Mastersergeant Spyridon duckte sich hinter die Sandsackbarriere des mit Flakbrettern befestigten Grabens, als eine weitere Salve Granaten aus den Orkstellungen heran heulte. Mit dumpfen Explosionen detonierten die Geschosse im Erdreich um ihn herum und warfen Dreck in den Schützengraben der Cadianer. Ein Erdklumpen traf seinen ramponierten Helm.
"Verdammte Xenos! Geht diesen Grünhäuten denn nie ihre verwünschte Munition aus?", knurrte der Mastersergeant, ein etwa dreißig Jahre alter, hochgewachsener Mann und zog an seinem Lho-Stäbchen. In zwei Tagen kam die Ablösung, dann würde seine Einheit für mehrere Wochen zurück in die Etappe versetzt werden. Er sehnte sich nach ein paar geruhsame Wochen bei seiner liebevollen Frau, seinen zwei aufgeweckten Söhnen und seiner kleinen niedlichen Tochter. Ein liebender Familienvater sollte doch ab und zu bei seiner Familie sein und sich um sie kümmern dürfen.
Ihre eigene Artillerie sandte nun ihre Antwort und die konnten besser zielen, als diese debilen grünen Zwerge, welche die Geschütze bei den Orks bedienten. Die Grünhäute hatten eine einleuchtende Hierarchie, der größte und damit stärkste war der Anführer und die Arbeiten wurden nach der Körpergröße verteilt. Je kleiner man war, desto übler war der Job. Und Orks schienen für das Bedienen von Geschützen nichts übrig zu haben und zwangen ihre kleine Dienerrasse mit dem Namen "Grot", diese Arbeit zu übernehmen. So stand es jedenfalls in seinem Handbuch für den imperialen Infanteristen, das, wie er nach zehn Jahren Krieg wusste, verdammt viel Mist enthielt. Aber wenigstens in der Bezeichnung der Feinde der Menschheit war es korrekt.
Der Sergeant klemmte sich wieder sein Skope vor die Augen und betrachtete die Stellungen des Feindes in etwa fünfhundert Metern Entfernung. Das Gelände war hügelig und einst musste sich hier Weinstock an Weinstock aufgereiht haben. Die Welt Welley III war für ihren hervorragenden Amasec im ganzen Segmentum Pacificus berühmt. Das Label "Red Star Prime" war legendär und da seine Jungs vom 312. Cadia ganz rein zufällig über ein paar Flaschen davon gestolpert waren, konnte Spyridon sagen, dass die sagenhaften Geschichten über diese Marke stimmten.
Auf alle Fälle gab es hier schon lange keine Weinstöcke mehr. Hier gab es nur noch nackte braune Erde, die aussah, als wäre ein Meteoritenhagel darauf niedergegangen. Die orkische und imperiale Artillerie hatte diesen Boden mehrmals gut durchgepflügt. Imperiales Artilleriefeuer hagelte nun auf die leichten Geschütze der kleinen Grünhäute herunter. Gerade bekam eines einen Volltreffer und mit einem breiten Grinsen sah der Mastersergeant zu, wie blutige grüne Körperteile und metallene Trümmerstücke durch die Luft gewirbelt wurden. Was einen schönen Kontrast zu dem lilafarbenen Himmel und der roten Sonne dieses Systems gab. Aber dann gefror sein Lächeln, als er die Wolken hinter den Hügel aufsteigen sah. Er konnte die Verursacher nicht sehen, aber die Staubwolken sprachen eine deutliche Sprache. Das erinnerte ihn daran, dass sein Lhostäbchen aufgeraucht war und er machte sich sogleich ein neues an. Angeblich waren diese Dinger gesundheitsgefährdend und bargen eine Suchtgefahr.
"Pavlos! Ich brauch den Alten! Sofort!" Pavlos war sein Funker. Eigentlich der Funker des Leutnants. Aber der hatte sich vorgestern ein drittes Auge eingefangen und die Etappenhengste hatten es bis jetzt nicht zustande gebracht, einen geeigneten Ersatz zu schicken. So war nun Mastersergeant Spyridon Kommandeur des Gamma Zuges der Epsilon Kompanie des 312. Cadia und Herr über knapp fünfzig Soldaten, die alle einen dunkelbraunen gepanzerten Tarnanzug mit schwarzen Flecken trugen. Pavlos sprach eine segnende Formel und stellte die Verbindung her. Auch Spyridon sprach eine kurze Formel, um den zickigen Maschinengeist des Funkgerätes milde zu stimmen. Pavlos hatte den Maschinengeist Ellis getauft, denn der war eindeutig weiblich. Egal wie viel Weihrauch man verbrannte, mit wie viel gesegneten Öl man ihr Gehäuse schmierte oder wie oft die Maschinenpriester dem Geist Hymnen im reinen Maschinencode vorsangen, Ellis blieb einfach zickig. Zuerst war nur Rauschen zu vernehmen und Spyridon gab Ellis den obligatorischen aufmunternden Klaps auf die Rückseite des Gehäuses aus gebürstetem Messing.
"Komm schon, du alte Hure, funktioniere!", grummelte der Mastersergeant, hauchte den Rauch des Lhostäbchen gegen das VOX-Gerät und die zickige Ellis bequemte sich endlich zu senden.
"Hier Gamma Epsilon Alpha zwei, massiver Xenosangriff mit Panzerunterstützung steht in Planquadrat Epsilon vier bevor." Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Bestätigung kam und er gebeten wurde, zu warten.
"Hier Kommandostand! Bestätige Ansammlung von Feinpanzern in Planquadrat Epsilon vier. Halten Sie die Stellung, wir schicken Verstärkung."
"Verstanden, Ende und aus."
"Cadianer des 312. Regiments Seiner heiligen Majestät, des Imperators von Terra!", wandte er sich an seine Männer im Graben. "Heute erwartet uns großer Ruhm! Die debilen Grünhäute haben sich tatsächlich entschlossen, hier einen Angriff zu wagen. Das sind gute Nachrichten, denn so müssen wir nicht zu ihnen laufen, um sie zu töten! Denn sie kommen nun zu uns gelaufen, um von uns getötet zu werden. Also Cadianer des 312. Regiments, was werden wir nun tun?"
"Grünhäute töten!"
"Und warum tun wir das?"
"Weil nur ein totes Xenos ein gerade noch akzeptables Xenos ist!", brüllten seine Leute begeistert, schließlich waren sie genau deswegen hier, um Xenos zu töten.
"Gut! Der heilige Gottimperator, der auf seinem Goldenen Thron auf Terra sitzt, hat uns auserwählt, für ihn in den heiligen Krieg zu ziehen. Und wir werden ihn nicht enttäuschen. Wir werden beweisen, dass er sich in seiner Wahl nicht geirrt hat. Einst waren diese Hügel grün und sie werden wieder grün sein. Grün von den Leichen der von uns getöteten Orks! Wir werden keinen Schritt zurückweichen! Wir werden vielleicht sterben, aber wenn wir fallen, dann auf einem Berg von Xenosleichen! Tötet für den Ruhm Cadias! Tötet für den Ruhm des 312. Regiments! Tötet für unseren lebendigen Gottimperator! Denn er beschützt uns in seiner unendlichen Gnade!" Seine Leute brüllten den Willen zum Töten heraus und der Mastersergeant war sicher, dass keiner seiner Leute die Stellung räumen würde, solange auch nur eine Grünhaut noch lebte. Sie waren Cadianer, die auserwählten Krieger des Gottimperators. Sie wurden geboren, um für ihn zu kämpfen, für ihn zu töten und für ihn zu sterben. Ihr Leben war nur vom Imperator geborgt und sie würden es jederzeit mit Freuden zurückgeben, wenn der Imperator es für nötig erachten sollte.
Inzwischen konnte Spyridon den Feind auch schon hören. Motoren dröhnten in der Ferne viel zu laut. Orks beurteilten Dinge nach ihrer Lautstärke. Je lauter etwas war, desto besser war es. Egal, ob es sich um eine Waffe oder einen Motor handelte. Inzwischen war sein Lhostäbchen aufgebraucht und er wollte sich ein neues anzünden. Er zerdrückte einen Fluch zwischen seinen Zähnen, als er realisierte, dass die Packung leer war und das ausgerechnet jetzt! Seine Vorräte lagen weiter hinten in einem Unterstand wasserdicht in einer Munitionskiste verpackt. Die konnte er jetzt unmöglich hohlen. Nun gut, dafür würden die Grünhäute extra bezahlen.
Der Mastersergeant schritt seinen Abschnitt ab, links und rechts lagen weitere eingegrabene Einheiten der Epsilon Kompanie. Dieser Abschnitt der Front wurde von den Cadianern gehalten. Links grenzte das 49. Catachan an, ebenfalls eine Welt von legendären Kriegern, die ihr blutiges Handwerk verstanden. Rechts lag das 25. Tempera, was eher unterdurchschnittlich war. Verweichlichte Makropolweltler, die schon beim Anblick des freien Himmels eine Panikattacke bekamen.
Der Graben verlief im Zickzack durch das Gelände. In regelmäßigen Abständen waren die schweren Bolter in festen Unterständen montiert. Hinter seiner Linie lagen die Nester mit Laser- und Maschinenkanonen. Dahinter befand sich ein zweiter Graben, um sich notfalls zurückfallenlassen zu können. Dahinter wiederum war Artillerie bestehend aus Mörsern eingegraben.
Seine Leute verrichteten ruhig ihre letzten Handlungen, stimmten die Maschinengeister ihrer Lasergewehre mit einer letzten Salbung milde, sprachen leise ihre Gebete an den Gottimperator oder rückten die Gebetsbänder zurecht. Alles in Spyridon sehnte sich nach seinen geliebten Lhostäbchen. Er pumpte seinen Funker Pavlos an, der zum Glück noch ein paar Stäbchen in der Schachtel hatte.
Der Beschuss der orkischen Artillerie verstärkte sich wieder, als weitere Geschütze von schrottreifen Lastwägen, die einst dem Departmento Munitorum gehört hatten, herangeschleppt und in Stellung gebracht wurden. Auch tuckerten zwei mit Orkglyphen verunstalte, gepanzerte Selbstfahrlafetten aus ehemals imperialer Produktion heran. Aber die imperialen Artilleriebeobachter waren auf Zack und die Batterien der eingegrabenen Basilisken hinter der Front zerpflückten den Feind, kaum dass er die ersten Schuss abgeben hatte. Dann rollten die ersten Kampfpanzer der Grünhäute zwischen den Hügeln hervor. Der Mastersergeant hatte großes Mitleid mit den geschändeten Maschinengeistern, die von verfluchten Xenosmechanikern aufs Grausamste verunstaltet worden waren. Als ob die insgesamt fünf geschändeten Panzer nicht genug Ärger bedeuteten, schwappte nun auch noch eine grüne Horde über den Hügel. Es war deutlich zu sehen, wo einzelne der Horden begannen und wo sie aufhörten. Vorne voran stürmte in der Regel das größte Exemplar des Haufens und der Rest rannte begeistert, ihren primitiven Schlachtruf "Waaagh" grölend, hinterher. Eine Gruppe hatte tatsächlich kleine Raketen auf den Rücken gebunden und aktivierten nun die Treibwerke. Einer der grünen Spinner verging in einer spektakulären Explosion. Die anderen flogen auf seinen Graben zu und überholten alle anderen grünen Einheiten.
"Feuer nach eigenem Ermessen!" Seine Leute waren erfahren genug, um sich selbst die lohnenswertesten Ziele zu suchen. Ihre Mörser begannen zu feuern und wo immer sie trafen, wurden zerrissene Orks in die Luft geschleudert. Aber es war, als würde ein Kind kleine Kiesel in einen Bach werfen, um das Wasser aufzuhalten. Laserstrahlen aus schweren Panzerabwehrwaffen auf Radlafetten zischten auf die verunstalten Gefährte zu. Manch einer fand eine empfindliche Stelle und beendete die erbärmliche Existenz der Maschine im Dienst der Xenos.
Die imperiale Kriegsmaschinerie war erwacht und auch wenn sie manchmal sehr langsam vorankam, war sie erst einmal in Fahrt, gab es nichts in diesem Universum, das sie noch stoppen konnte. Zeit, nicht nur mit aufmunternden Worten zu kämpfen. Spyridon zog sein Kettenschwert vom Rücken, nahm eine Phiole mit dreifach gesegnetem Maschinenöl aus einer seiner Gürteltaschen und kippte den Inhalt der Länge nach auf die offenliegende Führungsschiene der adamantenen Kettenzähne und der Lager darunter.
"Geist in der Maschine, akzeptiere mein Geschenk und zerschmettere meine Feinde!", betete er eine uralte Formel, um den Maschinengeist auf seine Aufgabe einzustimmen.
"Satim!", befahl Spyridon dem Maschinengeist, legte einen Hebel um und drückte den großen roten Knopf, neben dem "An" stand. Der Maschinengeist gluckste zuerst etwas verstimmt, tat dann einen mechanischen Rülpser und knatternd gab der Motor Lebenszeichen von sich. Der Geruch von verbranntem Promethium kitzelte in seiner Nase, als die erste Abgaswolke pilzförmig aufstieg, bis sie zu einer stetigen Rauchfahne wurde. Dann zog er seine Pistole, stimmte den Geist darin mit einem Gebet gnädig und stellte die Waffe auf Dauerfeuer.
"Bajonette pflanzt auf!", befahl der Mastersergeant und seine Leute steckten ihre Seitengewehre auf die Mündungen ihrer Laser. Derweil landeten die wenigen grünen Raketenträger hinter seinen Graben, die es durch das Abwehrfeuer seines Zuges geschafft hatte. Ihr Ziel waren wohl die Laserkanonen, die in der Stellung eingegraben waren.
"Trupp eins folgt mir!", befahl Spyridon und stürmte eine Leiter hoch in den rückwärtigen Bereich, wo die Orks gelandet waren.
"Keine Gnade! Kein Mitleid! Kein Zögern!", brüllte der Mastersergeant und ließ die Kupplung seines Schwertes durch das Zusammendrücken des Griffes zuschnappen. Die Zähne seines Kettenschwertes begannen nun, kreischend zu rotieren. Einer der Orks kam in seinem unverständlichen Dialekt brüllend auf ihn zu. Seine Arme bestanden aus gewaltigen Muskelbergen. In der einen Hand trug er eine grobe Pistole, in der anderen ein übergroßes, grobes Haumesser. Der Cadianer duckte sich unter einem schlecht gezielten Schuss hindurch und hieb mit seinem Kettenschwert auf das Gesicht der Grünhaut. Die versuchte noch, mit ihrem Haumesser zu parieren, aber das Xenos war einfach zu langsam. Mit einem Aufkreischen fraßen sich die rotierenden, adamantenen Zähne durch das Gesicht des Orks und verwandelte es in eine matschige Masse. Das Xenos starb und Spyridon schnappte sich gleich das nächste, das einen seiner Leute bedrängte. Er trieb das Schwert in den Rücken der Kreatur und schnitt sie in zwei Teile, bevor Spyridon den noch zuckenden, oberen Torso zusätzlich erschoss. Die erste Welle war abgewehrt, aber der Feind rückte in breiter Linie heran.
Das eigene Sperrfeuer war inzwischen auf hundert Meter an ihre erste Abwehrline herangerückt und fiel sehr dicht. Das wenige, was durchkam, wurde bis jetzt akkurat von seinen Leuten niedergestreckt. Eigene Verluste hatte es bis jetzt kaum gegeben. Nur ein Maschinenkanonennest war von einem Glückstreffer erledigt worden, sonst hatte es nur ein paar Leichtverwundete gegeben. Aber nun schwappte das Gro der Flut heran und immer mehr Grünhäute kamen näher. Die ersten erreichten den Drahtverhau in etwa fünfzig Meter vor der Stellung. Die Orks verhedderten sich hilflos in den Drähten und starben im roten Licht der Lasergewehre. Hier und da hatte die feindliche Artillerie Lücken in die Drahtverhaue geschlagen und die ersten Orks rannten dort brüllend hindurch.
"Zerschmettert den Feind! Vernichtet die Grünhäute! Für den Imperator bringen wir den Tod!", skandierte Spyridon das Gebet der Schlacht und schoss eine kurze Salve auf einen Ork ab, der es bis auf zwanzig Meter herangeschafft hatte. Wie auf dem Schießstand schoss der Mastersergeant mitten in die Brust des Zieles und rauchende Löcher bohrten sich in den Leib der grünen Bestie. Die rannte noch ein paar Meter weiter und fiel dann einfach um, als sein kleines Gehirn endlich realisierte, dass es tödlich getroffen war.
Sein Stäbchen war aufgeraucht und die Abgase des Kettenschwertes waren nicht wirklich ein Ersatz dafür. Er warf einen sehnsuchtsvollen Blick in Richtung seines Vorrates, aber die Stäbchen waren für ihn zurzeit unerreichbar. Allerdings trampelten jetzt die Orks auf breiter Front durch die niedergewalzten Drahthindernisse. Der erste Ork schaffte es mit einem wilden Kampfschrei, sein überdimensionales Hackmesser begeistert schwenkend, bis in den Graben, nur um von Mastersergeant Spyridon erschossen zu werden.
Die schweren Bolter des Zuges pumpten ununterbrochen massereaktive Geschossen in die Leiber der Orks, sprengten diese brüllend auf und ließen grünes Blut regnen. Maschinenkanonen rissen mit ihrer Splittermunition das Fleisch von den verdorbenen Xenosknochen. Rote Laserstrahlen peitschen in die Masse und bohrten saubere Wundkanäle in die zähen Leiber der Außerirdischen. Flammenwerfer spien ihr gesegnetes Promethium den Unreinen entgegen und verbrannten sie mit heiligem Feuer. Mörsergeschosse fielen vom Himmel und glühend heiße Splitter schnitten in grüne Leiber. Schwere Granaten aus den Läufen von Tremorgeschützen heulten hernieder und verrichteten ihr segensreiches Werk. Nur wenig kam durch dieses gottimperatorgewollte Inferno und das Wenige machte Bekanntschaft mit den rotierenden Zähnen aus Adamantium seines Kettenschwertes. Aufheulend fraßen sie sich durch das Fleisch der Xenos, erschufen einen feinen Blutnebel und rissen den Orks ihr wertloses Leben heraus.
Das war Krieg in seiner reinsten Form, dafür war Spyridon geboren worden, dafür lebte er, dafür tötete er und dafür würde er eines Tages sterben, wenn der Imperator in seiner unendlichen Weisheit sein Leben zurückfordern würde. Töte das Xenos! Töte die Hexe! Töte den Mutant! Töte den Ketzer! Das waren die vier fundamentalen Säulen, auf denen das Imperium aufgebaut war. Und er war einer der auserwählten Vollstrecker, er war ein Cadianer, Verteidiger des Tores von Cadia. Sein Volk war die erste Vereidigungslinie der Menschheit vor dem Erzfeind und wenn sie versagten, fiel alles. Deswegen kannte er keine Furcht vor dem Tod auf dem Schlachtfeld, egal auf welcher Welt, egal auf welchem Schlachtfeld, egal gegen welchen Gegner. Sein Leben hatte nur einen einzigen Zweck, dem Imperator zu dienen. Für Angst oder Zweifel gab es keinen Platz, denn sein Wissen um den lebendigen Gott der Menschheit behütete ihn und gab ihm einen unüberwindlichen Panzer vor allen Schrecknissen des Universums. Außerdem hielt ihn das Wissen aufrecht, dass eine ihn liebende Familie auf ihn wartete.
Einige seiner Männer fanden ihr Schicksal, wurden von Massivgeschossen aus simplen Projektilwaffen niedergestreckt, von grotesk großen Haumessern erschlagen, von primitiven Handgranaten zerrissen. Die Rufe nach Sanitätern wurden zahlreicher, je mehr Grünhäute den Weg in den Graben fanden. Aber nach jeder Flut kam auch die Ebbe.
XXX
Die Schlacht war vor drei Tagen siegreich geschlagen und endlich war Mastersergeant Spyridons Kompanie für zwei Wochen in die Etappe zurückversetzt worden. Die Hälfte seiner Männer hatte überlebt, vierzehn waren gefallen, der Rest lag mehr oder weniger schwer verwundet im Lazarett. Er stand vor dem einfachen, einstöckigen Haus aus gemauertem Bruchstein, in dem seine Familie einquartiert worden war. Jedem imperialen Regiment folgte ein Tross bestehend aus ihren Familien, Marketendern und Dienstleistern. Er wollte gerade die Hand zum Klopfen erheben, als die Tür schon von Innen aufgerissen wurde.
"Da bist du ja endlich!" Zuerst fiel ihm seine Frau um den Hals und küsste ihn. Dann drängten sich seine Kinder an ihn. Sein ältester Sohn war acht und ein richtiger Lausebengel mit aufgeschlagenen Knien, sein zweitgeborener war sechs und schon ein richtiger wilder Racker. Sein Nesthäkchen war vier und trug ihre schwarzen Haare in zwei langen geflochtenen Zöpfchen. Ja, das war ein gutes Gefühl.
"Steh hier nicht wie eine Ölgötze herum, sondern beweg deinen Hintern hier rein. Schau nur, in was für einem Rattenloch die vom Departmento Munitorum uns hier einquartiert haben! Das Dach ist undicht und hier regnet es rein! Alles fängt an zu schimmeln." Seine Frau sah ihn an, als ob es seine persönliche Schuld war, dass sie nur die gleiche Art von Unterkunft bekommen hatten, wie jede andere Unteroffiziersfamilie auch. Die von normalen Mannschaften saßen in Gemeinschaftsquartieren, da war das hier noch ein richtiger Palast.
"Also…", setzte er an, aber seine Frau ließ ihn nicht ausreden.
"Und da, deine Tochter, erzähl deinem Vater mal, was du mit deinem guten Kleid gemacht hast! In eine Öllache ist sie gefallen, in eine Öllache! Total ruiniert!" Seine Tochter sah ihn mit großen Kulleraugen schuldbewusst an und knetete ihre Hände.
"Tja…." Aber seine Frau war noch nicht fertig. "Und die Deppen vom Munitorum haben sich geweigert, mir deinen Sold auszuzahlen. Stell dir das mal vor. Ich musste bei den Marketendern anschreiben lassen. Das war vielleicht mal peinlich!"
"Nun ja, das ist …" Wieder wurde ihm das Wort abgeschnitten. "Und da, dein ältester Sohn, erzähl mal deinem Vater von deiner Heldentat. Einen Apfel hat er gestohlen und der kleine Schwachkopf ist auch noch dabei erwischt worden!" Spyridon setzte bedacht seinen Armeesack ab, stellte sein Kettenschwert in eine Ecke und hörte auf, dem Gekeife seiner Frau zuzuhören. Keine Minute zu Hause und schon sehnte er sich nach der Einfachheit des Krieges zurück. Da war sein Platz, bei seinen Leuten, im Sturm des Krieges, denn er war ein Cadianer.
"Verdammte Xenos! Geht diesen Grünhäuten denn nie ihre verwünschte Munition aus?", knurrte der Mastersergeant, ein etwa dreißig Jahre alter, hochgewachsener Mann und zog an seinem Lho-Stäbchen. In zwei Tagen kam die Ablösung, dann würde seine Einheit für mehrere Wochen zurück in die Etappe versetzt werden. Er sehnte sich nach ein paar geruhsame Wochen bei seiner liebevollen Frau, seinen zwei aufgeweckten Söhnen und seiner kleinen niedlichen Tochter. Ein liebender Familienvater sollte doch ab und zu bei seiner Familie sein und sich um sie kümmern dürfen.
Ihre eigene Artillerie sandte nun ihre Antwort und die konnten besser zielen, als diese debilen grünen Zwerge, welche die Geschütze bei den Orks bedienten. Die Grünhäute hatten eine einleuchtende Hierarchie, der größte und damit stärkste war der Anführer und die Arbeiten wurden nach der Körpergröße verteilt. Je kleiner man war, desto übler war der Job. Und Orks schienen für das Bedienen von Geschützen nichts übrig zu haben und zwangen ihre kleine Dienerrasse mit dem Namen "Grot", diese Arbeit zu übernehmen. So stand es jedenfalls in seinem Handbuch für den imperialen Infanteristen, das, wie er nach zehn Jahren Krieg wusste, verdammt viel Mist enthielt. Aber wenigstens in der Bezeichnung der Feinde der Menschheit war es korrekt.
Der Sergeant klemmte sich wieder sein Skope vor die Augen und betrachtete die Stellungen des Feindes in etwa fünfhundert Metern Entfernung. Das Gelände war hügelig und einst musste sich hier Weinstock an Weinstock aufgereiht haben. Die Welt Welley III war für ihren hervorragenden Amasec im ganzen Segmentum Pacificus berühmt. Das Label "Red Star Prime" war legendär und da seine Jungs vom 312. Cadia ganz rein zufällig über ein paar Flaschen davon gestolpert waren, konnte Spyridon sagen, dass die sagenhaften Geschichten über diese Marke stimmten.
Auf alle Fälle gab es hier schon lange keine Weinstöcke mehr. Hier gab es nur noch nackte braune Erde, die aussah, als wäre ein Meteoritenhagel darauf niedergegangen. Die orkische und imperiale Artillerie hatte diesen Boden mehrmals gut durchgepflügt. Imperiales Artilleriefeuer hagelte nun auf die leichten Geschütze der kleinen Grünhäute herunter. Gerade bekam eines einen Volltreffer und mit einem breiten Grinsen sah der Mastersergeant zu, wie blutige grüne Körperteile und metallene Trümmerstücke durch die Luft gewirbelt wurden. Was einen schönen Kontrast zu dem lilafarbenen Himmel und der roten Sonne dieses Systems gab. Aber dann gefror sein Lächeln, als er die Wolken hinter den Hügel aufsteigen sah. Er konnte die Verursacher nicht sehen, aber die Staubwolken sprachen eine deutliche Sprache. Das erinnerte ihn daran, dass sein Lhostäbchen aufgeraucht war und er machte sich sogleich ein neues an. Angeblich waren diese Dinger gesundheitsgefährdend und bargen eine Suchtgefahr.
"Pavlos! Ich brauch den Alten! Sofort!" Pavlos war sein Funker. Eigentlich der Funker des Leutnants. Aber der hatte sich vorgestern ein drittes Auge eingefangen und die Etappenhengste hatten es bis jetzt nicht zustande gebracht, einen geeigneten Ersatz zu schicken. So war nun Mastersergeant Spyridon Kommandeur des Gamma Zuges der Epsilon Kompanie des 312. Cadia und Herr über knapp fünfzig Soldaten, die alle einen dunkelbraunen gepanzerten Tarnanzug mit schwarzen Flecken trugen. Pavlos sprach eine segnende Formel und stellte die Verbindung her. Auch Spyridon sprach eine kurze Formel, um den zickigen Maschinengeist des Funkgerätes milde zu stimmen. Pavlos hatte den Maschinengeist Ellis getauft, denn der war eindeutig weiblich. Egal wie viel Weihrauch man verbrannte, mit wie viel gesegneten Öl man ihr Gehäuse schmierte oder wie oft die Maschinenpriester dem Geist Hymnen im reinen Maschinencode vorsangen, Ellis blieb einfach zickig. Zuerst war nur Rauschen zu vernehmen und Spyridon gab Ellis den obligatorischen aufmunternden Klaps auf die Rückseite des Gehäuses aus gebürstetem Messing.
"Komm schon, du alte Hure, funktioniere!", grummelte der Mastersergeant, hauchte den Rauch des Lhostäbchen gegen das VOX-Gerät und die zickige Ellis bequemte sich endlich zu senden.
"Hier Gamma Epsilon Alpha zwei, massiver Xenosangriff mit Panzerunterstützung steht in Planquadrat Epsilon vier bevor." Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Bestätigung kam und er gebeten wurde, zu warten.
"Hier Kommandostand! Bestätige Ansammlung von Feinpanzern in Planquadrat Epsilon vier. Halten Sie die Stellung, wir schicken Verstärkung."
"Verstanden, Ende und aus."
"Cadianer des 312. Regiments Seiner heiligen Majestät, des Imperators von Terra!", wandte er sich an seine Männer im Graben. "Heute erwartet uns großer Ruhm! Die debilen Grünhäute haben sich tatsächlich entschlossen, hier einen Angriff zu wagen. Das sind gute Nachrichten, denn so müssen wir nicht zu ihnen laufen, um sie zu töten! Denn sie kommen nun zu uns gelaufen, um von uns getötet zu werden. Also Cadianer des 312. Regiments, was werden wir nun tun?"
"Grünhäute töten!"
"Und warum tun wir das?"
"Weil nur ein totes Xenos ein gerade noch akzeptables Xenos ist!", brüllten seine Leute begeistert, schließlich waren sie genau deswegen hier, um Xenos zu töten.
"Gut! Der heilige Gottimperator, der auf seinem Goldenen Thron auf Terra sitzt, hat uns auserwählt, für ihn in den heiligen Krieg zu ziehen. Und wir werden ihn nicht enttäuschen. Wir werden beweisen, dass er sich in seiner Wahl nicht geirrt hat. Einst waren diese Hügel grün und sie werden wieder grün sein. Grün von den Leichen der von uns getöteten Orks! Wir werden keinen Schritt zurückweichen! Wir werden vielleicht sterben, aber wenn wir fallen, dann auf einem Berg von Xenosleichen! Tötet für den Ruhm Cadias! Tötet für den Ruhm des 312. Regiments! Tötet für unseren lebendigen Gottimperator! Denn er beschützt uns in seiner unendlichen Gnade!" Seine Leute brüllten den Willen zum Töten heraus und der Mastersergeant war sicher, dass keiner seiner Leute die Stellung räumen würde, solange auch nur eine Grünhaut noch lebte. Sie waren Cadianer, die auserwählten Krieger des Gottimperators. Sie wurden geboren, um für ihn zu kämpfen, für ihn zu töten und für ihn zu sterben. Ihr Leben war nur vom Imperator geborgt und sie würden es jederzeit mit Freuden zurückgeben, wenn der Imperator es für nötig erachten sollte.
Inzwischen konnte Spyridon den Feind auch schon hören. Motoren dröhnten in der Ferne viel zu laut. Orks beurteilten Dinge nach ihrer Lautstärke. Je lauter etwas war, desto besser war es. Egal, ob es sich um eine Waffe oder einen Motor handelte. Inzwischen war sein Lhostäbchen aufgebraucht und er wollte sich ein neues anzünden. Er zerdrückte einen Fluch zwischen seinen Zähnen, als er realisierte, dass die Packung leer war und das ausgerechnet jetzt! Seine Vorräte lagen weiter hinten in einem Unterstand wasserdicht in einer Munitionskiste verpackt. Die konnte er jetzt unmöglich hohlen. Nun gut, dafür würden die Grünhäute extra bezahlen.
Der Mastersergeant schritt seinen Abschnitt ab, links und rechts lagen weitere eingegrabene Einheiten der Epsilon Kompanie. Dieser Abschnitt der Front wurde von den Cadianern gehalten. Links grenzte das 49. Catachan an, ebenfalls eine Welt von legendären Kriegern, die ihr blutiges Handwerk verstanden. Rechts lag das 25. Tempera, was eher unterdurchschnittlich war. Verweichlichte Makropolweltler, die schon beim Anblick des freien Himmels eine Panikattacke bekamen.
Der Graben verlief im Zickzack durch das Gelände. In regelmäßigen Abständen waren die schweren Bolter in festen Unterständen montiert. Hinter seiner Linie lagen die Nester mit Laser- und Maschinenkanonen. Dahinter befand sich ein zweiter Graben, um sich notfalls zurückfallenlassen zu können. Dahinter wiederum war Artillerie bestehend aus Mörsern eingegraben.
Seine Leute verrichteten ruhig ihre letzten Handlungen, stimmten die Maschinengeister ihrer Lasergewehre mit einer letzten Salbung milde, sprachen leise ihre Gebete an den Gottimperator oder rückten die Gebetsbänder zurecht. Alles in Spyridon sehnte sich nach seinen geliebten Lhostäbchen. Er pumpte seinen Funker Pavlos an, der zum Glück noch ein paar Stäbchen in der Schachtel hatte.
Der Beschuss der orkischen Artillerie verstärkte sich wieder, als weitere Geschütze von schrottreifen Lastwägen, die einst dem Departmento Munitorum gehört hatten, herangeschleppt und in Stellung gebracht wurden. Auch tuckerten zwei mit Orkglyphen verunstalte, gepanzerte Selbstfahrlafetten aus ehemals imperialer Produktion heran. Aber die imperialen Artilleriebeobachter waren auf Zack und die Batterien der eingegrabenen Basilisken hinter der Front zerpflückten den Feind, kaum dass er die ersten Schuss abgeben hatte. Dann rollten die ersten Kampfpanzer der Grünhäute zwischen den Hügeln hervor. Der Mastersergeant hatte großes Mitleid mit den geschändeten Maschinengeistern, die von verfluchten Xenosmechanikern aufs Grausamste verunstaltet worden waren. Als ob die insgesamt fünf geschändeten Panzer nicht genug Ärger bedeuteten, schwappte nun auch noch eine grüne Horde über den Hügel. Es war deutlich zu sehen, wo einzelne der Horden begannen und wo sie aufhörten. Vorne voran stürmte in der Regel das größte Exemplar des Haufens und der Rest rannte begeistert, ihren primitiven Schlachtruf "Waaagh" grölend, hinterher. Eine Gruppe hatte tatsächlich kleine Raketen auf den Rücken gebunden und aktivierten nun die Treibwerke. Einer der grünen Spinner verging in einer spektakulären Explosion. Die anderen flogen auf seinen Graben zu und überholten alle anderen grünen Einheiten.
"Feuer nach eigenem Ermessen!" Seine Leute waren erfahren genug, um sich selbst die lohnenswertesten Ziele zu suchen. Ihre Mörser begannen zu feuern und wo immer sie trafen, wurden zerrissene Orks in die Luft geschleudert. Aber es war, als würde ein Kind kleine Kiesel in einen Bach werfen, um das Wasser aufzuhalten. Laserstrahlen aus schweren Panzerabwehrwaffen auf Radlafetten zischten auf die verunstalten Gefährte zu. Manch einer fand eine empfindliche Stelle und beendete die erbärmliche Existenz der Maschine im Dienst der Xenos.
Die imperiale Kriegsmaschinerie war erwacht und auch wenn sie manchmal sehr langsam vorankam, war sie erst einmal in Fahrt, gab es nichts in diesem Universum, das sie noch stoppen konnte. Zeit, nicht nur mit aufmunternden Worten zu kämpfen. Spyridon zog sein Kettenschwert vom Rücken, nahm eine Phiole mit dreifach gesegnetem Maschinenöl aus einer seiner Gürteltaschen und kippte den Inhalt der Länge nach auf die offenliegende Führungsschiene der adamantenen Kettenzähne und der Lager darunter.
"Geist in der Maschine, akzeptiere mein Geschenk und zerschmettere meine Feinde!", betete er eine uralte Formel, um den Maschinengeist auf seine Aufgabe einzustimmen.
"Satim!", befahl Spyridon dem Maschinengeist, legte einen Hebel um und drückte den großen roten Knopf, neben dem "An" stand. Der Maschinengeist gluckste zuerst etwas verstimmt, tat dann einen mechanischen Rülpser und knatternd gab der Motor Lebenszeichen von sich. Der Geruch von verbranntem Promethium kitzelte in seiner Nase, als die erste Abgaswolke pilzförmig aufstieg, bis sie zu einer stetigen Rauchfahne wurde. Dann zog er seine Pistole, stimmte den Geist darin mit einem Gebet gnädig und stellte die Waffe auf Dauerfeuer.
"Bajonette pflanzt auf!", befahl der Mastersergeant und seine Leute steckten ihre Seitengewehre auf die Mündungen ihrer Laser. Derweil landeten die wenigen grünen Raketenträger hinter seinen Graben, die es durch das Abwehrfeuer seines Zuges geschafft hatte. Ihr Ziel waren wohl die Laserkanonen, die in der Stellung eingegraben waren.
"Trupp eins folgt mir!", befahl Spyridon und stürmte eine Leiter hoch in den rückwärtigen Bereich, wo die Orks gelandet waren.
"Keine Gnade! Kein Mitleid! Kein Zögern!", brüllte der Mastersergeant und ließ die Kupplung seines Schwertes durch das Zusammendrücken des Griffes zuschnappen. Die Zähne seines Kettenschwertes begannen nun, kreischend zu rotieren. Einer der Orks kam in seinem unverständlichen Dialekt brüllend auf ihn zu. Seine Arme bestanden aus gewaltigen Muskelbergen. In der einen Hand trug er eine grobe Pistole, in der anderen ein übergroßes, grobes Haumesser. Der Cadianer duckte sich unter einem schlecht gezielten Schuss hindurch und hieb mit seinem Kettenschwert auf das Gesicht der Grünhaut. Die versuchte noch, mit ihrem Haumesser zu parieren, aber das Xenos war einfach zu langsam. Mit einem Aufkreischen fraßen sich die rotierenden, adamantenen Zähne durch das Gesicht des Orks und verwandelte es in eine matschige Masse. Das Xenos starb und Spyridon schnappte sich gleich das nächste, das einen seiner Leute bedrängte. Er trieb das Schwert in den Rücken der Kreatur und schnitt sie in zwei Teile, bevor Spyridon den noch zuckenden, oberen Torso zusätzlich erschoss. Die erste Welle war abgewehrt, aber der Feind rückte in breiter Linie heran.
Das eigene Sperrfeuer war inzwischen auf hundert Meter an ihre erste Abwehrline herangerückt und fiel sehr dicht. Das wenige, was durchkam, wurde bis jetzt akkurat von seinen Leuten niedergestreckt. Eigene Verluste hatte es bis jetzt kaum gegeben. Nur ein Maschinenkanonennest war von einem Glückstreffer erledigt worden, sonst hatte es nur ein paar Leichtverwundete gegeben. Aber nun schwappte das Gro der Flut heran und immer mehr Grünhäute kamen näher. Die ersten erreichten den Drahtverhau in etwa fünfzig Meter vor der Stellung. Die Orks verhedderten sich hilflos in den Drähten und starben im roten Licht der Lasergewehre. Hier und da hatte die feindliche Artillerie Lücken in die Drahtverhaue geschlagen und die ersten Orks rannten dort brüllend hindurch.
"Zerschmettert den Feind! Vernichtet die Grünhäute! Für den Imperator bringen wir den Tod!", skandierte Spyridon das Gebet der Schlacht und schoss eine kurze Salve auf einen Ork ab, der es bis auf zwanzig Meter herangeschafft hatte. Wie auf dem Schießstand schoss der Mastersergeant mitten in die Brust des Zieles und rauchende Löcher bohrten sich in den Leib der grünen Bestie. Die rannte noch ein paar Meter weiter und fiel dann einfach um, als sein kleines Gehirn endlich realisierte, dass es tödlich getroffen war.
Sein Stäbchen war aufgeraucht und die Abgase des Kettenschwertes waren nicht wirklich ein Ersatz dafür. Er warf einen sehnsuchtsvollen Blick in Richtung seines Vorrates, aber die Stäbchen waren für ihn zurzeit unerreichbar. Allerdings trampelten jetzt die Orks auf breiter Front durch die niedergewalzten Drahthindernisse. Der erste Ork schaffte es mit einem wilden Kampfschrei, sein überdimensionales Hackmesser begeistert schwenkend, bis in den Graben, nur um von Mastersergeant Spyridon erschossen zu werden.
Die schweren Bolter des Zuges pumpten ununterbrochen massereaktive Geschossen in die Leiber der Orks, sprengten diese brüllend auf und ließen grünes Blut regnen. Maschinenkanonen rissen mit ihrer Splittermunition das Fleisch von den verdorbenen Xenosknochen. Rote Laserstrahlen peitschen in die Masse und bohrten saubere Wundkanäle in die zähen Leiber der Außerirdischen. Flammenwerfer spien ihr gesegnetes Promethium den Unreinen entgegen und verbrannten sie mit heiligem Feuer. Mörsergeschosse fielen vom Himmel und glühend heiße Splitter schnitten in grüne Leiber. Schwere Granaten aus den Läufen von Tremorgeschützen heulten hernieder und verrichteten ihr segensreiches Werk. Nur wenig kam durch dieses gottimperatorgewollte Inferno und das Wenige machte Bekanntschaft mit den rotierenden Zähnen aus Adamantium seines Kettenschwertes. Aufheulend fraßen sie sich durch das Fleisch der Xenos, erschufen einen feinen Blutnebel und rissen den Orks ihr wertloses Leben heraus.
Das war Krieg in seiner reinsten Form, dafür war Spyridon geboren worden, dafür lebte er, dafür tötete er und dafür würde er eines Tages sterben, wenn der Imperator in seiner unendlichen Weisheit sein Leben zurückfordern würde. Töte das Xenos! Töte die Hexe! Töte den Mutant! Töte den Ketzer! Das waren die vier fundamentalen Säulen, auf denen das Imperium aufgebaut war. Und er war einer der auserwählten Vollstrecker, er war ein Cadianer, Verteidiger des Tores von Cadia. Sein Volk war die erste Vereidigungslinie der Menschheit vor dem Erzfeind und wenn sie versagten, fiel alles. Deswegen kannte er keine Furcht vor dem Tod auf dem Schlachtfeld, egal auf welcher Welt, egal auf welchem Schlachtfeld, egal gegen welchen Gegner. Sein Leben hatte nur einen einzigen Zweck, dem Imperator zu dienen. Für Angst oder Zweifel gab es keinen Platz, denn sein Wissen um den lebendigen Gott der Menschheit behütete ihn und gab ihm einen unüberwindlichen Panzer vor allen Schrecknissen des Universums. Außerdem hielt ihn das Wissen aufrecht, dass eine ihn liebende Familie auf ihn wartete.
Einige seiner Männer fanden ihr Schicksal, wurden von Massivgeschossen aus simplen Projektilwaffen niedergestreckt, von grotesk großen Haumessern erschlagen, von primitiven Handgranaten zerrissen. Die Rufe nach Sanitätern wurden zahlreicher, je mehr Grünhäute den Weg in den Graben fanden. Aber nach jeder Flut kam auch die Ebbe.
XXX
Die Schlacht war vor drei Tagen siegreich geschlagen und endlich war Mastersergeant Spyridons Kompanie für zwei Wochen in die Etappe zurückversetzt worden. Die Hälfte seiner Männer hatte überlebt, vierzehn waren gefallen, der Rest lag mehr oder weniger schwer verwundet im Lazarett. Er stand vor dem einfachen, einstöckigen Haus aus gemauertem Bruchstein, in dem seine Familie einquartiert worden war. Jedem imperialen Regiment folgte ein Tross bestehend aus ihren Familien, Marketendern und Dienstleistern. Er wollte gerade die Hand zum Klopfen erheben, als die Tür schon von Innen aufgerissen wurde.
"Da bist du ja endlich!" Zuerst fiel ihm seine Frau um den Hals und küsste ihn. Dann drängten sich seine Kinder an ihn. Sein ältester Sohn war acht und ein richtiger Lausebengel mit aufgeschlagenen Knien, sein zweitgeborener war sechs und schon ein richtiger wilder Racker. Sein Nesthäkchen war vier und trug ihre schwarzen Haare in zwei langen geflochtenen Zöpfchen. Ja, das war ein gutes Gefühl.
"Steh hier nicht wie eine Ölgötze herum, sondern beweg deinen Hintern hier rein. Schau nur, in was für einem Rattenloch die vom Departmento Munitorum uns hier einquartiert haben! Das Dach ist undicht und hier regnet es rein! Alles fängt an zu schimmeln." Seine Frau sah ihn an, als ob es seine persönliche Schuld war, dass sie nur die gleiche Art von Unterkunft bekommen hatten, wie jede andere Unteroffiziersfamilie auch. Die von normalen Mannschaften saßen in Gemeinschaftsquartieren, da war das hier noch ein richtiger Palast.
"Also…", setzte er an, aber seine Frau ließ ihn nicht ausreden.
"Und da, deine Tochter, erzähl deinem Vater mal, was du mit deinem guten Kleid gemacht hast! In eine Öllache ist sie gefallen, in eine Öllache! Total ruiniert!" Seine Tochter sah ihn mit großen Kulleraugen schuldbewusst an und knetete ihre Hände.
"Tja…." Aber seine Frau war noch nicht fertig. "Und die Deppen vom Munitorum haben sich geweigert, mir deinen Sold auszuzahlen. Stell dir das mal vor. Ich musste bei den Marketendern anschreiben lassen. Das war vielleicht mal peinlich!"
"Nun ja, das ist …" Wieder wurde ihm das Wort abgeschnitten. "Und da, dein ältester Sohn, erzähl mal deinem Vater von deiner Heldentat. Einen Apfel hat er gestohlen und der kleine Schwachkopf ist auch noch dabei erwischt worden!" Spyridon setzte bedacht seinen Armeesack ab, stellte sein Kettenschwert in eine Ecke und hörte auf, dem Gekeife seiner Frau zuzuhören. Keine Minute zu Hause und schon sehnte er sich nach der Einfachheit des Krieges zurück. Da war sein Platz, bei seinen Leuten, im Sturm des Krieges, denn er war ein Cadianer.
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