Und siehe, nachdem der Planet Rabal aufgrund der ketzerischen und pervertierten Anbetung des Ketzers Monsul angeklagt wurde, blind dem geheiligtem Lichte des Imperators gegenüber zu sein, sprach Äbtissin Sankt Silvana, Oberste des Ordens des Silbernen Leichentuchs, zu ihrer Vertrauten Marianna:
„So gehe hin, nimm fünf Hundertschaften unserer Schwestern und bringe der Bevölkerung Seine Gnade. Irrgeleitet waren sie, doch Seine Liebe wird sie wieder zurück aus der quälenden Dunkelheit der Häresie in das Licht des wahren Glaubens führen. Spute dich, und kehre erst zurück, wenn deine Aufgabe erledigt ist.“
Doch die Schwestern versagten. Nichts konnte die blasphemischen Taten der Bevölkerung verhindern, zu sehr hatten sie sich schon an die Sinnesfreuden des Dunklen Prinzen gewöhnt, immer mehr Grenzen wurden überschritten, stets wurden neue Laster begangen. Die Schwestern versagten. Die Bevölkerung drängte sich in Scharen in die großen Kapellen der Hauptstadt Neogoth, um Monsuls Predigten einer Welt voll von hedonistischer Häresie zu hören. Denn wisse, jener Monsul war nicht nur ein Mutant der äußeren Erscheinung her, sondern weitaus gefährlicher. Seine Zunge schien gespalten: Während die eine Hälfte den Menschen ein besseres Leben versprach, saugte die andere Hälfte den sogenannten Gläubigen den letzten Funken von Willen aus dem Körper. Seine psionischen Fähigkeiten der Gedankenkontrolle versklavte die Bevölkerung im Geiste und somit auch körperlich. Die Schwestern versagten, denn als sie gegen die Kapelle marschierten, um den Häretiker mit den Flammen des wahren Glaubens zu läutern, stürzte sich die Bewohner wie Marionetten gegen die Schwesternschaft. Frauen und Kinder liefen in der ersten Reihe, nur um im Feuer unterzugehen. Doch sie erkauften den nachfolgenden Männern die nötigen Sekunden um sich Flagellanten gleich in die Reihen der Sororitas zu werfen. Die Schwestern versagten, denn vierhundert der Ihren kehrten zurück, die Männer, Frauen und Kinder jedoch waren zur Gänze ausgelöscht, während der Häretiker überlebte. Er konnte fliehen – die Schwestern versagten.
Und so kam es, dass Marianna Hilfe des Officio Assassinorum anforderte. Welch üble Macht den Anschlag des Agenten jedoch verhinderte, ist bis heute nicht geklärt. Sicher dagegen ist, dass es der Prediger schaffte, die Bevölkerung Rabals zu mobilisieren und gegen die eilig errichtete Ordensfestung der Schwesternschaft des Ordens des Schwarzen Kelchs zu ziehen.
Die Kämpfe waren blutig und wieder gaben viele der Schwestern ihr Leben im Kampf für Ihn. Schließlich wurde die Gefahr zu groß – im wilden Zorn beschloss Großinquisitor Tukedo Arrantes, den Exterminatus über Rabal zu verhängen. Das gleisende Feuer verzehrte das Fleisch der Häretiker und verwandelte Rabal in einen Geisterplaneten voll von toxischer Stürme und endloser Wüsten.
Marianna jedoch beschloss, die Ordensfestung neu zu errichten und mit ihren Untergebenen Schwestern auf dem Planeten zu bleiben. Sie erließ das Gebot, dass alle Frauen ihre Haare weiß zu färben hätten, als stetige Mahnung an die Macht des Exterminatus, der eine reich bevölkerte Welt binnen weniger Augenblicke in einen toten Sternenkörper verwandeln kann. Und so erdulden die Schwestern des Ordens des Gleißenden Feuers – wie Marianna ihre Schwesternschaft nun nannte – die täglichen Gefahren und Entbehrungen Rabals, stets im Glauben, dass dies nur eine weitere Seiner Prüfungen sei!
Aus dem Lehrbuch der Oberin Franziska, ehemalige Adjutantin der Heiligen Marianna.
Rabal, der Geisterplaneten, liegt direkt im Kurs einen großen Waaghs der Orks. Um die Massen der Xenos zu kontrollieren und aufzuhalten, stationierte Großinquisitor Tukedo Arrantes – der den Großteil seiner Zeit im Kovent der Schwestern verbringt – das 89. Cadia auf dem Planeten. Das Ziel der Imperialen Armee ist es, die Schwestern zu unterstützen und kleinere Vorstöße zu wagen, um die Stärke des Gegners einzuschätzen. Das 89. Cadia – das auch als „Fenneks“ bekannt ist – hat sich auf Einsätze in Wüstengegenden spezialisiert und ist somit für den Einsatz auf Rabal bestens geeignet. Ihre Taktik besteht meistens darin, den Gegner durch schweres Mörserfeuer zu verlangsamen und die Überreste der feindlichen Armee dann mit Hilfe der Kavallerieeinheiten zu zerschlagen.
Eine Schwester, die dem Orden des Gleißenden Feuers beitritt, muss ein Jahr mit den Studien der Geschichte des Ordens verbringen. Sie muss ihren Geist wappnen gegen die falschen Reden von Ketzern, wie Monsul es war. Anschließend muss sie sich in den Reihen der Fenneks behaupten. Die Stationierung bei den Truppen dient dem Erlernen grundlegender Kampftechniken und dem Verstehen der Organisation der Imperialen Armee – denn nur wer seinen Verbündeten kennt, kann sich vollends auf ihn verlassen. In Kampfeinsätzen jedoch nehmen sie nicht Teil. Die Gefahr, dass eine Schwester frühzeitig sterben könnte, wäre zu groß. Nur bei der täglichen Übung hat sie teilzunehmen. Dieses Jahr wird im Orden als „Feuertaufe“ bezeichnet. Eine angehende Schwester, die dieses Jahr in der Imperialen Armee nicht übersteht wird als zu schwach angesehen, dem Orden beizutreten. Sie muss den Konvent augenblicklich verlassen.
Erst nach diesem Jahr führt sie ihr Weg zurück in die Ordensfestung der Schwesternschaft. Weitere zwei Jahre hartes Training warten hier auf die Novizinnen. Vor allem der Fernkampf wird hier geübt, ebenso stehen Taktikseminare und Außeneinsätze auf dem Programm. Täglich müssen die Schwestern zu den Andachten erscheinen. Diese unterteilen sich in Vigil (zur 4. Morgenstunde), Laudes (zur 6. Morgenstunde), kleinere Andachten zur dritten, sechsten und neunten Stunde nach der Laudes sowie dem Komplet zur zwölften Stunde nach der Laudes. Die Zeit zwischen den Gebeten wird für das tägliche Training verwendet. Nach der Andacht zur Mittagszeit ist es den Schwestern vorgeschrieben, das Imperiale Lager zu besuchen und die Verwundeten zu behandeln (falls es welche gibt), beziehungsweise den Soldaten aus Seinen Lehren zu lesen und ihnen den Imperialen Glauben näher zu bringen.
Das Mädchen
Der Wind wehte heißen Sand um Annas Beine, als sie neben dem schmierigen Händler vor dem Tor der Ordensfestung stand. Die Festung war ein kolossaler Stahlmoloch in der Mitte des ewigen Nichts aus Sand, Steinen und Ruinen. Wie eine fette Spinne stand sie inmitten eines Zeltlagers der Imperialen Armee. Die rostigen Stahlplatten, die den Beton verstärkten, waren mit allerlei Knochen und Ornamenten verhangen. Anna musste den Kopf in den Nacken legen, um die oberen Zinnen der meterhohen Mauer zu sehen. Schnell tat der Achtjährigen der Nacken weh, also ließ sie es.
Das ist also der Ort, an dem ich den Rest meines Lebens eingesperrt werde, dachte sie.
Nonnen, die für nichts anderes leben als Beten und Krieg. Zumindest hat das Semus gesagt, und der muss es wissen. Semus weiß fast alles…
Neben ihr stand ein etwa 1,80 Meter hoher Mann mit verfilzten Haaren und schmieriger Kleidung. Sein Name war Cassus. Er war Händler – und augenblicklich der Besitzer von Anna. Was er genau verkaufte, wusste Anna nicht genau, in den drei Wochen, die sie nun bei ihm arbeitete hatte sie nie gesehen, dass er etwas eingekauft hatte. Aber verkauft hatte er oft. Selten aber Geld dafür bekommen, fast jeder seiner Kunden hatte gebettelt, gefleht und irgendwie Cassus davon überzeugt, dass ein Gefallen fast genau so viel wert wäre wie Geld. Anna war so ein Gefallen. Vor drei Wochen hatte ihr Vater sie zu Cassus gebracht und sie gegen irgendwelche Päckchen eingetauscht. Cassus war nicht begeistert gewesen, das hatte man gut an seinem Grunzen und seinem Verhalten gesehen. Anna auch nicht. Sicherlich, für ihren Vater… Geld zu besorgen, war auch nicht schön gewesen, aber völlig losgerissen von der Familie bei diesem schmierigen Idioten zu leben…
Die beiden standen vor einem gigantischen Tor, beschrieben mit irgendwelchen Schriftzeichen,
Litaneien, hat Semus gesagt.
Die schreiben überall so komische Litaneien drauf. In diesem riesigen Tor öffnete sich eine kleine Pforte aus Stahl, die rostigen Angeln quietschten ohrenzerreissend.
Na super, dachte sich Anna,
so ein riesen Tor und dann wird doch nur die kleine Tür benutzt. Gestörte Nonnen… Hinter der Tür stand eine dicke Frau in einer weiten Kutte, ein faltiges Gesicht blickte auf den Händler und das Mädchen. „Ist sie das?“ fragte die Alte mit fester, autoritärer Stimme. Der Händler nickte. „Komm!“ Die Alte winkte Anna zu. Die Stimme lies keinen Widerspruch zu. Das Mädchen blickte nochmal zu dem Händler.
Zumindest muss ich den nicht mehr sehen… Dann tat sie ihren ersten Schritt in ein neues Leben.
Die Anwärterin
Sie hatte damit gerechnet, eine Ohrfeige zu bekommen, und trotzdem erschrak sie ein bisschen. Der scharfkantige Ring am Finger von Schwester Katharina schnitt leicht in ihre Backe und hinterließ genau die Art von Kratzer, die jeder hasste. Ganz fein nur, aber dafür brennen sie umso mehr. Im Grunde genommen wollte Katharina ihr nicht weh tun – das wusste Anna – immerhin schlug sie ja nur mit der Außenfläche der Hand zu. Und das auch nicht fest. Wenn Anna da an die Prügel vom Vater dachte... Aber der verdammte Ring brachte das Mädchen fast zur Weißglut.
Schwester Katharina stand mit Anna in einem breiten Flur im Erdgeschoss der Ordensfestung. Säulengang wurde das Ganze genannt. Es waren auch einige Säulen zu sehen, darum ging es aber nicht. Jede Heldin und Märtyrerin fand sich stilisiert auf einem Bild wieder, der Bilderrahmen geschmückt mit allerlei Gold und Ketten und Weihrauchbehältern.
Ein Ehrenplatz für die, die es sich verdient haben, hatte Katharina erzählt, als Anna sie nach dem Sinn des Ganzen gefragt hatte.
Und die Geschichte jeder einzelnen wirst du im nächsten Jahr hören, denn was ist die Geschichte eines Ordens, denn die Summe der Einzelleben, die ihn ausmachen? Und was ist die Geschichte eines wahrlich gläubigen Ordens, denn die Geschichte der Märtyrerinnen, die ihn ausmachen? Annas Aufgabe war leicht. Sie musste putzen. Jeder Alkoven, in dem so ein Bild stand, musste gereinigt werden, und Katharina stand hinter ihr und erzählte, was sie über die Märtyrerin wusste.
Und das ist verdammt noch mal eine ganze Menge, dachte Anna bei sich, als sie wieder einmal zu einem neuen Alkoven ging, um das Bild abzuhängen. Sand war allgegenwärtig – wie sollte sie den nur aus dem Alkoven wegbekommen?
Sand ist hier überall, in jeder Ritze, in jeder Pore, sogar auf dem Lappen. Und in meinen Schuhen, verdammt…Demut lernen… so ein Scheiß!
„Dummes Mädchen!“ schimpfte plötzlich die alte Katharina. Anna war so in Gedanken gewesen, dass sie die Alte gar nicht gehört hatte. „Wiederhole die vier Grundsätze!“ Anna verdrehte die Augen. Woher sollte sie noch diese bescheuerten vier Grundsätze kennen?
Glaube war ja klar bei den gestörten Nonnen, was war das andere? Irgendwas mit Zorn und Sieg und dazwischen… ach, scheiß doch der Hund drauf, rate ich halt… „Glaube, Treue, Zorn und Sieg!?“ Das ganze war zwar am Ende mehr eine Frage denn eine Antwort gewesen, aber immerhin schaute Schwester Katharina nicht mehr ganz so böse.
„Benutze die richtige Sprache, mein Kind!“
Das Kind klingt bei ihr immer wie Kint… „Religio, Fides, Ira und Victoria“, platze es aus Anna heraus. In der Sprache kannte sie die Wörter schon, immerhin waren sie ihr in den letzten drei Wochen mehrmals täglich vorgesprochen worden, aber die Bedeutung davon hatte sie gestern zum ersten Mal gehört. Und gestern hatte sie nicht wirklich Lust zum zuhören gehabt.
„Wie lange geht das jetzt noch so weiter?“ fragte Anna plötzlich.
„Was meinst du damit?“
„Na, diese dumme Putzerei. Ich dachte, ich darf hier mit Waffen schießen, oder so…“
„Die wichtigste Waffe ist unser Glaube! Stärke deinen Glauben, Kind“ –
Kint – „und dann erst wirst du zur Novizin gemacht. Ein Jahr werde ich dir nun die Geschichte unseres Ordens beibringen, und erst dann, wenn du wahrlich glauben wirst, darfst du zur Novizin ernannt werden!“
Anna hatte die Hälfte gar nicht verstanden. „Glaube? Wahrer Glaube?“ lachte sie los. „Genauso wie Schwester Agatha, die sich den ganzen Tag nur zu säuft oder wie Schwester Maria, die nur bei den Soldaten rumhurt?“
Die Ohrfeige kam nicht. Katharina stand ihr einfach nur gegenüber, alles an ihr schien ein Person gewordener trauriger Blick, die Körperhaltung, die Mundpartie, die Augen. „Anna, hättest du auch nur einen Funken Ahnung, was Schwester Agatha durchgemacht hat, du würdest deine Worte bereuen. Sie lebt wahrscheinlich wirklich nur noch für das Beten und den Wein, aber sie hat ihren Dienst am Imperator geleistet.“
„Und Maria?“
„Schwester Maria…“, das Schwester zischte sie fast, „… geht vielleicht nicht den richtigen Weg, aber das muss die Oberin beurteilen, nicht du. Putz jetzt weiter!“
Was für ein Stimmungswechsel, dachte Anna erstaunt. Die traurigen Falten waren sofort aus dem Gesicht der Nonne gewichen, und hatten einen zornig-genervten Ausdruck Platz gemacht.
Mit verschränkten Armen stand Schwester Katharina vor dem Mädchen, in dem großen Säulengang, den Anna noch zu putzen hatte. Eine Menge Alkoven, eine Menge Geschichten. Und überall Sand. Anna spuckte wütend auf den Boden, drehte sich um und fing wieder an zu putzen, während Schwester Katharina wieder anfing, die Geschichten zu erzählen.
Unter Füchsen I
Mit flinken Fingern säuberte Anna die Wunde des Soldaten. „Nur ein Kratzer, keine Sorge!“ murmelte sie und konzentrierte sich auf die Wunde. Wie immer gab es ein Problem – den Sand. Er hatte sich mit dem Blut vollgesogen und verklebte ‚den Kratzer‘. Kratzer… bis vor Kurzem hatte sich Anna nicht vorstellen können, derartige Wunden als Kratzer zu bezeichnen. Rynn – der Soldat - würde den Arm lange nicht richtig einsetzen können. Aber so hatte sie es gelernt. Euphemismen, so nannte Schwester Katharina die kleinen Notlügen, die die Schwesternschaft verwendete, um den Soldaten das drecks Leben auf diesem drecks Planeten nicht noch schwerer zu machen. Und so wurden aus Fleischwunden Kratzer. Vor Amputationen von Beinen lächelte man dem Patienten ins Gesicht und meinte: „Das wird schon wieder, du wirst sehen…“
Sehen ja,
gehen nein… Sie schüttelte leicht den Kopf, versuchte die Gedanken zu verscheuchen und widmete ihre volle Aufmerksamkeit wieder Rynns Wunde. Er schien es bemerkt zu haben, denn er lächelte.
„Ich danke Euch, Schwester.“ Sie konnte sich noch nicht so ganz daran gewöhnen, dass Rynn und die anderen sie siezten. Es kam ihr irgendwie falsch vor. Die Schwestern duzten die Soldaten natürlich, zumindest die normalen Infanteristen. Der Rest hatte sich mehr Respekt verdient. Womit wusste Anna nicht, sie hatte noch nie davon gehört, dass Oberst Arkam irgendwo auf dem Schlachtfeld zu sehen gewesen wäre. Sofort verscheuchte Anna diese Gedanken. „Respektlosigkeit ist Häresie!“ hatte Schwester Katharina ihr beigebracht. Und diese Kommissare schienen solche Gedanken zu spüren, von ihnen angezogen zu werden. „Was geht Euch durch den Kopf?“ fragte Rynn sie und lächelte weiter. Er hatte einen seiner Schneidezähne verloren, deswegen sah er etwas dämlich aus. Während sie weiter an seiner Wunde fingerte, holte er eine Schachtel Zigaretten, die er am Helm stets bei sich trug, und zündete sich eine an. Er inhalierte tief und sah zu seinen Kameraden. „War alles andere als schön heute, ich kann froh sein, dass ich nur nen Schuss abbekommen habe.“
„Wart ihr wieder in Richtung südliche Polkappen?“
Er nickte. „Zwei von uns fingen plötzlich an, wie verrückt zu husten. Irgendwas ist da in der Luft… Soweit ich das verstanden habe, muss beim Exterminatus irgendein Gas in dem Gebiet dort unten ausgetreten sein. Gerade gesund kann das nicht sein. Sonst würden die Veteranen nicht ständig mit Gasmasken rumlaufen…“
„Veteranen?“
„Die erkennt man leicht!“ Er deutete auf zwei Soldaten mit schwarzgestreiften Helmen. „Die sind öfters dort unten, darum haben sie ein bisschen mehr Schutzausrüstung. Keine Ahnung, was die da suchen sollen.“
„Und die Neuen, sind das auch Veteranen? Fertig genug sehen die aus…“
„Die Neuen?“
„Ja, die, die ihr seid ein paar Einsätzen dabei habt.“
Rynn lachte lauthals, verzog aber gleich das Gesicht und blickte auf seinen Arm. „Nein, das sind alles andere als Veteranen. Irgendwelche Spinner und Verrückte. Überbleibsel der ehemaligen Stadtbevölkerung hier. Zumindest hat man uns das so erzählt. Seargent Darren hat mir erzählt, dass wohl ein paar den Exterminatus überlebt haben. Die haben sie dann in so einem Camp eingesperrt, wo die wie Hunde leben. Und plötzlich kam irgendeiner auf die Idee, das inzestuöse Gesocks da rauszuholen und der Armee einzugliedern. Die wissen nicht mal, ob sie zu ihrem Vater ‚Papa‘ oder ‚Onkel‘ sagen sollen, aber ihnen wird ne Waffe in die Hand gedrückt!“ Er schien sie wirklich nicht zu mögen. „Das gab’s früher nicht…“
„Wird man in Zukunft wohl noch öfter sehen“, vermutete Anna. Sie hatte das Prinzip bei der Armee schon verstanden. Billig ist nicht schlecht, umsonst ist am besten. Und noch billiger als diese Soldaten ging fast nichtmehr.
Anna war inzwischen fertig. Sie begann die Wunde zu nähen und sprach dabei die Liturgie der Salbung. Anschließend verband sie die frische Naht mit einem sauberen Tuch.
„Wird wohl noch eine Weile dauern, bis du den Arm wieder gescheit verwenden kannst“, meinte sie. „Vielleicht eine Woche oder so, bis das Gröbste zugewachsen ist.“
Rynn holte noch eine Zigarette heraus und bot sie Anna an. Die blickte sich um, sah aber keine ihrer Ordensschwestern. Dann nahm sie die Zigarette und lies sich von Rynn Feuer geben. „Wir werden wohl die nächste Woche mehr Zeit zum Reden haben…“
Rynn nickte.