Diese Geschichte belegte einen der beiden 2. Plätze und wurde von SHOKer geschrieben.
Hellblaues Plasmafeuer zuckte über ihn hinweg und Darius duckte sich tiefer in den Graben, dankbar für die Sicherheit, die ihm Erde und Gestein dieses fremden Planeten gewährten. Wie zur Antwort auf seine Gedanken krachte plötzlich eines der Energiegeschosse in die Rückwand des Grabens und explodierte mit einem bläulichen Lichtblitz und einem energetischen Fauchen. Dreck und Steinsplitter regneten auf die verschanzten Soldaten nieder. Ein paar Klumpen Erde trafen Darius in den Rücken, aber er ignorierte sie. Seine Uniform war inzwischen ohnehin nicht mehr sauber zu nennen.
„Diese verdammten Schweine mit ihren Plasmawaffen.“, fluchte Palek links neben ihm. „Dumme, unbeseelte Technologie.“, wetterte der große, stämmige Kerl. „Dass ich nicht lache. Maschinengeist oder nicht, verdammt präzise sind sie jedenfalls.“
Dem konnte Darius nicht widersprechen. Der Feind war zahlenmäßig unterlegen, aber gut verschanzt und schien keine Schwierigkeiten damit zu haben, die imperialen Truppen in ihren Gräben festzunageln. Immer wieder zuckten hellblaue Salven über sie hinweg, erschreckend nah und immer wieder schaffte es eine Entladung bis in den Graben. Noch hatte es hier in der Nähe keine Verluste gegeben, dafür kamen sie auch einfach nicht vorwärts.
„Feuer erwidern!“, brüllte ihr Sergeant und Darius strich über das Reinheitssiegel seines Lasergewehrs, während er den Maschinengeist darum bat, ihn bei der Vernichtung der Feinde des Imperators und der Zerstörung ihrer unheiligen Technologie zu unterstützen.
Dann richtete er sich leicht auf, bis er über die Kante des Grabens spähen konnte. Mit geübten Bewegungen legte er an und suchte nach Zielen. Aber da war nichts. Vor ihm lagen etwa zweihundert Meter tote Fläche, übersät von den Kratern der Artilleriegranaten und verbrannt vom Feuer der Schlacht. Dahinter standen die ausgebrannten Ruinen, die einstmals die Außenbezirke der Stadt gebildet hatten. Jetzt dienten sie einzig als Deckung für die Verteidiger. Als Darius den Blick hob, konnte er dahinter die eigentliche Stadt sehen, deren typischen imperiale Wohnblocks sich trotzig in den Himmel hoben, selbst überragt noch von den Türmen der Adelsschicht und der Kathedrale des Imperators. Es wunderte ihn, dass der Feind dieses Bauwerk nicht niedergerissen hatte.
Und überall waren Zeichen der Veränderung zu sehen. Auf den Spitzen der Türme saßen komplexe Antennen, deren Zweck Darius verborgen blieb. Antrigravschweber flitzten zwischen den Hochhäusern umher, landeten auf den Dächern oder extra eingerichteten Landeplattformen und transportierten Tau, Menschen oder andere Xenos. Dort schien das Leben trotz der Schlacht beinahe unverändert weiterzugehen. Möglich machten das die unzähligen, vollautomatischen Abwehrkanonen, die überall in den Himmel blickten. Die rauchenden Trümmer mehrerer imperialer Bomber zwischen den Ruinen der Vorstadt zeugten von ihrer Feuerkraft.
Vorsichtig ließ Darius den Zielpunkt seiner Waffe über die Ebene und die vorderste Reihe der ausgebrannten Gebäude schweifen. Neben ihm ertönte das charakteristische, hochfrequente Jaulen eines abgefeuerten Lasergewehrs. Palek schoss mal wieder ohne wirkliches Ziel. Nun, vielleicht half der Imperator und sorgte dafür, dass er tatsächlich etwas erwischte, aber Darius konnte nicht so recht daran glauben. Dazu war der Feind einfach zu gut verschanzt.
Da, in einem der Fenster glaubte er eine Bewegung gesehen zu haben. Schon fühlte er, wie sein Herzschlag schneller wurde. Doch die Entfernung war zu groß für einen präzisen Schuss. Er zielte noch ein paar Sekunden auf das dunkle Rechteck, doch falls dort tatsächlich etwas gewesen sein sollte, so ließ es sich nicht wieder blicken.
Also suchte er weiter. Ganz plötzlich erregte ein Aufblitzen blauen Lichts seine Aufmerksamkeit, doch die Quelle befand sich nicht etwa zwischen den rauchenden Ruinen, sondern keine fünfzig Meter vor ihm direkt in der Luft. Schon brach wieder die Hölle über sie herein. Dem Soldaten rechts von ihm wurde der komplette Schädel samt Helm weggeschossen und kochend heißes Blut bespritzte Darius. Der sah gerade noch, wie sich überall am Rande der Stadt dunkle Gewehrläufe aus Deckungen und über den Rand eines feindlichen Grabens schoben, bevor er sich zu Boden warf. Gerade noch rechtzeitig, denn schon fauchte eine Energieentladung dort lang, wo eben noch sein Kopf gewesen war, bevor einen Herzschlag später die nächste Salve blauen Plasmafeuers den Graben in ein unwirkliches Licht hüllte. Dieses Mal fand glücklicherweise kein Geschoss den Weg in ihre Deckung.
„Diese Dinger sind unsichtbar.“, keuchte er entsetzt, was Palek mit einem herzhaften Fluch quittierte. Es stank nach Blut und verbranntem Fleisch. Darius warf einen kurzen Blick zur Seite, aber seinem rechten Nachbarn war nicht mehr zur helfen. Der kopflose Leichnam lehnte immer noch an der Grabenwand, das halb geschmolzene Lasergewehr in den Händen. Ein groteskes Bild und Darius lief ein eiskalter Schauer den Rücken runter.
„Der Feind ist kaltherzig und gnadenlos.“, gingen ihm die Worte ihres Leutnants bei der Einsatzbesprechung wieder durch den Kopf. „Sie fallen über einen Planeten her wie gierige Insekten und krallen sich dort fest. Die Bevölkerung versklaven sie mit geistloser Technologie und zwingen ihr ihren Willen auf. Sie werden die Menschen, die einst hier im Licht des Imperators gelebt und gearbeitet haben, als Kanonenfutter einsetzen. Aber habt keine Scheu, abzudrücken, auch wenn euer Gegenüber ein Mensch sein könnte. Sie werden auch keine haben, euch zu erschießen. Die wurde ihnen von ihren neuen Herren genommen.“
„Warum bomben wir diese Ärsche nicht einfach weg?“, fluchte Palek und rammte mit unnötiger Wucht eine frische Energiezelle in seine Waffe, obwohl die alte eigentlich noch nicht leer sein konnte.
„Weil ihre verdammten Abwehrtürme jeden Flieger vom Himmel holen und ein großflächige Artillerieschlag keine Option ist.“ Immerhin waren sie hier, um die unterworfene Bevölkerung nach der Vertreibung der Tau ins Licht des Imperators zurückzuführen. Auch wenn einige Gerüchte behaupteten, dass es vor allem um die Rohstofflager und Produktionsstätten ging.
„Das war keine wirkliche Fra … Was ist das?“, entgegnete Palek und auch Darius hob überrascht den Kopf, als er das dumpfe Dröhnen vernahm, mit dem die Erde vibrierte. Verdammt, es klang, als würde da etwas sehr Großes auf sie zukommen. Dann legte sich ein Schatten auf sie, als die mächtige Silhouette eines Leman Russ-Kampfpanzers am Rand des Grabens zum Stehen kam. Ein Bild menschlicher Macht.
Mit einem ohrenbetäubenden Donnern eröffnete das Hauptgeschütz das Feuer und der ganze schwere Panzer erzitterte. Darius verspürte Ehrfurcht und Erleichterung. Der Imperator hatte sie erhört und sandte seine gepanzerte Faust gegen den Feind!
„Angriff!“, brüllte der Sergeant und entlang des ganzen Grabens stürmten die imperialen Soldaten aus der Deckung und rannten dem Feind entgegen, der nun seinerseits vom konzentrierten Feuer der Kampfpanzer niedergehalten wurde, die nacheinander die Gräben überquerten und sich dann vor die Infanterie setzten. Darius hörte das Brüllen schwerer Bolter, die in sich überlappenden Bereichen kurze Garben von Leuchtspurgeschossen auf die feindliche Deckung spien. Kleine Explosionen zeugten von der Zerstörungskraft der Projektile. Mehr als ein Gebäude war inzwischen von den Treffern der Kampfgeschütze eingeebnet worden. Sein Herz hämmerte im Gleichklang mit den schweren Boltern und ein Grinsen lag auf seinem Gesicht.
Direkt vor Darius blitzte blaues Licht auf und drei rasch hintereinander abgefeuerte Plasmaimpulse krachten in die Heckpanzerung eines Leman Russ. Eine zerstob wirkungslos an dem dicken Metall, doch die nächsten fegten aus kurzer Entfernung direkt in die Lüftungsgitter der Maschine und ließen das interne Kraftwerk in einer spektakulären Explosion hochgehen. Glühende Metalltrümmer wurden weggesprengt und trafen auch den einen oder anderen Soldaten, während der einst so eindrucksvolle Kampfpanzer qualmend stehen blieb. Mit heiligem Zorn zielte Darius in vollem Lauf und drückte ab.
Sein Strahl traf mitten in der Luft auf ein Hindernis und für einen Augenblick flackerte dunkles Metall auf. Als die anderen Soldaten das sahen, richtete sich ein halbes Dutzend Lasergewehre auf den unsichtbaren Feind und wenige Augenblicke später wurde der Attentäter zur Boden geschleudert. Das Tarnfeld versagte endgültig und entblößte eine vollkommen gerüstete Gestalt. Darius feuerte dem Xenos noch zweimal in den Kopf, bevor er weiterrannte. Als hinter ihm eine krachende Explosion ertönte, warf er sich zu Boden. Überrascht blickte er dorthin, wo der besiegte Tau gelegen hatte. Nur noch ein kleiner Krater und verbogenes Metall markierten die Stelle. Zwei imperiale Soldaten, die zu dicht gestanden hatten, lagen verwundet daneben. Diese hinterhältigen Dreckskerle!
„Los, weiter!“, brüllte der Truppführer und Darius rappelte sich auf. Die Leman Russ waren ein paar Meter vor ihnen. Ein halbes Dutzend der schweren Kampfpanzer ließen die tote Erde erzittern. Die Bolter in den Seitenkuppeln spien in voller Fahrt unmissverständliche Warnungen in Richtung des Feindes.
Der war klug genug, in Deckung zu bleiben. Nur wenig Gegenfeuer schlug den Imperialen entgegen und dieses verstummte bald darauf wieder. So gut die unheilige Technologie der Tau auch sein mochte, die gesegneten Waffen der Panzer nahmen es begeistert mit ihr auf und brachten den Zorn des Imperators über die Xenos.
Und dann waren sie am Graben. Blaue Plasmageschosse fegten ihnen auf den letzten Metern entgegen und die imperialen Soldaten erwiderten ihrerseits das Feuer. Darius schoss auf einen Krieger, dessen Helm ein wenig zu weit aus der Deckung ragte. Zwei von vier Schüssen trafen und einem gelang es, die Panzerung im Gesichtsbereich zu durchschlagen. Wie vom Blitz getroffen brach der Xenos zusammen.
„Für den Imperator!“, brüllte jemand, als sie in die Deckung des Feindes stürmten. Blaues Licht blitzte auf und Palek neben Darius wurde der halbe Oberkörper weggeschmolzen. Sein Körper tat noch einen letzten Schritt und stürzte dann in den Graben, wo er einen Feind unter sich begrub. Mit einem wütenden Schrei stürzte sich Darius direkt auf den Mörder seines Kameraden, bevor der Gelegenheit hatte, seine Waffe gegen ihn zu richten. Überrascht registrierte er, dass der Kerl trotz der massiven Rüstung mindestens einen halben Kopf kleiner war als er. Voller Wut rammte er ihm den Gewehrkolben ins Gesicht, immer wieder, bis die Panzerung nachgab und die Gegenwehr des Xenos erlahmte. Der Schädel war nur noch eine blutige Masse aus Knochen und verbogenem Metall.
Schockiert von seiner eigenen Reaktion sprang er auf und wich zurück, bevor er sich zusammenriss. Nicht weit entfernt feuerte ein recht großer Taukrieger wild mit seinem Pulsgewehr um sich. Zwei Schüsse in den Oberkörper machten ihm allerdings den Garaus. Vorsichtig trat Darius näher und betrachtete die Ausrüstung des Toten. Sowohl Rüstung als auch Waffe waren wesentlich schlichter als die des Taus, den er niedergeschlagen hatte.
Hinter ihm explodierte etwas und Darius spürte einen scharfen Schmerz im rechten Bein, bevor er wegknickte. Er schlug gegen die hintere Grabenwand und ihm wurde schwarz vor Augen. Für einen quälend langen Moment war es, als höre er die Geräusche des Kampfes wie aus weiter Ferne. Irgendjemand brüllte Befehle, ein paar Verletzte schrien. Laserschüsse jaulten und Pulswaffen fauchten. Metall schlug auf Metall.
Dann wurde es still. Mühsam drehte Darius sich um. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber der Graben war leer bis auf die Toten. Die Schlacht war weiter in Richtung Stadt verlagert worden. Er blickte dorthin, wo er den Tau totgeprügelt hatte. Mehr als rußgeschwärzte Metallteile waren nicht von ihm übrig. Genau wie der Unsichtbare hatte sich dieser nach dem Tod gesprengt. Er sah wieder zum Toten zu seinen Füßen. Der lag noch unverändert da.
Plötzlich bewegte sich links von ihm etwas und er wollte instinktiv aufspringen. Ein glühender Schmerz ließ ihn keuchend zurücksinken und er betrachtete panisch sein Bein. Ein Splitter steckte kurz oberhalb des Knies in seinem Fleisch und Blut lief ihm über die Haut. Und jetzt spürte er die Wunde auch. Er merkte, wie seine Augen feucht wurden, als er die Zähne aufeinanderpresste, um nicht aufzuschreien. Lodernde Flammen schienen seine ganze rechte Körperhälfte hinaufzukriechen. Er wusste, dass er sich um die Verletzung kümmern musste oder sie würde ihn umbringen, aber er konnte kaum etwas sehen vor Schmerz.
Dann spürte er einen scharfen Stich im Oberarm und fühlte, wie sich der rote Nebel um seinen Verstand lichtete. Er blinzelte sich die Feuchtigkeit aus den Augen und starrte auf die Gestalt, die vor ihm saß. Es war unverkennbar ein Mensch. Ein Mann mit einem ernsten Gesichtsausdruck, kurzen, dunklen Haaren und grauen Augen. Auch seine Hände, die den leeren Injektor mit dem Schmerzmittel beiseitelegten, waren die eines Menschen. Aber der Rest steckte in einer blutverschmierten, gepanzerten Uniform der Tau. Auf seiner Brust war das Emblem der Xenos zu sehen. Es war allerdings, wie Darius am Rande seines Verstanden bemerkte, eine recht einfache Rüstung, ähnlich wie die des Toten zu seinen Füßen.
Er sah sich um. Der Mann vor ihm musste der sein, auf den Palek gefallen war. Sein Helm und die Handschuhe lagen neben ihm. Jetzt griff der Fremde vorsichtig in die Taschen von Darius Ausrüstung und holte das Verbandszeug hervor.
„Warum hilfst du mir?“, fragte der Imperiale überrascht. Er wusste nicht, was er davon halten sollte.
„Du bist ein Mensch wie ich auch. Wir sollten einander helfen, statt einander umzubringen.“, erklärte der Mann ruhig, während er Darius Wunde untersuchte. Er ließ den Splitter drin, arretierte ihn mit zwei Watterollen und verband dann die Wunde.
„Aber ich dachte, sie würden euch zwingen, gegen uns zu kämpfen.“, widersprach Darius. Der Mann blickte auf und lachte kalt.
„Erzählen sie euch das, ja? Uns zwingt niemand. Die Tau haben uns nicht erobert, sie haben uns in ihr Sternenreich aufgenommen. Sie kamen in Frieden und in Frieden haben wir sie willkommen geheißen. Naja, größtenteils.“
„Aber weshalb kämpft ihr dann gegen uns?“
„Weil wir leben wollen. Weil wir frei sein wollen. Glaubst du wirklich, ihr seid hier, um uns zu erlösen? Ein Exempel wird man an uns statuieren, sollten wir verlieren. Ausradieren würde man uns als Warnung für andere Planeten, sich nicht gegen die Herrschaft des Imperiums zu stellen.“
„Aber weshalb? Weshalb sollte man sich vom Licht des Imperators abwenden?“, fragte Darius ungläubig. Diese armen Menschen hatten ihre Seelen verwirkt. Der Mann bedachte ihn mit einem langen, prüfenden Blick.
„Bevor die Tau kamen, war dies eine Minen- und Fabrikwelt am Rande des Imperiums. Zu uninteressant, um wirklich genauer betrachtet zu werden. Es herrschten Tyrannei und Sklaverei. Die Adligen ließen uns Tag und Nacht schuften, um sich mit den Exporten an Rohstoffen zu bereichern. Und die Kirche sah weg. Die Lebensbedingungen hier waren unvorstellbar. Kaum einer wurde älter als dreißig. Krankheit, Erschöpfung oder wegen eines kleinen Fehlers getötet. Technologie kannten nur die Wohlhabenden. Alle anderen waren froh, wenn sie etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf hatten. Wir haben zum Imperator gebetet, glaub mir. Aber nicht er hat uns erhört.
Als die Tau kamen, war es, als würde die Sonne zum ersten Mal wirklich aufgehen. Sie halfen uns, uns unserer Herren zu entledigen, schenkten uns Technologie, bekämpften die Krankheiten und bauten ein gerechtes System auf, in dem ein jeder Mensch als Mensch und nicht als Eigentum eines anderen betrachtet wird. Sie wollen nicht über uns herrschen. Sie wollten uns befreien, weil sie an etwas glauben. Sie nennen es das Höhere Wohl.“
„Und ihr glaubt ihnen? Sie sind Xenos, sie erschaffen unheilige Technologie fern des Maschinengottes, sie manipulieren euch, damit ihr für sie kämpft. So werden sie eine Welt nach der anderen übernehmen.“
Der Mann schüttelte nur traurig den Kopf. „Wenn du gesehen hättest, was ich gesehen habe, würdest du nicht so denken. Sie mögen Xenos sein, aber müssen sie deshalb schlechter sein? In ihrem Sternenreich leben die Völker zusammen. Sie verstehen, was ihre Technik tut und wie sie funktioniert. Sie sorgen für Fortschritt durch Wissenschaft. Sie streben nach Verbesserung. Und sie teilen mit uns.
Ich habe eine Frau und zwei Kinder, weißt du? Meine Tochter ist sehr musikalisch und nun hat sie die Möglichkeit, mit ihrem Talent etwas zu erreichen. Bevor die Tau kamen, wäre ihre beste Aussicht gewesen, als Lustsklavin eines hochgeborenen Fettsacks zu enden.“ Zorn und Wut blitzten in seinen Augen auf, als er fortfuhr.
„Deshalb habe ich mich freiwillig gemeldet. Als ihr hier ankamt, um uns zu befreien, da meldeten sich Hunderte, um an der Seite der Tau zu kämpfen. Sie musste nicht einmal fragen. Sie gaben uns bereitwillig Rüstungen und Waffen, wenn auch nicht ganz so fortschrittliche wie ihre eigenen Krieger tragen, aber dennoch bessere als die meisten Planetaren Verteidigungsstreitkräfte bekommen.“
Er deutete auf den Toten, den Darius erschossen hatte. „Das war auch einer von uns. Ein Mensch, der Familie und Freunde hatte, und der gekämpft hat, weil er sie schützen wollte. Die Tau-Feuerkrieger sprengen sich nach ihrem Tod in die Luft, damit ihre Technologie keinen Feinden in die Hände fällt. Alle Leichen, die du hier siehst, sind Menschen. Freiwillige, die wie ich daran glaubten, dass es uns mit den Tau besser geht.“
Darius blickte den Graben entlang. Immer wieder waren Krater zu sehen, wo eine Taurüstung explodiert war, aber dazwischen lagen die Leichen zu Dutzenden. Menschen, Imperiale Soldaten und die freiwilligen Verteidiger der Stadt, vereint im Tod.
„Sie haben uns nicht einmal unseren Glauben genommen. Die Kathedrale ist unberührt. Aber hier glaubt niemand mehr an den Imperator oder den Maschinengott. Die Tau haben uns die Wahrheit gebracht. Die Götter existieren nicht. Es liegt an uns, wie wir unsere Welt gestalten. Deshalb streben sie nach dem Höheren Wohl. Weil sie …“
Von einem Augenblick zum anderen explodierte sein Kopf in einer Fontäne aus Blut und Knochensplittern. Darius kniff instinktiv die Augen zusammen, als ihm heiße Flüssigkeit ins Gesicht spritzte. Als er sie wieder öffnete, sah er sich der schwarzgewandten Silhouette eines imperialen Kommissars gegenüber, der seine rauchende Boltpistole seelenruhig auf Darius richtete. Über ihm ragte das mächtige Rohr eines Leman Russ-Kampfpanzers auf.
Für einen Augenblick war es Darius, als würde er den gestaltgewordenen Zorn des Imperators sehen. Eine Aura göttlichen Lichts schien den Vollstrecker der heiligen Doktrinen zu umgeben. Auf seiner Uniform strahlte der imperiale Aquila und der dunkle Schlund seiner gesegneten Waffe starrte Darius entgegen.
Dann brach ein gleißender Lichtstrahl durch die Brust des Kommissars und schleuderte ihn gegen den Kampfpanzer, bevor beide von der Energie förmlich zerrissen wurden. Kurz darauf schwebte nicht weit entfernt ein fremdartiger Panzer über den Graben hinweg. Eine lange, blau strahlende Kanone war auf seiner Oberseite befestigt, die sich nun ein neues Ziel irgendwo in den imperialen Stellungen suchte. Eine der beiden unten am Bug befestigten Sturmkanonen schwenkte herum.
Darius gingen die Worte des toten Fremden durch den Kopf. Konnte der Mann recht gehabt haben? Vielleicht gab es keinen Imperator. Vielleicht würden die Tau der Galaxis tatsächlich eine bessere Zukunft bringen. Für ihn würde es keinen Unterschied machen, stellte er fest, als ihn die präzise, seelenlose Zielerfassung des Taupanzers als imperialen Soldaten identifizierte und anvisierte.
Auf ihn blickten keine Götter hinab. Nur die Sturmkanone, die sich immer schneller zu drehen begann.
Hellblaues Plasmafeuer zuckte über ihn hinweg und Darius duckte sich tiefer in den Graben, dankbar für die Sicherheit, die ihm Erde und Gestein dieses fremden Planeten gewährten. Wie zur Antwort auf seine Gedanken krachte plötzlich eines der Energiegeschosse in die Rückwand des Grabens und explodierte mit einem bläulichen Lichtblitz und einem energetischen Fauchen. Dreck und Steinsplitter regneten auf die verschanzten Soldaten nieder. Ein paar Klumpen Erde trafen Darius in den Rücken, aber er ignorierte sie. Seine Uniform war inzwischen ohnehin nicht mehr sauber zu nennen.
„Diese verdammten Schweine mit ihren Plasmawaffen.“, fluchte Palek links neben ihm. „Dumme, unbeseelte Technologie.“, wetterte der große, stämmige Kerl. „Dass ich nicht lache. Maschinengeist oder nicht, verdammt präzise sind sie jedenfalls.“
Dem konnte Darius nicht widersprechen. Der Feind war zahlenmäßig unterlegen, aber gut verschanzt und schien keine Schwierigkeiten damit zu haben, die imperialen Truppen in ihren Gräben festzunageln. Immer wieder zuckten hellblaue Salven über sie hinweg, erschreckend nah und immer wieder schaffte es eine Entladung bis in den Graben. Noch hatte es hier in der Nähe keine Verluste gegeben, dafür kamen sie auch einfach nicht vorwärts.
„Feuer erwidern!“, brüllte ihr Sergeant und Darius strich über das Reinheitssiegel seines Lasergewehrs, während er den Maschinengeist darum bat, ihn bei der Vernichtung der Feinde des Imperators und der Zerstörung ihrer unheiligen Technologie zu unterstützen.
Dann richtete er sich leicht auf, bis er über die Kante des Grabens spähen konnte. Mit geübten Bewegungen legte er an und suchte nach Zielen. Aber da war nichts. Vor ihm lagen etwa zweihundert Meter tote Fläche, übersät von den Kratern der Artilleriegranaten und verbrannt vom Feuer der Schlacht. Dahinter standen die ausgebrannten Ruinen, die einstmals die Außenbezirke der Stadt gebildet hatten. Jetzt dienten sie einzig als Deckung für die Verteidiger. Als Darius den Blick hob, konnte er dahinter die eigentliche Stadt sehen, deren typischen imperiale Wohnblocks sich trotzig in den Himmel hoben, selbst überragt noch von den Türmen der Adelsschicht und der Kathedrale des Imperators. Es wunderte ihn, dass der Feind dieses Bauwerk nicht niedergerissen hatte.
Und überall waren Zeichen der Veränderung zu sehen. Auf den Spitzen der Türme saßen komplexe Antennen, deren Zweck Darius verborgen blieb. Antrigravschweber flitzten zwischen den Hochhäusern umher, landeten auf den Dächern oder extra eingerichteten Landeplattformen und transportierten Tau, Menschen oder andere Xenos. Dort schien das Leben trotz der Schlacht beinahe unverändert weiterzugehen. Möglich machten das die unzähligen, vollautomatischen Abwehrkanonen, die überall in den Himmel blickten. Die rauchenden Trümmer mehrerer imperialer Bomber zwischen den Ruinen der Vorstadt zeugten von ihrer Feuerkraft.
Vorsichtig ließ Darius den Zielpunkt seiner Waffe über die Ebene und die vorderste Reihe der ausgebrannten Gebäude schweifen. Neben ihm ertönte das charakteristische, hochfrequente Jaulen eines abgefeuerten Lasergewehrs. Palek schoss mal wieder ohne wirkliches Ziel. Nun, vielleicht half der Imperator und sorgte dafür, dass er tatsächlich etwas erwischte, aber Darius konnte nicht so recht daran glauben. Dazu war der Feind einfach zu gut verschanzt.
Da, in einem der Fenster glaubte er eine Bewegung gesehen zu haben. Schon fühlte er, wie sein Herzschlag schneller wurde. Doch die Entfernung war zu groß für einen präzisen Schuss. Er zielte noch ein paar Sekunden auf das dunkle Rechteck, doch falls dort tatsächlich etwas gewesen sein sollte, so ließ es sich nicht wieder blicken.
Also suchte er weiter. Ganz plötzlich erregte ein Aufblitzen blauen Lichts seine Aufmerksamkeit, doch die Quelle befand sich nicht etwa zwischen den rauchenden Ruinen, sondern keine fünfzig Meter vor ihm direkt in der Luft. Schon brach wieder die Hölle über sie herein. Dem Soldaten rechts von ihm wurde der komplette Schädel samt Helm weggeschossen und kochend heißes Blut bespritzte Darius. Der sah gerade noch, wie sich überall am Rande der Stadt dunkle Gewehrläufe aus Deckungen und über den Rand eines feindlichen Grabens schoben, bevor er sich zu Boden warf. Gerade noch rechtzeitig, denn schon fauchte eine Energieentladung dort lang, wo eben noch sein Kopf gewesen war, bevor einen Herzschlag später die nächste Salve blauen Plasmafeuers den Graben in ein unwirkliches Licht hüllte. Dieses Mal fand glücklicherweise kein Geschoss den Weg in ihre Deckung.
„Diese Dinger sind unsichtbar.“, keuchte er entsetzt, was Palek mit einem herzhaften Fluch quittierte. Es stank nach Blut und verbranntem Fleisch. Darius warf einen kurzen Blick zur Seite, aber seinem rechten Nachbarn war nicht mehr zur helfen. Der kopflose Leichnam lehnte immer noch an der Grabenwand, das halb geschmolzene Lasergewehr in den Händen. Ein groteskes Bild und Darius lief ein eiskalter Schauer den Rücken runter.
„Der Feind ist kaltherzig und gnadenlos.“, gingen ihm die Worte ihres Leutnants bei der Einsatzbesprechung wieder durch den Kopf. „Sie fallen über einen Planeten her wie gierige Insekten und krallen sich dort fest. Die Bevölkerung versklaven sie mit geistloser Technologie und zwingen ihr ihren Willen auf. Sie werden die Menschen, die einst hier im Licht des Imperators gelebt und gearbeitet haben, als Kanonenfutter einsetzen. Aber habt keine Scheu, abzudrücken, auch wenn euer Gegenüber ein Mensch sein könnte. Sie werden auch keine haben, euch zu erschießen. Die wurde ihnen von ihren neuen Herren genommen.“
„Warum bomben wir diese Ärsche nicht einfach weg?“, fluchte Palek und rammte mit unnötiger Wucht eine frische Energiezelle in seine Waffe, obwohl die alte eigentlich noch nicht leer sein konnte.
„Weil ihre verdammten Abwehrtürme jeden Flieger vom Himmel holen und ein großflächige Artillerieschlag keine Option ist.“ Immerhin waren sie hier, um die unterworfene Bevölkerung nach der Vertreibung der Tau ins Licht des Imperators zurückzuführen. Auch wenn einige Gerüchte behaupteten, dass es vor allem um die Rohstofflager und Produktionsstätten ging.
„Das war keine wirkliche Fra … Was ist das?“, entgegnete Palek und auch Darius hob überrascht den Kopf, als er das dumpfe Dröhnen vernahm, mit dem die Erde vibrierte. Verdammt, es klang, als würde da etwas sehr Großes auf sie zukommen. Dann legte sich ein Schatten auf sie, als die mächtige Silhouette eines Leman Russ-Kampfpanzers am Rand des Grabens zum Stehen kam. Ein Bild menschlicher Macht.
Mit einem ohrenbetäubenden Donnern eröffnete das Hauptgeschütz das Feuer und der ganze schwere Panzer erzitterte. Darius verspürte Ehrfurcht und Erleichterung. Der Imperator hatte sie erhört und sandte seine gepanzerte Faust gegen den Feind!
„Angriff!“, brüllte der Sergeant und entlang des ganzen Grabens stürmten die imperialen Soldaten aus der Deckung und rannten dem Feind entgegen, der nun seinerseits vom konzentrierten Feuer der Kampfpanzer niedergehalten wurde, die nacheinander die Gräben überquerten und sich dann vor die Infanterie setzten. Darius hörte das Brüllen schwerer Bolter, die in sich überlappenden Bereichen kurze Garben von Leuchtspurgeschossen auf die feindliche Deckung spien. Kleine Explosionen zeugten von der Zerstörungskraft der Projektile. Mehr als ein Gebäude war inzwischen von den Treffern der Kampfgeschütze eingeebnet worden. Sein Herz hämmerte im Gleichklang mit den schweren Boltern und ein Grinsen lag auf seinem Gesicht.
Direkt vor Darius blitzte blaues Licht auf und drei rasch hintereinander abgefeuerte Plasmaimpulse krachten in die Heckpanzerung eines Leman Russ. Eine zerstob wirkungslos an dem dicken Metall, doch die nächsten fegten aus kurzer Entfernung direkt in die Lüftungsgitter der Maschine und ließen das interne Kraftwerk in einer spektakulären Explosion hochgehen. Glühende Metalltrümmer wurden weggesprengt und trafen auch den einen oder anderen Soldaten, während der einst so eindrucksvolle Kampfpanzer qualmend stehen blieb. Mit heiligem Zorn zielte Darius in vollem Lauf und drückte ab.
Sein Strahl traf mitten in der Luft auf ein Hindernis und für einen Augenblick flackerte dunkles Metall auf. Als die anderen Soldaten das sahen, richtete sich ein halbes Dutzend Lasergewehre auf den unsichtbaren Feind und wenige Augenblicke später wurde der Attentäter zur Boden geschleudert. Das Tarnfeld versagte endgültig und entblößte eine vollkommen gerüstete Gestalt. Darius feuerte dem Xenos noch zweimal in den Kopf, bevor er weiterrannte. Als hinter ihm eine krachende Explosion ertönte, warf er sich zu Boden. Überrascht blickte er dorthin, wo der besiegte Tau gelegen hatte. Nur noch ein kleiner Krater und verbogenes Metall markierten die Stelle. Zwei imperiale Soldaten, die zu dicht gestanden hatten, lagen verwundet daneben. Diese hinterhältigen Dreckskerle!
„Los, weiter!“, brüllte der Truppführer und Darius rappelte sich auf. Die Leman Russ waren ein paar Meter vor ihnen. Ein halbes Dutzend der schweren Kampfpanzer ließen die tote Erde erzittern. Die Bolter in den Seitenkuppeln spien in voller Fahrt unmissverständliche Warnungen in Richtung des Feindes.
Der war klug genug, in Deckung zu bleiben. Nur wenig Gegenfeuer schlug den Imperialen entgegen und dieses verstummte bald darauf wieder. So gut die unheilige Technologie der Tau auch sein mochte, die gesegneten Waffen der Panzer nahmen es begeistert mit ihr auf und brachten den Zorn des Imperators über die Xenos.
Und dann waren sie am Graben. Blaue Plasmageschosse fegten ihnen auf den letzten Metern entgegen und die imperialen Soldaten erwiderten ihrerseits das Feuer. Darius schoss auf einen Krieger, dessen Helm ein wenig zu weit aus der Deckung ragte. Zwei von vier Schüssen trafen und einem gelang es, die Panzerung im Gesichtsbereich zu durchschlagen. Wie vom Blitz getroffen brach der Xenos zusammen.
„Für den Imperator!“, brüllte jemand, als sie in die Deckung des Feindes stürmten. Blaues Licht blitzte auf und Palek neben Darius wurde der halbe Oberkörper weggeschmolzen. Sein Körper tat noch einen letzten Schritt und stürzte dann in den Graben, wo er einen Feind unter sich begrub. Mit einem wütenden Schrei stürzte sich Darius direkt auf den Mörder seines Kameraden, bevor der Gelegenheit hatte, seine Waffe gegen ihn zu richten. Überrascht registrierte er, dass der Kerl trotz der massiven Rüstung mindestens einen halben Kopf kleiner war als er. Voller Wut rammte er ihm den Gewehrkolben ins Gesicht, immer wieder, bis die Panzerung nachgab und die Gegenwehr des Xenos erlahmte. Der Schädel war nur noch eine blutige Masse aus Knochen und verbogenem Metall.
Schockiert von seiner eigenen Reaktion sprang er auf und wich zurück, bevor er sich zusammenriss. Nicht weit entfernt feuerte ein recht großer Taukrieger wild mit seinem Pulsgewehr um sich. Zwei Schüsse in den Oberkörper machten ihm allerdings den Garaus. Vorsichtig trat Darius näher und betrachtete die Ausrüstung des Toten. Sowohl Rüstung als auch Waffe waren wesentlich schlichter als die des Taus, den er niedergeschlagen hatte.
Hinter ihm explodierte etwas und Darius spürte einen scharfen Schmerz im rechten Bein, bevor er wegknickte. Er schlug gegen die hintere Grabenwand und ihm wurde schwarz vor Augen. Für einen quälend langen Moment war es, als höre er die Geräusche des Kampfes wie aus weiter Ferne. Irgendjemand brüllte Befehle, ein paar Verletzte schrien. Laserschüsse jaulten und Pulswaffen fauchten. Metall schlug auf Metall.
Dann wurde es still. Mühsam drehte Darius sich um. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber der Graben war leer bis auf die Toten. Die Schlacht war weiter in Richtung Stadt verlagert worden. Er blickte dorthin, wo er den Tau totgeprügelt hatte. Mehr als rußgeschwärzte Metallteile waren nicht von ihm übrig. Genau wie der Unsichtbare hatte sich dieser nach dem Tod gesprengt. Er sah wieder zum Toten zu seinen Füßen. Der lag noch unverändert da.
Plötzlich bewegte sich links von ihm etwas und er wollte instinktiv aufspringen. Ein glühender Schmerz ließ ihn keuchend zurücksinken und er betrachtete panisch sein Bein. Ein Splitter steckte kurz oberhalb des Knies in seinem Fleisch und Blut lief ihm über die Haut. Und jetzt spürte er die Wunde auch. Er merkte, wie seine Augen feucht wurden, als er die Zähne aufeinanderpresste, um nicht aufzuschreien. Lodernde Flammen schienen seine ganze rechte Körperhälfte hinaufzukriechen. Er wusste, dass er sich um die Verletzung kümmern musste oder sie würde ihn umbringen, aber er konnte kaum etwas sehen vor Schmerz.
Dann spürte er einen scharfen Stich im Oberarm und fühlte, wie sich der rote Nebel um seinen Verstand lichtete. Er blinzelte sich die Feuchtigkeit aus den Augen und starrte auf die Gestalt, die vor ihm saß. Es war unverkennbar ein Mensch. Ein Mann mit einem ernsten Gesichtsausdruck, kurzen, dunklen Haaren und grauen Augen. Auch seine Hände, die den leeren Injektor mit dem Schmerzmittel beiseitelegten, waren die eines Menschen. Aber der Rest steckte in einer blutverschmierten, gepanzerten Uniform der Tau. Auf seiner Brust war das Emblem der Xenos zu sehen. Es war allerdings, wie Darius am Rande seines Verstanden bemerkte, eine recht einfache Rüstung, ähnlich wie die des Toten zu seinen Füßen.
Er sah sich um. Der Mann vor ihm musste der sein, auf den Palek gefallen war. Sein Helm und die Handschuhe lagen neben ihm. Jetzt griff der Fremde vorsichtig in die Taschen von Darius Ausrüstung und holte das Verbandszeug hervor.
„Warum hilfst du mir?“, fragte der Imperiale überrascht. Er wusste nicht, was er davon halten sollte.
„Du bist ein Mensch wie ich auch. Wir sollten einander helfen, statt einander umzubringen.“, erklärte der Mann ruhig, während er Darius Wunde untersuchte. Er ließ den Splitter drin, arretierte ihn mit zwei Watterollen und verband dann die Wunde.
„Aber ich dachte, sie würden euch zwingen, gegen uns zu kämpfen.“, widersprach Darius. Der Mann blickte auf und lachte kalt.
„Erzählen sie euch das, ja? Uns zwingt niemand. Die Tau haben uns nicht erobert, sie haben uns in ihr Sternenreich aufgenommen. Sie kamen in Frieden und in Frieden haben wir sie willkommen geheißen. Naja, größtenteils.“
„Aber weshalb kämpft ihr dann gegen uns?“
„Weil wir leben wollen. Weil wir frei sein wollen. Glaubst du wirklich, ihr seid hier, um uns zu erlösen? Ein Exempel wird man an uns statuieren, sollten wir verlieren. Ausradieren würde man uns als Warnung für andere Planeten, sich nicht gegen die Herrschaft des Imperiums zu stellen.“
„Aber weshalb? Weshalb sollte man sich vom Licht des Imperators abwenden?“, fragte Darius ungläubig. Diese armen Menschen hatten ihre Seelen verwirkt. Der Mann bedachte ihn mit einem langen, prüfenden Blick.
„Bevor die Tau kamen, war dies eine Minen- und Fabrikwelt am Rande des Imperiums. Zu uninteressant, um wirklich genauer betrachtet zu werden. Es herrschten Tyrannei und Sklaverei. Die Adligen ließen uns Tag und Nacht schuften, um sich mit den Exporten an Rohstoffen zu bereichern. Und die Kirche sah weg. Die Lebensbedingungen hier waren unvorstellbar. Kaum einer wurde älter als dreißig. Krankheit, Erschöpfung oder wegen eines kleinen Fehlers getötet. Technologie kannten nur die Wohlhabenden. Alle anderen waren froh, wenn sie etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf hatten. Wir haben zum Imperator gebetet, glaub mir. Aber nicht er hat uns erhört.
Als die Tau kamen, war es, als würde die Sonne zum ersten Mal wirklich aufgehen. Sie halfen uns, uns unserer Herren zu entledigen, schenkten uns Technologie, bekämpften die Krankheiten und bauten ein gerechtes System auf, in dem ein jeder Mensch als Mensch und nicht als Eigentum eines anderen betrachtet wird. Sie wollen nicht über uns herrschen. Sie wollten uns befreien, weil sie an etwas glauben. Sie nennen es das Höhere Wohl.“
„Und ihr glaubt ihnen? Sie sind Xenos, sie erschaffen unheilige Technologie fern des Maschinengottes, sie manipulieren euch, damit ihr für sie kämpft. So werden sie eine Welt nach der anderen übernehmen.“
Der Mann schüttelte nur traurig den Kopf. „Wenn du gesehen hättest, was ich gesehen habe, würdest du nicht so denken. Sie mögen Xenos sein, aber müssen sie deshalb schlechter sein? In ihrem Sternenreich leben die Völker zusammen. Sie verstehen, was ihre Technik tut und wie sie funktioniert. Sie sorgen für Fortschritt durch Wissenschaft. Sie streben nach Verbesserung. Und sie teilen mit uns.
Ich habe eine Frau und zwei Kinder, weißt du? Meine Tochter ist sehr musikalisch und nun hat sie die Möglichkeit, mit ihrem Talent etwas zu erreichen. Bevor die Tau kamen, wäre ihre beste Aussicht gewesen, als Lustsklavin eines hochgeborenen Fettsacks zu enden.“ Zorn und Wut blitzten in seinen Augen auf, als er fortfuhr.
„Deshalb habe ich mich freiwillig gemeldet. Als ihr hier ankamt, um uns zu befreien, da meldeten sich Hunderte, um an der Seite der Tau zu kämpfen. Sie musste nicht einmal fragen. Sie gaben uns bereitwillig Rüstungen und Waffen, wenn auch nicht ganz so fortschrittliche wie ihre eigenen Krieger tragen, aber dennoch bessere als die meisten Planetaren Verteidigungsstreitkräfte bekommen.“
Er deutete auf den Toten, den Darius erschossen hatte. „Das war auch einer von uns. Ein Mensch, der Familie und Freunde hatte, und der gekämpft hat, weil er sie schützen wollte. Die Tau-Feuerkrieger sprengen sich nach ihrem Tod in die Luft, damit ihre Technologie keinen Feinden in die Hände fällt. Alle Leichen, die du hier siehst, sind Menschen. Freiwillige, die wie ich daran glaubten, dass es uns mit den Tau besser geht.“
Darius blickte den Graben entlang. Immer wieder waren Krater zu sehen, wo eine Taurüstung explodiert war, aber dazwischen lagen die Leichen zu Dutzenden. Menschen, Imperiale Soldaten und die freiwilligen Verteidiger der Stadt, vereint im Tod.
„Sie haben uns nicht einmal unseren Glauben genommen. Die Kathedrale ist unberührt. Aber hier glaubt niemand mehr an den Imperator oder den Maschinengott. Die Tau haben uns die Wahrheit gebracht. Die Götter existieren nicht. Es liegt an uns, wie wir unsere Welt gestalten. Deshalb streben sie nach dem Höheren Wohl. Weil sie …“
Von einem Augenblick zum anderen explodierte sein Kopf in einer Fontäne aus Blut und Knochensplittern. Darius kniff instinktiv die Augen zusammen, als ihm heiße Flüssigkeit ins Gesicht spritzte. Als er sie wieder öffnete, sah er sich der schwarzgewandten Silhouette eines imperialen Kommissars gegenüber, der seine rauchende Boltpistole seelenruhig auf Darius richtete. Über ihm ragte das mächtige Rohr eines Leman Russ-Kampfpanzers auf.
Für einen Augenblick war es Darius, als würde er den gestaltgewordenen Zorn des Imperators sehen. Eine Aura göttlichen Lichts schien den Vollstrecker der heiligen Doktrinen zu umgeben. Auf seiner Uniform strahlte der imperiale Aquila und der dunkle Schlund seiner gesegneten Waffe starrte Darius entgegen.
Dann brach ein gleißender Lichtstrahl durch die Brust des Kommissars und schleuderte ihn gegen den Kampfpanzer, bevor beide von der Energie förmlich zerrissen wurden. Kurz darauf schwebte nicht weit entfernt ein fremdartiger Panzer über den Graben hinweg. Eine lange, blau strahlende Kanone war auf seiner Oberseite befestigt, die sich nun ein neues Ziel irgendwo in den imperialen Stellungen suchte. Eine der beiden unten am Bug befestigten Sturmkanonen schwenkte herum.
Darius gingen die Worte des toten Fremden durch den Kopf. Konnte der Mann recht gehabt haben? Vielleicht gab es keinen Imperator. Vielleicht würden die Tau der Galaxis tatsächlich eine bessere Zukunft bringen. Für ihn würde es keinen Unterschied machen, stellte er fest, als ihn die präzise, seelenlose Zielerfassung des Taupanzers als imperialen Soldaten identifizierte und anvisierte.
Auf ihn blickten keine Götter hinab. Nur die Sturmkanone, die sich immer schneller zu drehen begann.
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