[Archiv] [Storywettbewerb III 2011] [WFantasy] "Träume eines Mädchens" — PLATZ 1

SHOKer

Mentor der flinken Federn
03. Februar 2006
4.790
4
33.391
33
[Archiv] [Storywettbewerb III 2011] [WFantasy] "Träume eines Mädchens" — PLATZ 1

Diese Geschichte belegte den 1. Platz und wurde von Rabenfeder geschrieben.

€. von Rabenfeder: Ich habe am Tag des Wettbewerbsschlusses noch eine kleine Zeichnung angehängt:

traeume_eines_maedchens_by_rabenschrey-d4k2490.jpg



_____

Plötzlich war ich wieder ein kleines Mädchen, das ungeduldig im Schlamm von einem Fuß auf den anderen sprang. Ich versuchte ja, ebenso erwachsen zu wirken wie die anderen Dorfbewohner, die sich ebenfalls am Dorfausgang versammelt hatten – und vor allem reifer als meine Geschwister! – doch konnte ich meine Aufregung kaum verbergen. Heute Morgen hatte es wie ein Lauffeuer seine Runde gemacht: Matthias, ein fahrender Händler, würde auf seinem Weg nach Weisenburg hier vorbeikommen.
Es kamen selten Menschen von außerhalb durch ihre kleine Bauerngemeinde und besonders selten Menschen wie Matthias. Das letzte Mal, als er hier durchgezogen war, hatte ich kaum Laufen gelernt. Vater schimpfte ihn einen Trödler, aber er schimpfte über alles und jeden: ich sah hingegen die Wunder aus aller Welt, die in dem kleinen Wagen vor uns ausgebreitet lagen. Vielleicht quiekte ich leise auf, als ich nun den Karren nahe der Baumgrenze ausmachte. Zum Glück bemerkten das weder Vater noch meine Geschwister.

Matthias war ein bunter Farbfleck in einer graubraunen Menschenmenge, ein spitzer Kinnbart und unrasierte Wangen sowie ein Ohrring im linken Ohr gaben ihm etwas Verwegenes. In die Taschen an den baumelnden Rockschößen hatte er mal die eine, mal die andere Hand vergraben, während er vor der Menschentraube auf und ab ging, auf diese und jene Ware zeigte und sie in höchsten Tönen lobte. Durfte es vielleicht diese Kette für die schöne Dame sein? Oder diese erstklassige Sichel aus Tilea für den jungen Herrn hier vorne? Vielleicht ein Stück Stoff, grün, rot, orange? Die neueste Mode aus Bretonia!
Ich hatte mich bereits ganz nach vorne gedrängt und lugte auf Zehenspitzen auf die Auslage. Da waren sie, direkt vor mir! Zwischen einigen matten Murmeln, Pfauenfedern und einer Spiegelscherbe lagen ein gutes Dutzend gelblicher, in unterschiedlicher Qualität bedruckter Papiere. Sofort fesselte mich das Bild, das zuoberst lag: ein Mann in wallenden Roben und mit nach oben gerissenen Armen stand auf einem Berg getöteter Orks. Blitze fuhren im Hintergrund herab und Feuer zuckte aus den Fingern der Gestalt. Ich konnte förmlich erkennen, dass sie wie ich kupferrote Haare hatte, und beugte mich näher heran, um jedes Detail zu erfassen: es schien, als würde der Mann über die Elemente selbst gebieten, als wären ihm die Naturgewalten untertan. Blitze zuckten auf seinen Befehl, der Donner grollte, er zauberte Flammen aus dem Nichts und –
„Hej, Mädchen! Nicht so nah heran, du ruinierst den Druck!“
„E-entschuldigt, ich…“
„Aber aber, nicht der Rede wert! Ich sehe, ich habe einen richtigen kleinen Kenner echter Qualität vor mir.“
Mir schoss durch den Kopf, dass ich mit zehn Jahren alles andere als klein war, doch hielt ich mit großen Augen meinen Mund geschlossen.
„Dieser wunderschöne Druck hier ist ‚Walter vom Flammenden Orden bezwingt die Orks vom Nachtfeuerpass“, nur drei Pfennige. Ein echtes Schnäppchen! Vielleicht willst du deine Eltern fragen, ob…“
Eine Hand packte mich am Oberarm und riss mich zurück. Mein Blick fiel kurz auf den schmalen schwarzen Streifen Stoff, den er am Oberarm trug, seitdem Mutter fortgegangen war.
„Tut uns Leid, mein Herr, aber wir halten hier unser Geld zusammen und geben es nicht für solchen Tand aus“, hörte ich die Stimme meines Vaters brummen. „Ida, du kommst jetzt sofort her.“
Ich wollte protestieren, aber der Griff verstärkte sich und schob mich in die hinterste Reihe zurück.

Am frühen Nachmittag, als er bereits wieder auf dem Feld stand, gelang es mir schließlich, meinem Vater zu entwischen. Der Händler hatte seine Ware bereits wieder verstaut und war drauf und dran, aufzubrechen. Die Menge hatte sich zerstreut, nur einige der Kinder tollten durch den Dreck. Ich zupfte an Rocksaum von Matthias, der gerade eine längliche Kiste in den Wagen hievte.
„Ah, der kleine Kunstkenner“, begrüßte er mich breit lächelnd. Ich schaute etwas beleidigt drein.
„Dir hat es das Bild wohl angetan, was?“
Ich nickte nur.
„Ich habe in Weisenburg mal einen Magier gesehen. Beeindruckende Gestalt. War bei der Siegesparade der kurfürstlichen Truppen über die Tiermenschen vom Dornforst mit dabei. Es schien, als würde er ein kleines Stück über dem Boden schweben“ – er sprang auf die Ladefläche seines Wagens und balancierte auf den Zehenspitzen – „und als die Parade sich dem Ende zuneigte, ließ er leuchtende Sterne in die Nacht aufsteigen.“
Theatralisch warf der Händler die Hände in die Luft.
„Es war atemberaubend. Flackerndes Licht warf Schatten überall, die Leute waren ganz außer sich. Ein weiterer Fingerzeig des Magiers und die Lichter verschwanden, wie sie gekommen waren.“
Er machte eine bedeutungsvolle Pause, dann beugte er sich wieder zu mir hinunter.
„Hat es sich dein Vater doch anders überlegt und dir das Geld gegeben?“
Die Wahrheit war: er hatte es nicht. Vater hätte so etwas nie und nimmer gutgeheißen. Dennoch hielt ich dem Händler in der offenen Handfläche drei Pfennige hin.
„Oh, er hat?“, fragte Matthias, offensichtlich selbst überrascht. „Nun denn…“
Ein Griff in den Karren, eine elegante Bewegung und er hielt mir das gerollte Papier hin, nachdem er die Münzen in seinen Beutel hatte gleiten lassen. Ich schnappte nach dem Bild und drückte es an mich wie der Schatz, der es war. Matthias lachte erneut.
„Nun, viel Spaß damit, junge Dame“, sagte er zum Abschied, während er bereits auf den Kutschbock stieg.
Ich eilte wenig später nach Hause, hoffend, dass Vater zu betrunken sein würde, um die fehlenden drei Pfennige zu bemerken.

Nur für einen kurzen Augenblick scheint mein Körper zu brennen.

Ich schaute von dem zerfledderten Heft vor mir auf und rieb müde meine Augen. Trotz aller Fortschritte in den letzten Monden fiel es mir immer noch schwer, aus den winzigen schwarzen Strichen Buchstaben, Wörter und ganze Sätze zu erkennen. Ich war ganz begeistert gewesen, als ich den „Kleinen Almanach für den angehenden Lehrling“ nach meinem neunzehnten Geburtstag bei Matthias hatte erwerben können – der Händler wusste nur zu gut, dass ich für solche Dinge stets mein Erspartes zusammenkratzen würde. Jetzt jedoch frustrierten mich die Buchstabenreihen. Auf den letzten Seiten hatte ein Mann namens Balthasar Gelt in umständlichen Worten erläutert, wie er seine Kraft aus den Winden der Magie ziehen würde, den elementaren Strömen der Zauberei, die die Welt durchkreuzen. Ich kniff die Augen eng zusammen in der irrsinnigen Hoffnung, irgendwo einen solchen Strom zu sehen. Vergeblich.
„Was tust du da, Mädchen? Hast du schon wieder deine Flausen im Kopf?“, krächzte es aus der Ecke, gefolgt von einem schweren Hustenkrampf.
Vater war in den letzten Wochen schrecklich verfallen. Von dem einstmals stolzen und kräftigen Mann, der mich allzu oft geschlagen, aber auf dessen Schultern ich auch bis an das Ende der Welt zu blicken glaubte, war wenig mehr als eine vertrocknete Hülle übrig geblieben. Der schlimme Husten, den er sich im nasskalten Herbst zugezogen hatte, entzog ihm nach und nach seine Lebenskraft. Vater keuchte erneut, woraufhin meine zwei Jahre jüngere Schwester Ilsa ihn von einer Schale mit heißer Brühe trinken ließ. Der elfjährige Heinrich und die neunjährige Emma spielten auf dem Fußboden und schienen nichts von Vaters Zustand zu verstehen, wenn mein Bruder auch immer wieder verstohlene Blicke zu uns warf. Ich rückte mit meinem Schemel näher an das Bett heran.
„Wer soll denn den Hof übernehmen, wenn ich nicht mehr bin? Dein Bruder? Ha! In fünf Jahren vielleicht…“
Vater wurde erneut von einem Hustenkrampf geschüttelt, und wieder traten mir Tränen in die Augen. Warum konnte ich nicht wie Janus von Falkenach sein, jener berühmte Magier vom Jadeorden, von dem man schrieb, dass er an einem einzigen Tag fünfzig Menschen von der Beulenpest geheilt hatte? Janus hätte mit Sicherheit nicht einfach vor einem einfachen Husten kapituliert.
„Rede doch nicht so, Vater. Ruhe dich lieber aus, trink. In ein paar Tagen kannst du dich schon wieder selbst um den Hof kümmern, und in fünf Jahren dann…“
Vater lachte, ein hässliches, krächzendes Geräusch.
„Ich sagte ja: nichts als Flausen im Kopf.“
Erneut hustete er, schlimmer als zuvor. Ich biss mir auf die Unterlippe. Wie nie zuvor wollte ich ihm beweisen, wie Unrecht er hatte, dass ich mich nicht nur mit Hirngespinsten herumschlug, dass ich zumindest ein wenig wie Janus von Falkenach sein konnte. Wenn ich mich nur genug konzentrierte, musste es doch gelingen, etwas von diesen Winden der Magie zu sehen, sie zu ergreifen und Vater neues Leben einzuflößen. Je mehr ich nach ihnen suchte, desto mehr erschien es mir, als würde ein feiner roter Hauch die Spitze der erloschenen Kerze und die Glut der Feuerstelle umspielen, an meinen Beinen entlangstreichen und mich sanft an der Wange berühren. Ich streckte die Hand nach ihm aus.
Einen Moment lang schien es, als könne ich ihn ergreifen, doch dann verschwand er, von mir verjagt. Oder er hatte nie existiert.
„Mädchen, was machst du da nun schon wieder? Hör mir lieber zu: du sorgst dafür, dass Heinrich alles lernt, was er lernen muss, und dann…“
Ich ließ den Arm sinken und schaute betreten auf die Bettkante.

Einen Wimpernschlag schmerzen alle meine Glieder.

Mit einem Seufzer stützte ich mich auf die Sense und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Bereits der ganze Sommer war ungewöhnlich heiß gewesen und auch der Herbst hatte kaum Linderung gebracht. Bei vielen war das Getreide auf den Feldern verdorrt, auch unser Hof war davon kaum verschont geblieben. Doch obwohl unsere Ackerfläche so geschrumpft war, hatten wir in den vergangenen Wochen nicht einmal die Hälfte der Ernte eingefahren. Meine Arme schmerzten bereits nach wenigen Stunden, Ilsa konnte ebenso wenig die Sense den ganzen Tag durch schwingen. Heinrich und auch die kleine Emma gaben ihr Bestes, die Ähren hinter uns einzusammeln, doch es erschien einfach nicht genug. Seitdem Vater vor drei Jahren gestorben war, schien es mit dem Hof nur noch bergab zu gehen. Ich hoffte, dass in zwei Jahren noch genug übrig sein würde, was ich Heinrich übergeben könnte: mein Bruder selbst schien den Tag, an dem er Vaters Erbe erhalten würde, schon heute kaum noch erwarten zu können.
Ein Sohn des Dorfes, Ludwig Hohenbrunn, hatte kürzlich versucht, um mich zu werben, doch ich hatte abgelehnt. Ich wusste es selbst nicht genau, aber es wäre mir wohl wie Verrat an Vater und auch an Heinrich erschienen. Über die Hälfte der Zeit war schon überstanden, in zwei Jahren würde sich alles zum Besseren wenden.
Wie so oft in vergangener Zeit schien es mir so, als würde nicht nur die Hitze in der Luft flimmern, sondern auch der rote Hauch. Ich hatte von der Hälfte unseres mühsam Ersparten kurz vor Vaters noch ein weiteres Heft erstanden, doch nichts Weiteres über Magie oder Zauberei lernen können. Immer wieder schalt ich mich selbst für die Hirngespinste, denen ich anhing, doch gleichzeitig hoffte ein Teil von mir auch dass, sobald Heinrich den Hof übernommen hatte, ich vielleicht selbst nach Weisenburg reisen könnte – vielleicht bei Matthias auf seinem Karren – um einen Magier höchstpersönlich kennen zu lernen, sodass er mit mir etwas von seinen Geheimnissen teilte. Es war ein kindlicher, ein dummer Wunsch, aber es war auch ein schöner.
„Wie ich sehe, seid ihr ja immer noch nicht sonderlich weiter als vor ein paar Tagen.“
Ich wandte den Kopf und sah am Rande des Feldes Kaspar Schmalling stehen. Unser hagerer Nachbar war seit Vaters Tod plötzlich uns besonders freundlich gesonnen gewesen, hatte Hilfe angeboten und hatte besonders mit Heinrich viel unternommen. Gewissermaßen war er ihm ein zweiter Vater geworden. Mir war der plötzliche Gemütswechsel nicht geheuer, aber mein Bruder begrüßte unseren Nachbarn lachend. Ein Stich durchfuhr meine Brust – seit Vaters Tod hatte ich ihn nicht mehr oft lachen sehen.
„Ich habe mir Folgendes überlegt:“, begann Kaspar unumwunden, nachdem er Heinrich umarmt hatte. „Es ist eine Verschwendung, dass ihr euch so abmüht, aber der alte Hof trotzdem vor die Hunde geht. Wie wäre es also, wenn ich Heinrich, nun, als meinen Ziehsohn annehmen würde?“
Heinrichs Gesicht hellte sich noch weiter auf.
„Natürlich könnte er dann – wenn die Zeit reif dafür ist, versteht sich – den Hof übernehmen. Aber bis dahin: nun, ihr seht ja, wohin das alles gerade führt. Ich und meine Knechte könnten die Felder mit bestellen, das sollte kein Problem darstellen. Und ihr, Ida, Ilsa, Emma, kommt bei meiner Frau unter und habt keine Sorgen, bis wir einen Mann für euch finden.“
„Kommt nicht in Frage!“, platzte sofort aus mir heraus. Heinrich machte ein Gesicht, als hätte ich ihn gerade getreten.
„Aber Ida, sei doch vernünftig“, meinte Kaspar beschwichtigend. „So wie es jetzt bei euch läuft, kann es doch nicht weiter gehen.“
Ich schüttelte den Kopf. Er versuchte nur, uns Vaters Erbe streitig zu machen. Den Hof übernehmen, wenn die Zeit reif sei? Wir würden unseren Besitz verlieren, um wenig mehr als Mägde in Kaspars Diensten zu sein.
„Nein. Nein. In zwei Jahren übernimmt mein Bruder den Hof, so oder so. Und wir kommen auch ohne euch bis dahin zurecht.“
Kaspar trat einen Schritt auf unser Feld zu und ballte die Fäuste. „Du solltest dir besser überlegen, dieses Angebot so vorschnell auszuschlagen. Das ist das Beste, was ich machen werde!“
Ich spuckte vor mir auf den Boden.
„Verschwinde, Kaspar. Verschwinde!“
Unser Nachbar schnaubte und wandte sich zum Gehen. Heinrichs Blick bohrte sich wie Nadeln in meinen Rücken.

Mein ganzer Körper scheint wie von Nadeln zerstochen.

Ein Schwall kalten Wassers reißt mich ins Hier und Jetzt zurück. Meine Schultern, meine Arme, meine Beine, mein ganzer Körper scheint vor Schmerz zu brennen. Ist es erst noch ein dumpfer, pochender Schmerz, der mich fast zurück in die Schwärze taumeln lässt, wird er grell und weiß, als mich ein Schlag trifft.
„Aufwachen, na los!“
Nur langsam, quälend langsam werde ich mir selbst und meiner Umgebung wieder bewusst. Ich stehe in einem Raum mit einem einzelnen Fenster, die Arme über dem Kopf zusammengebunden und an einem Pfahl befestigt. Ohne diese Aufhängung wäre ich längst zu Boden gestürzt, denn meine eigenen Beine können mich schon lange nicht mehr tragen, doch es tut weh, so weh. Mein Blick irrt weiter durch den Raum, schleichend, kaum fähig zu begreifen, was er da sieht: Bänke mit Werkzeugen aller Art, Hämmern unterschiedlicher Größen, Meißeln, Schüreisen, Messern und Geräten, die ich nicht kenne. Zwischen ihnen steht eine unauffällige Gestalt in ebenso unauffälliger Kleidung und schreit mich an, doch ihre Worte dringen nur wie durch eine Mauer zu mir durch. Eine weitere, gerüstete Gestalt hält sich im Hintergrund, halb im Schatten verborgen. Der Hammer des Sigmar, der an einer Kette um seinen Hals hängt, ist dennoch gut zu erkennen. Mein Blick wandert schließlich meinen eigenen nackten Körper hinunter. Ich erkenne mich selbst kaum wieder und wundere mich, dass ich noch stehen kann. Der Gerüstete macht eine Bewegung, und der andere verstummt.
„Das Geständnis ist unterschrieben und besiegelt, das Urteil gefällt und wird noch am heutigen Tage vollstreckt. Diener des Chaos, Hexen, kann nur eine Bestrafung zuteilwerden.“
Erinnerungen sickern in meinen Verstand ein: Bewaffnete, die nachts in unseren Hof dringen, die Anklage ausrufend. Nur zäh bewegen sich meine Gedanken. Geständnis? Ich erinnere mich, was ich alles gesagt habe, nur um die Schmerzen zu beenden, um nur einen Augenblick Frieden zu finden.
„Die Scheite sind bereits aufgeschichtet. Hier, Kurt, zieh ihr das über, um ihre Blöße zu verdecken.“
Der Mann mit Namen Kurt nimmt das Leinengewand auf und macht sich in aller Ruhe daran, meine Fesseln zu lösen. Ich versuche, etwas zu sagen, doch stammle nur unverständliche Laute. Meine Augen brennen.
Nur gestützt gelange ich aus dem Zimmer hinaus nach draußen. Die Nacht ist hereingebrochen – ich weiß nicht, welche – doch der Platz ist erleuchtet von mehreren Fackeln. In seiner Mitte steht wie ein künstlicher Hügel ein Monument aus Reisig und Holz, aus dem ein einzelner Pfahl in den Himmel ragt. Das ganze Dorf scheint auf dem Platz versammelt, steht stumm und sieht anklagend zu mir hin. Menschen, die ich Freunde, Bekannte genannt habe – sie alle wenden den Blick ab, als der meine den ihren trifft.
Der Mann mit Namen Kurt zieht mich mehr zu dem Pfahl, als dass ich selber gehe, und bindet mich fest wie er es schon zuvor getan hatte. Ich empfinde es fast als Erleichterung, endlich nicht mehr selbst stehen zu müssen.
„Im Namen des Ordens der Templer des Sigmar“, begann der Gerüstete nun laut zu der Menge zu sprechen, „verkünde ich, dass diese Frau der Hexerei schuldig gesprochen wurde. Kaspar Schmalling bezeugt, dass sie seine einzige Kuh verhexte, auf dass sie krank wurde und starb; Ludwig Hohenbrunn legte Zeugnis ab, dass sie versuchte, ihn mit einem Liebeszauber zu verführen; Heinrich und Emma bezeugten, dass sie des Nachtens okkulte Werke des Chaos studierte.“
Mein Blick fiel auf meine Geschwister. Heinrich sah mich trotzig an, während die kleine Emma nicht recht zu verstehen schien, was um sie herum geschah. Ilsa wiederum sah entsetzt zu den beiden. Mir traten erneut Tränen in die Augen. Ich sehe Kaspar, der selbstzufrieden lächelt, und beginne zu verstehen.
„Schließlich hat sie sich noch selbst bezichtigt, dass sie die letzten drei Vollmonde im nahen Wald mit den Tiermenschen allerlei Unzucht getrieben hat, um ihre finsteren Kräfte zu stärken, um anschließend einen Dürrezauber über das gesamte Land zu legen.“
Jeder Punkt ist bereits von Buhrufen und Pfiffen unterlegt worden, doch nun erhebt sich ein schier infernalisches Geschrei. Ich schließe die Augen, weil ich nicht in ihre Gesichter blicken kann, nicht auf den Gerüsteten, der sich mit einer Fackel in der Hand mir nähert.
„Möge das Feuer sie reinigen, damit auch diese gemarterte Seele ihren Weg zu Sigmar finden kann. Möge die Verderbnis vergehen und nichts als die Unschuld zurückbleiben. Verbrenne.“
Mit diesem letzten Wort scheint er die Fackel auf den Scheiterhaufen geworfen zu haben, denn ich fühle, wie rasend schnell sich Hitze unter mit mir ausbreitet. Erste Flammen lecken höher und greifen nach meinen Zehen, hinterlassen schmerzhafte Brandmale – ich beiße mir auf die Zunge und nehme mir vor, nicht zu schreien, was auch noch kommen möge. Rauch treibt mir Tränen in die Augen und zwingt mich, sie zu öffnen.
Um mich herum ist schwarzer Qualm. Feuer schießt in die Höhe, wo es Reisig verzehrt, und kriecht von allen Seiten an mich heran, leckt höher und höher. Ich sehe erneut den roten Hauch, wie er leuchtend hell wie nie zuvor über den Flammen tanzt und mich von allen Seiten liebkost.

Mir entfährt ein heiseres Lachen und obwohl meine Arme gebunden sind, tauche ich in ihn ein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Servus,

ein trauriges Schicksal, was die Protagonistin hier erleidet. Trotz Ihrer Anstrengungen für die Ihren zu sorgen, wird Sie verraten und gerichtet. Die Einstellung der Warhammer Welt wird hier sehr gut verdeutlicht, ebenso wie die Abgründe der Menschen, welche sich ab und an auftun.

Atmosphäre passt. Sprachlich auf hohem Niveau. Ich tendiere zu 4-5 Punkten.

Grüsse

Ludin
 
Träume eines Mächens:
Eine der Fantasy-Geschichten und dazu eine, die wie „Nordwesttribüne 52Delta“ hart am Wortlimit operiert hat. Leider merkt man der Geschichte das hier und da an, versucht sie doch, mehr als 10 Jahre und irgendwie auch noch Spannungsbogen, Charakterentwicklung und Atmosphäre auf 3000 Wörter zu pressen.
Das ist hier und da schief gegangen. Die einzelnen Abschnitte wirken etwas zu kurz, und kaum hat man sich in sie eingelesen, ist auch schon wieder ein Zeitsprung da. Dementsprechend ist auch der letzte Absatz eher unsauber eingeführt, Stringenz der Handlung sieht anders aus.
Nichtsdestotrotz eine Geschichte mit einem ungewöhnlichen Themenfeld, einer ungewöhnlichen Perspektive und recht guter Sprache.
Ich tendiere hier derzeit zu fünf Punkten.
 
Gute, vielleicht etwas absehbare, Geschichte. Schön wie die eingeschobenen Sätze [Nur für einen kurzen Augenblick scheint mein Körper zu brennen.] die am Anfang eigentlich keinen Sinn ergeben, sich auf das dramatische Ende beziehen. Dadurch, und weil das Mädchen nicht zaubern kann obwohl sie daran glaubt, entsteht eine sehr reelle Darstellung des wirklichen Mittelalters. Vielleicht ein bissel zu real, eine Prise mehr Fantasy hätte mir gut getan...

Bewertung: 5 Punkte
 
Ich muss sagen das die Geschichte mir persönlich sehr gut gefallen hat, obwohl ich eigentlich Fantasy Geschichten gegenüber immer etwas kritischer bin. Zu Beginn liest es sich ein wenig wie eine (sehr gut geschriebene) Hintergrundstory für einen RPG-Charakter. Dann kommen wir aber zum traurigen, dramatischen und für mich auch überraschenden Ende. Bravo - die düstere, schmutzige Warhammer Welt sehr gut eingefangen für meinen Geschmack.

Zwei kleine Kritikpunkte:
Die Übergänge zwischen den Absätzen sind etwas harsch, nach den ersten beiden hat man sich aber daran gewöhnt.

Der Geschichte hätte es denke ich sehr gut getan wenn es noch 500 Wörter mehr hätten sein dürfen. So sind aber nun mal die Beschränkungen des Wettbewerbs und das ist auch gut so.

Tendenz: 5-6 Punkte
 
Eine sehr gute, wenn auch trauige Geschichte mit mehr als einem Körnchen Wahrheit aus dem realen Mittelalter und den Hexenverfolgungen. Genau so, könnte es sich damals abgespielt haben - aus reiner Habgier und vermeintlich verkannter Liebe werden Leben und Familien von der blinden Obrigkeit zerstört und die Reichen bereichern sich am Schicksal der Armen in einer patriachischen Gesellschaft.

Gelungen!
 
Was für eine traurige Geschichte! Und doch, wie ich befürchte, aus dem Leben gegriffen. Sei es nun jenes im Mittelalter oder in der frühen Neuzeit, ist ja eigentlich auch egal.

Der Schreibstil wirkt gekonnt und ist über jeden Zweifel erhaben. Der Autor navigiert den Leser zielsicher durch die Geschichte, die er erzählen möchte, beschreibt Details und entwickelt Charaktere. Die zwischen den Abschnitten eingeschobenen Sätze sind ein interessantes Element. Technisch gesehen auf jeden Fall großes Kino.

Das Problem ist jedoch der fehlende Spannungsbogen. Sicher, man möchte wissen ob Ida wirklich magisches Potential hat, oder doch nur wie ihr Vater sagt, Flausen im Kopf hat. Dieser Aspekt allein genügt jedoch nicht als zentrales Element, um den Leser wirklich bei der Stange zu halten, sondern reicht gerade mal, um bis zum Ende durchzuhalten, wo dann die Schluss-Sätze erstmals wirklich Gänsehaut produzieren.

Ich bin mir hier bei der Bewertung noch etwas unsicher und schwanke zwischen 4 und 5 Punkten.
 
Zuletzt bearbeitet:
:huh: Du hast in deinem Beitrag trotzdem vom gesprochen von daher ist es etwas widersprüchlich.
Zu meiner Aussage: Hier mal was dazu, ist zwar "nur" Wikipedia, wer sich aber näher mit den Quellen beschäftigt, wird das nur unterstützen können.
Was hattet ihr eigentlich für einen schlimmen Geschichtsunterricht?

So und jetzt ist genug OT.

Man verzeihe mir meinen Frevel und meine Unwissenheit. -_-

Ich bin mir hier bei der Bewertung noch etwas unsicher und schwanke zwischen 4 und 5 Punkten.

5🙂
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Angenehm hierbei ist der Blick aufs Hinterland, abseits der Schlachten. Und trotzdem kommt Spannung auf, oder eben Neugier. Die Abgründe menschlicher Machenschaften sind aktuell wie eh und je.
Dass dieses Machwerk auch ohne den Hintergrund Warhammer Fantasy stehen könnte, ist kein Nachteil, denn auch GW orientiert sich an der Vergangenheit (warum auch nicht?, oder anders: wie sonst?).
Einzelne Fehler im ersten Drittel sind verschmerzbar, gesellen sich aber zum Gefühl suboptimaler Erzeugung von Spannung.
Da ich aber nicht genau sagen kann warum ich dieser Kurzgeschichte keine 6 Punkte geben soll tendiere ich gerade hierzu. Mal abwarten was die anderen Autoren noch zu bieten haben.
 

Da ich selbst lange Zeit dieses Wort falsch verwendet habe, kann ich denke ich ohne allzu klugscheißerisch zu wirken darauf hinweisen:

http://de.wiktionary.org/wiki/Machwerk

"Machwerk" bezieht sich stets in einem negativen Kontext auf eine Kreation und ist von der Wortbedeutung her nicht positiv gemeint. War mir auch lange nicht klar, bis mich hier im Forum irgendwann Goatmörser mal drauf hingewiesen hat. Da ich mal denke, dass du das Werk eher loben möchtest, wenn du in Richtung 6 Punkte tendierst, wollte ich das mal anmerken. ^_^

Ansonsten schön, dass die Diskussionen hier noch nicht tot sind. Ist ja nun nach einem 3tägigen Ansturm doch plötzlich sehr ruhig geworden, im Wettbewerb.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da ich selbst lange Zeit dieses Wort falsch verwendet habe, kann ich denke ich ohne allzu klugscheißerisch zu wirken darauf hinweisen:

http://de.wiktionary.org/wiki/Machwerk

"Machwerk" bezieht sich stets in einem negativen Kontext auf eine Kreation und ist von der Wortbedeutung her nicht positiv gemeint. War mir auch lange nicht klar, bis mich hier im Forum irgendwann Goatmörser mal drauf hingewiesen hat. Da ich mal denke, dass du das Werk eher loben möchtest, wenn du in Richtung 6 Punkte tendierst, wollte ich das mal anmerken. ^_^


auf der Seite findest du aber auch den Hinweis:
nicht wertend, veraltend: etwas Erzeugtes, Geschaffenes

Gut, da steht veraltet, aber hey, wir sind doch alle Autoren und bedienen und des Öfteren mal veralteter Sprache.

Dennoch danke für den Hinweis, ich wusste das so auch noch nicht.

Ansonsten schön, dass die Diskussionen hier noch nicht tot sind. Ist ja nun nach einem 3tägigen Ansturm doch plötzlich sehr ruhig geworden, im Wettbewerb.

ja, so sieht es leider aus. Einige sind jetzt komplett durch mit ihren Wertungen und andere haben sich bisher noch gar nicht so recht gemeldet. Obwohl ich sowohl Sarash als auch Nakago in den ersten Tagen hier sehr viel online gesehen habe, sind Posts von beiden doch recht rar.

Also 8 Bewertungen sollten eigentlich noch kommen. Ich hoffe einfach, dass am Wochenende mal wieder etwas mehr los ist. In der Woche habe ich ehrlich gesagt auch nicht wirklich Lust, hier noch ordentliche (und alles andere wäre unfair) Kritiken zu schreiben.
 
Auch mir hat die Geschichte sehr gut gefallen und das obwohl ich eher der WH40K Fan bin. Ich finde das dieses Werk ausgezeichnet in die WHF Welt passt. Für meinen Geschmack ein wirklich messerscharfer Schreibstil der beschreibt was es zu beschreiben gilt und auf unnötige Schnörkel verzichtet. Die Charaktere werden gut eingeführt und im Laufe der Erzählung schön weiter entwickelt. Besonders erwähnenswert fand ich das am Anfang vermittelte Bild des Dorflebens. Ach der Blick es gepeinigten Mädchens auf die Folterinstrumente ist hervorragend umgesetzt. Der Ablauf ist in sich stimmig und macht die traurigen Geschehnisse daher sehr glaubhaft. Auch hier möchte ich wieder etwas besonders hervor heben, nämlich wie sich am Ende die unterschiedlichen Figuren aus unterschiedlichen Antrieben zusammen finden um negatives Zeugnis über die Protagonistin abzulegen. Von mir gibt's zwischen 5 und 6 Punkten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine Verwendung des Wortes Machwerk war nicht abwertend gemeint. Danke für die Info, ist mir tatsächlich noch nicht bewusst gewesen, dass ein abwertender Unterton damit verbunden sein soll. Und im Duden stehts auch.

Dass meine Kommentare bei den 40K Geschichten noch dauern liegt daran, dass ich mich da noch hin und wieder in die Materie einlesen muss. Ist ja noch etwas Zeit, aber ich denke in den nächsten Tagen hab ich alle Geschichten durch.
 
Auch hier steht noch eine Bewertung meinerseits aus, ein Versäumnis, das ich nun aufholen möchte.

Also meiner Meinung nach ist dies die beste Geschichte in diesem Wettbewerb, auch wenn sie nicht fehlerfrei ist.

Sprachlich spielt sie auf jeden Fall in den oberen Rängen und braucht sich nicht vor der Konkurrenz zu verstecken. Die Beschreibungen zeichnen ein sehr schön vorstellbares Bild und ziehen den Leser leicht in die Geschichte. Die Ausführungen sind ruhig und ohne Hektik, die Wortwahl überzeugt fast immer.
Ein paar Wiederholungsfehler sind drin (und mir sind bei der Korrektur auch ein paar Dinge durch die Lappen gegangen, wofür ich mich entschuldigen möchte) und besonders im letzten Teil gabs auch ein paar Tempusfehler. Ich persönlich finde ja auch, dass Präsens in Erzählungen nichts zu suchen hat, aber die Wahl seiner Stilmittel obliegt nunmal dem Autor und soll hier kein Kritikpunkt sein. Dann aber bitte beim nächsten Mal genauer darauf achten, dass sich da nicht doch wieder Präteritum einschleicht.

In Sachen Charakter ist dies hier wirklich die beste Geschichte des Wettbewerbs. Nicht nur die Hauptprotagonistin sondern auch die meisten der übrigen Figuren kommen sehr überzeugend rüber, man kann sich gut in sie hineinversetzen und besonders die Hoffnungen und Ängste der Ich-Erzählerin nachempfinden (hat sie eigentlich einen Namen?)

Ich möchte den Autor allerdings bitten, nochmal über die intellektuellen Fähigkeiten von Kindern nachzudenken. Mit 11 Jahren sollte man schon verstehen, was es bedeutet, wenn der Vater derart krank ist. Allein schon von der Stimmung im Raum her, die Kinder bekanntlich besonders gut wahrnehmen, sollte da nicht nach Spielen zu mute sein.
Gleiches gilt auch für für die Emma im letzten Abschnitt. Mit 12(? so ganz ist mir nicht klar, wie viel Zeit zwischen den letzten beiden Teilen vergeht) sollte man es schon kapieren, wenn da gerade die Schwester zum Tode verurteilt wird. Ist jetzt meine persönliche Einschätzung anhand meiner eigenen Erinnerungen, aber ich fand diese völlige Naivität, die in der Geschichte dargestellt wurde, sehr unglaubwürdig.
Bedenke vor allem: Die Protagonistin hat mit 10 Jahren schon ihren Vater bestohlen ...

Ansonsten wäre höchstens anzumerken, dass ich die Szene mit dem Nachbarn recht klischeehaft fand, aber das ist nun wirklich eine subjektive Einschätzung und auch kein großer Kritikpunkt.
Man hätte ihn allerdings noch ein bisschen freundlicher/schmeichelnder darstellen können. Also ich fand die Aussage, der würde sich besonders freundlich verhalten, und seine tatsächlichen Worte recht widersprüchlich. Ich traue dem Autor zu, das besser zu können.
Ich weiß, die Geschichte wurde erst am vorletzten Tag geschrieben, aber das ist halt keine Entschuldigung. "Tränen" hab ich wirklich am Abend des Einsendeschlusses geschrieben.

Gut, zum Inhalt der Geschichte. Ich glaube, hier wurde einmal kritisiert, dass die Geschichte keinen rechten Spannungsbogen hat. Das stört mich hier, anders als bei "Auf zu großen Taten" nicht. Die hier wiedergegeben Ausschnitte aus dem Leben des Mädchens in Verbindung mit dem Thema der Magie schaffen es, auch ohne Spannung Interesse zu wecken. Und die kurzen Sätze zwischendurch machen natürlich auch neugierig. Zuerst dachte ich, das wären Zeichen erwachender Kräfte, aber die Auflösung am Ende kam dann doch überraschend. In der Hinsicht auch großes Lob.

Was ich nicht ganz nachvollziehen kann: Weshalb wird das Ende als für die Hauptperson tragisch verstanden? Ich würde nicht sagen, dass sie verbrennt. Ich verstehe den letzten Satz so, dass sie es dann endlich tatsächlich schafft, die Feuermagie zu fassen. Und wenn sie erst einmal darüber gebietet ... hähähä 😀
Aber gut, das ist vielleicht auch Interpretationssache und vermutlich absichtlich vom Autor nur angedeutet.

Die Parallelität zur tatsächlichen Hexenverbrennung ist natürlich durchaus lobenswert und auch wenn die Frage zumindest in unserem Land nicht mehr so aktuell ist, ist dies dennoch eine gelungene Wiedergabe tatsächlicher Geschehnisse und damit eine wunderbare Mahnung. Macht diese Geschichte zur zweiten in diesem Wettbewerb, die mehr als nur erzählen will. Weiß ich zu würdigen.

Was mir nicht so gefallen hat, ist das, was andere bei "Ein Mädchen, das Gretchen" kritisiert haben, nämlich dass mir hier doch die Fluffrelevanz fehlt. Hätte es nicht die Andeutungen gegeben, dass es tatsächlich die Winde der Magie gibt, dann hätte diese Geschichte eigentlich kaum noch etwas mit Fantasy zu tun. Ich bin mir auch nicht ganz sicher, aber von Hexenverbrennungen im Imperium habe ich so eigentlich noch nicht gehört. Ist ja schon komisch: Erst werden Magier als toll dargestellt, aber dann wird eine potentielle Zauberin einfach hingerichtet? Unabhängig davon, ob es dem Fluff entspricht oder nicht, hätte ich mir da im ersten oder zweiten Teil ein paar Hinweise gewünscht, dass zum Beispiel nur männliche Magier ausgebildet/geduldet werden oder etwas allgemeiner, dass es halt vorkommen kann, dass man verbrannt wird, wenn man sich ohne den Segen der Magierorden mit Hexerei beschäftigt. Irgendwas wäre da doch sicher möglich gewesen.

Ich weiß, das ist schon wieder meckern auf hohem Niveau, aber dort rangiert diese Geschichte nun einmal.

Fazit: Eine durchaus überzeugende, sprachlich wunderbare Geschichte mit schönen Charakterdarstellungen und einem pädagogisch wertvollen Thema, die aber leider an Kleinigkeiten wie Tempusfehlern, übertriebener Naivität von Jugendlichen und der doch etwas zu starken Realitätsnähe kränkt.
Ich halte hier 5 Punkte für angemessen. Die Wertung tendiert in Richtung der 6, aber dafür reicht es in meinen Augen dann leider nicht.