Fantasy Götterwache (Kein Warhammer)

Eins vorweg, es handelt sich bei dieser Geschichte um kein Warhammer-Werk, sondern um meine eigene kreierte Fantasywelt, an der ich seid geraumer Zeit schreibe. Doch worum geht es?

Der Ork Aktok, erster Krieger des Knochengrasstammes, geleitet mit einigen seiner Krieger einen menschlichen Prinzen in dessen Königreich, als sie plötzlich von scheinbar unsterblichen Angreifern überfallen werden. Nur wenigen überleben.

Schwerverletzt werden sie von einem totgeglaubten Kriegshelden gefunden und versorgt. Von diesem verschollenen Krieger erfährt Aktok die Wahrheit über die mysteriösen Angreifer. Entschlossen, ganz Epion vor der drohenden Gefahr zu warnen, reist er noch Dragonis. Nur um festzustellen, dass alles, was er je geglaubt hatte, eine Lüge ist.

Während die Verteidiger Epions, ihre Blicke auf die sich nähenden Feinde richten, sind sie blind für den Dolch, der auf ihre Rücken zielt.
Wie immer freue ich mich über Kritik, Anregungen und eure Meinung.
Doch genug der Vorworte und wünsche euch nun viel Spaß beim lesen.
 
  • Like
Reaktionen: Dragunov 67
748999fa145f4a7d0ddb15c6c480b5dd.jpg

Prolog​

Am Anfang der Zeit existierten nur die Götter und die Finsternis auf der Welt. Eine Ewigkeit hielten sich die beiden Mächte im Gleichgewicht. Doch eines Tages begann sich die Finsternis auszubreiten und die Götter zu jagen um, sie zu verschlingen.

Die Götter in ihrem Stolz und ihrer Überheblichkeit waren blind gegenüber der Gefahr und stellten sich ihr allein. Mehr und mehr von ihnen wurden überwältigt und verschlungen. Lange sah es so aus, als ob die Finsternis triumphieren würde. Doch selbst unter den Göttern gab es welche, die über ihres gleichen standen. Die vier Mächtigsten von ihnen waren die Götterkönige. Die vier erkannten, dass kein Gott alleine die Finsternis jemals besiegen könnte, und so beschlossen Sie ihre Kräfte zu vereinen.

So sammelte die Vier ihre Brüder und Schwestern unter ihrem Banner und gemeinsam zogen sie aus, um die Finsternis zu bekämpfen. Es war ein langer Kampf, bei dem viele ihr Leben verloren. Doch schließlich triumphierten sie über die Finsternis und versiegelten sie tief in den Gebeinen der Erde.

Da die Welt durch den Kampf verwüstet war und viel Götter fort, fassten die Götter den Beschluss, die Welt mit Leben zu füllen.

Der Götterkönig Kerdil, der Schmid und Steinmetz, meißelte ein kleinwüchsiges Volk aus dem harten Gestein der mächtigsten Berge. Vom Charakter so unnachgiebig wie der Stein selbst und gesegnet mit Langlebigkeit und einem Blick, der jede Feinheit erkannte, sollten sie als die besten Schmiede und Steinmetze von ganz Epion unter dem Namen Zwerge bekannt werden.

Dewi, die Weise und Schöne, erschuf aus ihrem eigenen Blut ein hochgewachsenes Volk. Gesegnet mit der Unsterblichkeit und Schönheit ihrer Göttin, verschrieben sie sich den Geheimnissen der Welt. Sie gelten als das weiseste der vier Völker. Sie sind die Elben.

Dyn, der Lügner und der Treue, formte aus Lehm seine Schöpfung. Die Schöpfung des Dyn war ohne besondere Gabe. Er taufte sie auf den Namen Menschen.

Der Letzte der vier war Orkan, der Krieger. Aus seinem eigenen Fleischschnitt er seine Kinder. So stark und wild wie ihr Gott, waren sie die geborenen Krieger. Es sind die Kinder des Orkans, sie sind Orks.

Die anderen Götter, inspiriert von den Völkern der Könige, schufen ihre eigenen Schöpfungen. Die schwächsten von ihnen schufen die Tiere und die Pflanzen. Diejenigen die mehr Macht besaßen, kreierten ihre eigenen Völker. So worden die Mirkrul, Satyre, Gnome, Gorgonen, Oger, Araatana und die übrigen Völker erschaffen. Doch einigen wenigen Göttern misslang jedoch ihre Schöpfung und so kamen die Monster und Bestien auf die Welt.

Zufrieden mit ihren Schöpfungen zogen sich die Götter zurück und überließen die Welt ihren Kindern. Eine kurze Zeit lebten die Völker friedlich zusammen, die einzigen Feind waren die Monster und Bestien. Aber mit der Zeit keimte etwas in den Herzen der Völker etwas Böses und Dunkles. Es war wie eine Krankheit, es zerfraß die Herzen und ließ die Seelen verrotten, bis nur noch der Hass übrigblieb.

Schließlich brach ein Krieg aus. Dieser Krieg der Völker war lang und blutig. Ganze Schöpfungen wurden ausgelöscht und die übrigen wurden durch ihn an den Rand der Vernichtung getrieben.

Die Götter, allen voran die vier, waren erbost über das Verhalten ihrer Kinder. So vereinten die Götter ein letztes Mal ihre Macht, um ein weiteres Volk zu erschaffen. Dieses war mächtiger und weiser als alle anderen Völker. Keine Armee oder Waffe vermochte auch nur einen Angehörigen der neuen Schöpfung zu töten. Nach und nach zwangen sie die übrigen Schöpfungen einen brüchigen Frieden auf. Diejenigen, die sich ganz verweigerten, wurden vernichtet.

Da der Völkerkrieg nun zu Ende war beschloss das mächtige Volk in seiner Weisheit, dass ein jedes Volk sein eigenes Reich bekommen sollte. Unter der Aufsicht der letzten Schöpfung der Götter begann der Handel unter den Völkern. Dieser brachte ein jedem Volk Wohlstand und Frieden.

Auch wenn das Übel Namens Krieg nie vollständig ausgelöscht wurde, so kam es zu keinen weiteren Völkerkrieg. Als Dank und gleichzeitig auch als Mahnung über die stets wachsamen Augen der mächtigen Schöpfung errichteten die Völker der Götterkönige eine gewaltige und prächtige Hauptstadt an der Stelle, an dem sich ihre vier Reiche trafen. Diese erhabenste aller Städte war jedem einzelnen Volk auf der Welt unter dem Namen Dragonis bekannt.

Erfreut über den Sinneswandel der anderen Völker verließen sie die Welt. Aber sollte jedoch der Völkerkrieg vom neuen Erwachen, würden sie zurückkehren um die Welt vernichten.

Dies war vor fast viertausend Jahre und auch heute noch spricht man ihren Namen nur mit großer Ehrfurcht aus.

Sie sind die Drachen.
 
  • Like
Reaktionen: Dragunov 67
Kapitel 1

Unbekannte Feinde


„Ja, ja. Und sollte je die Finsternis zurückkehren, braucht es Zwergenstahl, Elbenholz, Drachenbein, Menschenblut und Orkherz um sie endgültig zu vernichten. Mich wundert es, dass man auch nicht noch Mirkrulperlmut, Gorgonengift, Gnomrotze und Araatanfell braucht, um sie zu vernichten. Die Finsternis ist nur eine Legende, genau wie die Drachen. Warum also gehst du mir damit auf die Nerven, Terak?“
Der Angesprochene grinste breit und als er antwortete, schwang eine gute Portion Heiterkeit in seinen Worten. „Weil du schon immer Geschichten geliebt hast, mein geliebter Bruder und besonders lieb war dir die Geschichte der Schöpfung. Ich weiß es noch genau- Als ob es erst gestern war, dass du den alten Om ständig angefleht hast, dir noch eine Geschichte zu erzählen.“
Aktok seufzte hörbar und das Grinsen auf Teraks Gesicht wurde noch ein Stück breiter. "Das, mein Bruder, war vor zwei Menschenleben."
„Für uns Orks ist das ja so gut wie gestern“, meldete sich eine andere Stimme zu Wort.
Wieder seufzte er. „Du jetzt bitte nicht auch noch, Tolk.“ Der erste Krieger des Knochengrasstammes schaute zwischen den beiden grinsenden Gesichtern von Terak und Tolk, die neben ihm Ritten hin und her. „Wieso habe ich euch eigentlich mitgenommen?“, fragte sich der Ork selbst und beantwortete sie auch gleich. „Halt. Wartet. Zumindest bei dir Tolk, weiß ich es.“
Das Grinsen erstarb auf Tolks Gesicht und im Gegenzug schlich es sich auf das von Aktok.
„Was willst du damit andeuten?“
„Du bist hier, weil ich Angst vor Alen habe. Du gehst ihr ununterbrochen auf die Nerven, seit sie dir gesagt hat, dass Sie von dir Empfangen hat. Sie hat mir damit gedroht, die Eier abzuschneiden und sie mir zu meinem nächsten Namenstag zu schenken, wenn ich dich nicht mitnehme.“
Er warf den anderen beiden einen tödlichen Blick zu. Ein herausforderndes Grollen drang aus dem breiten Brustkorb von des Orks. „Willst du etwa mein Weib beleidigen?“
„Auf keinen Fall, mein Waffenbruder. Das wäre das Letzte, was ich in meinen Leben machen würde.“
„Zumindest, wenn Alen das mitkriegt“, ergänzte Terak mit einem wohlwissenden grinsen.
„Auch das stimmt. Was ich damit sagen will, ist Folgendes; dass ich ein Narr wäre, wenn ich keine Angst vor deinem Weib hätte. Alen ist eine unserer besten Kriegerinnen. Immerhin hat sie allein drei große Dämonen getötet.“
Wieder viel ihm sein Bruder ins Wort. „Und im Gegensatz zu dir, haben wir nicht das Glück, dass ihr berühmter Handgriff so zärtlich ausfällt. Ich weiß noch, als Alen mich das letzte Mal an den Eiern gepackt hatte. Ich hatte noch zwei Wochen später schmerzen beim Pissen. Und dass sie von dir Empfangen hat, macht die Sache nicht weniger schmerzhaft. Eher das Gegenteil ist der Fall.“
„Du hast auch ihre Waffenschwester belästigt“, erwiderte Tolk, dessen Laune sich anscheinend wieder etwas gebessert hatte.
„Mhh. Ja, in der Hinsicht ist sie leider ziemlich kleinlich“, beklagte sich Terak und versuchte möglichst traurig dreinzublicken.
"Jeder im Stamm kennt deine Weibergeschichten, Terak. Du hattest bestimmt mehr Weiber als ein Mensch Lebensjahre hat."
"Und ich wette dreißig Goldstücke, dass er auch noch stolz darauf ist.", fügte Tolk hinzu.
"So gerne ich dein Gold auch nehmen würde, mein geschätzter Freund, muss ich bei meiner Ehre als ein Kind des Orkanes doch sagen; ja, ich bin auch noch stolz darauf. Wieso auch nicht? Nur weil ihr beide schon das Blut getauscht habt?"
Terak zuckte zusammen. Die gute Laune, die die drei Orks umgab, verschwand augenblicklich und an ihrer Stelle trat ein bedrücktes Schweigen. Selbst die anderen Orks, die in ihren eigenen Gesprächen vertieft waren, verstummten. Jeder Einzelne von ihnen wusste, dass dieser gerade eine Grenze überschritten hatte. Der Ork bereute seine Worte auch im gleichen Augenblick. Er wünschte, er hätte sie nie ausgesprochen. Aber wie es so nun einmal in der Welt ist, kann man die Vergangenheit nicht ändern, sei sie noch so kurz her.
„Mooshirn“, zischte Tolk Terak an.
„Wieso habe ich euch eigentlich mitgenommen?“, wiederholte Aktok seine Frage mit tiefer Trauer in der Stimme.
„Du bist und bleibst ein Mooshirn, Terak“, bekräftigte der Waffenbruder der beiden.
„Tut mir leid, Bruder. Ich sage oft etwas, bevor ich denke. Tolk hat recht, ich bin ein Mooshirn. Du weißt, dass ich das nicht so meinte, oder?“ Fragte er mit einem flehentlichen Unterton, den er schon öfter in der Stimme seines Nestbruders gehört hatte, jedes Mal, wenn dieser sein Handeln zutiefst bereute.
Er wusste, dass sein Bruder es unüberlegt gesagte hatte, ohne böse Absicht. Aber trotzdem schmerzten die Worte, da sie dunkle Erbringungen zurück in seine Gedanken zehrten.
Einen Moment, der den Orks wie eine Ewigkeit vorkam, schwieg Aktok, ehe er sich zum Antworten zwang. Seine Stimme war heisser und tonlos. „Ja, das weiß ich, Bruder.“
„Wie lang ist das jetzt schon her, Bruder? Dreißig, vierzig Jahre?“, fragte Terak, der wusste, dass sein Nestbruder zumindest in diesem Augenblick weiter über dieses heilkle und meist totgeschwiegene Thema sprechen würde.
„Vierundvierzig.“
„So lange schon? Du hast genug getrauert. Keiner würde es dir übelnehmen, wenn du dir eine andere suchst. Der Nestbruder ihres Vaters hat dich schon vor langer Zeit von der Trauerschuld befreit. Lass also los. In Orkten und den anderen Dörfern unseres Stamms, gibt es genug zur Auswahl und du bist ein respektierter Krieger, du dürftest also keine Probleme bei der Wahl haben.“
„Ich kann nicht. Sie war die Erste und Einzige. Es kann sie keine andere ersetzen“, erwiderte er mit bedrückter Stimme.
„Das soll auch keine. Sie wäre die Erste, die dich beglückwünschen würde. Das weißt du genau so gut wie ich.“
„Wieso habe ich euch eigentlich mitgenommen?“, wiederholte sich der erste Krieger abermals. Damit war das Thema für ihn abgehakt.
Mal wieder.
Terak wusste, dass es jetzt keinen Sinn mehr hatte darüber zu sprechen. Er bewunderte er für seine Liebe, die er immer noch empfand. Und er beneidete ihn und Tolk für ihr Glück, jemanden gefunden zu haben, den man von ganzen Herzen liebte.
Gleichzeitig hasste er sie aber auch dafür, weil Sie etwas hatten, was ihm bis jetzt verwehrt geblieben war. Er würde es öffentlich nie zugeben, aber ein Teil seines Herzens verzehrte sich nach der wahren Liebe, die er aber noch nie erlebt hatte.
Er schüttelte seinen Kopf, um die trüben Gedanken zu vertreiben.
Er seufzte. Das sind keine Gedanken, die er auf einer Mission brauchte. Außerdem brauchte sein Nestbruder Ablenkung von seinem Kummer. Er nahm den Faden wieder auf, um seinen Bruder auf andere Gedanken zu bringen.
"Wegen der Mission.“
„Was?“, fragte Aktok irritiert.
„Du hast mich mitgenommen, weil es der Dämonentöter wollte. Du verstehst zwar die Handelssprache, aber er meinte, es könnte nie schaden, wenn einer bei dieser Mission auch noch die Sprache der Menschen versteht. Du kennst ja das alte Sprichwort; Lieber einen zweiten Dolch in der Hand, als einen Menschen, der dir den Rücken deckt."
„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du sie wegen den Menschenweibern gelernt hast. Die sind doch widerlich. So rosa, so weich und dürr. Die bestehen doch nur aus Knochen. Keine Kurven, nur Knochen“, angewidert spuckte Tolk aus. „Was findest du nur an denen?“
Dieser lächelte. „Oh, die Weiber wissen zu schätzen, was wir Kinder des Orkan, zu bieten haben.“, sagte Terak anzüglich lächelnd und griff sich in den Schritt.
„Könnt ihr da vorne mal die Fresse halten? Euer Gerede über Menschenweiber ist einfach nur krank. Da höre ich mir ja, lieber ein Elbengedicht an“, brüllte einer der Orks hinter ihnen. Aktok drehte sich um. „Pak. Sei nicht so vorlaut, oder ich sorge dafür, dass du wenn wir zurück sind, zwei Wochen in den Güllegruben arbeitest“, rief er halb ernst und halb im Scherze zu seinen Krieger zurück.
„Ich mache auch gerne drei Wochen erster Krieger. Solange ihr aufhört, über solche widerlichen Sachen zu sprechen.“
„Balk. Du hast es gehört. Dein Nestbruder sagte drei Wochen Güllegrube.“ Die Orks brachen in schallendes Gelächter aus.
„Erster Krieger ich,“ begann Pak aber das laute Gegröle seiner Kampfgefährten ließ ihn gleich wieder verstummen. Der Ork schüttelte lächelnd seinen Kopf. „Gib´s auf, Bruder. Da kommst du nicht mehr raus.“ Pak ließ seinen Kopf sinken.
Nach einigen Momenten hatten sie sich wieder beruhigt. Sie ritten eine Zeit lang schweigend weiter, ehe der erste Krieger auf das Thema zurückkam. „Tja, da ist was Wahres dran. Da wir gerade bei den Menschen sind.“ Abfählich musterte er die zwei Dutzend Menschen, die vor ihnen her ritten.
Die Menschen waren im Auftrag ihres Königs vor drei Wochen nach Orkten gekommen. Nach Gastrecht hatte ihnen ihr Häuptling Axkol der Dämonentöter, ein Fest veranstaltet. Der König der Menschen, Barten, wollte über Grabungsrechte für ihr Land verhandeln. Das würde sowohl seinen Stamm als auch den Menschen mehr Wohlstand bringen. An sich war dies keine schlechte Idee, aber andererseits wusste man bei Dyns Schöpfung nie, ob das alles ist und nicht noch mehr dahinter steckt.
Axkol hatte sich mit dem Ältestenrat beraten und sie sind einstimmig zu dem Schluss gekommen, dass es besser wäre, dies mit König Barten selbst zu besprechen.
Deshalb hatte sie der Häuptling mit diesem Auftrag betraut. Sie waren vor einer Woche in Richtung Orpfeus, der Hauptstadt des östlichen der drei Menschenreiche, aufgebrochen.
Vor achthundert Jahren starb der damalige Menschen König Tarn durch ein Mordkomplott. Aus dem daraus entstandenen Machtvakuum brach ein Bürgerkrieg aus, da zahlreiche Adlige den Thron für sich beanspruchten. Es folgte eine zweihundert Jahre andauernde Epoche, in der sich die verschiedenen Adelsgeschlechter gegenseitig bekriegten. Da alle Parteien schwere Verluste im Bürgerkrieg erlitten hatten, konnten sie sich keinen weiteren Krieg mehr leisten und so wurde ein Unabhängigkeitsvertrag unterzeichnet und die drei Menschenkönigreiche Ebokal, Cassis und Germanon wurden gegründet. Soweit er wusste, war Barten ein Mann, der zu seinem Wort steht. Trotzdem sollte man auf Nummer sicher gehen. Aktok wurde von seinen Nestbruder Terak und seinem Waffenbruder Tolk sowie elf Hand verlesen Kriegern begleitet, die alle samt von ihm persönlich ausgebildet.
„Die Menschen haben dich schon immer fasziniert. Deshalb bist du mit auf dieser Mission, Bruder“, meinte Aktok plötzlich.
Terak war so überrascht, dass er das Erste sagte, was ihm einfiel. Zugegeben, es war nicht sehr geistreich. „Mhh.“
„Manchmal bist du überraschend wortkarg.“, scherzte er. „Nur, was du an diesen elenden Kreaturen findest, bleibt mir ein Rätsel“, redete Aktok weiter. „Sie sind schwach, ohne besondere Gabe und ihr Leben ist so kurz, dass es sich fast nicht lohnt, sich ihre Namen zu merken. Selbst an den kleinsten Kratzern gehen sie zugrunde. Sie werden von allem krank. Also was im Namen der drei Geschwister findest du so interessant an ihnen?“
„Genau das ist es, was mich so fasziniert. Sie sind so schwach und trotzdem verkriechen sie sich nicht. Sie leben ihr kurzes Leben mit Stolz und erhobenen Hauptes. Sie haben Ehre. Sie kennen Loyalität und Pflichtgefühl.“
„Dyns Schöpfung kann man nicht trauen. Keinen von ihnen“, widersprach der erste Krieger entschieden.
„Sie sind nicht alle wie er. Vergiss das nicht, Aktok.“ Die einzige Antwort, die Terak von seinem Nestbruder erhielt, war ein abfälliges Schnaufen.
Sie ritten eine Weile schweigend weiter als ihnen ein Mensch von der königlichen Garde auf einem feuerroten Pferd entgegen ritt.
Der Mensch hielt zwei Pferdelängen Abstand und ritt damit gefährlich nahe am Abgrund. Sie ritten eine breite und idyllische Straße aus hart getretener Erde entlang. Links neben der Straße führten sanfte, mit sattem grünen Grass und Wildblumen bewachsene Hügel zu einem dichten Wald. Der Wind ließ die Blätter immer wieder rauschen, dass ein angenehmes, zum Rasten einladendes Gefühl vermittelte. Das Summen von Insekten und das Zwitschern zahlreicher Vögel verstärkten den friedvollen Eindruck. Der Geruch der Wildblumen mischte sich mit den zahllosen Gerüchen des Waldes und sie ergaben gemeinsam das Aroma des Lebens. Zweieinhalb Pferdelängen neben der Straße fiel die Erde plötzlich ab. Wenn man hier runter stürzte, erwartete einen nach einem zwanzig Meter tiefen Sturz das eisige Wasser eines namenlosen Flusses. Das aggressive Tosen des Wassers wetteiferte mit dem friedlichen Rauschen des Waldes.
Der Mensch, der sich vor zwei Wochen als Assen Torf, Kommandant der Leibgarde des arroganten Teraf Barten, erster Sohn des Königs vorgestellt hatte, musterte misstrauisch die Reittiere der Orks. Die Reittiere der Orks waren nicht weniger gefährlich als ihre Reiter. Die Schreckensechsen, ein überaus passender Name, waren gewaltige, bis zu sieben Meter lange gefürchtete Jäger. Ihr massiger Leib wurde von Schuppen geschützt, deren Härte beinahe das von zwergisches Eisen erreicht. Ihre rasiermesserscharfen Zähne und dolchartigen Klauen können spielerisch die meisten Rüstungen durchdringen. Dazu besaßen sie einen peitschen ähnlichen Schwanz, der Knochen brechen und Fleisch zerteilen konnte. Nur die Loricatoru, die schwere zwergische Infanterieausrüstung der Elitekrieger, bot ausreichend Schutz gegen ihre Waffen. Die wilden Raubechsen sind eine ständige Gefahr für die Großhornrinder-Herden der Orks, kleinere Gruppen von Jägern und Reisende.
Die gezähmten Echsen sind nicht weniger gefährlich als ihre wilden Artgenossen. Es bedarf viel Training, Geduld und Ausdauer, um diese intelligenten Tiere zu zähmen. Wenn es aber erst einmal gelungen ist, wird man mit dem stärksten und loyalsten Reittier in ganz Epion belohnt.
Schreckensechsen sind Rudeltiere, die in kleinen Gruppen von fünf bis sieben Tieren leben. In seltenen Fällen aber auch mehr. Auch wenn Schreckensechsen oft untereinander kämpfen, die auf einen Beobachter äußerst brutal wirken, gehen die Raubechsen überraschend friedvoll miteinander um. Die Tiere scheinen den Kampf, ähnlich wie die Orks selbst zu lieben.
Viele Kinder der drei Geschwister glauben, dass die Schreckensechsen entweder von Orkan selbst oder von einem seiner Vasallen für seine Schöpfung als Reittier erschaffen worden waren. Da Schreckensechsen nur Orks und Goblins als Reiter akzeptierenten, scheint diesen Glauben zu bestätigen. Auch ihr langes Leben von ca. einhundertfünfzig, in seltenen Fällen aber auch bis zu zweihundert Jahren unterstützt diese Annahme.
"Es wird bald dunkel. Und der Prinz wünscht, in einem richtigen Bett zu nächtigen. Laut Karte gibt es ein Menschendorf, dass wir bis zur Dämmerung erreichen können", erklärte Assen den Wunsch des Prinzen.
Sein Waffenbruder schaute in den Himmel, wo die Sonne schon begonnen hatte, wieder zu versinken.
"Bald dunkel? Wir haben noch gute fünf Stunden bis zur Dämmerung und noch weitere zwei bis der Mond aufgeht. Es wird wieder ein voller sein, bei der wir auch die Nacht durchreiten könnten. So könnten wir es bis morgen Mittag nach Meber schaffen. Was meinst du dazu Aktok?"
"Wir ja, aber die Menschen und ihre Tiere? Ich glaube nicht, dass sie das Aushalten. Wir sollten das machen, wie der Mensch es gesagt hat", meinte Terak.
Der erste Krieger dachte über die beiden Möglichkeiten nach. Es stimmte schon, was Tolk gesagt hatte, die Schreckensechsen und sie selbst könnten sogar bis nach Orpfeus durch Reiten und müssten höchstens halt machen, um ihre Notdurft zu verrichten. Wie seine eigene Meinung ausfiel, war jeden von ihnen klar, aber hier ging es nicht um ihn, sondern danach, was der Häuptling und der Ältestenrat beschlossen hatte.
Sie befanden sich auf einer Mission und die Mission steht an erster Stelle.
Es gab also nur eine richtige Entscheidung.
Assen schaute misstrauisch zu ihnen.
Dass er etwas von ihrer Diskussion verstand, war äußerst unwahrscheinlich, um genau zu sein war ihm bis jetzt nur zwei Menschen begegnet, die ihre Sprache beherrschten. Der eine war ein alter Priester und der andere Waldläufer an den Grenzen der Menschen-Reiche, denn die Muttersprache der Orks, in der sie sich unterhielten, ist für die anderen Völker schwer zu verstehen und noch schwerer zu sprechen.
Aktok seufzte abermals. "Mein Bruder hat recht, wir schaffen das, sie nicht."
"Tohiba ist ein Umweg, der uns einen Tag kosten wird", gab der korpulente zu bedenken. Ein berechtigter Einwand seines Waffenbruders.
"Der Wehrhof", schlug Terak vor.
"So machen wir das. Bruder erkläre es den Menschen."
Assen war nicht überzeugt. "Seid ihr sicher? Auf der Karte ist kein Wehrhof eingezeichnet."
Aktok knurrte und wechselte in die Handelssprache. "Ich scheiße auf deine Karte. Das ist immer noch unser Stammesland und wir Orks kennen jeden Winkel dieses Landes. Wir brauchen keine verdammten Karten. Nork!", brüllte er. Am Ende des Zuges löste sich einer der Reiter und eilte mit seiner in Vergleich zu den anderen Schreckensechsen recht kleinen Echse nach vorne.
"Was gibt es erster Krieger?"
"Reite mit dem Mensch nach vorne und zeige ihn den Weg zum Wehrhof."Assen nickte beleidigt, ritt aber mit Nork davon.
Sie ritten eine Weile schweigend weiter. Er hatte bewusst das Tempo gedrosselt, da er Abstand von den Menschen brauchte. Mittlerweile betrug dieser um die zweihundert Meter. Da die Straße an dieser Stelle um einen großen Hügel führte, konnten die Orks die Menschen nicht mehr sehen. Plötzlich gab Aktok das Zeichen zum Anhalten.
"Was ist los Aktok?"
"Riecht ihr das?"
"Ich..."
Ein Schrei unterbrach Terak. Und kurz darauf ertönte der vertraute Klang von Metall auf Metall.
"Bruder, was ist da los?"
"Kann ich etwa durch einen verdammten scheiß Hügel sehen? Hm? Wieso glaubst du, dass ich von hier aus mehr sehe als du, Tolk?"
"Entschuldige. Aber im Ernst Aktok was..."
"Schnauze", bellte der erste Krieger und drehte sich auf dem Sattel seiner Schreckensechse um. Er musste es nicht sagen, da das stürmische Blut des Orkans, das in den Adern der Orks floss, bereits in Wallung war. Sie sind Söhne des Orkan, sie sind Krieger. Mit der Waffe in der Hand im dichtesten Kampfgetümmel. Nur in diesen Momenten fühlte sich ein Ork am lebendigsten. Trotzdem sagte er es. "Krieger zu den Waffen. Unterstützt die Menschen und tötet alle, die sich widersetzen!"
Tolk löste eine seiner beiden Kriegskeulen, die wie Orkschädel geformt waren, vom Sattel. Ein Mensch hätte seine Probleme, auch nur eine dieser Keulen hochzuheben, geschweige denn sie in der Schlacht zu führen.
"Las uns ein paar Schädel matschen.", sagte der korpulenter Ork.
"Tod und Ehre!", brüllte der erste Krieger und führte seine Orks in den Kampf.
 
Als sie den Kampfplatz erreichten, war der Kampf bereits beendet. Aktok verschaffte sich mit dem Blick eines Veteranen einen Überblick. Ein Pferd lag tot am Boden und hatte seinen Reiter unter sich begraben. Dieser stöhnte vor Schmerzen.
Ein zweites Pferd lebte noch, hatte aber einen tiefen Schnitt an seiner Flanke davongetragen. Sein Reiter hatte jedoch nicht so viel Glück.
Ein drittes reiterloses Pferd trabte nervös am Straßenrand hin und her, von dessen Reiter war nichts zu sehen. Assen war ebenfalls verletzt und presste den rechten Arm an seinem Körper, saß aber noch auf seinem Pferd.
Dann fiel der Blick des ersten Kriegers auf etwas, das er zuerst für einen großen Stein gehalten hatte, sich aber bei genauerer Betrachtung als die Schreckensechse von Nork herausstellte.
"Nork, was ist geschehen?", fragte er. Doch Assen antwortete an der Stelle des Orks. Der Kommandant der Leibgarde sprach in der widerlichen Sprache seiner Rasse. Aktok knurrte ihn an, doch der Kommandant sprach weiter. Der erste Krieger knurrte wieder, wechselte jedoch in die Handelssprache. „Wechsel in die Handelssprache, wenn du was von mir willst“, blaffte er.
"Wir wurden angegriffenen."
"Das sehe ich Selbst, Mensch. Aber ich will wissen, wo mein Krieger ist? Wo ist Nork?“
"Tot. Da vorne liegt dein Krieger", Assen deutete mit seiner gesunden Hand zur toten Echse.
"Unmöglich", hauchte Aktok. "Wie viele Angreifer?"
"Zwei. Der eine liegt bei deinem Kämpfer, der andere liegt da vorne auf der Straße." Aktok musterte die beiden Toten. Aus beiden ragten mehrere Pfeilschäfte.
"Zwei? Zwei Angreifer haben einen Veteranen und seine Schreckensechse in so kurzer Zeit getötet das kann nicht sein." In Tolks Stimme schwang Unglaube mit, was er durchaus nachvollziehen konnte.
"Aktok was machen wir jetzt?" Tolk sah ihn erwartungsvoll an. Der erste Krieger musterte misstrauisch den dunklen Wald, der auf dem Hügel neben ihnen thronte.
"Sichert die Flanke und findet heraus, wer die Bastarde sind. Zwillinge, kümmert euch um Nork!" Eine Handvoll Orks stiegen ab, während die anderen ausfächerten. Tolk und Terak blieben bei ihm.
"Uhh." Der unter seinen Pferd begrabene Soldat stöhnte vor Schmerz. Assen schaute über seine Schulter.
"Holt endlich jemand mal Dan unter seinem Pferd heraus!" Der Kommandant sprang von seinem Pferd und lies sich am Straßenrand nieder, um darauf zu warten, dass sich jemand um seinen Arm kümmert. "Menschen, Orks ist doch egal, wer diese beiden Schweine waren. Sie sind nun tot und nur das zählt."
"Sie haben zwei deiner Krieger getötet, dich und einen weiteren verletzt und dich interessiert ihre Herkunft kein bisschen?"
Dies war die typische Ignoranz, die er vom Dyns Schöpfung erwartete.
"Warum sollte mich die Herkunft einfacher Banditen kümmern?"
Aktok schwang sich vom Rücken seiner Schreckensechse. Er verabscheute es auf jemanden von oben herab zu blicken.
"Willst du mir erzählen, Mensch, dass die Elite von euch Schwierigkeiten mit einfachen Banditen haben?"
Assen stöhnte vor Schmerz, als einer der Leibgardisten begann, sich um dem tiefen Schnitt an seinem Arm zu kümmern.
"Deinen Mann und sein Tierchen haben sie auch getötet“, erinnerte ihn Assen unnötigerweise. Ein tiefes Grollen drang aus der Brustkörben der Orks. Aber leider hatte er auch Recht. Nork und seine Schreckensesche waren in wenigen Augenblicken getötet worden.
Bevor er aber antworten konnte, platzte die hysterische Stimme des Prinzen dazwischen.
"Assen, Assen! Du musst mich in Sicherheit bringen. Wir müssen sofort nach Orkten zurück. Schickt einen Boten nach Orpfeus, benachrichtigt sofort meinen Vater, er soll umgehend eine größere Eskorte senden. Ork wegen eures feigen Kriegers und ... Uguhug." Die letzten Worte wurden zu einem Röcheln, als der Arm des ersten Kriegers schneller nach vorne schoss, als dass einer der Menschen reagieren konnte und Teraf am Hals packte und ihn aus dem Sattel zerrte.
Waffen, die eben erst wieder verstaut wurden, worden wieder gezogen und richteten sich gegen die drei Orks. Dies veranlasste die anderen Knochengrasskrieger ihre Waffen auf die Menschen zu richten. Die Schreckensechsen zischten, da sie das bevorstehende Gemetzel witterten.
"Ork, lasst den Prinzen los! Sofort!", bellte Assen, der wieder auf den Beinen war.
„Aktok!“, redete Terak auf orkisch auf seinen Nestbruder ein. "Aktok. Die Menschen stehen noch unter Gastrecht. Du bringst Schande über den ganzen Stamm."
Aktok schaute im Augenwinkel zu seinem Bruder, dessen Gesicht eine Maske der Missbilligung war.
„Wir stehen zu dir, erster Krieger“, versicherte ihm einer der Krieger.
„Der Dämonenschlächter wird es verstehen“, sagte ein anderer.
„Aktok. Denk an den Stamm“, erinnerte Terak.
Tolk und die anderen würden sich sofort auf die Menschen stürzen und alle töten, wenn er es ihnen befahl. Aber sein Nestbruder hatte recht. Die Entscheidung, die er hier traf, würde den ganzen Stamm vielleicht auch die anderen Stämme betreffen. Im schlimmsten Fall könnte es zum Krieg gegen Cassis kommen.
Es kostete Aktok all seine Willenskraft, sein kochendes Blut unter Kontrolle zu bringen, den das Blut des Orkan war Segen und Fluch zugleich.
Der erste Krieger zog den Prinzen näher an sich und flüsterte ihm ins Gesicht. "Wage, es ja nicht Nork oder einen anderen meines Volkes als Schwächling und Feigling zu bezeichnen. Du mickriges und nach Feigheit stinkendes Menschlein." Mit einem abfälligen Schnauben warf er den Prinzen Assen vor die Füße. Der Prinz landete schwer und richtete sich benommen auf.
"Das... werdet... ihr... noch bereuen, ... Ork." Die Worte kamen stoßweise und wurden immer wieder von einem Hustenanfall unterbrochen. "Ich... hol mir… deinen Kopf... und lass ihn mir… auf eine... Lanze spießen." Keuchte er weiter.
"Mein Prinz, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Waffen runter." Die Menschen schauten zu ihrem Kommandanten, ehe sie seinem Befehl nachkamen. Die Orks folgten kurz darauf ihrem Beispiel. Mit einem finsteren Blick in Aktoks Richtung fügte er hinzu. "Wir werden uns später mit ihnen beschäftigen. Aber zuerst müssen wir hier weg. Also... Aktok? Das ist doch dein Name, oder? Für mich seht ihr ja alle gleich aus. Es ist euer Land also wie sieht der Plan aus?"
„Es bleibt dabei. Wir reiten zum Wehrhof. Mensch, was ist mit deinen Toten?"
"Wir nehmen sie ebenfalls mit. Taran schau nach, ob du was über ihre Identität in Erfahrung bringen kannst. Hask, du und deine Männer schützen den Prinzen. Der Rest sichert mit den Orks die Flanke, Bogenschützen nach hinten."
"Mach dir keine Sorgen, Nork, wir werden uns um deinen Welpen kümmern. Er wird erfahren, dass sein Vater als ein wahres Kind des Orkan lebte und starb", murmelte einer der Zwillinge, als sie Nork erreichten.
Währenddessen beugte Taran sich über die Leiche. Der Tote trug eine Leichte nachtschwarze Infanterierüstung aus gehärtetem Leder ohne besondere Verzierungen oder Erkennungszeichen. Das Gesicht war unter einer ebenso schwarzen Kapuze verborgen, was den Anschein erweckte, dass es darunter nur Dunkelheit gäbe.
So wollen wir mal schauen, ob wir was Interessantes finden. Du hast ganz schön viel eingesteckt Arschloch. Einen schweren Treffer des Kommandanten und drei Pfeile das... Taran runzelte die Stirn. Vier Treffer waren von Nöten, um ihn zu töten und trotzdem ist hier nicht ein Tropfen Blut. Oh Scheiße. Taran fiel viel zu spät, auf das er einen Fehler, einen tödlichen Fehler begangen hatte.
Wie eine zu schnellende Schlange schoss der Arm des Gerüsteten nach oben, während gleichzeitig eine Klinge aus dessen Handgelenkschiene fuhr und mit einem schmatzenden Geräusch in Tarans Kehlkopf eindrang. Mit von Schock weit aufgerissenen Augen starrte der Mensch in die scheinbare undurchdringliche Dunkelheit der Kapuze.
Reflexartig ergriff der Mensch den Arm seines Mörders. Dieser drehte seinen Kopf zur Seite, was ihm ein neugieriges Aussehen verlieh. Mit einem plötzlichen Ruck nach links, riss er Taran vollständig die Kehle auf.
Der Krieger drückte seine Hände in dem vergeblichen Versuch, seine Blutung zu stoppen, auf seine zerfetzte Kehle, aber das Blut strömte in einem unaufhaltsamen Fluss durch seinen immer schwächer werdenden Finger. Schließlich forderte der Blutverlust seinen Tribut und der Mensch kippte zur Seite weg.
„Vorsicht!" Assens Ausruf kam für einen der Menschen zu spät. Mit einem Satz war die dunkle Gestalt auf den Beinen und rammte sein Handgelenkschwert einem der beiden in dem Rücken. Im gleichem Moment, in dem die lange schmale Klinge in einer Blutfontäne aus der Brust des Menschen hervorbrach, zog der Angreifer sie auch schon wieder zurück.
Er vollführte eine Drehung auf einem Fuß, die den zweiten Menschen mit Sicherheit den Kopf gekostet hätte, wäre die Klinge eines Orks nicht dazwischen gegangen. Einer der Zwillinge brüllte vor Schmerz und Wut auf, als ein weiterer der scheinbar toten Angreifer wieder auf die Beine kam und ihm einen tiefen Schnitt am Oberarm zufügte.
Ehe die dunkle Gestalt nachsetzten konnte, schob sich sein Bruder zwischen ihn und den Angreifer, Und lenkte die feindliche Klinge mit seinem Armpanzer nach unten ab.
Diese Atempause reichte dem verletzten Ork, um seine Keule zu ziehen. Mit einem Sprung nach hinten entging der Angreifer nur knapp dem nach unten geführten Schlag.
"Feinde auf dem Hügel!", rief Terak.
Der erste Krieger blickte über seine Schulter zum Hügel. Zwei Dutzend ebenso gekleidete Gestalten stürmten aus dem Wald auf die Linie der Menschen und Orks zu. Die Bogenschützen hinter der Verteidigungslinie schossen routiniert und ohne Hast ihre Pfeile auf die Angreifer und trafen ein halbes Dutzend von ihnen.
Die Treffer zeigten aber kaum Wirkung und auch die geschleuderte Spalteraxt eines Orks, die einen der Angreifer mitten in die Brust traf, ließ ihn zwar zu Boden gehen, wo er sich einige Male überschlug, nur um dann wieder auf die Beine zu kommen und mit der Axt in der Brust weiter auf die Orks und Menschen zu zustürmen.
"Ihr seid Söhne des Orkans! Haltet stand!", brüllte Aktok seinen Kriegern zu und schwang sich wieder auf dem Rücken seiner Schreckensechse. Die Orks antworteten auf den Ruf des ersten Kriegers mit einem infernalischen Brüllen.
Assen rief seinen Kriegern etwas in der widerlichen, weichen Sprache der Menschen zu. Aktok vermutete, dass er ihnen befahl, den Prinzen zu beschützen. Was vollkommen unsinnig nach der Meinung des ersten Kriegers war. Natürlich ist es wichtig, den Häuptling und seine Welpen zu beschützen, aber genauso wichtig war es, den Kampfgefährten neben sich zu beschützen. Kein Volk, das etwas von sich hielt, geht zugrunde, nur weil der Häuptling oder seine Erben tot sind.
In der Gesellschaft der Orks ist jedes Mitglied vom Neugeboren bis zum altem Greis gleich wichtig und würde bis zum bitteren Ende beschützt werden.
Und schon prallten die Angreifer auf die Linie der Verteidiger. Zwei der Menschen fielen beinahe sofort. Die Menschen fochten mit Mut und großem Geschick, während die Orks mit der Wildheit kämpften, wofür ihr Volk bekannt und gefürchtet war.
Die Bogenschützen der Menschen schossen mit unglaublicher Präzision, die eher zu der spitzohrigen Schöpfung Dewis passte als zu den Blasshäuten, ihre Pfeile in sich bietenden Lücken. Es waren aber nicht nur die Menschen und Orks, die kämpften, sondern auch die Schreckensechsen der Grünhäute. Diese wüteten regelrecht unter den Angreifern. Sie schlugen hier mit ihren Peitschenschwänzen zu, da schlossen sich die Knochen zermalmenden Kiefer um die Angreifer oder zerfetzten sie mit ihrem Stahlklauen.
Als ein Kind des Orkan, schrie alles in Aktok, sich ebenfalls am Kampf zu beteiligen. Doch er durfte nicht zulassen, dass sein eben erst abgekühltes Blut wieder zu kochen begann, da er befürchtete, dass er es diesmal nicht wieder unter Kontrolle bekommen könnte.
Zudem war da noch seine Aufgabe als erster Kämpfer.
Als dieser musste er seine Aufgabe erfüllen und in diesem Fall lautete sie, den Prinzen zu beschützen, so wieder ihm diese auch war.
Die Verteidiger schlugen sich tapfer, aber es hatte kaum Effekt auf die Angreifer. Wunden, die einen Ork getötet hätten, schienen sie kaum zu kümmern. Er sah, wie ein Knochgrasskrieger eine der Gestalten den Unterarm mit seiner Streitaxt abtrennte, nur um im nächsten Moment den Bauch aufgeschlitzt zu bekommen. Der jetzt Einarmige wand sich seinem nächsten Gegner zu.
Einem anderen ragten schon drei Pfeile aus der Brust. Als dieser gerade einem der Menschen den Schädel spaltete, traf ihn der Vierte. Doch auch dieser zeigte keine Wirkung, außer dass sie ihn zu nerven schienen, denn mit einer kurzen Handbewegung brach er die Schäfte ab.
Er schaute in Richtung des Bogenschützen, der ihn eben getroffen hatte. Der Leibgardist zog gerade einen weiteren Pfeil aus seinem Köcher. Die verhüllte Gestalt stürmte los. Ein anderer Gardist schnitt ihm mit seinem Pferd den Weg ab. Der Mensch schlug nach dem Kopf des Angreifers, verfehlte diesen aber um Haaresbreite, als die Gestalt mit einem Schritt zur Seite auswich.
Bevor der Cassianer erneut zuschlagen konnte, sprang der Unbekannte nach vorne und trieb seine Klinge tief in die Achselhöhle des Menschen. Der Krieger schrie auf und kippte seitlich vom Pferd. Ohne den Fallenden weiter zu beachten, stürmte der Angreifer weiter, wich einem schlecht gezielten Pfeil aus und war mit fünf großen Schritten beim Bogenschützen. Er holte mit seinem Handgelenkschwert aus. Der Mensch schaffte es noch, seinen Bogen zwischen sich und die Klinge zubringen, genauso gut hätte er aber auch seinen Umhang verwenden können. Das Ergebnis wäre das Gleiche gewesen.
Die Schwertklinge durchtrennte ohne Probleme den Bogen. Die Sehne peitschte dem Bogenschützen ins Gesicht und hinterlies einen blutigen Striemen.
Die Schmerzensschreie des Menschen steigerten sich, als sich die Klinge tief in dessen Schulter fraß und schließlich im Brustbein stecken blieb. Ein Schwall Blut ergoss sich auf den Kopf seines Mörders, als er den Mund öffnete.
Der Angreifer zerrte den toten Menschen vom Pferd und schwang sich in den Sattel. Das Tier hatte Angst, es bäumte sich auf und schnaubte. Dies weckte die Aufmerksamkeit eines Orks, der zu Fuß angriff. Kurz bevor der Ork ihn erreicht hatte, rammte der Angreifer seine Klinge in den Nacken des Tieres. Das edle Ross sackte zusammen. Der Angreifer katapultierte sich elegant aus dem Sattel und schlug dem Knochengrasskrieger mit einem einzigen Hieb den Kopf von den Schultern. Als die schlanke Gestalt landete, rollte sie sich ab und als sie hochkam, schlossen sich ein gewaltiger mit Dolchartigen Zähnen bestückter Kiefer um ihn.
Der Angreifer, der wie eine Strohpuppe zwischen den mächtigen Kiefern der Schreckensechse wirkte, wurde auch wie eine Strohpuppe hin und her geschleudert. Mitten in der Drehung des Kopfes öffneten die Echse ihre Fänge und der Angreifer flog im hohen Bogen über den Abgrund und stürzte mit einen Lauten platschen in den Fluss.
"Gut gemacht Ladon", lobte Aktok sein Reittier und tätschelte dessen schneeweißen Nacken. Die Färbung der Schuppen von Schreckensechsen wurden von verschiedenen Grau- und Brauntönen dominiert, in seltenen Fällen wie es bei Teraks Tier der Fall war, auch dunkle Blau- und Rottöne möglich, aber keine einzige Schreckensechse, weder Wilde noch Gezähmte in der Geschichte seines Volkes hatte je ein weißes Schuppenkleid.
Aktok schaute sich um. Von den Menschen waren noch zwölf am Leben, inklusive Assen und dem Prinzen. Von seinen Kriegern waren noch acht und zehn Schreckensechsen am Leben. Auch wenn er einige der Angreifer am Boden liegen sah, so bewegten sich diese noch. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie alle tot waren.
Sie mussten hier weg und das schnell. Er nahm sein Dämonenhorn aus der Satteltasche und setzte es an die Lippen, bevor er aber blasen konnte, brüllte jemand; "Neue Feinde!"
Aktok schaute zum Hügel. Weitere Gestalten, die ebenso gekleidet waren wie die, mit denen sie bereits am Kämpfen waren, kamen aus dem Wald. Es mussten an die dreißig, vielleicht auch vierzig sein.
Feindliche Verstärkung.
Die neuen Angreifer blieben auf halber Höhe stehen und bildeten einen Halbkreis. Auf einen unsichtbaren Befehl hin zogen sich die dunklen Gestalten, die bereits am Kämpfen waren, zurück. Sie führten noch nicht einmal ihren tödlichen Streich zu Ende.
Die Verteidiger nutzten diese unerwartete Pause und schlossen ihre Reihen. Terak und Tolk tauchten neben ihm auf. Beide altgedienten Krieger bluteten aus mehreren oberflächlichen Wunden. Terak spuckte einen Klumpen Blut und Schleim aus. "Was soll der Scheiß? Die Dinger bluten nicht und sterben tun sie auch nicht."
"Das stinkt nach Spitzohren-Hexerei", meinte Tolk. Bei ihm waren immer die Elben schuld.
"Was sollen die Elben damit zu tun haben? Die kümmern sich doch nur um sich selbst und bleiben in Sutrat", widersprach Terak sogleich.
"Und wer sollte es sonst gewesen sein? Die kleinen Wühler? Die interessieren sich nur für ihre Minen. Und zu den Blasshäuten muss ich wohl nichts sagen. Bleiben also nur die Spitzohren", beharrte der korpulente Ork.
"Haltet beide eure Fresse, ihr Mosshirne", schnauzte Aktok seine zwei Begleiter an. "Es ist scheißegal, wer diese Arschlöcher sind. Darüber können wir uns später Gedanken machen. Zuerst verschwinden wir von hier. "
Beide nickten zustimmend.
"Und, was ist der Plan?", wollte Tolk wissen.
"Wir ziehen uns zur Klippenfeste zurück. Dort sind mindestens zwanzig Krieger und mindestens ein Oger."
Ein Lächeln kroch auf die Gesichter der beiden Orks.
"Oger ist gut", meinte sein Bruder.
"Der macht die Kaputzenbastarde platt", stimmte ihnen ihr Waffenbruder zu.
"Wir, werden die Säcke bluten lass für unsere Toten", versprach Aktok.
"Bruder sieh, da kommt noch einer."
Aus dem Schatten der großen Bäume trat eine weitere der Gestalten, diese unterschied sich jedoch von den Anderen.
Sie trug eine ähnliche Rüstung wie die Anderen, doch Aktok konnte selbst von dieser Entfernung goldene und silberne Linien erkennen. Er war sich sicher, dass sie ein bestimmtes Muster ergeben würden, wenn er nur nahe genug war.
Das war das Problem.
Alles in ihm sträubte sich bei den Gedanken in die Nähe dieser Gestalt zu kommen. So etwas hatte er noch nie zuvor gespürt.
Ein Blick nach links und rechts zeigte ihm, dass es den anderen beiden nicht anders erging. Die Menschen waren tatsächlich einige Schritte zurückgewichen.
Die Gestalt trat durch den Halbkreis und blieb nach wenigen Schritten vor den anderen stehen. Als der Neuankömmling seinen Kopf hob, wichen auch die Schreckensechsen unwillkürlich zurück.
Unter der Kapuze, die wie die der anderen tief im Gesicht hing, glommen zwei saphirfarbene Splitter in Höhe der Augen.
"Elben-Hexerei", wiederholte Tolk. „Ich, sag es euch, Elben-Hexerei.“
"Schnauze“, knurrte der erste Krieger gereizt.
Der saphirfarbene Blick der Kreatur wanderte über die letzten lebenden Verteidiger und blieb schließlich auf Aktok ruhen.
"Wir sollten verschwinden. Gib das Signal Bruder."
"Terak hat recht, gib das Signal. Aktok. Aktok?"
Die Stimmen hörten sich an, als ob sie aus weiter Ferne kam. Der Blick der leuchtenden blauen Augen fesselte ihn und wirkte hypnotisierend. Erst das wütende Zischen einer der reiterlosen Schreckensechsen befreite den ersten Krieger aus dessen Bann.
Das Zischen verstärkte sich, bis schließlich die Schreckensechse ihren massigen Schädel schüttelte und auf die Angreifer losstürmte.
Aus deren Linie lösten sich sieben der mysteriösen Feinde und eilten der Echse entgegen. Die ersten Zwei schlug sie mit einer Bewegung des Kopfes beiseite, als seien sie nur lästige Fliegen. Der Dritte fiel den dolchartigen Zähnen zum Opfer und wurde von ihr über ihren Rücken geschleudert. Drei weitere gierten unter den Tonnenschweren Körper und wurden einfach zermalmt. Der Letzte stieß sich vom Boden ab und wollte anscheinend so auf dem Rücken der Echse kommen. Mitten in der Luft schnellte der Peitschenschwanz nach vorne und halbierte ihn vollständig vom Kopf bis zum Schritt, worauf hin sich der Körper zum Entsetzten der Orks und Menschen in Asche verwandelte. Nur die Rüstung blieb übrig.
Er hat sich aufgelöst. Sind die Geschichten der wandelnden Toten aus der Eiswüste etwa doch wahr?
Dieses Bild hätte gereicht, um selbst einen Zwerg zu bewegen aus dem Weg zu gehen, und die denken schließlich, dass ihnen eine Lawine aus dem Weg zu gehen hat.
Und dann geschah das Unglaubliche.
Im aller letzten Augenblick wich der Anführer den zuschnappenden Kiefern mit einem Schritt zur Seite aus, ließ seinen Arm nach vorne schnellen und durchbohrte das gelbe Auge des Tieres.
Bevor er von der Masse des Körpers mitgerissen wurde, riss er die Klinge wieder heraus. Dies geschah in weniger als einem Wimperschlag.
Ihre vier Beine trugen die Schreckensechse noch einige Schritte weiter, bevor sie wie vom Blitz getroffen unter dem Körper wegknickten. Ihr Körper grub eine Furche in die Erde.
"Wir hauen ab." Ohne weitere Verzögerung hob Aktok wieder das Dämonenhorn an die Lippen und blies rein.
Der Ton war tief und dunkel. Die Köpfe der Orks und Schreckensechsen drehten sich instinktiv zu ihm um. "Zur Klippenfeste! Alle Rückzug zur Klippenfeste!", brüllte der erste Krieger.
Die Orks gaben die Verteidigungslinie am Fuße des Hügels auf und selbst die eine reiterlose Schreckensechse schloss sich den flüchtenden Orks an. Mit kurzer Verzögerung wanden sich auch die Menschen, geführt von Assen zur Flucht um. Aktok und Terak starrten noch einen Moment zu den geheimnisvollen Angreifern, wohlwissend dass dies nicht ihre letzte Begegnung gewesen war, bevor sie sich schließlich auch zur Flucht wendeten.
 
Zurück blieben nur die Toten und Dan.
Der Mensch war noch immer unter seinem Pferd eingeklemmt.
Nein! Kommt zurück! Nehmt mich mit! Bitte, lasst mich nicht zurück! Dan war ein erfahrener Soldat und wusste, was jetzt kommt. Die Gewinner kommen, um das Schlachtfeld und die Toten zu plündern.
Seine einzige Chance, hier noch mal mit dem Leben davon zu kommen, war sich als einer der Toten auszugeben. Aus der Brust seines toten Pferdes sickerte kaum noch Blut. Er steckte seine Hand in die tödliche Wunde.
Als er sie wieder herauszog, war diese glitschig vom Blut. Dan schmierte sich den roten Lebenssaft ins Gesicht, schloss die Augen und betete zu Dyn, dem Schöpfer der Menschen.
Er wartete. Die Zeit verging in einer Geschwindigkeit, in der Bäume wuchsen.
"Sich als Toter auszugeben ist schlau, aber respektlos ihnen gegenüber." Die Stimme kam aus unmittelbare Nähe und klang keinesfalls feindselig oder bedrohlich, eher freundlich und aufrichtig.
Vielleicht waren die anderen doch umgekehrt, um ihn zu holen? Wohl kaum.
Er verwarf den Gedanken wieder. So blieb nur noch eine Möglichkeit. Es musste einer der Angreifer sein.
"Los mach die Augen auf. Ich weiß ganz genau, dass du noch unter den Lebenden weilst. Also kannst du genauso gut die Augen öffnen", forderte ihn die freundliche Stimme auf.
Dan konzentrierte sich darauf, die Augen geschlossen und seinen Atem flach zuhalten und sich nicht zu rühren, was angesichts seines gebrochenen Beins leichter gesagt als getan war.
Nach einer kurzen Pause sprach die Stimme weiter. "Du, bist aber stur. Oder... Oder schläfst du vielleicht?", fragte die Stimme überrascht und beantwortet sich ihre Frage selbst. "Das wäre mal was Neues. Aber keine Sorge, ich weiß, wie ich einen Schlafenden am besten aufwecken kann. Vertrau mir, manch einer aus meiner Heimat sagt sogar, dass ich die Toten aufwecken kann." Die Stimme kicherte amüsiert über ihre eigenen Worte. Dan rührte sich immer noch nicht, als plötzlich der Druck auf seinem gebrochenen Bein zunahm.
Er presste seine Zähne fest zusammen im vergeblichen Versuch, nicht aufzustöhnen, was ihm aber nicht gelang. Ein leises Stöhnen drang aus seiner Kehle.
"Ah, sieh an, er lebt noch. Ich wusste es doch", sagte die freundliche Stimme.
Der Druck auf sein Bein verschwand wieder und zurück blieb ein pochender Schmerz, den er nur allzu gut kannte.
"Mach die Augen jetzt endlich auf, oder ich werde ein bisschen auf deinem Bein herumspringen." Trotz der Drohung klang die Stimme immer noch freundlich.
Da Dan nichts anderes übrigblieb, öffnete er widerwillig die Augen.
Er hatte eine Klinge, Keule oder eine dieser unheimlichen Kapuzen in seinem Blickfeld erwartet. Stattdessen sah er den hellblauen Himmel, an den sich einige Wölkchen langsam vom Wind treiben ließen und lose Formen bildeten.
"Hier bin ich", ertönte wieder die Stimme.
Dan drehte seinen Kopf nach rechts und versuchte sofort vom Besitzer der Stimme fortzukommen, was ihm sein Bein mit höllischen Schmerzen quittierte.
Zwei Meter neben ihm hatte sich der Anführer im Schneidersitz in den Straßenstaub gesetzt, gerade so weit, dass er nicht mit dem Blut von Dans Pferd in Berührung kam. Auf Höhe der Augen glommen noch immer die saphirfarbenen Splitter im inneren der tiefschwarzen Kapuze. Als der Anführer das entsetzte Gesicht von Dan sah, zog er seine Kapuze vom Kopf.
Wie Dan wegen der Stimme bereits vermutet hatte, war es ein Mann. Dessen Haut hatte die Farbe von Asche. Ein verzweigtes Netz aus nekrotischen Adern zogen sich über dem haarlosen Schädel. Der Anführer sah sein angsterfühltest Gesicht und verzog daraufhin sein Eigenes zu einem schmollen.
"Ach komm, ich bitte dich. Ich weiß, ich bin nicht gerade das Ebenbild eines Alben, aber als attraktiv würde ich mich durchaus bezeichnen. Es gibt hässlichere als mich. Davon ab."
"D. ... Deine ... A ... Au ...", stotterte Dan.
"MH, Au …? Mein Aussehen? Ah! Jetzt weiß ich, was du meinst. Meine Augen. Schön, oder?"
"Sie...sie leuchten wi ... wi ...", stotterte Dan weiter. Der Fremde verzog sein Gesicht.
"Ich mag es nicht, wenn einer stottert wie ein Dorftrottel. Und du, mein Freund, für mich siehst du nicht wie einer aus. Also rede wie ein Krieger, der du bist. Oder ich werde dafür sorgen, dass du nie wieder sprichst.“
Auch wenn die Stimme des Anführers noch immer freundlich klang, hatte sich eine Schärfe in sie geschlichen, die es gewohnt war, über Tausende zu befehligen und dabei keinen Widerspruch duldete. Dan wusste, dass es keine leere Drohung war. Er schluckte schwer und riss sich zusammen.
Als er sprach, klang seine Stimme selbst für ihn schwach und heiser. Aber trotzdem schaffte er es, das Stottern zu vermeiden.
"Deine Augen“, sagte er. „Sie leuchten wie Edelsteine, die man in die Sonne hält." Der Fremde verschränkte die Arme vor der Brust und nickte zustimmend.
"Ich wusste doch, dass du vernünftig sprechen kannst. Ich denke, da hast du recht, dass es etwas seltsam ist. Warte kurz."
Die saphirfarbenen Augen glommen noch einmal auf, ehe die Augäpfel nach oben rollten. Für einen Moment war nur noch das weiß in seinen Augen zu sehen, bevor von unten ein neues Paar Pupillen erschienen. Die Iris der neuen Augen waren zwar immer noch hellblau und strahlend, aber dieses Blau hatte Dan schon bei Hunderten von Menschen und Zwergen gesehen.
"Besser?", fragte der Anführer.
Dan antwortete mit einem Nicken. Der Fremde grinste zufrieden. Die freundliche Stimme passte einfach nicht zum Aussehen, dieses Dings. Ja, es war ein Ding, denn er konnte in ihm nichts Menschliches erkennen.
"Wer bist du? Was bist du?"
Das Grinsen wurde breiter.
"Fragen über Fragen. Bevor ich sie dir beantworte, möchte ich dir eine Frage stellen. Und Lügen bringt nichts, denn die durchschaue ich sofort. Das ist ein weiteres meiner vielen Talente. Doch keine Sorge, das ist eine einfache Frage. Wie heißt du?"
Seine Oma hatte ihm beigebracht, dass man einem Geist oder eine Erscheinung auf gar keinen Fall seinen Namen sagen darf. Wenn man dies doch tut, so meinte sie, hat der Geist die Kontrolle über die Seele desjenigen, sodass man t den eigenen Willen verlier und wird zu dessen Marionette.
"Ich bin Dan Tarton. Leibgardist von Talen Barten, Prinz von Cassis." Wieso hatte er das gesagt? Zwang ihn der Fremde etwa dazu?
"Es freut mich, dich kennenzulernen Freund Dan Tarton, Leibgardist von Talen Barten, Prinz von Cassis. Ich stehe zu meinem Wort. Meinen Namen kann man mit eurer Zunge nicht aussprechen, aber du kannst zu mir einfach ... Freund sagen, ich bin nicht so formell. Und was ich bin? Ich bin ein einfacher Diener Gottes."
"Welcher Gott?"
Der Fremde zog die Stirn kraus. "Ich vergaß, dass eure Götter euch die Wahrheit vorenthalten. Dem größten Gott, von allem natürlich. Kami. Herrscher der Götter. Du hast seine Macht bereits gesehen."
"Ihr, ihr seid Unsterbliche."
"Nein“, sagte Freund entschieden. „So etwas wie Unsterblichkeit ist nur ein Mythos. Denn man ersonnen hatte, damit der Tod einen Teil seiner Macht verliert. Denn auch die Götter fürchten ihn."
"Ich habe gesehen, wie ihr von tödlichen Treffern wieder auferstanden seid. Wenn das keine Unsterblichkeit ist, was ist es dann?"
"Man kann uns töten. Es ist nur nicht so leicht wie bei euch, da unser oberster Gott großzügig ist und in seiner Weisheit einen Teil seiner Macht mit uns teilte. Wie gesagt, du hast seine Macht gesehen. Zu welchem Gott betet dein Volk? Ich hörte, dass die Menschen in diesem Land mehr als einen Gott verehrt."
"Unser Schöpfer heißt Dyn", zischte Dan. "Ich habe nichts mit diesem Berserker-Abschaum gemein."
Freund verschränkte einen Arm über der Brust, stützte den anderen darauf und kratzte sich nachdenklich am haarlosen Kinn.
"Mhhh Dyn, also. Sag, Dan hat dein Gott je etwas für dich getan? Ich glaube nicht. Kami gewährt manchen seiner Diener einen Teil seiner Macht. In meiner Heimat betet jeder zu ihm als höchste aller Gottheiten. Und wenn man Glück hat, wird man zu einem seiner bevorzugten Diener."
"Aus, welchem Land stammst du?"
"Ich bin dran. Mh, was kann ich dich fragen. Ah, ich weiß. Ist Dan ein weitverbreiteter Name unter deinem Volk?“
Es kam ihm seltsam vor. Er hatte erwartet, dass man ihm strategische Fragen stellte. Wie wie viele Truppen gibt es oder wo sind Dörfer und Städte. Welche sind befestigt und wie stark? Das hatte er erwartet, aber solche Fragen nicht. "Dan ist von Dyn abgeleitet und ist weit verbreitet unter meinem Volk."
Freund nickte erneut. "Dan. Dyn. Einfach, aber effektiv. Gefällt mir. Das ist ein schöner Name. Du bist wieder dran, Dan."
"Wo mit?"
"Mit Fragen natürlich. Das machen wir doch die ganze Zeit."
"Du hast von deinem Land gesprochen. Wo liegt es?"
"Yami, so heißt meine Heimat, liegt weit jenseits der großen Wüste."
"Was willst du von mir?"
"Ich möchte mich mit dir unterhalten."
"Wieso? Wieso hast du uns angegriffen?"
"Ich wollte mich nur mit eurem Prinzen unterhalten, doch ihr habt eure Waffen gezogen und uns angegriffen. Auch wenn meine Sklaven mir nichts bedeuten, so kann ich einen Angriff auf sie nicht gutheißen."
Der Leibgardist blickte zu den schwarz gerüsteten Sklaven, die sich zu beiden Seiten der Straße aufgestellt hatten.
Beine etwas gespreizt, Arme hinter den Rücken verschränkt, standen sie da wie lebende Statuen und bewegten nicht einen Muskel. Freund kicherte wieder. Er brauchte einen Moment, um sich zu beruhigen.
"Willst du wissen, was sich unter der Kapuze verbirgt?"
Ein Lauern lag in den blauen Augen von Freund. Dan fürchtete um seine geistige Gesundheit, sollte er es erfahren.
"Nein, lieber nicht", wehrte er ab.
"Vertrau mir, das wird interessant." Eine der Gestalten trat aus der Reihe und kam auf sie zu. Die Gestalt hockte sich neben ihrem Anführer.
Die Dunkelheit im Inneren der Kapuze lichtete sich. Dan erschrak, als er die Wahrheit sah.
Ein grinsender Totenschädel, in dessen leeren Augenhöhlen kleine Flammen saphirfarbenen Feuers loderten, lächelte ihn in einer Parodie des Lebens an. Dan wusste, dass sein eigenes Gesicht soeben die gleiche Farbe angenommen hatte wie das von Freund.
"Du bist ein Nekromant!" Dan schrie und versuchte vom lebenden Toten wegzukommen. Er ignorierte dabei sein eingeklemmtes Bein, welches höllische Schmerzen zu seinem Gehirn sandte. Aber er konnte sich nicht befreien. Nach Kurzem aufbegehren ließen seine Kräfte nach und er sackte zurück zu Boden.
Die Dunkelheit kehrte in die Kapuze zurück und verdeckte gnädigerweise den Totenschädel. Das Skelett erhob sich und reihte sich wieder in die Reihe der Toten ein.
"Was ist ein Nekromat?"
"Du bist einer.“ Dan spie ihm die Worte ins Gesicht. Der Trotz kehrte in die Stimme des Menschen zurück. „Leichenschänder. Seelenräuber. Totenherrscher. Auf dem großen Gletscher soll es einen Eispalast geben, in dem ein Nekromant mit seinen toten Dienern haust. Bis jetzt hatte ich das für Sagen gehalten, aber du... du bist der Beweis, dass sie wahr sind."
Freund schien ihn gar nicht mehr zu zuhören. Er wirkte in Gedanken versunken. "Mhm", machte er. „Das sind in der Tat interessante Neuigkeiten.“ Der Nekromant steckte sich zwei Finger in den Mund, als ob er pfeifen wollte. Doch kein einziger Ton war zuhören.
Eine Bewegung außerhalb von Dans Blickfeld erregte die Aufmerksamkeit des Nekromanten.
"Dan es hat wirklich Spaß gemacht, sich mit dir zu unterhalten." Das Lächeln verschwand mit einem Mal aus dem Gesicht des Nekromanten. Die freundliche Stimme aber blieb.
"Doch leider ist unsere gemeinsame Zeit nun um. Ich habe noch viel zu tun. Es ist leider ein schmerzhafter und langwieriger Prozess, Frieden zu erschaffen."
"Frieden?"
"Wie ich bereits erwähnt hatte, wollte ich mich mit deinem Prinzen unterhalten. Aber du glaubst doch etwa nicht, dass ich die sehr weite Reise nur unternommen habe, um mich mit ihm zu unterhalten. Nein, ich und meine Freunde sind hier, um Epion Frieden zu bringen. Euch die Augen zu öffnen, auf dass ihr die Wahrheit sehen könnt. Auf dass ihr ein Teil von Yami werdet. Auch wenn wir uns wünschen, dass sich die Menschen, Elben, Zwerge und Orks sich uns freiwillig anschließen, werden sie es doch nicht tun. Nur wenige Völker sind bereit, Kami als obersten aller Götter anzuerkennen. Sie stürzen ihre Reiche lieber in sinnlosen Kriege. Daher sind wir oft gezwungen, die Länder mit Blut und Feuer, Stahl und Tod zu ertränken, ehe sie die Wahrheit erkennen. Es wird einen Krieg geben, Dan, einen blutigen Krieg."
Das Lächeln kehrte ins Gesicht des Nekromanten zurück. Diesmal war es aber keinesfalls freundlich und warm, vielmehr wirkte es kalt und bösartig. Plötzlich fiel ein Schatten auf Dan. Er drehte seinen Kopf, um zu erkennen, was der Urheber des Schattens war und erschrak. So grausam der Anblick des Nekromanten oder seiner skelettierten Kriegern auch war, es war nichts im Vergleich zu dem Anblick, der sich ihm nun bot. Ein Monster in Gestalt eines schwarzblauen Pferdes stellte sich hinter den Nekromanten.
Die Augen des Horrorpferdes glühten wie Kohlen. Weißblaue Flammen tänzelten jedes Mal seine Fersen empor, wenn die Hufe den Boden berührten. Der Nekromant stand auf und tätschelte liebevoll den Hals des Ungeheuers. Das Ding warf den Kopf in den Nacken und stieß ein Brüllen aus, das in den Knochen des Leibgardisten widerhallte.
Eine gespaltene Zunge, ähnlich wie die einer Schlange, züngelte zwischen dolchartigen Zähnen hervor. Der glühende Blick des Horrorpferds, in dem eine beunruhigende Intelligenz schimmerte, richtete sich auf Dan.
"Das ist ein Nachtmahr,“ erklärte der Nekromant. “Ein heiliges Pferd. Kami selbst hat sie erschaffen. Ich verspreche dir, dass du keine Schmerzen leiden wirst. Dein Tod wird schnell und endgültig sein. Ich werde aus dir keinen Sklaven machen."
Freund zog sich die Kapuze wieder über den Kopf und die Dunkelheit verschlang gierig dessen aschfarbenes Gesicht. Er hielt sich an der Mähne des Ungeheuers fest und schwang sich auf dessen Rücken.
Der Nachtmahr bäumte sich auf, während das saphirfarbenen Leuchten die Kapuze zurückkehrte. "Ruhe in Frieden, mein Freund."
Die Vorderhufe senkten sich mit unglaublicher Geschwindigkeit und zerschmetterten Dans Schädel vollständig.
So starb Dan, Leibgardist von Telen Barten, dem Prinzen von Cassis in dem Wissen um den Schrecken, der schon bald ganz Epion erfassen würde.

Ende Von Kapitel 1
 
Kapitel 2

Klippenfeste



Sie waren eine volle Stunde im vollem Galopp geritten. Da es keine Zeichen einer Verfolgung gab, hatte Aktok schließlich befohlen, das Tempo zu drosseln. Sie ritten etwa eine halbe Stunde weiter und bogen dann links auf einen Trampelpfad in den Wald.
Die orkischen Zwillinge führten die Gruppe an, gefolgt von dem Menschen, während Aktok mit seinen restlichen Kriegern die Nachhut bildeten.
Assen hätte den Pfad alleine nie gefunden, dass wusste er mit absoluter Gewissheit. Er wurde in einem kleinen unbedeutenden Dorf geboren, das an der Grenze zu Germanon lag.
Das Dorf war von einem großen und dichten Wald umringt, in denen er viele Tage seiner Kindheit verbracht hatte. Auch im Dienst des Königs war er durch unzählige Wälder gereist. Aber so einen, wie diesen hier, hatte er noch nie gesehen.
Es waren alte, sehr alte Bäume. Wurzeln, so dick wie der Oberschenkel eines großen Mannes, hatten an vielen Stellen die Erde durchstoßen. Einige von ihnen waren von weißen, pilzartigen Flechten, die Assen aus irgendeinen Grund, den er nicht benennen konnte, an klauen artige Händen erinnerte, befallen. Mehr als einmal kam es ihm so vor, als ob sich eine der flechtenlosen Wurzeln bewegte. Es war immer eine Bewegung im Augenwinkel, doch jedes Mal, wenn er genauer hinschaute, war es nur eine Wurzel.
Ein Blick auf seine Männer, die sich nervös umschauten, zeigte ihm, dass sie ähnliche Beobachtungen machten wie er. Zwar beobachteten die Orks ebenfalls aufmerksam die Wurzeln, wirkten aber in keinster weiße nervös.
Auf seiner Frage, was dies für ein Wald sei, hatte ihn ein Ork Namens Terak Folgendes erklärt: „Dies ist der Skelettwald. Im großen Völkerkrieg hatte hier eine der größten Schlachten des Krieges stattgefunden. Menschen, Elben, Zwerge und Orks haben hier tagelang gegeneinander gekämpft. Erst das Eingreifen der Drachen hatte den Kampf beendet. Zehntausende starben, genauso wie ein Drache der Vier. Die Magie im Blut von tausenden Sterblichen und eines Drachen, sowie deren Hass und Zorn waren in die Erde eingesickert. Über die Jahrtausende ist hier dieser Wald entstanden. Die ältesten der Bäume haben diese Wut in sich aufgenommen. Sie werden jede Gelegenheit nutzen, um ihren Blutdurst zu stillen.“
Assen wusste nicht, was ihm mehr frösteln ließ. Das Lächeln des Orks, nachdem er seine Geschichte beendete hatte oder die Geschichte selbst. Aber trotzdem war es nur eine Geschichte, ein Märchen. Jeder kannte die Schöpfungsgeschichte, in der es heißt, keine noch so große Armee oder Waffe vermochte auch nur einen ihrer Art zu töten. Und doch gab es unzählige Geschichten, in denen es doch gelang, einen der legendären Drachen zu töten.
Ihr Weg führte immer tiefer in den Skelettwald. Doch schließlich hatten sie ihr Ziel erreicht.
"Endlich sind wir da." Die Freude war aus Tolks Stimme deutlich herauszuhören. Sie mussten nur noch den letzten Hügel erklimmen und sie währen in Sicherheit. Nur noch wenige Augenblicke. "Lasst uns was essen und dann gehen wir mit den Ogern zusammen, diese Bastarde suchen. Meine Totenschädel wollen endlich wissen, wie ihr Blut schmeckt."
"Wieder typisch Tolk. Fressen und Schädel einschlagen. An was anderes denkst du doch gar nicht."
"An was sollte ich sonst denken? Ich bin schließlich ein Ork und mein Weib ist mehrere Tagesmärsche entfernt. Du denkst doch auch ans Fressen und ihnen den Schädel einzuschlagen, oder etwa nicht Terak?"
"Natürlich will ich ihnen meine Axt in den Wanst schlagen", gestand Terak.
"Also was maulst du mich hier so an?"
"Weil du deinen Schädel auch mal zum Denken benutzen sollst, Mosshirn. Wie viele hast du von den kleinen Scheißern erledigt?"
"Keinen", murmelte der Ork leise. "Es war ja nicht so, dass ich es nicht versucht habe. Die sind einfach immer wieder aufgestanden."
Terak nickte zu stimmend.
"Und du willst gleich wieder blind auf sie zustürmen?"
"Jo. Die Oger machen das schon."
"Mh. Und du bist dir sicher, dass es klappt?"
"Jo. Wenn es ums Zerstören geht, geht nichts über einen Oger."
"In Normalfall hast du recht, aber dies ist anders als normal."
"Wie meinst du das?", wollte der korpulenter Ork wissen.
"Wir, haben fünf Orks verloren im Nahkampf und nicht einen von den Dreckskerlen umgelegt. Das sagt uns was?"
Tolk überlegte einen Moment: "Das, die Drecksäcke gute Kämpfer sind?"
"Sie sind gut, aber nicht so gut wie wir. Und wir haben sie getroffen."
"Das, sie verdammt gute Rüstungen haben?"
"Ne, das lag nicht an den Rüstungen. Die Dinger haben meinen Schlägen kaum standgehalten. Einen habe ich mein Axtblatt, tief in die Schulter geschlagen. Das Herz habe ich so auf jeden Fall getroffen und der Bastard hat mich weiter angegriffen."
"Elbenhexerei sag' ich doch."
"Du und dein Elbenwahn", seufze Terak.
"Was soll das Heißen?", fragte Tolk gekränkt.
"Aktok könnest du das mal dem Mooshirn hier erklären? Aktok?"
"Wir werden nicht verfolgt."
"Ja und das ist ungewöhnlich?", fragte Tolk.
"Terak du bist und bleibst ein Mooshirn. Was findet Alen nur an dir? Versuch es nur ein einziges Mal mit Nachdenken, bevor du was sagst. Sie überfallen und töten die Hälfte unsere Krieger. Wir flüchten mit eingezogenem Schwanz und verfolgen uns nicht, obwohl wir ihnen kaum etwas entgegen zusetzten, hatten. Findest du das nicht etwas seltsam?"
"Vielleicht wollen sie nicht in eine Falle von uns rennen und bevorzugen den Überfallkrieg. Kurze Angriffe und schneller Rückzug", versuchte Tolk zu erklären.
"Das könnte auch sein. Aber ich glaube, dass das erst der Anfang von etwas viel Größeren war." Die beiden Schauten Aktok fragend an.
"Aktok meinst du etwa, es gibt Krieg?"
"Ja Terak, das glaube ich. Und dieser Krieg wird ganz Epion erfassen." Daraufhin schwiegen sie die letzten Meter. Einer der Zwillinge hob seine rechte Faust, als sie den Hügel erklommen hatten und signalisierte somit den halt der Gruppe.
Aktok und die anderen beiden eilten auf ihren Schreckensechsen zu ihnen.
"Balk, was gibt es?", fragte der erste Krieger, als er neben den Zwillingen stehen blieben.
"Aktok, ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, dass etwas nicht stimmt."
Vor ihnen erstreckte sich eine zweihundert Meter breite und einhundert Meter lange baumlose Ebene. Sie war ebenmäßig und freit von sämtlichen Geröll und und Pflanzenbewuchs. Das Einzige, was sich auf ihr befand, war ein gewaltiger rot-brauner, massiver Fels, der etwa ein Viertel der Ebene einnahm. Drei Felsspitzen ragten vier Meter über den Rest der Felsformation hinaus. Die zwei äußeren Spitzen waren etwas kleiner als der Mittlere, was ihm entfernt das Aussehen eines Dreizacks, dem Traditionellen Jagd- und Kampfspeer der Flussorks, verlieh.
Die Orks betrachteten die Felsformation. Für alle, die nicht zum Knochengras-Stamm gehörten, war es nur eine gewaltige Felsformation, doch für die Angehörigen des Stammes war es eine sichere Zuflucht. Viele Jäger und Reisende nutzen sie als einen Zwischenstopp. Die Steinmetze vom Felsenstemmer-Clan, mit dem die Knochgrasorks schon seit Ewigkeiten enge freundschaftliche Beziehungen unterhielten, waren sehr darauf bedacht gewesen, das natürliche Äußere zu erhalten.
"Das Tor ist auf, doch keiner von unseren Kriegern lässt sich sehen.", sagte der andere Zwilling.
"Ihr habt recht. Mir gefällt es auch nicht“, stimmte der erste Krieger der Einschätzung seiner beiden Krieger zu. "Gibt das Signal."
Nork blies in ein Horn, was einen hellen und langen Ton erzeugte, der noch einen kurzen Moment in der Luft hing. Es rührte sich nichts in der Festung.
"Was ist los? Warum stehen wir hier im Wald?", verlangte Assen, der wie die anderen Menschen unterhalb des Hügels stehen geblieben waren. Die Pferde der Menschen ließen die Raubechsen der Orks nicht aus den Augen.
"Ja, wieso warten wir eigentlich hier draußen Aktok?", wollte Tolk wissen. Terak rollte mit dem Augen.
"Ogerscheiße!", fluchte Aktok.
"Und jetzt? Verschwinden wir wieder, Bruder?"
"Nein, wir gehen rein. Zwillinge. Ihr bleibt mit den Menschen hier draußen. Wenn jemand kommt, warnt uns und zieht euch anschließend nach Orkten zurück, informiert den Stamm über die geheimnisvollen Angreifer." Die Zwillinge nickten synchron. "Der Rest. Absitzen. Ihr kommt mit mir. Seid auf alles gefasst."
"Was ist los?", fragte Assen, als die Orks absaßen. Terak erklärte ihm die Anweisung seines Nestbruders.
"Ich komme mit. Und das ist nicht verhandelbar. Then, Jun ihr begleitet mich. Kall du hast das Kommando." Aktok schaute Assen in die Augen, dieser hielt seinen Blick stand. Damit stieg widerwillig der Respekt, den er für den Menschen empfand, auch wenn es nicht viel war.
Prinz Tallen war nicht begeistert und machte seinen Unmut laut Luft. Aktok knurrte verärgert über diese unnötige Verzögerung. Der erste Krieger sah seine Vorurteile gegenüber der Schöpfung Dyns abermals bestätigt. Doch schließlich hatte der Kommandant seinen Prinzen überzeugt.
Die sieben Orks und drei Menschen nährten sich langsam und vorsichtig mit gezogenen Waffen der Klippenfeste immer auf der Hut vor einem möglichen Hinterhalt.
 
  • Like
Reaktionen: Dragunov 67
Es tauchten keine Schützen auf der natürlich, aussehenden Mauern auf und keine Krieger stürmten aus der dunklen Öffnung des Tores. Aktok hatte aber auch nichts anderes erwartet.
Der Feind musste nur warten, bis sie im Inneren der Festung waren, denn da wären sie viel einfacher auszuschalten als auf offener Fläche.
Fünf Meter vor der Mauer blieben sie stehen.
"Selbst aus dieser Entfernung sieht es für mich immer noch nach einem Felsen mit einer Höhle drin aus", flüsterte Assen.
"So solle es auch sein, kleines Menschlein.“, meinte Tolk mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
„Der Felsenstemmer-Clan ist auch ein Meister unter den Meistern“, gab Terak im gleichen Tonfall zurück.
Das eigentliche Tor war ein fast runder Fels, der, wenn man den Mechanismus im Inneren betätige, auf unsichtbaren Schienen aus dem Weg rollte.
Die Öffnung war nur ein schmaler Spalt, gerade so groß, dass sie sich hindurchzwängen konnten.
Aktok wand sich an einen seiner Orks: "Du bleibst hier draußen. Gib uns eine Stunde, wenn wir bis dahin nicht zurück sind, ziehe dich mit den anderen zurück, verstanden?"
"Ja, erster Krieger."
Sie quetschten sich einer nach dem anderen durch die dreieckige Öffnung.
Der Innenhof war etwa hundert Meter lang und fünfzig breit. Auf der rechten Seite hingen einige Strohpuppen in verschiedenen Größen und Formen von einem Gerüst. Unter einem Unterstand waren Dutzende von unterschiedlichen Waffen in Waffengestellen verstaut. Verschiedene Trainingsgerüste aus Holz und Eisen standen in unregelmäßigen Abständen neben den Strohpuppen.
Unter einem anderen Unterstand, der etwa zehn Meter der Linken Mauer einnahm, war eine Reihe von langen diesen und Bänken aufgebaut. Einige Teller und Krüge standen auf den Tischen verteilt und auf manchen waren noch die Reste der letzten Mahlzeit zu sehen.
Etwas außerhalb des Unterstands war eine Feuerstelle, die groß genug ist, um einen Ochsen im Ganzen zugrillen. Im Moment war der Spieß aber zum Tolks Leidwesen leer.
Am Ende der Mauer erhob sich ein kleines rechteckiges Gebäude, nur wenige Hand breit kleiner als der Wehrgang, der auf dieser Seite deutlich zu erkennen war. Geschmückt war die Fassade mit großen und kleinen Schädeln und Gebeinen. Ein mehrerer Schritt breiter Ring aus weißem Sand umgab das kleine Gebäude. In der Mitte erstreckte sich der Mittlere der drei Türme zwölf Meter in die Höhe, die anderen beiden waren auf der Mauer gebaut.
An der Seite des Mittleren Turms war eine schwarze Holztür zuerkennen. Vor diesem führte eine fünf Meter breite Rampe in die Unterirdische Finsternis. Auf der gegen über liegenden Wand und hinter ihnen befanden sich jeweils zwei Treppen, die zu den Wehrgängen führten.
Ansonsten war der Hof leer. Nichts deutete drauf hin das hier etwas passiert ist, außer dem Fehlen von Leben.
Die Klippenfeste beherbergte eine dreißig Mann starke Garnison inklusive eines Ogers, dazu kamen die Schreckensechsen und meist auch eine handvoll Krieger oder Jäger, die hier einen Zwischenstopp einlegten, bevor sie zu ihrem eigentlichen Ziel weiterreisten.
"Verteilt euch seid vorsichtig und keiner geht allein. Meldet, wenn ihr etwas findet." Die Gruppe zerstreute sich. Terak und Then erklommen den Wehrgang, während Aktok zusammen mit Tolk und Assen zu den Tischen gingen. Bolen verschwand mit dem Letzten der Menschen in der Tür. Der Rest marschierte die Rampe herunter in die Dunkelheit.
Tolk nahm sich ein Stück Brot von einen der Teller und biss hinein. Nachdem er einen Augenblick darauf herum gekaut hatte, spuckte er es wieder aus. "'Is noch gut, höchstens drei Tage alt."
"Eher von letzter Nacht. Zumindest hat das Feuer letzte Nacht noch gebrannt", ergänzte Aktok, der seine Hand aus der Feuerstelle zog. Die Asche wischte er an seinem Lederwams ab. "Die Wärme ist kaum spürbar, aber noch vorhanden."
Der Ork ließ die Reste des Brots zurück auf dem Tisch fallen, wo es über die grobe Tischplatte rollte, um anschließend über den Rand der Platte zu verschwinden. Er gesellte sich zu seinem Waffenbruder, der noch immer vor der erkalten Feuerstelle hockte.
"Du hast es doch auch gesehen, oder?“ Tolk klang unsicher, als der die Frage gestellt hatte.
Aktok wusste, was sein Freund meinte. Er würde es nicht glauben, wenn er es nicht mit eigenen Augen gesehen hatte. Doch das hatte er, er hatte gesehen, wie einer der Angreifer zu Staub zerfiel.
„Ja. Das habe ich“, sagte er schließlich.
Während die beiden Orks sich unterhielten, ging Assen langsam auf das seltsame Gebäude zu. Jetzt, da er näher dran war, konnte er mehr Einzelheiten erkennen. Die Front des Gebäudes bestand anscheinend nur aus Schädeln. Assen konnte sie verschiedene Arten zuordnen.
Da waren einige große Tierschädel von Wölfen und Bären, andere gehörten eindeutig zu den Schreckensechsen, die den Orks als Reittiere dienten. Zum Entsetzten von Assen zählte er eine Handvoll menschliche Schädel, dazu auch zwei Dutzend Orkische.
Andere kleinere, aber massiv wirkende Schädel saßen früher eindeutig auf den Schultern des kleinen Volkes. Er entdeckte auch drei graziöse von der Elben.
Weitere gehörten zu den Goblins und Ogern, den anderen Ork-Völkern.
Dazu kamen noch die Häupter von weitentfernten Völkern wie den Araatan, Gorgonen und weiteren exotischerer Völker.
Drei von der Schädeln waren bizarr und einzigartig. Einer hatte ein gewaltiges Horn, welches zwischen den zwei Augenpaaren hervorragte. Der Kleinste der drei hatte weder Hörner noch Augenhöhlen, dafür war sein Maul überproportioniert und voll mit Hunderten kleinen nadelspitzen Zähnen.
Waren dies etwa Dämonen!? Die albtraumhaften Bewohner der Dunkelschlucht? Er hatte viele Geschichten über sie gehört, eine schauriger als die andere. Bis jetzt hatte er sie für Legenden gehalten, wie den Nekromanten der Eiswüste, die von den Orks und Zwerge erfunden worden, um Gold von den Händlern zu verlangen, die den großen Riss überquerten. Doch was sollte es sonst sein? Tiere waren es gewiss nicht.
Ein aus dunklem Holz gefertigtes Tor führte ins Innere. Oberhalb des Tores schimmerte ein silberner Dolch, dessen Schneide und Spitze war mit Hunderten winzigen Rubinen besetzt. Er musterte das Gebäude von allen Seiten. Verschiedenste Knochen wie Ober- und Unterschenkel, Rippen, Wirbelsäulen, Speichen und Ellen, Becken und Schulterblätter und vielen andern schmückten die fensterlosen Wände. Assen schätzte, dass jeder Knochen von den bekannten Rassen sich irgendwo an der Wand befand. Auch wenn ihn die Schändung der Toten abstieß, so musste er doch zugeben, dass ihn der Anblick auf makabre Weise faszinierte. Die Gebeine waren so arrangiert, dass sie perfekt zusammenpassten.
Der weiße Sand stellte sich als abertausende kleine, fast Runde Kiesel heraus. Das zweiteilige Tor war mit Schnitzereien verziert, die so fein waren, dass Assens alte Augen sie auf dieser Entfernung nicht genau erkennen konnte.
Assen glaubte so ein ähnliches Gebäude im Orkten gesehen zu haben. Doch er war sich nicht sicher, da die Menschen nicht zu allen Bereichen der Stadt Zugang gehabt hatten.
Der Kommandant der Leibgarde wollte gerade seinen Fuß auf die Kiesel setzen, um sich die Schnitzereien genauer anzuschauen, als ein wütendes Brüllen hinter ihm ihn innehalten ließ.
"Halt! Keinen Schritt weiter!", bellte Aktok der mit zielstrebigen Schritten auf ihn zumarschierte.
"Ich wollte", begann der Mensch aber, Aktok unterbrach ihn gleich wieder.
"Mir ist scheißegal was du wolltest. Einen Schritt weiter, und ich schwöre bei allen Göttern, dass deine elenden Knochen noch bis zum Abend bei den anderen unwürdigen landen werden." Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zog er sein gewaltiges Krummschwert. Die Spitze zeigte zwar nicht auf Assen, aber dass konnte sich ja innerhalb eines Herzschlages ändern. Gefährlich langsam kamen Aktok und Tolk näher.
"Ich ...", begann Assen aufs Neue, aber ein tiefes Knurren seitens der Orks ließ ihn gleich wieder verstummen.
Ein Ausruf in der Sprache der Orks ließ die drei sich zum Neuankömmling umdrehen. Terak, der auf sie zusteuerte, hatte ebenfalls seine Waffe in der Hand. Zu Assens Erleichterung folgte ihm Then auf dem Fuß. An Assen gewannd, sagte Aktoks Nestbruder in der Sprache der Menschen: "Verzeih, der Tag war für uns alle nicht leicht."
Aktok starrte seinen Bruder einen Moment an, ehe er wortlos sein Schwert wegsteckte. Terak senkte seine Axt, steckte sie aber nicht weg.
"Pass besser auf diese elenden Menschen auf Bruder oder selbst das Gastrecht kann ihn nicht vor meiner Wut beschützen." Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sich die beiden Orks um, traten auf die Kiesel und verschwanden im Inneren des Gebäudes.
Terak blieb mit den beiden Menschen zurück und atmete erleichtert aus.
Assen überlegte, ob er schweigen sollte oder nicht. Nach Kurzem überlegen gewann die Neugier. "Was ist das für ein Gebäude?"
"Ein Knochentempel des Orkan."
"Ein Knochentempel?"
"Ja. Hier huldigen wir Orkan und Jahi und Ker, dem jüngeren Zwillingspaar des Götterkönigs. Siehst du das Emblem über den Tor?"
"Den Krummdolch?"
"Mit diesem Dolch, schnitt Orkan uns aus seinem eigenen Fleisch. Und nur ihren Kindern ist es gestattet, den Tempel zu betreten. Alle anderen, erwartet nur der Tod. Die Knochen ziehen die Grenze."
"Knochen? Ich kam noch nicht einmal in die Nähe der Gebeine."
Terak schüttelte den Kopf, bückte sich und hob einen der kleinen weißen Kiesel auf. "Nein“, sagte er, „nicht die an der Wand. Die am Boden meine ich."
"Wenn dies ein Tempel ist, was machen denn die ganzen Knochen an der Wand?"
"Tiere, Orks, Zwerge, Elben, Dämonen und andere Rassen. Sie alle haben mehrere Orks getötet, bevor sie selbst starben und um ihre Kraft und Geschick im Kampf zu ehren, kamen ihre Gebeine zum Knochentempel."
"Wo liegt die Ehre, dass die Knochen zur Schau gestellt werden?"
Terak blieb geduldig und ging nicht auf dem herablassenden Ton des Menschen ein.
„Siehst du den riesigen Bärenschädel unten links an der Ecke? Dieses Prachtexemplar gehörte dem weißen Tod. Dieser Bär verbreitet fast zehn Jahre den Tod unter meinen Stamm. Anderes als die meisten Bären hielt dieses Ungeheuer keinen Winterschlaf. Er kam im Winter und überfiel Sammler und Jäger. Er hat vierundzwanzig meines Stammes getötet. Darunter die fünf Krieger, die zusammen mit Aktok auf der Jagd nach ihm waren. Mein Nestbruder hätte fast seinen Arm eingebüßt. Hundert Jahre ist es nun her.“
Terak zeigte auf zwei menschliche Schädel, die dicht nebeneinander hingen.
„Vor zehn Jahren haben die Räuberbrüder Adal und Badal mit ihren Männern eines unsere entlegenen Dörfer überfallen. Auch wenn ihre Männer keine Herausforderung darstellten, waren die beiden geschickte Schwertkämpfer.
Adal tötete zehn unserer Krieger. Er hatte es sogar geschafft, einen Oger einen Finger abzuhacken, was diesen aber nur noch wütender machte. Mit seiner Keule zerschmetterte er ihn und nur sein Kopf blieb unversehrt. Badal hingegen schaffte es nur einen unserer Krieger zu töten, dafür aber erlegte er zwei Schreckensechsen, ehe ihn eine Dritte mit ihren Klauen zerfetzte. Siehst du den kleinen Orkschädel?“ Terak zeigte mit seiner Axt auf den kleinsten der Orkschädel. „Das ist der Schädel des Kriegshäuptlings Udul vom Flussorkstamm. Er führte seinen Stamm in den Krieg mit uns. Das war vor etwa tausend Jahren. In diesen vier Jahre andauernden Krieg tötete er viele unserer Krieger, darunter unseren damaligen Kriegshäuptling Gondol und seine zwei Söhne. Er selbst wurde im Zweikampf von Gondols Weib getötet, die unseren Stamm anschließend zum Sieg führte. Der Zierliche da oben stammt von Tiril Baumkind. Der Elbenkrieger spickte viele Knochengraskrieger mit seinem Pfeilen im Berserker-Krieg.
Zu jedem einzelnen Schädel erzählte Terak eine Geschichte. „Dieser, da das ist...“
"Genug!", brüllte Aktok der wieder aus dem Tempel kam. Bevor er ruhiger fortfuhr. "Terak was hast du gefunden?"
"Blutflecken von einem Ork, keine zwei Tage alt."
"Tödliche Menge?"
"Nein. Der größte Fleck ist keine Hand groß. Ein Wetzstein lag unter einem Tisch. Auf diesem liegt eine Axt und Dosenpolitur, in der ein feines Tuch steckte. Die Politur war schon angetrocknet. Ich schätze, dass einer unsere Krieger dabei war, seine Axt zu pflegen, als ihn etwas davon abhielt." Beendete Terak seine Entdeckungen, die er mit Then in einem der kleinen Wehrtürme gemacht hatten.
"Verflucht. Wo sind unsere Krieger?"
 
Eine von halb erloschenen Fackeln erleuchtete Rampe, schraubte sich sanft in die Tiefe und endete nach zwei Drehungen in einem großen Raum. In den Katakomben der Feste war es angenehm kühl. Wie bei der Rampe verbreiteten auch hier halb erloschenen Fackeln ein Zwielicht, welches den Knochengraskriegern aber vollkommen reichte, um ihre Umgebung mustern zu können.
Der Raum war, wie es bei Orks oft der Fall war, schmucklos und bar jeglicher Verzierungen. Auf der linken und rechten Seite der Rampe führte ein schmaler Gang einige Schritte tief in den Fels. Den einzigen Weg, den das Trio nehmen konnten, war ein breiter Gang.
Einer der Orks hob den Kopf und witterte die kühle Luft. Der Ork schnaubte verächtlich und spie einen Klumpen gräulichen Schleim auf dem Boden. „Es stinkt nach, ... was weiß ich, es stinkt einfach. Ich hab da ein ganz mieses Gefühl. Wir sollten hier verschwinden, und zwar schnell", sagte der Ork.
"Du und deine Gefühle. Du hörst dich beinahe an wie ein Elb", spottete einer der anderen beiden. Ein Knurren des letzten der drei Orks ließ die anderen beiden verstummen. Der Ork setzte sich, ohne ein Wort zu sagen in Bewegung. Die anderen beiden folgten ihm. Sie gingen einige Schritte tief in den Gang, ehe sie an eine Weggabelung anhielten.
"Wo lang?", fragte der erste Ork. Aus Erfahrung wussten die drei Orks, dass die ersten zwei Gänge auf beiden Seiten zu den Schlafräumen der Schreckensechsen führten. Der Schweigsame der drei zeigte mit seiner Keule auf den Linken der Gänge. Die anderen beiden schauten sich an und zuckten mit den Schultern.
"Der Weg ist so gut wie jeder andere auch um mit der Suche zu beginnen." Meinte der Erste Ork. Der Zweite brummte zustimmend, während der Dritte weiterhin schwieg.
Der Gang knickte einmal nach rechts und einmal nach links ab. Bei jeder Biegung wurden die Wände von weiteren beinahe toten Fackeln erhellt. Sie brauchten nicht lange, um die Kammer der Schreckensechsen zu erreichen.
Die Kammer maß zwanzig Meter in der Länge und zehn in der Breite. Da Schreckensechsen von Natur aus gesellige Tiere waren und zu ihren Artgenossen im Normalfall friedvoll waren, lebten in so einer Kammer etwa ein halbes Dutzend von ihnen. Aber in diesen Fall war sie leer. Eine offene Tür führte in die Rüstkammer, in der die Sättel gelagert wurden. Eine schnelle Untersuchung ergab das auch diese leer bis auf einige Sättel verweist waren.
Sie drehten um und gingen in die rechte Kammer. Auch diese war ebenso verlassen wie die erste. Anschließend gingen sie den Hauptgang weiter, bis sie auf die nächsten Abzweigung trafen. Die Orks wiederholten ihre Taktik. Die Kammer war auch leer, wenn man von der sechs Meter langen Schreckensechse absah, die in der Mitte des Raums in einer Lache ihres eigenen Blutes lag.
"Wie ist sie gestorben?", fragte der zweite Ork.
"Woher soll ich das Wissen?“, entgegnete der erste Ork.
"Indem du hingehst und es herausfindest", war die knurrende Antwort.
Man musste kein Genie sein, um herauszufinden, wie sie gestorben war. Die Gedärme, die aus der offenen Bauchdecke quollen, waren ein guter Hinweis.
"Ich denke, es war ein Schwert. Sie wurde mit nur einem Hieb getötet", erklärte der Ork seine Untersuchung, als er zu seinen Kameraden zurückkehrte.
"Last uns weiter gehen“, befahl der Dritte, der bis jetzt geschwiegen hatte.
Alle drei waren kampfgestählte Veteranen des Berserker-Kriegs. Sie hatten an der Dunkelschlucht gegen die Dämonen gekämpft. Sie hatten den Tod und das Leid in seinen vielen Facetten gesehen, aber das, was sie in der vierten Kammer vorfanden, überstieg alles, was sie gesehen hatten.
"Bei allen Dämonen der Dunkelschlucht!", fluchte der erste Ork und beschrieb ein altes Schutzzeichen gegen Geister und Hexerei.
"Mol, Lork holt Aktok hier her. Das muss er sich ansehen."
"Was bei allen Dämonen der Dunkelschlucht!“, hauchte Terak und beschrieb dasselbe alte Zeichen wie die andern Orks zuvor.
Teraks Gesicht war zu einer Maske der Abscheu erstarrt. Auch wenn der erste Krieger schon tausende Tote und Dutzende Schlachtfelder gesehen hatte, so etwas hatte er noch nie gesehen. Es herrschte beinahe Totenstille, während er und der Rest mit faszinierten Entsetzten die Kammer betrachten. Die einzigen Geräusche in der Kammer kamen von dem jungen Menschen, der seinen Magen Inhalt lautstark der Welt offenbarte. Normal wäre diese Zuschaustellung der Schwäche seitens der Menschen ein Grund des Spots. In normalen Fällen, aber dies war kein solcher Fall.
"Was bei allen Dämonen der Dunkelschlucht“, wiederholte Terak sich.
Der Kammerboden war übersät mit Knochen, Innereien und Blut. Selbst an den Wänden und der Decke klebte Blut und Schlimmeres. Aktok schüttelte seine Erstarrung als Erster ab.
"Ich will wissen, wer dafür verantwortlich ist." Die Orks schauten sich an, ehe sie widerwillig dem Befehl nachkamen.
Die Orks schwärmten in der Kammer aus. Da ein Ork stets von vorne führte, schloss sich der erste Krieger seinen Kriegern an. Jeder ihrer Schritte wurde von knackenden Knochen und schmatzenden Geräuschen begleitet. Die Krieger bückten sich immer wieder und hoben Fleischklumpen und größere Knochensplitter auf, um sie genauer zu betrachten. Die Einzelteile stammten größtenteils von Schreckensechsen, wenn man die Fleischklumpen richtig deutete, was alles andere als einfach war. Es fanden sich aber auch die Überreste von mindestens zwei Orks. Die Wände waren von Klauenspuren der Raubechsen übersät, was auf einem heftigen Kampf hindeutete. Doch sie fanden keine Spuren der Schlächter.
"Verfluchte Oger-Scheiße", brüllte Aktok frustriert. "Es hat keinen Sinn. Habt ihr sonst noch was gefunden?", fragte er.
"Nichts Spezielles, erster Krieger. In der Kammer gegenüber liegt eine weitere Schreckensechse mit aufgeschlitzten Bauch. Die erste und zweite Kammer war vollkommen leer. Weiter hatten wir noch nicht nachgeschaut. Als wir dies sahen, hielt Mo es für besser, dich zu holen."
"Fehlt von euch nicht einer?" Die Frage kam vollkommen unerwartet in der Handelssprache.
Alle Augen richteten sich auf Assen.
„Der hier unten auf uns gewartet hatte, der ist nicht mehr da.“ Aktok und die anderen Orks schauten sich nach dem stämmigen Ork um. An der Stelle, wo der Ork eben noch gestanden hatte, lag nur noch seine Eisenkeule.
"Wo ist Mo? Hat einer gesehen, wo er hin ist?"
Die Orks verneinten. Keiner von ihnen hatte sein verschwinden gesehen. Ein tiefes Knurren drang aus dem Brustkorb des ersten Kriegers. "Der, kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben."
"Die Schatten haben ihn geholt.“ Die Orks richteten ihre Blicke auf den Menschen, der sich bis vor Kurzem noch übergeben hatte. Der Mensch hatte es geschafft, sich aufzurichten. Er stand an der Wand gelehnt und wischte sich mit dem Ärmel die letzten Reste Erbrochenes von seinen Mundwinkeln. Die komplette Aufmerksamkeit der Orks war ihn sichtlich unangenehm.
„Was hast du gesagt?“ fragte Aktok gereizt.
"Die Schatten haben ihn geholt“, sagte er erneut.
"Du.", zischte der erste Krieger und machte einen Schritt auf den jungen Leibgardisten zu. Dieser versuchte vor dem wütenden Ork zurückzuweichen, doch die Wand vesperte ihm jede Rückzugsmöglichkeit. Nach zwei weiteren Schritten war der erste Krieger bei ihm.
"Du! Was hast du mit Mo gemacht!?" Die mächtige Pranke von des Orks umschloss den Hals von Jun und drückte ihn an der Wand hoch. „Wo ist mein Krieger!?“, brüllte Aktok dem verängstigten Menschen ins Gesicht, sodass der Geifer flog.
"Öhhu, ich ...weis ...krige ... keine … Luft … Bi … Kommandant … uhh ... hilf … mir…“
Then zog sein Schwert und wollte einen Schritt auf den Ork zugehen. Doch Assen versperre ihn mit dem linken Arm den Weg, während seine rechte Hand auf dem Knauf seiner Klinge ruhte.
„Aktok. Ich bitte dich. Mach nichts Unüberlegtes“, sagte der Kommandant.
Aktok zögerte.
Terak legte seinem Nestbruder beruhigend die Hand auf die Schulter. Mit einen Blick über seine Schulter ließ er schließlich den Leibgardisten mit einem orkischen Fluch los, der die Wand hinab glitt. Der Mensch keuchte und hustete.
Assen kniete sich neben den jungen Krieger: „Jun. Sag uns, was du gesehen hast.“ Es vergingen einige Momente, ehe der Mensch die Forderung nachkommen konnte, als er dann sprach, war seine Stimme heißer, beinahe nur ein Flüstern.
"Ich weiß es doch auch nicht. Er war eben noch da, dann kamen die Schatten und hatten sich um ihn gelegt. Als sie wieder verschwunden waren, war auch euer Freund verschwunden.“
"Schatten? Hältst du mich für einen Welpen?", bellte Aktok und holte zum Schlag aus. Ehe irgendjemand Reagieren konnte, schlug er zu. Das mächtige Schwert schlug keine zwei Handbreit neben Juns Kopf in die Steinwand. Scharfkantige Splitter lösten sich, wovon einer die Wange des jungen Kriegers ritzte.
Der erste Krieger wand sich von den Menschen ab. "Wir suchen Mo. Wir bleiben zusammen.“, sagte er. Mit einen Blick über die Schulter fügte er noch hinzu; „Achtet auf diese Schatten."
"Ich halte das für keine gute Idee. Wir sollten sofort von hier verschwinden“, sagte Assen mit eindringlicher Stimme. In seinen Augen glimmet Missbilligung.
"Wir sind Krieger, wir sind Knochengras", rief Tolk.
"Wir sind Krieger, wir sind Knochengras", wiederholten die anderen Orks den Schlachtruf.
"Da hast du deine Antwort Mensch. Ich habe bereits sechs Krieger zurückgelassen. Es werden keine sieben. Wir sind das Welpen hüten leid. Ihr könnt ja gehen, wenn ihr wollt."
Da den Zwergen Begriffe wie Bescheidenheit fremd waren, war die Klippenfeste, die als kleine Wachstation geplant war, um einiges größer, als es den Anschein hatte. Ursprünglich sollte sie eine Rotte von dreißig Kriegern beherbergen. Doch die Zwerge hatten ein kleines Reich unter dem Felsen gebaut, das sich über vier Ebenen erstreckte. Nun konnte die Klippenfeste zwei vollständige Horden von insgesamt zweihundert Kriegern aufnehmen und bot genug Platz, um genügend Vorräte einzulagern, um diese auch für einen Monat zu ernähren. Je tiefer sie in den Katakomben vordrangen, des so öfter stießen sie auf verstümmelte Leichen der vermissten Rotte. Aktok glaubte an manchen der Toten Bissspuren zu erkennen, aber wer würde so etwas tun? Doch sie entdeckte keine Spur von Mo.
Zum Schluss standen sie vor dem verschlossenen Tor des Speisesaals. Aktok legte seine Hände auf das doppelseitige Tor, um es aufzustoßen. Doch Assen legte seine Hand auf den Arm des ersten Kriegers. Der Ork schaute auf die Hand des Menschen, als sei sie eine giftige Viper.
"Was, soll das Mensch? Lass meinen Arm los oder ich behalte sie als Trophäe!", zischte Aktok. Aber etwas im Blick des Menschen ließ ihn innehalten und die Hände vom Tor nehmen.
"Wir sollten dieses Tor nicht öffnen. Das Böse lauert hinter dieser Tür."
"Was willst du damit sagen?"
"Überleg doch mal. Wie viele Räume haben wir durchsucht? Fünfzig? Und alle Türen waren verschlossen. Wieso diese aber nicht?"
"Aktok, mein Nestbruder, er hat recht. Wieso ist diese Tür geschlossen?“
"Es gibt Türen, die sollte man nicht öffnen", zitierte Tolk eine alte Weisheit.
"Du jetzt auch?"
"Klappe, und zwar alle", fauchte Lork, als er die irritierten Blicke von Aktok und den anderen sah, fügte er schnell hinzu: "Tschuldige, erster Krieger. Ich höre etwas."
Alle verstummten augenblicklich.
Nach einigen Herzschlägen hörte sie es auch. Es war ein leises, gerade noch am Rand des wahrnehmbaren, schabendes metallisches Geräusch. So als ob jemand sein Schwert oder Axt über den steinernen Boden ziehen würde. Das Geräusch kam nicht näher, es entfernte sich aber auch nicht.
"Ein Wetzstein", flüsterte Terak.
"Das muss Mo sein, wir haben ihn endlich gefunden." Die Freude in Lorks Stimme war deutlich zuhören. "Worauf warten wir noch?"
Terak schüttelte den Kopf. "Das ist nicht Mo. Der Mensch hat recht, wir sollten von hier verschwinden."
"Ich habe das Gefühl, dass du selbst langsam zum Menschen wirst. Du würdest die gesamte Festung Stein für Stein auseinandernehmen, wenn es um deinen Waffenbruder ginge", zischte Lork. Das hatte gesessen.
Bevor jemand etwas erwidern konnte, war ein Flüstern zuhören, bei dem sich einem die Nackenhaare aufstellten. Die unverständlichen Worte halten noch in der Luft, als die schweren, aus dunklem Eichenholz gefertigten Torflügel nach innen aufschwangen.
 
  • Like
Reaktionen: Dragunov 67
Das metallische Schaben hörte kurz auf, nur um Augenblicke später wieder anzufangen. Der Speisesaal war der größte Raum in den Katakomben der Klippenfeste. Er maß vierzig Meter in der Breite und genau so viel in der Länge. Sie konnten aber nur die ersten zehn, vielleicht fünfzehn Meter erkennen, da der Rest des Saals in absoluter Dunkelheit lag, die selbst die ausgezeichneten Augen der Orks nicht in der Lage waren, zu durchdringen. Das, was sie erkennen konnten, war nichts Außergewöhnliches nur Tische und Bänken, die sich bis in die Dunkelheit erstreckten.
"Hört ihr das?", flüsterte Tolk während er den Kopf schief legte, um besser hören zu können. Zu den Schaben von Eisen auf Stein hatte sich, noch ein anderes Geräusch gemischt. Ein Schmatzen und Reißen drang aus der Dunkelheit zu ihnen.
"Wir sollten jetzt wirklich von hier abhauen", sagte Jun und trat einige Schritte zurück. Gerade als auch die anderen zurückweichen wollten, schälte sich eine Gestalt aus der Dunkelheit.
"Mo, das ist Mo!", rief Lork voller Begeisterung und ging auf ihn zu.
"Lork warte da stimmt was nicht", rief ihn Terak hinterher, doch Lork ignorierte ihn.
"Mo alles in Ordnung?"
Mo stand reglos da, das Kinn auf der Brust gebetet. Seine langen Dreadlocks hingen ihm ins Gesicht und verdeckten es ganz.
"Es ist wirklich Mo. Wir haben uns Sorgen gemacht, als du verschwunden bist Bruder."
"Hogar."
"Mo was hast du gesagt?"
"Hogar, ih hab so Hogar."
Lork lächelte unsicher und steckte seine Axt weg, um ihm die Hände auf die Schultern zu legen.
"Hogar. Ih ha Hogar", sprach er weiter undeutlich.
„Schnappt euch die beiden, wir verschwinden“, befahl der Aktok.
Ehe jemand den Befehl ausführen konnte, packte Mo ebenfalls die Schultern seines Gegenübers und biss ihm kräftig in den Hals. Die Hauer von Mo gruben sich tief in das dunkelgrüne Fleisch seines Waffenbruders. Mit einem Ruck riss er ein gewaltigen Brocken heraus. Das Blut schoss in einer Fontäne aus der tiefen und tödlichen Wunde. Jun schrie vor Entsetzten. Die anderen waren wie erstarrt.
Lork schaute verdutzt in das Gesicht seines Waffenbruders und Mörders. Der tödlich verwundete Ork öffnete den Mund, als ob er noch etwas sagen wollte, doch er sackte auf die Knie und kippte nach hinten.
"Was im Orkans Namen hast du getan!?", kläffte Aktok der als erster den Schock überwand. Mo hob seinen Kopf, dabei fielen seine Dreadlocks nach hinten. Mit Grauen sahen sie, wie Mo auf dem rausgerissenen Fleisch herum kaute und es schließlich herunterschluckte.
"Mo was soll der Scheiß?" Der erste Krieger hob sein Schwert und zeigte auf dem kannibalischen Ork.
"Du bist nicht Mo. Was bei den verfluchten Dämonen der Dunkelschlucht bist du?" Die Augen des einst stolzen und ehrenvollen Knochengraskriegers waren so schwarz wie die Dunkelheit hinter ihm. Auf seiner Stirn klebte ein Onyx in Form eines Tropfens oder Träne. Vom Edelstein aus, breitete sich ein Netz aus schwarzen Adern über das Gesicht des Orks aus.
"Hoger. Ih hab so eien Hogar", sagte das Ding und stürzte sich auf die Leiche von Lork. Es zerrte dem Ork das Lederwams vom Körper und schlug seine Pranken in den Körper und zerfleischte ihn. Blut und Fleischfetzen spritzten, als er sich Fleisch und Organe gierig in dem Rachen schob.
Jun übergab sich wieder, auch wenn sein Magen bereits leer war und er nur Magensäure hoch würgte.
"Verflucht, was ist das?", fragte Tolk. Plötzlich hob das Ding den Kopf und schlürfte einen Teil der Gedärme in sein Maul. Das Gesicht, die Brust und die Arme bis zu den Ellenbogen waren vom beinahe schwarzen Blut des Orks besudelt. Es erhob sich unsicher und wankte, wie ein Betrunkener, einige Schritte auf die Menschen und Orks zu.
"Hogar. Ab himm noh so Hogar", stöhnte es undeutlich.
Unvermittelt erklang eine melodische Stimme, die so süß wie Honig war, aus der Dunkelheit: "Halt." Die Kreatur, die wie Mo aussah, blieb augenblicklich stehen. Die bodenlosen schwarzen Augen starrten die Gruppe weiterhin hungrig an.
"Wo bist du? Zeig dich, du Bastard!" schrie Aktok in die Dunkelheit. Die Finger der Krieger umschlossen ihre Waffen fester. Die Stimme drang erneut aus der Finsternis. Doch dieses Mal waren die Wörter, die sie sagte, in einer Sprache, die keiner von ihnen kannte. Die Worte gingen in eins über, sodass der erste Krieger des Knochgrasstammes nicht sagen konnte, wo das eine Wort begann und das andere endete.
Am anderen Ende des Saals entzündeten sich, wie von Geisterhand zwei Standleuchter und gaben den Blick auf eine weitere Gestalt frei. Es war eine Elbin, doch Aktok hatte noch nie so eine Tochter Dewis gesehen. Drei Stufen führten zu einer Erhöhung. Er wusste aus seinen früheren Aufenthalten in der Festung, dass der hintere Teil des Speisesaals erhöht, gebaut worden war, sodass der Häuptling, wenn er sich in der Feste aufhielt, über seine Krieger Thronen konnte. Doch nun saß die Unsterbliche auf den fein geäderten Marmorthron. Die Armlehnen endeten in kunstvoll gefertigten smaragdfarbenden Abbildungen von Schreckensechsenköpfen. Am oberen Ende der zwei Meter hohen Lehne waren zwei sich überkreuzende Äxte dem persönlichen Zeichen des Vorgängers des Dämonentöters, in Gold eingearbeitet.
Sie hatte langes silbernes Haar. Ihr Gesicht war schmal geschnitten mit einer kleinen Nase und dünne, aber vollen Lippen. Sie trug schwarze Schulterplatten, auf der eine silberne Flamme zu erkennen war. Feingliedrige Ketten hielten die Platten in Position und waren um den Hals miteinander verbunden. Weitere Ketten führten zu ihrem Brustpanzer, der nur ihre üppigen Brüste bedeckte, den Rest des Oberkörpers aber frei ließen. Ihr Unterleib war unbedeckt. Dazu trug sie einen kurzen, aus dunklem Eisen gefertigten Eisenrock, der kaum ihren Hintern bedeckte. Die schwarzroten Reiterstiefel, die sie trug, reichten ihr bis zu den Knien. Dunkelblaue Tätowierungen, die verschlungene Muster und Runen auf ihrer hellen Haut bildeten, zierten ihren gesamten grazilen Körper.
Der ganze Körper der Elbin strahlte eine Aura der Erotik aus und Aktok verspürte ein Verlangen, welches er bis jetzt nur gegenüber von Orkinnen verespürt hatte.
Er verachtete sich dafür.
Aktok hatte das Gefühl, dass sein Verstand träger wurde. Gedanken entglitten ihm, sein Körper war auf einmal schwer wie Blei. Seine Sinne spielten verrückt. Er hörte ein raschen und tosen, es klang wie ein großer Wasserfall. Selbst sein Blickfeld veränderte sich. Die Entfernung zur seltsamen Elbin schien mit jedem seiner trägen Herzschläge größer zu werden. Doch dann hörte er ein infernalisches Brüllen, dass das Tosen des Wasserfalls bei Weitem übertönte. Die schweren Ketten, die sich um seinen Verstand und Körper gelegt hatten, zersprangen Glied für Glied.
Er spürte einen kurzen, stechenden Schmerz im linken Unterarm. Benommen schüttelte der erste Krieger seinen Kopf, als der seltsame Bann endgültig gebrochen war. Sein Blick fiel auf seinem linken Unterarm. Die Wunde blutete stark, war aber ansonsten harmlos. Dann erkannte er dunkles Orkblut auf seinem Schwert.
Jetzt verstand er. Instinktiv hatte er sich selbst verletz, um den Bann zu brechen. Doch was war dieses infernalische Brüllen? Hatte er es ausgestoßen? Er wusste es nicht.
"Mein Geist war schwer wie Blei. Dann habe ich ...", sagte Tolk.
"Ein ohrenbetäubendes Brüllen gehört", vollendete Mol den Satz des anderen Orks. Sie alle hatten anscheinend dasselbe Erlebnis wie er selbst und auch ähnliche Wunden an den Armen.
Auch die Menschen hatten sich selbst verletzt, nur Jun schien noch unter dem Bann zu stehen. Sein Blick war leer und abwesend. Der junge Gardist schrie, als Assen ihn mit seinem Dolch die Wange aufritzte und ihn so aus der Trance befreite.
Die Elbin schwang die Beine übereinander, den einen Ellenbogen auf die Lehne gestützt und ihr Kinn in der Hand gebetet. Sie lächelte freundlich und entblößte strahlend weiße Zähne.
"Ihr seid klug“, sagte sie mit ihrer honigsüßen Stimme. „Euch selbst Schmerzen zuzufügen, um meinen Bann zu brechen. Auf die Idee kommen nur die Wenigsten. Ich bin zutiefst beeindruckt."
"Elbenweib, antworte. Wer bist du? Und was hast du mit unseren Stammesbrüdern hier gemacht?", brüllte Aktok und zeigte drohend mit dem Schwert auf die Schöpfung Dewis.
Als das Wort ~Elbenweib~ fiel, schien ihr Gesicht zu zersplittern. Dünne tiefschwarze Linien zerteilten es und erweckten so den Eindruck, als ob das makellose Gesicht aus feinstem Marmor bestand. Doch mit dem nächsten Wimpernschlag waren sie wieder verschwunden. Die Elbin sprach erneut und dieses Mal hatte sich ein Hauch von Tadel in ihre Stimme geschlichen, ähnlich wie eine Mutter, die zu ihrem kleinen, unwissenden Kind spricht.
"Das Gedächtnis der sterblichen Völker ist so kurz. Ihr vergisst so viel in so kurzer Zeit. Doch wir, wir vergessen nichts", der Tadel verschwand aus ihrer Stimme. "Aber, damit hatte ich bereits gerechnet. Daher verzeihe ich euch diese schändliche Beleidigung. Ich bin Tenchi, eine der Erstgeborenen, Gesalbte und bevorzugte Dienerin Kamis und wir sind die Albe. Einst wurden wir verraten und vertrieben von denen, die wir Brüder und Schwestern nannten. Doch nun sind wir zurückgekehrt, um den Völkern unserer alten Heimat das Licht und die Weisheit Kamis zu überbringen."
"So ist das also“, grollte Aktok mit einem grausamen Lächeln, das Gewalt und Tod versprach. Endlich hatten sie einen Feind, den sie auch wirklich töten konnten. „Du sagtest ~wir~. Das heißt, kleines Elbenweib, dass du nicht alleine bist. Sind deine Freunde so feige, dass sie sich im Schatten verstecken müssen?" Seine Worte verfehlten nicht ihr Ziel. Wieder zersprang das Antlitz Tenchis für einen Wimpernschlag.
"Ihr Orks, ihr wart schon immer so selbstüberschätzend. So viele Schlachten habt ihr im großen Krieg verloren, nur weil ihr blindlings auf eure zugegebene große Kraft vertraut habt." Tenchi setzte sich gerade hin, die Beine nebeneinander gestellt. Ihre grauen Augen blickten abschätzend auf Orks und Menschen. Ihr Mund bewegte sich lautlos. Unvermittelt erwachten die ersten zwei Fackeln in ihren eisernen Halterungen zum Leben. Bei zwei blieb es nicht. Zwei weitere Fackeln erwachten flackernd. Dann die Nächsten, bis schließlich alle Fackeln im Speisesaal brannten und ihn vollständig erhellten. Selbst die Kerzen auf den Kronleuchtern hatten sich von Geisterhand entzündet.
Zehn weitere Albe und Albinnen, jeweils fünf auf jeder Seite, standen oder hockten hinter dem Marmorthron. Einige von ihnen waren ähnlich spärlich bekleidet wie Tenchi. Eine Albin mit kurzen weizenblonden Haaren war sogar noch spärlicher bekleidet als die Gesalbte. Ein silberner Brustreifen, der die Form von verschiedenen Blüten hatte, bedeckte gerade einmal ihre Brustwarzen. Wie bei einem der Albe, der nur einen dunklen Lendenschurz und Stiefel trug, bedeckte nur Lendenschur ihren Schambereich. Andere der Albe sahen nicht nur wegen ihren Waffen nach Krieger aus, sondern waren mit leichten und flexiblen Lederrüstungen bekleidet.
Eine einzige Albin war sogar in einer Eisenrüstung gehüllt. Da, wo die makellose Haut zu sehen war, waren ähnliche blauen Linien tätowiert wie bei Tenchi. Die Tätowierungen wirkten gleich aber auch wieder anders. Wenn man sie länger betrachtete, schienen sie sich zu bewegen wie Schlangen.
Bewaffnete waren sie mit grotesken geformten Speeren und schlanken, glänzenden Schwertern. Sechs von ihnen hatten verzierte Bögen über ihre Schultern geschlungen. Die Albin in der Eisenrüstung hielt ihren Bogen in den Händen, ein dunkler Pfeil, lag locker auf der Sehne. Eine seltsame nicht sichtbare Aura, schien die Albe und Albinnen zu umhüllen.
Doch weder Aktok noch irgendein anderer von ihnen hatte einen Blick für die Albe übrig. Denn voller entsetzten sahen sie jetzt im enthüllenden Feuerschein der hell lodernden Flammen das Grauen, das sich im Speisesaal offenbarte. Der hintere Teil des Saals, aber noch vor dem Podest, auf dem sich die Diener Kamis befanden, war mit orkischen Blut und Fleischfetzen besudelt. Die Körper der toten Knochengraskriegers waren zerfetzt worden. Der abgetrennte Kopf des Ogers, der in der Klippenfeste stationiert war, lag in eine Ecke. Seine Augen waren ausgestochen, die leeren dunklen Augenhöhlen schienen Aktok und seine Begleiter anklagend anzustarren. Ein langer silberner Speer ragte aus der Stirn. Der dazugehörige Körper, der von Dutzenden Schnitten übersäht war, lag hinter den Albe.
Doch das wahre Grauen war nicht der tote Oger oder die zerrissenen Orks. Nein, das wahre Grauen waren die drei Orks, die sich wie wilde, ausgehungerte Tiere über die Kadaver ihrer einstigen Stammesangehörigen hermachten. Sie durchstreiften mit schlürfenden Schritten den hinteren Teil des Speisesaals. Immer wieder blieben sie stehen und klaubten ein Fleischbrocken vom Boden auf und verschlangen es gierig.
Kanibalische Praktiken gab es in wenigen Stämmen zu seltenen Anlässen noch immer. Doch immer wurden die Toten respektvoll behandelt und man achtete streng darauf, das Leben da bei nicht zu beschädigen. Aber dies hier war anderes. Abartig und in jeder erdenklichen Form falsch. Für einen winzigen Augenblick glaubte der erste Krieger wieder dieses infernalische Brüllen zuhören.
Er erkannte einen von ihnen, was seinen Zorn nur noch weiter anschwellen ließ. Wie bei Mo haftet bei den drei veränderten Orks ein tränenförmiger Onyx auf der Stirn. Allem Anschein nach war dies der Grund für das bestialische Verhalten der Orks.
Die Orks und Menschen vollführten eine alte Geste, die sie vor Hexerei beschützen sollte.
"Bei den großen Vier", flüsterte einer der Menschen.
"Orkan schenke uns Kraft gegen diese schändliche Magie", sagte Terak mit grauen belegter Stimme.
Jun, war von dem sich ihn bittenden Anblick so geschockt, dass er sein Schwert fallen ließ und sich schreiend zur Flucht wand.
"Jun warte! Bleib hier!", brüllte Assen. Doch der junge Leibgardist hörte nicht auf seinen Kommandanten.
Die gerüstete Albin hob ihren Bogen, spannte ihn kurz, ehe ihre Finger den schwarzen Pfeil freigaben. Ein Zweiter folgte gleich darauf. Die Pfeile verfehlten Aktok und Terak nur um wenige Zoll eilten den Flüchtenden hinterher, der schon einige Schritte im Gang zurückgelegt hatte. Der erste traf ihn im Rücken und durchstieß sein Herz von hinten. Der zweite durchschlug spielerisch den Kopf des Menschen. Jun war tot, ehe er den Boden berührte. Aktok wahr zu sehr auf die fressenden Orks fixiert, als dass er den Tod des Menschen bemerkt hätte. Und wenn er es bemerkt hätte, wäre es ihn auch egal gewesen.
"Was hast du mit ihnen gemacht?", knurrte Aktok.
Ein wölfisches Lächeln schlich sich auf die Gesichter der Albe.
"Kommt zu mir, meine neuen alten Freunde", trällerte Tenchi und erhob sich vom Thron. Die drei veränderten Orks ließen von ihrem grausigen Mahl ab und stellten sich in Reih und Glied vor den Stufen auf. Das Mo-Ding reihte sich neben ihnen ein.
Die Gesalbte ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. Grazil und anmutig schritt sie langsam die Stufen herab. Sie trat durch die Reihe der Dinger und blieb kurz stehen. Ihre grauen Augen fokussierten sich auf Aktok und schienen geradezu in seine Seele zu blicken. Der erste Krieger wollte seine Frage gerade wiederholen, als sie ihm einen verschmitzten Augenaufschlag schenkte und sich wieder in Bewegung setzte.
"Ich muss gestehen", sagte sie mit liebreizender Stimme, als sie durch die kurze Reihe der veränderten Orks schlenderte, "Das ihr mich fasziniert. Ja, sogar bewundern tue ich euch zu einem gewissen Grad. Ihr seid stark, sowohl physisch als auch psychisch. Ich war sehr überrascht, als meine Freunde und ich auf der Suche nach etwas Spaß auf diese Festung stießen. Beinahe, aber nur beinahe hätten wir sie übersehen." Die Albin umrundete immer wieder die Vier, dabei ruhte ihr Blick stets auf Aktok.
"Nur einer von zehntausend fühlenden Wesen hat die Voraussetzungen, um als Wiedergeborener zu fungieren. Und nur jeder Dritte übersteht die Verwandlung. So schlecht stehen die Chancen und doch haben wir in dieser kleinen Festung gleich vier gefunden." Kurz verharrte die Albin, ihr Gesicht, zeigte bedauern. "Leider starb einer der Kandidaten im Kampf, als wir schließlich von euren Kriegern entdeckt wurden. Was eine beachtliche Leistung ist, auf die eure Krieger stolz sein konnten. Ihr müsst wissen, uns Albe sieht man nur, wenn wir es wünschen." Tenchi setzte sich wieder in Bewegung, ihre Lederstiefel verursachten keine Geräusche. "Doch Kami war mit seinen bevorzugten Dienern, sodass die anderen drei die Verwandlung überstanden. Und dann schickte uns der erste aller Götter tatsächlich auch noch weitere Kompatible." Wieder hielt sie inne und schloss die Augen. "Unter euch sind noch drei Kompatible. Ich sehe euch. Glaubt mir, ihr würdet vor Freude auf die Knie fallen und weinen, wenn ihr eure Seelen nur selbst sehen könntet. Sie strahlen so hell, so bezaubernd."
"Sie redet, ohne etwas zu sagen", befand einer der Orks.
Tolk, der mit seinen Worten immer direkt war, hatte anscheinend auch kein Wort verstanden, von dem die Albin sprach. "Das Spitzohr hat sich an den Ästen ihrer geliebten Bäume das Hirn Rausgevögelt. Sie redet nur Schwachsinn."
"Scherzt, nur ihr unwissenden", sagte die beinahe nackte Albin mit den weizenblonden Haaren, "Manchmal ist ein dicker, harter Ast besser als der steifste Stängel, den ein Mann zu bieten hat." Einige der Albe lachten die gerüstete Albin aber verdrehte nur die Augen und knurrte über die Worte ihrer Kameradin.
Kann ihr ganzes Volk den Verstand verloren haben, fragte sich der erste Krieger.
Tenchi lächelte milde und öffnete ihre Augen.
"Mir ist egal was du von uns hältst, du verrücktes Spitzohr", grollte Aktok und trat einen Schritt vor. "Sag mir endlich, was das für Monster sind, die wie unsere Krieger aussehen."
Die Erstgeborene, die neben dem Mo-Ding stand, das sie um einen halben Kopf überragte, legte ihre Arme auf seine Schulter und lehnte ihren Kopf an seinem Oberarm. Ihre grauen Augen funkelten schelmisch, die blauen Tätowierungen auf ihrem Körper pulsierten im Takt ihres Herzens.
"Du missverstehst mich, werter Ork.“ Ein Hauch von Tadel hatte sich wieder in ihrere Stimme geschlichen. "Es sind keine Monster, sondern eure Stammesangehörigen. Doch nun sind es Wiedergeborene. Leider muss ich gestehen, dass sie in den ersten Wochen leider sehr unkultiviert sind, vom Wunsch beseelt, ihren Hunger zu stillen." Mit ihren schlanken, filigranen Finger tippte sie auf den tropfenförmigen Onyx. "Damit haben wir eure Freunde gesegnet, auf das ihre Körper mit der Zeit vergehen und sich zu etwas wunderbaren umgestalten."
"Ich werde dich töten", grollte Aktok.
Tenchi kicherte wie ein junges Menschenweib und löste sich von dem Wiedergeborenen. "Ja, das willst du und verübeln, kann ich es dir nicht einmal. Denn keiner von uns sieht seine Freunde gerne leiden." Sie kehrte zu den anderen Albe zurück. Langsam zog sie den silbernen Speer aus dem Ogerschädel. "Doch so sehr du es auch wünscht, dir wird es nicht gelingen. Nicht hier, nicht Heute und auch nicht Morgen. Niemand vermag uns zu töten, denn wir sind die Albe, die bevorzugen Diener Kamis und haben in seinem Namen Yami gegründet. Dafür segnete uns der erste der Götter mit wahrer Unsterblichkeit."
"Mutige Wort für ein Volk, das sich im Schatten versteckt", grollte Tolk und spie auf den Boden. "Wir sollten ihre Worte prüfen, findet ihr nicht auch?" Die übrigen Orks knurrten bestätigend.
"Aktok, lass es. Wir sollten verschwinden." Terak trat neben seinem Bruder.
"Willst du keine Rache für unsere Toten?"
"Wage es ja nicht, mich zu entehren, in den du mich der Feigheit bezichtigst, Bruder", knurrte Terak. "Höre auf deinen Instinkt, nicht auf deine Wut. Unser Blut ist Segen und Fluch zugleich. Vergiss das nicht."
Langsam sickerten die beschwichtigenden Worte seines Bruders durch die Mauer aus Wut, die sich um seinem Geist gelegt hatte. Sein von Zorn in Wallung gebrachtes Blut rauschte laut durch seine Adern und verlangte nach Gewalt und Blutvergießen. Doch sein Instinkt warnte ihn vor einen sinnlosen Angriff. Den Ausschlag gab schließlich der Blick seines Bruders, der ihn beschwichtigend ansah.
Der erste Krieger wusste, dass sowohl seine Krieger als auch Terak mit ihm in den Kampf ziehen würden. Egal ob der sichere Tod und die gewisse Niederlage auf sie warten würde.
Als erster Krieger hatte er jedoch eine Verantwortung.
"Wir verschwinden", grollte Aktok. Wenn sie uns entkommen lassen, fügte er gedanklich hinzu. Die Treffsicherheit der Söhne und Töchter Dewis war legendär. Dieses Geschick schienen auch die Albe zu besitzen, wie die gerüstete Albin eindrucksvoll bewiesen hatte und keiner seiner Krieger hatte einen Schild dabei. Der Korridor, der vom Speisesaal wegführt, war lang und Deckung gab es keine. Selbst ein blinder Gnom mit einer Armbrust würde uns treffen.
Tenchi schien seine Gedanken gelesen zu haben.
"Wenn ihr es wünscht", erklang ihre honigsüße Stimme. "Dürft ihr selbstverständlich gehen." Mit dem Speer in der Hand ließ sich die silberhaarige Albin auf dem Marmorthron nieder.
Einer der leichtgerüsteten Albe trat zu ihr legte eine Sanduhr in ihre wartende Hand. "Für die Leistung eurer Krieger, die es geschafft hatten, uns zu entdecken und auch einen der unseren zu töten, gewähren wir euch einen Vorsprung. Sobald sich der Sand in dieser Uhr komplett in der unteren Kammer befindet, werden wir uns die drei Kompatiblen holen. Und nun geht." Mit diesen Worten drehte sie die Sanduhr auf eine der Lehnen. Beängstigend schnell rieselte der Sand von oben nach unten. Viel Zeit hatte ihnen die Albe nicht gegeben.
Die Orks und Menschen wandten sich zur Flucht. Nur Aktok blieb stehen. Ein tiefes, dunkles Knurren drang aus seiner breiten Brust. "Ich werde dich töten", versprach er ihr und eilte den anderen hinterher.
Tenchis helles und freundliches Lachen folgte ihnen.
 
  • Like
Reaktionen: Dragunov 67
"Tenchi, hältst du deine kleinen Spielchen für angebracht? Wir hätten sie sofort gefangen nehmen sollen. Immerhin warten noch tausende unserer Brüder und Schwestern auf die Wiedergeburt", gab die schwergerüstete Albin zu bedenken. Wie immer war ihre Stimme bedrohlich und von Wut geschwängert.
Tenchi kannte es schon gar nicht mehr anderes von ihrer alten Freundin. Sie wusste, dass die Wut nur die Trauer und die Wunde im Herzen der Albin überspielen sollte. Nur das Wiederfinden des verschollenen Seelenkristalls, ihres Gefährten wäre in der Lage, die klaffende Wunde in ihrem Herzen zu schließen. Sobald unsere Mission erfüllt ist, meine geliebte Freundin, werden wir ihn finden und dich mit ihm wieder vereinen. Die Gesalbte vermied es ihre Gedanken zu äußern. Es wäre nicht klug, das Thema anzusprechen, ohne genug Wein, um ihre Aggressionen darin zu ertränken.
"Und das werden sie auch, Banshee, jeder Einzelne von ihnen wird es", versicherte die Erstgeborene. Doch Banshee schien auf Streit aus zu sein. "Warum spielst du dann mit ihnen? Du hast ihnen selbst erklärt, wie wertvoll Sie für uns sind, und doch riskierst du, dass Sie entkommen", zischte die schwarzhaarige Albin gereizt.
"Beruhige dich, geschätzte Banshee. Wir sind in unsere alten Heimat zurückgekehrt. Sie ist voll von Kompatiblen, genug, um sie alle zurückzubringen."
"Wie könnte ich ruhig sein, wenn wir sie vom Haken lassen, obwohl wir sie bereits auf das Deck gehievt hatten", zischte die Banshee und trat vor den Thorn. Ihr Gesicht war von dicken Zornesadern entstellt und ließ sie mit ihrer zornigen Stimme wie ein verrücktes Geistwesen aus alten Legenden wirken. Tenchi spürte, wie eine einzelne schmale Zornesader in ihrer Schläfe gereizt pochte.
Die Kriegsherrin strich sich eine Strähne ihrer silbernen Haare aus dem Gesicht, sodass die andere Albin die Zornesader sehen konnte.
Dies störte Banshee nicht. Sie kannte Tenchi noch aus der Zeit, als beide noch in Yaadrasiel gekämpft hatten. Lange bevor die beiden und andere ihres Volkes zu den Erstgeborenen wurden. Daher wusste sie genau, wie weit sie gehen konnte, ohne echten Zorn in der Kriegsherrin zu entfachen.
"Geduld ist eine Tugend und die größte Stärke des Jägers. Vergiss, das nicht."
"Ein Zeichen der Schwäche", entgegnete sie gereizt.
"Wir sind Albe, wir haben die Unendlichkeit", tadelte Tenchi mit ruhiger und sanfter Stimme.
"Banshee hat recht", sagte plötzlich ein Alb von hinten. "Das Risiko ist groß, das sie im folgenden Kampf sterben könnten. Die Gepanzerten werden sie nicht schonen."
Die Gesalbte lächelte wölfisch, was von der anderen Albin nicht erwiderte wurde. "Lasst den Gepanzerten auch ein wenig Spaß in ihrem verfluchten Leben."
"Was kümmern uns diese lebenden Rüstungen?"
"Hat unser kleines Prinzessichen wieder einen ihrer niedlichen Wutanfälle?", trällerte die weizenblonde Albin, die noch weniger trug als die Kriegsherrin und trat neben ihre Kameradin vor dem Marmorthron.
Wie es die kurzhaarige Albin gehofft hatte, schluckte die andere Albin den Köder.
"Sei still, du verstautest Balg oder ich stopfe dir deinen Mund", fauchte Banshee.
Die Albin kicherte keck, wie ein junges Mädchen, das die ersten Komplimente ihres Verehrers bekommen hatte. Wollüstig leckte sie sich über die schmalen, schwarzen Lippen. "Ist dies ein Versprechen? Du weißt doch, wie gerne ich mir meinen Mund stopfen lasse. Und nicht nur ihn", flüstere sie anrüchig und streichelte über den seidenen Stoff, der ihre Scharm bedeckte. "Am liebsten beides gleichzeitig."
"Du bist schlimmer als eine läufige Katze. Kein Verstand, nur Titten. Von allem, was nichts mit Sex und Verführung zu tun hat, hast du keinen Schimmer."
Wieder kicherte sie. Langsam zeichnete sie mit ihren zarten Fingern die magischen Linien auf ihren Körper nach. Die begonnen hatten stärker zu pulsieren, ein deutliches Zeichen ihrer Erregung.
Wie können gesegnete Zwillinge nur so unterschiedlich sein?
Diese Frage hatte sich Tenchi schon öfter gestellt, als sie zählen konnte.
„Was muss man auch mehr können?“, war die kühle Antwort. „Die Kunst der Verführung und immer weiter steigende Ekstase, bis hin zudem Moment, in dem die eigene Lust wie ein Vulkan explodiert. Dies sind die Mittel, um Reiche zu Fall zu bringen. Wer mit so ein Körper wie unser Volk gesegnet ist, der braucht keine andere Waffe.“ Abrupt hielt sie inne und starrte ihre Gegenüber abschätzend an. "Ah, jetzt verstehe ich. Der Neid steht dir wahrlich nicht gut, teuerste Schwester."
"Vorsicht, Succubus", zischte die schwarzhaarige Albin drohend.
Doch diese hatte nicht vor zu schweigen, dafür genoss sie es zu sehr, die andere zur Weißglut zubringen.
"Dies ist also der Grund, warum du immer mit so ein hässliches und plumpes Ding trägst. Du hast Angst, dass man dich wegen deinen kleinen Titten für nicht begehrenswert hält. Daher versteckst du sie unter der dicken Rüstung und deinem zornigen Temperament. Sag, wie lang ist es her, dass dein Acker gepflügt worden ist? Dein Liebestempel muss voll Spinnenweben sein, wie eine alte verlassene Mine."
Banshees Gesicht schien nur noch aus Zornesadern zu bestehen, so schwarz wie es war. Dies warnte Succubus vor dem Angriff ihrer Schwester, die sich mit einem langen schmalen Dolch bewaffnet auf sie warf.
Banshee hatte zum Teil recht. Succubus interessierte sich fast nur für Sex und die Verführung um diesen zubekommen, nicht dass ihr es schwerfiel, einen Partner oder Partnerin dafür zu finden. Nur der Kampf vermochte es ähnlich starke Begierden in ihr zu wecken.
Spielerisch wich sie den, von gedankenloser Wut geführten Schlag zur Seite aus. Die Albe beobachten interessiert den Kampf. Nur die Wiedergeborene starrten stumm gerade aus.
"Los lass mich dir helfen, Banshee. Lass die anderen jagen, während ich dir die Freuden schenke, die du schon so langen missen musstest", trällerte Succubus und tänzelte anmutig aus den weg der zahlreichen Hiebe und Stiche, die gegen sie geführt wurden. Banshee, deren Zorn etwas verblasste, stoppte ihre Angriffe.
"Ha! Du und ich? Niemals! Lieber lasse ich mich von einem Stier besteigen, als das deine ekelhafte Zunge mein Fleisch berührt."
"Ein Stier?! Meine Schwester hat doch Geschmack! Die Größe ist wahrlich beeindruckend und trotz des Schmerzes, den das Eindringen mit sich bringt, ist es ein euphorisches Erlebnis. Doch ich würde dir einen stattlichen Rüden empfehlen. Die Ausdauer und Energie, mit der sie dich beglücken macht die mangelnde Größe wieder wett. Du darfst mich gerne begleiten, wenn Lilitu, wieder zum Fest lädt. Ich verspreche dir, du wirst es nicht bereuen."
"Wie können wir nur das gleiche Blut in uns tragen?", fragte Banshee laut und griff abermals an. Succubus duckte sich unter dem Schlag weg. Doch Banshee, die ihre Wut so weit unter Kontrolle gebracht hatte, dass sie nicht blindwütig zu schlug, überraschte ihre um wenige Minuten ältere Schwester, indem sie den Dolch losließ und ihn mit der anderen Hand auffing.
Succubus versuchte noch auszuweichen, doch der neue Angriffswinkel war zu überraschend. Der Dolch hinter lies einen langen Kratzer quer auf ihrem Bauch. Die freizügige Albin funkelte ihre Schwester mit ihren himmelsblauen Augen feindselig an. Beide griffen zeitgleich nach ihren Schwertern.
„Genug“, flüsterte die Kriegsherrin. Sie musste ihre Autorität nicht durch explosive und emotionale Ausbrüche festigen, wie es viele Anführer der sterblichen Völker machten. Ein Flüstern reichte vollkommen aus. Tenchi wusste nur zu gut, dass wenn sie die beiden jetzt nicht zurechtwies, würde es schwer werden, die beiden wieder zu trennen. Beide Albinnen schienen nicht begeistert zu sein. Ließen aber davon ab, ihre Schwerter zu ziehen.
Succubus fuhr mit ihren Finger über den Kratzer und wischte sich das helle Blut von ihrer Haut. Der Kratzer war bereits verheilt. Die Macht mit dem Kami seine bevorzugten Diener, die Albe gesegnet hatte, war stark. Kleinere Wunden verheilten praktisch sofort, während schwere Wunden innerhalb von wenigen Wochen, vorausgesetzt sie waren nicht sofort tödlich. Nur Körperteile vermochte die Macht nicht zu regenerieren. Dafür gab es andere Möglichkeiten.
"Es ist so weit", sagte Tenchi und erhob sich geschmeidig vom Thron. Die Anführerin hob die Sanduhr hoch, daraufhin eilte der Alb, der ihr sie vorher überreicht hatte, wieder an sich und verstaute sie wieder in einen der vielen Beutel, die er an seinem Waffengürtel befestigt hatte. Succubus schleckte sich genüsslich ihr eigenes Blut vom Finger. Beide Erstgeborenen blickten zu Tenchi. Die Begierde auf die Jagd und eines kleinen Kampfes war deutlich, in ihren blauen Augen zu erkennen und einte die ungleichen Zwillinge.
"Die Zeit des Wartens ist vorbei", sagte Tenchi und schritt die Stufen herab. Meisterlich gefertigte Schwerter, einige so alt wie die Albe, die sie führten, wurden gezogen. "Die Zeit der Jagd hat begonnen. Wir sind die Albe, die bevorzugten und gesegneten Diener Kamis. Für die Glorie Yamis und im Namen Kamis."
"Für die Glorie Yamis und im Namen Kamis!", riefen, die Albe laut den Schlachtruf ihres Reiches und stürmten, angeführt von Succubus und Banshee an ihrer spitzte an der Gesalbten vorbei. Tenchi blickte ihnen nach. Sie hatte es nicht eilig und schritt gemächlich durch den Speisesaal. Dabei achtete sie darauf, nicht in eine der zahlreichen Blutlachen zu treten. Die vier Wiedergeborene, die ihr folgten, taten es nicht.
Plötzlich spürte sie eine Erschütterung. Ein leises Grollen war zu hören. Feiner Staub und kleine Steinchen rieselten von der Decke. Verwundert blickte sie hoch. Haben die Orks etwa eine kleine Überraschung für uns vorbereitet? Sie zuckte mit ihren Schultern und machte sich eine alte Weise aus Surat summend daran herauszufinden, was die Kinder Orkans für sie vorbereitet hatten.
 
  • Like
Reaktionen: Dragunov 67
Auf ihrer Flucht vor den Alben passierten sie wieder die geschändeten Leichen. Bei ihrem Anblick verfluchte Aktok sich. Er verfluchte die Mission und verfluchte die verdammten Albe. Leider war das Einzige, was er jetzt tun konnte, war mit den anderen zu fliehen.
Seine Instinkte schrien nach Flucht, seine Ehre als erster Krieger des Knochengras-Stamm und sein Zorn als Ork schrien nach dem Gegenteil. Sie verlangten, dass er stehen blieb, um jeden Einzelnen dieser verfluchten Spitzohren mit seinen bloßen Händen die Kehle aus dem Hals zu reißen.
Man hatte ihn als kleinen Welpen beigebracht, auf seine Instinkte zu hören; sie halten einen am Leben; hatten sie gesagt.
"Auch wenn ...wir laufen, ... die werden ... uns jagen ... und abschlachten ... so wie ... Sie die ... anderen abgeschlachtet ... haben", keuchte Assen zwischen seinen Atemzügen.
Die zwei Menschen fielen hinter den Orks zurück. Ihre eiserne Rüstung, die sie trugen, war für kurze Gefechte gedacht und nicht um mit ihr durch die Eingeweide einer geheimen Orkfestung zu rennen.
Terak kam Aktok wieder zuvor und antwortete. "Vertraut uns und dem Handwerk der Zwerge. Sie werden einige Stunden, wenn wir Glück haben, auch einen Tag oder länger brauchen, um sich frei zu graben."
Die Rampe kam in Sicht, während Terak die Überlebenden die Rampe rauf führte, liefen Aktok und Tolk an ihr vorbei in die Sackgassen. Nach dem Stand der Sonne waren sie etwa eine Stunde unter der Erde. Dazu kam die Zeit, die Sie oben verbracht hatten, um sich umzusehen. Die Zwillinge waren mit Sicherheit schon nach Orktan aufgebrochen.
Die Orks blieben am Rand stehen, damit die Menschen zu Atmen kommen konnten. Einige Momente später grölte Tolk seine Stimme von der Rampe. „Lauft!“
Assen, der seine Hände auf die Knie gestützt hatte, blickte zu Terak. "Was... haben...?", fragte er besorgt.
"Klappe halten und weiterlaufen", schnauzte Terak ungewöhnlich aggressiv, packte ihm an der Schulter und zog ihn hinter sich her. Ein ächzten erklang, wie von brechendem Holz, gefolgt von einem tiefen Grollen eines entfernten Gewitters.
"Was haben diese Mooshirne nur gemacht?", blaffte einer der Orks. Das Grollen wurde lauter.
"Spürt ihr das?" Ein leichtes Vibrieren war in den Füßen zu spüren. Die Gruppe bliebe stehen.
"Bin ich bescheuert oder schwankt der ganze Turm?", fragte Lork.
"Du bist bescheuert Lork, aber in diesen Fall hast du recht." Plötzlich schoss eine bräunliche Staubwolke aus den Katakomben. Kurz darauf spukte sie zwei Gestalten aus. Aktok und Terak kamen im Laufschritt auf sie zu. Feiner Staub bedeckte ihre Körper, was ihnen das Aussehen von Wüstengeistern verlieh.
Die beiden blieben aber nicht stehen, sondern liefen an Teraks Gruppe vorbei. Tolk rief ihnen noch zu:" Lauft weiter!" Terak schloss auf, bis er neben seinen Bruder lief.
"Wie viele habt ihr gelöst?"
"Alle", antwortete Aktok knapp.
Der ganze mittlere Felsenturm sackte mit Ohren betäubenden Krach in sich zusammen. Wie ein Wüstensturm gleich breitete sich eine Staubwolke kreisförmig aus und verschlang alles.
Der Staub klebte in Mund und Nase und reizte die Augen. Er war so dicht, dass Aktok die eigene Hand nicht mehr sah. Nur langsam legte sich der Staub wieder.
Sie brauchten mehrere Momente, um die Lungen freizubekommen. Terak zog geräuschvoll hoch und spukte einen Klumpen braunen Schleims aus.
"Hat man euch ins Hirn geschissen? Die Zwerge hatten gesagt einen, höchstens zwei Balken auf jeder Seite. Ihr könnt froh sein, dass euch das Ding nicht gleich auf eure Mooshirne gekracht ist", fauchte Terak.
Tolk machte es ihm gleich und spie ebenfalls einen Klumpen Schleim aus. "Ist, doch egal, jetzt kommen die scheiß Baumlutscher so schnell nicht mehr daraus."
Aktok hatte endlich seinen Hustenanfall überwunden. "Klappe, ihr zwei. Lasst uns endlich von hier verschieden."
Der erste Krieger schob sich an den beiden vorbei. Die überlebenden Sieben machten sich auf den Weg.
Aktok schob sich als erster durch den Spalt des getarnten Eingangs. Wie er es befohlen hatte, war der abgestellte Ork Kulk, verschwunden und auch die Zwillinge waren mit dem Prinzen und den anderen Menschen nicht mehr da. Einzig Ladon und die anderen Reittiere waren noch da. Aktok wollte sich gerade auf den Rücken seiner treuen Echse schwingen, als Lork, der bereits auf den Rücken seiner eigenen saß, ausrief: "Erster Krieger, da nähren sich Reiter."
Eine Schar Pferde preschte aus dem Unterholz, dicht gefolgt von drei Schreckensechsen.
Noch bevor sie ihn erreichten, brüllte er ihnen entgegen. "Warum seid ihr zurückgekommenen?!" Sie warteten mit der Antwort, bis sie den ersten Krieger und die anderen erreichten.
"Aktok, sie haben den Weg gefunden. Sie kommen in aufgefächerter Formation."
"Wie viele?“
„Wir haben zwei Dutzend gesehen. Es könnten aber auch mehr sein.“
„Wie lange brauchen sie noch?"
"Nicht lang genug."
"Aktok lass uns die Klippe runter und den geheimen Pfad nehmen", schlug Tolk vor.
"Sagt mal habt ihr den ganzen Turm eingerissen?", fragte Kulk. Keiner antwortete ihm.
"Der Weg ist steil, vielleicht zu steil für die Pferde der Menschen", äußerte Terak seine Bedenken. Doch noch bevor Aktok seine Befehle geben, konnte war das splittern von Holz zuhören.
Kurz darauf flog ein Schatten über die Baumkronen und schlug mitten unter den Versammelten ein. Die Pferde drohten durchzugehen, einige bäumten sich auf. Aktok traute seine Augen nicht zum wiederholten Mal an diesem Tag. Mitten unter ihnen lag eine junge Tanne. Sie war so breit wie ein Ork und dreimal so hoch. Der junge Baum hatte zwei Menschen und einen der Zwillinge samt ihrer Reittiere unter sich begraben. Als Pak seinen Zwilling dort liegen sah, stieß er einen Schrei, der aus Wut und unendlichen Schmerz geboren war.
"Dyn rette uns. Was kann nur einen Baum heben und werfen wie einen Speer?", stammelte einer der Menschen. Ein wütendes Zischen drang unter der Tanne hervor. Paks Schreckensechse lebte noch.
"Es gibt nur eine Kreatur, die dazu imstande ist", begann Terak in dessen Stimme Panik mitschwang. Er drehte sich zu den anderen um.
Aktok starte auf die Tanne. Unmöglich, es kann kein Prinz sein. Es darf kein Prinz sein.
"Menschen, wappnet euch und eure Seele. Ihr werdet gleich etwas sehen, was ihr nie hätte sehen sollen. Der Tod persönlich ist zu uns gekommen. Ein Dämonenprinz ist zu uns gekommen."
Verzweiflung machte sich unter den Orks breit.
"Ein Dämonenprinz hier? Haben wir versagt?", fragte Kulk voller Unglaube.
"Die Festungswälle können unmöglich gefallen sein", meinte Lork.
"Aktok, wenn es ein Dämonenprinz ist, können wir unmöglich standhalten."
"Ich weiß", antwortete dieser knapp.
"Was ist ein Dämonenprinz?" Die Frage stellte Then.
"Sie sind die gefährlichsten aller Dämonen aus der Dunkelschlucht. Zum Glück sind sie auch die seltensten dieser verfluchten Brut. Wir sind bei weiten zu wenige.“
Bewegung kam in die Bäume. Etwas Großes und Schweres bewegte sich zwischen den Stämmen auf sie zu.
"Das ist der Dämonenprinz. Er hat sich in Bewegung gesetzt."
"Aktok wir müssen zur Klippe, das ist unsere einzige Hoffnung!"
"Zu spät", meinte Tolk und zeigte mit seinem Totenkopfhammer zum Waldrand. Etwas Silbernes blitzte in einen der wenigen Sonnenstrahlen, die das Blätterdach durchbrachen, kurz auf und die letzten vier Bäume fielen wie Weizenähren von einer Sense. Der Dämon betrat durch die geschlagene Lücke den freien Platz und offenbarte seine grausige Gestalt.
"Das ist wahrlich ein monströser Anblick, dieser Dämonenprinz", sprach Then mit ehrfürchtiger Stimme. Terak schüttelte ungläubig seinen Kopf. "Nein. Das ... das ist kein Dämonenprinz. Das ist ... das ist, ich weiß es nicht."
"Was ist das jetzt schon wieder?", fluchte Aktok. Der erste Krieger hatte so etwas noch nicht gesehen, keiner von ihnen hatte etwas Vergleichbares gesehen.
Das Auftauchen des Monstrums ließ die Pferde vollkommen durchdrehen. Einer der Leibgardisten wurde aus dem Sattel geworfen. Prinz Teraf schrie hysterisch, als sein Schimmel davon preschte. Die übrigen Pferde folgten dem wertvollen Tiere, da der Fluchtinstinkt der Herde einsetzte. Doch der Orks achtete darauf, sondern sie alle starrten das gewaltige Monstrum an.
Das Ungetüm hatte die Form eines Menschen nur um ein Vielfaches größer. Aktok schätzte die Größe auf sechs, vielleicht sogar sieben Meter. Dicke schwarze Panzerplatten mit goldenem Rand schützten den Körper. Blutrote Stacheln bedeckten Arme und Beine. Um ihren Hals hatte sie Dutzende von Schädeln wie Perlen auf einer Schnur gefädelt.
Viele der Häupter waren alt, an manchen hingen noch Haarbüschel oder Hautfetzen. Zwei von ihnen waren noch frische Orkschädel.
Das alles nahm Aktok kaum wahr, denn der Blick des ersten Kriegers war auf die Brust der Kreatur gerichtet. Über ihre gewaltige Brust hatte die Kreatur einen gehäuteten Ork gekreuzigt.
Aktok wusste, dass er diesen Krieger kannte, aber er konnte es nicht sagen, wer es war. Mit der geraubten Haut hatten ihn seine Mörder auch seine Identität genommen.
Ein gehörnter Helm, der so schwarz wie der Rest der Rüstung und mit goldenen Insignien verziert war, bedeckte das Haupt vollständig. Die Hörner ähnelten denen eines Widders und waren länger als die Schädelhämmer von Tolk. Ein rotes, hasserfülltes Leuchten drang zwischen den schmalen Sehschlitzen durch.
Bewaffnet war sie mit der größten Streitaxt, die Aktok jemals gesehen hatte. Von Stachelende des Griffes bis zum Axtblatt hatte sie die Größe eines Orks. Die Schneide maß drei Schritte in der Länge und ebenso viele in der Breite.
All der Krieg den Aktok erlebt hatte, war nichts im Vergleich zu dem, was er im glühenden Blick der gewaltigen Bestie sah. Der erste Krieger des Knochengrasstammes wusste mit instinktiver Sicherheit, dass sie an der Auslöschung ganzer Völker beteiligt war. Das Zehntausende zu ihrer sadistischen Belustigung qualvoll und langsam starben.
"Diese Kreatur stinkt nach Tod und Schmerz", sprach Tolk aus, was alle dachten. Plötzlich vernahm Aktok den Kriegsschrei seines Stammes und drehte sich um.
Pak trieb seine Schreckensechse an, die auf das Ungetüm zu stürmte. Die Kreatur richtete ihren Blick auf dem anstürmenden Ork.
Der Knochgraskrieger hatte sie fast erreicht, als sich die Bestie mit einer Geschwindigkeit, die ihre Größe Lügen strafte, bewegte und Ork und Echse überraschte. Die Axt zerteilte die Schreckensechse in zwei längliche Hälften und trennte Pak die untere Hälfte vom Körper. In einem langen Bogen spritzte das Blut über die trockene Ebene. Schreiend stürzte der Ork zu Boden und überschlug sich mehrere Male, ehe er vor der Kreatur zum Liegen kam. Eine lange Blutlache verband beide Hälften der Schreckensechse miteinander.
Aktok wusste nicht, ob sein Krieger tot war oder nicht. Es spielte keine Rolle, denn im nächsten Moment schlug das Monstrum mit der flachen Hand zu und zerquetschte den altgedienten Veteranen vieler Schlachten wie ein lästiges Insekt.
Das Monster hob seine Hand und inspizierten die Überreste, ehe er sie mit der Axt abkratzte und sich wieder aufrichtete. Mit einem wütenden Brüllen brach Balks Schreckensechse unter der Tanne hervor.
Während die Orks den Tod ihres Stammesmitgliedes beobachteten, lag die Aufmerksamkeit des Kommandanten der Leibgarde voll und ganz auf den Prinzen und seinen Männer.
"Verflucht!" Da sein eigenes Pferd sich den anderen angeschlossen hatte, konnte er nicht hinterher reiten und so blieb ihm und den abgeworfenen Reiter, der sich inzwischen wieder aufgerappelt hatte, nichts anderes übrig, als ihnen hinterher zu starren.
Inzwischen hatten die panischen Tiere beinahe die Bäume erreicht, als etwas Großes durch die Stämme brach. Angsterfüllt stoben die Pferde auseinander. Noch bevor der Regen aus Holz aufhörte, schloss sich eine gewaltige Pranke um den Prinzen und hob ihn aus dem Sattel.
Durch das berstende Holz alarmiert blickten die Orks zu dem Prinzen. Eine weitere Kreatur hatte ihn sich geschnappt.
Pfeile surrten plötzlich durch die Luft und schossen einen Leibgardisten nach dem anderen aus dem Sattel. Keiner verfehlte sein Ziel.
Teran schrie und schlug mit seinen Händen auf den eisernen Handschuh des Riesen ohne Hoffnung auf Erfolg. Weitere Gestalten tauchten zwischen den Bäumen auf. Darunter war der geheimnisvolle Anführer vom Hügel, der den ersten Angriff geleitet hatte. Auch einige Albe waren darunter, die wie Tenchi und die anderen Albe unterschiedliche Rüstungen trugen, von beinahe nackt bis hin zur leichten Rüstung. Ein Alb mit langen Haaren, so blau wie ein klarer Sommerhimmel, schützte sich mit einer scharlachroter Plattenrüstung ohne Helm.
Jetzt hatten die Albträume einen Namen, doch ihren Schrecken verloren sie dadurch nicht. Alles ergab nun einen Sinn. Die geheimnisvollen Angreifer, die grausamen Albe und die monströsen Kreaturen. Sie alle gehören zusammen.
Der Alb in seiner scharlachroten Rüstung ließ seinen Blick über die Ebene schweifen und lächelte müde.
"Da bist du ja mein Großer. Erst verschwindet Tenchi mit einem Drittel unserer Krieger, dann begibt sich auch Malphas mit seinen Sklaven auf Erkundungstour. Wenn das nicht schon reichen würde, verschwindet auch noch einer unserer Gepanzerten. Habt ihr vergessen, dass unsere Mission geheim ist? Verzeih meine Worte, aber dich kann man wahrlich nur schwer übersehen." Laut seufzte der Alb, verzog missmutig das Gesicht und schüttelte den Kopf. "Manchmal glaube ich, dass ich der Einzige bin, der unseren Auftrag ernst nimmt."
Ein tiefes unmenschliches Brummen drang unter dem Helm des Gepanzerten hervor. Der Alb blickte zu ihm. Das Monstrum war deutlich kleiner als das andere, aber überragte die Albe und Angreifer trotzdem um das Doppelte.
"Ja, ja du bist in Thoiba geblieben. Ja, ich weiß. Entschuldige. Nur wenige von uns. Hört sich das für dich jetzt besser an? Wie sieht es mit dir aus, Agash? Soll ich dich auch extra erwähnen?"
Damit war der verhüllte Anführer gemeint. Smaragdfarbenes Feuer flackerte kurz unter der Kapuze auf, doch eine Antwort erhielt der Alb nicht.
Grünes Feuer? Oh, nein! Es sind mehr als einer. Wie viele gibt es von diesen Bastdarden!? Der Alb blickte nun zu den Orks und den zwei Menschen, die sich zu einem Halbkreis formiert hatten.
"Entschuldigt bitte, wehrte Einheimische, dass ich mich noch nicht vorgestellt hatte", begann der Alb und verbeugte sich theatralisch. "Ich bin Asmodeus, stolzer Sohn Yamis, ein Erstgeborener und Gesalbter der Albe, den bevorzugten Dienern Kamis. Dies sind meine geschätzten Begleiter Agash, Akolytha des Smaragdordens im Rang der hundert Seelen. Und...", Asmodeus erhob sich und blickte erst zu den einen Gepanzerten und dann zum anderen. Mit einem Schulterzucken sagte er: "Die Gepanzerten."
Wieder drang ein tiefes Brummen unter dem Helm des kleineren Gepanzerten vor. Es klang gereizt und auch etwas bedrohlich. Asmodeus schien es aber nicht einzuschüchtern.
"Wie soll ich deinen Namen bitte übersetzen? Mh. Ich kann doch nichts dafür, dass ihr so seltsame Namen habt." Der Alb schloss die Augen. "Ja, ja den darfst du haben. Er ist ungeeignet. Viel zu schwach, besonders sein Geist. Er gehört dir. Aber bitte, beeile dich. Sein Geschrei beleidigt unser Gehör.“
Das Monstrum richtete jetzt seinen rotglühenden Blick auf den noch immer um sich schlagenden und schreienden Prinzen in seiner Pranke.
Das Donnern eines nahenden Gewitters erfüllte auf einmal den Himmel, Aktok blickte hoch, doch zeigten sich keine Dunklen Wolken ab.
Das hysterische Kreischen des Prinzen verwandelte sich plötzlich in Schmerzensschreie, im gleicher maßen steigerte sich das Donnergrollen.
Der Gepanzerte hatte seine zweite Pranke um die Beine des Prinzen gelegt und diese mit seiner titanischen Kraft zerquetscht.
Der Körper des Gepanzerten zitterte.
Jetzt verstand Aktok. Die Bestie, sie lacht. Es macht ihr Spaß.
Es nahm seine Hand von den Beinen des Prinzen, die nur noch eine blutige Masse waren. Stattdessen griff er den Arm des wimmernden Prinzen zwischen seinen Daumen und Zeigefinger und drückte wieder zu.
Der neuerliche Schmerzensschrei des Thronfolgers von Cassis endete abrupt. Blutverlust und Schock hatten ihn zum Schweigen gebracht. Vermutlich für immer. Damit hatte der Gepanzerte nicht gerechnet. Obwohl es sein Gesicht unter einen Helm verborgen hatte, schaffte er es tatsächlich für einen Moment verwirrt auszusehen.
"Ah, ich danke dir. Diese Ruhe ist einfach … entzückend. Jetzt kann ich mich zivilisiert unterhalten."
Der Gepanzerte brummte wieder. Er warf den Prinzen, ob er nun lebte oder nicht, beiläufig über seine Schulter, wie ein Kind, dem sein Spielzeug zu langweilig geworden war.
"Zu meinem Leidwesen hat sich unsere holde Anführerin mit dem wohlklingenden Namen Tenchi, mit einer Gruppe unserer Krieger aufgemacht, um ... um sich etwas in dieser bezaubernden Gegend um zu schauen. Sie sollte sich in Begleitung von zwei temperamentvollen Schwestern befinden. Die eine hat kurz und weizenblonde Harre und ist frevelhaft freizügig, was ihre Garderobe betrifft. Des Weiteren hat sie für eine Albin ein geradezu vulgären Wortschatz. Die andere hat lange und schwarze und trägt eine passable Rüstung, wenn auch etwas zu düster für meinem Geschmack. Von ihrer Laune möchte ich gar nicht erst sprechen. Ach ja, und wenn wir gerade schon dabei sind, bin ich auch noch auf der Suche nach einen unsere geschätzten Akolythen namens Malphas. Er ist in etwa so gekleidet wie meine Begleiterin. Nur das seine Augen saphirblau schimmern."
Tolk spukte auf den Boden. "Das sind Elben. Nur Elben können so viel reden und doch nichts sagen."
Vielleicht gab es für sie doch noch eine Chance mit dem Leben davon zukommen, um ihnen später das Leben nehmen zu können, überlegte der erste Krieger.
"Von den einen haben wir nichts gesehen Alb", log Aktok, "aber deine spitzohrigen Freunde sind in der Festung hinter uns verschüttet. Ihr solltet euch beeilen, wenn ihr sie noch retten wollt."
Aktok gab zu verstehen, dass sie aufsitzen sollten. Wie sie es bei Tenchi bereits gesehen hatten, bröckelte auch bei Asmodeus das perfekte Gesicht, als die Zornesadern über sein Antlitz pulsierten. Der Alb schloss seine Augen und die nekrotischen Adern verschwanden.
"Ich danke euch für eure Antwort. Doch wir müssen darauf bestehen, dass ihr in den Genuss unsere erquickliche Gastfreundschaft kommt."
Pfeile pfiffen durch die Luft, töteten Then und den anderen Menschen. Auch Lork und Kulk wurden vom silbernen Tod geholt. Assen bekam einen Treffer in die Schulter und machte seinen verletzten Arm nun vollkommen nutzlos. Die anderen warfen sich hinter ihren Schreckensechsen in Deckung. Ihre Schuppen schützten die gewaltigen Räuber vor zielsicheren Treffern.
Einer der Echsen nützte dies nichts, als ein besonders gut platzierter Pfeil durch ihr Auge ins Gehirn bohrte.
Das leise Klirren der treffenden Pfeile endete als eine freundliche Stimme voller Freude rief: "Asmodeus, mein guter Freund! Ich habe dich hier nicht erwartet!"
Das war ihre Chance.
"Orks! Zur Klippe!", bellte Aktok und lief los. Die anderen folgten ihm.
"Last sie nicht entkommen! Bringt sie zu Fall, aber tötet sie nicht!" Hörten sie Asmodeus hinter sich rufen. Wieder surrten Pfeile durch die Luft, doch die intelligenten Raubechsen schützten ihre Reiter mit ihren Körper. Schwere Schritte ließen den Boden erzittern, als sich die Gepanzerten in Bewegung setzten.
Nur noch wenige Meter trennte die Gruppe vor der rettenden Klippe. Als der vorletzte Krieger von Aktok starb, als die geworfene riesige Streitaxt des Gepanzerten, ihn vom Kopf, bis Scheitel spaltete. Tief bohrte sich die Waffe in das harte Gestein. Risse bildeten sich, die sich schnell verästelten.
"Ich sagte lebend, du tölpelhafter Eisenschrotthaufen!" Jetzt klang die melodische Stimme von Asmodeus, nicht mehr ganz so unbeschwert wie eben noch.
Plötzlich ragte der Schatten des großen Gepanzerten über ihnen auf. Die geballte Faust der Kreatur fuhr nieder. Terak, der Assen stützte und mit ihn hinter den anderen lief zur Seite. Hart schlug der Mensch mit dem Kopf auf dem Boden auf. Doch das war noch immer besser, als von dem Monstrum zermalmt zu werden. Der Ork entging selber nur knapp dem Schlag mit einer Hechtrolle. Bevor sich sein Nestbruder wieder aufrappelte, konnte, wurde er von der gewaltigen Pranke des Giganten gegriffen.
Aktok, Tolk und Zaruz, der Letzte seiner Krieger, stoppten vor der Klippe. Der Gepanzerte warf Terak wie eben erst den Prinzen beiläufig zu Seite. Ihn war es anscheinend egal, ob Asmodeus sie leben haben wollte. Der erste Krieger sah nicht, wie sein Nestbruder aufschlug, da er der erneut zu schlagende Faust mit einem Sprung nach hinten auswich.
Unbemerkt breiteten sich weitere Risse aus und verbanden sich mit den bereits Existierenden. Der Gepanzerte zog seine Waffe aus dem Boden.
Wütend brüllte der Gigant. Es war ein unmenschlicher Laut der die Luft spürbar zum Vibrieren brachte.
Er machte einen energischen Schritt auf die Orks zu. Der Fuß stapfte gerade auf dem Boden. Ein plötzlicher Ruck ging durch das Gestein. Alle blickten verwundert zu Boden. Erst jetzt bemerkten sie die feinen Risse. Doch es war zu spät.
Der Felsen konnte so nahe an der Klippe den titanischen Belastungen des Kampfes nicht standhalten. Zaruz verschwand brüllend in den Abgrund.
Das Aussehen des Gepanzerten täuschte über sein Wesen hinweg. Akotk hatte ihn zwar für eine hirnlose Bestie gehalten, wie es die Dämonen der Dunkelschlucht waren, doch in den sparsamen und gezielten Bewegungen des Monstrums erkannte er den Geist eines erfahrenen Kriegers.
Daher überraschte es ihn nicht, dass der Gepanzerte den Angriff sofort abbrach, um sich in Sicherheit zu bringen.
Aktok und Tolk wollten es ihn gleichtun, doch sie waren zu langsam und folgten Zaruz in den Abgrund.
 
Kapitel 3
Reinkarnation

Der Wald lag in absoluter Finsternis. Weder die Sterne noch der Mond waren am Nachtfirmament zu sehen. Dichter Nebel, der mit Einbruch der Nacht aufgezogen war und alle Geräusche verschluckte, waberte zwischen den Bäumen, während blaue Irrlichter über den Boden tanzten.
Die Sicht betrug nur wenige Meter. Unter diesen Umständen ist Reisen, selbst wenn man die Gegend kannte, war äußerst riskant. Zu reisen, wenn man die Gegend jedoch nicht kannte, war ein sicherer Weg ins Grab.
Aber das beunruhigte den einsamen Reiter nicht im Geringsten. Er vertraute auf sein Reittier. Denn egal wie finster die Nacht, wie dicht der Nebel auch ist, ein Nachtmahr findet, stets einen sicheren Weg.
Diese seltenen pferdeähnlichen Kreaturen waren gefährliche Jäger, die selbst bei einer so finsteren Nacht wie heute ihre Umgebung mit Sinnen wahrnahmen, die sich dem Verständnis der Sterblichen entzog.
Vassago gehörte zu diesem elitären Kreis an Auserwählten. Er über ließ es seinem Tier den Weg zu finden.
Indes vertrieb sich der Mensch die Zeit damit, seine zwei Dolche aus ihren Scheiden zu ziehen. Er ließ sie einige Male in der Handfläche rotieren, bis er sie mit einer flüssigen Bewegung wieder zurück streckte. Dies wiederholte er ein ums andere Mal. Mit jeder Wiederholung steigerte er die Geschwindigkeit ein Stück, bis alles zu einer einzigen schemenhaften Bewegung wurde.
Vassago Redaln war zwar ein General der Kernheere in den Legionen von Yami, aber dies war er nur an zweiter Stelle. Als Erstes war er ein Krieger, der sich im dichtesten Kampf am lebendigsten fühlte. Sein Skaranerblut verlangte danach, sich mit Kriegern zu messen. Lange Reisen langweilten ihn zutiefst, aber mit der Aussicht, als erster in ein feindliches Land einzufallen, wo sich der Gegner noch nicht von den Mächten, die in Inbegriff wahren, ihn zu verschlingen, bewusst war, hatte ihn die lange Reise antreten lassen.
Zu seinem Bedauern war er leider noch auf keinen einzigen Krieger gestoßen. Vor Reisenden und Bauern hatte er sich verborgen gehalten, sehr zum Missfallen seines Nachtmahre. Doch er war nun einmal ein Krieger und kein Schlächter von Unschuldigen.
Er unterbrach sein Spiel mit den Dolchen und seufzte: „Tohron, worauf haben wir uns nur eingelassen?“ Sein Hengst fauchte zustimmend. Der General lächelte und tätschelte den Hals des Tieres. „Sie hatten uns Krieg versprochen. Doch nun schleichen wir hier im Wald herum wie ein Alb.“
Das Geräusch der Hufe änderte sich. Das dumpfe Klacken wich einen holen Pochen.
„Halt.“
Der Hengst gehorchte augenblicklich. Sie standen mitten auf einer kleinen Holzbrücke. Der Nebel hatte die Geräusche des breiten Baches verschluckt. Der zwei Meter unter ihren Füßen vorbei plätscherte.
„Ah, ich glaube, wir haben unser Ziel erreicht, mein Junge.“ Als ob der Nebel ein Soldat des Generals war und seinen Befehlen gehorchte, begann er sich zu lichten. Auf der anderen Uferseite wurden die groben Umrisse von Häusern sichtbar.
Warum er und seine Krieger mit der Fracht in einem Dorf zu der Kriegsherrin stoßen sollte, war dem Skaraner ein Rätsel. Auch warum man eine Geheimmission mit so Vielen unternahm, war im schleierhaft. Besonders seltsam fand er, dass nach seinen Informationen auch zwei Gepanzerte beteiligt waren. Doch er war nur ein General, einer von unzähligen, die über die schier unendlichen Heere Yamis, befahlen. Gut, er war ein angesehener General der Kernarmee aus der Stadt der tausend Götter, der prächtigen und unbeschreiblichen Hauptstadt des gewaltigen Reiches, welches als Yami, die Lehren und die Wahrheit Kamis zu den verblendeten brachte, um ihnen die Augen zu öffnen.
„Na los, mein Junge.“
Gehorsam trabte der Nachtmahre los. Sie passierten die ersten Häuser. Es waren einfache Bauten. Einstöckig und aus Holz errichtet, boten sie Platz für eine Familie. Genau wie im Nebel verhangenen Wald, war es totenstill. Die Häuser waren verlassen, Türen und Fenster standen offen. Vassago warf immer wieder einen Blick vom Rücken des Nachtmahrs ins Innere, doch er sah nichts außer einer massiven Wand aus undurchdringlicher Finsternis. Mit einem winzigen Druck in die Flanken des Tieres, ließ er ihn wieder halten.
"Wieso kommt ihr nicht aus den Schatten?", rief er laut. Seine Worte klangen gedämpft, als ob er durch ein Kissen sprach
Lange musste der General nicht warten.
Eine Handvoll Albe erschienen in den Türen und auf den Dächern. Ein Alb in einer schweren Plattenrüstung, die wie der rechte Arm seiner eigenen Rüstung, die ihn damit als einen General auswies, in scharlachrot lackiert war, kam auf ihn zu. Seine langen Haare, die die Farbe eines klaren Sommerhimmels hatte, hatte der Alb zu einem straffen Pferdeschwanz gebunden.
Tohron knurrte, als er die Hand zu ihm ausstreckte. Dies schien den Unsterblichen nicht zu beunruhigen. Ohne Angst berührte er das mitternachtsschwarze Fell des Tieres und kraulte dem Nachtmahre unterm Kinn. Tohron schloss seine rotglühenden Augen und schnurrte wie eine Katze.
Nachdem er dem Nachtmahre etwas verwöhnt hatte, ließ Asmodeus vom ihm ab und wand sich dessen Reiter zu.
"Es erquickt mein Herz, dich wohlbehalten zu sehen, alter Freund. Wie war die Reise? Ich hoffe doch sie war angenehm."
Vassago sprang vom Nachtmahre und reichte dem Alb die Hand. Asmodeus packte den Arm des Generals, wie es nur Krieger taten.
"Auch ich freue mich, dich zu sehen, mein Freund. Die Reise war zu lang und kein Krieger hatte sich mir gezeigt."
"Jetzt bist du in meiner alten Heimat. Hier gibt es viele Krieger, mit denen du die Klinge kreuzen kannst, mein Freund."
"Ich freue mich schon darauf. Besonders mit den Zwergen möchte ich mich messen. Ich hörte viel von ihrem Geschick. Sag ist der Nebel eigentlich euer Werk Asmodeus? Ohne Tohran hätte ich den Weg durch diese Suppenküche niemals gefunden."
Der Alb verwöhnte wieder den Hengst. "Ja, so soll es auch sein. Wir wollen ja nicht, dass wir ungebetenen Besuch erhalten. Es wäre schimpflich, wenn unsere Anwesenheit zu früh bekannt wäre. Nicht noch mehr, als es schon der Fall ist."
"Der Fall ist? Hat man euch entdeckt?", fragte der Mensch besorgt."
Ohne von der Verwöhnung des Nachtmars ab zulassen winkte Asmodeus ab.
"Nein. Es war nur so, dass einige von uns, sich die Gegend etwas zu genau erkundet hatten."
"Verfluchte Gepanzerte. Ich wusste es, dass es falsch ist, Gepanzerte auf einer so Wichtigen und vor allem Geheimmission mitzunehmen."
"Tja, es waren nicht nur die Gepanzerten."
"Wer noch?", fragte der Skaraner neugierig. Jetzt ließ der Alb vom Tier ab und wand sich voll und ganz seinem Freund zu. Tohron brummte unzufrieden.
"Doch genug davon, Vassago. Du hattest eine lange Reise, komm lass uns etwas trinken."
Der General erwiderte das Lächeln seines Freundes nicht. "Vassago?"
"Asmodeus, wo ist die Kriegsherrin? Es gibt etwas, was ich berichten muss."
"Für dich immer noch gesalbte Kriegsherrin, niedere Kreatur“, zischte eine den beiden wohlbekannte Stimme.
"Auch dich grüße ich Erstgeborene Banshee. Wie immer ist es eine große Freude und Ehre zu gleich deine liebreizende Stimme zu vernehmen", grüßte Vassago und verbeugte sich vor der Albin.
Banshee lehnte in einen der Hauseingänge, die Arme vor ihren Körper verschränkt und starrte finster drein, wie immer.
„Asmodeus. Schaffe mir den Abschaum aus den Augen. Oder ich werde ihn persönlich Ghoul übergeben.“
Ohne auf eine Erwiderung zu warten, machte die Albin auf dem Absatz kehrt und verschmolz wieder mit der Finsternis.
Die beiden schauten ihr nach.
Asmodeus wand sich vom Haus ab, in dem die Albin verschwunden war und wand sich stattdessen dem Menschen zu: „Du lebst gefährlich, mein Freund. Es wird die Zeit kommen, indem dich dein Rang nicht mehr schützen kann. Und wenn dieser Tag da ist, wird es Banshee auch sein.“
Vassago wusste, dass sein Freund recht hatte. „Du hast wie immer recht. Ich werde versuchen, mich zurückzuhalten.“ Der sarkastische Unterton in der Stimme des Menschen entlarvten seine Worte als Lüge.
Asmodeus entging dies nicht, ging aber nicht darauf ein. „Besser wäre es. Komm, mein Freud, ich bringe dich zu Tenchi.“ Der Alb setzte sich in Bewegung, blieb aber nach einigen Schritten wieder stehen. „Vassago?“
„Ja.“
Der Alb schaute über seine Schulter zurück. „Ich hoffe das mit dem Schleichen wie ein Alb, war als Kompliment gemeint?“
Der General kannte sein Leben lang schon die Albe. Mehr noch, er hatte sogar einen albischen Adoptivsohn. Nichtsdestotrotz überraschte ihn ihr Gehör immer wieder aufs Neue.
„Aber gewiss war es das.“
„Das ist auch besser so, sonst ist es nicht Banshee, die deinen Kopf holt.“ Der Blick, der ihm sein Freund zuwarf, war mörderisch. Aber nur kurz konnte er diesen aufrechterhalten, bevor sich ein Lächeln um seine Mundwinkel abzeichnete. Beide Lachten ausgiebig und setzten ihren Weg fort. Tohron trabte knapp hinter ihnen.
„Wie ich sehe, hast du deine Haarfarbe mal wieder geändert. Aber wenn du mich fragst, passt das Blau nicht zu deiner roten Rüstung. Ich denke, ... kupferfarben würde da schon besser passen.“
Der Alb sah dem General aus dem Augenwinkel an. „Vassago ernsthaft? Modetipps von einen Menschen? Und besonders von dir? Ich bitte dich.“
Der Erstgeborene schüttelte lächelnd und ungläubig den Kopf.
„Ich wusste nicht das Ghoul hier ist", wechselte Vassago abrupt das Thema. "Ich dachte er verlässt die Stadt der tausend Götter nicht. Und dann ist es hier so still?“
Asmodeus zuckte mit den Schultern. „Ich schätzte, wie die meisten von uns die Schmerzensschreie der Verblendeten, aber Ghoul, Ghoul ist ein Meister unter den Meistern.“ In seiner Stimme schwang sowohl Bewunderung als auch Angst mit.
„In der Tat“, stimmte ihm Vassago zu.
„Wir haben einen Zauber um die Außenbereiche gewirkt. So bleibt unsere Anwesenheit länger unbemerkt“, erklärte Asmodeus die Ruhe.
Sie gingen durch die verlassenen Straßen. Das Dorf entpuppte sich größer, als es Vassago erwartet hatte.
„Ziemlich groß“, bemerkte er beiläufig.
„Tohiba ist eine größere Holzfällersiedlung und der einzige Ort im Umkreis von zwei Tagen. Abgesehen von einer versteckten Orkfeste, die etwa eine Viertel Tagesreise entfernt liegt. Und hat... hatte“, verbesserte sich Asmodeus. „Vierhundertsiebenundsiebzig Einwohner. Dazu kamen einundzwanzig Besucher und eine Rotte Orks vom Knochengrasstamm.“
"Rotte? War das nicht die kleinste militärische Einheit der Orks? Das sind doch dreißig Krieger, wenn ich mich recht an unsere Informationen erinnere.“
"Fünfundzwanzig, aber ja, es ist ihre niedrigste Formation. Der nächste Rang wäre dann eine Meute, hundert Krieger, angeführt von einem Meutenführer. Dann der Hordenführer der etwa fünfhundert Kämpfer befehligt, je nach Stamm. Der Nächste wäre denn der Kriegshäuptling."
"Wenn du mir schon alles erklärst, kannst du mir mal erklären, was ein erster Krieger ist. Das hatte ich nicht ganz verstanden."
Amadeus warf dem Skaraner ein Lächeln zu. "Die werden dir gefallen, mein Freund. Erste Krieger sind Hordenführer. Sie gelten als besonders geschickte Kämpfer. Wenn du gegen die besten Orks kämpfen willst, dann suche sie. Aber es gibt nicht viele von ihnen, da jeder Stamm nur einen dieser Kämpfer hat."
"Gut zu wissen, kannst du mir auch sagen, wie ich sie erkenne?", fragte der General mit einem wölfischen Lächeln.
"Nein", sagte Amadeus kurz und klar.
"Ärgerst du mich oder weißt du es nicht?"
"Beides."
Sie setzten ihren Weg lachend fort, als plötzlich ein Schrei die Stille durchbrach. Ein weiterer Schrei war zu hören, gefolgt von dunklen, schadenfrohen Gelächter. Sie hatten die Barriere des Schweigens durchbrochen.
„Der Marktplatz ist gleich da vorne.“
Lichtschein war zwischen den Häusern zu erkennen. Sie bogen noch um eine Ecke, dann standen sie am Rand des Marktplatzes.
Drei Reihen von Marktständen schmiegten sich am Rand des Platzes, zwei, die sich jeweils gegenüberstanden, die dritte stand Rücken an Rücken mit der zweiten Reihe. Ein großer Springbrunnen, der mit Fresken von Tieren und Pflanzen geschmückt war, dominierte die Mitte des Marktes. Eine Handvoll Tische und Bänke waren um ihn verteilt. Die Dorfbewohner feierten ein Fest. Eltern schlenderten mit ihren Kindern Hand in Hand zwischen den Ständen. Verliebte standen in den Schatten der Buden und Gassen. Sie küssten sich und manche von ihnen gingen auch ein Stück weiter.
Händler preisten ihre Waren in den höchsten Tönen und die ihrer Konkurrenten in nicht ganz so hohen an. Die alten Männer des Dorfes hatten sich an einen der Tische gesetzt und schimpften mit den jungen Leuten und schwärmten gleichzeitig von ihrer Zeit, als sie selber noch jung waren.
Ein weiterer Schrei durchbrach die harmonische Illusion und riss Vassago in die grausame Realität zurück.
 
  • Like
Reaktionen: Dragunov 67
Doch er war nur ein General, einer von unzähligen, die über die schier unendlichen Heere Yamis, befahlen. Gut, er war ein angesehener General der Kernarmee aus der Stadt der tausend Götter, der prächtigen und unbeschreiblichen Hauptstadt des gewaltigen Reiches, welches als Yami, die Lehren und die Wahrheit Kamis zu den verblendeten brachte, um ihnen die Augen zu öffnen.
Lange Reisen langweilten ihn zutiefst, aber mit der Aussicht, als erster in ein feindliches Land einzufallen, wo sich der Gegner noch nicht von den Mächten, die in Inbegriff wahren, ihn zu verschlingen, bewusst war, hatte ihn die lange Reise antreten lassen.
Das sind etwas zu geblähte, verschachtelte Sätze, die auch nicht unbedingt den intendierten und an der Stelle z.T. unnötigen Inhalt gut transportieren und wo Rechtschreib- und noch mehr Satzbaufehler dann doch ziemlich stören. Im zweiten Beispiel stimmen gleich zwei Sätze nicht. Genau sowas passiert gern, wenn man den Satz erst anders gedacht hatte, was man aber schon vergessen hat, wenn man ihn nach der dritten Einschachtelung zu Ende bringt.
"aber mit der Aussicht .... hatte ihn die lange Reise antreten lassen"
" in ein Land einzufallen, wo sich der Gegner noch nicht von den Mächten, ... bewusst war"

KISS ist da die alte Grundregel und reduziert die Gefahr sich derartig zu verheddern. Auch liegenlassen und nochmal lesen hilft, aber gründlich und nicht nur mit der festen Überzeugung, dass das Geschriebene eh alles prima ist.
 
doch den letzten Satz hättest du dir ruhig sparen können

Warum? Weil Du es, obwohl es zutrifft, nicht gern hörst?
Das geht doch jedem so, auch mir, dass man sein eigenes Zeug echt toll findet, kaum sonderlich selbstkritisch betrachtet und leicht über seine Fehler hinwegliest. Da muss man sich echt anstrengen, sich auch mal überwinden, nicht immer die eigene Sicht zu behalten.
Wenn es anders wäre, dann wäre das Ergebnis anders gewesen, eben weil Du diese Sätze doch selbst bemerkt hättest.
Wenn einem sowas nicht mal gesagt wird, ändert man es auch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese fröhlichen Zeit war seit sieben Tagen fort.
Mehrere große Feuer brannten, verteilt auf der jetzt freien Fläche. Die Marktstände und Tische waren verschwunden und dienten dem Feuer als Nahrung. Nur noch einige Stofffetzen und Holzsplitter zeugten davon, dass sie je existiert hatten.
Das Wasser des Brunnens war dunkler als üblich.
An den zwei verbleibenden Tischen saßen einige Albe. Hinter dem Springbrunnen konnte Vassago weitere Gestalten erkennen. Zwei von ihnen überragten sogar den Brunnen.
Noch mehr Geschreie und Gelächter.
Über der ganzen Szenerie lag ein Gestank von Blut, Angst und Fäkalien. Tohron scharte unruhig mit den Hufen. Blaues Irrlicht umspielte seine Fersen bei jeder Berührung der eisenharten Hufe, als ihm der Geruch in die Nüstern stieg. Vassago drehte sich zum Hengst um und tätschelte ihn liebevoll den Hals.
„Noch ein wenig Geduld, kleiner. Gleich bekommst du was zu fressen.“ Die Worte ließen den Nachtmahre freudig brummen. Das Trio erreichte die Albe, sie grüßten Asmodeus und nickten respektvoll dem General zu.
Da sie jetzt vor dem Springbrunnen standen, wusste Vassago auch, warum dessen Inhalt dunkler wirkte als normal. Blut hatte den Großteil des Wassers ersetzt. Körperteile, die allesamt Zeichen der Folter trugen, schwammen in den Rotweinfarbenden Fluten. Als sie an den Springbrunnen vorbeigingen, blieb Tohron stehen und fischte sich eins der frischer wirkenden Körperteile heraus. Das Brechen von Knochen war zu hören. Die zwei Gepanzerten saßen mit den Rücken zu den Neuankömmlingen.
Auf beiden Seiten, bewacht von einigen Sklaven waren die übrigen Bewohnern zu mehreren in Holzkäfigen eingesperrt und waren so gezwungen die Grausamkeiten mit anzusehen und noch mehr zuhören.
Kinder konnte Vassago zum Glück nicht mehr sehen. Auch wenn er ein Kenner der Schmerzen war, so gab es doch, zu mindestens für ihn Grenzen, die man nicht überschreiten sollte.
Der Größere der Gepanzerten griff nach einem der Käfige. Die Menschen im Käfig schrien und versuchten vor der gewaltigen Pranke zurückzuweichen. Doch drei Sklaven griffen ihn augenblicklich an. Dieser kurte tief und schnappte sich einen von ihnen und schmetterte ihn mit dem Kopf zuerst auf den Boden. Die Überreste des Sklaven zerfielen in seiner Hand zu Staub. Er wollte nach einen der anderen greifen, doch ein Faustschlag des kleineren gegen seinen Hinterkopf hielt ihn davon ab. Die beiden wechselten etwas in ihrer Sprache, die eigentlich nur ein Knurren und Brummen in verschiedenen Tonhöhen war, ein paar Worte. Ein weiterer Faustschlag des Kleineren in das Visier des Größeren beendete die Diskussion und schickte ihn zu Boden. Der Große rappelte sich wieder auf und trottete davon.
Die beiden andern Sklaven kehrten auf ihre Plätze zurück. Der Blicke des Gepanzerten war auf den Pfahl vor ihnen gerichtet.
Am Pfahl war eine nackte junge Frau so angekettet, dass sie ihre Gliedmaßen von sich gestreckt hatte. Er sah sofort, dass sie tot war, doch hatte sie vor diesem sehr viele Schmerzen ertragen müssen, so dass ihr Tod eine Erlösung war. Man hatte ihr die Augenlider und Lippen entfernt. Die Finger- und Fußnägel waren herausgerissen und lagen zusammen mit ihren Zähnen auf dem Boden. Ihre Brüste hatte man gehäutet, genau wie den Großteil ihres restlichen Körpers. Die Haut lag in Streifen verteilt um dem Pfahl herum.
Vassago selbst war auch ein passabler Folterer, wie jeder Kommandant der Kernarmee. Er hatte auch schon ganze Dörfer und Städte niedergebrannt und dabei keinen ihrer Einwohner verschont. Dies waren aber nie Akte der mutwilligen Zerstörung, sondern dienten immer einen bestimmten Zweck. Folter um des Schmerzenswillens und des Spaßes waren ihn zuwider. Natürlich huldigte er Kami als obersten aller Götter, so wie es jeder tun sollte und so sicher wie die Sonne am nächsten Morgen wieder aufgeht, so sicher war er sich, dass es eines Tages die ganze Welt auch so sehen wird.
Jedoch würde er das selbst nicht mehr erleben, das wusste er. Der Skaraner empfand Mitleid und Bedauern für diese unglückseligen Menschen. Er hoffte, dass dies die einzigen Menschen sind, die leiden werden. Dass die Herrscher Epions, schnell die Wahrheit erkennen werden. Doch er bezweifelte es stark. Nur die wenigsten sahen ihre Fehler ein. Und noch weniger sind in der Lage, sich zu ändern.
„Kein Durchhaltevermögen. Wer hat dir erlaubt zu sterben? Da hält ja ein Androngo-Junges mehr aus als diese Einheimischen.“ Vor der geschändeten Frau stand eine schlanke Gestalt mit einem Umhang aus menschlichen Gesichtern. „Holt mir etwas Neues“, zischte sie. Als keiner der Sklaven reagierte, drehte sie sich um. Es war ein Zerfleischer und kein geringerer als ein Meister der Zerfleischer.
„Meister Ghoul. Es ist mir wieder eine Freude und ein Fluch zugleich, eure meisterliche Arbeit zu sehen“, grüßte der General und deutete eine Verbeugung an.
Ghoul war wie immer ein Anblick des Grauens. Aus seinem kahl rasierten Schädel sprossen rostige Eisenstachel, die er sich selbst ins Fleisch getrieben hatte. Seine obere Gesichtshälfte war von einer goldenen Maske bedeckt, die mit seinem Fleisch verschmolzen war. Die untere Hälfte war komplett gehäutet und die Zähne spitz zu gefeilt. Um seinem Hals trug er einen enganliegenden Eisenkragen mit Stacheln. Diese waren nach innen gerichtet, so dass sie jedes Mal in sein Fleisch eindrangen, wenn er auch nur sprach. Auf seiner Brust hing eine Kette mit Säuglingsschädeln, der Mittlere fing gerade erst an zu verwesen. Von den zwei Gürteln, die überkreuzt auf seiner blanken, von frischen Brandwunden übersäten Brust geschnallt waren, hingen Messer verschiedener Größen und Formen mit Stein-, Metall- und Glasklingen. Sein rechter Arm hatte er wie seinen Kopf mit Eisenstacheln durchstoßen. Der linke bestand nur noch aus Sehnen und Muskeln. Von seinem Gürtel hingen die Werkzeuge des Schmerzes; Zangen, Nadeln, Bohrer und ein Dutzend andere Gerätschaften, deren Zweck sich selbst Vassago nicht erschlossen. Aber der Hüfte abwärts war alles in einer poliertem Eisen gehüllt.
„Ah, General Vassago", sagte Ghoul. Seine Stimme war flüsternd und kratzig wie eine schartige Klinge, die über abgenagte Knochen glitt. Jedes Wort schmerzte in den Ohren. "Asmodeus sag, habe ich mich wieder so in meiner Kunst verloren, dass ich die Zeit vergaß? Wir hatten euch doch erst gegen morgen Mittag erwarte."
Vassago beendete seine Verbeugung. Durch die goldene Maske des Zerfleischers, konnte man unmöglich sagen, wohin der Foltermeister seinen sezierenden Blick gerichtet hatte. Doch der erfahrene General spürte, wie dessen Blick ihn musterte überlegend, wo er die Klinge ansetzte, für den ersten Schnitt, den wichtigsten Schnitt. Der Skaraner richtete sein Blick auf einen fiktiven Punkt hinter dem Fleischschänder, um ihn nicht weiter betrachten zu müssen.
"Ich bin vorausgeeilt."
"So, so. Doch ich muss euch leider enttäuschen, General. Leider ist mein neustes Projekt gescheitert."
"Auch wenn ich, wie so viele ein Bewunderer eurer Kunst bin", log Vassago. "So bin ich doch nicht deswegen vorausgeeilt. Wenn ich ehrlich bin, Meister Ghoul, so wusste ich noch nicht einmal, dass ihr hier seid. Ich dachte, dass ihr die Stadt der tausend Götter niemals verlasst."
"Ja, ja. Normalerweise tue ich es auch nicht, doch die Aussicht als erster meiner Zunft Geschöpfe, der alten Heimat der Albe meine Kunst zu kreieren, hat mich erfolgreich gelockt. Doch leider handelt es sich um minderwertiges Rohmaterial, nicht geeignet für meine Meisterwerke. Höchstens für unsere Lehrlinge."
"Das ist äußerst bedauerlich."
Ghoul lächelte, was seinem ohnehin schon grauenhaften Anblick noch weiter verschlimmerte.
"Hättet ihr vielleicht Lust?" Ein hungriges Lauern hatte ich in die flüsternde Stimme des Zerfleischers geschlichen. "Meine Kunst aus erster Hand erfahren? Ihr werdet euch danach, wie ausgewechselt fühlen, wie neugeboren. Wenn ihr es wünscht, kann ich euch auch eine neue Haut geben. Ein Skaraner, wie ihr könntet zu einem meiner größten Meisterwerke werden.“
„Ich fürchte Meister Ghoul, dass ich ablehne, da ich mich, doch sehr wohlfühle in meiner Haut.“
„Enttäuschend. Was ist mit euren Krieger? Vielleicht möchte ja einer von ihnen die Ekstase des wahrhaftigen Schmerzes fühlen?“
Vassago kannte die Antwort, verhielt sich aber diplomatisch.
"Ich werde sie gerne fragen, sobald sie mit dernGeschenke und unserem Gast eintreffen. Doch gestattet mir zu sagen, dass sie der Klinge eines Meisters, wie ihr es seid, nicht wert sind."
„Die tödliche Umarmung. Die Seligkeit einer Messerschneide. Der Tanz der Klingen, schnell und exquisit. Die Befreiung vom sterblichen Fleisch. Gefoltert und köstlich. Der Schmerz der Freuden bringt. Kündet von verzücktem Schrei. Ultimativer, ewiger Schmerz, das ist der wahre Weg, wie wir Kami dienen. Jeder ist es wert, ihn zu erfahren. Aber wenn ihr oder sie noch nicht bereit seid. So respektiere euren Wunsch.“
Der General verbeugte sich erneut. „Ich danke euch, Meister Ghoul.“
Der Zerfleischer warf ein Blick über seine Schulter. Die zerstörte Frau hing noch immer am Pfahl. „Verfluchte Sklaven. Man kann ihnen nicht einmal Schmerz zufügen.“
„Sie befolgen nur meine Befehle“, erklang eine Stimme, süß wie Honig von Jenseits des Marktes.
„Nur, weil du sie selber für deine Brut brauchst“, zischte Ghoul der Gesalbten entgegen. Asmodeus warf dem Zerfleischer einen finsteren Blick zu. Vassago kniete nieder.
„Vassago erhebe dich. Wir hatten dich für morgen Mittag erwartet.“ Vassago gehorchte.
„Gesalbte Kriegsherrin. Wie immer ist eure Schönheit hypnotisierend.“ Lächelte der menschliche General und verbeugte sich abermals.
„Deine Worte sind schmeichelnd wie eh und je, mein lieber Vassago“, erwiderte die Kriegsherrin und schenkte den Menschen ein aufrichtiges Lächeln. Sie streckte ihren Arm aus und Vassago ergriff die zarte Hand und küsste den Handrücken. Er schmeckte nach Honig und Vanille, dazu eine dezente Apfelnote.
„Ich habe mir die Freiheit genommen“, sagte Vassago, als er ihre Hand wieder losgelassen hatte „Vorzureiten. Ich muss ...“ Schreie und knurren hinter Vassago ließen ihn verstummen.
„Tohron, wie konnte ich dich nur vergessen?“ Der Nachtmahre stand vor einem der Holzkäfige und versuchte sich mit seinen Fängen Zutritt zu verschaffen. Er würde einen ernsthaften Versuch, keinen Herzschlag der starken Kiefermuskeln des Tieres standhalten können.
„Tohron. Warte. Gesalbte ...“, die erhobene Hand von der Kriegsherrin ließ ihn verstummen.
„Ich hasse Förmlichkeiten unter Freunden. Und du hast dir meine und die meines Volkes verdient.“ Der Mensch lächelte verlegen über diese Worte und verbeugte sich tief. „Auch wenn ich euch danke, so ist er nicht nötige Gesalbte Herrin, denn es ist die Pflicht von uns, allen Seelensteine zu beschützen. Auch mit dem eigenen Leben.“
Tenchi nickte. „So ist es“, pflichtete sie ihm bei. „Aber man muss auch diejenigen Loben, die ihre Pflicht erfüllen."
„Tohron hat seit einigen Wochen nur von Kaninchen und Rehen gelebt. Und die Überreste aus den Brunnen sind auch nicht sehr ... nahrhaft. Ich würde gerne einen der Einheimischen für ihn beanspruchen.“
„Ein hungriger Nachtmahre ist nie gut. Du hast die freie Wahl.“ Mit der Hand bezog sie alle Käfige mit ein.
„Was ist mit uns? Meine Kunst will etwas schaffen, ich brauche eine neue Leinwand", zischte Ghoul.
"Ihr bekommt nichts."
Der Blick des Zerfleischers war nicht zu erkennen. "Ich werde mich nicht, durch euch davon abhalten lassen, ein Meisterwerk zu erschaffen."
"Vorsicht, Fleischschneider. Ihr mögt zwar einer der meistgefragten Zerfleischer in ganz Yami sein. Doch ihr solltet nicht den Fehler machen eure Position zu überschätzen. Denn ihr seid letztendlich nur einer von vielen."
"So, so auch wenn ihr dies sagt, Gesalbte der Albe, könnt ihr mir mit nichts drohen, mir nichts antun. Es gibt nichts, was ich fürchte. Denn ich bin Ghuol, ein Genie des Fleisches und nicht irgendein Meister. Meine Kunstwerke werden überall in Yami gepriesen."
Tenich lächelte grausam. "Es ist wahr, dass ihr weder Tod noch leid fürchtet. Doch ich kann euch versichern, dass es eins gibt, was ihr fürchtet, denn jeder fürchtet sich vor etwas."
"So, so und was soll es sein, wo vor ich mich fürchte, Gesalbte Kriegsherrin." Der Sarkasmus war deutlich herauszuhören.
Tenchi beugte sich vor, sodass ihr Mund neben dem Loch, welches das Ohr des Zerfleischers bildete, verharrte. Der süßliche Geruch von den leicht ätzenden Salben, die sich der Zerfleischer auf dem gesamten Körper geschmiert hatte, stieg ihr in die Nase. Die Stimme der Albin war weniger als ein Hauchen, dass noch nicht einmal ein Blatt bewegt hätte.
„Ich werde dich heilen, jede einzelne Wunde. Anschließend werde ich dir persönlich, dass Rückgrat brechen, auf dass du gelähmt bist. Nicht einen Muskel wirst du mehr bewegen können. Dann werde ich dir deine Sinne nehmen, dein Gehör, dein Augenlicht, deine Stimmbänder, jeden einzelnen Sinn. Du wirst nie wieder Schmerzen sehen. Du wirst nie wieder Schmerzenslaute hören. Du wirst nie wieder Schmerzen verursachen und auch nie wieder erleiden. Du wirst ein Gefangener in deinen eigenen Körper sein. Blind, stumm, gehörlos, bewegungslos, wirst du den Rest deines Lebens verbringen. Es wird ein langes, sehr langes Leben, denn ich werde einen Pakt mit dir schließen. Ich hoffe, du hast mich verstanden, kleiner Fleischschneider?“
Ghoul nickte unterwürfig und verbeugte sich tief. „Ja, Gesalbte Kriegsherrin Tenchi.“
„Gut. Außerdem hatte ihr schon mehr, als ich euch gestattet hatte.“
Vassago war während dessen zu Tohron an den Käfig getreten. „Meister Ghuol. Habt ihr sie mit Nahrung und Wasser versorgt?“, erkundigte sich der Mensch.
„Gewiss haben wir das. Folter ist eine präzise Kunst. Man muss den Schmerzensgrad Schritt für Schritt erhöhen, andernfalls würde das Kunstwerk zu früh sterben. Und nur ein gut genährter Körper hält bis zum krönenden Finale durch.“
"Hörst du Tohron? Sie sind gut genährt, genau, dass Richtige für dich, mein Junge." Liebevoll streichelte er dem Nachtmahre hinter dem Ohr. Freudig schnaubte das von Kami berührte Tier und schüttelte den Kopf. Der Skaraner betrachtete die verängstigten Menschen, die sich zusammen gekauert hatten. Auch wenn er Mitleid mit ihnen hatte, so hatte sein hungriges Tier doch Vorrang. Davon abgesehen, war das Leben dieses Menschen bereits verwirkt. Den Tohron war nicht der Einzige, der nach frischem Fleisch gierte.
Neben dem Nachtmahre der Albe waren auch seinen drei Offizieren, nein, es waren nur noch zwei, die Ehre zuteilgeworden, diese edlen Tiere ihr eigen nennen zu dürfen. Dann gab es auch noch ihren Gast. Nach dieser langen Reise war er mit Sicherheit hungrig. Immerhin war es zwei Monate her, dass er sich vollständig genährt hatte. Die Letzten, die nach Menschenfleisch verlangten, waren die Wiedergeborenen. Vassago wusste nicht, wie viele es waren, da weder Asmodeus noch Tenchi etwas erwähnt hatten. Doch Ghuol hatte ihn unbewusst darauf hingewiesen, als er gesagt hatte, deine Brut.
Doch er würde sich hüten, die Albe auf mögliche Wiedergeborene anzusprechen. Die Albe besprechen solche intimen Dinge ungern mit Außenstehenden.
Vassago hatte sich entschieden.
„Du. Der mit dem blonden Bart und der Glatze. Komm nach vorne“, befahl er. Doch der Angesprochene rührte sich nicht. Dies lag nicht daran, dass der Mann ihn nicht verstanden hatte. Als die Albe in den ersten Jahrhunderten Yamis, die anderen Völker nur als Sklaven betrachtet hatten, hatten sie für diese aus ihrer alten Heimat die gemeine Sprache für die in ihren Augen niedrigen Völker eingeführt.
Auch wenn sich beide Sprachen weiterentwickelt und entfremdet hatten, so waren sie doch noch immer ähnlich genug, um eine Unterhaltung, wenn auch etwas Holprige, zu gewährleisten. Dieser glückliche Umstand hatte es den Spionen Yamis gestattet, über etliche Jahre hinweg den einen oder anderen Verbündeten in Epion zu gewinnen.
„Komm her. Oder ich lasse ihn da“, er zeigte auf Ghoul. „Weiter machen, bis keiner mehr von euch übrig ist.“ Das war selbst verständlich eine Lüge. Doch dies wusste der Mensch nicht.
Die Lüge wirkte und der blonde Mann drängte sich an den anderen Menschen im überfüllten Käfig vorbei. Vassago musterte ihn.
Auch wenn der Mann durch den Käfig stark gebückt war, konnte Vassago sehen, dass er groß und stark war. Die muskulösen Oberarme kündeten von einem körperlich anstrengenden Beruf wie Schmied oder Holzfäller. Der Mensch war zwar völlig verängstigt, aber der Yamijatische General sah auch Hass und Zorn.
Perfekt.
Das würde ihn zu mindestens eine kleine Chance geben.
„Heute ist dein Glückstag. Du hast die Chance zu überleben. Du kannst dich der Armee dieses Landes anschließen und Rache an uns üben. Da für musst du nur eine einzige Sache machen. Du musst Tohron entkommen, was zu gegeben sehr unwahrscheinlich ist, aber eben nicht ausgeschlossen. Damit du auch eine reelle Chance hast, werde ich dich über ihn aufklären. Tohron ist ein Nachtmahre, ein Pferd aus Kamis persönlichen Stall. Er ist schneller, stärker als ein normales Pferd. Aber vor allem ist er klüger als jedes Tier, was du jemals gesehen hast. Seine Intelligenz kann sich Zweifels ohne mit der von uns messen. Sein Geruchssinn übertrifft die eines Jagdhundes bei weitem. Verstecken wird dir nichts bringen.“
Mit jedem Wort des Generals wurde der Mensch blasser. Trotzdem riskierte er eine Frage. „Und meine Frau, was wird aus ihr? Darf sie mitkommen?“
„Wo ist deine Frau?“, fragte Asmodeus. Der Mann zeigte auf den gegenüberliegenden Käfig. Eine schwarzhaarige Frau hatte ihr Gesicht fest gegen die Käfigstäbe gepresst und schaute zu ihnen rüber. Die Frau wirkte gefasster als ihr Mann. Der Alb ging zu ihrem Käfig und blickte tief in ihre blauen Augen. Zur Freude des Erstgeborenen leuchtete in ihnen Trotz und Entschlossenheit. Innerhalb eines Wimpernschlages hatte er seinen Dolch gezogen und der Frau durch eines ihrer seeblauen Augen gestoßen. Sie sackte ohne ein Geräusch zusammen. Die Menschen in ihren Käfig wichen entsetzt zurück.
Der Mann schrie voller Zorn und Trauer über den Tod seiner Gemahlin und warf sich gegen die Stäbe. Der Kraftschub war jedoch nur von kurzer Dauer.
„Nein! Nein! Nein!“, schluchzte er seinen Kummer in die Welt hinaus. Er blickte hoch zu Vassago. „Wieso?! Wieso habt ihr das gemacht, ihr Monster?! Dyn wird euch alle vernichten!“ Die Yamijaten lachten und warteten, bis sich der Mensch ein bisschen beruhigt hatte. Asmodeus stellte sich wieder zu Vassago und seinem Ross.
„Du solltest mir dankbar sein. Es war kurz und schmerzlos, sie hat es nicht mal kommen sehen.“
Vassago musste schmunzeln über das Wortspiel seines Freundes.
„Lasst ihn raus“, befahl Tenchi. Stumm zehrten Sklaven den Menschen raus.
Der Mensch schüttelte die Sklaven ab und baute sich zu seiner vollen Größe von ganzen zwei Metern auf. Der General war erstaunt darüber, wie ein Bär von einem Mann mit so vielen Menschen in so einen kleinen Käfig passte.
„Hier.“ Der Alb hielt den Mann den Dolch, an dem noch das Blut und Reste des Auges seiner Frau klebten, hin. „Hier nimm diesen Dolch. Überlebe, um ihn mir eines Tages in mein schwarzes Herz zu stoßen.“
Der Mensch nahm nach kurzen Zögern die ihn dargebotene Waffe. Mit Mordlust und abgrundtiefen Hass in den Augen starte er die beiden an.
„Ich werde überleben, um euch alle zu töten“, versprach er und wand sich ab. Die anderen Menschen flehten ihn an, ihnen zu helfen, doch er erhörte es nicht. Stattdessen lief er weiter Richtung Marktrand. Die beiden schauten ihm nach, bis er in den Schatten verschwand.
„Ich würde es begrüßen, wenn du mir den Dolch zurückbringen würdest. Er hat einen emotionalen Wert für mich.“
„Natürlich. Du weißt doch, auf Tohron ist Verlass.“
Langsam trottete der Nachtmahre dem Menschem hinterher.
„Meine Herren?“ Die zwei wanden sich zu der Kriegsherrin um. Die Albin nahm den Faden wieder auf. „Also Vassago, was ist mit dem Konvoi? Was ist so wichtig, dass du ihn vorausgeritten bist?“
Der General trat wieder vor die Albin.
„Der Konvoi wird pünktlich eintreffen. Ihr habt mein Wort, Gesalbte Kriegsherrin. Wir sind ungesehen über die geheimen Pfade gekommen. Keiner weiß, dass wir hier sind. Doch ..."
"Was ist? Gab es Verluste?", erkundigte sie sich. Besorgnis und Verärgerung, hielten sich in ihrer Stimme, die Waage.
„Die Geschenke und unser Gast sind wohlauf“, versicherte der Skaraner schnell. Doch er zögerte, kurz bevor er fortfuhr. „Wir selber haben Kastur verloren.“ Tenchi zog die Augenbrauen kraus.
„Wie?“
„In den Bergen geschah es. Er bildete die Nachhut. Als ein Stück des Weges abbrach. Er und sein Nachtmahre stürzten in die Schlucht.“
„Kastur. Bedauerlich. Habt ihr sie geborgen?“
Vassago wählte seine nächsten Worte mit Bedacht.
„Wir haben es versucht, Kriegsherrin. Aber die Wände waren porös und die Schlucht tief. Mehr als fünfhundert Fuß.“ Eine einzige Zornesader huschte ihr übers Gesicht. Schnell kniete sich Vassago hin und schaute zu Boden.
„Es wird sie niemand finden. Es ist eine verlassene Gegend.“ Tenchi griff mit ihren Daumen und Zeigefinger unter sein Kinn, drückte es hoch, bis er ihr in die Augen schauen musste. Ihre manikürten Fingernägel bohrten sich in seine von der Sonne gebräunten Haut. „Du weißt, wie wichtig es ist, dass unsere Anwesenheit hier unbemerkt bleibt?“
„Ja.“ Er versuchte seinen Blick wieder zu senken, aber die Kriegsherrin hielt ihn eisern fest. „Ich bürge mit meinen Leben“, versprach er.
„Ich hoffe, dass es so weit nicht kommt. Denn ...“
Plötzlich riss sie ihre Hand zurück und ritzte die Haut des Skaraners. Mit an den Kopf gepressten Händen fiel die Albin auf die Knie. Zornesadern flackerten unkontrolliert über ihr Antlitz. Auch ihre magischen Linien flackerten. Voller Besorgnis erhob sich der Mensch und wagte es, sie zu berühren, doch Tenchi stieß ihn weg. Erst da viel es dem Skaraner auf, dass sie nicht die Einzige war, die scheinbar unerträgliche Schmerzen litt. Asmodeus und die übrigen Albe schien es ähnlich zu ergehen. Ghoul und der Gepanzerte blickten ebenso verwundert zwischen den Alben hin und her.
Sie alle pressten die Hände gegen den Kopf, genauer gesagt gegen ihre Ohren. So als ob sie sich versuchten, vor einem lauten Geräusch oder Stimme zu schützen.
"Die Stimme, sie ist zu laut!", schrie eine Albin und warf sich am Boden hin und her.
"Was, was ist das? Was ist das nur für eine Stimme?", stöhnte Asmodeus zwischen zusammen gebissenen Zähnen.
Und dann schien plötzlich, alles vorbei zu sein.
Zitternd und schwer atmend erhob sich die Gesalbte Kriegsherrin. Vassago fing sie auf, als sie nach vorne kippte. Entsetzt sah er, dass die Albin aus Ohren, Nase, Mund und sogar aus den Augen blutete. Darüber hinaus waren ihre Augen so schwarz wie ein tiefer Abgrund, bei dem man den Boden nicht sehen konnte. Doch zu seiner Erleichterung begann langsam das Weiß in ihre Augen zurückzukehren. Nach wenigen Herzschlägen sie wieder ihre grüne Farbe.
"Ich danke dir, Vassago", flüsterte sie leise.
"Gesalbte Tenchi, was ist mit euch geschehen?"
"Nichts. Wir müssen zu den Kompatiblen." Ihre Stimme hatte etwas von ihrer Selbstsicherheit zurückgewonnen und sie entwand sich aus dem vorsichtigen Griff des Menschen. Kurz nahm sie sich die Zeit, das Blut aus ihren wieder makellosen Gesicht zu wischen.
"Los! Zu den Kompatiblen!", befahl sie und setzte sich in Bewegung. Die übrigen Albe folgten ihr, wenn auch etwas unsicheren Beinen. Ghl und sein Gepanzerter Meister sowie die Hälfte der Sklaven und Vassago eilten ihnen nach.
 
  • Like
Reaktionen: Dragunov 67
Langsam öffnete er die Augen. Ein Stöhnen entrang seiner ausgetrockneten Kehle.
Sein ganzer Körper schien nur aus Schmerz zu bestehen. Er versuchte sich aufzurichten, schaffte es aber lediglich, seinen Kopf zu heben. Die Arme, Beine und sein Hals waren mit dicken Eisenketten an einem Tisch gefesselt.
„Hey. Hey, Ork, bist du endlich wieder unter den Lebenden? Ich hatte schon befürchtetet, dass du Tod seist“, flüsterte eine Stimme hinter ihm.
„Ahhhhh!“, brüllte er und drückte seinen Rücken durch. Er stemmte sich mit all seiner Kraft gegen die eisernen Fesseln.
Die Ketten spanten sich und es sah so aus, als ob sie tatsächlich reißen würden. Doch schließlich hielten sie seinen Bemühungen stand. Er sackte zurück auf den Tisch. Sein Atem kam stoßweise. Nach kurzer Pause glaubte er, genügen Kraft zurückerlangt zu haben für einen erneuten Versuch. Wieder brüllte er und stemmte sich gegen seine Ketten. Abermals widersetzten sie sich seinem Versuch, sie zu sprengen.
„Psssst. Sei still du Narr, sonst kommen sie“, zischte die Stimme. Er brüllte vom Neuen, dieses Mal jedoch aus Zorn und Frustration.
„Aktok sei still“, befahl die Stimme erneut. Als er dem Namen hörte, verstummte er augenblicklich.
„Ich bin nicht Aktok“, sagte er.
„Nicht?“ Die Stimme klang überrascht.
„Ich bin Terak.“
„Ist auch egal. Ihr Orks seht sowieso alle gleich aus. Sei jedenfalls still.“ Terak versuchte in die Richtung zu schauen, aus der die Stimme kam, doch die Eisenfessel um seinem Hals hinderten ihn.
„Wer bist du?“
„Ich bin Assen. Ich hatte wirklich gedacht, dass sie dich getötet hätten.“
„Wie lange war ich bewusst los?“
„Schwer zu sagen, mein Freund. Zwei vielleicht auch drei Tage.“
„So lange? Sind noch andere hier?“
„Nein ich glaube, wir sind die Einzigen hier. Ich habe jedenfalls keinen anderen gesehen.“ Terak ließ sein Kopf wieder auf den Tisch sinken und lächelte.
„Das ist gut.“
„Nah. Ich weiß nicht, ob das gut ist“, spöttelte Assen.
„Glaube mir, das ist gut“, versicherte ihn Terak. „Das heißt das die anderen in Sicherheit sind.“
„Oder Tod“, gab der Mensch zu bedenken.
„Nein. Glaub mir Menschlein. Mein Nestbruder und die anderen Leben noch. Das weiß ich genau.“ Terak hörte Ketten rasseln. Daraus schloss er, dass auch der Mensch gefesselt war.
„Wer weiß das schon. Wir sind jedenfalls Gefangene.“
„Von wem?“
„Von den Schrecken, die eure Festung zerstört haben. Von wem denn sonst?“, spöttelte Assen.
Terak knurrte verärgert.
„Wir müssen von hier Verschwinden.“
Bevor der Mensch auf diese Frage antworteten konnte, schwang die Tür auf. Terak versucht in Richtung der Tür zuschauen, doch die Fesseln um seinem Hals hinderten ihn.
„Ich habe dir doch gesagt, dass er wach ist“, sprach eine melodische Stimme außerhalb seines Blickfeldes.
„Ja, das hast du“, antwortete eine andere, genauso melodische Stimme, die fast gleich klang.
„Was wollt ihr von uns ihr Monster?“, schrie Assen die Ankömmlinge an. Diese ignorierten ihn und traten in das Blickfeld des Orks. Es waren zwei Albe und das Spiegelbild des jeweilsanderen. Doch in zwei Dingen unterschieden sich die beiden. Das eine war ihre Haarfarbe. Der eine hatte Rabenschwarze, der andere Schneeweiße. Das andere war ihre Kleidung. Beide trugen weite Roben. Die Robe des Weißhaarigen war rabenschwarz. Die des anderen schneeweiß.
„Was wollt ihr von uns Elbenlein?“
Der Alb mit den rabenschwarzen Haaren schlug ohne vor Vorwarnung mit seinen Handrücken zu. Teraks Kopf wurde zu Seite geschleudert. Die Kraft, die hinter dem Schlag steckte, überraschte den Ork.
Es folgten drei weitere, genauso harte Schläge wie der erste. Beim Letzten spürte Terak, dass einer seiner Zähne abbrach. Er spuckte Blut und den abgebrochenen Zahn und traf den weißhaarigen Alb mitten auf der Brust. Das Gesicht des andern verfinsterte sich. Dicke schwarze Zornesadern pulsierten an seiner Schläfe. Der Alb holte zum nächsten Schlag aus. Doch der andere Alb hielt dessen Hand fest.
„Es reicht, Oriax. Er will uns nur provozieren. Zu viele lassen sich davon verleiten, nur um es später zu bereuen.“
Terak lächelte blutig. „Schlaues kleines Spitzohr.“
„Außerdem“, sprach der weißhaarige Alb weiter, „wird er bald einer von uns sein.“
Beide Albe lächelten kalt.
„Ja, da hast du recht, Gabal.“
„Wollt ihr Informationen? Oder wollt ihr uns als Druckmittel einsetzen? Egal was ihr wollt, wir werden nie einen von euch Baumliebhabern helfen“, rief Assen hinter ihnen. Die beiden schauten zum Menschen.
Terak brach in schallendes Gelächter aus. „Gut gesprochen Menschlein. Besonders das mit den Baumliebhabern. Das werde ich mir merken.“
Oriax machte einen Schritt auf Assen zu.
„Oriax! Halt.“ Dieser drehte seinen Kopf. Sein ganzes Gesicht war mit schwarzen Zornesadern überzogen, seine Augen so schwarz wie seine Haare. Sein Gesicht wirkte, als sei es aus Marmor gemeißelt.
„Aber Bruder, wir sind Unsterbliche, die Auserwählten Kamis. Wie können wir zulassen das niedere Wesen wie er, so mit uns reden? Lass mich ihm wehtun, nur ein bisschen.“
Es sind Zwillinge. Wieso ist es ihn nicht gleich aufgefallen. Der andere Zwilling schüttelte den Kopf.
„Nein kleiner Bruder. Es sind Kompatible. Jeder von ihnen ist wichtig für uns. Das weißt du. Jeder einzelne von ihnen ist dazu bestimmt eins unserer Geschwister zu uns zurückzubringen.“
Sein Bruder war noch nicht überzeugt.
„Wir sind in der alten Heimat. Hier gibt es Hunderte mehr die zu unseren Brüdern und Schwestern werden können. Lass mich in töten!“ Den letzten Satz schrie er heraus. Sein Bruder blieb die Ruhe selbst.
„Es ist ein Befehl von Tenchi. Und als solchen wirst du ihn befolgen. Du weißt, was passiert, wenn du es nicht tust.“
Damit war das Thema beendet. Die Stimme von Gabal blieb die ganze Zeit über vollkommen neutral, als ob er über belanglose Dinge wie das Wetter oder das Abendessen reden würde und nicht jemanden drohte.
Sein Bruder wollte noch irgendetwas erwidern, aber eine einzige Zornesader, die unter dem rechten Auge zum Kinn lief, ließ es ihn sich anders überlegen. Oriax verschwand aus dem Blickfeld von Terak.
„Oh bei den Göttern wollt ihr uns mit eurem Geschwafel foltern?"
Gabal drehte sich zu dem gefesselten Ork.
„Spotte so viel wie du willst, Ork. Ich will dir erklären, was wir mit euch vorhaben. Ich finde, das ist wichtig, damit ihr wisst, welch Ehre wir euch niederen Kreaturen damit zukommen lassen, ein Kompatibler zu werden.“
„Wir haben gesehen, was ihr macht. Tut es endlich und verschont uns mit eurem Geschwätz.“
Der Alb sprach weiter und überging die Bemerkung des Ork.
„Das … “, Oriax tauchte wieder auf und trat an die Seite seines Bruders, in der Hand hielt er eine etwa zwei Fuß lange Schatulle aus Ebenholz. Oriax hielt sie seinen Bruder hin. Dieser entriegelte die zwei Verschlussriegel und hob den Deckel. Anschließend hielt er die Schatulle, so das Terak hineinsehen konnte. Das Innere war mit roten Samt ausgelegt. Drei schwarze tropfenförmige Kristalle ruhten auf dem Samt. Jeder dieser Kristalle hatte die Größe eines Mittelfingers, „ … sind Seelenkristalle.“ Ehrfürchtig nahm er den mittleren aus der Box. „Jeder dieser Kristalle enthält die Seele eines gefallenen Alben. Dieser hier enthält die Seele von Forneus, einen Helden meines Volkes, der vor dreihundert Jahren mit nur eine Handvoll von Kriegern eine Festung des Xenos eroberte. Er starb bei diesen Kampf, aber erst, nachdem er persönlich einhundert Feinde getötet hatte.“
„Denn tut es endlich!“, schrie Terak und bäumte sich wieder auf.
„Nicht so voreilig, mein Freund“, ermahnte ihn Gabal. „Es ist wichtig, es zu verstehen. Es ist unabdingbar, dass der Kompatible bei der Einsetzung bei vollem Bewusstsein ist. Da es ansonsten zu einer Abstoßung kommen kann, die wiederum für die Seele des Alb schädlich ist.“
„Denn solltest du wirklich lieber die Klappe halten.“
Gabal schüttelte den Kopf.
„Gaube mir. Die Abstoßung ist sehr selten. Ich bin alt, einer der Erstgeborenen und habe im großen Krieg gekämpft. Seit fast viertausend Jahren dienen die Albe schon dem Herrscher der Götter, Kami. Er vervollkommnete die beinahe perfekte Schöpfung der Dewi und machte uns unsterblich. In all der Zeit habe ich nur von einigen wenigen gehört, die gescheitert sind. Aber jede Abstoßung bedeutet für den Kompatiblen einen äußerst schmerzhaften Tod.“
„Ein, bisschen Schmerz und der Tod sind ein kleiner Preis, um euch zu ärgern.“, gab Terak mit einem blutigen Grinsen zurück.
„Das glaube ich. Aber so weit wird es nicht kommen. So wollen wir anfangen?“
Gabal lehnte sich vor.
„Halt, hört auf damit ihr Monster!“ Assen stemmte sich mit all der Kraft, die er aufbringen konnte gegen die Ketten, aber wie die Versuche des Orks scheiterte auch der Versuch des Menschen. Terak warf seinen Kopf hin und her, um dem Stein auszuweichen. Oriax hatte inzwischen die Schatulle wieder weggestellt und kam seinem Zwilling zu Hilfe. Der schwarzhaarige Alb drückte Teraks Kopf auf dem Tisch. Wieder überraschte ihn die Kraft des Alben. Gabal hielt kurz vor der Stirn des Orks inne.
„Oh, beinahe hätte ich es vergessen. Sobald der Kampf um deinen Körper beginnt, wirst du Schmerzen erleiden, große Schmerzen. Und da Forneus erst vor wenigen Tagen erwacht ist, werden sie um ein so Vielfaches stärker. Das heißt, du wirst Schmerzen erleiden, die du dir nicht einmal vorstellen kannst. All deine Muskeln werden sich verkrampfen und so hart wie Eisen. Deine Sehnen sind bis zum Zerreißen gespannt. Dein Blut wird wie flüssiges Blei in deinen Adern rauschen.“
Gabal setzte Forneus Seelenkristall auf Teraks Stirn. Er hörte auf, sich zu bewegen, seine Augen rollten nach oben, sodass nur noch das Weiß zu sehen war. Die Atmung setzte aus. Beide Albe traten vom Tisch zurück.
„Nun komm Bruder. Kehre zu deinem Volk zurück.“
Eine Zeit lang geschah nichts. Assen, der aufgehört hatte an seinem Fesseln zu rütteln, hielt den Ork für Tod. Doch die Zwillinge schienen nicht besorgt zu sein. Vielmehr wirkten sie faszieniert und beobachteten den Ork genau. Plötzlich zuckte einer der Finger des Knochengraskriegers. Die Brüder lächelten kalt.
"Jetzt beginnt der beste Teil", flüsterte Oriax.
Gabal stimmte seinem Zwilling stumm zu.
Ein feines Netz aus schwarzen Adern, den Zornesadern der Albe nicht unähnlich, breiteten sich vom Seelenkristall über die gesamte Stirn aus. Immer weiter breiteten sie sich aus, erreichten seinem Hals und verschwanden unter dem Lederwams. Keine Stelle seines Körpers blieb unberührt von den Adern. Wie es Gabal prophezeit hatte, verkrampfte Teraks Körper. Er bäumte sich auf, die Ketten zum Äußersten gespannt. Lange hielt es aber nicht an und der Leib des Orks lag wieder still auf dem Tisch. Als letztes begann sich das weiß in seinen Augen schwarz zu verfärben, wie ein Becher voll Wasser, in das man Tinte langsam kippte.
"Enttäuschend", flüsterte Oriax, "Forneus hatte den Kampf bereits gewonnen. Ob alle diese grobschlächtigen Kreaturen so schwach sind wie dieser hier?"
"Ja, ich dachte auch, dass er länger durchhält. Doch tue nie den Fehler, sie zu unterschätzen."
Sein Bruder schnaufte verächtlich, schwieg aber.
"Was habt ihr mit ihm gemacht?"
Gabal blickte zum Menschen. "Dasselbe, was wir auch gleich mit dir machen werden. Doch noch etwas Geduld. Ich will die Wiedergeburt meines Freundes nicht verpassen", sagte er und blickte wieder zum Tisch. Ein tiefer Atemzug, der eines beinahe erstickten, nicht unähnlich.
Plötzlich warf sich der Körper hin und her. Es war so stark, dass man das Reißen von Sehnen und das Brechen von Knochen hören konnte. Die beiden Albe waren davon so überrascht, dass sie einen Satz nach hinten sprangen.
„Bruder, da stimmt etwas nicht.“ Das kalte, grausame Lächeln der Albe war verschwunden. „Gabal, was geschieht da?“
„Ich weiß es nicht. So etwas habe ich noch nicht gesehen oder davon gehört.“
Schwarzer Rauch waberte aus den Augen. Ein Schrei, der auch von einer gewaltigen Bestie stammen könnte, brach aus der Kehle des sich verwandelnden Orks. Das Schwarz der Augen begann auszubleichen.
Die Zwillinge pressten die Hände an ihre Ohren und fielen auf die Knie. Unkontrolliert flackerten Zornesadern über ihre Gesichter.
"Diese Stimme! Diese Stimme!", schrie Oriax voller Panik und Pein.
Unvermittelt war es vorbei. Der Körper lag still auf dem Tisch. Das Brüllen war verstummt, genauso wie die Stimme in den Köpfen der Brüder. Schwer atmend und aus Augen, Nase, Ohren und Mund blutend, erhob sich Oriax als erster. Unsicher wankte er zu dem Tisch. Er zog einen Dolch aus einem Versteck der schneeweißen Robe. Auch wenn der Ork tot war, so wollte er ihn trotzdem die Kehle öffnen, ihn die Stimmbänder herausschneiden, damit er nie wieder diese furchtbare Stimme hören musst.
Gabal schüttelte benommen seinen Kopf und blickte zum Tisch. Seine geübten Augen eines Jahrtausend alten Kriegers erkannte die leichte Muskelbewegung des Orks.
„Oriax! Pass auf!“, rief er seinem Bruder noch eine Warnung zu, doch es war zu spät.
Teraks rechter Arm schoss hoch, packte den Alb an der Kehle. Die Ketten, die einen ausgehungerten Nachtmahre standgehalten hätten, brachen wie morsches Holz unter der Kraft von Terak.
Gabal erhob sich und eilte seinen Bruder schwankend zu Hilfe, doch der Knochengraskrieger hatte auch die Fesseln seines anderen Arms befreit. Er traf den weißhaarigen Alb mit einem beiläufigen Rückhandschlag seitlich am Kopf. Die Wucht des Schlages ließ den Alb durch den Raum fliegen, ehe durch die dünne Holzwand des Schuppens krachte.
Terak riss auch seine Beine los und stand auf. Oriax schwebte mehrere Handbreit über den Boden. Er ließ seinen Dolch fallen und versuchte verzweifelt den schraubstockartigen Griff, der ihn langsam die Luft abdrückte, zu lösen.
„Terak, mach mich los.“, rief Assen begeistert. Doch der Blick, der ihn der Ork zu warf, ließ ihn sofort wieder verstummen. Stimmengewirr war draußen zu hören, was dankbarer weiße, den Blick des Dinges von ihm lenkte
 
Tenchi hatte die Wiedergeborenen im Keller des überraschend großen Hauses des Bürgermeisters einquartiert. Es stand etwas abseits von einer Mauer geschützt. Der Bürgermeister hatte seine Privatsphäre geschätzt. Hier konnten sie in Ruhe fressen und ihren Geist stabilisieren. Die zwei Kompatiblen warteten in einem Schuppen auf die Einsetzung der Seelenkristalle.
Die Gesalbte eilte die Straße entlang. Da sie ihren Speer im Haus des Bürgermeisters gelassen hatte, in dem sie sich selbst niedergelassen hatte, war sie nur mit einem langen Dolch, den sie in ihren Stiefel aufbewahrte, bewaffnet.
Asmodeus und Vassago waren direkt hinter ihr, als sie durch das große Tor eilte. Sie blieb schlitternd auf dem Kieselweg stehen, als das unregelmäßiges, klaffende Loch neben der Tür und den reglosen Gabal auf den Boden liegend sah.
Ihre Krieger schwärmten aus, einige Albe sicherten mit ihren Bögen die Umgebung. Mit voller Wucht durchbrach der Gepanzerte die Mauer. Sklaven strömten durch die geschlagene Bresche. Immer mehr ihrer kleinen Streitmacht strömten auf das Grundstück.
„Gabal!“, schrie eine Albin und lief an ihr vorbei, um zu dem am Boden liegenden Alb zu eilen. Sie kniete sich neben ihn und betete seinen Kopf auf ihren Schoss.
„Vasira. Lebt er?“, fragte Tenchi. Die braunhaarige Albin blickte zur Gesalbten. Ihre Augen waren schwarz, genau wie ihre Tränen, die ihr die Wangen herabrannen. Die Gesalbte kannte die Antwort.
"Nein", schluchzte sie. "Sein Genick ist gebrochen."
Mit einem kaum merklichen Nicken gab die Kriegsherrin den Sklaven ein Zeichen. Einige von ihnen lösten sich aus der Gruppe und nährten sich der Albin.
„Vorsichtig!“, fauchte Vasira, als sich einer der Sklaven zu ihr runter beugte. Zornesadern huschten ihr übers Gesicht. „Oder, ich vernichte jeden von euch.“
Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, vernichtete sie einen der wandelnden Toten, in dem sie ihr schlankes Schwert in die Finsternis der Kapuze stieß. Augenblicklich zerfiel der Sklave zu Staub. Die anderen ignorierten, was gerade passiert war und brachten den toten Gabal weg. Vasira folgte ihnen, als sie an der Gesalbten vorbei ging, packte diese sie am Arm.
„Gesalbte Kriegsherrin ich“, begann Vasira doch die Gesalbte schüttelte nur mit dem Kopf.
"Wir werden später über deinen Ausbruch sprechen, doch zuerst kümmere dich um ihn."
"Ich, danke euch, Herrin." Tenchi ließ den Arm der anderen Albin los. Währenddessen bewegten sich eine Handvoll der Sklaven vorsichtig auf dem Schuppen zu. Sie hatten sich auf zehn Schritte genährt, als die Tür aus den Angeln gerissen wurde.
Der gefangene Ork trat ins Freie. Hinter sich her schleifend den bewusstlosen Oriax
„Nicht angreifen“, befahl die Kriegsherrin.
Nach wenigen Schritten ließ er den Alb los. Er selber ging weiter auf die Yamijaten zu. Plötzlich blieb er stehen. Tenchi und die anderen warteten eine gefühlte Ewigkeit, doch der Ork rührte sich nicht mehr. Da er den Kopf gesenkt hatte, versperrten seine langen, zu Dreadlocks geflochtene Haare den Blick auf sein Gesicht.
Gayal vom Rubinorden, einer der drei Akolythen, nährte sich mit einigen seiner Sklaven vorsichtig den reglos dastehenden Ork. Unvermittelt hob dieser seinen Kopf durch die plötzliche Bewegung wurden seine Haare aus dem Gesicht geschleudert. Der Akolyth erstarrte mitten in der Bewegung, als er und die anderen den Seelenkristall auf der Stirn des Gefangenen sah.
"Da stimmt etwas nicht", flüsterte Asmodeus. Die Kriegsherrin stimmte ihrem alten Freund zu. Es kann vorkommen, dass frische Wiedergeborene in den ersten Stunden nach ihrem Erwachen verwirrt und gewalttätig sind, sich selbst und alles andere verletzten. Selbst Freunde und Familie waren nicht immer sicher. Doch so etwas hatte keiner von ihnen gesehen. Die Augen des Wiedergeborenen leuchteten schwarz, doch Tenchi sah den feinen Rauch, der von ihnen aufstieg.
Kami, Herr aller Götter, was geschieht nur mit meinem Geliebten?
Der Wiedergeborene sank auf die Knie, presste die Hände gegen seinem Kopf und begann zu schreien.
Es war ein animalischer Laut, der bis in die Tiefen der Seele widerhallte. Die Yamijaten wichen entsetzt zurück. So plötzlich, wie er begonnen hatte, endete der Schrei auch wieder. Die Stille, die daraufhin folgte, fühlte sich an wie, dass kurze Luft holen, vor dem Sturm.
Der Wiedergeborene ließ die Arme sinken und blickte zu der Kriegsherrin. Das schwarz war beinahe gänzlich aus ihnen verschwunden. Sein Blick war stechend und forschend. Er drang in die Tiefen ihrer Seele ein. Enthüllte jedes Geheimnis ihres Selbst.
Der Rauch begann sich über dem einstigen Ork zu sammeln. Langsam nahm er eine humanoide Form an.
„Forreus?“, fragte Asmodeus unsicher. „Bist du das?“
Über dem Kopf der Kreatur, denn es konnte kein Wiedergeborener sein, schwebte eine lebensgroße Abbildung eines Alb. Obwohl der ganze Rauch schwarz war, so hatte er doch verschiedene Abstufungen, die es ermöglichten, jede Einzelheit zu erkennen.
„Forreus was ist mit dir?" In Tenchi´s Stimme schwang Panik mit. Obwohl es nach den Maßstäben ihrer unsterblichen Rasse weniger als einen Herzschlag zurücklag, dass Forreus gefallen war, war sie doch erleichtert, als sie vor wenigen Stunden erfahren hatte, dass ihr Geliebter nach dreihundert Jahren erwacht war.
Sofort hatte sie Gabal und Oriax befohlen, ihn in den Ork einzusetzen, sobald dieser zu sich gekommen war.
Die Abbildung von Forreus bewegte stumm den Mund. Jedoch hatte sich nicht der ganze Rauch zur Gestalt des Alb verbunden. Ein kleiner Rest war auf der Höhe seiner Knöchel zu einem Klumpen verschmolzen, was Forreus aber allem Anschein nach nicht bemerkte. Der Klumpen änderte ständig seine Form, während Forreus stumm weiterredete. Nach und nach wurden die Konturen des Klumpen klarer, bis Tenchi ein Maul voller Nadel spitzer Zähne erkannte.
Mit Schrecken wurde sie sich dem Vorhaben des Mauls bewusst. „Forreus! Hinter dir!“, schrie sie eine Warnung, doch es war bereits zu spät.
Das Maul hatte sich auf ihn gestürzt. Gierig verschlang es die Abbildung des Alben. Tenchi war wie versteinert. Vor ihren Augen wurde ihr Gefährte, mit dem sie Jahrhunderte verbracht hatte, ausgelöscht.
Dann löste sich seine Form auf und sickerte wieder in die Augen des Orks zurück. Forreus Seelenkristall war inzwischen glasig und löste sich von der Stirn. Als er den Boden berührte, zerbrach er in der Mitte. Das Ding, dass weder der Ork noch Forreus war, hob seine Hand vor die schwarz leuchtenden Augen und bewegte seine Finger. Es wiederholte es mit der anderen Hand, anschließend ließ es seine Schultern kreisen. Schließlich erhob es sich und richtete seinen Blick auf die Yamijaten.
„Endlich. Endlich. Nach so langer Zeit. Ich hatte fast vergessen, wie es sich anfühlte, einen Körper zu haben."
Die Kreatur lachte und entblößte die gewaltigen Zähne des Orks. Auch wenn alle Anwesenden bewährte Krieger waren und unzählige Gefahren überstanden hatten, waren sie vom Lächeln des Dings eingeschüchtert. Sie festigten den Griff um ihre Waffen und wichen noch ein Stück weiter vor ihm zurück. Selbst der Gepanzerte wirkte ängstlich.
„Was bist du?“, fragte die Gesalbte bemüht, ihre gewohnte Selbstsicherheit und Autorität zurückzugewinnen, als das Ding aufgehört hatte zu lachen. Mit mäßigen Erfolg.
„Tenchi, mein Kind, du weißt genau, wer ich bin. Was ich bin.“
Das Ding hatte recht. Sie wusste es.
"Seid ihr es wirklich?", wagte sie zu fragen.
Es lächelte wieder. Doch dieses Mal war es freundlich, fast väterlich.
Tief unten in der Kammer der Erlösung hatte sie davon erfahren, doch niemals geglaubt, diesem Wesen jemals zu begegnen. Wobei als ein Wesen konnte man es nicht bezeichnen, denn es wäre so als ob man das Meer einen kleinen Teich nennen würde. Es war so viel mehr. Es war ein Gott, der in der Welt der Sterblichen wandelte.
Tenchi sank sofort auf ein Knie, ihre Waffe legte sie neben sich und senkte das Haupt. Die Übrigen folgten ihrem Beispiel. Selbst der sonst so respektlose Gepanzerte und sein grausiges Gefolge taten es ihr gleich.
„Meister. Ich ... wir konnten ... Verzeiht uns, dass wir euch nicht gleich erkannt haben. Unser Glaube ist stark und doch hätten wir nicht gedacht, euch so schnell zu treffen.
"Erhebt euch meine Freunde. Es ist nicht nötig, vor mir zu knien." Sie kamen seiner Aufforderung nur widerwillig nach.
"Meister wir ...", begann die Kriegsherrin, doch er brachte sie gleich wieder zum Schweigen.
"Nicht, mein Kind. Meister ist ein mächtiges Wort. Doch ich habe nicht das erste Volk erschaffen, um über sie zu gebieten. Ich erschuf es, um unter ihnen zu leben, als einer von ihnen."
Tenchi verbeugte sich vor ihm. "Ihr seid zu bescheiden, Meister. Wie sollen wir euch sonst ansprechen?"
"Terak."
Die Yamijaten schauten sich verdutzt an.
"Meister, ich verstehe nicht. Was bedeutet dieser seltsam klingende Name?"
"Das ist der Name des Körpers, in dem nun ein Teil meiner Seele ruht. Er gefällt mir sehr."
"Verzeiht mir meine folgenden Worte", sagte die Kriegsherrin und kniete wieder den Blick tief gesenkt. "Doch dieser Name ist eine Beleidigung eures Wesens, eurer Göttlichkeit. Wie könnten wir euch nur so nennen?"
Er lächelte milde. "Du, mein Kind hattest schon immer einen Hang zum Formellen. Du bist wirklich eine wahre Tochter von Dewi."
"Niemals!", platzte es aus der Albin heraus. "Ich bin keine Tochter der Verräterin. Sie hat euch und uns verraten. Niemals würden ich sie anbeten."
"Vorsicht", sagte Terak scharf und entschieden.
Schlagartig brach Panik in Tenchi aus. Kalter Schweiß quoll aus ihren Poren. Ich habe soeben mein Todesurteil ausgesprochen.
"Ich mag euch die Augen geöffnet haben", sagte er mit freundlicher Stimme. "Und daran wird sich auch nichts ändern. Doch ihr solltet nicht vergessen, wer euch erschuf. Dewi mag verblendet sein, doch ist sie eure Schöpferin. Und verdient auch euren Respekt. Außerdem weiß ich genau, dass es noch viele unter den Alben gibt, die zu ihr Beten. Ist es nicht so Asmodeus? Inkubus?"
Die beiden Albe blickten sich nervös an, ehe sie es Tenchi gleichtaten.
"So ist, Meister", sagten beide Albe gleichzeitig.
"Da ist es wieder dieses Wort. Meister. Ich bin Terak oder wenn ihr unbedingt darauf bestehen wollt, einen formelleren Namen zu gebrauchen, dann nennt mich Reinkarnation. Und jetzt steht gefälligst auf."
Die Reinkarnation blickte nach hinten zu dem noch immer reglosen Oriax.
"Es tut mir leid. Ich habe Gaba leider getötet und Oriax schwer verletzt. Ich war leider noch nicht ganz bei mir. Bitte kümmert euch gut um sie."
Albe liefen an ihnen vorbei. Sie sammelten den bewusstlosen Alb ein und trugen ihn behutsam fort. Tenchi blickte auf dem zerbrochenen Seelenkristall ihres Gefährten. Sie kannte bereits die Antwort und fürchtete sich davor. Trotzdem, sie musste einfach fragen. „Reinkarnation, was ist mit Forreus?“ Die Reinkarnation betrachtet einen Moment die zwei Teile des Seelenkristalls und hob sie auf.
„Fort. Ich habe seine Essenz verschlungen.“ Er sah die Traurigkeit im Gesicht der Albin. „Aber sorge dich nicht“, sprach Terak weiter, „sein Opfer wird nicht vergessen. Sein Seelenkristall wird zum Symbol des Sieges. Sein Name wird für immer mit der Wiedergeburt meines Avatars verbunden sein. Jeder im Yami wird seinen Namen und seine Geschichte kennen. Ich werde sie kennen. Um ihn und sein Opfer zu gedenken, werde ich einen Teil bei mir behalten. Möchtest du die andere Hälfte?“ Er hielt beide Teile von Forreus Seelenkristall der Albin hin.
Die Kriegsherrin zögerte. Dann aber nickte sie leicht, mehr zu sich selbst als zur Reinkarnation und nahm sich eine der Hälften. Sie schloss die Augen und drückte das Kristallstück gegen ihre Brust.
„Ich weiß“, sagte der Avatar mit trauriger Stimme. "Es ist nur ein schwacher Trost für dich. Du einer meiner Gesalbten. Du warst schon immer die, die sich um alle ihres Volkes sorgte. Eine gute Eigenschaft, eine bewundernswerte Eigenschaft.“
"Ich danke euch", sagte Tenchi und verstaute die Kristallhälfte vorsichtig in einen Beutel.
„Wir haben viel zu tun. Bereitet einen Schattengänger vor.“
„Einen Schattengänger? Das wird nicht nötig sein, Lord. Wir haben drei Akolythen dabei. Wir können also mit dem Heer oder mit der Hauptstadt kommunizieren.“
„Ich habe nicht vor, das Heer oder die Stadt der tausend Götter zu kontaktieren.“
„Nicht? Was habt ihr dann vor?“
„Ich werde mit den Wächtern reden, den Herrschern dieses Landes“, erläuterte er seinen Plan.
„Verzeiht mir“, wagte Tenchi zu widersprechen und verbeugte sich vor ihrem Herrn und Meister. „Aber ich muss meine Bedenken äußern. Es ist ein Schattenzauber. Wir haben hier nicht die nötigen Materialien. Wenn wir ihn trotzdem vollziehen wollen, wird es eine Menge Blut und magische Kraft erfordern.“
"Blut haben wir hier genug. Die Gefangenen sind ausreichend und die Magie werde ich dazu geben."
"Daran zweifele ich nicht, Meister. Doch es wird einige Zeit dauern, das Ritual vorzubereiten. Darüber hinaus, warum sollten wir mit dem Feind Kontakt aufnehmen, wenn unser gewaltiges Heer bereits unterwegs ist. Unsere Verbündeten in diesem Land warten ebenfalls nur darauf, zu zuschlagen. Wieso also sollten wir sie warnen?"
"Weil es keine Rolle spielt, ob sie gewarnt sind oder nicht. Außerdem ist es unser Ziel zu erleuchten und nicht zu erobern. Vergiss, dass bitte nicht."
"Natürlich, Reinkarnation verzeiht."
"Es ist deine Aufgabe, mich zu hinterfragen und Gegenvorschläge zu unterbreiten. Denn selbst ein Avatar eines Gottes ist nicht unfehlbar. Nun geht, ihr alle. Lasst mich allein. Ich muss mich ausruhen."
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Like
Reaktionen: Dragunov 67