Die aufgebaute Szenerie ist sehr eindrucks- und stimmungsvoll und verrichtet meines Erachtens ungleich bessere Arbeit als der Vorgänger, ein mehr "lebensnahes" Bild des Batman-Universums zu vermitteln, Aufbau und Struktur der Stadt verhalten sich genau so, wie man es sich vorstellte. Das gilt sowohl für die umfangreiche Stadt selbst (die Schauplätze wie das "Monarch Theatre" bereithält, der Ort, an dem die Eltern Bruce Waynes ermordet worden sind), als auch für das Innenleben der Gebäude (Museum, Spielzeugfabrik, Gerichtshof, um nur wenige zu nennen) und der sonstigen Infrastruktur (vornehmlich Kanalisationssysteme).
Darunter fallen selbstredend auch die Figuren, die Arkham City bevölkern. Nebst den Inhaftierten trifft der Spieler auch auf politische Gefangene, Reporter, Krankenschwestern und Polizisten, die wie im ersten Teil sowohl in den Details als auch generell überzeugen (was mir besonders gefallen hat, war der sich auflösende Anzug Batmans, der gegen Ende des Spiels hin sichtbare Risse und Löcher enthält und kleinere Verwundungen offenlegt). Die neu hinzugekommenen namhaften Personen gefallen mir ungemein, jedenfalls bis auf ein paar Ausnahmen (als eingefleischter Freund der animierten Serie werde ich mich wohl nie an die lilafarbene Gesichtshälfte von Harvey Dent gewöhnen, aber das ist schwerlich dem Spiel anzulasten; von Mr. Freeze' Physiognomie war ich auch nicht ganz überzeugt), gleichwohl wir damit in den wohl bedeutsamsten (den Inhalt betreffenden) Kritikpunkt von meiner Seite geraten: mangelnder Fokus.
"Arkham City" ist überfüllt mit Handlungssträngen, die im Rahmen der Haupt- und fakultativen Nebenmission(en) entrollt werden. Manche der Figuren tragen die Handlung bedeutsam voran (Hugo Strange, Joker, Ra's al Ghul), ein guter Anteil ist aber offensichtlich nur hingeknallt worden, um verwertbare Bossgegner aufzutreiben oder lechzenden Fans etwas zu bieten: Solomon Grundy, Bane, Mad Hatter, Clayface, Calendar Man, Poison Ivy etc. pp. könnten genauso gut durch generische Figuren ersetzt oder gar ersatzlos gestrichen werden, ohne dass es auffallend ins Gewicht fiele. Mir ist bewusst, dass gegen das Vorhandensein der Figuren eingedenk der Hintergrundgeschichte nichts spricht, es wäre aber nicht nötig gewesen, diese als Epiphänomene zwanghaft zu verwerten. Die Riddlerrätsel hätten wie im ersten Teil einen guten Anlass geboten, Rechenschaft abzulegen, ohne die Erzählfäden lose enden zu lassen.
Überhaupt der Hintergrund: die Inhalts- und Spannungswenden sind in sich nicht immer ganz nachvollziehbar, partienweise sogar schwer verständlich (beispielsweise hätte Talia an einer Stelle die Möglichkeit, den [so dachten zumindest die Handlungsträger an dieser Stelle] Joker umzubringen, um Batman zu retten, stattdessen verhandelt sie mit ihm, ohne einen plausiblen motivationalen Grund für die Negotiation aufzubringen), gerade in Bezug auf die Rolle Quincy Sharps, dessen Geheimnis Batman immerhin im letzten Teil lüftete; man sollte doch meinen, der dunkle Ritter täte etwas gegen einen schizoiden, mordlustigen Gefängnisaufseher, bevor er eine Bürgermeisterkandidatur antritt.
Packend ist die Erzählung allerdings schon, und die Misstöne fallen nie so schwer ins Gewicht, als dass sie diesen Eindruck im Gesamtbild trübten. Der Tod Hugo Stranges war das einzige sehr vorhersehbare Ereignis, da er Wissen um die Identität Batmans hatte und von Anfang an mit dessen Enthüllung drohte, konnte er schwerlich eingesperrt werden. "Glückliche Umstände" also, dass das verhindert wurde.
Die Steuerung bzw. deren Mechanismen sind weitgehend gleichgeblieben, wenngleich ein paar Neuerungen hinzugekommen sind. Restlos überzeugt bin ich von der Dissonanz des übertrieben comichaften Kampfstils im Spiegelbild des sonst so realistisch gehaltenen Pinselstrichs (so realistisch es jedenfalls bei all den Übernatürlichkeiten geht) zwar nicht, einen guten Gegenvorschlag habe ich allerdings auch nicht zu machen, zumal es sich flüssig spielt. Der Schwierigkeitsgrad ist für die reine Durchspielarbeit moderat, wenngleich meines Erachtens höher als im ersten Teil, das Trophäenerarbeiten ist wiederum ziemlich anspruchsvoll, alleine der gewaltigen Anzahl von 400 Riddlerrätsel wegen.
Wie schon angedeutet, sollte unbedingt der englische Sprachmodus ausgewählt werden. Die Übersetzung ist weitgehend nicht einmal schlecht oder inhaltlich verzerrend, aber wirkt sehr unnatürlich. Während die Schläger sich im Original eines sehr idiomatischen Tonfalls mit den üblichen Vokabeln befleißigen, sprechen sie in der Übersetzung so, wie es sich Tatortredakteure vorstellen: etwas ruppig zwar, aber allzeit grammatisch richtig (mitsamt des richtigen Gebrauchs des Konjunktivs) und ohne allzuviele Apokopen. Das ist auszuhalten, aber schlechterdings nicht nötig, zumal jederzeit Untertitel eingeblendet werden, das Verständnis folglich gewährleistet bleibt.
Alles in allem ein sehr gelungenes Spiel mit einem interessanten Zaunpfahlwink zum dritten Teil hin, gewiss größtenteils besser als der erste Teil, nur an den Ecken franst es bisweilen aus. Zwar immer noch nicht mein Lieblings-Batmanvideospiel (diesen Posten wird wohl "Batman" fürs NES behalten), aber nichtsdestoweniger ein stimmungsvolles Vergnügen mit einer abundanten Langzeitmotivation bei all den Trophäen.