Hier nun die versprochene Besprechung des Spiels (es ist die PS3-Ausgabe; ich spiele mit dem ganz normalen Controller, das mag durchaus relevant für die Aussagen sein, die sich auf die Kombinationfriktivität beziehen):
Es ist zwar erst gestern bei mir eingetroffen, gleichwohl traue ich mir zu, reliable Aussagen zu treffen, denn es ist ja keine Revolution im Vergleich zum Vorgänger.
Ich fange mal mit dem Faktor Langzeitmotivation an: die Charaktere sind bereits zu Beginn allesamt freigeschaltet, was ich eher positiv denn negativ nennen würde. Ich vermute mal (lege indes nicht meine Hand dafür ins Feuer), dass die Speicherdaten für SSFIV genauso wie die von SFIV nicht kopiert werden können, dass man also, wenn man anderswo spielen möchte, wenigstens auf alle Charaktere und nicht nur 16 zurückgreifen kann. Wenn man das erste Mal den Arcademodus durchspielt, erhält man bei den Herausforderungen die Möglichkeit, die klassische Autodestruktion mitsamt der Fässerzerstörung beliebig oft zu repetieren (Veteranen werden sich an die SNES-Teile erinnern), außerdem wird so die Option ermöglicht, bei den einzelnen Protagonisten zwischen der englischen und der japanischen Stimme zu wählen, zuvor sprechen alle Kämpfer entweder japanisch oder englisch. Das war's aber auch schon - Farben und Provokationen werden freigeschaltet, nachdem man mit dem jeweiligen Charakter eine bestimmte Anzahl an Level gespielt hat (ob nun im Arcade- oder im Versusmodus [zwei zusätzliche Farben gibt es, wenn man Speicherdaten von SFIV hat]), das weitere Durchspielen erheischt also keine weiteren Vorteile. Zwar sieht man zu Anfang und zu Ende ein Video (andere als beim Vorgänger), aber ich habe noch keine Möglichkeit gefunden, diese wieder in einem separaten Menü einzusehen, womöglich muss man sich dieses erst erspielen.
Und da wir schon beim Arcademodus sind: der Schwierigkeitsgrad hat anscheinend noch einmal zugenommen. Ich habe mit M.Bison (Diktator), Sagat und Ryu durchgespielt und war völlig konsterniert, als ich mit Sagat im sechsten Level gegen Balrog (Boxer) antreten musste. Selbiger konnte mir mit zwei Turn-Around Punches und einem harten Schlag rund 40% der Energie rauben (und Sagat hat der Abschwächung zum Trotze immer noch verhältnismäßig viele Trefferpunkte), verlor aber selbst nur rund 70% an Trefferpunkten durch meine Angriffe, als es normalerweise der Fall wäre. Die Intelligenz des Computers scheint generell etwas verbessert worden zu sein, was ich ausdrücklich begrüßen kann, gleichwohl mir dieser immense Grad an Unfairness schon immer sauer aufgestoßen ist. Es scheint aber, als ob Seth nicht mehr ganz so aggressiv agieren würde, er ist nach wie vor unbotmäßig robust, scheint sich allerdings auch häufiger in Handgemenge verwickeln zu lassen, anstatt ununterbrochen zu teleportieren. Ich habe mit insgesamt drei Continues (zweimal gg. obigen Balrog, einmal mit Ryu gg. Seth) den Arcademodus mit den drei Recken abschließen können, das ist im Vergleich zu früher, als Seth wirklich ein Ausmaß an Unverfrorenheit darstellte, schon ganz ordentlich. Ich schätze allerdings, dass Anfänger an der Schwierigkeitsstufe "Normal" schlichtweg verzweifeln, weil die normalen Gegner spätestens ab dem vierten Level übertrieben stark und widerstandsfähig werden, auch wenn einfache Tricks wie der Dauerwurf oder das Benützen von Focus-Attacken große Wirkung zeigt.
Ansonsten gibt es nicht mehr viel - der Onlinemodus ist natürlich geblieben (und ausgebaut worden; hierzu kann ich aber noch nicht viel sagen, ich habe nur ein einziges gewöhnliches Ranglistenspiel absolviert), genauso wie die Herausforderungen. Neben den schon erwähnten "Klassikern" (wobei man anscheinend wiederum nichts freischalten kann) gibt es natürlich wieder die Trials. Jeder Charakter hat 24 Trials, die immer aus einer einzigen Kombination bestehen, nicht mehr wie früher, wo man bei den normalen Trials gleich mehrere Dinge hintereinander bewältigen musste. Das ist meines Erachtens ein deutlicher Fortschritt. Der Schwierigkeitsgrad reicht wieder von sehr leicht (einzelne Spezialattacken) bis hin zu unmöglichen und sinnlosen Tastenakrobatiken. Ich habe mich im Schnelldurchlauf mit allen Charakteren an den Trials versucht, aber bislang auch nur 70% der Trials bestehen können. Ich schätze ferner, dass ich mutmaßlich nicht weit über 80% hinauskommen werde, da ich mit manchen Variationen gar nicht zurechtkomme (alle Attacken mit mehrfachem Knopfdrücken wie dem "Hundred Hands Slap" beispielsweise), einige Vorgaben mit dem normalen Controller meines Erachtens schlechterdings mehr oder weniger Glücksache sind (das Überleiten von manchen Spezialattacken in den entsprechenden Super oder Ultra) oder weil gewisse Aufbauten evidentermaßen meine Fähigkeiten übersteigen (insbesondere Charaktere wie C.Viper, Ken oder Gen haben einige Boshaftigkeiten auf Lager). Wer also kein hohes Frustrationspotential mitnimmt, sollte sich lieber nicht darauf versteifen, jemals viele oder gar alle der Trials zu bestehen. Sehr enervierend in dem Zusammenhang gestaltet sich, dass Capcom manche der schweren Trials eins zu eins von dem letzten Teil übernommen hat, man folgerichtig einige der exaltierteren Geschicklichkeitsanwendungen, für die schon zuvor viel Zeit und Geduld investiert werden mussten, wieder vor der Brust hat.
Mit den neuen Charakteren bin ich tendentiell sehr zufrieden, die scheinen mir gut durchdacht und sehr integrativ gestaltet worden zu sein. Möglicherweise sprengt Dudley mitunter etwas den Rahmen, verfügt er doch über ein schier endloses Arsenal an Target Combos und Spezialattacken, die allesamt leicht auszuführen und doch sehr stark sind. Hakan und Makoto hinwiederum machen einen recht schwächlichen Eindruck.
Die Possibilität, nunmehr zwischen zwei Ultras aussuchen zu können, ist eine nette Sache, jedoch muss ich an dieser Stelle unbedingt erwähnen, dass selbst für Street Fighter-Maßstäbe der neue Ultra vom Akuma (der nicht umsonst von der Fangemeinde liebevoll "ROFL-Copter" getauft worden ist) sowie der zweite Ultra von Hakan (der äußerst dubiose Assoziationen evoziert) reichlich albern/obskur sind.
Glühende Street Fighter-Jünger werden sich dieses Spiel ohnehin kaufen (erfreulich ist der günstige Preis von 30€ bei Amazon), Gelegenheitsspieler sollten sich überlegen, ob ihnen dieses Universum allein genug Motivation bietet und ob sie damit leben können, zu Anfang auf der leichtesten Schwierigkeitsstufe zu agieren oder fortwährend zu verlieren. Ich für meinen Teil bin sehr zufrieden und werde mich dann daran machen, meinen ohnehin dolenten linken Daumen auch weiterhin brutalstmöglich zu traktieren. 😀