Hammer schlitzte mit seinem Messer Frosts Oberschenkel auf, die sich wiederum in seinem Arm verbiss. Das Blut heizte die beiden noch mehr an. Wann würde dieser Wahnsinn endlich aufhören?
Endlich kam Oberst Steiner zurück. Sein Blick wanderte kurz von Kage zu den beiden Ringenden und dann zu Carter. Nun würde das Ganze sein Ende finden. Aber Carter sah sich getäuscht. Auch Steiner hatte nicht die Absicht, einzugreifen.

Immer mehr Blut floss. Frost trat Hammer zwischen die Beine. Dieser brach brüllend zusammen. Sie war bereits über ihm, während er immer noch am Boden lag. Sie hielt das Messer in der Hand. Hammer fing den Schlag gegen seinen Hals auf und packte ihre Hand. Aus ihren Augen traten Wahnsinn und Wut hervor, während sie Hammers Widerstand immer mehr brach und sich die Klinge immer mehr seinem Hals näherte. Ihre Kraft war erstaunlich. Der ganze Körper schien nun ein einziger Vulkan zu sein, der zum Ausbruch kam.
Hammer wollte sich befreien und grub seine freie Hand tief in ihre Schulter und versuchte, sie von sich wegzudrücken. Doch Frost ließ ihm keine Chance. Ihr Körper bebte vor Erregung, während sie mit letzter Kraftanstrengung das Messer nach unten drückte und es immer tiefer in Hammers Bauch trieb. Blut quoll aus seinem Mund und offensichtlich erkannte er, dass es mit ihm zu Ende ging. Der Todeskampf war lang und schmerzvoll. Frost zog das Messer wieder heraus und leckte das Blut mit ihrer Zunge von der Schneide ab. Dann ließ sie die Spitze langsam über ihren Körper kreisen, über ihre Brüste, ihren Bauchnabel, ihre Schenkel. Sie malte Kreise und Linien aus Blut auf ihre Haut. Hammers Augen flackerten immer mehr, das Leben entwich seiner Hülle. Mit einem letzten Röcheln starb er.

Carter war kurz davor, Hammer auf seiner letzten Reise zu begleiten. Er wollte die Pistole aufheben und sich erschießen oder vorher noch den Leutnant umlegen. Es war zu viel für ihn. Wie konnte so etwas nur geschehen? Dunkelheit umfing ihn.

Langsam kam die Erinnerung zurück. Im Traum sah Carter immer noch den Kampf vor sich. Er spürte immer noch die Erregung, als er Frost nackt vor sich gesehen hatte. Und er spürte immer noch die Kälte, die ihn umklammert hielt. Leben kehrte in seinen Körper zurück.
Die Lider lagen schwer auf seinen Augen. Was war passiert? Und wo war er? Durch den sich lichtenden Schleier konnte Carter die Decke der Höhle erkennen. Er lag auf dem Boden, gehüllt in seinen Schlafsack. Warum konnte er sich nicht bewegen?
Schmerzvoll wurde ihm bewusst, dass er in Ohnmacht gefallen und dabei mit dem Kopf auf den harten Felsen geknallt war. Sein Schädel brummte fürchterlich.
Eine Hand kam auf ihn zu. Da es immer noch sehr dunkel war, konnte er noch nicht viel erkennen. Das verschwommene Bild wurde zusehends klarer. Er blickte in zwei große blaue Augen, eingerahmt von blonden Haaren, die locker über zwei schmale Schulter fielen. Dazu noch ein schlanker wohlgeformter Körper, ein paar feste Brüste und lange Schenkel, verpackt in eine Armeehose und ein olivgrünes Unterhemd. Es war Frost, die ihn mit einem merkwürdigen Ausdruck in ihren Augen anlächelte. Sie schien sich zu freuen, dass er endlich aufgewacht war, aber irgendetwas an dieser Freude beunruhigte Carter.
Er wollte sprechen, aber seine Stimme versagte ihren Dienst.
„Hier, trink was!“ wisperte Frost und flößte ihm etwas aus der Trinkflasche ein. Es schmeckte bitter und war mit Alkohol vermischt worden. Wieder umfingen ihn Dunkelheit und finstere Alpträume.

Noch einmal erwachte er für kurze Zeit. Obwohl es ihm Schmerzen bereitete, drehte er seinen Kopf Richtung Ausgang. Da stand Frost und wusch sich erneut ihren Körper. Sie stand da, so wie sie der Imperator erschaffen hatte. Sie drehte leicht ihren Kopf und kämmte sich ihre langen blonden Haare. Wahrscheinlich wusste sie, dass er sie beobachtete.

Wie viel Zeit war wohl vergangen, seit er bewusstlos geworden war? Diesmal öffnete sich sein Geist endgültig. Ein fürchterlicher Kater hatte ihn fest im Griff und höllische Kopfschmerzen peinigten ihn. Was auch immer sie ihm gegeben hatte, es hatte eine extrem starke Wirkung.
Obwohl er es versuchte, konnte er sich noch immer nicht bewegen.
„Was hast du mir eingeflößt?“ fragte er, obwohl er Frost noch nicht sehen konnte. Ihre Stimme klang ganz nahe und doch so fern: „Etwas, das dich retten wird!“
Sie lag direkt neben ihm. Ihr Arm war fest um seinen Hals geschlungen und ihre Augen hatten etwas unwirklich Zärtliches an sich. Mit der anderen Hand streichelte sie seine Brust. Erst jetzt bemerkte Carter, dass er überhaupt nichts am Leibe trug und zu allem Unglück auch noch gefesselt war. Jetzt wusste er auch, warum er sich kaum bewegen konnte.
Ein Anflug von Panik überkam Carter. „Wo sind der Oberst und Leutnant Kage?“ wollte er wissen.

„Sie sind fort. Du bist schlimm gefallen und der Herr Oberst meinte, du könntest nicht mitkommen. Ich hab ihnen gesagt, dass ich hier bleibe und auf dich aufpasse, bis sie Hilfe schicken!“
Aus der Panik wurde pures Entsetzen. Sie hatten ihn allein mit dieser unberechenbaren Psychopatin gelassen!
In Gedanken spielte Carter noch einmal alle Missionen der letzten Jahre ab. Oft waren einige Galgenvögel zu schwer verwundet oder vermisst worden, um sie mitzunehmen. Immer hatte Oberst Steiner versprochen, Hilfe zu schicken. Aber Carter konnte sich nicht erinnern, dass Steiner sein Wort gehalten hätte. Und Kage? Der war ein noch größerer Irrer als der Oberst. Er würde sich nicht weiter drum kümmern.
Carter war dieser Wahnsinnigen völlig schutzlos ausgeliefert. Ihre Augen verrieten ihm, dass nichts Gutes bevorstand. Ihre Pupillen waren geweitet und ihr Körper zitterte. Irgendeine Art Droge schien sie zu berauschen. Es war dasselbe wie bei Hammer. Doch Carter war gefesselt und konnte sich nicht wehren.

Sie setzte sich auf ihn, während ihre starken Schenkel ihn im Griff hielten. Die Wunde, die Hammer ihr zugefügt hatte, war verheilt. Nur ein kleiner roter Strich zeugte noch davon. Wie war das möglich?
Es gab kein Entkommen. Sie zog ihr Hemd aus. Obwohl er es am liebsten verhindert hätte, wurde Carter vom Anblick dieser Frau immer mehr erregt. Sie fühlte, wie er über sie kommen wollte. Zufrieden lächelte sie, während sie seine Beine streichelte. Dann senkte sie ihren Kopf und ihre Lippen vereinigten sich. Dieser Kuss war von purer Leidenschaft gesättigt und schien das Schönste zu sein, was Carter jemals erlebt hatte. Frost war reines Dynamit und Carter beschloss, wenn er schon sterben sollte, wenigstens glücklich von dieser Welt zu scheiden.

Es wurde Carters letzte Liebesnacht. Erschöpft schlief er ein, während Frost noch immer auf ihm saß. Er hatte sie befriedigt wie schon lange zuvor kein Mann mehr sie befriedigt hatte. Es war schade um ihn, aber sie hatte noch nie für einen Kerl ihren Körper geopfert, ohne dass er dafür bezahlen musste. Nachdenklich musterte sie sein Gesicht. Carter sah so friedlich aus. Sie würde sein schönes Gesicht verschonen. Sie strich mit dem Messer über ihren Hals, über ihre Brüste bis zu ihrem Bauchnabel. Dann richtete sie die Klinge langsam nach unten. Jane Frost, eine der letzten Hexenpriesterinnen des Todeskultes, schloss ihre Augen. Ein paar Tränen liefen, als sie den Griff mit beiden Händen umklammerte und langsam Carters Leben beendete...
 
Unwürdig? Ich finde, das ist genau das Ende, das niemand erwartet. Es ist mal was anderes als das immer wieder kehrende "der Held stirbt den Heldentod" oder "der Held rettet die Jungfrau" Story. Und die Idee, die Galgenvögel als Bande wahnsinniger Psychos zu kreieren war einfach zu gut, um nicht mit eingebracht zu werden ^_^

Na ja, und dann noch die Geschichte mit dieser Jane Frost...ich wette, jeder hat schon mal so nen feuchten Traum gehabt :sabber: :rotanlauf: :wub:

Da seht ihr also, was herauskommt, wenn ein Chaos-Imperium-Space Marine-Spieler eine Geschichte schreibt ^_^ .
 
Da das die erste Geschichte war, die ich von Steiners Galgenvögeln gelesen habe, war ich zu diesem Blickwinkel wohl nicht fähig. Ich hätte tatsächlich den Heldentod erwartet, und es wäre trotzdem neu für mich gewesen.

Aber:

Aus dieser Perspektive betrachtet hast Du wohl recht. Dann passt das sogar sehr gut, finde ich. Nur das mit den wahnsinnigen Psychos - Du sagst, das ist neu. Aber ich hätte es irgendwie in jeder Geschichte erwartet. Siehst Du, so kann man sich irren.
Und da wird
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:wub: von so einer intriganten... äh... da fehlen mir die Worte. :lol:

Trotzdem oder gerade deswegen bleibt mein abschließendes Urteil erhalten:

Schön geschrieben!
 
Vorweg großes Lob, die geschichte überzeugt mich stilistisch und erzählerisch voll und ganz, sie sprüht (wie es sich für die Galgenvögel gehört) vor Action, psychopathischen Charakteren und einer gehörigen Portion Pathos.

Ich habe aber trotzdem noch etwas anzumerken, und dabei geht's weniger um die Geschichte als solches, sondern eher um die Galgenvögel und den gnadenlosen Oberst Steiner.
Ich habe Gav Thorpes Galgenvögel-Romane gelesen, und irgendwie kam Steiner da anders rüber, nicht so ordinär und fies, sondern eher wie ein zu allem entschlossener Mann, der seine Leute nicht wirklich hasst, für seine Mission aber bereit ist, jeden einzelnen von ihnen zu opfern, auch und gerade weil er davon überzeugt ist, dass er nur so ihre Seelen retten kann. Er ist also eher Fanatiker als Menschenschänder.
Du hast versucht, diesem umstand in eingen Szenen rechnung zu tragen, leider schlägt aber Steiner gerade durch seine wörtliche Rede häufig wieder ins andere Extrem:

@Rene von Carstein:

<div class='quotetop'>ZITAT</div>
Steiner war zufrieden: „Sehr schön, ich sehe, dass ich mich immer noch auf euch verlassen kann. Und den anderen sag ich nur eins: Wenn wir das hier übeleben, werde ich euch diesen Überlebenstrieb abtrainieren, ihr Scheißkerle! Und jetzt Abmarsch!“[/b]

Steiner wirkt hier mehr wie ein psychopathischer Unteroffizier, der Spaß daran hat, seine Untergebenen zu beleidigen und zu demütigen. Nach meiner persönlichen Wahrnehmung dieser Figur ist er aber gerade das nicht. Derartiges verhalten passt IMO besser zu kage, der charakterlich wirklich völlig jenseits von Gut und Böse gelandet ist. Bei Steiner wäre weniger mehr.

Ich hoffe, du nimmst mir diese Anmerkung nicht übel und kannst ungefähr nachvolzeihen, was ich meine.

Na, egal, schreib einfach weiter so gute Sachen!
 
@Avenger

Natürlich nehm ich dir nichts übel. Kritik und Lob sind beidermaßen wichtig, um eine Geschichte zu bewerten. Es ist mir lieber, jeder sagt, was er denkt, als irgendwas zu schreiben, was gar nicht stimmt.

Das Problem mit Steiner basiert einfach darauf, dass ich die Galgenvögelromane nicht kenne. Mein Wissen um diese Einheit ist nur auf die kurze Geschichte im alten Codex Imperiale Armee, den wenigen Beiträgen im WD und dem neuen Eintrag im neuen Codex IA beschränkt.
Ich hab ihn eigentlich so kreiert, wie ich mir selbst einen Imperialen Offizier vorstelle, der den allerletzten Abschaum befehligen muss. Er verachtet sie, weil sie den Imperator verraten und dadurch vielleicht viel Leid und Tod verursacht haben. Dafür will er sie bestrafen und sieht es nicht gern, wenn sich seine Leute aus Feigheit drücken. OK, dass die anderen mit ihm aus dem Depot geflüchtet sind, hat eigentlich nichts mit Feigheit zu tun. Aber Steiner ist ein Offizier, der weiß, dass er niemals seine Autorität anzweifeln lassen darf. Nur seine gnadenlose, brutale Natur kann diesem Haufen einigermaßen Disziplin einhauchen. Man sieht es ja, dass die anderen Galgenvögel lauter Psychopathen sind. Was wäre wohl geschehen, wenn die anderen Männer aus Steiners Gruppe nicht im Kampfe gefallen wären. Gar nicht auszudenken, wie sich die Geschichte noch weiterentwickelt hätte 😀 .

Na ja, wie gesagt, es sind nun mal meine eigenen Gedanken zum Thema "Oberst Steiners Galgenvögel", er ist also nicht nur eine Erfindung von Games Workshop, sondern auch mein eigener kleiner Charakter. Immerhin hab ich die anderen Mitglieder seines Teams so gut wie möglich an den Modellen aus der gleichnamigen Box orientiert.