Wichtig: Volkserhellung!

Weil wir uns nun tiefer in etymologische Belange hineinbewegt haben: weiß eigentlich irgendwer, warum das Präfix "ante" in manchen Fremdwörtern semantisch irreführend zum "anti" verkommen ist? "Antizipation" ist die Vorwegnahme von etwas und nicht etwa ein Widerstand oder eine abwehrende Haltung, die ein "anti" bedingte. Ähnlich verhält es sich mit dem "antichambrieren": es meint lose übersetzt, dass jemand katzbuckelt, scharwenzelt, oder - mit Donald Duck gesprochen - sich anwanzt; es kommt aus dem französischen Diplomatensprech, da solche Anbiederungen oftmals im Vorzimmer stattfanden, "anti" erheischt hier nicht einmal im Ansatz Sinn. Oder ganz bodenständig: "Antipasto" beschreibt eine Vorspeise und nicht etwa eine Gegenmahlzeit, um den Hunger noch anzuregen.
Ich vermutete einfach, dass es sich reine Bequemlichkeit handelte, es muss aber erstaunen, dass Begriffe wie "Antezedens", "Antependium" oder "anterior" das richtige Präfix tragen. Schon denkwürdig, dass die Herrschaften sich mit solchen ernsthaften Problemen nicht befassen, wohl aber Vernakular-Vulgarismen der Art "Orthografie" wie eine stolze Primigravida durchgehen lassen. Es ist eine Schande.
Da liegst Du richtig. Lautverschiebungen finden statt, wenn die phonetischen Lautfolgen schwerer als alternative Varianten zu realisieren sind. Und das schlägt sich dann auch in der Schreibweise nieder. Abgesehen davon ist "anti" eine ältere lateinische Form von "ante", die niemals ganz ausgestorben ist.

Ein ähnliches Beispiel ist z.B. das Präfix "im-" als Variante zu "in-". So wurde aus der "Inpotenz" der Sprecher, die Laute problemlos zu artikulieren, die Impotenz.
 

Weil das so gesetzlich festgelegt ist.

Steckt da vielleicht Bequemlichkeit dahinter?

Weiß nicht, mir gefiel es ganz gut, dass sich einige größere Zeitungen der Reform zumindest zeitweise widersetzt haben. Gründe habe ich ja oben schon erwähnt.

weiß eigentlich irgendwer, warum das Präfix "ante" in manchen Fremdwörtern semantisch irreführend zum "anti" verkommen ist?

Würde auf Lautverschiebung tippen, fronting, um genau zu sein (frag mich nicht, wie man das auf Deutsch nennt, die linguistischen Fachbegriffe sind mir nur auf Englisch geläufig). Das Vokaltrapez ist dir vermutlich geläufig.


Antezedens schmerzt in den Augen. Ich weigere mich das so auszusprechen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Lateiner dies so je ausgesprochen hätte. Als ob in der lateinischen Sprache irgendwann das k ausgestorben wäre.

Naja, man ist sich unter den Lateinern auch nciht mehr so sicher, ob der Caesar nun Kaesar oder Tschaesar gesprochen wurde. In meinem letzten Lateinkurs an der Uni (ich habe vor Kurzem noch mal ein wenig Latein zur Auffrischung meines großen Latinums studiert) war jedenfalls das C=K keineswegs mehr das Dogma, wie man es aus der Schule kennt. Da arbeiten die Spezialisten für indoeuropäische Sprachen noch dran 😉.
 
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Da liegst Du richtig. Lautverschiebungen finden statt, wenn die phonetischen Lautfolgen schwerer als alternative Varianten zu realisieren sind. Und das schlägt sich dann auch in der Schreibweise nieder. Abgesehen davon ist "anti" eine ältere lateinische Form von "ante", die niemals ganz ausgestorben ist.
"Anti" mit der Bedeutung "ante" galt allerdings schon den Römern als Archaismus und hat kaum noch Verwendung gefunden. Natürlich ist es naheliegend, davon auszugehen, dass praktische Gründe hinter dem veränderten Vokal stehen, derlei Mechanismen (von Kontraktionen, Vokaldehnungen und -kürzungen, Anaptyxen über Apokopen) sind üblich. Mich wunderte aber, ob es einen bestimmten Grund gibt, warum es gerade diese Begriffe getroffen hat, für gewöhnlich setzen sich Vereinfachungen dieses Schlages breitflächig durch und machen nicht bei ein paar wenigen Ausdrücken halt - Knight-Pilgrim und Bloodknight verwiesen bereits auf die Lebendigkeit der Phoneme, einzig ist es das elementare Merkmal eines Phonems, allgemeingültig zu wirken; beispielsweise das gern zum Kalauer genommene Unvermögen von Chinesen, den Buchstaben "r" nicht aussprechen zu können, das sich schlichtweg dadurch ableiten lässt, dass kein phonemischer Unterschied zwischen "r" und "l" besteht - ausnahmslos. Denkbar wäre wohl, dass es v.a. Begriffe getroffen hat, die zumindest zeitweilig häufiger in Gebrauch waren, also ein Anlass aufkam, diese zu vereinfachen, wohingegen eher periphere Vokabeln ihre klassische Form behalten haben, entgegen der Neuerung. Ein konkreter Beleg interessierte mich allerdings schon.
 
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Diesbezüglich meine, absolut ernst gemeinte, Frage: Ist Wissenschaft um der Wissenschaft willen nicht reiner Positivismus und als solcher seit Mitte des letzten Jahrhunderts überholt? Sollten die verschiedenen Aspekte der Sprachlehre nicht eigentlich dazu dienen, eine fehlerfreie und eindeutige Kommunikation zu ermöglichen? Ich meine im Gegensatz zu rein normativen Aussagen, wie sie hier gebraucht werden? Gebt ihr nicht, in dem ihr euch vom lebenden Objekt der Betrachtung (nämlich die tatsächlich gesprochene Sprache) entfernt, eine fundamental anachronistische Einstellung preis?
 
Naja, man ist sich unter den Lateinern auch nciht mehr so sicher, ob der Caesar nun Kaesar oder Tschaesar gesprochen wurde. In meinem letzten Lateinkurs an der Uni (ich habe vor Kurzem noch mal ein wenig Latein zur Auffrischung meines großen Latinums studiert) war jedenfalls das C=K keineswegs mehr das Dogma, wie man es aus der Schule kennt. Da arbeiten die Spezialisten für indoeuropäische Sprachen noch dran
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Das ist so nicht ganz richtig. Man ist sich sogar ziemlich sicher, dass in der klassischen Zeit Caesar wie Kaisar ausgesprochen wurde. Das C hat erst in späterer Zeit den Lautwert Z angenommen. Aber glaube nicht, dass dies verallgemeinert werden kann. Denn C hat nunmal auch den Lautwert K im Lateinischen.
 
Genitiv-/Dativ-Nutzung:
Der Dativ hat im süddeutschen Raum schon immer eine prominente Position inne und wurde bereits vor Jahrhunderten gern dem Genitiv vorgezogen. Wenn ein Schwabe sagt "dem Bauer sein Hund", dann ist das nicht grammatikalisch falsch, sondern schlicht Dialekt.
In einigen norddeutschen Gebieten hat der Genitiv überhaupt keine Überlebensprobleme, stattdessen gerät dort der Dativ unter die Räder weil er sehr gerne durch den Akkusativ ersetzt wird.

Solche Phänomene beruhen auf der Tatsache, dass die deutschen Muttersprachler eigentlich ein Volk von Dialektsprechern sind und das was wir heute "Hochdeutsch" bis vor fünfhundert Jahren noch nicht einmal existierte. Hochdeutsch ist nämlich eine Kunstsprache die ursprünglich durch Luthers Bibelübersetzung ins Leben gerufen wurde.
 
Diesbezüglich meine, absolut ernst gemeinte, Frage: Ist Wissenschaft um der Wissenschaft willen nicht reiner Positivismus und als solcher seit Mitte des letzten Jahrhunderts überholt? Sollten die verschiedenen Aspekte der Sprachlehre nicht eigentlich dazu dienen, eine fehlerfreie und eindeutige Kommunikation zu ermöglichen? Ich meine im Gegensatz zu rein normativen Aussagen, wie sie hier gebraucht werden? Gebt ihr nicht, in dem ihr euch vom lebenden Objekt der Betrachtung (nämlich die tatsächlich gesprochene Sprache) entfernt, eine fundamental anachronistische Einstellung preis?
Inhaltlich trifft Dein Beitrag die Sache sehr genau. Ich sehe allerdings nichts Verwerfliches darin, Wissenschaft zum Selbstzweck zu treiben. Es ist doch schlechterdings naiv, anzunehmen, dass Geistes-, Sprach- und Sozialwissenschaften in all ihren Teilbereichen praktische Erkenntnisse fördern, die sich zum didaktischen Zweck in handliche Portionen zerlegen lassen. Wer sich eingehend mit pyrrhonischer Skepsis, dem 4. Diadochenkrieg oder der Abgrenzung von Chomskys Transformationsgrammatik zur Montague-Grammatik beschäftigt, muss ein sehr geschickter Lügner sein, wenn er glaubwürdig behaupten kann, praxisrelevante "Kompetenzen" davon ableiten zu können. Ich für meinen Teil bin fest davon überzeugt, dass sich aus dem Studium z.B. der Geschichte so gut wie gar nichts konkret erlernen lässt, weil die Rahmenbedingungen früherer Konstellationen ohnehin immer markant anders sein werden als diejenigen der Gegenwart. Und für Prognosen der Art "China, Indien und Brasilien werden in Zukunft eine größere Rolle spielen" muss niemand jahrelang über Büchern gebrütet haben. Ebenso Literaturanalyse - wird hier jemand, ohne vor der Tastatur sein Gesicht zu verziehen, ernsthaft erzählen, dass sein "analytisches Handwerkzeug" im Laufe des Studiums ihn zu einem wesentlich kritischeren Zeitgenossen hat werden lassen? Und selbst wenn: hat sich zweckbezogen dafür ein ganzer Studiengang "gelohnt"?

L'art pour l'art ist ein wesentlicher Bestandteil menschlichen Handelns. Jedes Mal, wenn in diesem Off-Topic politische Diskussionen stattfinden, ist das der Fall. Niemand hier erhofft sich "Kompetenzen" aus den Debatten, sondern hat ein Mitteilungsbedürfnis. Es ist hier noch nie vorgekommen, dass nachher alle Beteiligten einen mustergültigen Kompromiss geschlossen haben, der Anforderungen Habermas'scher Diskursivität gehorcht. Trotzdem bin ich mir sehr sicher, dass die meisten Teilnehmer ihren Spaß an der Sache gehabt haben, auch wenn es mal hitziger zuging. Es ist nahezu derselbe Spaß, der manchen von uns befällt, wenn er über völlig irrelevante Präfixformen nachdenkt. Oder als Laie einen Artikel über Neurobiologie liest, wohlwissend, dass er die Informationen nie wird praktisch nutzen können.

Ich halte seelenlosen Wissenspragmatismus für überaus schädlich und wortwörtlich ahuman - Menschen "funktionieren" so nicht.
 
Ich halte seelenlosen Wissenspragmatismus für überaus schädlich und wortwörtlich ahuman - Menschen "funktionieren" so nicht.

sehr richtig, non vitae sed scholae discimus. Schade nur dass scholae so umgedeutet wird, dass man mittlerweile Schule damit verbindet. Aber das ist nun mal der Zeitgeist der Verwertungslogik, ein weites Feld.
 
Sollten die verschiedenen Aspekte der Sprachlehre nicht eigentlich dazu dienen, eine fehlerfreie und eindeutige Kommunikation zu ermöglichen?

Kann man das überhaupt? Kommunikation verläuft ja über verschiedene Kanäle und beinhaltet neben der sprachlichen Kommunikation auch nonverbale Akte.
Eine eindeutige Sprache zu konstruieren ist eigentlich unmöglich, da du immer Grauzonen haben wirst. Interessant ist es ja, dass auch ohne eine eindeutige Sprache, die Kommunikation in den meisten Fällen fehlerfrei funktioniert. Und selbst wenn eine Kommunikation misslingt, weiß man dann in der Reflexion meistens, wieso es misslungen ist.
 
Der Thread ist definitiv als entgleist betrachtbar, rückblickend auf die Diskussion, welche um die Sprache entstanden ist. Alles was ich wollte war über einige Dinge aufzuklären. Nichts lag mir ferner als eine Diskussion über Ethymologie zu beginnen. Der Sprachwissenschaftler von Welt muss aber gewissenhaft sein Wissen teilen wie ich bemerken durfte 😉

Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass nicht Luther das Schriftdeutsch erfand, sondern ein gewisser Herr Duden.
 
Inhaltlich trifft Dein Beitrag die Sache sehr genau. Ich sehe allerdings nichts Verwerfliches darin, Wissenschaft zum Selbstzweck zu treiben. Es ist doch schlechterdings naiv, anzunehmen, dass Geistes-, Sprach- und Sozialwissenschaften in all ihren Teilbereichen praktische Erkenntnisse fördern, die sich zum didaktischen Zweck in handliche Portionen zerlegen lassen. Wer sich eingehend mit pyrrhonischer Skepsis, dem 4. Diadochenkrieg oder der Abgrenzung von Chomskys Transformationsgrammatik zur Montague-Grammatik beschäftigt, muss ein sehr geschickter Lügner sein, wenn er glaubwürdig behaupten kann, praxisrelevante "Kompetenzen" davon ableiten zu können. Ich für meinen Teil bin fest davon überzeugt, dass sich aus dem Studium z.B. der Geschichte so gut wie gar nichts konkret erlernen lässt, weil die Rahmenbedingungen früherer Konstellationen ohnehin immer markant anders sein werden als diejenigen der Gegenwart. Und für Prognosen der Art "China, Indien und Brasilien werden in Zukunft eine größere Rolle spielen" muss niemand jahrelang über Büchern gebrütet haben. Ebenso Literaturanalyse - wird hier jemand, ohne vor der Tastatur sein Gesicht zu verziehen, ernsthaft erzählen, dass sein "analytisches Handwerkzeug" im Laufe des Studiums ihn zu einem wesentlich kritischeren Zeitgenossen hat werden lassen? Und selbst wenn: hat sich zweckbezogen dafür ein ganzer Studiengang "gelohnt"?

L'art pour l'art ist ein wesentlicher Bestandteil menschlichen Handelns. Jedes Mal, wenn in diesem Off-Topic politische Diskussionen stattfinden, ist das der Fall. Niemand hier erhofft sich "Kompetenzen" aus den Debatten, sondern hat ein Mitteilungsbedürfnis. Es ist hier noch nie vorgekommen, dass nachher alle Beteiligten einen mustergültigen Kompromiss geschlossen haben, der Anforderungen Habermas'scher Diskursivität gehorcht. Trotzdem bin ich mir sehr sicher, dass die meisten Teilnehmer ihren Spaß an der Sache gehabt haben, auch wenn es mal hitziger zuging. Es ist nahezu derselbe Spaß, der manchen von uns befällt, wenn er über völlig irrelevante Präfixformen nachdenkt. Oder als Laie einen Artikel über Neurobiologie liest, wohlwissend, dass er die Informationen nie wird praktisch nutzen können.

Ich halte seelenlosen Wissenspragmatismus für überaus schädlich und wortwörtlich ahuman - Menschen "funktionieren" so nicht.


Mal weniger verklausuliert: Ich habe den, möglicherweise unbegründeten, Verdacht, dass hier Wissen als Distinktionsmittel genutzt wird. Und so sehr ich ebenfalls dafür anfällig bin, so sehr bin ich auch Freund davon, das Kind beim Namen zu nennen.
 
das Schriftdeutsch erfand, sondern ein gewisser Herr Duden

Nee. Der Duden wurde erst kurz nach 1900 de facto "das" deutsche Wörterbuch. Amtliche Regelungen gab es schon vorher. Luther rechnet man vor allem die Verbreitung des Hochdeutschen (im Endeffekt ein Ableger der Sächsischen Kanzleisprache) zu.

Der Sprachwissenschaftler von Welt muss aber gewissenhaft sein Wissen teilen wie ich bemerken durfte

Warum nicht? War doch von Erstellung an ein Thread zum Klugscheißen; ich hatte zuerst überlegt, ihn gleich zuzumachen, aber auf eine brauchbare Diskussion gehofft.



Sollten die verschiedenen Aspekte der Sprachlehre nicht eigentlich dazu dienen, eine fehlerfreie und eindeutige Kommunikation zu ermöglichen?

Ingenieur?
 
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Mal weniger verklausuliert: Ich habe den, möglicherweise unbegründeten, Verdacht, dass hier Wissen als Distinktionsmittel genutzt wird. Und so sehr ich ebenfalls dafür anfällig bin, so sehr bin ich auch Freund davon, das Kind beim Namen zu nennen.
Ich habe den möglicherweise unbegründeten Verdacht, dass es eine herrliche Ironie ist, wenn jemand, der den Begriff "Distinktionsmittel" nutzt, um mit gespreiztem Finger auf seine Kenntnis um die Soziologie Bourdieus hinzuweisen, andere gleichsam "im Klartext" wiedergeben möchte.

Abgesehen davon: die Aussage, dass zum Selbstzweck betriebene Wissenschaft nicht gleich negativ wertend mit einem "reinen Positivismus" ineinszusetzen ist, ist nicht gleichbedeutend damit, dass Wissen als "Distinktionsmittel" (distinktiv gegenüber wem oder was? Warum hier so verquast? Wo ist die sprachliche Klarheit und Redlichkeit? Auch akademische Phrasen wollen und können "weniger verklausuliert" erklärt werden) benutzt wird.

Jeder, der schon einmal einen Zeitungsartikel, ein Sachbuch, eine Novelle, ja einen Groschenroman gelesen hat, ohne praxisbezogenes Werte für Schule, Studium oder Beruf erlernen zu wollen, betreibt selbstbezogene Wissensaneignung. Das gilt auch für das Erlernen eines Musikinstruments, den Genuss klassischer Musik oder der Teilnahme an einem Schachverein. Damit es möglich wird, auch sonderlichere Steckenpferde gebührend abzudecken und Interessierten zugänglich aufzubereiten, ist es von Vorteil, wenn Wissenschaft sich damit befasst, auch wenn es sich praktisch schwer rechtfertigen lässt, dass ein "Nutzen" daraus entsteht, Lehrstühle für Altphilologie einzurichten. Wenn Dir das als "Distinktionsmittel" (ich vermute ja, dass Du eigentlich "Bildungshuberei" meinst, auch wenn sich vornehmere Interpretationen anbieten) gilt, ist das Dein gutes Recht. Ich sehe den Erwerb von "nutzlosem Wissen" nicht unbedingt als Statusmerkmal elitärer Intellektueller, sondern, wie schon erwähnt, als reinen Selbstzweck. Der muss sich auch nicht weiter rechtfertigen, darum ist er ja ein Selbstzweck.
 
Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass nicht Luther das Schriftdeutsch erfand, sondern ein gewisser Herr Duden.

Als Luthers Bibelübersetzung - und damit der verbunden Sprachstil - in alle Winkel des deutschen Sprachgebiets exportiert wurde, war wahrscheinlich noch nicht einmal der Urgroßvarter von Duden geboren.

Im übrigen gibt es kein "echtes Deutsch", so etwas wie ein amtlich korrektes Deutsch existiert nicht. Es gibt ein Amtsdeutsch, das jedoch auch nur für Ämter und Beamten bindend ist (und das schlichtweg aus der Notwendigkeit schneller und klarer Verständigung).
Rechtliche Regelungen wie Menschen im Alltag zu sprechen oder zu schreiben haben und was korrektes Deutsch ist und was nicht (wie es z.B. in Frankreich mit dem Französischen der Fall ist) gab es in Deutschland noch nie.
 
Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass nicht Luther das Schriftdeutsch erfand, sondern ein gewisser Herr Duden.
Erfunden hat Luther es natürlich nicht. Er hat lediglich das verbreitetste Schriftstück der damaligen Zeit herausgebracht und somit die regionalen Schreibweisen beeinflusst.
Übrigens hat auch Herr Duden nichts erfunden. Sein Verdienst ist es, die Verwendung der Sprache im deutschsprachigen Raum zu beschreiben und Empfehlungen über ihre Verwendung abzugeben. Als Grundlage dazu diente die durch Luthers Bibelübersetzung geprägte Variante der deutschen Sprache.
Bereits damals handelte es sich um ein deskriptives und kein präskriptives Werk. Lediglich zur Vereinfachung der Kommunikation zwischen Behörden herhielt es nachträglich für Ämter und Schulen einen verpflichtenden Charakter, da es die bis dahin umfassendste und am besten ausgearbeitete Beschreibung war. Inzwischen ist jedoch der Duden auch nicht mehr die Grundlage sondern wurde durch die in der Rechtschreibreform beschlossenen Änderungen abgelöst.

PS: Übrigens ist die Festlegung der gültigen Amtssprache Ländersache. Sollte sich Hamburg entschließen, das Plattdeutsch als amtliche Sprache einzuführen, so wäre das dort auch bindend.
 
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Hm ...

Hier folgt nun mal mein Senf:
Unabhängig davon, wer nun welche Standards definiert hat, erleichtert doch die Verwendung einer halbwegs korrekten Schreibweise das Lesen von "Posts". Ich habe kein Problem mit eindeutigen Tippfehlern, die man ja meistens aus dem Zusammenhang schnell als solche erkennt, was mich aber wirklich stört, sind einzelne "modische Vereinfachungen", die ich einfach nicht mag. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung von "ned" oder "net" als Ersatz für "nicht". Und was das Lesen verschiedener Beiträge auch erheblich erschwert, ist die Verwendung von zu vielen Akronymen. Schon so manches Mal war mir echt nicht klar, um was es denn jetzt geht. Klar, man kommt meistens drauf, aber es erleichtert - meiner Meinung nach - nicht unbedingt immer das Verstehen.
Und: Das mal englische, mal deutsche Abkürzungen Verwendung finden, erleichtert die Sache leider auch nicht.
 
Was mich immer mehr stört ist die Verwendung von: bzw. als oder.

Ständig schreiben die Leute (ich lese sehr viel Korrospondenz) bzw statt oder (oder statt genauer gesagt) obwohl keine Bezugsobjekt im Satz ist, also:

Falsch: Äpfel sind rot bzw. grün. Statt:

Richtig: Birnen und Äpfel sind grün bzw. rot.

Sicher nur eine Kleinigkeit, aber trotzdem irgendwie komisch.