40k Für alle Ewigkeit - Teil 1 bis 16 online - Stand 17.03.10

Connor

Aushilfspinsler
06. Oktober 2009
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Hallo zusammen.

Sehr lange ist es her wo ich diese Geschichte geschrieben habe. Einige fanden sie sogar sehr gut. Anscheinend so gut, dass sie sogar nach fast 4 Jahren immer noch darum bitten sie endlich zu Ende zu schreiben.

Daher habe ich meine bisher geschriebenen Teile alle überareitet und gleich weiter gemacht.

Viel Spaß beim lesen!

Kritik & Anregungen sind in jeglicher Form erwünscht und gewollt!


*Teil 16 ist jetzt online! Es geht weiter!*



Hier für alle eine Übersicht aller wichtigen Charaktere!


Oberst Ilja Eden

Semjon Eden

Veteranensergeant Wijan Trejas

Sergeant Igor Jaija

Großinquisitor Julio Hernan

Großinquisitor Reon Hernan

Sororitas Principalis Hanna Rarowin

Sororitas Prioris Lina Erowin

Kommissar Heinrich Bergmann

Systemarchitekt Wevej Mior
 
Zuletzt bearbeitet:
Für alle Ewigkeit

- Ich komme -




Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Das Zelt der Nacht hing über ihren Köpfen, jedoch war kein einziger Stern am Himmel zu sehen. Die dichten Rauchschwaden hingen wie ein ewiger Schatten über ihnen. Es war stockfinster und ein eisiger Wind wehte durch die Schützengräben. Alles schien zu schlafen. Die Männer die seit Wochen hier die Stellungen hielten, die Geschütze die Tag für Tag und Nacht für Nacht bis zum glühen feuerten, die Titanen die mit ihren mächtigen Schritten die Erde erzittern ließen und die gelegentlichen Bomberwellen die mit kreischenden Triebwerken weit oben im Himmel flogen. Alles schien zu schlafen. Doch es waren alle wach, bis auf jene die nie mehr erwachen würden. Sie ruhten hier auf dem Schlachtfeld, in den Gräben oder verteilt in alle Himmelsrichtungen.

Die wabernden Rauchschwaden zogen wie sanfte Wellen weiter gen Osten. Nichts als Stille und Dunkelheit. Die Soldaten in den Gräben waren in dunkelgrüne Uniformen gekleidet und verschmolzen mit ihrer Umgebung zu einer einzigen Masse aus Dunkelheit. In diesen Nächten hatte man das Gefühl der Einzige auf dieser verfluchten Welt zu sein. Wenn nicht gerade jemand neben einem stand kam man sich vor wie der letzte Mensch im Universum. Nur die ab und an vorbeistapfenden Kammerraden gaben einem das Gefühl von Sicherheit. Doch auch diese Sicherheit, zu wissen man ist nicht alleine, beruhigte hier keine Seele.

Wie lange sollten wir hier noch standhalten? Wie lange können wir hier noch standhalten? Wie viele sollten sich noch für Ewig schlafen legen? Sollen wir hier ewig ausharren und alles was sich uns in den Weg stellt bekämpfen und vernichten? Ja? Dann, oh großer Imperator gib uns die Kraft und den Mut hier im Namen des Imperiums zu bestehen. Für Euch, für das Imperium und für die Armee.

Der Wind frischte wieder etwas auf. Ilja hob den Blick und blickte misstrauisch in die vor ihm liegende Dunkelheit. „Sir, woran denkt ihr?“ fragte ihn sein Funker, der in der schmalen Einbuchtung unterhalb von ihm saß. Semjon war gerade 18 geworden und ein wirklich guter Junge. Feuer im Herz und Eifer in den Augen. Er wollte kämpfen! Das spürte Ilja vom ersten Tag an. Es war gerade einmal zwei Wochen her, als der jungen Funker in seinen Stab kam. Sein Vorgänger, Juas, ein ebenfalls wirklich guter Mann, hatte sich beim letzten Gefecht am Vortag zur ewigen Ruhe gelegt. Semjon kam mit einen der letzten Versorgungsschiffen hier an. Mit einen der letzten die ausgesandt wurden, bzw. die es bis hierher schafften.

Nun blickte er diesem Jungen, wie schon so oft, von seinem Kommandoposten herab an. Seine azurblauen Augen strahlten wie zwei Saphire in der Nacht. „Ich denke über unsere Situation nach Semjon!“ antwortete Ilja warm. „Sir?“ fragte Semjon zögernd. „Ja!“ entgegnete Ilja, der immer noch die Umgebung mit seinem Blick absuchte. „Wir werden sterben, nicht wahr?“ fragte er mit gesengtem Blick und einem Tonfall der die Frage schon zu einer Feststellung machte. „Ja! Irgendwann müssen wir alle sterben!“ entgegnete Ilja der seinen Blick nach wie vor in der eisigen Umgebung schweifen ließ. „Sir, ich weiß, dass wir irgendwann einmal alle sterben müssen. Allerdings glaube ich, dass dieses irgendwann nicht mehr all zu lange auf sich warten lässt.“ antwortete Semjon ruhig und scheinbar wissend. Ilja erinnerte sich an den Semjon vor zwei Wochen. Ein stolzer junger Soldat der bereit wahr für das an was er glaubt zu sterben. Für den Imperator, für das Imperium und für die gesamte Menschheit. Doch wie alle jungen Soldaten weiß er noch nicht was Krieg heißt. Jetzt weißer es, und jetzt weiß er auch das er auf dem Schlachtfeld sterben wird. Vielleicht schon auf diesem. Vielleicht auf irgendeinem anderen. Wer weiß das schon, dachte Ilja und erinnerte sich an die vielen Soldaten die dieses Wissen nie erlangen konnten. Zu schnell kam der Tod mit seinen eiskalten Klauen und raubte sie der sterblichen Welt.

Doch wer begreift, dass er sterben wird, wer weiß, dass er sterben wird, der klammert sich mit aller Kraft am Leben fest und kämpft darum. Wer so weit ist, der ist ein Soldat. Ein Soldat des Imperiums.

„Mein Sohn, es liegt nicht alleine in unserer Hand wann wir sterben. Wir können lediglich die Optionen nutzen die das Schicksal uns gibt um so lange wie möglich dem Tode zu entrinnen. Der Tod kommt, aber er kann auch warten. Er ist oft raffgierig aber auch genauso oft unberechenbar was seine Entscheidungen angeht. Und glaube mir, auf uns wird er noch eine Ewigkeit warten müssen. Das verspreche ich, so wahr ich hier stehe.“ sprach Ilja mit sicherem und stolzem Blick.

Semjon hob den Kopf! Sein Funkgerät begann zu rauschen und zu knacken. Er riss die Augen auf und setzte sich geschickt das Headset auf. Ilja blickte weiter in die Ferne Dunkelheit und blickte scheinbar durch die undurchdringliche Schwärze. Semjon gab den Funkspruch lautstark durch. Es begann die Ewigkeit vor der Schlacht die jedes Mal in Iljas Kopf herrschte wenn der Kampf begann. Alles schien still zu stehen. In seinem inneren Auge erschienen seine Frau, seine drei Töchter und sein Sohn die er allesamt bereits zu Grabe tragen musste. Er sah seine Heimat und all die Erinnerrungen seiner Kindheit. Wie ein Film liefen die Bilder vor seinem inneren Auge ab. Er atmete tief ein. Schloss die Augen und blickte zu Semjon. Dieser stand vor ihm und schrie irgendetwas durch das Funkgerät und deutete auf den schwarzen Horizont.

Es begann wieder! Wieder würde der Tod nicht lange warten müssen und wieder würden viele für immer einschlafen. Vielleicht diesmal auch er selbst. Wer weiß, dachte er, was das Schicksal mir diesmal für eine Option gibt. Im Augenwinkel meinte er den neugierigen Blick des Todes zu spüren. Ilja schüttelte ihn lächelnd ab.

Er zog seinen Mantel eng an sich, schob seinen Hut an seinen Platz und nahm sich seine treue Laserpistole. Er steckte sie mechanisch in den Halfter und zog eine alte Metallkiste unter seinem Kartentisch hervor. Die Powerfaust erwachte mit einem kleinen Zittern und leisen Summen aus ihrem Schlaf. Sie war matt und mit unzähligen Kampfspuren überseht. Lächelnd streckte Ilja den Mittelfinger der mächtigen Faust Richtung Feind. Er holte die Laserpistole wieder aus seinem Halfter. Wie viele Feinde er mit ihr schon in die Höllenfeuer geschickt hatte wusste er nicht. Er tastet suchend nach seinem Ehrenmedaillon. Möge es ihm die Stärke und den Mut geben den er brauchen würde. Tod und Vernichtung den Feinden des Imperiums. Für den Imperator!

Semjon schrie immer noch in das Funkgerät. Ilja blickte ihn mit einem alles sagenden Blick an. Der junge Soldat schrie weiter in das Funkgerät. Die Befehle zerrten das Heer aus dem unruhigen Schlaf. Überall begannen die Vorbereitungen. Ilja hörte ihn nicht mehr, als er an ihm vorbei ging. In seinem Kopf herrschte Stille. Nur das sanfte Summen eines Liedes das ihm seine Mutter einst vorsang hallte wie eine entfernte Erinnerung in seinem Kopf.

Er wusste, dass er heute sterben würde. Er wusste, dass er heute sich für immer schlafen legen würde. Er wusste, dass er heute dem Tod in Augen blicken würde. Doch er wusste auch, dass er das auch wollte. Wie schon so oft. Das er diesen Tag seit Ewigkeiten herbeisehnte. Denn dann würde er sie alle wieder sehen. Seine Frau, seine Töchter und alle die ihm genommen wurden. Er hatte sie lange genug gerächt. Hatte lange genug gegen alles gekämpft um den Schmerz zu vergessen. Doch heute würde das hier enden und dort oben bei seinen Liebsten neu beginnen.

Er hatte keine Angst vor dem Tod. Er hatte ihn schon zu oft berührt und entgegengeblickt. „Ich komme.“ hauchte er mit rauer Stimmer in die Nacht, ehe er mit sicheren Schritten mit seinen Soldaten losrannte. Mann neben Mann, dem Feind entgegen. Durch Krater, vorbei an den ewig schlafenden, durch den Feuerhagel und hinein in die Schlacht. So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Der ewige Eden -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Ilja schlug die Augen auf. Nichts als Dunkelheit. „Bin ich Tod?“ fragte er sich mit schon fast hoffender Stimme selbst. Nichts. Keine Antwort. Ilja lauschte in die Dunkelheit die ihn völlig zu umgeben schien. Nichts. Oder? Doch. Da war etwas. Ganz leise, aber dennoch hörbar. Er schloss die Augen und versuchte das Geräusch zu erkennen. Ilja erkannte das Geräusch. Doch es war weder ein vorbeirollender Panzer, noch war es das Geräusch vieler Stiefel die leise umherstapften. Auch war es keiner der bebenden Schritte der Titanen. Es war sein Herz! Das trommelnde Pochen seines Herzen das kraftvoll und rhythmisch in seiner Brust pochte als wolle es herausbrechen.

Er lebte immer noch. Warum? Sollte er sich jetzt darüber freuen, wieder einmal überlebt zu haben? Er hatte ihn wieder gesehen. Den Tod. Wie er durch die Reihen der Soldaten wandelte und einen nach dem anderen mit sich nahm. Wie schon so oft. Wahrscheinlich schon zu oft. Denn er empfand keine Furcht als er ihn spürte. Er spürte ihn ganz nah. Er hatte seine kalten Klauen nach ihm ausgestreckt. Doch nur um ihm zu sagen, dass seine Zeit noch nicht gekommen ist. Warum? Er wusste es nicht.

Ilja versuchte sich zu bewegen. Er spürte einen stechenden Schmerz der gleichermaßen seinen Körper wie seine Seele zu quälen schien. Er wusste, dass er nicht Tod war, aber dennoch fühlt er sich momentan nicht weit weg von ihm. Eigentlich könnte ich einfach liegen bleiben und warten bis ich auf ewig einschlafe. Warten bis er mich holt, dachte Ilja. Doch eine innere Stimme sagte ihm „Steh auf Soldat! Deine Pflicht ist noch nicht erfüllt!“ Und er stand auf. Er spürte jede einzelne Bewegung, jede Sehne, jeden Muskel und jeden Knochen. Sowohl jene wo noch ganz waren, als auch jene die gebrochen oder gerissen waren. Er kannte dieses Gefühl. Konnte es aushalten. Jeder Teil seines Körpers schmerzte höllisch. „Oh, großer Imperator, gebe mir die Kraft aufzustehen und meine Pflicht zu tun.“ sprach er so laut er konnte. Wie oft hatte er diesen Satz schon gesprochen. Er ist immer und immer wieder aufgestanden. Egal was kam.

Ilja stand. Inmitten des Schlachtfelds in dem er zuvor noch gekämpft hatte. Langsam krochen die Erinnerungen wieder in seinen immer noch vernebelten Verstand. Die Trommelfeuer der Maschinenkanonen. Explodierende Fahrzeuge. Unzählige Todesschreie. Lichtblitze die die Nacht erleuchteten. Die Schritte der Titanen die den Boden unter den Füßen erzittern ließen. Der Gestank von Tod und Angst. Ja. Angst lag in der Luft. Das konnte er riechen. Denn er hatte es schon oft, sehr oft gerochen. Zu Beginn bei sich selbst und am Ende als stetigen Geruch auf dem Schlachtfeld oder in den Gräben. Das ist der Krieg! Der Krieg in dem er seit schier endloser Zeit an vorderster Front kämpfte. Wie lange schon? Er wusste es nicht. Wollt es nicht wissen.

Ilja blickte traurig um sich. Alles schlief. Zu viele, wie seit Anbeginn der Zeit. Wie viele es diesmal waren wollte er erst gar nicht wissen. Wie viele unter seinem Kommando bereits gefallen waren wusste er nicht, und auch das wollte er ebenfalls nicht wissen. Allein der Gedanke an die zahllosen Witwen und Vaterlosen Kinder machte ihn traurig und zornig zu gleich.

Tod den Ungläubigen. Tod den Feinden des Imperiums. Tod allem was sich dem Imperator widersetzt, dachte er während er schmerzverzerrt die knackenden Fäuste ballte.

Ilja spürte Wärme in sich. Sein Herz brannte. Ein Feuer, entzündet vom Zorn und ernährt vom Hass. „Der Tod kann warten, und er wird warten. Auf mich jedenfalls wird er warten müssen. Ich habe lange genug auf ihn gewartet“ schrie er in die Nacht. Er war sich sicher, dass er ihn hören würde. Er war allgegenwärtig.

Er lief los. Vorbei an den unzähligen Toten. Vorbei an ausgebrannten oder noch brennenden Fahrzeugen und durch metertiefe Krater. Er lief und lief. Nur Tod und Flammen. Durch die Dunkelheit und vorbei an alle dem Grauen. Er musste sich nicht einmal umsehen um zu wissen wo er hin musste. Er rannte nun schon fast. Er spürte keinen Schmerz mehr. Er spürte nur noch den inbrünstigen Hass in seinem Herzen.

Er atmete schwer, während der Schweiß langsam an seiner Stirn in kleinen Tropfen über sein verrußtes Gesicht lief. Die Schweißtropfen vermischten sich allmählich mit denen seiner Tränen. Urplötzlich begann der Schmerz von neuem. Alles schmerzte wieder. Es lag wohl am zu schnellen Laufen. Doch er konnte jetzt nicht langsamer laufen. Er musste rennen. Es kam ihn vor als würde er jeden Moment tot umfallen. Nein! Nicht jetzt! Nicht hier! Er blieb abrupt stehen.

Die Frontlinie mit all den Bunkeranlagen erhob sich dunkel und drohend vor ihm. Eine Betonfestung, erbaut von den Söhnen des Imperators und geschmiedet in der Schlacht. Er blickte stolz über die Anlage. Das war seine Heimat. Hier hatte er alles vernichtet und zurückgeschlagen was der Feind ihm entgegen warf. Er war nicht irgend ein daher gelaufener Kommandant. Er war Ilja! Oberst Ilja Eden, Kommandant des 4. Trion! Und er war der Beste den Trion je gesehen hatte.

Ilja sah plötzlich einen Trupp Soldaten auf ihn zugestürmt kommen. Er blieb stehen und atmete tief ein und aus. Die Luft schmeckte kalt, stickig und rauchig. Er schmeckte Blut. „Oberst Eden! Welch ein Wunder, ihr seid am Leben.“ sprach einer der Soldaten, die ihn so eben erreichten, voller freudiger und Ehrfurcht. „Ja Soldat, ich lebe. Aber Wunder, die gibt es nicht. Nicht hier.“ erwiderte Ilja kühl und blickte ihn leer an. Eigentlich klang diese Bestätigung eher überflüssig, doch unter den Soldaten gibt es die Legende vom „Ewigen Eden“. Sie hielten ihn im Grunde für unsterblich. Vielleicht war er es ja auch, dachte er sich manchmal. Und selbst wenn Ilja eines Tages doch von ihnen gehen würde, so würde er doch immer bei ihnen bleiben. In ihren Herzen, in ihren Gedanken, in ihren Gebeten und in ihren Legenden. „Der ewige Eden!“

„Der Feind formiert sich neu Oberst. Wir haben versucht erneut mit Monglor Kontakt aufzunehmen.“ sagte der Sergeant ohne weiter auf die bereits erstickte Wiedersehensfreude der Soldaten einzugehen, was Ilja durchaus entgegenkam. „Und? Antwortet Monglor?“ fragte Ilja fordernd. „Negativ Oberst. Seit dem wir die Verbindung vor zwei Stunden verloren haben, konnten wir bis auf die beiden Mondstationen niemand weiteres kontaktieren.“ Der Sergeant pausierte kurz, als ob er überlegen müsste ob er das folgende wirklich sagen sollte. „Laut den Berichten vom Mond Ivos 3, den wir kontaktieren konnten, scheint Monglor in den Armageddon Krieg hineingeraten zu sein. Ein unbekannter Ausleger der Orkflotte scheint Monglor auf dem Weg nach Armageddon angegriffen zu haben“ führ er fort. „Dann möge der Imperator mit ihnen sein.“ sprach Ilja mit fast betenden Tonfall.

Sie waren nun an einem der Bunker angelangt und Ilja stand bereits mit einem Bein in der Tür. Ilja blickte sich um und sah den Sergeant finster an. „Das heißt wir können auf keinerlei Hilfe von außen hoffen.“ sagte er, da der Sergeant die Antwort, die er sich selbst geben konnte, erst durch seinen Mund hören musste. „Ja Oberst.“ sagte er knapp. „Dann möge der Imperator auch mit uns sein.“ sagte er nachdenklich und ging schnellen Schrittes hinein in seine Heimat.

Ilja lief die stählerne Treppe empor, die unter seinen Schritten leise ächzte. Er lief vorbei an Soldaten die ihn teils freudig, teils bewundernd, teils ungläubig aber allesamt wieder tapfer und mutig ansahen. Er spürte ihre Blicke. Spürte wie ihr Mut und ihr Kampfwillen wieder aus den bereits geschaufelten Gräbern hervorkrochen. Viele die er sah saßen am Boden oder auf Stühlen. Zusammengekauert und ohne jene Hoffnung. Doch als sie ihn erblickten konnte er das Leuchten in ihren Augen wieder erkennen. Wie das Feuer der Hoffnung neu entbrannte und wie sie sich alle wieder aufrichteten um gerade vor ihm zu stehen. „Der Ewige Eden“ schien er sie innerlich zu sich sagen.

Dann stoppte Ilja. Er blickte in einen kleinen Raum der leicht rechts vor ihm lag. Ein Sanitätsraum. Dort saß ein junger Mann mit verbundenem Arm und einer genähten Wunde am Kopf die allmählich aufhörte zu bluten. Der junge Mann blickte ihm starr und mit leerem Blick entgegen. Semjon! Er lebte. Ilja freute sich aus irgendeinem Grund ihn zu sehen und lief zu ihm. Doch warum? Warum freute er sich angesichts des Leides, des Grauens und des Todes, der hier allgegenwärtig war? Es war der Gedanke, nicht noch einen Sohn verloren zu haben. Seinen letzten und einzigen Sohn den der Tod ihm noch nicht genommen hatte. Er umarmte ihn. Hielt ihn fest und dankte dem Imperator mit einem leisen Gebet dafür, dass sie beide noch lebten. Er blickte ihm in die Augen. Es war sein Sohn. Sein Semjon.

Er wollte nicht, dass Semjon in den Krieg zieht. Zu jung, zu unerfahren und vor allem war er das Letzte was ihm noch blieb. Und das wollte er nicht auch noch verlieren. Doch der Junge wollte nicht mehr zu Hause sitzen und auf den Brief warten in dem der Tot seines Vaters bestätigt wurde. Er wollte kämpfen, Seite an Seite mit seinem Vater. Als er vor zwei Wochen vor ihm stand fühlte Ilja sowohl Freude wie Wut in sich. „Gut, dass Du da bist. Aber warum bist Du nicht dem Krieg fern geblieben? Warum?“ hatte er zu ihm gesagt. „Warum nicht? Warum sollte ich meinem Vater nicht beistehen?“ hatte er ihm geantwortet.

Man sollte seine Kinder nicht überleben. Er hatte das nun schon dreimal getan. Ein weiteres, ein letztes, Mal könnte und wollte er nicht erleben. Er nahm Semjon als Funker in seinen Stab auf und versuchte ihn wie einen gewöhnlichen Soldaten zu behandeln. Niemand sollte wissen das Semjon sein Sohn war. Nur wenn sie alleine waren sprach er ihn mit „mein Sohn“ an. Nun war er froh, dass er hier war.

„Du lebst, immer noch“ sagte Semjon mit leicht zitternder Stimme. „Ja, wie auch du lebst mein Sohn!“ antwortete Ilja. „Der Tod kann warten, nicht wahr.“ sagte Semjon und lächelte gequält. Ilja erinnerte sich an seine Worte.

Plötzlich heulten die Sirenen lauthals auf. Die Pupillen von Ilja verengten sich. Ein kalter Schauer ließ ihn frösteln. Er schickte Semjon einen Blick zu und stürmte hinaus. Wieder begann die Ewigkeit vor der Schlacht. Wieder schien die Zeit still zu stehen. Wieder die fortlaufenden Bilder seiner Vergangenheit. Er atmete tief ein. Was wohl das Schicksal diesmal für eine Option bereithielt?

Wieder begann alles einmal mehr von neuem. Der nie Enden wollende Krieg zwischen den Soldaten des Imperiums und den verhassten Orks. Wieder würden sich tausende für immer schlafen legen. Und wieder würde er dem Tod entgegenblicken. „Der Tod kann warten!“ brüllte er seinen Soldaten zu, als er sie in eine weitere Schlacht führte.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Der Mondschein -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Alles was noch laufen und stehen konnte bereitete sich auf das kommende Gefecht vor. Selbst die fast Toten krochen zu den Schießscharten, nur um wenigsten einen letzten Schuss Richtung Feind abfeuern zu können. Nur einer dieser Missgeburten in die Hölle zurückschicken war der größte Wunsch der Männer. Wo man hin sah, nichts als Soldaten die sich für die bevorstehende Schlacht wappneten. Die Geschützbatterien wurden bis zum Anschlag mit Munition voll gestopft, die schweren Munitionsbehälter der Geschütze wurden ächzend heran geschafft, die Energieversorgung der Laserkanonen überprüft, die Maschinenkanonen ausgerichtet und feuerbereit gemacht und die Motoren der Panzer und Sentinels heulten drohend auf. Alles war bereit.

Ilja schritt zielsicher in Richtung seines Kommandobunkers. Es war ein riesiger Brocken Beton. Ein paar Einbuchtungen, hier und da ein kleiner Schlitz und genau in der Mitte auf dem Dach seine verwinkelte Aussichtsplattform. Es war zwar eine Aussichtsplattform, hatte allerdings nichts mit jenen Plattformen gemeinsam die man als solche von beliebten Ausflugszielen her kannte. Es war eine kleine verschachtelte und kaum erkennbare Erhebung. Es war sein zu Hause. Von hier aus befehligte er oft seine Truppen. Von hier aus siegte und kämpfte er.

Ilja betrat die Aussichtsplattform. Links und rechts standen zwei imposante Zwillingsgeschütze. In der Mitte das übergroße Flak, das mit seinen suchenden Scheinwerfern den Himmel abtastete. Hier und da stand einer seiner Soldaten. Bereit zum Kampf. Er schritt zur vordersten Brüstung und blickte durch das fest installierte Fernglas. Nichts! Noch nichts. Nichts als Dunkelheit und langsam dahin kriechende Rauchschwaden.

„Oberst Eden. Unsere Späher haben Sichtkontakt zum Feind.“ sprach einer der Soldaten, der hinter einem der Funkgeräte vergruben saß. „Statusbericht.“ antwortete Ilja befehlerisch. Der Soldat sprach wieder in das Funkgerät. „Direkter Vorstoß. Vorrückende Infanterie und leicht bis schwer gepanzerte Fahrzeuge.“ sprach der Funker nach kurzem zuhören. „Geschwindigkeit?“ sagte Ilja mehr fordernd als fragend. Wieder sprach der Funker mit seinem weit entfernten Gegenüber. „Feind nähert sich mit mittlerer Geschwindigkeit auf breiter und keilförmiger Front.“ antwortete der Funker fast schon mechanisch. „Alles gefechtsbereit machen. Verbinden sie mich mit Hauptmann Juas.“ sagte Ilja nach kurzer Bedenkpause. „Die Außenposten sollen sich zurückziehen.“ sagte er nachdenklich zu einem der anderen Funker, als er suchend in die Nacht blickte.

Vor ihm erstreckte sich das Tal, herab von dem Berg aus Stahl und Beton, auf dem er stand, bis in die Ebene in der er vor kurzem noch gelegen hatte. Sollen sie kommen, sollen sie ruhig kommen. Er erwartete sie schon. Sehnsüchtig. Sein Blick schweifte über die unzähligen Bunkeranlagen, Schützengräben und Geschützstellungen. Alles wartete auf das Zeichen, dass es losgeht. Alles wartete auf den ersten Schuss, auf das erste heulen eines Triebwerks, auf das erste poltern eines Panzers. An den unteren Schützengräben begannen, die nun aufgesteckten Bajonette, hier und da das Scheinwerferlicht zu reflektieren.

Es herrschte die Stille vor dem Sturm. Eine bedrückende Stille wo die Luft knisterte vor Anspannung. Ilja stieg ein vertrauter Geruch in die Nase. Angst. Ja, er roch sie wieder. Die Angst all derer die um das Leben von sich und ihrer Liebsten bangten. Jetzt war die Zeit in der unzählige Gebete gen Himmel emporstiegen. In der Hoffnung erhört zu werden. Der Tod kann warten, dachte er. Doch die meisten Gebete würden nie erhört werden.

„Oberst Eden, die Verbindung mit Hauptmann Juas steht.“ sprach der Funker von hinten zu ihm. Ilja drehte sich auf dem Absatz um und nahm das Funkgerät in die Hand. „Hauptmann Juas?“ fragte er, als ob vielleicht nicht doch jemand anderes in der Leitung sein könnte. „Ja, hier Juas. Was gibt es Oberst?“ kam leicht rauschend und mit leisem knacken als Antwort. „Sind ihre Mörsertrupps in Bereitschaft?“ fragte Ilja fordernd, da er nichts anderes als ein „Ja, Oberst!“ erwartete. „Ja, Oberst! Voll einsatzbereit. Ihr Befehl?“ antwortete der Hauptmann, wobei er Ilja die folgende Frage schon vorwegnahm. „Alles auf Sektor 3 - G9 bis I13 ausrichten.“ kam der prompte Befehl. „Ja, Oberst.“ „Warten sie auf mein Kommando.“ „Ja, Oberst.“

Ilja gab das Funkgerät dem Funker zurück. Er würde diese Bastarde in ihre Moleküle zerlegen. Semjon betrat die Plattform. Ilja sah ihn gleichgültig an. Er kam auf ihn zu. „Funker meldet sich zum Dienst.“ sprach er meldend. „Wegtreten Soldat.“ antwortete Ilja formal. Semjon ging langsam zu den anderen Funkern, welche ihn begrüßten und nach seinen Verletzungen fragten, die er sich beim letzten Kampf zugezogen hatte. Er sollte nicht hier sein, dachte Ilja während er wieder zu seinem Fernglas schritt.

Die Nacht war nun angenehm Kühl und der leicht beißende Wind drückte die Rauchschwaden gegen den Berg, was wohl an den vielen Bränden im Tal lag. Sie zwängten sich kurze Zeit in das kleine Tal, machten kehrt und wurden gen Osten hinfort geweht. Es war irgendwie beruhigend ihnen zuzusehen. Zumindest wenn man von der heranrollenden Gefahr absah. Der Himmel war pechschwarz und es schien so als ob die Sterne von ihr langsam geschluckt würden. Als könnten sie das bevorstehende Gemetzel nicht mit ansehen oder wollten es nicht schon wieder mit ansehen.

„Funker. Entfernung und Geschwindigkeit.“ forderte Ilja ohne sich zum Funkstand umzudrehen. „Sektor 3 wird in Kürze erreicht. Geschwindigkeit stetig steigend.“ kam nach kurzem Funkverkehr als Antwort. „Sagen sie Hauptmann Juas, die Mörser sollen sich Gefechtsklar machen.“ sprach er drohend Richtung Horizont. Der Funker begann mit der Übermittlung. „Oberst Eden, Hauptmann Silja bittet um konkrete Anweisung.“ Silja! Dieser ungeduldige Hitzkopf. Währe er nicht der Beste Panzerkommandant den Ilja je gesehen hatte, würde er ihn mit Freude wie einen dummen Diplomaten hinauskomplimentieren. Doch auch wenn der junge Hauptmann den Drang nach unüberlegtem und zu frühem Handeln verspürte, so war er dennoch von unschätzbarem Wert für Ilja.

„Er soll warten.“ antwortete Ilja kurz. Der Funker gab die Nachricht durch. Das würde Silja zwar ganz und gar nicht passen und wahrscheinlich würde er jetzt in seinem Panzer vor Wut kochen, aber das war Ilja im Moment egal. Er musste eben noch warten. Er musste lernen zu warten um dann im Richtigen zuzuschlagen. „Er soll sich mit Hauptmann Brius in Verbindung setzten.“ sagte Ilja befehlerisch. „Er soll seine Panzer hinter Hauptmann Brius Sentinels aufreihen.“ fügte er hinzu. „Das ist ein Befehl.“ sagte er um die folgende Frage, von Seitens Siljas wegzuräumen, die mit Sicherheit gekommen wäre. Der Funker tat sich an die Arbeit. Zwar würde das Silja noch weniger gefallen, aber so war der Plan. Auch wenn Silja und Brius sich von Anfang an nicht ausstehen konnten, agierten sie in Kombination geradezu tödlich wie ein orbitales Bombardement. Sie Respektierten einander, so lange sie beide weit genug von einander entfernt waren zumindest. Gerade diese gegenseitige respektvolle Ablehnung, und der Wille besser zu sein wie der andere, bescherten ihm zwei hoch effiziente Hauptleute.

„Entfernung?“ sprach Ilja und blickte durch das Fernglas. „Feind erreicht so eben Sektor 1.“ antwortete Semjon, der, da die beiden anderen Funker anderweitig beschäftigt waren, nun den Befehl ausführte. Ilja zuckte unmerklich zusammen. „Geben sie mir Hauptmann Juas.“ befahl er fordernd. Semjon hantiert kurz an ein paar Knöpfen und reichte dann Ilja das Funkgerät. „Ja, Oberst.“ knackte und rauschte es abermals aus dem Funkgerät. „Sektor 1 ist Freigegeben. Beginnen sie umgehend. Bis zur letzten Granate.“ sagte Ilja harsch. „Ja, Oberst.“ kam als Antwort, welche mit einem schon fast ungewöhnlich freudigen Tonfall unterlegt war. „Möge der Imperator mit ihnen sein.“ sagte Ilja und legte das Funkgerät beiseite.

Während er zur Brüstung vorschritt hörte er noch leise und wie aus weiter Ferne die Antwort von Juas. Der Tod kann warten, dachte er zu sich, während er in die Nacht horchte. Er hörte die Motoren, stampfende Stiefel und den Atmen jedes einzelnen Soldaten. Urplötzlich begann ein wohlbekanntes Geräusch sich zu erheben. Es glich dem Geräusch von Sektkorken die aus der Flasche schossen. Man hätte meinen können ein Fest würde beginnen, würde man dieses Geräusch nur daher kennen. Doch hier gab es nichts zu Feiern. Kein Sekt.

Die darauf folgenden unzähligen Detonationen, in der schwarzen Ebene vor ihm, bestätigte die allgemeine Vermutung. Die Mörser begann ihre Arbeit. Die kleinen Lichtblitze durchzuckten die finstere Nacht. Erst vereinzelnd und dann immer konstanter. Bis schließlich ein Lichtblitz dem anderen folgte. Ein ohrenbetäubendes und ebenso unbeschreibliches Schauspiel begann. Die Nacht wurde heller und heller. Es schien so als ob der Mond in seiner vollen Pracht vom Himmel auf sie herabblickte. Das war der Mondschein des Krieges. Wieder begann alles von vorne. Die Nacht zerriss in abertausend Stücke.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Die weißen Engel -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



„Oberst Eden!“ schrie der Funker lautstark, um das allgegenwärtige Getöse um sie herum zu übertönen. „Ja!“ kam als ebenso laute Antwort bellend zurück. „Sergeant Trejas meldet Bereitschaft!“ schrie der Funker. „Rechte Flanke!“ antwortete Ilja kurz. „Bestätigt!“ schrie der Funker nach kurzen und brüllenden funken zurück. Ilja spürte ein kribbeln in den Fingerspitzen. Ein leichtes Zucken seiner Muskeln, hatte er früher gedacht. Aber es war ein ganz anderer Grund. Er spürte wie die Kampflust in ihm hervor kroch. Es roch nach Tod und Verderben. Den Geruch, den er bald verbreiten wird und den seinen ächzenden Feinden.

Die Schlacht hatte erst begonnen und war bereits voll im Gange. Die Mörsertrupps zerfetzten Sektor 1 samt den darin befindlichen Orkhorden. Sollen sie doch alle verrecken, dachte sich Ilja, während er ein kaum sichtbares hämisches Grinsen aufsetzte das mehr gequält als freudig wirkte. Vor ihm im Tal zuckten nun überall die Lichtblitze der Mörserdetonationen. Dazu kamen noch die Explosionen der getroffenen Orkfahrzeuge und die daraus entstehenden Feuerbälle und Brände. In alle Himmelsrichtungen zerfetze es die abenteuerlichen Gefährte der Orks, wenn sie brüllend von einem der Geschosse getroffen wurden. Der Tod badete in ihrem eitrigen grüntrüben Blut.

„Funker!“ schrie Ilja in Richtung Funkzentrale. „Ja, Oberst!“ kam als bestätigende Antwort. „Hauptmann Juas und Hauptmann Brius haben noch 30 Sekunden.“ sagte Ilja mit fester und erfreuter Stimme. Der Funker nickte und gab den Befehl weiter. Kurz darauf erwachten die zahllosen Motoren im Tal zum Leben. Ein ohrenbetäubendes Geräusch rollte durch das Tal. Die Panzer und Sentinels des 4. Trion waren bereit zur Schlacht.

Ilja sah sich um und erblickte Semjon wie er einem der Funker seine Jacke gab. Der Mann saß hinter dem Funkgerät und fror offensichtlich sehr. Es war einer der älteren Soldaten unter Iljas Kommando. Der Name wollte ihm gerade nicht mehr einfallen. Er sah Semjon mit dem alten scherzen. „Ich hab noch genug Feuer in mir.“ hörte er Semjon sagen als er sich wieder umdrehte. Wie gerne würde er so unbeschwert mit seinem Sohn reden können. Ilja schüttelte seine Gedanken ab und hielt kurz inne.

Ein dröhnendes Röhren am Himmel lies Ilja ruckartig aufblicken. Am Horizont erschienen vereinzelt die grässliche Orkbomba. Noch waren sie graue Schatten am Firmament. Doch das sollte sich bald ändern. Mehr schlecht als recht waren diese Orkbomba zusammengebaut. Mit ihren qualmenden Turbinen, meist schrottreif, heulten sie schauerlich, wie gepeinigtes Getier, auf. Es waren die hässlichsten Flugobjekte die Ilja je am Himmel zu Gesicht bekam. Das diese „Dinger“ überhaupt in der Lage waren zu fliegen war eine Frage auf die Ilja keine Antwort, geschweige denn eine Erklärung fand. Es war schlichtweg suspekt und eine Beleidigung. Links von Ilja erhob sich eines dieser unwirklichen Flugobjekte gen Himmel. Das Höhenruder hatte sich irreparabel verkeil. Der Orkbomba stand fast senkrecht am Himmel, als es plötzlich vorn über kippte und dann direkt in Richtung Erde abstürzte. Ilja schmunzelte über so viel Ingenieurskunst.

Die Flaks hatten bereits ihre Suchscheinwerfer auf die anrückende Gefahr gerichtet und richteten ihre Geschütze aus. Auch das Flakgeschütz hinter Ilja wurde bereits ausgerichtet. Bereit den nächst besten Orkbomba vom Himmel zu holen. Die Hornissen begannen wieder zu fliegen. So nannten die Soldaten das Flakfeuer, wenn es glühend durch den Nachthimmel jagte. Hier und da senkten sich die getroffenen Orkbomba Richtung Boden. Eine feurige Explosion nach der anderen am Himmel ließ Jubelschreie durch die Gräben und Bunker gehen. Einer der Orkbomba, einer von den größeren wie Ilja bemerkte, hatte sich schon bereits am Himmel mit einer feurigen Explosion verabschiedet. Ilja fragte sich ob nicht doch mehr von selbst, als durch das Flakfeuer, zu Boden gingen. Es war ihm gleichgültig.

Während die brennenden Frackteil zu Boden vielen setzten sich die Panzer und Sentinels endlich in Bewegung. Die Erde erbebte und schien an der Bunkerfestung zu zerren. Ilja hielt sich an der Brüstung fest. Die Erde bebte. Mit Siegesrufen und Hassparolen rollten und stapften die Panzer und Sentinels dem Feind entgegen. Bereit, alles und jeden zu vernichten. Ilja spürte wie sein Herz vor Aufregung, Hass und Freude gleichermaßen raste.

„Oberst Eden!“ schrie der Funker der bereits neben ihm stand. Er hatte ihn wohl schon einige Male erfolglos gerufen. Denn sowohl der Kriegslärm, als auch der Lärm durch das Flakfeuer und der beiden Zwillingsgeschütze ließen jeden Schrei in der Umgebung zu einem leisen raunen ersticken. „Ja!“ antwortete Ilja lautstark. „Sergeant Trejas will sie sprechen!“ schrie der Funker zurück. „Geben sie ihn her!“ sagte Ilja und griff nach dem Funkgerät. „Oberst Eden! Sergeant Trejas will sie persönlich sprechen! Er ist ein Stockwerk tiefer!“ schrie der Funker der allmählich heißer wurde. Ilja blickte ihn verwirrt an. „Wegetreten.“ sagte Ilja kühl, legte das Funkgerät beiseite und lief auf direktem Wege an dem Funker vorbei.

Was im Namen des Imperators kann so wichtig sein, dass er, Oberst Ilja Eden, jetzt, in Mitten der Schlacht zu seinem Sergeant gehen muss. Immerhin hielt sich der Sergeant an die Anweißung, dass niemand aus Ilja und seinem Stab auf die Plattform zu gehen hat. Nie! Ilja schnaufte kurz tief durch. Er hatte im Grunde keine Lust, doch eine innere Stimme sagte ihm er solle gehen. Der Tod kann warten.

Ilja lief weiter hinunter, während aus der Stahltür über ihm der Kriegslärm bebend und lockend in den Bunker schrie. Ilja blickte nicht zurück. Er kam nun im unteren Stockwerk des Kommandobunkers an und schritt in Richtung seines Besprechungszimmers. Was will dieser Trejas? dachte er sich während er die Tür aufstieß.

Vor ihm standen drei Personen. Zum einen Veteranensergeant Wijan Trejas, Kommandant der Gardisten des 4. Trion. Er war ein überaus stattlicher Hüne. Über 2 Meter groß, breite Schultern, dunkles zerzaustes Haar und zwei dunkelbraune Augen die einen stets systematisch zu mustern schienen. Trejas war in voller Gardistenmontur angetreten, was in der derzeitigen Lage auch nicht verwunderlich war.

Neben ihm stand ein etwas kleinerer Mann. Klein zu mindest wenn man ihn mit Trejas verglich. Er war so groß wie Ilja, knapp 1,90 Meter und ebenfalls gut gebaut. Er hatte kurzes schwarzes Stoppelhaar und zwei geheimnisvolle dunkelgrüne Augen. Sie blickten Ilja ehrfürchtig an. Er war ebenso wie Trejas in der typischen Gardistenmontur gekleidet und hielt ein Lasergewehr in beiden Händen. Auf dem Gewehr saß ein Zielobjektiv, dessen Linse das herab scheinende Neonlicht reflektierte. Ilja kannte ihn nicht. Nach den Abzeichen zu folge war er Sergeant. Wohl ein neuer in Trejas Truppe, die mehr Soldaten verschliss als die feindliche Orkbombaflotte. So kam es Ilja manchmal vor.

Erst jetzt merkte Ilja, dass der dritte von den drei Männern eine Frau war. Und sie ließ Ilja nachdenklich werden. Eine Frau!? Hier!? Wieso? Sie war vielleicht Anfang 20, hatte schulterlanges schwarzes Haar, welches sie offen trug. Ihre beiden hellgrauen Augen sahen ihn fragend an. Ilja blickte sie kühl und gleichgültig an. Die junge Frau war fast ein Kopf kleiner als er und wirkte sehr selbstbewusst. Ilja konnte es nicht leugnen. Sie war durchaus attraktiv. Allerdings war sie mit einer seltsamen Montur bekleidet. Sie sah aus wie eine Rüstung und erinnerte Ilja an irgendetwas. Er hatte so etwas schon einmal gesehen, konnte es aber nicht genau sagen. Es war schon zu lange her und zudem hatte sie noch jede Menge seltsamer Utensilien bei sich. Vor allem die übergroße Schusswaffe in ihren Händen verdutze Ilja. Alles in allem war die Ausrüstung sehr ungewöhnlich und schien der jungen Frau viel zu Groß zu sein. Eigentlich müsste die junge Frau unter der Last ihrer Rüstung und ihrer Waffen zusammenbrechen“ dachte sich Ilja nachdenklich und etwas hämisch. Sie stand allerdings gerade da und schien das sichtlich enorm schwere Gewicht ihrer Ausrüstung ohne Mühen tragen zu können.

„Oberst Eden.“ sagte Trejas mit fester Stimme. Er und der andere Mann schickten ihm einen ehrfürchtigen Blick zu. Die Frau blieb stumm, sah ihn jedoch weiterhin bohren an. „Was gibt es Trejas?“ fragte Ilja harsch und ohne die Begrüßung zu erwidern, geschweige denn nachzufragen wer die anderen beiden sind. „Darf ich ihnen zunächst vorstellen“ fing Trejas einleitend an. „Sergeant Igor Jaija. Mein leitender zweiter Sergeant.“ führ er fort. „Oberst Eden.“ sagte Jaija und salutierte. „Angenehm.“ erwiderte Ilja mit einem Tonfall der alles andere als angenehm wirkte. „Schwester Lina.“ sagte Trejas und deutete auf die junge Frau. Ilja blickte sie fragend an. „Oberst Eden.“ sagte sie mit fester und sicherer Stimme. Ilja zuckte innerlich zusammen. Diese Stimme! Er nickte ihr leicht zu.

“Draußen herrscht Krieg. Machen sie es kurz!“ sagte Ilja und überging dabei die Frage nach der Herkunft von der Frau, die sich Schwester Lina nannte. „Oberst Eden.“ begann Trejas und holte tief Luft. „Wir haben entscheidende Informationen erhalten, die uns in diesem Krieg einen enormen Vorteil verschaffen.“ sagte er mit klarer Stimme. „Informationen!?“ sagte Ilja mit leicht zusammengekniffenen Augen. Es war mehr eine Frage als eine Feststellung. „Ja, Oberst Eden. Informationen. Um genau zu sein Spionageinformationen.“ sagte Trejas ergänzend und biss sich unmerklich auf die Unterlippe. Iljas Blick wanderte zu der Frau. „Haben wir die Information von Ihr?“ fragt Ilja und nickte in ihre Richtung. „Ja, Oberst Eden.“ antwortete Trejas.

„Wer seid ihr?“ fragte Ilja mit fester und fordernder Stimme. Sein blick schien sie zu durchbohren.

„Mein Name ist Lina Erowin!“ sagte sie und hielt dabei dem Blick Iljas ohne Mühe stand. „Woher kommt ihr?“ fragte Ilja und ließ den bohrenden Blick auf ihr. Er hörte von draußen stumpfes Trommelfeuer und Detonation. Welch eine Zeitverschwendung, hier drinnen fest zu sitzen während draußen die Schlacht tobte. Er wollten Orks töten und nicht irgendwelche Geschichten hören!.

„Ich weiß nicht woher ich komme, aber ich weiß wohin ich gehe.“ sagte die junge Frau. In ihrer Stimme lag nur Wahrheit. Ilja war sich unsicher was er sagen sollte, da er spürte, dass die Frau dies aus wahrer Überzeugung sagte. „Die Informationen haben wir als von Euch?“ fragte er kalt. „Ja.“ antwortete sie. „Und?“ forderte Ilja während er alle drei gleichermaßen ansah. „Oberst Eden. Wir haben Aufzeichnungen und Pläne sicherstellen können welche einen Teil der Angriffs- und Organisationspläne des Feindes offen legen.“ sagte Trejas und fügte dann rasch hinzu; „Und noch mehr.“

„Und noch mehr.“ sagte Ilja nachäffend und sichtlich genervt während er den Sergeant misstrauisch anblickte. „Ja, Oberst, so ist es.“ sagte er und senkte seinen Blick.

„Was machen sie hier!?“ sagte Ilja plötzlich und blickte die junge Frau fordernd an. „Wieso sollte ich ihnen vertrauen? Ich kenne sie nicht und weiß nicht einmal woher sie kommen. Sie wissen ja nicht einmal selbst woher sie kommen. Woher weiß ich, dass ihr dem Imperator loyal gegenüber seid?“ sagte er drohend und hob dabei ständig unbewusst den Zeigefinger wie ein verbitterter alter Mann. „Ich habe nicht darum gebeten, dass man mir blind vertraut.“ sagte sie trotzig, aber mit stolzer Stimme. „Aber wenn ihr meine Loyalität anzweifelt ...“ fing sie an „So kann ich euch versichern, dass meine Kommandierende Principalis meine Loyalität bestätigen wird.“ sagte sie mit eindringlicher Stimme. Ilja erstarrte. Die Erinnerungen schossen wie Granaten in seinen Verstand. Natürlich! Eine Sororitas! „Die weißen Engel!“ murmelte er laut denkend vor sich hin.

Im selben Moment erschütterte eine gewaltige Explosion den Bunker. Rauch und Aschewolken jagten durch die engen Gänge. Die Erde bebte und das Gebäude erzitterte. Ilja schmiss sich, wie die anderen auch, reflexartig auf den Boden. Eine Feuerwalze rollte unter der Decke durch den gesamten Bunker. Wer noch stand verbrannte am lebendigen Leib. Von der Decke stürzten kleine wie große Brocken herab. Ilja stand auf und begann sich durch den Rauch und den aufgewirbelten Staub zu kämpfen.

Ein schreiender und brennender Körper rannte ihm entgegen. Ilja zog seine Pistole und erlöste die arme Seele von ihren Qualen. Er schickte ein Stoßgebet nach Terra. Er bebte vor Zorn. Irgendetwas musste sie getroffen haben. Etwas sehr großes. Ilja lief zur Treppe und blickte nach oben. Der obere Teil des Bunkers war schwer beschädigt worden. Ilja riss die Augen auf und rannte die halb zerstörte Treppe empor, in Richtung Aussichtsplattform.

Oben angekommen sah er nichts als Rauch und Feuer. Die linke Seite fehlte komplett. Sowohl das rechte Geschütz als auch das Flak brannten. Ein brennender Soldat stürzte sich gerade schreiend die Brüstung hinunter. Hinein in das blutig umkämpfte Schlachtfeld. Ilja rannte zum Funkstand. „Semjon!“ brüllte er verzweifelt in die Rauchschwaden. Er fiel auf die Knie. Zwischen all dem Schutt und Feuer sah er, auf dem Bauch liegend, einen Körper. Am rechten Arm las er den gestickten Namen. „Semjon Eden.“ Vor ihm lag sein Sohn. Behutsam drehte er ihn auf den Rücken. „Nein!“ schrie er klagend in den immer noch umkämpften Himmel. Semjon war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Ilja weinte. Wieder hatte der Tod ihn verschont und gleichzeitig ihm so viel mehr genommen „Wieso? Wieso schon wieder? Wieso er und nicht ich?“ brüllte er in die Nacht. Wäre er nur hier oben geblieben. Dann wäre er jetzt bei ihm. Bei allen anderen. Ilja schickte einen hasserfüllten Schrei in Richtung Tod. Er verfluchte den Tod.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Orks -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Rauch, Tod, Feuer, Explosionen und bedingungsloser Krieg! Ilja nahm nichts von all dem wahr. Er kniete auf dem verbrannten Boden der Aussichtsplattform und hielt den noch leicht rauchenden Leichnam von Semjon in seinen zitternden Händen. Die Welt hörte auf sich zu drehen und Ilja fühlte sich endlos leer. Wieso Semjon? Er wusste es nicht.

Eine Hand begann Ilja an der Schulter zu rütteln. Es kam ihm vor als würde jemand an seinem bereits geschlossenen Sarg klopfen. Ilja drehte abwesend seinen Kopf und erblickte die verschwommenen Umrisse von Trejas. Der Mann schrie ihn an, doch keines seiner Wörter drang in Iljas betäubten Kopf. Er war nur noch eine Hülle, ein lebender Toter. Weitere Männer traten in sein Sichtfeld, und irgendjemand zog ihn weg. Weg von Semjon, weg von allem Sinn der ihn noch am Leben gelassen hatte. Man versuchte ihn aufzurichten. Doch er wollte nicht stehen. Er wollte sich einfach nur hinlegen und dort bis auf alle Ewigkeit liegen bleiben. Er wollte sterben, obgleich er schon innerlich tot war.

Trejas und Jaija erschienen in seinem trüben Sichtfeld. Trejas rüttelte an ihm. Er spürte nichts. Er spürte gar nichts. Plötzlich blickten die beiden Männer ruckartig weg von ihm. Trejas ließ in los und Ilja viel zu Boden. Während er dort lag blitze und zuckte es grell vor seinen Augen auf. Trejas und Jaija schossen wie wild auf den dunklen Horizont. Ilja kniff leicht die Augen zusammen. Sein Blick folgte den Schüssen der beiden feuernden Gardisten.

Iljas Augen weiteten sich. Sein Herz begann wie wild zu pochen. Seine Muskeln zuckten freudig und schmerzend zu gleich. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Das Feuer des Hasses entbrannte in ihm wie ein explodierender Vulkan. Ilja vergaß den endlosen Schmerz und die betäubende Trauer. Er spürte nur noch das ewige Feuer des Hasses in sich aufflammen.

Ilja richtete sich ruckartig auf. Er schrie gequält auf. Es jauchzte förmlich nach Rache und Tod. Seine gezückte Laserpistole feuerte bereits die erste Salve ab. Während Ilja losstürmte hörte er noch Trejas durchs Funkgerät schreien. Das letzte Wort brannte sich glühend in seine geschundene Seele. “... Orks!“

Ilja feuerte ununterbrochen die Todbringende Botschaft des Imperators in die feindlichen Reihen. „Toood!“ schrie er hasserfüllt und lang gezogen in die tosende Nacht. Vor ihm erschienen duzende Orks auf der Aussichtsplattform und eröffneten brüllend das Feuer. Ilja, Trejas, Jaija und mehrere Soldaten traten entschlossen und todbringend den anrückenden Orkhorden entgegen. Das Blutbad begann!

Drei der unzähligen Orkkrieger rannten direkt auf Ilja zu. Dem ersten jagte Ilja das restliche Magazin seiner Laserpistole unbarmherzig in den Rumpf. Grünes Blut spuckend und mit durchsiebten Brustkorb viel der Ork gurgelnd zu Boden. Die anderen beiden Orks sprangen über ihren gefallenen Waffenbruder und stürmten weiter in Richtung Ilja. Ilja rannte ihnen hasserfüllt entgegen. Das Powerfaust grub sich knacken in die linke Schulter des Orks. Das Blut spritze Ilja entgegen, während er dem schreienden Ork den Kopf zerquetschte. Der letzte der drei Orks riss den Kopflosen Körper seines Kameraden beiseite und stürzte sich brüllende auf Ilja. Die Powerfaust verfehlte diesmal ihr Ziel und traf den Ork nur leicht an der Hürfe. Der Ork taumelte dennoch kurz benommen zurück. Beide sahen sich hasserfüllt an. Mit markerschütternden Schreien stürzten sich die beiden Feinde aufeinander. Ein mörderischer Zweikampf begann.

Der Ork stürzte Ilja mit seinem massigen und muskulösen Körper zu Boden. Ilja schlug hart auf dem Betonboden auf. Ein krachender Faustschlag landete in Iljas Gesicht. Ilja brüllte voller Hass und packte den Ork an der Gurgel. Ilja schmeckte Blut. Seine Finger gruben sich in den eitrigen und stinkenden Hals des Orks. Die Augen des Orks weiteten sich. Er schnappte nach Luft. Der Ork schlug Ilja von sich und richtete sich auf. Ilja sprang auf die Beine und stürzte sich erneut auf den Ork. Kurz bevor die Beiden sich trafen duckte sich Ilja und rammte dem Ork seine Schulter in die Knie. Mit einem lauten knacken brachen beide entzwei. Der Ork stürzte brüllend zu Boden. Ilja drehte sich um und nahm eine der Fragmentgranaten von seinem Gürtel und zog den Stift heraus.

Er begann innerlich zu Zählen. Ilja schritt zu dem sich vor Schmerz windenden Ork. „4!“ Ilja drückte sein rechtes Knie in den Rücken des Orks und riss dessen Kopf hoch. „3!“ Der Ork schrie grauenvoll und gequält auf als sich die Finger von Ilja in seine Augenhöhlen bohrten und seinen Kopf nach hinten rissen. „3!“ Ilja stopfte ihm die Granate in den fauligen Mund und schmiss den Kopf des Orks zurück auf den Boden. „1!“ Die Powerfaust schlug den winselnden Ork von der Plattform. Ilja blickte sich nicht mehr um als er die dumpfe Detonation hinter sich hörte. Grünes Blut spritze empor und klatschte leise auf den Beton. Im Krieg wie in der Liebe, ist alles erlaubt, sagte er leise zu sich.

„Oberst Eden, seid ihr verletzt?“ erkundigte sich Trejas, der nun direkt vor ihm stand. Denn durch all das Orkblut konnte er nicht erkennen ob Ilja nicht auch selbst verletzt wurde. Ilja blickte den Sergeant finster an. „Ich brauche das nächste Mal mehr Magazine für meine Laserpistole, Sergeant.“ sagte er kurz und beantwortete somit die Frage nach seiner Gesundheit. Trejas blickte ihn bewundernd und verwundert zugleich an. Um ihn herum lagen unzählige gefallene Orks. Auch erblickte er viele gefallene imperiale Soldaten. Sie schliefen inmitten des Feindes. Ewige Ruhe. Möge der Imperator ihre Seelen beschützen und zu sich führen.

Trejas trat vor ihn und reichte ihm die verlangten Magazine. Ilja nickte leicht und musste schmunzeln über die prompte Ausführung seines indirekten Befehls. „Sergeant.“ begann Ilja und blickte Trejas funkelnd in die Augen. „Ihr sagtet ihr habt Information ... und noch mehr.“ wobei er die Betonung auf das „noch mehr“ legte. Trejas schluckte unmerklich und deutete Ilja mit einem Kopfnicken in Richtung Tür ihm zu folgen. Sie gingen los.

Ein Funker kam zu Ilja gelaufen. „Oberst Eden, Hauptmann Silja bittet dringend um ein Gespräch.“ sagte er drängend während er neben Ilja herlief. „Verbinden sie.“ sagte Ilja und nahm das Funkgerät in die Hand. „Hauptmann Silja.“ sagte Ilja. „Oberst Eden. Die feindlichen Streitkräfte ziehen sich zurück. Linke Flanke kurzzeitig eingebrochen. Keine Nachsetzbewegungen angeordnet. Stabilisieren Frontlinie. Mittlere Verluste. Warten auf weitere Anweisungen.“ sagte er, fast schon mechanisch und ohne jegliche Emotionen. „Ich danke ihnen Hauptmann. Halten sie ihre Stellung und warten sie auf weitere Instruktionen.“ sagte Ilja kühl und reichte dem Funker das Funkgerät.

Trejas, Jaija und er gingen weiter. Nach kurzem Weg durch den fast zerstörten Kommandobunker, betraten sie jetzt einen der vielen Nebenbunker. Trejas ging Zielsicher in einen der Räume. Die drei Männer traten ein.

Die Szenerie ließ Ilja kurz zögernd anhalten. Zum einen saß dort Schwester Lina Erowin, die Sororita von vorhin. Neben ihr saß eine weitere Frau, die nach ihrem Äußeren zufolge ebenfalls eine Sororita sein musste. Etwas weiter rechts saßen zwei Männer. Der eine wirkte auf Ilja bereits tot zu sein, da er aschfahl im Gesicht war. Der andere war ein stattlicher Hüne der belanglos umherblickte. Der halb tote blickte ihm sehr finster und kalt entgegen. Inquisitoren! Ilja wusste nicht warum sie hier saßen, doch würde er es wohl sehr bald erfahren. Zwischen den Sororitas und den Inquisitoren saß ein weiterer Mann. Es war ein Imperialer Kommissar. Das sah er sofort. Bevor Ilja sich allerdings auf den von Trejas angebotenen Stuhl setzte erblickte er den letzten Beteiligten dieser seltsamen Runde. Unscheinbar und völlig regungslos saß ein Mann schräg links von ihm. Er sah ihn gleichgültig mit zwei leeren Augen an. Ilja konnte ihn nirgends zuordnen. Trejas und Jaija setzten sich rechts und links neben ihn.

„Oberst Eden. Zunächst möchte ich mich und meinen Bruder vorstellen.“ begann der halb tote Inquisitor. „Mein Name ist Julio Hernan und das ist mein Bruder Reon Hernan. Wir stehen unter dem Befehl der heiligen Inquisition zu Terra. Es ist uns eine Ehre sie kennen zu lernen.“ sagte er, wobei seine Stimme künstlich und mechanisch klang. Ilja nickte ihm leicht zu, ohne seine Verwirrung über die derzeitige Situation sichtlich zu machen. Die unbekannte Sororita erhob sich und sah Ilja gütig und stolz an. „Hanna Rarowin. Sororita Principalis. Ich freu mich eure Bekanntschaft zu machen. Dies ist eine meiner besten Schwestern, Lina. Ihr müsstet sie ja bereits kennen.“ sagte sie sanft aber mit fester und sicherer Stimmer und deutete auf Lina. Ilja nickte wieder leicht und blicke der Frau tief in ihre unergründlichen Augen. Der Kommissar erhob sich steif und zupfte seinen Ledermantel zu Recht. „Oberst Eden, mein Name ist Heinrich Bergmann. Ich bin Kommissar der Imperialen Armee und beauftragt worden diese Mission zu begleiten, zu überwachen und deren Erfolg sicher zu stellen.“ sagte er mit eiserner Stimme. Ilja nickte ihm anerkennend zu. Sein Blick wanderte zu dem Mann links von ihm. Der unscheinbare Mann erhob sich zögernd und ließ seinen Blick unsicher in der Runde schweifen. „Oberst Eden.“ begann er zögernd. „Mein Name ist Wevej Mior. Ich wurde Beauftrag diese Mission durch meine Fähigkeiten zu unterstützen.“ sagte er mit gesenkter und leiser Stimme, bevor er sich wieder, etwas unbeholfen, hinsetzte. Obwohl Ilja noch immer von all dem nichts verstand nickte er auch diesmal, obwohl gerade er ihm am meisten Kopfzerbrechen machte. Was wollten diese Leute hier?

Was hatte das alles zu bedeuten? Zwei Inquisitoren, zwei Sororitas, ein Kommissar und ein Mann von dem er nichts wusste. Ilja verstand gar nichts von all dem und konnte auch keine Sinnvollen Schlüsse daraus ziehen. Er dachte mehr an Semjon als an diese Mission die der Kommissar erwähnte.

Doch dann erblickte Ilja an der Wand mehrere grün leuchtende Bildschirme. Iljas Blick wanderte hektisch über das darauf abgebildete und geschriebene. Dann verstand er warum sie sich hier versammelt hatten. Ihm stockte kurz der Atem. Dann begann er mit sicherer Stimme; „Ich heiße sie auf Trion willkommen. Es sind schwere Zeiten in denen wir uns befinden. Wobei ich und die Generationen die noch am Leben sind keine anderen Zeiten als diese kennen. Die Menschheit musste seit Anbeginn der Zeit ums Überleben kämpfen. Wir auch. Und manchmal müssen wir unsagbar große Opfer bringen um diesen Kampf zu kämpfen, und um ihn zu gewinnen.“

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Die Jacke -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Ilja schloss seine Augen dachte grübelnd über das Gespräch nach, welches er in den letzten Stunden mit seinen neuen „Gästen“ geführt hatte. Eine Fülle an Informationen und Wissen begann sich in seinem Kopf zu sammeln und zu strukturieren. Sollte dies sein Weg sein? Wahrscheinlich ja, denn alles sprach dafür das außer ihm hier momentan niemand in der Lage diese heikle Situation zu meistern.

Er blickte in die sich unterhaltende Runde. Welches Schicksal seine neuen Gefährten auch zu ihm geführt hatte, es sollte so und nicht anders sein. Wer weiß welche Optionen ihm das Schicksal geben würde.

„Oberst Eden.“ begann Reon Hernan, der hünenhafte und kaltherzig wirkende Inquisitor. „Ich möchte sie nicht drängen, aber unser Auftrag ist von oberster Priorität. Wir sollten daher unverzüglich aufbrechen.“ Ilja nickte ihm zustimmend zu und erhob sich von seinem Stuhl. „Treffen sie jegliche Vorkehrungen und bereiten sie sich und ihre Mannschaft auf den Abflug vor. Wir starten in 2 Stunden. Treffpunkt ist Plattform C-67.“ Ilja versicherte sich mit einem durchgehenden Blickkontakt, dass er mit den Anweißungen einverstanden war. Ilja drehte sich auf dem Absatz um und lief, gefolgt von Trejas und Jaija, aus dem Raum in den Flur des Bunkers hinaus.

„Sergeant Trejas. Ihre 20 besten Männer sollen sich binnen einer Stunde Abmarschbereit machen. Ich erwarte sie und ihre Männer am vereinbarten Treffpunkt. Sie haben uneingeschränkten Zugriff auf die Waffenkammer.“ sagte Ilja und blickte Trejas entschlossen und befehlerisch an. Er sah ein freudiges und gleichzeitig ängstliches Funkeln in seinen Augen. Ilja wandte sich an Jaija. „Auch sie werden uns begleiten Sergeant Jaija.“ sagte er kurz und verließ die beiden Gardisten in Richtung Kommandobunker. Jaija und Trejas blickten einander kurz nachdenklich an, bevor sie sich auf den Weg in Richtung Kaserne machten. „Die 20 besten Männer“ sagte Trejas und blickte Jaija gespielt grübelnd an. „Ob ich da meinen besten Sergeant mitnehmen werde?“ fragte er sich lautstark ehe er leicht loslachen musste und Jaija kameradschaftlich auf die Schulter klopfte. Jaija schüttelte nur den Kopf über so viel Frohsinn in dieser Situation.

Ilja lief durch die unteren Etagen des Kommandobunkers. Verwundete Soldaten wurden auf Tragen oder gestützt von Kameraden zu den Lazaretten getragen. Der Geruch von Tod und verbranntem Fleisch lag in der Luft. „Möge deine Seele ewig ruhen, und möge der Imperator mit dir sein, mein Sohn.“ sagte Ilja leise als er an einem so eben verstorbenen Soldaten vorbei ging. Ilja fühlte wie sein Herz vor Schmerz und Hass raste.

Ilja betrat sein Privatzimmer. Die letzten drei Schritte bis zu seinem Bett konnte er noch aufrecht gehen. Dann brach er völlig erschöpft auf dem Bett zusammen. Alles stürzte auf ihn ein. Der Schmerz, der Hass, die Wut, die Verzweiflung, einfach alles. Sein Lebenswille begann erneut zu wanken. „Semjon.“ hauchte er leise in sein Kissen.

Es klopfte pochend an der Tür. Ilja richtete sich wie eine gespannte Feder kerzengerade auf. „Ja?“ sagte er und verlieh seiner Mimik wieder die gewohnte Emotionslosigkeit. Die Tür öffnete sich langsam und schwang mit einem leisen knarren auf. Ein ängstlich dreinblickender Mann erschien. „Oberst Eden, Dr. Plilja bittet sie dringend ins Lazarett zu kommen.“ sagte der Mann mit dünner und vor Ehrfurcht zitternder Stimme. Er raute sich keinen Zoll in sein Zimmer. Warum gerade jetzt und wozu? dachte sich Ilja fragend und schritt auf den Mann zu. Der Soldat drehte sich hektisch und leicht unkoordiniert um und lief dann stolpernd vor ihm her. Ilja folgte dem, anscheinend völlig überfordertem Mann, in Richtung Lazarett.

Das Lazarett war ein dreistöckiger Bunker der als stationäres Krankenhaus diente. Überall wurden die Soldaten versorgt, Operationen vorbereitet und durchgeführt. Ilja erblickte nach längerem suchen Dr. Plilja inmitten des regen Durcheinander. Der Arzt lächelte ihm freudig entgegen. Es war Hochkonjunktur für ihn. Sein ehemals weißer Kittel war über und über mit Blut befleckt. Auf seiner Glatze standen kleine Schweißperlen und seine zierliche Brille saß wie ein dünner Silberfaden auf seiner spitzen Nase. Seine dunkelbraunen Agen gruben sich tief in sein kantiges Gesicht und musterten ihn akribisch.

Was gibt es denn hier zu lachen? hätte ihm Ilja am liebsten zugebrüllt. Doch er beließ es bei einem herbeirufenden frostigen Blick. Dr. Plilja lief an den verletzten Soldaten vorbei und kam auf Ilja zu. „Oberst Eden, würden sie mir bitte folgen.“ sagte er mit dem immer noch freudig wirkenden Tonfall. Ilja kochte vor Wut. Er folgte Dr. Plilja quer durch den Raum voller verwunderter Soldaten und trat in ein separates Krankenzimmer.

Zwei Betten standen in dem Zimmer. In dem einen lag ein Soldat der ihn tonlos zitternd grüßte und das andere von einem durchgehenden weißen Vorhang versperrt. Dr. Plilja grinste Ilja von unten her an. Würde man ihn nicht brauchen und währe er nicht der Chefarzt, so hätte Ilja ihn wohl augenblicklich exekutiert. Einen Grund um dies dann rechtfertigen zu können hätte er sich schnell ausgedacht. Dr. Plilja zog ohne ein weiteres Wort zu verlieren den weißen Vorhang beiseite und lachte leise als er den Raum verließ.

„Wie ... ist das möglich?“ jappste Ilja leise und ungläubig. „Semjon ... du lebst!“ Vor ihm lag Semjon, mit verbundenem Arm auf dem Bett und blickte ihn fragend an. Ilja stürmte auf ihn zu und presste ihn an sich. Semjon zuckte kurz zusammen. Ilja drückte ihm den verletzten Arm zu. „Es ist schön zu sehen, dass auch du lebst, Vater.“ sagte Semjon schnaufend, da ihm Ilja allmählich die Luft nahm. „Ich hatte dich in den Armen?“ begann Ilja mit schmerzvoller Stimme. „Ich sah Dich und du warst Tod.“ Semjon begriff gar nichts. Er sah seinen Vater ungläubig an. „Wieso Tod?“ fragte Semjon unsicher. „Die Aussichtsplattform.“ sagte Ilja beschwörend. „Ich war nicht auf der Aussichtsplattform als der Orkbomba einschlug Vater.“ sagte Semjon, in der Hoffnung seinen Vater endlich aufzuklären. „Aber ich habe dein Namenschild gesehen.“ sagte Ilja verwirrt. Semjon wurde plötzlich klar wieso er für Tod erklärt wurde. „Vater, bevor ich die Aussichtsplattform verließ habe ich meine Jacke doch dem alten Jujie gegeben.“ sagte Semjon mit klarem und zugleich traurigen Tonfall, da er nun wusste, dass sein neuer alter Freund von ihnen gegangen war.

Natürlich! Die Jacke! Semjon hatte seine Jacke ausgezogen, auf der auch sein Namensschild war. Ilja erkannte, dass er nicht seinen Sohn vorhin in den Händen hielt, sondern den der Semjons Jacke an hatte. Ilja spürte wie das Leben wieder in ihn kroch. Wie oft war er schon fast Tod gewesen, nur um dann wieder auf ein Neues zum Leben zu erwachen!? Wieder war er dem Tod entronnen. Wieder erwachte er zu neuem Leben.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Jui VI -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Ein harter, bitterkalter Wind wehte schroff über das verschneite und triste Landungsdeck. Hier und da blinkte eine der noch nicht völlig zu geschneiten Landungsleuchten rötlich schimmernd und scheinbar um Hilfe rufend in die frostige Nacht. Ilja zog die Schnallen seines schwarzen Lederpelzmantels ein wenig fester, in der Hoffnung, dass die Kälte nicht noch mehr in seine ohne hin bereits betäubte Gliedmaße kriechen würde. Die ersten Schneestürme zogen heran.

Ilja blickte zum Frachttor und kniff seine Augen leicht zusammen und schirmte sie mit der Hand gegen den beißenden Wind ab, der nun bedrohlich um ihn wehte. Trejas, Jaija und der angeforderte Gardistentrupp stapfte quer über das Deck, direkt auf ihn zu. Alle waren in dicke, schwarze Uniformen gehüllt. Ilja kannte dieses Neumodische Zeug. Gut, es hielt einen wesentlich wärmer, aber Ilja bevorzugte die klassische Variante. Der Trupp kam keuchend bei Ilja zum stehen.

„Oberst Eden.“ begann Trejas mit lautstarker und fester Stimme. „Melde Einsatzbereitschaft.“ Die Gardisten nahmen eine stramme Haltung an. „Ich danke ihnen, Sergeant.“ antwortete Ilja formell und schickte Trejas mit einem befehlerischen Nicken in Richtung Transportschiff. Trejas nickte zustimmend zurück und brüllte den Gardisten den Befehl zum Abmarsch zu. Mit schwerfälligen Schritten lief der bis an die Zähne bewaffnete Trupp ins Schiff.

Ilja dachte nach. Es wirkte alles so irreal und irgendwie seltsam. Das Ganze hatte für ihn einen bittersüßen Beigeschmack. Alles war durchaus gut durchdacht, geplant und zudem noch berechtigt dringend. Auch die Leute die dieses Untenehmen begleiteten und durchführten waren mehr als fähig. Doch in Iljas Hinterkopf begann eine leise, aber warnende Stimme sich langsam bemerkbar zu machen. „Gib acht Ilja.“

„Oberst Eden.“ kam es plötzlich von links. Ilja erblickte den halbtoten Inquisitor. Julio Hernan. dachte sich Ilja innerlich, nur um allmählich die Namen in den Kopf zu bekommen. „Sind sie bereit?“ fragte Ilja fordernd. „Ja, vollzählig und abflugbereit.“ erwiderte ihm der Mann mit rasselnder und unmenschlicher Stimme. Hinter ihm führte sein Bruder, Reon Hernan, den Inquisitionstrupp in Richtung Schiff. Genau gezählt hatte Ilja nicht, aber es waren mindestens genauso viele Inquisitoren wie Gardisten. Ilja blickte Julio kurz an, verabschiedete ihn mit einem Nicken und erinnerte sich an die seltsame Geschichte von Kommissar Bergmann, die er vorhin gehört hatte.

Auf einmal stand Bergmann neben ihm, und erzählte ihm dann diese Geschichte, als hätte er die Gedanken von ihm gelesen. „Wie ist er so geworden?“ hatte Ilja sich stets gefragt, seit dem er Julio zum ersten Mal gesehen hatte.

„Es ist schon fast einen Monat her.“ sagte Bergmann flüsternd und schon fast verschwörerisch zu ihm, als er sich leicht zu ihm herüber beugte. „Es war auf einem der kleineren Planeten, eine kalte und öde Eiswüste irgendwo in diesem Sektor. Der Planet diente als Kontrollposten und Miene. Allerdings hatten die dort stationierten Soldaten seit Monaten nichts mehr von sich hören lassen. Nichts Neues würde man sagen. Irgendein Unfall, Orkplünderer oder eine von den Milliarden anderen Möglichkeiten die einen Umbringen. Es stellte sich jedoch heraus, dass irgendetwas Eigenartiges passiert sein musste. Nach und nach verschwanden zunehmend mehr und mehr Transportschiffe die den Sektor um den Planeten kreuzten. In einem dieser Schiffe befand sich Julio mit einem kleineren Trupp von Inquisitoren.

Das Schiff der Inquisitoren wurde auf den Planeten gebracht. Wie konnten sie nicht sagen. Angelangt trat ihnen ein unbekannter Feind entgegen. Der eine der beiden Brüder, Julio Hernan, kämpfte furchtlos und tapfer Seite an Seite mit seinen Waffenbrüdern gegen die Anhänger dieser Verräter. Die Inquisition kämpfte sich tapfer und verbissen durch die tiefen Anlagen und verworrenen Gänge. Doch als sie das Innere des Kontrollpostens erreichten und der Kampf um sie herum tobte, begegneten sie etwas dem sie anscheinend nicht gewachsen waren. Keine Überlebende. Fast keine! Nur Julio Hernan schaffte es, dem Tode nahe, sich aus dem „Tempel“, wie er ihn nannte, herauszukämpfen, bzw. besser gesagt, herauszuretten. An der Oberfläche wurde er von der vor der Landung gerufenen Verstärkung aufgesammelt. Er wurde zu einem Hospital der gebracht und dort versorgt und operiert. Sie konnten ihn retten. Allerdings blieb seither so wie er ist. Manche sprechen von einem Fluch, ja sogar von einem absichtlich entkommen gelassenen der Chaos Space Marines. Behalten wir ihn im Auge.“ Bergmann nickte ihm viel sagend zu.

Ilja blickte den Kommissar etwas ungläubig an. Natürlich hatte es ihn brennend interessiert wie der Mann zu seinem jetzigen Zustand gekommen war. Jedoch lies ihn diese Geschichte etwas mehr als zweifeln. „Wie kommt es, dass ihr diese Geschichte kenn? Und wieso erzählt ihr mir sie jetzt?“ sagte Ilja kaltschnäuzig und versuchte möglichst uninteressiert auszusehen.

Was interessierten ihn irgendwelche weit entfernten und dazu noch unglaubwürdigen Geschichten? Er hatte zurzeit wesentlich wichtigere Aufgaben zu bewältigen. Oder?

Der Kommissar blickte ihn hämisch grinsend von unten her an und sagte dann, mit einem noch verschwörerischen Tonfall als dem den er ohnehin schon hatte.

„Oberst Eden. Der Planet auf dem diese Geschichte statt fand, ist der Planet auf den wir müssen. Jui VI!“

Ilja blickte ihn ungläubig wie fragend an. „Jui VI.“ Ein wenig Entsetzen war wohl auch in seinem Blick. Denn der Kommissar schien ein wenig von seiner Reaktion überrascht zu sein. „Wieso wurde das im Gespräch nicht erwähnt?“ fragte Ilja mit etwas zorniger Stimme. „Oberst Eden, wir haben darüber geredet. Nur wurde es nicht all zu deutlich erwähnt. Zumindest die Vorgeschichte nicht.“ „Was erwartet uns wirklich?“ fragte Ilja fordernd und befehlerisch. „Das weiß ich nicht. Das weiß niemand. Hernan weiß es auch nicht. Seine Erinnerungen ... sind im wahrsten Sinne des Worts ... weg. Man könnte sagen, sein Hirn hat etwas gelitten.“ Der Kommissar schmunzelte kurz und fügte dann räuspernd hinzu. „Er weiß nicht wirklich mehr etwas von dem Kampf. Wir haben ihn durchgehend geprüft und gescannt, aber nichts gefunden was gegen ihn spricht.“

Der Kommissar nahm eine etwas nachdenkende Haltung an und schritt verabschiedend davon. „Wann wollte man uns das mitteilen?“ rief ihm Ilja lautstark hinterher. Der Kommissar stoppte, drehte sich langsam um und blickte ihn finster an. „Was sie von mir wissen, wissen sie im Grunde nicht.“ sagte er beschwörend. Dann drehte er sich wieder um und lief davon.

Ilja wachte aus seinen Gedanken auf. Die Sororitas kamen stolz auf ihn zu. Zumindest die beiden die er kannte. Der restliche Trupp marschierte bereits geordnet hinter den Inquisitoren in Richtung Schiff. Auch ihre Truppenstärke war mit den anderen beiden vergleichbar. Zu mindest in der Kampfkraft dachte er.

„Oberst Eden. Wir wären so weit!“ sagte Schwester Hanna mit fester Stimme. „Gut. Dann wären wir vollählig.“ sagte Ilja kühl und trat ein wenig beiseite. Die beiden Schwestern tauschten einen kurzen Blick aus und Schwester Lina entfernte sich von den beiden und schloss sich dem Trupp in Richtung Transportschiff an.

Eine Bewegung in Iljas Augenwinkeln ließ ihn anhalten. „Wevej Mior.“ sagte Ilja stöhnend und leise zu sich selbst. Ein sehr seltsamer Mann. Komplett unfähig für den Kampf. Aber sie brauchten ihn dringend, wollten sie diese Mission erfolgreich beenden.

„Oberst ... Eden!“ sagte Mior schnaufend und versuchte eine einigermaßen stramme Haltung anzunehmen. Der Arme, dachte Ilja mitleidig. Vor ihm stand ein Mann der weder Selbstbewusstsein noch körperliche Stärken zu haben schien. Ein wenig Unbeholfenheit und Verwirrung war auch mit dabei. Mior schob seine Brille zu recht und stellte die, für ihn, sehr schwere Metallkiste ab. „Oberst Eden. Ich wäre soweit.“ sagte er mit einer immer noch tief Luft holenden Stimme. Ilja sah ihn leicht gütig und etwas väterlich an. Er tat ihm irgendwie Leid, aber anders hätte er sich einen Systemarchitekten auch nicht vorgestellt.

„Mior. Wir sehen uns im Schiff.“ sagte Ilja befehlerisch und deutete mit dem Finger in Richtung Transportschiff. Nicht das er sich noch verläuft der Tollpatsch, dachte Ilja und musste innerlich lachen. Mior blickte sich kurz unsicher um und nickte dann dankend. Anscheinend wusste er bis dato wirklich nicht wo das Schiff stand. Ilja lief es eisig den Rücken runter bei dem Gedanken ans so viel Fachkompetenz. Er wuchtete die Kiste hoch und taumelte mehr stolpernd als laufend davon. Ilja lachte innerlich über so viel Anmut.

Semjon machte sich nun hinter ihm bemerkbar. Er stand dort schon die ganze Zeit und wartete wohl auf seinen Abmarschbefehl. Aber daraus würde nichts werden. Ilja wollte ihn nicht dabei haben. Semjon sollte hier bleiben. In „Sicherheit“. In „sicherer Sicherheit“, wie Ilja es innerlich formulierte. Ilja drehte sich zu ihm um und sah ihn warm und traurig an. „Ich werde nicht mitkommen dürfen, nicht wahr, Vater.“ sagte er mit einem undefinierbaren, aber etwas traurigen Tonfall. Ilja nickte bestätigend. „Es ist das Beste. Und was noch wichtiger ist, es mein Wunsch, mein Sohn.“ sagte Ilja väterlich. Semjon blickte stur gen Boden.

Ilja wusste, dass er es verstehen aber nicht akzeptieren würde. Wie er selbst es nicht akzeptieren würde, wäre er in seiner Position. Ilja umarmte Semjon fest, denn er wusste nicht ob es nicht doch das letzte Mal sein würde. Ohne ein weiteres Wort drehte Ilja sich um und lief Richtung Transportschiff.

Er lief wie in Zeitraffer und blickte in die trostlose und eisige Nacht. Die Sterne funkelten am pechschwarzen Himmelszelt. Sein Atem kristallisierte in der klirrend kalten Luft. Trion! Kalt, unbarmherzig, todbringend und doch seine geliebte Heimat. Würde er je wieder hierher zurückkehren? Würde er je wieder Trion sehen? Würde er je wieder Semjon sehen? Er wusste es nicht. Ilja blickte traurig in den Himmel.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Schwarzes Glitzern -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Die Triebwerke heulten donnernd und rüttelnd auf. Das Schiff bebte. Ilja saß neben Trejas und Jaija, fest angegurtet auf einem der über 100 Sitzplätze. Es gab vier Sitzreihen. Zwei an den Außenwänden, mit Blick in Richtung Schiffinneres, und zwei Sitzreihen in der Mitte, wo man Rücken an Rücken saß und auf die äußeren Sitzreihen blickte. Ilja saß in einer der Mittelreihen und blickte einen der Gardisten in die Augen. Das heißt, er blickte ihm auf die große schwarze Schutzbrille, welche seine obere Gesichtshälfte verdeckte. Das restliche Gesicht war unter einer atmungsaktiven Sturmhaube verborgen. Es würde sehr kalt auf Jui VI werden. Noch kälter als auf Trion wie er befürchtete, insofern die Ausrüstung der Soldaten den Anforderungen entsprach.

Der Mann wirkte nervös. Was Ilja nicht sonderlich verwunderte, obwohl er der einzige Gardist war der nervös zu sein schien. Zu mindestens zeigten es seine Kameraden nicht offen, wenn sie denn überhaupt nervös waren.

Ilja erinnerte sich zurück. Er war der letzte Gardist der das Schiff betreten hatte. Trejas hatte ihn wütend zurück geschickt, da er einen der Munitionskisten vergessen hatte. Wenn es das Einzige ist was schief geht, dachte Ilja als er den Gardisten, mit gesengtem Kopf davoneilen sah. Kurze Zeit später hievte er die Kiste herein und setzte sich, zögernd, auf den freien Platz gegenüber von Ilja. Das Schiff hob ab.

Die Reise würde etwas dauern, da Jui VI ein Stück weit von Trion entfernt war. Ilja versuchte sich ein wenig auszuruhen. Wer weiß wann er wieder die Gelegenheit dazu hatte. Er glitt in einen dämmrigen Schlaf.

Ein dunkler Schatten huschte kurz über die vereiste Betonwand. Gregor riss ängstlich die Augen auf und hob sein Lasergewehr. Zitternd stolperte er schutzsuchend zurück. „Was ist los Gregor?“ flüsterte Merijan fröstelnd und ängstlich. Gregor schluckte und blickte seinen Kumpel hoffnungslos an. „Weiß nicht ... ich glaub da war was.“ sagte er mit einem verzweifelnden Flüstern. Der Schatten huschte wieder, ungesehen, über den eisigen Beton. Gregor überprüfte sein Magazin. Fast leer. „Scheiße!“ jammerte er verzweifelt.

Seine Zunge glitt über seine dunkelblauen, fast erfrorenen Lippen. Sein Körper fühlte sich taub an. Er spürte nichts mehr. Nur noch das leise und dumpfe Pochen seines Herzens, und die stetig steigende Todesangst, erinnerten ihn schmerzlich daran, dass er noch immer nicht Tod war, auch wenn er sich momentan aus irgendeinem Grund nichts sehnlicher wünschte.

Sein Atem wurde schwerfälliger. „Gregor ... wo ist Mijak?“ fragte Merijan verzweifelt und mit bibbernder Stimme. Gregor fuhr herum. Wo steckt er? Dachte er. „Mijak?“ rief er zögernd und gedämpft in die leere Dunkelheit. Nichts. Da! Der Schatten huschte nun von rechts nach links. Gregor wich panisch zurück. Merijan zog hastig sein Lasergewehr hoch. Wieder nichts als Stille. Als sie sich nach einigen Augenblicken wieder einigermaßen sicher war nahm Gregor einen weiteren Knickstab, den letzten, aus seiner Brusttasche, und brachte ihn zitternd und unbeholfen zum leuchten. Seine schwarzen und erfrorenen Finger hielten den Stab ängstlich in die Höhe. Der Neongrüne Schimmer um sie herum wurde etwas heller.

Merijan reichte Gregor den Stab und blickte ihn mit einem gequälten Lächeln an. Gregor nahm ihn an sich, während er auf seinen verletzten Kumpel herabblickte. Die Wunde am Bein sah immer übler aus. Das Bein würde er auf jeden Fall verlieren, wenn er Glück hatte würde er sogar sein Leben verlieren ... wenn er richtig Glück hatte schnell und schmerzlos. Merijan wollte einfach nur sterben, einfach keine Angst mehr haben.

Ein leises Gurgeln und Scharren ließ Gregor und Merijan erschauern. Beide richteten ihre Lasergewehre in die Richtung aus der das Geräusch kam. „Mijak, bist du das?“ hauchte Merijan hoffnungsvoll ins Ungewisse. Mit einem unmenschlichen Schrei löste sich der dunkle Schatten von der Wand und stürzte sich todbringend auf die beiden hilflosen Männer. Während die grauenvollen Todesschreie durch die eisigen Mienenschächte jagten, landete, nicht weit entfernt vom Ort des Schreckens, dass Landungsschiff auf der knackenden Eisoberfläche von Jui VI.

Die Landung war hart und ruckartig. Ilja hielt sich krampfhaft an den Haltebügeln fest, bis das Weiß seiner Knöchel zum Vorschein kam. Die roten Warnleuchten erloschen und wurden durch die grünen Leuchten ersetzt. „Es kann losgehen!“ rief der Pilot durch die rauschende Sprechanlage. Die Triebwerke liefen weiter, bereit jeder Zeit wieder das Transportschiff in die Höhe zu bringen. Alles schnallte sich ab und bereitete sich auf den Ausstieg ins kalte Ungewisse vor.

Ilja schnallte sich ab und lief zum Cockpit. Er sah den Piloten finster an. „Wenn wir binnen 3 Tagen nicht zurück sind, oder sie keine Meldung von uns erhalten haben, verlassen sie unverzüglich ihre orbitale Umlaufbahn und kehren nach Trion zurück. Geben sie Hauptmann Juas diese Nachricht. Er weiß dann was zu tun ist.“ sagte Ilja mit einem unanfechtbaren Ton und reichte dem Kaugummi kauenden Piloten die verschlüsselte Nachricht. Der Pilot nickte eifrig und sah Ilja dann fragend an. Ilja holte aus seiner Brusttasche eine kleine Uhr und drückte ein paar Knöpfe. Er reichte sie dem Piloten und drehte sich um. „Wünschen sie uns Glück.“ sagte Ilja, während er zu den anderen zurückging.

Der Pilot sah seine Copiloten fragend an und reichte dem einen zögernd die kleine Uhr von Ilja. Die Augen der Copiloten weiteten sich während er den Kopf schüttelte. Auf der Uhr blinkten viele kleine, neongrüne Zahlen. 2: 23: 59: 38. Die Männer sahen die kleine Uhr ungläubig an. Ilja Eden hatte keinen Spaß gemacht. Er meinte es todernst.

„Oberst Eden, wir können starten.“ sagte Trejas und deutete auf die Abmarschbereite Truppe im Inneren des Transportflugzeugs. Ilja sah sich suchend um. Jaija reichte ihm einen kleinen transportablen Bildschirm. Ilja blickte prüfend auf den Bildschirm. Es war eine akribische Auflistung aller Anwesenden.

Oberst Ilja Eden
Veteranensergeant Wijan Trejas
Sergeant Igor Jaija
20 Gardisten
Standartbewaffnung
+ 2 Melter
+ 2 Plasmawerfer
+ 2 Granatwerfer
+ 4 Flammenwerfer

Großinquisitor Julio Hernan
Großinquisitor Reon Hernan
9 Inquisitoren
11 Prediger

Sororitas Principalis Hanna Rarowin
Sororitas Prioris Lina Erowin
5 Sororitas Prioris
15 Sororitas
Standartbewaffnung
+ 2 Schwere Bolter
+ 3 Schwere Flammenwerfer
+ 5 Multimelter

Kommissar Heinrich Bergmann

Systemarchitekt Wevej Mior

Ilja nickte zufrieden und gab Jaija den transportablen Bildschirm zurück. Ilja lief durch die stramm stehenden Reihen und stellte sich vor seine kleine, aber schlagkräftige Armee. Er blickte sie eindringlich an und fesselte ihre Blicke an seine magische Aura.

„Es erfüllt mich mit Stolz, zu sehen, dass es immer noch Menschen gibt, die bereit sind, wenn der Imperator sie ruft, ihm ohne Zweifel und ohne zu zögern folgen. Ich fühle mich geehrt, Seite an Seite mit ihnen in den Kampf zu ziehen, zu bekämpfen was es zu bekämpfen gilt und zu sterben, wenn es des Imperators Wille ist. Ich werde alles Erdenkliche in Kraft setzten damit diese Mission Erfolg hat. Möge das Licht und Schutz des Imperators stets mit uns sein.“ sagte Ilja mit einem stolzen und ehrwürdigen Tonfall. „Beten wir zusammen zu unserem geliebten Imperator zu Terra. Schwester Hanna, wenn ich bitten darf.“ sagte er mit einem warmen und ruhigen Tonfall und reihte sich bei den Gardisten ein.

Die Sororitas trat vor, die anwesenden senkten ihre Köpfe und sie begann mit einer lauten und hypnotisierenden Stimme das Gebet.

„Allmächtiger Imperator. Schütze diese Männer und Frauen, die in deinem Namen gegen die Feinde der Menschheit zu Felde ziehen. Gebe uns die Kraft, die Ungläubigen in die Feuer der Verdammnis zu treiben. Gebe uns den Mut, im angesichts des Feindes zu bestehen. Lass dein Licht erleuchten, damit wir auch in den dunkelsten Momenten nicht scheitern. Gib uns den Blick, das Gute vom Bösen zu unterscheiden. Zeige uns den Weg den wir gehen sollen, auch wenn es der Weg in den Tod ist. Führe uns zu deinem Ruhm und zum Sieg im Namen der Menschheit. Denn wir sind deine Kinder, die Kinder des Lichts. Wo wir wandeln werden unser aller Feinde auf die Knie fallen, und das heilige Licht des Feuers wird ihre unreinen Seelen reinigen. Allmächtiger Imperator, wir danken dir.“

Die anwesenden erhoben ihre gesenkten Köpfe. Alles bereitete sich auf den bevorstehenden Ausstieg und den klirrend kalten Schneesturm, der draußen unbarmherzig tobte, vor. „Es sind ca. 300 Meter bis zum Haupteingang der Mine. Es werden die längsten 300 Meter eures Lebens werden.“ brüllte Bergmann eisern, und klopfte den Gardisten aufmunternd auf die Schulter.

Die Landungsrampe öffnete sich mit einem lauten knarren. Der Wind peitschte unermüdlich gegen die Rampe. Die Hydraulik brauchte einen kurzen, quietschenden Moment, ehe sie gegen den drückenden Sturm ankam. Mit einem lauten Pfeifen jagte der eiskalte Wind an der Öffnung der Rampe vorbei, direkt in Iljas Gesicht. Es war unbeschreiblich kalt. Ilja zog die Sturmhaube, die ihm Trejas vorhin lächelnd gegeben hatte, zitternd auf. Kalt wurde für die meisten in diesem Moment neu definiert.

Die Landungsrampe schlug krachend auf dem eisigen Boden auf. Das Schiff vibrierte kurz. Dann gab Ilja das Zeichen zum Abmarsch. Die Gardisten rannten als erstes die Rampe herunter, direkt in den Schneesturm. Die Sororitas und die Inquisitoren folgten ihnen, geduckt und Zähne knirschend. Der Wind peitschte die Eiskristalle gegen Iljas Gesicht. Es würden wahrhaftig die 300 längsten Meter ihres Lebens werden.

Bergmann kam vor Ilja zum stehen und sah ihn mit feurigen Augen an, während sich die anderen hinter ihm in Bewegung setzten. Er freute sich auf den Kampf, das spürte Ilja. „Oberst Eden, wir sollten Mior etwas unter die Arme greifen.“ sagte Bergmann witzelnd und etwas genervt während er langsam auf den anscheinend immer noch überforderten Mior zu. Ilja zuckte fragend mit den Schultern und schüttelte leicht den Kopf. „Das könnte durchaus von Nöten sein.“ sagte er leise zu sich. Denn Mior schien seine Ausrüstung, die „sehr schwere“ Metallkiste, nicht einmal bis zum Ausstieg tragen zu können. Bergmann nahm die Kiste leichtfertig hoch und brüllte Mior an er solle ihm gefälligst folgen. Armer, armer Mior, dachte Ilja als er Mior hinter Bergmann herstolpern sah.

Um sie herum war es pechschwarz. Vor Ilja liefen zwei der Gardisten etwas voraus, der restliche Trupp lief gefächert und gefechtsbereit hinter den beiden. Sie hatten eines der beiden Navigationsgeräte bei sich und suchten den bestmöglichsten Weg in Richtung Mineneingang. Der Weg schien nie enden zu wollen. Nach einer Unendlichkeit erschienen endlich die ersten feinen grauen Umrisse vor Iljas Augen in der finsteren Dunkelheit. Sie waren endlich da.

Vor ihnen erhob sich ein gewaltiges, halb zugeschneites und vereistes Betongebäude. Das Gebäude wirkte irgendwie unreal und deplaziert. Weder Fenster noch sonst irgendwelche Öffnungen waren zu sehen. Wozu auch, dachte sich Ilja. Wer würde bei solchen Temperaturen schon Lüften wollen.

In Iljas Blickweite baute sich nach und nach ein gigantisches Metalltor auf. Es trotzte kämpferisch dem tobenden Wind. Die Gardisten machten sich ans Werk. Ein paar Handgriffe später und nach einigen kleineren Explosionen war das Tor bereits offen. Die Gardisten stemmten sich gegen das Tor. Langsam rollte eines der Torflügel ächzend nach rechts. Die ersten Gardisten stürmten mit gezogenen Waffen in das Gebäude, gefolgt von Ilja und dem nachschleichenden Rest. Der Sturm warf sich mit aller Macht in ihre Rücken. Als wollte er sie hineinscheuchen.

Die letzten waren gerade durch das Tor getreten, als die Gardisten es mit vereinten Kräften wieder zuschoben. Die Scheinwerfer, die auf den Waffen montiert waren, leuchteten suchend in das unbekannte Dunkel des Gebäudes. Nichts, als das Pfeifen des Windes, der am Gebäude rüttelte und der Atem von ihnen selbst.

Ilja sah die ersten Knickstäbe in die Dunkelheit fliegen. Ein kalter neongrüner Schimmer erleuchtete das Innere des Betonklotzes. Ilja sah sich systematisch um. Alles schien ruhig und wie immer an seinem Platz zu sein. Bis auf die Tatsache, dass hier niemand war beunruhigte Ilja nichts. Aber genau das war es was ihn nachdenklich machte.

Einer der Gardisten rief lautstark irgendetwas Unverständliches. Ilja blickte zu der Stelle von dem der Ruf kam. Ihm gefror das Blut in den Adern. Mit aufgerissenen Augen lief er zu der Stelle an dem der Gardist stand. Viele folgten seinem Beispiel. Als er bei dem regungslosen Gardisten ankam blickte ihn Trejas fragend und finster zu gleich an. Ilja rieb sich mit der linken Hand die Augen und sah sich genauer um. Er konnte es nicht fassen, nicht begreifen. Er hatte schon viel gesehen, aber das übertraf alles. Allmählich wurde ihm klar, dass das hier kein Sparziergang werden würde.

„Oberst Eden, was ist hier ...?“ begann Bergmann bellend, bevor er abrupt stockte und dann inne hielt. Er starrte wie gebannt auf das was er nicht beschreiben konnte. Es war entsetzlich. „Die Hölle.“ hauchte einer der Gardisten zitternd in die Runde.

Vor ihnen war einer der Eingänge zur Mine. Zu mindest das was davon übrig war. Das Fahrstuhlgestänge war völlig verbogen und der Lift lag zertrümmert an der gegenübergelegenen Wand. Es schien, als ob ihn jemand herausgerissen hatte. Der neongrüne Schimmer erhellte allmählich die nähere Umgebung und gab den Blick auf den bizarren Anblick frei der sich ihnen bot.

Überall lagen Körperteile und abgerissene, bzw. zerfetzte Gliedmaße herum. Der Boden war mit Blut durchdrängt. Das reinste Massaker. Ilja sah einen der Toten in seine Schreckerfüllten toten Augen. Was hat dir so Angst gemacht? Und was hat dich so zugerichtet? Der Anblick ließ Ilja erschauern. So viel Hass und Böses lag in der Luft. Es wirkte wie inszeniert. Alles war eingefroren, und wirkte irgendwie künstlich. Wie ein Foto das man während der Schlacht gemacht hatte. Als wüsste man, dass sie das hier sehen würden. „Ich hatte gehofft wir würden auf Überlebende stoßen. Dem wird wohl nicht so sein.“ sagte Reon mit eisernern Stimme, als er sich neben Ilja stellte. „Es scheint so.“ sagte Ilja kühl.

Ilja lief zögernd an den Überresten der toten Arbeiter vorbei und trat dann vorsichtig an den Rand des Aufzugschachts. Ehrfürchtig blickte er in den dunklen Schlund. Nichts als Dunkelheit. Ilja überkam ein kalter Schauer. Wer auch immer das hier angerichtet hatte, er wartete bereits dort unten auf ihn. Doch wie sollten sie dort runter kommen?

Plötzlich schossen zuckende Lasergeschosse an Iljas Kopf vorbei. Ilja warf sich instinktiv auf den Boden und zog seine Laserpistole. Alles war auf den Beinen und schoss wie wild in Richtung Dunkelheit. Ilja kroch hinter eines der deformierten Aufzugteile und spähte vorsichtig in die Dunkelheit. Nichts. Ilja drückte sich an das Metall und schaute zu den anderen hinüber. Alle waren in Deckung, die meisten sah er nur vage. Reon, Bergmann und Trejas waren ein gutes Stück von ihm entfernt hinter einem Werkzeugcontainer in Deckung gegangen. Iljas Herz pochte wie wild. Was ist nur für ein feiges Pack da unten?

Trejas eröffnete wieder das Feuer und von überall lösten sich wieder Schüsse. Ilja spähte ein weiteres Mal in Richtung Dunkelheit. Er sah ein mattes glitzern in der Dunkelheit. Nur kurz, aber es langte um Gewissheit zu haben das sie hier, wie erwartet, nicht alleine waren. Das glitzern wirkte feucht und bewegte sich außerordentlich schnell. Es schien an der Wand empor zu laufen. Was auch immer es war, Ilja wollte es schleunigst tot sehen. Egal wie.

Hernan stoppte mit einem Befehl das Feuer. Die Waffen schwiegen wieder. Langsam, ganz langsam krochen die einzelnen Männern und Frauen aus ihren Deckungen. Trejas, Bergmann und einige Gardisten kamen geduckt auf Ilja zu. „Was ist hier los Sergeant?“ fauchte Ilja Trejas an, der sich, wie die anderen, an das Metallstück presste. „Oberst Eden. Wir haben ersten Feindkontakt.“ sagte Trejas schnaufend und blickte suchend in die Dunkelheit. „Wirklich?“ antwortete Ilja hämisch und säuerlich. Ohne auf die Hilfe suchenden Blicke seines Gegenübers einzugehen führ er fort. „Eine Idee mit was wir es zu tun haben?“ fragte Ilja fordernd in die Runde. „Negativ. Feind konnte nicht identifiziert werden.“ sagte Trejas und spähte weiter unsicher in die Dunkelheit. „Irgendetwas ist aus dem Aufzugschacht gekommen und in den Hinteren Teil des Gebäudes geflohen.“ sagte Bergmann leise und überprüfte sein Magazin. „Ein schwarzes Glitzern.“ sagte Ilja nachdenklich und schnaubte kopfschüttelnd. Bergmann nickte bestätigend.

Ilja sah zu den anderen hinüber. Die Sororitas hatten ihre schweren Waffen in Stellung gebracht, und beobachteten den Teil des Gebäudes wo sie den geflohenen Feind aus dem Schacht vermuteten. Auch die Inquisition ließ die Dunkelheit hinter dem Schacht nicht aus den Augen. Ilja lies sich Feuerschutz geben und lief eiligst und geduckt zu den anderen. Hinter dem Werkzeugcontainer kam er schnaufend zum stehen. Hanna stand lächelnd und mit einem dampfenden Melter direkt vor ihm. „Oberst Eden.“ sagte sie sanft und begrüßte ihn mit einem freudigen Nicken. Ilja sah sie fragend an. „Halten sie die Stellung.“ sagte er und drehte sich zu dem eben eintreffenden Bergmann um. „Und sie holen mir diesen Mior her. Soll er mal zeigen was er kann, falls er noch lebt.“ sagte er mit einem befehlshaberischen aber gedämpften Tonfall. Hanna nickte und lief mit Bergmann los. Trejas lief an ihm vorbei, las seinen Blick und suchte ebenfalls seine Männer zusammen.

Ilja blickte mit zusammengekniffenen Augen in Richtung Schacht und der dahinter liegenden, bedrohlich wirkenden Dunkelheit. Würde er diesmal sterben? Er war sich nicht sicher.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Bildschirm 3 -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Ilja drehte sich um, denn jemand rief seinen Namen. Bergmann und Mior erschienen neben ihm. Mior sah immer noch etwas durch den Wind und leicht fertig aus. Bergmann stand neben ihm, als sei er sein Herrchen das seinen neuen Hund präsentierte. Und Bergmann war keineswegs von seinem neuen Fang begeistert.

„Mior, mein Junge.“ sagte Ilja schon zu warmherzig und ging auf den eingeschüchterten Mann zu. „Wie kommen wir nach unten?“ fragte Ilja eindringlich, beugte sich zu Mior herüber, legte eine auffordernde Mine auf und zeigte in Richtung Aufzugschacht. Mior sammelte sich merklich und begann mit zögerlicher Stimme. „Also ... laut den Plänen müsste es weiter hinten ... also ... ungefähr dort, noch einen Aufzugsschacht geben.“ Mior deutete auf seinen 2 Dimensionalen Plan, den er hastig aus seiner Jacke geholt hatte und zeigte mit seinem Zeigefinger auf eine gelb blickende Stelle. Ilja beugte sich skeptisch vor und begutachtete den digitalen Plan.

Es war ein Grundriss des Gebäudes in dem sie sich befanden. Alles akribisch beschrieben und detailliert aufgezeichnet. Ilja nickte zustimmend. „Bist du dir sicher, mein Junge?“ fragte er väterlich zu Mior und schickte Bergmann einen schnaufenden Blick zu. Bergmann lächelte etwas und sah dann Mior musternd an. „Also, sicher können wir uns nicht wirklich sein, denn wenn es hier schon so aussieht, will ich gar nicht wissen wie es da hinten aussieht.“ sagte Mior und wurde dann unter Bergmanns drückendem Blick sichtlich kleiner. Ilja spürte, dass Mior nicht wissen wollte wie es „dort hinten“ aussieht. Doch es blieb ihnen wohl nichts anderes übrig als behutsam nachzusehen.

„Bergmann, erteilen sie den anderen folgende Meldung. Wir gehen zum hinteren Schacht.“ sagte Ilja und sah Bergmann auffordernd an. Bergmann nickte gehorsam und lief davon. Mior packte unbeholfen die Karte in seine Jackentasche. „Mior, lassen sie die Karte draußen. Wir werden sie noch brauchen.“ sagte Ilja und klopfte dem, vor Schreck erstarrtem Mior auf die Schulter. Mior sah ihn mit großen Augen an, bevor er die Karte wieder, hektisch und unbeholfen aus seiner Jackentasche fummelte.

„Wir wären dann so weit.“ sagte Reon und sah Ilja fragend an. „Irgendwelche Anzeichen von unserem geflohenen Feind aus dem Schacht?“ fragte Ilja. Reon blickte missmutig drein und antwortete Ilja mit enttäuschter Stimme. „Nein. Egal was oder wer es war, es ist weg.“ Ilja nickte und fuhr fort. „Der zweite Schacht befindet sich etwas weiter im Gebäude inneren. Wir sollten mit äußerster Vorsicht vorgehen. Unser geflohener Feind ist in jene Richtung gegangen.“ sagte Ilja und zeigte Reon die Karte, auf dem er ihm den zu laufenden Weg aufzeigte. Reon nickte und der Trupp der Inquisition setzte sich als Vorhut in Bewegung.

Trejas und einige Gardisten liefen rechts am Schacht vorbei. Systematisch leuchteten sie ihre Umgebung ab. Der glänzende Unbekannte von vorhin steckte noch tief in ihren Köpfen. Die Sororitas, die links den Schacht umgingen, ließen ihre schweren Waffenträgerinnen vorgehen. Die kleinen Flämmchen der schweren Flammenwerfer wirkten wie kleine Feuerzeugflammen. Wüsste ein Feind nicht welch todbringende Botschaft sie bereit hielten, er würde sie wohl verspotten ehe er schreiend in einem Meer aus Flammen verging.

Ilja lief hinter Trejas her. Jaija und die Inquisition liefen vor ihm her. Man musste höllisch aufpassen, dass man nicht auf irgendwelchen Körperteilen die hier überall am Boden festgefroren waren, ausrutschte oder über sie stolperte. Ein eventueller Sturz in den gähnenden Aufzugschacht wäre das sichere Ende von jedem gewesen. Der sich darbietende Anblick ließ den ein oder andern kurz innehalten, eher er wieder weiter ging. Der Anblick war grauenhaft, bizarr und auf eine seltsame Art und Weiße faszinierend.

Mior lief direkt neben Ilja. Er hatte es wohl vorgezogen in seiner Nähe zu bleiben, anstatt sich ständig von Bergmann sagen zu lassen, dass er ein „Nichtsnutz“ sei. Ilja konnte Bergmann nicht wirklich widersprechen, denn er hatte vom Prinzip her Recht. Doch Mior tat ihm irgendwie leid. Ein bisschen zumindest. “Wie weit ist es noch?“ fragte Ilja Mior. „Noch etwa 30 Meter!“ antwortete Mior und studierte seine blinkende Karte.

Trejas, welcher mit drei Gardisten jetzt die Spitze bildete, hob den Arm und kniete sich hin. Der gesamte Trupp, auch die Sororitas und die Inquisition, hielten an. Ilja prüfte eindringlich seine Laserpistole. Eine drückende Stille breitete sich in der neongrünen Dunkelheit aus. Trejas gab per Handzeichen einige Befehle an einige Gardisten. Wenige Augenblicke später flogen ein gutes Dutzend Knickstäbe in Richtung Dunkelheit. Nach wenigen Metern schlugen sie laut pochend gegen die Wand. Einige wenige trafen einen Metallischen Gegenstand. Das Geräusch des Aufpralls hallte durch den eisigen Raum. Ein weiteres Tor. Sonst nichts als Leere.

Der Trupp setzte sich wieder in Bewegung. Vor dem Tor kamen alle zum stehen und Ilja schob sich zum Tor durch. Bergmann, Hanna, Trejas und die beiden Hernans standen leise diskutierend vor dem Tor. „Probleme?“ fragte Ilja forsch in die Runde. Trejas deutete auf den Mittelteil des stählernen Tores. Ein mächtiges Schloss verwehrte ihnen den Zugang. „Wir könnten es versuchen aufzusprengen. Allerdings ist dies hier kein gewöhnliches Schloss. Sehr hart gepanzert und eigentlich zu massiv für den Typ Sprengstoff den wir dabei haben.“ sagte Trejas und klopfte prüfend mit dem Schaft seines Gewehrs auf das vereiste Metall. „Mior?“ bellte Ilja halblaut. Etwas weiter weg von ihnen begann es zu knirschen. Ungeschickt wie immer bahnte sich Mior einen Weg zu ihnen. Fragend dreinblicken kam er vor Ilja zum stehen. „Kriegen sie das auf?“ fragte Ilja mit einem nach Bestätigung fordernden Blick. Mior hob den Kopf und sah das Tor mit großen Augen an. Ilja zweifelte nun doch langsam an der Kompetenz dieses „Mannes“.

„Ja.“ sagte Mior plötzlich und lief zu einer in der Wand eingelassenen Konsole die matt vor sich hinleuchtete. Er rieb sich am Kinn und holte zwei seltsame Metallstifte aus seiner Jackentasche. Ilja kratzte sich zweifelnd am Kopf und schob seine Mütze wieder zu Recht.

Mior wischte grob die Eiskristalle beiseite. Er steckte den ersten Metallstift in eine kleine Öffnung, die sich am Rand der Konsole befand. Mit einem leisen Piepsen, und einem kurzen Blinken rastete das kleine „Etwas“ ein. Mior verband den in der Konsole steckende Metallstift mit dem in seiner Hand. Der Metallstift in seiner Hand klickte leise und klappte nach rechts und links aus. Eine kleine Tastatur kam zum Vorschein. Nach einigen Tastendrücken begann das Tor zu knarrend und zu vibrieren. Die Erde schien beben. Alle gingen automatisch einige Schritt nach hinten und hoben erwartungsvoll ihre Waffen. Mior zog eilig den Stift aus dem Tor und versteckte sich hinter einigen kampfbereiten Gardisten.

Das Schloss in der Mitte des Tores ratterte zusammen und schob sich, knarrend und ächzend nach oben weg. Die Riegel lösten sich, und das Tor schwang nach innen auf. Die Luft knisterte vor Anspannung. Alles war bereit jeden zu vernichten der da kommen würde, egal was da kommen würde.

Es kam nichts. Nur ein eisiger Windzug fegte an ihnen in den dunklen Raum vorbei. Die ersten Knickstäbe flogen in den schwarzen Raum. Langsam verbreitete sich auch hier der neongrüne Schimmer und gab die Sich einigermaßen frei. Vor ihnen erhob sich eine exakte Kopie des zerstörten Aufzugschachts vom ersten Raum. Nur das dieser noch intakt zu sein schien. Rechts neben dem Aufzug standen allerlei Werkzeugcontainer und Arbeitsgeräte. Es war eiskalt und die Luft stickig und verbraucht.

Ilja betrat, flankiert und geschützt von den Gardisten, den immer düster wirkenden Raum. Rechts neben ihnen war, getrennt durch drei große vereiste Glasscheiben, der Kontrollraum wie Ilja an der Beschriftung erkannte. Jaija und einige Gardisten machten sich an die Arbeit und brachen die verschlossene Eingangstür auf. Alles schwärmte mit gezogenen Waffen aus. Sie schienen alleine zu sein. Noch, dachte Ilja und blickte sich mit gezogener Laserpistole um.

„Oberst Eden. Es scheint niemand hier zu sein.“ raunte Trejas berichtend, signalisierend, dass er dem Frieden hier nicht traute und bat ihn mit einem Handzeichen ihm zu folgen. Er führte ihn in den von Gardisten gesicherten Kontrollraum. Zwei große Schaltpulte standen direkt vor den Fenstern. An der Wand waren duzende Kontrollmonitore eingelassen. Alles schien tot zu sein.

„Mior.“ rief Ilja so leise es ging. „Ja?“ kam es leise, neben ihm aus Miors Hals gekrochen. Ilja fuhr herum. Mior stand ängstlich neben ihm und sah ihn erwartungsvoll an. Ilja senkte den Blick. „Bringen sie den Aufzug zum laufen.“ sagte Ilja auffordernd und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. Mior zuckte kurz zusammen. Ilja ging nach draußen und lief auf Hanna zu. „Bekommen wir den Aufzug zum laufen?“ fragte sie mit fester aber dennoch weicher Stimme. „Wir werden sehn. Mior macht sich gerade an die Arbeit.“ antwortete er und nickte in Richtung Kontrollraum. Er hörte ein kleines Klirren aus dem Kontrollraum, dich gefolgt von einem fluchenden Bergmann. Ilja schüttelte lächelnd den Kopf. „Er sollte mehr Nachsicht mit ihm haben.“ sagte Hanna sanft und sah Kopfschüttelnd hinüber zum Kontrollraum. Mior hatte aus Versehen die Werkzeugkiste, welche sich in einem Regal befand, fast auf Bergmanns Fuß fallen lassen.

„Was glauben sie erwartet uns dort unten?“ fragte Hanna und sah Ilja warm aber dennoch fordernd an. Ilja blickte ihr in die Augen.

Diese Augen!

„Ich weiß es nicht. Aber egal was es ist, wir werden damit fertig.“ sagte Ilja und versuchte seine kurze Geistesabwesenheit zu vertuschen. Hanna sah ihn gutmütig an. Sie nickte ihm zustimmend zu und lief langsam zu Lina. Ilja holte tief Luft.

Diese Augen?

Mit einem lauten Summen gingen plötzlich die Lichter um sie herum an. Alles blickte angespannt umher. Die Waffenläufe zuckten suchend umher. Mior hatte wohl die richtigen Schalter gefunden. Ilja betrat den Kontrollraum. Die vielen Knöpfe und Lichter auf den Schaltpulten leuchteten und blinkten munter vor sich hin, wie wenn nichts gewesen wäre. Mior kroch langsam und stöhnend unter einem der Schaltpulte hervor. Bergmann saß neben ihm auf einem Stuhl und sah ihn mit einem nahezu mörderischen Blick an. Mior schluckte ängstlich als er den Blick Bergmanns spürte. „Wir können?“ fragte Ilja und klopfte dem aufstehenden Mior auf die Schulter. Mior zuckte wieder zusammen, aber diesmal weniger heftig als vorher. Langsam gewöhnte er sich wohl daran. Langsam.

„Ja, der Aufzug müsste jetzt bereit sein.“ antwortete er stockend und betrachtete die Monitore und Kontrollanzeigen. „Gut.“ sagte Ilja und drehte sich zu Bergmann um. Ilja starrte an Bergmann vorbei, direkt auf die flackernden Bildschirme hinter ihm. Da! Da war es wieder. Oder? Bergmann drehte sich um und folgte Iljas Blick. „Was zur Hölle ...?“ begann er und starrte auf den Bildschirm. Trejas, Reon und einige Gardisten traten in den Kontrollraum. Stille.

Die meisten Bildschirme flackerten. Mit weißen Buchstaben stand links im Eck. „KEIN SIGNAL“. Einige schienen jedoch noch in Takt zu sein, zeigten allerdings ein komplett schwarzes Bild oder einen scheinbar friedlichen Mienenschacht. Nur einer nicht. Ilja starrte wie hypnotisiert auf Monitor 3. Wie alle anderen auch. Auf dem Bildschirm war der Raum mit dem zerstörten Fahrstuhl zu sehen. Irgendetwas schien gerade aus dem Schacht zu kriechen. Es glitzerte schwarz im neongrünen Schimmer. Und diesmal war es nicht nur eins sondern eine wahre Flut an unbekannten Feinden.

„Schließt das Tor!“ brüllte Ilja und stürmte nach draußen, vorbei an den starrenden Gardisten. Die Missionare und die Sororitas sahen Ilja kurz verwirrt an ehe sie Kampfstellung bezogen. Da! Ilja sah zum Tor. Ein glitzern in der Dunkelheit. „Feuer frei!“ brüllte er und zog seine Laserpistole. Die ersten Sororitas und Missionare eröffneten das Feuer.

Die Missionare und Inquisitoren, die direkt am Tor standen starrten erschrocken in die Dunkelheit. Ein gequältes Raunen rollte durch die Dunkelheit, direkt auf sie zu. Es ging durch Mark und Bein als es in ihre Köpfe brandete. Die ersten Inquisitoren warfen sich brüllend gegen das Tor. Die heranstürmenden Gardisten stimmten in den Feuerhagel ein. Das undefinierbare Raunen schwoll zu einem bedrohlichen Grollen an. Was auch immer es war, es kam näher. Das Tor ächzte und knarrte, aber irgendwie wollte es sich nicht schließen lassen. „Mior!“ brüllte Ilja und wechselte hastig sein Magazin. Ilja sah zum Kontrollraum. Bergmann stürmte aus der Tür. Rechts hatte er seine Laserpistole gezogen und feuerte zielsicher Richtung Tor, links hatte er Mior am Kragen gepackt und schleifte ihn hinter sich her. Mior zappelte ängstlich hin und her während er vorwärts stolperte.

„Er soll das Tor schließen!“ bellte Ilja zu Bergmann und drehte sich zum Tor um. Ilja schoss ununterbrochen in die glitzernde Dunkelheit. Einige Missionare richteten ihre Flammenwerfer in die glitzernde Dunkelheit und warfen ihre feurige Botschaft dem Unbekannten Feind entgegen. Ilja konnte nicht erkenne was sie getroffen hatten. Aber die qualvollen Schreie aus der Finsternis gaben ihnen die sichere Gewissheit, dass sie irgendetwas getroffen hatten.

Bergmann schleifte den verstörten Mior an Ilja vorbei und legte ihn unsanft neben dem rechten Torflügel ab. Mior rappelte sich ängstlich auf und zog hastig die beiden Metallstifte heraus. Die Multimelter der Sororitas hämmerten gegen das schreiende Unbekannte. Auch die Gardisten feuerten hasserfüllt in die tosende Ungewissheit. „Tod und Verderben!“ schrie Ilja hasserfüllt seinem unbekannten Feind entgegen. Das Tor begann plötzlich sich knarrend zu schließen. Das Feuer verebbte allmählich, Ilja feuerte ein letztes Mal ehe sich das Tor ächzend schloss. Die Riegel sprangen zu und das Schloss fuhr wieder herunter und schloss sich krachend. Ilja schnaufte erleichtert.

Ilja blickte zu einem finster nickenden Bergmann, der Mior dennoch versöhnlich auf die Schulter klopfte. Mior lächelte gequält und packte unbeholfen seine Sachen zusammen.

Ein lautes, dumpfes Hämmern ließ alle zusammen zucken. Ihr ausgesperrter Feind warf sich gegen das Tor. „Mior! Der Aufzug! Bringen sie uns nach unten!“ brüllte Ilja und rannte zu Julio. „Sie gehen zu erst!“ bellte er lautstark dem Inquisitor zu. Julio nickte und rief seine Männer zusammen. „Hanna! Schicken sie so viele ihrer Schwestern wie möglich mit Hernan runter! Der Rest kommt mit uns beim zweiten Mal mit runter!“ Hanna nickte zustimmend und rief ihre Kriegerinnen zusammen. Ilja stürmte hastig in den Kontrollraum, dicht gefolgt von Bergmann und Mior.

Ilja spürte wie sein Herz raste, wie er stoßartig atmete und wie immer, wenn der Kampf begann, begann die Ewigkeit vor der Schlacht. Alles schien still zu stehen. Sein Blick schweifte zu Monitor 3, der nur noch schwarz zu glitzern schien. Ilja blickte düster und schickte ein Stoßgeben nach Terra.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Ebene 39 -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“




„Wie lange dauert es bis der Aufzug wieder oben ist?“ brüllte Ilja hastig Mior ins angstverzerrte Gesicht. Mior sah sich unsicher um, tippte hier und da eine blickende Tasten und sah dann Ilja verstört an. „Noch ... ähm ... etwa 34 Sekunden. Dann ist er wieder oben.“ stotterte er panisch. Ilja sah ihn finster an. Vor gut einer Minute hatte Mior die Inquisitoren, die Missionare und einen Großteil der Sororitas mit dem Fahrstuhl ins rettende Ungewisse geschickt. Nun raste der Aufzug wieder empor. „Mior! Was sind das für zwei Metallplatten neben dem Aufzugschacht?“ fragte Ilja brüllend und zeigte auf den Aufzugschacht. Mior sah ihn mit einem verwirrten Blick an. „Schutzplatten glaube ich.“ sagte er und entfachte ein Hoffnungsschimmer in Iljas Augen.

Die Platten konnte man bei Bedarf schließen. Der Schacht wird dabei vollkommen abgeschottet und der Zugang versperrt. Lediglich die vier dicken Stahlseile des Aufzugs konnten durch vier passgenaue Öffnungen gleiten. Diese Vorkehrungen kannte er von Trion. Ilja sah Mior finster an. „Richten sie es so sein, dass sie sich schließen, wenn wir runter fahren.“ sagte er und sah ihn mit einem mörderischen Blick an. Mior schluckte merklich. „Ja.“ sagte er und machte sich hastig an die Arbeit.

Ilja stürmte, mit Bergmann im Schlepptau, nach draußen. Das anfängliche Pochen wurde allmählich zu einem stetig bedrohlicher werdenden hämmern. Das Tor begann sich stellenweiße nach innen zu wölben und die Betonwände um das Tor herum begannen zu bröckeln während das massive Metall quietschend um Hilfe zu schreien schien.

Die Gardisten und die wenigen Sororitas, unter denen sich auch Lina befand, hatten sich dicht am Aufzugschacht positioniert. Dabei ließen sie das ächzende Tor und den heranrauschenden Aufzug keine Sekunde aus den Augen. Die Waffen waren im Anschlag und jederzeit Feuerbereit, wenn es denn sein müsste. Letzteres wollte Ilja im jetzigen Augenblick unbedingt vermeiden.

Der Aufzug kam mit einem lauten quietschen und poltern vor ihnen zum stehen. Die Metalltore schwangen surrend auf und die ersten stiegen unsicher in den gelbgrauen „Metallkäfig“. Ilja lief zum Kontrollraum. „Mior.“ rief er auffordernd hinein. Mior rannte auf ihn zu. „30 Sekunden. Dann schließen die Schutzplatten.“ sagte er und stürmte in Richtung Aufzug. Gut, es musste schnell gehen.

„Schnell! Alle rein!“ brüllte Ilja befehlerisch. Mit einem lauten Klacken rasteten die Torschlösser ein. Der Aufzug rüttelte kurz und begann mit dem von Mior programmierten Abstieg. Gleichzeitig schlossen sich über ihnen knarrend die Schutzplatten. Das Licht über ihnen erlosch mit einem dumpfen Schlag. Es ging abwärts.

Ilja sah Trejas schnaufend in die Augen. Geschafft. Vorerst. Der Aufzug raste nun unaufhaltsam in Richtung Tiefe. Plötzlich rollte ein tiefes Grollen von oben herab durch den Schacht, prallte mit lautem Getöse auf sie, rüttelte röhrend am Aufzug und jagte weiter in Richtung Tiefe. Ilja blickte, wie alle anderen, erschrocken in die finstere Höhe. Die Lichter des Aufzugs begannen zuckend zu flackern. Dunkelheit. Ein zischendes peitschen und der Aufzug begann wie ein Stein zu fallen.

Ilja fühlte sich scheinbar schwerelos. Er krallte sich an der Brüstung des Aufzugs fest. Der Aufzug jagte mit ohrenbetäubendem Lärm gen Abgrund. Ilja spürte wie der Tod seinen Namen lachend den Schacht empor rief. Wie schon so oft.

Plötzlich ging ein Ruck durch den Aufzug. Ilja prallte hart zu Boden. Die automatischen Notbremsen begannen schreiend und Funken sprühend die Höllenfahrt zu bremsen. Der Aufzug bebte und schien jeden Moment auseinander zu brechen. Ilja schickte ein Stoßgebet den Schacht empor, auf das es der Imperator erhören würde. Iljas Ohren begannen zu Pfeifen. Ein widerlicher Geruch aus einer Mischung aus Bremsflüssigkeit und verbranntem Gummi kroch Ilja in die Nase. Mit einem schlagartigen Ruck blieb der Aufzug in der Finsternis stehen. Stille. Tiefe, dunkle und erdrückende Stille. Vom einstigen Getose von oben war nichts mehr zu hören.

Ilja rappelte sich unsicher auf. Nichts als Finsternis um sie herum. „Trejas, Licht!“ befahl Ilja zähneknirschend. Einen Moment später begann ein neongrüner Schimmer und die Gewehrlampen die unwirkliche Umgebung zu erhellen. Alle standen wieder auf den Beinen. Hier und da vernahm Ilja ein schmerzliches Stöhnen. Aber es schien als hätten alle die Notbremsung ohne großen Schaden überstanden.

„Mior. Wo sind wir?“ fragte Ilja mit schmerzendem Gesichtsausdruck und suchte Mior mit seiner Stimme in der verwirrten Menge. Ilja erblickte Mior, der sich mit seinen Gerätschaften an den Bordcomputer machte. Ilja wunderte sich über die langsam eintretende Selbstständigkeit von ihm.„Ähm ... Ebene 39.“ sagte er und sah dann Ilja erschrocken an. Ilja schickte Mior einen auffordernd fragenden Blick zu. „Wir sind 7 Ebenen über den anderen.“ sagte er mit bebender und resignierender Stimme. Ilja sah Trejas finster an. „Wie kommen wir hier raus?“ fragte er und zog beiläufig seine Laserpistole.

Bevor Trejas etwas sagen konnte jagte ein qualvolles Grollen durch den Schacht. Der Aufzug erbebte erneut und sackte ein Stück ab. Der Ruck ging durch Mark und Bein. Lina ergriff als erstes das Wort wieder. „Bekommen wir die Aufzugtore manuell auf?“ sagte sie und sah Jaija und Trejas fragend an. Jaija nickte und holte einige kleine schwarze Päckchen aus seiner Tasche. „Damit müsste es gehen.“ sagte er und befestigte die winzigen Sprengladungen am Tor. „Zurück.“ sagte er und stellte den Zünder ein. Alle drehten sich schützend weg und pressten sich unsicher an die gegenüberliegende Wand. Vier kleinere dumpfe Schläge später viel das Tor krachend in den Spalt zwischen Aufzug und Fels und verschwand in der Dunkelheit des Schachts. Alles führ herum und richtete die Waffen in Richtung Dunkelheit. „Licht.“ sagte Ilja leise und zielte suchend ins Ungewisse. Die bereits benutzten Knickstäbe flogen trudelnd in die vor ihnen liegende Dunkelheit.

Nach und nach erkannten sie einen finsterer Minenschacht vor sich, der in einer endlos wirkenden schwarzen Leere mündete. Rechts neben ihnen stand an der betonierten Wand in großen weißengelben Buchstaben „Ebene 39“ geschrieben. Vorsichtig betraten sie den Mienenstollen. Mit leisen Schritten folgten sie ein kleines Stück dem Verlauf des Stollens. Immer auf der Suche und in Erwartung nach der nächsten Gefahr.

Ein leises knacken ließen alle erschrocken herumfahren. Der Aufzug begann leise zu knacken. Mit einem dumpfen Ruck lösten sich die Notbremsen und der Aufzug begann ungebremst in die Tiefe zu fallen. Alle verharrten in ihrer Position. Das Pfeifen des herabstürzenden Aufzuges wurde immer leiser, bis es schließlich in einem dumpfen Krachen endete.

„Weiter.“ sagte Ilja nach kurzem Innehalten und drehte sich langsam wieder um. Der Rest der Truppe folgte ihm zögernd, weiter in Richtung Ungewissheit und Dunkelheit.

„Mior. Was ist da gerade passiert?“ fragte Ilja flüsternd den neben ihm herlaufenden Mior. „Irgendjemand hat die Stahlseile gekappt.“ antwortete Mior, und sah Ilja ebenso ungläubig an wie Ilja ihn ansah. „Eher irgendetwas.“ entgegnete ihm Ilja unsicher. „Der Aufzug hat dann automatisch eine Notbremsung gemacht. Als die Sensoren die Geschwindigkeit für niedrig genug hielten, hat uns das System hier komplett abgebremst. An sich keine Schlechte Sache, aber jetzt stehen wir vor einem Problem.“ sagte Mior und blickte Ilja tief Luft holend an. „Wie kommen wir zu den anderen nach unten?“ fragte Ilja den Satz zu Ende sprechend und sah Mior erwartungsvoll an. Mior zog unsicher seine zweidimensionale Karte hervor. „Etwas weiter weg von hier ist ... anscheinend ... noch ein Aufzug.“ sagte Mior sicher und mit etwas Freude in der Stimme. Ilja sah skeptisch auf den leuchtenden und blinkenden Plan. „Sicher?“ fragte er kompromisslos. Mior sah ihn ängstlich an. „Ja. Das ist üblich in so großen Mienen.“ sagte er jetzt mehr unsicher wie sicher.

„Anhalten. Trejas, zu mir.“ rief Ilja leise, fast flüsternd. Trejas drehte sich zu Ilja um und kam zu ihnen. „Es gibt noch einen Aufzugschacht. Weiter vorne.“ teilte er ihm berichtend mit. Trejas hob skeptisch aber aufmerksam die Augenbrauen. „Auch wenn ich seit gerade eben eine leichte Abneigung gegenüber solchen Aufzüge verspüre, würde ich sagen versuchen wir es.“ sagte er und nickte Ilja zustimmend zu. Ilja ging zu Bergmann und Lina, welche mit einigen Gardisten und den restlichen Sororitas die Nachhut bildeten.

„Bergmann. Schwester Lina. Wir werden versuchen über einen anderen Aufzug zu den anderen zu kommen.“ sagte er und sah die beiden so gut es ging hoffnungsvoll an. Bergmann nickte mürrisch und suchte weiter die Finsternis ab. Lina sah ihn wie immer warm an. „Oberst Eden ...“ begann sie sanft, bevor ein bebendes Grollen den Schacht zum zittern brachte. Alles begann panisch nach möglichen Feinden Ausschau zuhalten. „Die Decke! Die Decke!“ schrie einer der Gardisten. Alles richtete den Blick und die Waffen an die Decke. Von überall rieselte es Gestein und Erdbrocken herab. Irgendetwas schien über ihnen zu sein und war drauf und daran zu ihnen zu gelangen. Ein mattes, rötliches Leuchten schimmerte durch die aufbrechende Decke und funkelte Ilja faszinierend an. „Vorwärts!“ brüllte Bergmann und zog Ilja mit sich, der wie angewurzelt auf die Decke starren musste.

Ilja riss sich los und sah nach hinten. Lina hatte Mior am Arm gepackt und zerrte ihn schwerfällig mit sich. Ilja eilte ihr zur Hilfe. Gemeinsam trugen sie den völlig verstörten Mior weg.

Alles rannte wie wild in Richtung Dunkelheit. Nur weg von dort hinten, dachte Ilja und beschleunigte sein Tempo um mit Lina mithalten zu können. Ein schreckliches Brüllen saß ihnen im Nacken. Der Schacht drohte sie jeden Moment zu begraben. Ilja drehte sich nicht um. Es war ihm egal wer oder was da war. Er wollte es momentan auch nicht wissen. Nur schnell weit weg von jenem hinter ihnen. Jetzt erst begann er langsam daran zu Zweifeln, dass es sich hier „nur“ um einen normalen Feind handeln sollte. Irgendetwas stimmte hier nicht. Bergmanns Geschichte verstärkte seine dunkelsten Vorstellungen.

Mit einem donnernden Beben begann der Schacht hinter ihnen nun nach und nach einzubrechen. Die Druckwellen drückten die staubige Luft stoßweiße an den fliehenden vorbei. Die Luft wurde stickig und der nahende Tod saß jedem Furcht einflößend im Nacken. Jeder rannte um sein Leben.

Ilja spürte ein stechen in der Seite. „Nein! Nicht jetzt! Nicht aufgeben alter Mann!“ brüllte er zu sich selbst. Eine weitere Druckwelle fegte staubig hinter ihnen her. Mit einem Mal standen sie in einer gigantischen Halle. Ilja sprang mit Lina und Mior nach rechts und stürzte sich in die erhoffte schützende Deckung zu den anderen. Eine letzte gewaltige Druckwelle jagte Unmengen an Staub in die Halle. Ilja zog schützend den Kopf ein. Mit einem lauten Grollen und Krachen kam der Einsturz am Halleneingang zum Stillstand. Das Geröll schob sich Meterweiße in die Halle, ehe es zur Ruhe kam. Stille. Wieder diese tiefe, dunkle und drückende Stille. Es schien, als wäre nichts gewesen.

Langsam begannen sich die ersten aus ihrer schützenden Starre zu lösen. Ilja erhob sich wankend und klopfte den stickigen Staub von seinem Mantel. Allmählich standen wieder alle auf beiden, teilweiße noch wackeligen Beinen. Nur Mior blieb zuckend neben Ilja und Lina liegen. Ilja packte Mior fest mit beiden Armen. „Mior!“ schrie er ihn an. Miors Augen schimmerten Ilja weiß entgegen. Er zuckte unaufhörlich und verkrampfte zunehmend. „Mior!“ schrie Ilja wieder, diesmal noch lauter. Bergmann, Lina und einige andere Gardisten und Sororitas kamen auf die beiden zu gestürmt. Lina legte fühlend ihre Hand auf Miors schweißnasse Stirn. Zwei fragende Blicke trafen sich. „Sanitäterin!“ schrie Lina auffordernd, woraufhin eine der Schwestern damit begann ihre Utensilien herauszuholen und sich zu Mior herunter zu beugen.

Bevor die Sororitas ihre Arbeit beginnen konnte zog Bergmann seine Laserpistole und richtete sie direkt auf Miors Kopf. Alle sahen Bergmann entrüstet an. „Was soll das?“ brüllte Ilja Bergmann an. Dieser aber verzog keine Mine und zielte weiter auf Miors Kopf und ignorierte Ilja und die anderen vollkommen. Ilja glaubte Bergmann leise zählen zu hören. Ilja packte Bergmann schroff am Handgelenk und versuchte dem Kommissar die Waffe zu entreißen. Bergmann wich finster zurück, ließ sie gekonnt durch eine Finte abprallen und richtete seine Pistole erneut auf Mior.

Da begann Mior sich plötzlich zu beruhigen und jappste kläglich nach Luft. Er zuckte noch einmal ehe er schlaff zusammensackte. Sein Kopf viel in den behütenden Schoß von Lina. Bergmann hob seinen Blick sichtlich erleichtert und senkte zögernd seine Pistole. Ilja und der Rest der Truppe starrten Bergmann unsicher und teilweiße schockiert zu gleich an. Bergmann blickte erst unsicher, dann düster in die verwirrte Runde. „Ich habe meine Befehle, und diese werde ich befolgen.“ sagte er mit eiskalter Stimme, drehte sich um steckte sich eine Zigarette an. Während einige fragend bei dem sich erholenden Mior verharrte, lief Ilja Bergmann hinterher. Der Rest der Truppe begann nach einigen Handzeichen von Ilja das Gelände zu sichern.

„Was ist in sie gefahren?“ zischte Ilja Bergmann forsch an. Bergmann sah ihn finster an. „Ich sagte doch bereits, ich habe Befehl bei solchen Vorfällen meine Pflicht zu erfüllen.“ antwortete er gefühllos während er an seiner Zigarette zog und anschließend den Rauch in die staubige Luft blies.

Ilja sah ihn mit einem mörderischen Blick an. „Welche Vorfälle?“ fragte Ilja mit schneidendem Tonfall. „Wir befinden uns außerhalb unseres Machtbereiches. Ich weiß nicht welch intrigante Methoden der Feind besitzt.“ sagte Bergmann und steckte seine Laserpistole zurück in den Halfter. „Bergmann!?“ sagte Ilja entrüstet. „Wir können solches nicht ausschließen.“ erwiderte Bergmann erklärend. Ilja schüttelte verneinend den Kopf. „Dann müssten sie uns alle, ja sogar sich selbst erschießen.“ sagte er zynisch und sah Bergmann auffordernd an. „Wenn es sein müsste.“ sagte Bergmann, ohne einen Anflug von Gefühl auf seinem Gesicht. Ilja sah im finster in die Augen. „Kommissar Bergmann. Überlegen sie ihre folgenden Handlungsweißen genauestens, da ich sonst gezwungen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.“ sagte Ilja mit einem vernichtenden Tonfall. „Oberst Eden. Ich habe Dinge gesehen und erlebt von denen sie nicht einmal Träumen können. Von denen sie nicht einmal Träumen wollen, geschweige sie zu erleben. Dinge die ihren Verstand, ihren Glauben und all ihre Werte in ihren Grundfesten erschüttern und vernichten würden. Ich wurde dazu Ausgebildet solche Dinge zu erkennen und zu vernichten.“ Bergmann machte eine kurze Pause und sah ihn dann eisern an. „Sie werden mir noch danken.“ sagte er, sah Ilja mit einem unbeschreiblichen leeren Blick an und lief an ihm vorbei.

Ilja kämpfte gegen den Wunsch an, Bergmann auf der Stelle zu liquidieren. Zitternd schob er seine gezogene Laserpistole wieder zurück, welche er unter seinem Mantel verdeckt gehalten hatte. Bergmann mochte Recht haben was die Vorschriften und Anweißungen angeht. Aber diese Mission brauchte Mior. Allerdings beschlich Ilja zunehmend der Gedanke, dass Bergmann wieder einmal mehr Informationen hatte als er. Ilja schnaufte kurz tief ein und lief zu Mior und den anderen.

„Er hat sich wieder stabilisiert.“ sagte Lina und deutete auf den bereits wieder bei Bewusstsein zu scheinende Mior. „Mior? Was war los mit ihnen?“ fragte Ilja und sah Mior streng an. Mior sah ihn unsicher und fragend an. „Ich ... ich ... weiß nicht. Ich hab ... hoch an die ... Decke gesehen ... rot ... rotes Licht ... und jetzt!?“ sagte er, blickte verwirrt um sich und deutete mit seiner Hand wahllos um sich. Ilja schüttelte gestresst und müde den Kopf.

„Oberst Eden!“ rief Jaija von hinten. Ilja führ herum. Jaija stand neben einem großen metallnen etwas das direkt in der Raummitte stand. „Wir haben den Aufzug gefunden! Der Kontrollraum ist hier drüben, und anscheinend noch intakt.“ brüllte er freudig und sichtlich erleichtert zu Ilja herüber. Ilja sah Mior auffordernd an. „Bekommen sie ihn zum laufen.“ befahl er und lief zu Trejas und Lina.

„Schwester Lina. Trejas. Ich will das der Aufzugschacht, der verschüttete Eingang und der Rest von dieser Halle akribisch bewacht wird. Alles! Ich will keine weiteren Überraschungen.“ sagte Ilja und schickte den beiden ein aufforderndes Nicken zu. Lina und Trejas nickten zustimmend und begannen ihre Leute einzuteilen.

Ilja ging langsam zu einer der herumstehenden Metallkisten, die hier überall auf dem Boden standen. Mit knackenden Gelenken setzte er sich schnaufend auf die ächzende Kiste. Er war erschöpft, müde, verfroren, hungrig und ein wenig Verzweifelt im Anbetracht ihrer derzeitigen Situation. Aber all das Schlechte was ihm widerfahren war in seinem langen Leben, diente später betrachtet nur zum Guten bei. Dies hoffte er auch für dieses Mal.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Eiskalte Hölle -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“




Es war eiskalt und es herrschte völlige Dunkelheit. Langsam und unsicher tastete sich Gregor an der rauen Wand entlang. Seit einer schier endlos wirkenden Zeit irrte er nun schon durch die leblosen und finsteren Tunnel. Er wusste weder wo er war, noch wusste er wo er hin ging. Er wusste nur, dass er nur weg von dort musste, wo er herkam.

Gregor sackte erschöpft und müde zusammen. Er kauerte sich zitternd zusammen und zog seine dicke aber von Blut und Schweiß durchnässte Jacke fest zusammen. Er schloss die Augen und dachte an das erlebte. Es begann doch alles so harmlos.

Gregor hatte gerade Schichtbeginn. Ein ganz normaler Tag, so dachte er. Wie immer fuhr er mit dem Aufzug hinunter in die schwarze Tiefe. Es war nun eben mal sein Job, den er pflichtbewusst und gerne tat. Alles wie immer. Doch meistens kommt alles irgendwie anders.

Er und Jerre hatten gerade damit begonnen Bohrlöcher für die nächsten Sprengungen zu bohren, als ein ohrenbetäubendes Grollen durch die Tunnel jagte. Gregor gefror das Blut in den Adern. Kurz darauf begann das Schreien und Brüllen. Und es kam immer näher. Erst dachte er es sei ein Unfall passiert. Aber Jerre und er merkten bald das es kein Unfall war. Aus der Richtung aus der das Getöse kam rannten ihnen verstörte, teilweise verletzte oder mit Blut durchtränkte Männer entgegen. Alles wirkte völlig unreal und bizarr.

Lika, ein Freund von ihm der ebenfalls aus der Richtung kam, war der Erste der zögernd bei ihnen kurz inne hielt. Er jappste verzweifelt nach Luft. Dann packte er ihn fest am Arm und blickte ihn irre, voller Angst und finster zugleich an. „Lauf, lauf Gregor!“ sagte er schnaufend und heißer, bevor er wieder los rannte. Während Gregor fassungslos seinem Freund hinterher sah, starrte Jerre wie gelähmt in den Tunnel aus dem Lika und die anderen kamen. Gregor folgte fragend dem Blick von Jerre und erstarrte ebenfalls.

Ein donnerndes Beben ließ die Erde erzittern als Gregor und Jerre endlich zu rennen begannen. Weg, einfach nur weg von hier, dachte Gregor und rannte so schnell er konnte. Er konnte weder beschreiben was er da gesehen hatte, noch wollte er es beschreiben können. Er spürte wie der Tod langsam seine kalten Klauen um sein Herz schloss. Jerre stolperte und fiel hin. Gregor rannte weiter. Er konnte nicht anders. Sein Herz schrie ihn an, er solle seinem Freund helfen, doch der Instinkt ließ ihn weiter rennen. Das letzte was er von Jerre hörte war der qualvolle Todesschrei, der ihm geifernd hinterher rief. „Verzeih mir!“ schrie Gregor mit Wuttränen in den Augen und rannte wie wild weiter. Weiter bis er nicht mehr konnte. Weiter bis er jetzt da war wo er war.

Gregor spürte wie die Kälte todbringend in seinen Körper zu kriechen begann. Er spürte wie der Tod ihn zu ihm rief. „Jerre, ich komme.“ flüsterte er leise und mit einem kleinen verzerrten lächeln auf den Lippen. Er griff zitternd und unkoordiniert in seine Tasche und holte das Bild seiner Frau und seiner beiden Töchter aus seinem Geldbeutel. Er hätte geweint, wenn er noch die Kraft dazu gehabt hätte. Gregor blickte wehmütig auf das Bild. Bevor sein Herz endgültig aufhören sollt zu schlagen, sah er an der Wand von ihm gegenüber einen bekannten rötlichen Schimmer. Mit einem letzten Anflug von Angst, Panik und Furcht verkrampfte sich Gregor, ehe ein dunkles Glitzern aus der Dunkelheit sein Leben grollend beendete. Er starb. Einsam, in der eiskalten Hölle von Jui VI.

„Oberst Eden.“ rief Trejas. „Ja?“ „Das sollten sie sich ansehen.“ fügte Trejas mit nachdenklichem Tonfall hinzu. Ilja folgte Trejas zu dem verschütteten Eingang. Rechts, etwas weiter vom Eingang entfernt lag ein übel zugerichteter toter Mann. Wegen der Eiseskälte war die Verwesung nicht eingetreten. Die Haut hatte ein blasses Weißblau angenommen und glänzte im Schein der Taschenlampen. Er war komplett zugefroren. Deutlich konnte man die kleinen Eiskristalle auf seiner Haut erkennen. Der Mann lag dort wo er gestorben war.

„Wir haben ihn gründlich durchsucht. Er hat am ganzen Körper klaffende Wunden. Seine rechte Hand haben wir dort drüben gefunden.“ sagte Jaija berichtend und gab Ilja ein kleines Bild. „Das fanden wir in der Hand.“ Ilja erblickte eine junge, sehr hübsche Frau und zwei kleine mit einem breiten grinsen versehene Mädchen. Ein Bild aus besseren Tagen, dachte Ilja nachdenklich. „Wenn es geht versuchen sie in Erfahrung zu bringen was ihn getötet hat. Dann decken lassen sie ihn abdecken.“ sagte Ilja und gab das Bild wieder Jaija.

Es erinnerte ihn an all den Schmerz und die Trauer, die er in seinem Leben bereits aushalten musste. Er verkrampfte innerlich und rang kurz nach Atem. Wie es dem Mann wohl erging, in seinen letzten Atemzügen? Ilja versuchte die Gedanken beiseite zu schieben und richtete sich demonstrativ auf. Eine sichere Gewissheit flüsterte ihm traurig zu, dass dieser Mann nicht der einzige bleiben wird, der in diesen Tunneln qualvoll den Tod finden würde. Viele würden wieder sterben, aber er würde in seiner endlosen Trauer zurückbleiben und weiter kämpfen müssen.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Angst und Kampf -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Ilja lief steif auf Lina zu, sah sie kurz und direkt an, worauf die Sororita ihren Schwestern mit einem Nicken ein Zeichen gab. Die Schwestern entfernten sich ohne weitere Worte und Lina blickte Ilja fragend und gutmütig in die Augen. Vor ihr lag, auf einer provisorischen Liege aus Wärme isolierender Folie, noch immer Mior, der nun tief und fest zu schlafen schien.

„Ich wissen nicht was mit ihm los ist.“ sagte Lina, wobei sie Iljas unausgesprochene Frage beantwortete. Nickend und vor sich hin grübelnd sah er der jungen Sororita in die stetig warmen Augen. Es gefiel ihm nicht wenn andere seine Gedanken lesen konnten, auch wenn das soeben keine besondere Herausforderung darstellte. Es ließ ihn dennoch innerlich etwas hadern.

„Ich mache mir momentan mehr Sorgen um Bergmann, als um ihn.“ sagte Ilja, wobei er sich langsam und mit knackenden Gelenken hinunter zu Mior kniete. Seine Knochen und Gelenke ließen ihn unweigerlich spüren, dass er ein alter, wenn auch zäher, Mann war. Ilja schüttelte den inneren Schmerz von sich und versuchte aus Linas direktem Blick etwas zu lesen. Unergründlich. Das scheint eine Grundeigenschaft von der Sororitas zu sein, dachte Ilja und sah Lina mit hochgezogenen Augenbrauen fragenden Augen an.

„Oberst Eden, was geht hier vonstatten?“ fragte sie, ohne Umschweifungen und direkt. Ihr Tonfall war nicht fordernd, sondern eher behutsam und forschend. Ilja sah sie mit einem leeren und nüchternen Blick an. „Ich weiß es nicht.“ antwortete er und legte seine Stirn in Falten. Für einen kurzen Augenblick senkte er seinen Blick nach unten und starrte auf den vor kleinen Eiskristallen nur so glitzernden Betonboden. Er holte tief Luft bevor er wieder er mit gedämpfter Stimme weiter sprach.

„Es geschehen Dinge hier, die hier so nicht geschehen sollten. Ich weiß momentan nicht was mit den Inquisitoren und den Sororitas ist, geschweige denn ob sie noch leben. Wenn ja, wie viele, wenn nein, warum. Noch weiß ich nicht was für einem Feind wir hier gegenüber stehen.“ sagte er, wobei er Lina die Last die auf seinem Herzen lag preisgab. Lina sah ihn mitfühlend und nachdenklich an. Die Erwähnung ihrer Schwestern schien sie wieder über die verdrängte Ungewissheit über deren Verbleib nachdenken zu lassen. Was ihr sichtlich zusetzte. Ilja bis sich selbstkritisch auf die Lippe. So ist es leider, dachte er. Lina senkte den Kopf und legte ihre Hand behutsam auf die Stirn von Mior.

„Oberst Eden, hatten sie schon einmal Angst?“ fragte Lina, wobei sie ihren Kopf nicht hob. „Ja.“ sagte Ilja, wobei er nicht nachdachte, da es dabei nichts zum nachdenken gab. Lina hob ihren Kopf. Mit festem Blick sah sie ihn an. „Ich auch.“ sagte sie und blickte Ilja tief in die Augen. Der Rest vom Satz, den sie unausgesprochen ließ, schickte sie Ilja mit ihrem alles sagendem Blick. Ilja konnte seinen Blick nicht von ihr lösen. „Angst ist oft besser als Mut. Sie macht uns stark wen wir sie verstehen für uns zu nutzen.“ sagte er beschwörend während er sie unentwegt anblickte.

„Oberst Eden!“ brüllte Trejas lautstark, was Ilja ruckartig aus dem Klammerblick Linas löste. Leicht stöhnend und mit abermals knackenden Gelenken richtete Ilja sich auf und spähte durch das matte Halbdunkel zu Trejas hinüber. Im neongrünen Lichtschimmer konnte er Trejas und Jaija mit einigen Gardisten erkennen. Hier und da leuchtete eine der Taschenlampen der aufgestellten Wachen in die kaltfeuchte Dunkelheit. Durch Trejas Gebrüll aufgeschreckt sah man wie die Lichtkegel die Umgebung hektisch absuchten.

Ilja lief im Stechschritt zu Trejas, wobei er sein fast eingeschlafenes linkes Bein mit leichten und möglichst unauffälligen Faustschlägen wieder aufwecken wollte. Als er bei Trejas und den anderen ankam sah er sofort warum man ihn her berufen hatte. Trejas stand mit gezogener Waffe, so wie alle anderen auch, angespannt vor dem Aufzug. Dieser stand offen, und durch das grob gelochte Stahlgitter am Boden des Aufzuges schimmerte es leicht rötlich herauf. Ilja zuckte kurz zusammen als er das bekannte rötliche Schimmern sah. Es kam ihm unheimlich und faszinierend zugleich vor. Ein tiefes inneres Gefühl sagte ihm, dass es das gleiche Schimmern wie aus dem Stollen war.

Ilja beugte sich vorsichtig nach vorne um direkt nach unten durch das Bodengitter sehen zu können. Tief unten leuchtete ein mattes aber dennoch sichtbares Rot. Allerdings war das kein Feuer oder Lava das von dort unten heraufleuchtete. Es war ein unheimliches und beängstigendes Rot das mit wallenden Impulsen vor sich hinschimmerte.

„Was ist das?“ fragte Jaija, der neben Ilja stand und ebenso fasziniert wie ängstlich in die Tiefe starrte. „Ich weiß es nicht.“ sagte Ilja, wobei er seinen Blick von dem pulsierenden Rot nicht losreißen konnte. Iljas Blick bohrte sich immer mehr in das schimmernde Rot.

Plötzlich brannte Ilja der Kopf. Ein sengender Schmerz jagte durch seinen Kopf. Schmerzerfüllt schrie er auf und warf sich brüllend zu Boden, beide Hände fest an den Kopf gepresst. Vor seinem inneren Auge erschienen kurze, impulsive Bilder. Bilder die voller Grauen und Schrecken waren. Bilder des Todes. Iljas Seele schrie auf vor Schmerz und Pein. Ilja hörte Schreie. Qualvolle, um Hilfe flehende Schreie. Schüsse, ein tiefes, unwirkliches Grollen und dann ... leere Stille.

So abrupt wie es gekommen war, so schnell ging es auch wieder. Ilja lag erschöpft auf dem Boden. Sein Kopf brannte, sein Herz pochte wie wild und seine Muskeln zuckten vor Anspannung. Verschwommen erblickte er die Gesichter von Lina und Trejas. Sie riefen irgendetwas. Erst zu ihm, dann irgendwo anders hin. Ilja hörte nur dumpfes Rauschen. Ilja schloss müde die Augen. Sofort zuckte eines der Bilder auf. Ilja riss sie wieder auf, drehte sich auf die Seite und übergab sich.

„Was ist los mit ihm?“ brüllte Trejas, während Lina den sich übergebenden Ilja stütze. „Das Licht! Es ist weg!“ brüllte Jaija vom Aufzugschacht herüber. „Ich weiß es nicht.“ antwortete Lina energisch und blickte fragend zu einer der neben ihr knienden Sororita. Alles war auf den Beinen. Der plötzliche Anfall von Ilja hatte für rege Verwirrung gesorgt.

Ilja begann wieder zu hören. Das dumpfe Rauschen wurde allmählich wieder lauter und zunehmend klarer. Er fühlte sich wie gerädert. Langsam und mit Hilfe zweier Sororitas richtete er sich wieder auf. Er saß da, schlaff, müde und völlig fertig auf dem eiskalten Betonboden. Er blickte sich unsicher um. Was war denn das, fragte er sich innerlich und voller Selbstzweifel. Diese Bilder, diese unbeschreiblichen Bilder. Unzählige Sterbende, voller Angst in den Augen. Menschen die vor Panik und Grauen wahnsinnig wurden. Sie starben in einem Meer aus Blut und Tränen. Bilder von dem was hier geschehen ist oder geschehen wird. Tod und Verdammnis. Ilja wusste nicht was er glauben sollte. Er konnte die Bilder, die sich sengend in seine Seele gebrannt hatten, nicht aus seinem Kopf verdrängen.

„Oberst Eden.“ rief eine Person zu ihm. Er erblickte Lina, die ihn voller Sorge ansah. Ilja rang sich ein gequältes Lächeln ab. Man half ihm auf. Mit wackeligen Beinen stand er da, unsicher ob er das was er eben erlebt, bzw. gesehen hatte, die unfassbare und grauenhafte Wirklichkeit dieses verdammten Ortes war, oder noch werden sollte. Wieder hatte er nur Tod und Elend gesehen. Der Feind hatte sich, feige wie er war, nicht gezeigt. Lediglich die Bilder ihres Werkes hatten sie ihm scheinbar zukommen lassen. Diese Bastarde, dachte Ilja, wobei sein inneres Feuer vor Wut erneut aufflammte. Sein Zorn entfachte sein Kriegerherz. Der anfängliche Schrecken begann trotzig einer herausfordernden Aggression zu weichen.

Ilja stellte sich demonstrativ auf beide Beine, wobei er bewusst auf die stützenden Hände verzichtete. Er zog seinen Mantel zu Recht und blickte eisern in die stummen und fragenden Gesichter. Er schmeckte Blut. „Bringen sie diesen Aufzug zum laufen. Ich will diese Missgeburten dort unten tot sehen.“ sagte er kalt, befehlerisch und ohne Gnade in der Stimme. Alle waren mehr oder weniger fassungs- und wortlos über diesen Ilja Eden. Was war gerade mit ihm passiert? Und was passierte gerade jetzt mit ihm? Der plötzliche Anfall und der kurz darauf folgende kraftvolle Auftritt übertraf die Vorstellungskraft der meisten. Viele sahen ihn einerseits bewundernd, andererseits fassungslos und beängstigend an. Wie der Phönix aus der Asche.

„Oberst Eden?“ fragte Bergmann forsch in die Stille, da er sich wohl nicht hundertprozentig sicher zu sein schien, dass Ilja wirklich er selbst war. Ilja blickte Bergmann starr und düster an. „Wenn ich besessen bin, lasse ich sie es wissen.“ sagte Ilja und sah Bergmann weiterhin direkt und eisern an. Bergmann lächelte zu Iljas Verwunderung. Er schien den ernst gemeinten Satz Iljas als gut gekonterten Scherz zu interpretieren. Ilja konnte es ihm nicht wirklich übel nehmen, nach der Geschichte mit Mior. Er hatte seine Befehle. Bergmann war in seinen Augen ein gnadenloser Kommissar mit dem Drang gleichermaßen süffisant wie akkurat in seinem Handeln zu sein. Ilja konnte ihn zunehmend leiden. Wenn auch mit einigen Vorbehalten.

Allmählich löste sich die Anspannung und die meisten begannen sich aus ihrer Starre zu lösen. Es wurde hier und da ein flüchtiger Blick gewechselt. „Sie haben einen Befehl.“ sagte Ilja, so laut das es alle hören konnten, und schickte allen einen auffordernden Blick zu. Die Gardisten und die Sororitas begannen unverzüglich sich Kreisförmig um den Aufzugschacht zu positionieren.

„Trejas! Jaija! Der Aufzug! Sehen sie zu das er schnell fahrtauglich wird.“ sagte Ilja und winkte Lina zu sich. Beide nickten eifrig und Trejas drehte sich, bereits wieder lauthals Befehle brüllend, um.

„Geht es ihnen gut Oberst?“ fragte Lina, ehe Ilja etwas sagen konnte als sie in sein Blickfeld trat. Mit einer Mischung aus Verwirrung, Angst und Zuversicht blickte Ilja Lina in deren magisch wirkenden Augen. „Ja“ sagte er kurz und knapp. „Hatten sie schon einmal so etwas?“ hackte sie unnachgiebig nach. Ilja rang nach Worten. „Als ich ... in den Aufzugschacht geblickt habe ... das rötliche Licht sah ... da geschah etwas mit ... in mir.“ versuchte Ilja mit ungewöhnlich unsicherer Stimme zu erklären. Lina sah ihn mit leicht zusammen gekniffenen Augen an. Ilja holte tief Luft und biss sich leicht auf die Unterlippe. „Ich hatte eine Art Vision denke ich.“ sagte er Achselzuckend, wobei er dieses Wort unglaublich albern fand. Doch es beschrieb sein erlebtes und gesehenes am nächsten. Lina schien ihn zu verstehen. „Sie müssen nicht darüber reden, wenn sie nicht wollen.“ sagte sie und sah ihn warm in die Augen. Ilja war dankbar für ihr einfühlendes Verständnis.

„Oberst Eden?“ Ilja erblickte einen völlig ausgelaugten Mior. „Mior mein Junge.“ sagte Ilja und klopfte Mior aufmunternd auf die Schulter. Gleichzeitig begann er die Bilder und das eben erlebt zu verdrängen. Seine Seele währte sich zusehends dagegen. „Was ist denn passiert?“ fragte Mior sichtlich zerknittert. „Das wissen wir nicht.“ sagte Lina und blickte ihn fragend an. „Hatten sie schon einmal so etwas?“ fragte Ilja nachforschend und dachte dabei unbewusst an Bergmann. Am liebsten hätte er gefragt ob Mior dasselbe wie er erlebt hatte. Aber er beließ es bei dieser Frage. „Nein, nicht das ich wüsste. Ich kann mich nur an dieses rote Schimmern erinnern ... und dann an nichts mehr ... bis ich eben wieder hier aufgewacht bin.“ sagte er und blickte Lina und Ilja fragend an. Ilja hätte sich fast übergeben, als Mior das rötliche Schimmern erwähnte. Wieder schmeckte er Blut.

„Mior. Helfen sie Trejas beim Aufzug. Wir müssen schnellstens zu den anderen.“ sagte Ilja und richtete ihn auf. Nach einem kurzen unsicheren Blick lief Mior, unsicher und diesmal noch tollpatschiger wie bisher, zu Trejas und den anderen.

„Egal was dort unten ist, wir werden uns dem entgegen stellen.“ sagte Ilja, wobei er leer in die Dunkelheit starrte. Er sagte es frei heraus. Er sprach seine Gedanken laut aus. Lina sah ihn forschend an. Sie schien zu spüren, dass Ilja das was dort unten sein würde fürchtete und zugleich ersehnte. Angst und Kampf sind unzertrennbar miteinander verbunden. Ilja wusste was die junge Sororita dachte als er sie flüchtig ansah und sich ihre Blicke für einen kurzen Augenblick trafen. Nicht weil er ihre Gedanken lesen konnte, sondern weil er wusste das sie seine Gedanken las.

Ilja schloss seine Augen. Die Bilder! Er riss sie wieder auf. Iljas Herz begann wieder, wenn auch nur kurz, zu raßen. Sein Kopf hämmerte wie wild und die Bilder zerrten an seinem Verstand. So viel Böses! Ilja wusste nicht was dort unten, dort wo das rote Schimmern herkam, auf sie zukommen würde. Er spürte wie die Angst vor der Schlacht und der rechtschaffene Zorn des Imperators in ihm aufstiegen. Angst und Kampf sind unzertrennbar miteinander verbunden.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Nimmermehr -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Die Luft die Ilja leise und sanft ausatmete gefror augenblicklich und verwandelte sich in kleine Wölkchen. Es war bitterkalt und die drückende Dunkelheit legte sich auf sein getrübtes Gemüt. Die Erlebnisse von vorhin steckten noch immer tief in Iljas Gedanken. Die Bilder, eingebrannt in seine ohne hin schon geschundene Seele. Für alle Ewigkeit! Trejas Stimme ließ Ilja aufblicken. Müde aber dennoch aufmerksam sah er seinem Sergeant in die stolzen Augen.

„Oberst Eden, der Aufzug ist bereit.“ sagte er mit einer fast zu gut gelaunten Stimme. Ilja sah ihn zögernd an, da er nicht genau wusste ob er sich jetzt freuen sollte oder aber den bevorstehenden Abstieg fürchten musste. Er lächelte aufgesetzt. „Alles bereit zum Abstieg machen.“ sagte er und erhob sich langsam von der Stahlkiste am Boden, wobei er innerlich seine alten Knochen verfluchte. Während Trejas den Befehl zum fertig machen gab, schlenderte Ilja gedankenverloren an den umherstehenden Metallkisten vorbei. Sein Blick schweifte suchend auf dem Boden umher. Jaija trat neben ihn und streckte ihm einen Zettel entgegen.

„Gregor Lerio, 36 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, einfacher Minenarbeiter, arbeitete seit 9 Jahren hier und war zuletzt vor drei Wochen zum Schichtbeginn angetreten.“ Ilja hob anerkennend und zugleich etwas traurig die Augenbrauen. Fragend sah er Jaija an. „Wir haben seinen Personalchip gefunden und Mior konnte in einscannen.“ sagte er und streckte Ilja eine kleine Plastikkarte, welche mit einem Silber glänzenden Chip versehen war, entgegen. „Wissen sie bereits woran er gestorben ist?“ „Den endgültigen Ausschlag machte wohl die Kälte. Er ist Erfroren. Mior meinte das seitdem die Klimageneratoren ausgefallen sind, die Temperatur nicht mehr ausreichend zum Überleben war. Ohne spezielle Kleidung hält das hier unten niemand länger als 4 Stunden aus.“ Jaija machte eine kurze Pause und deute mit dem linken Zeigefinger Richtung Decke.

„Die Männer hier unten hatten keinerlei solche Kleidung. Diese wird oben gelagert, wo sie ihre Umkleiden befinden. Sie sind, wenn sie nicht getötet wurden, wohl alle erfroren. Allerdings hat dieser Mann viele klaffende Wunden, die eindeutig nicht von der Kälte stammen. Das haben unsere Sanitäter bestätigt. Aber von was oder woher können wir nicht sagen. Wäre der Mann nicht erfroren so hätte ihn die Wunden dahingerafft.“ Ilja senkte traurig den Blick, steckte beiläufig den Zettel ein und lief Richtung Aufzug. Jaija folgte ihm bewachend.

„Wir können.“ sagte Mior, als Ilja beim Aufzug ankam. Ilja nickte, woraufhin die Restlichen einstiegen und die Tore geschlossen wurden. Mit einem Knopfdruck begann der Aufzug rüttelnd und knarrend mit dem Abstieg in die dunkle Tiefe. Mior hatte das gleiche Programm wie vorhin gestartet. Mit einem lauten und ächzenden Quietschen schoben sich Metallplatten über ihren Köpfen zusammen. Alle schwiegen und beteten Man konnte das leise Knacken der Fingergelenke hören die sich fest um die Griffe der Waffen schlossen. Der Aufzug hatte nun eine konstante Geschwindigkeit erreicht und jagte munter surrend und klackend in die Tiefe.

Ilja betete zu seinem heiligen Imperator, dass das was sie dort unten erwarten würde nicht ihr Ende sein würde. Hass und Angst herrschten gleichermaßen in Iljas pochendem Herzen. Einige Gardisten hatte er angewiesen stetig nach unten durch die Metallgitter des Aufzugbodens zu Zielen. Er selbst vermied es nach unten zu blicken. Was nichts an seiner ebenfalls nach unten gerichteten Laserpistole änderte.

„Noch 10 Ebenen.“ sagte Mior mit einem fast flüsternden Tonfall. Ilja holte tief Luft und kontrollierte sein Magazin. Die Energieleiste blinkte freudig auf: „Voll!“

Mit seiner rechten Hand holte er, schon fast unbewusst, seine wertvollste Waffe hervor. Mit einem sanften und liebevollen Blick streichelte er die matt glänzende Klinge. Unzählige Feinde und Ausgeburten des Warps hatten bereits seinen bittersüßen Stahl gekostet. Allesamt hatten sie es mit dem Leben bezahlt. „Noch 5 Ebenen!“ sagte Mior, nun etwas lauter aber immer noch unsicher. Die Anspannung stieg spürbar. Die Luft knisterte, und Ilja konnte das wilde pochen der Herzen hören. Das Schwert in seiner rechten Hand begann leise zu knistern. Seit dem er es zu seiner Ernennung als Oberst übereicht bekommen hatte, führte Ilja dieses Schwert in den dunkelsten Stunden bei sich. Wie ein silberner Speer bohrte es sich in die Reihen der ungläubigen. Diese Energiewaffe hörte auf den Namen „Nimmermehr“. Mich werdet ihr nicht vergessen, nimmermehr, dachte Ilja und begann hämisch zu grinsen.

Mit einem quietschenden Ruck, gefolgt von stoßartigem Rütteln und Poltern, hielt der Aufzug an. Die Tore schwangen automatisch auf und alles bereitete sich auf einen blutigen Kampf vor. Sofort richteten alle ihre Waffenläufe in die stockfinstere Dunkelheit. Nichts! Nichts, außer gähnender Leere, lautem Herzpochen und schnellen Atemzügen. Keiner konnte seine aufgestaute Anspannung lösen.

„Irgendetwas muss hier sein.“ flüsterte Bergmann auffordernd in die Leere. Ilja dachte, dass gleiche, hielt es allerdings nicht für sonderlich gut dies laut auszusprechen. Man soll die Toten nicht wecken. Nach einer schier endlos wirkenden Augeblicken löste Ilja sich aus seiner Starre. Er Atmete tief durch. „Ausschwärmen.“ sagte er befehlerisch aber dennoch leise und gab Trejas und Jaija ein aufforderndes Nicken. Sofort flogen die bekannten neongrünen Leuchtstäbe in die unbekannte Dunkelheit. Die Gardisten schwärmten geduckt aus, bereit alles was da komme, im Namen des Imperators zu vernichten. Auch die Sororitas schwärmten, mit gezogenen Waffen, aus.

Ilja spähte in die Finsternis. Nichts! Es sah hier so aus wie alles was sie bereits gesehen hatten. Lediglich die Betonwände schienen neuer zu sein, was Ilja an der kaum beschädigten Aufschrift „Ebene 39“ festmachte. Ilja drehte sich zu Bergmann um, welcher hinter ihm, ebenfalls leicht geduckt, in die Dunkelheit spähte. „Bergmann, wo ist Mior?“ fragte er leise, weil er Mior bisher nicht sehen konnte. Bergmann nickte mürrisch hinter sich. Ilja schaute an Bergmann vorbei und erblickte einen zusammengekauerten Mior. Mior hatte sich hinter zwei Gardisten geduckt und hielt sich schützend seine Tasche über den Kopf. Ilja verdrehte die Augen. „Mior, Mior, dachte er sich, wobei er leise in Miors Richtung pfiff. Mior wurde von einem der Gardisten mit einem dezenten Schubser darauf aufmerksam gemacht. Mit einem ängstlichen Blick schlich er zu Ilja hinüber.

„Mior, die Karte.“ sagte Ilja leise, als Mior schleichend wie eine Schlange angekrochen kam. Bergmanns Blick sagte Ilja, dass dieser nach wie vor nicht gerade viel von Mior hielt. Mior zog unsicher die 2-D Karte heraus. „Wir sind jetzt hier.“ sagte er mit zögerlicher und dünner Stimme, woraufhin Ilja ihn sofort unterbrach. „Und der andere Aufzugschacht? Wo ist der Ausstieg der anderen?“ fragte er forsch, aber immer noch mit sehr gedämpfter Stimme. Mior studierte kurz die Karte und tippte dann zielsicher auf einen relativ weit entfernten, grün leuchtenden, Punkt. „Den schnellsten Weg dorthin.“ forderte Ilja flüsternd und nickte Mior aufmunternd zu, wobei er sich innerlich wünschte, dass der Weg nicht all zu lange werden würde. Mior nickte laut schluckend und begann die Rute auszuarbeiten.

„Oberst Eden? Wenn wir ...“ begann Bergmann, bevor ein krachender Schuss durch den Tunnel jagte. „Feindkontakt!“ brüllte es lautstark durch die aufkommende Verwirrung. Mit einem Mal begann ein wahrer Feuersturm durch den Tunnel, in Richtung leere Finsternis zu jagen. Alles feuerte in die Ungewissheit. Ilja erhob sich und suchte nach einem Anhaltspunkt in der Dunkelheit. Ein unmenschliches, grollendes und grausames Schreien versicherte ihnen das sie irgendetwas getroffen hatten. Iljas ganzer Kampfgeist erweckte freudig zum Leben. „Nimmermehr“ blitzte drohend auf.

Ilja spürte wieder die dumpfe Stille in seinem Kopf, die sich nun ausbreitete. Wie immer begann die Zeit still zustehen. Die Geschosse jagten im Zeitraffer in die finstere Leere. Er hörte sein Herz pochen, seine Muskeln zuckten angespannt und er spürte seinen ganzen Körper nach Krieg schreien.

In Trion war er ein Held. „Der ewige Eden“ In der Schlacht war er einer unter vielen und im Krieg hatte Ilja einiges gelernt. Im Krieg gibt es keine Helden. Keine Gnade, keine Vergebung und kein Rückzug. Nimmermehr!

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Hilflosigkeit -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



“Rückzug!” brüllte Ilja in die umkämpfte Dunkelheit. “Alles zurück zum Aufzug!” Ilja drehte sich wieder um und feuerte irre lachend auf den vorrückenden Feind. Egal wo er hin sah, nichts als feucht glitzernde Dunkelheit, die mit ohrenbetäubenden Schreien und Gebrüll auf sie zu rollte. Noch hatte es keiner der Bestien zu ihnen geschafft, was sich angesichts der stetig wachsenden Übermacht bald ändern würde. Da war sich jeder sicher. Todsicher!

Jaija lief schießend und laut fluchend rückwärts zu Ilja. “Oberst, es sind zu viele!” “Ich weiß ... alle zurückziehen!” brüllte Ilja unüberhörbar um den Kampflärm endgültig zu übertönen, da wohl sein Befehl zu erst im Getöse untergegangen war.

Ilja war am Aufzug angekommen und blickte auf einen kreidebleichen Mior der starr auf das Display des Aufzugs blickte. “Mior!” brüllte Ilja und packte ihn schroff am hinteren Kragen, um ihn zu sich zu ziehen. “Was ist los?” Mior blickte ihn leer an und begann sichtlich mit den immer dünner werdenden Lippen zu zittern. Ilja sah ihn flehend und fordernd zugleich an. “Mior!?” brüllte er befehlerisch mit einer solchen Endgültigkeit in der Stimme das Mior in seiner Starre bebte. Er sagte zwar etwas, aber es war zu leise als dass Ilja es hätte verstehen können.

“Was ... ist ... los?” brüllte Ilja langsam wahnsinnig werdend und schüttelte den fast schon totenbleichen Mior. Dieser lehnte sich mechanisch zu ihm herüber und schrie apathisch in Iljas kurz zurück zuckendes Ohr. “Wir ... haben keine ... Energie ... der Aufzug ... ist aus.” Ilja starrte dem beinahe ohnmächtig zu werdenden Mior in die glasigen Augen. Er blickte unsicher auf das dunkle Aufzugdisplay, ehe er seinen Blick über das anrückende Kampfgetümmel schweifen lies.

“Oberst Eden, wir müssen sofort alle in den Aufzug und dann nichts wie weg von hier!” brüllte Trejas Ilja, mit Dauerfeuer Richtung Feind, entgegen. Ilja legte, um sich abzustützen, seine Hand auf Trejas Schulter. “Wir können nicht weg!” sagte er laut und mit einem mörderischen Blick. Trejas blickte fassungslos auf den dunklen Aufzug und den wie tot wirkenden Mior. Ilja sah Jaija und Lina, die nun ebenfalls bei ihm standen, mit einem alles sagenden Blick an. Lina kniete sich zu Mior, während Jaija und Trejas sich kurz wie gelähmt ansahen. Ilja ließ sein Energieschwert aufblitzen und begann nach vorne zu laufen. Langsam steigerte er seine Geschwindigkeit. Immer schneller werdend und mit der stetigen Ruhe während der Schlacht tauchte er ein, in seine einsame und wie im Zeitraffer vergehende Welt.

Er blickte auf das bevorstehende Blutbad. Seine wohl letzte Schlacht würde er hier schlagen müssen. Wobei Ilja es eher als “dürfen” empfand. Die Gardisten und die Sororitas feuerten aus allen Rohren. Und dennoch rückte der unbekannte Feind stetig näher. Bereit die Diener des Imperators zu vernichten.

“Für den Imperator! Schickt sie zurück in die Verdammnis der Hölle!“ brüllte Ilja voller Hass und Inbrunst. „Auf ins letzte Gefecht meine Brüder und Schwestern!” antwortete Lena mit unfassbar mächtiger und erhabener Stimme. Im angesichts des sicheren Todes fasten alle den gleichen Entschluss. Den Entschluss so viele Feinde wie möglichst mit in den Tod zu reißen. “Für den Imperator!” brüllten alle, ehe sie sich mit ihrer letzten Kraft gegen den anrückenden Feind warfen. Das Feuermeer wurde noch intensiver, und die Todesschreie der Feinde ließen ihre mit Adrenalin voll gepumpten Herzen noch höher schlagen.

Ilja blickte, mit einem kleinen und irren Lächeln auf den Lippen in Richtung Feinde. Er würde sterben, sagte ihm sein Verstand und Herz. Doch der Tod erzählte ihm eine andere, unvorstellbare und immer wiederkehrende Geschichte.

Ihr werdet sterben, aber nicht jetzt und nicht hier, hörte er ihn mit monotoner und dennoch belustigter Stimme sagen.

Diesmal, mein alter „Freund“, irrst du dich, dachte Ilja und holte mit „Nimmermehr“ zum Schlag aus.

In diesem Moment schossen unzählige blauweiße Blitze an Ilja vorbei. Reflexartig duckte er sich und rollte sich über seine ächzende Schulter nach rechts ab. Eine sengende Hitze breitete sich aus und Ilja roch den beißenden Gestank von verbranntem Fleisch. Zu dem Donnergrollen gesellten sich die unvorstellbaren Todesschreie der sterbenden Feinde. Dann war alles still. Ilja horchte in die Finsternis. Stille. Nichts als Stille.

Ilja vernahm ein leises Stöhnen. Es knirschte und schepperte hier und da. Dann hörte er Bergmann schreien. “Ich leg ihn um!” brüllte er wahnsinnig. Ilja blickte sich um und erblickte ihn und die anderen beim Aufzug. Ilja rannte los. “Lassen sie mich los ... ich muss ...!” brüllte Bergmann irre, wobei Trejas und zwei mit Ruß verschmierte Gardisten ihn festhielten. Lina kniete auf dem Boden. “Was ist hier los?” brüllte Ilja und erwiderte den fragenden Blick Trejas. “Wir müssen ihn töten ehe es zu spät ist!” brüllte Bergmann verbissen, während er sich vehement gegen seine Festnahme wehrte. Stur blickte er Ilja auffordernd an. Ilja blickte hinunter zu Lina, welche über einem seltsam blickenden Mior kniete. Miors Pupillen waren völlig weiß und es schien als ob er entspannt lächeln würde.

Ilja sah Mior nachdenklich an. Seine Hände dampften und die Ärmel seiner Jacke waren leicht verschmort. Ihm schossen Fragen über Fragen durch den Kopf, ehe er eine unvorstellbare Vorahnung bekam, von dem was noch auf sie zu kommen würde.

“Oberst ... wir müssen ...” brüllte Bergmann, ehe Ilja sich wie eine vor ihm aufbaute. “Hier wird niemand liquidiert!” sagte er kühl und eisern. „Ich gebe jetzt gleich den Befehl sie loszulassen. Wenn sie gegen meinen Befehl handeln lasse ich auf sie schießen.“ fügte er hinzu, wobei er Bergmann beschwörend ansah. Ilja nickte und die Gardisten lösten ihren Schraubstockartigen Griff. Bergmann schüttelt sich los und schickte zwei tödliche Blicke zu den beiden Gardisten. Diese schluckten schwer, da sich sicher waren, dass Bergmann sich früher oder später dafür „arrangieren“ würde. Mit geballten Fäusten und einem beleidigten Gesicht trat Bergmann an Ilja heran. Ilja roch Bergmanns rauchigen Atem. Ihre Blicke trafen sich wie zwei gewaltige Armeen. „Wegtreten, Kommissar Bergmann. Wir sprechen und wenn sich ihr Gemüt in der Kälte abgekühlt hat.“ sagte Ilja ohne eine Widerrede zu dulden. Bergmann drehte sich auf dem Absatz um und lief steif weg.
Ilja nickte Trejas zu. Dieser deute auf Jaija und einige Gardisten und machte sich daran Bergmann im Auge zu behalten.

“Ich weiß nicht was er hat.” sagte Lina, die ihn mit einer weiteren Sororita untersuchte. “Schockzustand nehme ich an. Aber ich hab ehrlich gesagt so etwas noch nie gesehen.” fügte sie hinzu, wobei sie Ilja fragend ansah. “Was war das?” fragte Trejas und blickte allesamt an, wobei er nicht der einzige war, der hier fragend zu Ilja blickte. Ilja erhob sich und blickte prüfend in Richtung Dunkelheit. Nichts als Stille und Finsternis. Ein verbrannter Gestank wehte ihm dampfend entgegen. “Schwer zu sagen.” sagte Ilja und sah ebenfalls fragend in die Runde. “Das heißt, ich weiß nicht was ich davon halten soll.” sagte er und blickte prüfend auf Mior. “Solche Blitze, wie wir sie eben gesehen haben, bringen nur die Psioniker zustande. Aber nicht in solcher Stärker und schon gar nicht ein einziger.” saget er berichtend, wobei sein Blick unaufhörlich auf Mior ruhte.

Ilja wies die Sororitas an bei Mior zu bleiben. Grübelnd erhob er sich und ging zu Bergmann. Ein kleines orangenes Glimmen verriet ihn. Ehe Ilja etwas sagen konnte fing Bergmann mit vor Zorn und Wut noch immer leicht bebender Stimme an. “Oberst wir haben ein großen Risikofaktor in den eigenen Reihen. Ich bin hier um eben dieses Risiko zu entschärfen falls es zu groß wird. Es ist mein Auftrag!” sagte er düster und mit rechthaberischem Wissen. Ilja sah ihn fest an. “Kommissar Bergmann, was wollen sie mir damit sagen?” fragte er auffordernd. “Mior. Er ist mehr als man glaubt, mehr als man sieht.“ Bergmann begann ungeduldig zu werden. „Ich muss ihn liquidieren.” sagte Bergmann. “Sie haben einen Befehl von mir. Dieser lauten nein. Wenn sie mal wieder mehr Informationen haben als ich, dann wäre jetzt der Zeitpunkt sie endlich zu teilen.” sagte Ilja schroff und deute Bergmann an sich ja keinen Schritt Richtung Mior zu bewegen.

Lina drückte sanft den nun leicht zuckenden Mior behutsam auf den Boden. “Schhhh, alles wird gut.” sagte sie beruhigend, wobei Mior zunehmend stärker zuckte.

Bergmann senkte kopfschüttelnd den Blick. “Sie haben nicht die Befugnis mehr zu erfahren.” sagte er und legte den Kopf in den Nacken und schloss dabei die Augen. Ilja packte ihn am Kragen und presste ihn schroff an die Wand, wo er ihn hart aufschlagen ließ. Er drückte ihn fest an den kalten Beton. “Was wissen sie?” sagte er fauchend und sah Bergmann düster an. Bergmann schloss hustend die Augen und schwieg. Ilja rammte ihm sein Knie in die Magengrube. Bergmann übergab sich fluchend und sackte zusammen. Ilja hielt ihn fest und richtete ihn auf. “Reden sie Bergmann.” beschwor Ilja Bergmann.

Bergmann sah ihn fest und mit erstaunlich klaren Augen an. “Oberst ... ich ... kann ... darf ... es nicht sagen.” sagte Bergmann, wobei er flehend lächelte. Ilja trat noch einmal, diesmal fester, zu. Bergmann verzog das Gesicht. “Wer ist Mior?” sagte Ilja. Bergmann sah ihn finster an. “Mior ist ... ein ... ein.” sagte er und schielte an Ilja vorbei zum Aufzug. “Warum ist er wirklich hier? Was für einen Zweck hat er noch?” sagte Ilja fordernd und drohend, wobei er Bergmann aus seinem mörderischen Griff los lies. Bergmann schnaufte und atmete tief ein ehe er ihn erleichtert und gefasst anblickte. “Er ist ein Psioniker.“ sagte Bergmann stockend, ehe er auf einmal die Augen verdrehte, sich übergab und zusammen sackte. Ilja starrte auf Bergmann. Das Schimmern in Bergmanns Augen, ehe er sie schloss, ließ ihn düster erzittern.

Mit einem Ruck drehte Ilja sich um. Das Schimmern in Bergmanns Augen war lediglich die Spiegelung dessen was da auf sie zukam. Ein rötlicher Schimmer kam wabernd aus der Ferne des Stollens auf sie zu. Mit einem Schmerzschrei zuckte Ilja herum. Wirre und grausame Bilder bohrten sich in seinen Verstand. Mit hämmernden Kopfschmerzen versuchte Ilja sich krampfhaft gegen die drohende Ohnmacht zu stemmen. Nach einigen tiefen Atemzügen erloschen die Bilder und sein Blickfeld ehrte verschwommen zurück.


Sofort begann er leicht taumelnd Bergmann zum Aufzug zu schleifen. Alles war in Bewegung. Ohne zu Wissen was sie jetzt wirklich tun sollen postierten sich die Gardisten und Sororitas nach und nach um den Fahrstuhl. Alle starrten wie gebannt auf das pulsierende Rot.

Wie ein nasser Sack viel Bergmann hinter dem Aufzug auf den Boden als ihn Ilja dort unbeholfen losließ. Hastig eilte er zu Trejas und bellte die Gardisten an sich Feuerbereit zu halten. „Was sollen wir machen?“ fragte Trejas während er den stetig näher rückenden Schimmer nicht aus den Augen lies. Ilja vermied es seinen Blick auf ihn zu legen und wischte sich den Schweiß mit dem Handrücken aus dem Gesicht. Ehe Ilja zu Wort kam raste ein gleichfarbiger Strahl aus dem roten Schimmern direkt auf sie zu. Wie ein lang gezogener Strich rauschte es geräuschlos heran. Das einsetzende Trommelfeuer glitt wirkungslos hindurch. Als der rote Strahl sie erreichte warf sich alles in Deckung. Ilja schmiss sich an die Betonwand und schloss seine Augen.

Eine drückende Stille setzte ein. Nichts war zu hören. Alles schien den Atem anzuhalten. Gegen seine innere Stimme öffnete Ilja seine Augen ein wenig. Was er sah ließ ihn laut aufstöhnen. Am Aufzug schwebte, knapp über dem Boden, Mior. Sein Körper hing schlaff in der Luft und der rote Schimmer umhüllte ihn völlig. Mit einem Mal riss Mior den Kopf in den Nacken und streckte alle viere von Sich. Sein Mund öffnete sich zu einem stillen Schrei. Mit einem Ruck zog der rot Schimmernde Strahl Mior in den Stollen. Ilja konnte nur einen ungläubigen und vom Wahnsinn dieser Ereignisse gezeichneten Blick hinterherwerfen. Als Mior das rötliche Schimmern erreichte erlosch der Spuk und die Finsternis eroberte mit einem Schlag den Stollen zurück. Stille.

Ilja spürte eine seltsame Leere in sich aufkommen. Ein seltenes Gefühl das drohend und warnend zugleich war flüsterte leise in sein Ohr. Er hörte die Stimme die ihn auslachte. Er konnte die hämische Lache hören, welche tausendfach in seiner geschundenen Seele widerhallte. Er verfluchte sie. Es war die Stimme der Hilflosigkeit, die er fast so hasste wie den Tod selbst.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Alle -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Mit einem lauten Rattern schlossen sich die Rolltüren des Aufzugs. Ein mulmiges Gefühl beschlich die Sororita als sie dem wieder in die Höhe surrenden Aufzug nach sah. Sie riss ihren Blick los und drehte sich wieder um. Vor ihnen lag ein kurzer dunkler Stollen der mit akkuraten Betonwänden ausgekleidet war. Das dumpfe neongrüne Licht und die umherschweifenden Lichtkegel der Taschenlampen erzeugten ein etwas beängstigendes Schattenspiel das viel Freiraum für wilde Phantasien lies. Nur der weißgelbe Schriftzug „EBENE 39“ zierte die eintönige Betonwand. Am Ende dieses kurzen Stollenabschnitts erhob sich eine undurchdringlich wirkende Wand aus Finsternis. Ihre Vermutung war, dass sich dort ein größerer Raum befinden musste welcher nicht beleuchtet war. Zumindest hoffte sie, dass sie Recht behalten sollte.

Ihr Blick wanderte durch die Reihen ihrer Schwestern bis hin zu den Inquisitoren, welche mit gezogenen Waffen die Stellung hielten. Auch sie hatte einige ihrer Kriegerinnen angewiesen die dunkle Wand keinen Augenblick aus den Augen zu lassen. Endlich fand sie wen sie suchte. Mit sicheren Schritten ging sie auf einen der beiden Großinquisitoren zu. „Großinquisitor Reon. Ich muss sie kurz sprechen.“ sagte sie ohne übermäßig Härte in die Stimme zu legen, als Reon sie sah. Ohne zu zögern kam der Großinquisitor auf sie zu. Mit tiefer Stimme und einem starren Gesichtsausdruck begann er. „Den Umständen halber, kurz und knapp, einfach nur Reon.“ Er deute eine Verbeugung an und zeigte dann mit der rechten Hand Richtung Finsternis.

„Einen weiteren Raum nehme ich an.“ sagte Hanna als sie seinen fragenden Blick sah. „Sehe ich ebenso. Allerdings halte ich es für besser wenn wir auf den Rest der Mission warten ehe wir vorrücken.“ Hanna nickte zustimmend und holte tief Luft. Gerade als sie weiter sprechen wollte hielt sie inne und drehte ihren Kopf ein wenig um ihr Ohr Richtung Aufzugschacht zu richten. Reon tat es ihr gleich. Ein kontinuierliches Surren das immer schneller wurde drang aus dem Schacht. Hanna sah wie die Stahlseile des Aufzugs am Rand des Schachts herab fielen und sich zu einem Kneul auftürmten. Ihre Pupillen weiteten sich voll Schrecken.

Mit einem bebenden Krachen schlug etwas enorm Schweres auf den Boden des Aufzugschachts. Eine dichte Staubwolke rollte über sie hinweg und nahm ihnen jegliche Sicht. Prustend und nach Luft ringend stütze Hanna sich an der Wand ab. Instinktiv ging sie in die Knie und machte sich so flach wie möglich. Kleine Betonstückchen lösten sich hier und da und prasselten leise auf die Metallrüstungen.

In dieses Durcheinander drang ein stetig lauter werdendes Grummeln aus dem Schacht zu ihnen. Alles erstarrte und lauschte gebannt. Mit einem Mal fegte ein Grollen aus dem Schacht und brandete mit lautem Getöse in ihren Stollen. Ein jeder duckte sich noch tiefer nach schutzsuchend und versuchte so gut es ging mögliche Feinde ausfindig zu machen. Man erwartete das Schlimmste.

So schnell wie es kam war es aber auch wieder vorbei. Hanna erblickte Reon, welcher jetzt direkt neben ihr kniete. Ihre Blicke trafen sich so gut es die Sicht erlaubte. Beide schauten einander Ratlos und angespannt an. Nichts passierte. Die heranstürmende Heerschar von Feinden die sie erwartet hatte blieb aus.

Hanna richtete sich wieder auf und tastete sich vorsichtig in Richtung Aufzugschacht, während sich die ersten ebenfalls aus ihrer Schutzstarre lösten. Mit wild pochendem Herz trat sie an den Rand des Schachts. Sie starrte in den Schacht und sah das Gegengewicht des Aufzugs, welches deformiert am Boden des Schachts lag. Hoffnungsvoll blickte sie in die Höhe. Weit oben machte sie einen kaum erkennbaren grünen Schimmer aus der nach und nach erlosch. Sie versuchte verbissen etwas durch die dichte Staubwolke zu blicken. Suchend blickte sie nach oben. Sie meinte Stimmen und dumpfe Geräusche zu hören. Als sie Reon neben sich im Zwielicht erkannte begann sie einen Luftzug zu spüren. Mit einem Mal wich der Staub und kalte klare Luft strömte aus dem Aufzugschacht pfeifend an ihnen vorbei.

„Weg vom Schacht!“ brüllte sie während sie gemeinsam mit dem Rest durch den jetzt wieder klaren Stollen in Richtung der Finsternis rannte. Die Luft drückte sie kraftvoll nach vorne und riss einige von den Füßen als sie das Ende des kurzen Stollens erreichten. Als die letzten durch die Wand aus Finsternis drangen jagte ein Donnergrollen, der die Erde zum beben brachte, über sie hinweg. Nach einem Augenblick schwoll das Beben erneut an, als der kurze Stollen gepeinigt zusammenbrach.

Hanna lag mit dem Rücken auf dem Betonboden und spürte etwas Schweres auf ihren Beinen. Langsam schaffte sie es ihren Oberkörper aufzurichten und eine Sitzposition einzunehmen. Sie spürte ihre Beine, konnte sie aber nicht bewegen. Suchend tastete sie nach ihrem Sturmbolter. Nach einigem absuchen des Bodens um sie herum spürte sie ihn und bekam ihn glücklicherweise zu fassen. Blind schaltete sie die für die Mission extra montierte Taschenlampe am oberen Teil des Laufs ein. Erschrocken wich sie zurück. Auf ihr lag ein toter Inquisitor von stattlicher Statur, der mit seinem schweren Gewicht ihre Beine unter sich begrub. Sein wohl von herabstürzenden Steinen deformiertes Gesicht blickte sie verzerrt an. Blut und Hirnmasse sickerten unaufhörlich aus den vielen Wunden auf sie herab. Sie schüttelte sich innerlich und versuchte ihn von sich herunter zu drücken. So sehr sie sich anstrengte, es gelang ihr nicht.

Aus dem tiefen Schwarz um sie herum nahm sie plötzlich die vielen Lichter der Taschenlampen und Fackeln der Inquisition war. Einige ihrer Ordensschwestern und Reon tratet in ihr Sichtfeld und zogen den Toten von ihr. Mit schmerzenden Beinen richtete sie sich, gestützt von zwei Sororitas, langsam auf. Reon begann ein kurzes Gebet für den Gefallenen zu sprechen und schickte ihr einen tieftraurigen und ernsten Blick zu.

Julio Hernan hatte inzwischen seine Inquisitoren und die Prediger den näheren Bereich absichern lassen. Ihr spärliches Licht reichte nicht weit in den vor ihnen liegenden Bereich. Aber es reichte aus um zu erahnen wie groß er war. Im Schein seiner Fackel sah er riesige Maschinen und Container. Viele Möglichkeiten für einen Feind sie ungesehen zu beobachten um dann im richtigen Moment zu zuschlagen. Keiner seiner Gefolgsleute ließ die Umgebung aus den Augen. Krampfhaft versuchte er sich wieder an diesen Ort zu erinnern. Irgendwo in seinem Kopf saß sie. Die Erinnerung an all jenes was er vor nicht einmal einem Monat hier erlebt hatte. Er war hier gewesen und doch nicht. Nur verschwommen konnte er sich an den Ausgang erinnern und wie ihn die Inquisition rettete. Sonst herrschte gähnende Leer in seinem Gedächtnis. Die Inquisition konnte sie nicht finden, er würde es. Da war er sich sicher. Um jeden Preis.

Hanna deutete den ihren Schwestern an, dass sie wieder alleine stehen konnte. Ihre Knie und Beine schmerzten zwar noch höllisch, aber sie hatte schon weit aus schlimmeres ertragen. Sie biss sich auf die Unterlippe und blickte sich erkundend um. Der Raum in dem sie standen schien größer zu sein als sie gedacht hatte. Ihr Licht reichte bis knapp unter die Decke. Anscheinend war dies vorher eine natürliche Höhle gewesen, auf welche die Arbeiter bei dem Bau des Stollens gestoßen sind. Normal war der Ausbau eines solchen Raumes nicht, da er keinesfalls rentabel gewesen wäre. Leicht humpelnd lief sie zu Reon der gerade sein letztes Gebet sprach und dann zu ihr herüber sah.

3 Tote sah sie. Wie durch ein wunder waren es nicht mehr, als sie ehrfürchtig zu den gewaltigen Gesteinsbrocken blickte, welche aus dem eingestürzten Stollen hervorquollen. „Wir haben einen Inquisitor und zwei Prediger verloren.“ Begann Reon und deute auf die drei Toten. „Wir haben mehr als diese drei zu beklagen.“ sagte Hanna und versuchte ihren Blick durch die Geröllmassen des Stollens zu schicken. Reon sog schnaufend die Luft ein. Hanna spürte, dass er ihre Gedanken erfasst hatte. Sie blickte ihn fragend an. „Wir müssen davon ausgehen, dass sie tot sind. Alle!“ sagte Reon niedergeschlagen und mit Betonung auf das letzte Wort, welches ihre schlimmsten Gedanken wieder spiegelte. Auch er senkte den Kopf als ihm seine Worte bewusst wurden. Bewusst, was dies für sie jetzt bedeutete.

Man kann planen und Strategie um Strategie durcharbeiten und Gefahren abschätzen lassen, dachte er während er matt auf den eingestürzten Stollen blickte. Sie waren sich alle dem Risiko bewusst, dass mit dieser Mission verbunden war. Im ewigen Krieg wird stetig und ohne Unterbrechung gestorben. Ruhmreich, für die Menschheit, schnell, sinnlos oder qualvoll. Es gab unzählige Wege den Tod zu finden in diesen finsteren Zeiten. Doch wie so oft, kam der Tod schneller als man dachte, auf Wegen die nur das Schicksal und er alleine kannten.

So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
Für alle Ewigkeit

- Das Ende vom Anfang -



Und wenn er in den Himmel kommt
wird er zu Petrus sagen;

„Ein weiterer Soldat meldet sich aus der Hölle!“



Die hallenden Rufe der Inquisitoren und Prediger rissen Hanna und Reon aus ihrer Trauerstarre. Ohne zu wissen was der Grund dafür war, folgten sie den durchaus alarmierenden Stimmen. Noch teilweiße in einem stillen Gebet an die wohl verstorbenen um Oberst Eden und ihre Schwestern versunken, folgte Hanna Reon mit ungleichmäßigen Schritten. Sie schüttelte ihre Gedanken ab und versuchte sich auf das hier und jetzt zu konzentrieren. Sie lief an einigen ihrer Schwestern vorbei, welche stets die Umgebung sicherten. Als sie am letzten der hier anscheinend überall herumstehenden Container vorbei gegangen war, erblickte sie Reon mit einem Teil seiner Gefolgsleuten. Neben Reon, in der Hocke und den Boden betrachtend, war Julio. Dumpf pochte es, als seine Faust auf den Boden klopfte. Hanna blickte fragend zu Reon. Dessen Blick deutete Wort und Emotionslos auf die Stelle welche Julio begutachtete.

Einer der Prediger wich Hanna nach links aus und gab den Blick für sie frei. Am Boden war eine stählerne Luke angebracht, welche sich mit einer dezenten Wölbung unscheinbar vom Boden absetzte. Zwei Faustgroße Einkerbungen machten Platz für die beiden Griffe, mit denen man anscheinend die Luke öffnen konnte. Als einige Momente vergingen, ohne das sich jemand rührte oder etwas gesagte wurde, fragte Hanna mit einem hin und her wandernden Blick, zwischen Reon und Julio, in die schweigende Runde. „Was haben wir entdeckt?“

Julio erhob sich, wobei seine Knie ein synchrones Kacken von sich gaben. Mit leeren Augen blickte er sie an. „Hier geht es runter, zu den Versorgungstunneln. Meine Erinnerung, wenn sie mir auch nur wie ein Windhauch vorkommt, sagt mir, dass dies Teil meines Wegs von damals war. Ich war hier, dass steht außer Frage.“ Julio blickte wie benommen zur Luke. „Als ich sie sah, flackerten kurz Bilder vor meinem inneren Auge auf. Ich war dort unten, da bin ich mir sicher.“ Julios Blick haftete wie ein Magnet an der Luke. „Was ist dort unten?“ fragte Hanna zögernd, wobei sie sich selbst die Frage stellte ob sie es wirklich wissen wollte. Ohne seinen Blick abzuwenden antwortete Julio monoton. „Das Ende vom Anfang.“

Ehe Hanna erneut das Wort ergreifen konnte begannen, links hinter einigen Containern, die ersten Geschosse kreischend und hämmernd durch die kalte Luft zu jagen. Hier und da hörte man warnende Rufe. Fast simultan zogen alle in Hannas Blickfeld ihre Waffen und suchten nach den Feinden. Mit kehliger Stimme brüllte Reon in die finstre Halle. „Sammeln!“

An den haushohen Wänden der Halle zuckten die Lichter der Mündungsfeuer wie ein gewaltiges Gewitter auf und der zunehmende Kampflärm glich dem Donnergrollen beängstigend ähnlich. Noch war der Kampf nicht bis zu ihnen vorgedrungen. Die Meterhohen Container, die wie ein Labyrinth aufgebaut zu sein schienen, versperrten die Sicht. Vereinzelt hörte man die gequälten Todesschreie. Bei einigen war sich Hanna sicher, dass es die von einer ihrer Schwestern war. Ihr Herz schrie vor Hass, lauf und stell dich dem Kampf. Steh ihnen bei. Aber ihr Verstand behielt vorerst die Oberhand. Sie mussten überleben um die Mission zu beenden. Um jeden Preis.

Während Hannas Kreislauf auf Hochtouren lief, erreichten die ersten Inquisitoren und Prediger ihre Stellung. Auch die meisten ihrer Sororitas trafen, rückwärts laufend und verbissen feuernd, ein. Ohne, dass Hanna es bemerkt hatte, begannen die Inquisitoren bereits mit dem Abstieg durch die nun geöffnete Luke. Julio war bereits weg und Reon hielt seine Leute zur Eile an. Hanna gab ebenfalls den Befehl zum Abstieg. Was gibt es schon für Alternativen dachte sie. Während die letzten ihrer Schwestern die Stellung hielten und auf den näher rückenden Feind feuerten, spähte Hanna in eine der Gassen aus Containern. Eine breite Front aus jenem schwarzen Glitzern wie schon oben schob sich kontinuierlich ihnen entgegen. Schreie die direkt aus der Hölle stammen müssen, dachte Hanna, quollen aus der undefinierbaren Masse hervor, als die Geschosse sich wieder und wieder in sie gruben. Hanna glaubte hier und da Krallen und Zähne aus dem Schwarz aufblitzen zu sehen.

Reon rüttelte an ihrer Schulter. „Wir sind die letzten.“ brüllte er ihr entgegen und zeigte auf die Luke. „Ich gehe als Letzte.“ antwortete Hanna lautstark und schickte Reon mit einem Nicken Richtung Abstieg. Nach und nach stieg eine nach der anderen ihrer Schwestern in den Schacht, welcher von der Luke verdeckt gewesen war. Als die letzte ihrer Schwestern den Rest der Meltermunition in Richtung Feind gefeuert hatte und im Schacht verschwand, machte auch Hanna sich eilig auf den Weg. Geschickt schwang sie sich auf die Stahleiter und zerrte an der Luke. Langsam und knarrend schloss sie sich. Das Letzte was Hanna sah, ehe die Luke sich schloss, waren unzählige Augenpaare, die rot glühend aus dem Schwarz stachen und wie blutige Rubine ihren Blick in ihre Seele bohrten. Hanna stockte der Atem.

Mit einem rasenden Herz und einem stetigen Kontrollblick nach oben zur Luke, kam Hanna bei den andern an. Der Abstieg dauerte länger als sie gedacht hatte. Etwa 50 Fuß, schätzte sie, befanden sie sich jetzt unter der Halle. Noch immer war ein grollendes Tösen aus dem Schacht zu hören, welches nach und nach verstummte.

Die Sororita blickte sich orientierend um. Sie befanden sich anscheinend in einem der von Julio vorhergesagt Versorgungstunnel. Hier, wo sie sich gerade befanden, war der Tunnel durch einen breiten Raum unterbrochen. Links standen Spinde und Waschbecken, rechts befanden sich eine Werkstat und ein Büro. Zielsicher schritt Hanna zu ihren Schwestern. „Principalis.“ sagte einer der Sororita und blickte sie stolz und erwartungsvoll an. „Wie viele haben wir verloren?“ fragte Hanna direkt. „Wir haben sieben Schwestern verloren.“ antwortete sie mit tieftrauriger und zugleich hasserfüllter Stimme. Ein weiteres Stück von Hannas Herz begann zu brechen. Wieder ein kleiner Riss in ihrem von Krieg, Hass und Trauer geschundenen Herz.

Hanna legte ihre Hand auf die Schulter ihrer Schwester. Mit festem Blick schaute sie ihr in die Augen. Die Sororitas blickten einander kurz an, ehe Hanna losließ und mit einem tiefen Atemzug um Fassung rang. Es ist Krieg, erinnerte sie sich selbst. Vergiss das nicht, niemals. Es ist Krieg.

Langsam kam Reon auf sie zu. Die Inquisition hatte bereits die Sicherung des Tunnels übernommen. Hanna gab einige Befehle und auch die Sororitas begannen sich zu verteilen. Drei stellte sie direkt unter den Schacht, mit der Anweißung den Schacht nicht aus den Augen zu lassen. Nicht alles Gute kommt von oben, dachte sie als Reon sie erreichte. Auch seine Miene ließ nichts Gutes erahnen.

„Wie viele habt ihr zu beklagen?“ fragte sie und versuchte wieder ihre gewohnte Herzlichkeit zu verbreiten. Reons bereits finstere Miene blickte sie starr an. „Fünf. Wenn ich richtig gezählt habe, dann habt ihr zwei mehr verloren.“ Hanna nickte und blickte Reon stolz an. „Meine Prediger berichteten von jenem schwarzen Glitzern wie aus dem Eingangsbereich. „Ja, ich habe es selbst gesehen. Wissen wir mehr über unseren Feind oder hat er sich noch immer nicht zuerkennen gegeben?“ fragte Hanna und behielt vorerst ihr gesehenes Wissen für sich. „Ein Inquisitor der es noch schwer verletzt hier herunter geschafft hat, sprach von Dämonen ehe er seinen Verletzungen erlag. Ob dies der Wahrheit entspricht kann ich nicht sagen, da er bereits dem Tode nahe war. In diesem Zustand ist der Verstand mehr wirr als klar.“ sagte Reon während er die Arme hinter seinem Rücken verkreuzte.

„Ich denke er hat recht.“ sagte Hanna, was Reons Augenbrauen hoch zucken ließ. „Wie kommt ihr zu diesem Entschluss?“ Hanna räusperte sich leise. „Bevor ich die Luke schließ sah ich unzählige rot glühende Augen die scheinbar ihre aufblitzenden Klauen und Zähne nach mir ausstreckten.“ erwiderte Hanna und fixierte Reon. „Was sonst soll es sein?“ fragte sie ihn und blickte ihn fragend an. „Orks? Tyraniden? Glaubt ihr, dass etwa sie uns hier gegenübersteht?“ Reons Hand strich nachdenklich über seine Stirn, welche tiefe Falten warf. Dann schüttelt er sachte den Kopf. „Ich Glaube an den Imperator und nicht an irgendwelche Feinde. Aber hier habt ihr Recht, denke ich. Es gibt niemanden anderen in dieser Galaxis der besser dazu passt, was uns bisher begegnet ist.“ Reon hielt inne und scheute sich anscheinend den nächsten Satz auszusprechen. „Das Chaos.“ spie Hanna voller Hass aus. Während Reon nickte spürte Hanna wie ein unstillbares Verlangen in ihr hervorquoll. Tod und Rache war ihr Verlangen.

Plötzlich kam einer der Inquisitoren zu ihnen gehastet. „Großinquisitor. Euer Bruder Julio.“ begann er eher er stockte dann als er Reons Blick bemerkte. Reon blickte ihn auffordernd an. „Er ist verschwunden.“ Zwei fragende Blicke trafen sich. Hanna starrte wie gebannt auf Reon der zähneknirschend nachdachte. Ergab es einen Sinn. Reon wusste, dass Julio den Schacht herabgestiegen war. Er sah ihn wie er durch die Luke in ihm verschwand. „Seit ihr euch sicher?“ fragte Reon scharf nach und setzte eine Miene auf die dem Weltuntergang gleich kam. Der stattliche Inquisitor wich einen kleinen Schritt zurück und antwortete dann dennoch fest und sicher. „Ja. Zuletzt wurde er von zwei der Prediger gesehen.“ „Wo?“ bellte Reon förmlich heraus. Der rechte Zeigefinger des Inquisitors wanderte in Richtung Tunnel.

Hanna blickte in den von ihnen linker Hand liegende Versorgungstunnel. Ehe sie oder Reon etwas sagen konnte krachte die Luke, aus dem Schacht, mit einem scheppernden Knall auf den Betonboden. Das anschließende Donnergrollen, welches sich wie Schwall Pech ausbreitete, ließ allen das Blut in den Adern gefrieren. Während die drei Sororitas, die am Schachtende standen, bereits begannen nach oben zu feuern, brüllte Reon. „Mir nach!“

Hanna machte es ihm gleich und orderte ihre Schwestern ebenfalls zum geordneten Rückzug an. Direkt in den Versorgungstunnel, in welchen Julio angeblich gegangen war. Nach und nach verschwanden sie aus dem Raum in den dunklen Tunnel. Nur ihre Lampen und Knicklichter strahlten wirr und ziellos vor sich hin. Die ganze Truppe ging im Stechschritt voran. Der trommelnde Lärm im Nacken veranlasste zu höchster Eile. Nach einigen Minuten kam der Trupp ins stocken. Hanna, welche die ganze Zeit über am Schluss gelaufen war, drängte sich nach vorne. Vor ihr baute sich eine stählerne Wand auf, die den gesamten Tunnel durchzog. „Eine Sackgasse.“ hauchte sie leise in die kalte Luft. Reon kam auf sie zu und schüttelte den Kopf. „Der Tunnel ist hier zu Ende. Es gibt nur noch den Weg zurück.“

Während die Worte von Reon in Hannas Kopf wieder hallten, begannen die ersten ihrer Schwestern bereits den nachgerückten Feind mit Salven einzudecken. Sie steckten in der Falle. Hanna unterdrückte die aufkeimende Hilflosigkeit. Es gibt keinen Weg zurück. Es bleibt nur der Kampf bis in den Tod. Hannas Blick verfinsterte sich und mit gezogener Waffe schritt sie an die Spitze der feuernden Verteidiger. Mit einer alles übertönenden Stimme begann sie die Hymne der Ekklesarchie anzustimmen. Zum Takt der Bolter stiegen ihre Schwestern und die Inquisition im Gesang mit ein. Ihre Stimmen schwollen an und wurden dutzendfach von den Tunnelwänden zurückgeworfen. Die Hymne stemmte sich mit aller Macht gegen den Donnergroll des Feindes.

Wenn dies ihr Grab sein sollte, dann auch das von unzähligen Feinden. Hanna war sich sicher, dass sie und ihre Schwestern ihren Platz in den Annalen des Ordens der Schwestern bekämen. Wie sie gestorben wären, würde wohl nie jemand erfahren. Wie so oft, wenn der Tod kam, in diesen Zeiten. Aus irgendeinem Grund musste Hanna jetzt an Julios Worte von vorhin denken. Sollten sie diese Schlacht überleben, dann war dies wahrlich, das Ende vom Anfang.


So wie es immer war, so wie es ist und ...

Für alle Ewigkeit!
 
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