AoS Blut ist besser als Wasser - Prinz Elizar und die Ritter einer makaberen Tafel

Meister Mächtig

Eingeweihter
20. Dezember 2019
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Der Schrecken des Krieges

Die Weiten von Shyish lagen in bedrückender Dämmerung, als Prinz Elizar seine Scharen in die Schlacht führte. In glänzender Rüstung saß er auf dem Rücken seines Greifen, dessen Flügel sich majestätisch über die verwitterte Landschaft spannten. Elizar war sich der Blicke seiner Krieger bewusst – stolze, treue Männer, die bereit waren, für ihn und für das Königreich zu sterben. An diesem Tag würde er ihnen beweisen, dass er seines Vaters Blut in sich trug. Dass er stark und tapfer genug war, den Thron zu erben.



Hoch erhobenen Hauptes blickte Elizar in die Ferne, wo die Armee seiner Feinde heranrückte. Rauch und Asche trübten den Horizont, und in der Ferne erklangen die düsteren Trommeln des Krieges. Sein Vater, König Elior, hatte ihm diese Aufgabe gegeben: die Länder von den abscheulichen Monstern zu säubern, die in die Grenzlande eingefallen waren. „Diese Bestien kennen keine Ehre, kein Mitleid“, hatte Elior erklärt. „Zeig ihnen, dass das Königreich niemals vor der Dunkelheit weichen wird.“



Elizar verspürte Stolz, als er die Worte seines Vaters wieder in seinem Kopf hallen hörte. Die Jahre der Vorbereitung, die unzähligen Stunden der Ausbildung – all dies führte zu diesem Augenblick. Nun, mit dem Segen seines Vaters und der glorreichen Mission vor ihm, konnte er seinem Schicksal entgegentreten.



Die Erde bebte unter den schweren Schritten der feindlichen Kreaturen, die nun ihre finsteren Häupter über den Hügel erhoben. Elizar spürte das Pochen seines Herzens, das im Einklang mit dem Beben der Erde schlug. Die Kreaturen waren näher, ihre Gesichter und Körper in grotesker Verzerrung, bleiche Gestalten mit fletschenden Zähnen und entsetzlichen Augen. Ihre Gestalten waren eine einzige Anklage gegen die Ordnung und die Reinheit des Königreichs.



„Vorwärts, tapfere Krieger!“ rief er mit einer Stimme, die seine ganze Entschlossenheit ausdrückte. Der Wind trug seine Worte zu den Männern, die ihre Speere und Schwerter mit neuer Kraft erhoben. Für einen flüchtigen Moment fühlte Elizar das Gewicht der Verantwortung schwer auf seinen Schultern lasten – doch dann war sein Geist frei, voller Feuer und Mut. Dies war seine Bestimmung, und kein Dämon der Dunkelheit würde ihm das verwehren.



Mit einem knappen Druck seiner Fersen in die Seiten seines Greifen stieg Elizar in die Lüfte auf, seine Lanze glänzte im fahlen Licht des Himmels. Unter ihm breiteten seine Krieger ihre Reihen aus und erhoben sich in einen donnernden Sturm, der die Linien der Feinde zu zerschmettern drohte. Der Greif unter ihm brüllte, seine mächtigen Krallen fuhren über den Boden und zerfetzten die erste Kreatur, die es wagte, sich ihm in den Weg zu stellen.



Doch mitten im Chaos, als Elizar seine Lanze gegen die nächste Welle der Ungeheuer führte, geschah es. Ein heftiger Schlag traf seinen Kopf und plötzlicher Schmerz durchzuckte seinen Geist, und die Welt um ihn herum verschwamm für einen Herzschlag. Die Szenen des Kampfes zerfielen vor seinem inneren Auge wie Nebel, und an ihrer Stelle sah er… etwas anderes.



Er sah sich selbst, doch in einer Form, die ihm fremd und doch seltsam vertraut erschien. Da stand er, aber nicht in glänzender Rüstung und nicht auf dem Rücken seines Greifen. Stattdessen sah er sich als eine entstellte Kreatur, eine abscheuliche Fratze mit bleicher Haut, verdrehten Gliedmaßen und einem scharfen Maul, das vor Blut und Speichel triefte. Die Hände – oder vielmehr die Krallen – des Wesens, das er nun zu sein schien, waren von frischem Blut befleckt, und seine Augen glühten mit wildem Hunger. Vor ihm lagen Menschen – wehrlos, panisch und voller Angst. Er sah, wie seine Krallen sie zerrissen, wie sie schrien und sich vergeblich wehrten, während das Wesen, das er war, ihnen mit bösartigem Vergnügen das Leben nahm.



Der Anblick erfüllte ihn mit kaltem Grauen. Ein Teil seines Verstandes schrie, dass dies nicht sein konnte, dass dies nicht real war – und doch war die Vorstellung so klar, so entsetzlich lebendig, dass er glaubte, den Geschmack von Blut auf seinen Lippen zu spüren.



Dann, ebenso plötzlich wie die Vision gekommen war, verging sie. Die Dämmerung des Schlachtfelds kehrte zurück, und Elizar befand sich wieder auf dem Rücken seines Greifen, die Feinde vor ihm in Auflösung begriffen. Er blinzelte verwirrt, schüttelte den Kopf und versuchte, die dunklen Bilder aus seinem Kopf zu vertreiben.



Doch die Unruhe blieb. Etwas an der Vision hatte ihn zutiefst beunruhigt, als hätte sie eine Wahrheit über ihn offenbart, die ihm bislang verborgen geblieben war. War es eine Warnung? Ein bösartiger Trick seiner Feinde, die seine Entschlossenheit zu untergraben versuchten? Oder stammte es aus ihm selbst, aus einer dunklen Ecke seines eigenen Geistes?



Während die letzten Schreie der Feinde verklangen und die Stille des Schlachtfelds über die Truppen kam, begannen die Männer um Elizar herum jubelnd die Waffen zu heben. Doch der Prinz selbst blieb still, in Gedanken versunken, während die Bilder der Schlacht und der Halluzination in seinem Kopf verschwammen.



„Prinz Elizar, wir haben gesiegt!“ rief einer seiner Hauptmänner, die Stimme voller Stolz. „Die Feinde sind vertrieben, dank Eurer Tapferkeit!“



Elizar nickte stumm und zwang sich, ein Lächeln zu zeigen. Er dankte seinem Hauptmann mit einer Geste und betrachtete das Schlachtfeld, wo seine Feinde als hässliche Gestalten in den Staub gefallen waren, wie Ungeziefer, das vom Licht der Ordnung und Ehre verbrannt worden war. Doch innerlich fraß die Erinnerung an die Vision an ihm. Dieses Bild von sich selbst – als hässliche Kreatur, getrieben von dunklem Verlangen und unbändigem Hunger – es war mehr als ein flüchtiger Gedanke gewesen. Der Gedanke daran ließ seine Haut kribbeln, ließ ihn seine eigene Ehre und Würde in Frage stellen.



In den folgenden Tagen, während sie durch die blutgetränkten Ebenen Shyishs zurückkehrten, ging ihm das Bild nicht aus dem Kopf. Nacht für Nacht verfolgte ihn die Vision des bleichen Monsters, das aus seiner eigenen Gestalt zu kommen schien. Die Schreie der Menschen, die er in jener seltsamen Halluzination gesehen hatte, klangen ihm in den Ohren, und ein seltsamer, fast unbekannter Gedanke nagte in ihm. War er wirklich der edle Krieger, der Retter des Königreichs, für den er sich hielt? Oder trug er selbst den Samen der Dunkelheit in sich?



Im Dämmerlicht des nächsten Abends hielt er inne, den Blick starr auf die untergehende Sonne gerichtet, die hinter den Bergen von Shyish verblasste. Vielleicht, dachte er, lag die Wahrheit irgendwo im Schatten zwischen den Welten. Vielleicht waren die Feinde, gegen die er kämpfte, nur Spiegelbilder der Dunkelheit, die in jedem Herz schlummerte.

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Der Schrecken des Krieges
Die Weiten von Shyish lagen in bedrückender Dämmerung, als Prinz Elizar seine Scharen in die Schlacht führte. In glänzender Rüstung saß er auf dem Rücken seines Greifen, dessen Flügel sich majestätisch über die verwitterte Landschaft spannten. Elizar war sich der Blicke seiner Krieger bewusst – stolze, treue Männer, die bereit waren, für ihn und für das Königreich zu sterben. An diesem Tag würde er ihnen beweisen, dass er seines Vaters Blut in sich trug. Dass er stark und tapfer genug war, den Thron zu erben.



Hoch erhobenen Hauptes blickte Elizar in die Ferne, wo die Armee seiner Feinde heranrückte. Rauch und Asche trübten den Horizont, und in der Ferne erklangen die düsteren Trommeln des Krieges. Sein Vater, König Elior, hatte ihm diese Aufgabe gegeben: die Länder von den abscheulichen Monstern zu säubern, die in die Grenzlande eingefallen waren. „Diese Bestien kennen keine Ehre, kein Mitleid“, hatte Elior erklärt. „Zeig ihnen, dass das Königreich niemals vor der Dunkelheit weichen wird.“



Elizar verspürte Stolz, als er die Worte seines Vaters wieder in seinem Kopf hallen hörte. Die Jahre der Vorbereitung, die unzähligen Stunden der Ausbildung – all dies führte zu diesem Augenblick. Nun, mit dem Segen seines Vaters und der glorreichen Mission vor ihm, konnte er seinem Schicksal entgegentreten.



Die Erde bebte unter den schweren Schritten der feindlichen Kreaturen, die nun ihre finsteren Häupter über den Hügel erhoben. Elizar spürte das Pochen seines Herzens, das im Einklang mit dem Beben der Erde schlug. Die Kreaturen waren näher, ihre Gesichter und Körper in grotesker Verzerrung, bleiche Gestalten mit fletschenden Zähnen und entsetzlichen Augen. Ihre Gestalten waren eine einzige Anklage gegen die Ordnung und die Reinheit des Königreichs.



„Vorwärts, tapfere Krieger!“ rief er mit einer Stimme, die seine ganze Entschlossenheit ausdrückte. Der Wind trug seine Worte zu den Männern, die ihre Speere und Schwerter mit neuer Kraft erhoben. Für einen flüchtigen Moment fühlte Elizar das Gewicht der Verantwortung schwer auf seinen Schultern lasten – doch dann war sein Geist frei, voller Feuer und Mut. Dies war seine Bestimmung, und kein Dämon der Dunkelheit würde ihm das verwehren.



Mit einem knappen Druck seiner Fersen in die Seiten seines Greifen stieg Elizar in die Lüfte auf, seine Lanze glänzte im fahlen Licht des Himmels. Unter ihm breiteten seine Krieger ihre Reihen aus und erhoben sich in einen donnernden Sturm, der die Linien der Feinde zu zerschmettern drohte. Der Greif unter ihm brüllte, seine mächtigen Krallen fuhren über den Boden und zerfetzten die erste Kreatur, die es wagte, sich ihm in den Weg zu stellen.



Doch mitten im Chaos, als Elizar seine Lanze gegen die nächste Welle der Ungeheuer führte, geschah es. Ein heftiger Schlag traf seinen Kopf und plötzlicher Schmerz durchzuckte seinen Geist, und die Welt um ihn herum verschwamm für einen Herzschlag. Die Szenen des Kampfes zerfielen vor seinem inneren Auge wie Nebel, und an ihrer Stelle sah er… etwas anderes.



Er sah sich selbst, doch in einer Form, die ihm fremd und doch seltsam vertraut erschien. Da stand er, aber nicht in glänzender Rüstung und nicht auf dem Rücken seines Greifen. Stattdessen sah er sich als eine entstellte Kreatur, eine abscheuliche Fratze mit bleicher Haut, verdrehten Gliedmaßen und einem scharfen Maul, das vor Blut und Speichel triefte. Die Hände – oder vielmehr die Krallen – des Wesens, das er nun zu sein schien, waren von frischem Blut befleckt, und seine Augen glühten mit wildem Hunger. Vor ihm lagen Menschen – wehrlos, panisch und voller Angst. Er sah, wie seine Krallen sie zerrissen, wie sie schrien und sich vergeblich wehrten, während das Wesen, das er war, ihnen mit bösartigem Vergnügen das Leben nahm.



Der Anblick erfüllte ihn mit kaltem Grauen. Ein Teil seines Verstandes schrie, dass dies nicht sein konnte, dass dies nicht real war – und doch war die Vorstellung so klar, so entsetzlich lebendig, dass er glaubte, den Geschmack von Blut auf seinen Lippen zu spüren.



Dann, ebenso plötzlich wie die Vision gekommen war, verging sie. Die Dämmerung des Schlachtfelds kehrte zurück, und Elizar befand sich wieder auf dem Rücken seines Greifen, die Feinde vor ihm in Auflösung begriffen. Er blinzelte verwirrt, schüttelte den Kopf und versuchte, die dunklen Bilder aus seinem Kopf zu vertreiben.



Doch die Unruhe blieb. Etwas an der Vision hatte ihn zutiefst beunruhigt, als hätte sie eine Wahrheit über ihn offenbart, die ihm bislang verborgen geblieben war. War es eine Warnung? Ein bösartiger Trick seiner Feinde, die seine Entschlossenheit zu untergraben versuchten? Oder stammte es aus ihm selbst, aus einer dunklen Ecke seines eigenen Geistes?



Während die letzten Schreie der Feinde verklangen und die Stille des Schlachtfelds über die Truppen kam, begannen die Männer um Elizar herum jubelnd die Waffen zu heben. Doch der Prinz selbst blieb still, in Gedanken versunken, während die Bilder der Schlacht und der Halluzination in seinem Kopf verschwammen.



„Prinz Elizar, wir haben gesiegt!“ rief einer seiner Hauptmänner, die Stimme voller Stolz. „Die Feinde sind vertrieben, dank Eurer Tapferkeit!“



Elizar nickte stumm und zwang sich, ein Lächeln zu zeigen. Er dankte seinem Hauptmann mit einer Geste und betrachtete das Schlachtfeld, wo seine Feinde als hässliche Gestalten in den Staub gefallen waren, wie Ungeziefer, das vom Licht der Ordnung und Ehre verbrannt worden war. Doch innerlich fraß die Erinnerung an die Vision an ihm. Dieses Bild von sich selbst – als hässliche Kreatur, getrieben von dunklem Verlangen und unbändigem Hunger – es war mehr als ein flüchtiger Gedanke gewesen. Der Gedanke daran ließ seine Haut kribbeln, ließ ihn seine eigene Ehre und Würde in Frage stellen.



In den folgenden Tagen, während sie durch die blutgetränkten Ebenen Shyishs zurückkehrten, ging ihm das Bild nicht aus dem Kopf. Nacht für Nacht verfolgte ihn die Vision des bleichen Monsters, das aus seiner eigenen Gestalt zu kommen schien. Die Schreie der Menschen, die er in jener seltsamen Halluzination gesehen hatte, klangen ihm in den Ohren, und ein seltsamer, fast unbekannter Gedanke nagte in ihm. War er wirklich der edle Krieger, der Retter des Königreichs, für den er sich hielt? Oder trug er selbst den Samen der Dunkelheit in sich?



Im Dämmerlicht des nächsten Abends hielt er inne, den Blick starr auf die untergehende Sonne gerichtet, die hinter den Bergen von Shyish verblasste. Vielleicht, dachte er, lag die Wahrheit irgendwo im Schatten zwischen den Welten. Vielleicht waren die Feinde, gegen die er kämpfte, nur Spiegelbilder der Dunkelheit, die in jedem Herz schlummerte.
Das Fest
Prinz Elizar kehrte mit seinen Männern in das Königreich zurück, ihre Banner hoch erhoben, die Farben leuchtend im goldenen Licht der untergehenden Sonne. Die Straßen der Hauptstadt waren gesäumt von jubelnden Bürgern, die Blumen und Konfetti auf den siegreichen Prinzen und seine Armee warfen. Die schweren Tore der Burg öffneten sich weit, als Elizar auf seinem Greifen durch die Tore schritt. Sein Herz hätte vor Stolz brennen sollen - und doch lastete eine unerklärliche Schwere auf ihm.

Sein Vater, König Elior, erwartete ihn im Thronsaal. Der alte König erhob sich, als Elizar näher trat, und breitete die Arme aus. „Mein Sohn, mein Erbe! Du hast das Königreich vor der Dunkelheit bewahrt! Heute ist ein Tag des Triumphes!"



Elizar kniete vor seinem Vater nieder.

„Die Ehre gehört meinen Männern und Euch, Vater. Eure Weisheit hat uns geleitet."

Doch selbst während er die Worte sprach, konnte er die Unruhe in seinem Inneren nicht verdrängen. Die Halluzination, die grotesken Bilder seiner eigenen Fratze, verfolgten ihn.

Er fühlte sich wie ein Schauspieler in einem Stück, dessen Text ihm fremd geworden war.



Am Abend fand ein großes Bankett zu Ehren des Prinzen statt. Der prächtige Saal erstrahlte im Licht hunderter Kerzen, ihre Flammen tanzten an den Wänden, die mit den Bannern des Königreichs geschmückt waren.

Elizar saß neben seinem Vater auf einem erhöhten Podest, den Saal überblickend. Die Tische waren überladen mit köstlichen Speisen: gebratene Fasanen, glasiertes Wild, duftendes Brot und schimmernder Wein. Die Hofmusiker spielten heitere Melodien, und das Gelächter der edlen Gäste erfüllte den Raum.



Elizar bemühte sich, die Fröhlichkeit zu teilen, doch ein Gefühl der Fremdheit durchzog ihn. Er fühlte sich isoliert, als gehöre er nicht zu dieser Welt. Als sein Vater ihn mit einem Pokal zuprostete, zwang er ein Lächeln auf sein Gesicht und nahm einen Schluck des Weins. Der süße Geschmack auf seiner Zunge wurde jedoch von einem bitteren Nachgeschmack überschattet, den er sich nicht erklären konnte.

Mitten im Bankett überkam ihn plötzlich eine Welle von Schwindel.

Er blinzelte, das Licht der Kerzen schien flackernd zu pulsieren, und die Stimmen der Anwesenden verzerrten sich zu einem unheimlichen Raunen.

Sein Blick glitt über die Tische, und was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.



Die prächtigen Speisen waren ver-schwunden, ersetzt durch blutige Überreste. Zerfetzte Gliedmaßen lagen zwischen Scherben von zerbrochenem Geschirr, die einst schimmernden Pokale waren gefüllt mit einer dunklen, dickflüssigen Substanz, die er instinktiv als Blut erkannte. Die Gäste, die zuvor in festlicher Laune gewesen waren, hatten sich verändert. Ihre Gesichter waren verzerrt, die Haut bleich, die Augen glühten in einem unnatürlichen Rot. Einige knurrten, während sie sich gierig über das abscheuliche Mahl hermachten.



Elizar wandte den Blick seinem Vater zu, der nun ebenfalls grotesk verändert war. König Eliors Gesicht war eine Fratze aus bleicher Haut und scharfen Zähnen. Seine Augen bohrten sich in die von Elizar, und sein Mund verzog sich zu einem blutigen Grinsen. „Mein Sohn", sagte die Kreatur mit einer Stimme, die gleichzeitig die seines Vaters war und doch etwas völlig Fremdes. „Du hast bewiesen, dass du einer von uns bist."

„Nein." flüsterte Elizar, seine Stimme zitterte. Er wollte zurückweichen, doch seine Beine fühlten sich wie gelähmt an. Die Halluzination verschlang den Raum, die grotesken Bilder drängten sich in seinen Ver-stand. Jeder im Saal schien nun eine abscheuliche Kreatur zu sein, die Elizar mit hungrigen Blicken fixierte.



„Das ist dein Erbe, Elizar", fuhr die Kreatur fort, die einst sein Vater gewesen war. „Du bist unser Blut, unser Fleisch. Dein Sieg war nicht der einer edlen Seele, sondern der eines Raubtiers. Du bist geboren, um zu herrschen, um zu nehmen, um zu zerstören."

Elizar schrie auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. Der Schrei riss ihn aus der Vision, und die grotesken Bilder verblassten. Er saß wieder im Saal, die Kerzen brannten ruhig, die Musik erklang wie zuvor, und die Gäste lachten und prosteten einander zu. Doch die Furcht hielt ihn noch fest im Griff. Sein Atem ging schwer, und Schweiß perlte ihm von der Stirn.

„Prinz Elizar? Geht es Euch gut?" fragte eine besorgte Stimme. Es war sein Hauptmann, der ihm gegenüber saß.



Elizar nickte schwach und erhob sich abrupt. „Verzeiht mir, ich... ich brauche frische Luft" Ohne eine weitere Erklärung verließ er den Saal, die Stimmen der Festlichkeit hinter sich lassend.

Im Schatten des stillen Burghofs hielt er inne. Der kalte Nachtwind wehte über sein Gesicht, doch er konnte das Gefühl der Dunkelheit in seinem Inneren nicht abschütteln. „Bin ich das Monster?" flüsterte er in die Dunkelheit, seine Hände zu Fäusten geballt. Die Antwort blieb aus, doch in seinem Herzen wusste er, dass er der Wahrheit nicht mehr lange würde entkommen können.
Klarer Wein
Prinz Elizar verbrachte die Nacht schlaflos. Die Visionen ließen ihn nicht los, und seine Gedanken kreisten unaufhörlich um die Dunkelheit, die er in sich zu spüren glaubte. Als die ersten Strahlen der Morgensonne über die Zinnen der Burg krochen, fasste er einen Entschluss: Er musste mit seinem Vater sprechen. König Elior war nicht nur sein Herrscher, sondern auch der weiseste Mann, den er kannte. Wenn jemand ihm helfen konnte, dann er.



Noch bevor das Schloss erwachte, suchte Elizar den Thronsaal auf. Dort fand er seinen Vater, der in aller Frühe mit seinen Beratern die Reparatur der Grenzbefestigungen besprach. Als Elizar eintrat, unterbrach Elior das Gespräch und entließ die Männer mit einer Geste. Der König sah seinen Sohn mit ernster Miene an, doch seine Augen spiegelten Sorge wider.



„Elizar, mein Sohn“, sagte Elior, während er auf ihn zuging. „Du siehst aus, als hättest du die ganze Nacht gegen Dämonen gekämpft. Was bedrückt dich?“



Elizar zögerte einen Moment, suchte nach den richtigen Worten, doch schließlich entschied er, nichts zu beschönigen. „Vater, ich muss mit Euch sprechen. Allein.“



Elior nickte und führte ihn in eine kleine, mit schweren Teppichen ausgeschmückte Kammer neben dem Thronsaal. Dort setzte er sich auf einen der Sessel und deutete auf den anderen. „Setz dich, mein Sohn. Sprich frei.“



Elizar ließ sich nieder, seine Hände umklammerten die Lehnen des Stuhls, während er seinen Blick auf den Boden senkte. „Seit der Schlacht in Shyish, seit ich diesen Schlag gegen den Kopf erhielt…“ Er schluckte schwer, bevor er fortfuhr. „…sehe ich Dinge, Vater. Dinge, die nicht wirklich sein können. Zuerst waren es kurze Bilder, flüchtige Visionen, doch mit jeder Nacht werden sie deutlicher, realer. Ich sehe mich selbst… als etwas Abscheuliches. Eine Kreatur, ein Monster, das Menschen verschlingt. Und gestern Abend… im Bankett… sah ich Euch und die Gäste ebenfalls als solche Wesen. Es war, als würde ich wahnsinnig.“



Er hob seinen Blick und suchte die Augen seines Vaters. „Was, wenn diese Visionen keine Täuschungen sind? Was, wenn sie… eine Wahrheit über mich offenbaren?“



Elior lehnte sich zurück und schloss kurz die Augen. Sein Gesicht wirkte von einer plötzlichen Schwere gezeichnet, und eine lange Stille breitete sich aus, bevor er sprach. „Elizar, ich verstehe, was du durchmachst. Mehr, als du vielleicht ahnst.“



Elizar runzelte die Stirn. „Ihr versteht? Habt Ihr… so etwas schon einmal erlebt?“



Der König nickte langsam. „Ja, mein Sohn. Als ich in deinem Alter war, trug ich selbst die Last solcher Visionen. Es war nach meiner ersten großen Schlacht gegen die Horden des Chaos. Die Schrecken, die ich sah, verfolgten mich in meine Träume. Doch das Schlimmste waren nicht die Albträume – es waren die Momente, in denen ich nicht wusste, ob die Dunkelheit, die ich sah, real war oder nur in meinem Kopf existierte.“



Elior beugte sich vor und legte eine Hand auf die Schulter seines Sohnes. „Ich habe gelernt, dass solche Visionen oft die Folge von Erschöpfung, Verletzungen oder den Schrecken des Krieges sind. Aber sie können auch mehr sein. Eine Prüfung, mein Sohn. Die Dunkelheit versucht, deinen Geist zu schwächen, Zweifel in dir zu säen. Doch du musst stark bleiben.“



„Wie?“ fragte Elizar, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Wie habt Ihr diese Dunkelheit besiegt?“



„Durch Glauben“, antwortete Elior. „Ich habe mich an Sigmar gewandt. In meiner tiefsten Verzweiflung habe ich zu ihm gebetet, um Führung gebeten, um Schutz vor der Dunkelheit in mir und um mich herum. Sigmar ist unser Schild gegen das Chaos. Und er hört uns, Elizar, wenn wir ihn rufen.“



Elizar senkte den Kopf, seine Gedanken rasten. „Und das hat Euch geholfen? Die Visionen sind verschwunden?“



„Nicht sofort“, gestand Elior. „Es ist ein Kampf, der Zeit braucht. Ein Kampf gegen die eigene Furcht und die Zweifel, die die Dunkelheit nährt. Aber mit jedem Gebet, mit jedem Moment des Glaubens wurde die Last leichter. Sigmar zeigte mir, dass die Dunkelheit in uns nicht über uns herrschen kann, wenn wir sie nicht lassen. Sie mag da sein, Elizar, aber sie definiert uns nicht.“



Elizar atmete tief durch und ließ die Worte seines Vaters auf sich wirken. „Ihr glaubt also, dass diese Visionen nicht… wahr sind? Dass ich kein Monster bin?“



Elior drückte seine Schulter und sah ihm fest in die Augen. „Ich weiß, dass du kein Monster bist. Du bist mein Sohn. Und du bist stärker, als du glaubst. Du bist das Licht, das das Königreich braucht – nicht seine Dunkelheit.“



Ein leiser Hoffnungsschimmer erhellte Elizars Geist. „Ich… werde versuchen, zu Sigmar zu beten. So wie Ihr es getan habt.“



„Das ist der erste Schritt“, sagte Elior und lächelte. „Und vergiss nicht, Elizar, dass du diesen Weg nicht allein gehen musst. Ich bin hier, um dir zu helfen.“



Elizar erhob sich, ein Funke neuer Entschlossenheit in seinen Augen. „Danke, Vater. Ich werde kämpfen – gegen die Dunkelheit in mir, gegen alles, was unser Königreich bedroht.“



Elior nickte stolz. „Das ist mein Sohn.“



Plötzlich eilte eine Wache zu den beiden. „Mein König, Sie sind da! Die Gesandten, Sie sind soeben eingetroffen.“
Freund oder Feind
Die schweren Türen des Thronsaals schwangen auf, und eine Gruppe von Kriegern trat ein. Elizar, der neben seinem Vater stand, hielt den Atem an. Die Männer – und eine Frau in ihren Reihen – trugen glänzende, mit kunstvollen Gravuren verzierte Rüstungen. Jeder von ihnen war eine lebende Verkörperung von Stärke und Entschlossenheit. Ihre Gesichter waren von Narben gezeichnet, ihre Haltung war gerade und stolz. Sie bewegten sich mit einer präzisen Disziplin, die Elizar sofort beeindruckte.



An ihrer Spitze ging ein Mann, dessen Erscheinung den Blick sofort auf sich zog. Er trug keine Helmzier, doch seine Präsenz war überwältigend. Seine Rüstung war dunkler als die der anderen, mit goldenen Verzierungen, die wie Flammen wirkten. Er hatte kurz geschnittenes, graues Haar und stechende grüne Augen, die jeden im Raum zu durchdringen schienen. Elizar spürte eine Autorität in diesem Mann, die nicht durch Worte, sondern durch bloße Ausstrahlung vermittelt wurde. Als die Gruppe vor dem Thron kniete, erhob der Mann sich als Erster und sprach.



„Euer Majestät, König Elior“, sagte er mit tiefer Stimme, die im Thronsaal widerhallte. „Ich bin Wisal, Gesandter von Lord Therion, dem Verteidiger der Reinheit und dem Streiter gegen die Dunkelheit. Wir sind hier, um eine Allianz zu suchen.“



Elior erhob sich von seinem Thron und musterte Wisal mit scharfen Augen. „Gesandter Wisal, Eure Ankunft ist willkommen. Doch erklärt mir, was für eine Allianz Ihr sucht – und zu welchem Zweck?“



Wisal nickte und trat einen Schritt vor. „Mein Herr hat von Euren glorreichen Taten gegen die Horden in Shyish gehört. Er erkennt in Euch und Eurem Königreich einen würdigen Verbündeten im Kampf gegen die Mächte des Bösen. Doch es gibt noch viel mehr zu tun. Die Grenzlande sind nach wie vor von finsteren Kreaturen bevölkert, und sie bedrohen nicht nur Euer Reich, sondern die gesamte Ordnung dieser Welt.“



Seine Augen wanderten zu Elizar, und ein kaum merkliches Lächeln zuckte über sein Gesicht. „Prinz Elizar hat bewiesen, dass er den Mut und die Stärke besitzt, sich diesen Schrecken entgegenzustellen. Lord Therion sieht in ihm ein leuchtendes Vorbild – einen Krieger, der an unserer Seite stehen könnte, um die Dunkelheit für immer zurückzudrängen.“



Elior hörte ihm aufmerksam zu, doch seine Miene blieb unverändert. „Was genau verlangt Lord Therion von uns?“ fragte er schließlich. „Unsere Armeen sind bereits durch den Kampf erschöpft. Mein Volk hat Opfer gebracht. Warum sollte ich weitere Krieger in einen Feldzug schicken, dessen Erfolg ungewiss ist?“



Wisal trat näher, die Hände erhoben, als wolle er beschwichtigen. „Wir verstehen Eure Sorge, Euer Majestät. Doch dieser Kreuzzug wird von den stärksten Armeen der Ordnung angeführt, vereint unter Lord Therion. Unsere Ressourcen, unsere Strategie – alles wurde darauf ausgelegt, den Feind vollständig zu vernichten. Wir bieten Euch Schutz und eine glorreiche Zukunft. Alles, was wir verlangen, ist Eure Unterstützung: Männer, Vorräte und den Beistand des tapferen Prinzen.“



Elior lehnte sich zurück und ließ sich Zeit, bevor er antwortete. „Das klingt wie ein großzügiges Angebot, doch ich vertraue nicht auf Worte allein. Solche Unternehmungen haben oft verborgene Kosten. Und Ihr sprecht von einer ‚glorreichen Zukunft‘ – doch wer wird diese Zukunft kontrollieren? Wer regiert die gesäuberten Länder?“



Ein leichtes Zucken ging durch Wisals Gesicht, doch er fing sich schnell. „Die gesäuberten Länder werden dem gehören, der sie zu verteidigen bereit ist, Euer Majestät. Es geht nicht um Herrschaft, sondern um Schutz.“



Elior nickte langsam, sagte jedoch nichts weiter. Wisal schien zu verstehen, dass das Gespräch vorerst beendet war. Er verneigte sich. „Nehmt Euch die Zeit, die Ihr benötigt, um zu entscheiden. Wir werden morgen früh aufbrechen. Doch denkt daran: Die Dunkelheit wartet nicht.“



Elior erhob sich und bedeutete Wisal und seine Krieger, den Saal zu verlassen. Als die Türen sich hinter ihnen schlossen, drehte er sich zu Elizar.



„Was hältst du von ihnen, mein Sohn?“ fragte er leise.



Elizar überlegte, bevor er antwortete. „Sie sind beeindruckend. Diszipliniert, stark und zielgerichtet. Doch… etwas an Wisal lässt mich zögern. Er scheint… zu perfekt.“



Elior nickte, als hätte er genau diese Antwort erwartet. „Deine Intuition täuscht dich nicht. Sie mögen ehrenhaft wirken, doch die Motive hinter einem Kreuzzug wie diesem sind selten rein. Ich traue ihnen nicht. Und ich werde nicht blindlings Männer und Ressourcen opfern, ohne ihre wahren Absichten zu kennen.“



Elizar runzelte die Stirn. „Was schlagt Ihr vor, Vater?“



Der König legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Morgen, wenn sie abreisen, wirst du sie beschatten. Finde heraus, wohin sie gehen, mit wem sie sprechen. Sieh genau hin, ob sie wirklich das sind, was sie vorgeben zu sein.“



Elizar zögerte einen Moment, dann nickte er. „Es soll geschehen, wie Ihr sagt.“



Am nächsten Morgen stand Elizar in einer schmalen Gasse nahe dem Tor der Burg. Die Gesandten hatten sich früh auf den Weg gemacht, ihre Pferde voll beladen mit Vorräten. Elizar war ihnen dicht gefolgt, sein Gesicht in einem Umhang verborgen, den sein Vater ihm gegeben hatte. Sein Greif war zurückgelassen worden, um nicht aufzufallen.



Die Reise führte die Gesandten aus der Hauptstadt hinaus und in die waldigen Hügel nahe der Grenze. Stunden vergingen, und Elizar hielt sich stets in sicherer Entfernung, seine Sinne wachsam. Schließlich erreichten sie eine Lichtung, wo die Gruppe anhielt. Elizar schob sich vorsichtig näher, verborgen im Dickicht.



Wisal sprach mit einer weiteren Gestalt, die aus dem Schatten trat. Es war ein Mann in einer schwarzen Robe, sein Gesicht unter einer Kapuze verborgen. Elizar konnte die Worte nicht verstehen, doch das Gespräch wirkte angespannt. Plötzlich streckte der Fremde eine Hand aus, und Wisal zögerte, bevor er etwas aus seinem Gürtel zog und es übergab – ein kleines, schwarzes Gefäß, das schwach glühte.



Elizar fühlte, wie sich seine Muskeln anspannten. Was immer hier vor sich ging, es war kein einfacher Kreuzzug, kein reines Bündnis. Die Gesandten hatten ihre eigenen, finsteren Pläne.
Eine Allianz gegen das Böse
Elizars Herzschlag beschleunigte sich. Was war das für ein Gefäß? Welche Rolle spielte der Fremde? Ehe er weiter nachdenken konnte, knackte ein Zweig unter seinen Füßen. Einer von Wisals Männern drehte sich blitzschnell um und entdeckte ihn.



„Da ist jemand!“ rief der Krieger, und innerhalb eines Augenblicks waren fünf Männer auf den Beinen. Sie stürmten auf Elizar zu, ihre Schwerter gezogen, ihre Bewegungen tödlich präzise. Der Prinz hatte keine Wahl. Mit gezogenem Schwert trat er ihnen entgegen.



Der erste Gegner schlug zu, doch Elizar wich mit einer geschmeidigen Drehung aus und konterte mit einem schnellen Stoß, der die Rüstung des Kriegers durchbrach. Ein weiterer Gegner warf sich auf ihn, doch Elizar parierte den Angriff und streckte ihn mit einem geschickten Hieb nieder. Trotz seines Mutes und seiner Fähigkeiten waren die Krieger jedoch zu stark und zu zahlreich. Die verbleibenden drei Männer umzingelten ihn, ihre Angriffe wie ein choreografiertes Netz aus Stahl. Elizar kämpfte verbissen, doch schließlich wurde er entwaffnet und zu Boden gedrückt.



„Bringt ihn zu Wisal,“ befahl einer der Krieger, und Elizar wurde auf die Lichtung geschleppt, sein Kopf erhoben, um Wisal ins Gesicht zu sehen.



Wisal stand ruhig da, seine grünen Augen durchdringend, flankiert von drei gewaltigen Kriegern, die mannshohe Schilde trugen. Als Elizar vor ihm niedergeworfen wurde, bedeutete Wisal seinen Männern mit einer knappen Geste, sie sollten gehen. Die Hünen zögerten, folgten dann jedoch seinem Befehl und ließen Wisal und Elizar allein.



„Prinz Elizar,“ sagte Wisal, seine Stimme sanft, aber eindringlich. „Ihr habt Mut, das muss ich Euch lassen. Aber warum folgt Ihr uns?“



„Ich wollte Antworten,“ entgegnete Elizar kalt. „Wer war der Mann in der Robe? Was habt Ihr ihm gegeben?“



Wisal lächelte nachsichtig, als wäre die Frage eines Kindes an ihn herangetragen worden. „Das war einer unserer Verbündeten, ein Gesandter aus dem Osten. Das Gefäß, das Ihr gesehen habt, enthält Essenz von Celestium, einem göttlichen Material, das wir nutzen, um die Dunkelheit zu bannen. Es ist ein Mittel, kein Geheimnis, Prinz. Unsere Feinde würden alles tun, um es in die Hände zu bekommen, und deshalb waren wir vorsichtig.“



Elizar runzelte die Stirn. Die Erklärung klang logisch, und doch fühlte er sich unwohl. „Warum habt Ihr es ihm gegeben?“



„Er bringt es an einen Ort, wo es gebraucht wird. Die Grenze ist riesig, und unsere Verbündeten sind weit verstreut. Nur in Zusammenarbeit können wir gewinnen.“



Der Prinz schwieg, prüfte die Worte, die er gehört hatte. Wisals Tonfall war ruhig und ohne Furcht, seine Haltung offen. Vielleicht hatte Elizar sich getäuscht. Vielleicht war dies doch ein Mann, dem man vertrauen konnte.



„Prinz,“ fuhr Wisal fort, „ich verstehe Eure Vorsicht. Doch Ihr habt die Schrecken der Grenzlande gesehen. Ihr wisst, dass unsere Welt in Gefahr ist. Lasst uns diese Welt retten – gemeinsam.“



Elizar seufzte. „Und was verlangt Ihr von mir, wenn ich Euch vertraue?“



Wisal trat einen Schritt näher. „Vertrauen und Entschlossenheit. Sprecht mit Eurem Vater. Überzeugt ihn, dass wir keine Bedrohung sind, sondern die einzige Hoffnung gegen die Dunkelheit.“



Nach kurzem Zögern nickte Elizar. „Gut. Ich werde mit meinem Vater sprechen.“



Wisal lächelte, seine Augen strahlten triumphierend. „Ihr seid ein Mann von Ehre, Prinz Elizar. Gemeinsam werden wir Großes vollbringen.“



Als Elizar in die Burg seines Vaters zurückkehrte, trugen seine Schultern die Schwere einer Entscheidung, die die Zukunft seines Reiches bestimmen würde. Im Thronsaal berichtete er König Elior von allem, was er gesehen und gehört hatte. Er erklärte, wie Wisals Worte ihn überzeugt hatten und wie die Gefahr in den Grenzlanden real und drängend war.



Elior lauschte mit ernster Miene. „Du bist also überzeugt, dass diese Allianz die richtige Wahl ist?“



„Ja, Vater. Sie haben die Mittel und die Entschlossenheit, diese Bedrohung zu besiegen. Und sie brauchen uns.“



Der König erhob sich von seinem Thron und trat an ein Fenster, das die Lichter der Stadt zeigte. Nach einem langen Moment des Schweigens nickte er langsam. „Dann soll es so sein. Wir werden die Allianz eingehen. Aber,“ fügte er hinzu, „wir werden wachsam bleiben. Kein Bündnis ist ohne Risiko.“



Am nächsten Morgen verkündete König Elior die Allianz mit Lord Therions Armee. Elizar fühlte eine Mischung aus Erleichterung und Sorge. Er wusste, dass dies erst der Anfang war. Vor ihm lag ein Krieg, dessen Ausgang die Zukunft aller bestimmen würde – und er war fest entschlossen, an der Seite von Wisal und seinen Kriegern zu kämpfen, koste es, was es wolle.
Ein hoher Preis
Die Sonne ging über den Hügeln auf, und ein roter Schleier legte sich über das Land, als die Nachricht der Allianz verkündet wurde. In den Straßen der Hauptstadt herrschte Unruhe. Händler tuschelten, Soldaten schärften ihre Waffen, und die Bürger spürten die Last der Entscheidung, die König Elior getroffen hatte. Doch während sich die Menschen auf die kommenden Tage vorbereiteten, zog sich Elizar in seine Gemächer zurück, um seine Gedanken zu ordnen.



Er hatte Wisal versprochen, an der Seite seiner Männer zu kämpfen, doch Zweifel nagten an ihm. Die Worte des mysteriösen Fremden, die Essenz von Celestium und Wisals durchdringender Blick – all das fühlte sich zu glatt an, zu perfekt. Als Prinz war Elizar geschult, Lügen von Wahrheit zu unterscheiden, doch diesmal schien die Grenze verwischt.





Zwei Tage später brach eine Delegation auf. Elizar, begleitet von drei seiner treuesten Gefährten – Hauptmann Deyron, der kluge Strategin Myra und dem stoischen Waldläufer Thalrik – führte eine Abordnung in die Grenzlande, um die Stärke von Wisals Truppen zu prüfen. Der Plan war klar: sich in Wisals Lager ein Bild machen und gleichzeitig die Allianz symbolisch stärken. König Elior hatte darauf bestanden, dass Elizar wachsam blieb, und so war der Prinz entschlossen, die Wahrheit zu ergründen.



Die Reise war beschwerlich. Der Schnee, der aus dem Norden kam, hatte die Wege vereist, und feindliche Banditen lauerten in den Wäldern. Doch es war nicht die Kälte, die Elizar beunruhigte, sondern die Stille. Die Grenzlande waren wie ausgestorben. Wo sonst die Schreie von Bauern oder die Geräusche von Patrouillen erklangen, herrschte jetzt eine unnatürliche Ruhe.



„Es ist, als würde die Welt den Atem anhalten,“ sagte Myra leise, während sie durch die karge Landschaft ritten.



Elizar nickte. „Oder als würde etwas auf uns lauern.“





Am dritten Tag erreichten sie Wisals Lager. Es war gewaltig: Hunderte Zelte erstreckten sich über eine Ebene, die an den Rand eines tiefen Waldes grenzte. Banner mit dem Wappen eines goldenen Löwen flatterten im Wind, und die Luft war erfüllt von den Geräuschen von Schmieden, die Waffen herstellten, und Soldaten, die trainierten. Wisal selbst stand auf einem Podest und sprach zu einer Gruppe von Anführern.



Als Elizar sich ihm näherte, wandte sich Wisal mit einem breiten Lächeln zu ihm. „Prinz Elizar! Ihr seid gekommen, wie ich es erhofft hatte.“



Elizar neigte leicht den Kopf. „Ich musste sehen, wie Ihr Euch auf den Krieg vorbereitet.“



Wisal nickte. „Und wie Ihr sehen könnt, bereiten wir uns gut vor. Unsere Männer sind entschlossen, unsere Waffen sind stark, und unsere Verbündeten sind zahlreich. Doch ich nehme an, Ihr habt noch immer Fragen.“



„Das habe ich,“ entgegnete Elizar kühl. „Ihr habt gesagt, die Essenz von Celestium sei ein Mittel, um die Dunkelheit zu bannen. Doch was genau ist diese Dunkelheit? Und warum scheinen Eure Feinde so besessen davon, Euch zu bekämpfen?“



Wisal zögerte, seine grünen Augen schienen für einen Moment auf den Wald hinter Elizar zu blicken. „Die Dunkelheit ist keine bloße Metapher, Prinz. Sie ist eine Macht, die die Seelen der Lebenden verderben kann. Sie schickt Kreaturen, Albträume aus Fleisch und Schatten, um uns zu vernichten. Unsere Feinde – die sogenannten Dunklen Jäger – haben sich ihr aus Verzweiflung oder Gier angeschlossen.“



Elizar prüfte Wisals Gesicht, suchte nach einem Anzeichen von Täuschung. Doch Wisal wirkte ehrlich, beinahe bedauernd. „Ich verstehe Eure Zweifel. Vielleicht kann ich Euch überzeugen.“ Er deutete auf einen nahegelegenen Hügel. „Kommt mit mir.“





Wisal führte Elizar und seine Gefährten in eine Höhle, die unter dem Hügel verborgen lag. Das Innere war dunkel, bis auf ein schwaches, schimmerndes Licht, das von einem Sockel in der Mitte der Höhle ausging. Dort lag ein Gefäß, identisch mit dem, das Elizar zuvor gesehen hatte. Die Essenz von Celestium leuchtete in einem tiefen Blau, pulsierend wie ein Herzschlag.



„Das ist die Essenz,“ sagte Wisal. „Die letzte Hoffnung unserer Welt. Mit ihr können wir die Dunkelheit vertreiben, die Grenze sichern. Doch es gibt einen Preis.“ Seine Stimme wurde leiser. „Um sie zu nutzen, müssen wir uns opfern.“



Elizar blinzelte. „Was meint Ihr?“



Wisal sah ihn an, seine Augen ernst. „Die Essenz ist rein, doch sie verbraucht jene, die sie einsetzen. Jeder Tropfen, den wir verwenden, kostet das Leben eines unserer eigenen.“



Die Worte schlugen wie ein Donnerschlag ein. Elizar starrte auf das Gefäß. Es war wunderschön, doch jetzt sah er es als das, was es war: eine Waffe mit einem unvorstellbaren Preis.



„Warum habt Ihr das nicht gesagt?“ fragte Myra scharf.



„Weil die Wahrheit nicht jeden motiviert,“ antwortete Wisal ruhig. „Doch Ihr, Prinz, habt den Mut, sie zu ertragen.“





Zurück im Lager zog sich Elizar mit seinen Gefährten zurück. „Was denkt Ihr?“ fragte er schließlich.



Deyron, der pragmatische Hauptmann, sprach zuerst. „Wenn das stimmt, dann ist dies eine mächtige Waffe. Aber der Preis ist hoch, zu hoch vielleicht.“



Myra war anderer Meinung. „Die Dunkelheit bedroht uns alle. Wenn das der einzige Weg ist, sie zu besiegen, müssen wir ihn gehen.“



Thalrik schwieg lange, ehe er sagte: „Die Wahrheit ist nie einfach. Aber wir müssen sicher sein, dass Wisal wirklich die Kontrolle über die Essenz hat.“



Elizar wusste, dass sie Recht hatten. Die Entscheidung lag nun bei ihm.



Am nächsten Morgen trat er erneut vor Wisal. „Ich habe eine Bedingung,“ sagte er.



Wisal hob eine Augenbraue. „Und die wäre?“



„Ich will mit eigenen Augen sehen, wie Ihr die Essenz einsetzt. Ich will wissen, dass Ihr bereit seid, den gleichen Preis zu zahlen wie Eure Männer.“



Wisal lächelte langsam. „Das werdet Ihr, Prinz. Doch seid gewarnt: Was Ihr seht, könnte Euch verändern.“



Mit diesen Worten führte er Elizar zu einem Ort, an dem die Dunkelheit lauerte – und wo das wahre Ausmaß des Krieges offenbart werden sollte.
Der Tod selbst
Die Reise durch die dichten, schneebedeckten Wälder zum von Wisal beschriebenen Ort war still. Die Kälte biss in Elizars Haut, doch das beunruhigende Schweigen seiner Gefährten war das wahre Gewicht, das auf seinen Schultern lastete. Wisal ritt an der Spitze der Gruppe, sein goldener Umhang flatterte wie eine Fahne im eisigen Wind. Je näher sie kamen, desto mehr zog sich ein Schleier über Elizars Gedanken. Es war, als würden unsichtbare Fäden an seiner Wahrnehmung ziehen, Erinnerungen verschleiern und Wahrheit mit Illusion vermischen.



Am späten Nachmittag erreichten sie eine Schlucht, deren Grund in völliger Dunkelheit lag. Am Rand erhob sich eine grotesk geformte Konstruktion – ein Turm aus schwarzem Granit und metallischen Ketten, die über die Kluft gespannt waren. Das unnatürliche Leuchten des „Celestiums“ strömte aus einer Kammer an der Spitze des Turms.



„Hier ruht die Essenz in ihrer reinen Form,“ erklärte Wisal und deutete hinauf. „Es ist der Ort, an dem wir die Dunkelheit abwehren.“



Doch in dem Moment, als Elizar in die Tiefe der Schlucht blickte, überkam ihn ein Schlag der Klarheit – eine Vision, so intensiv, dass er seinen Halt im Sattel verlor und auf die Knie sackte. Vor seinen Augen schälte sich die Realität wie eine Haut ab. Das strahlende Celestium war nicht das reine, lebensspendende Licht, das Wisal beschrieb. Es war eine klebrige, aschgraue Substanz – Grabsand. Die Konstruktion vor ihm war keine Bastion der Hoffnung, sondern eine makabere Schöpfung aus Knochen und schwarzer Magie, die den Tod selbst zu verewigen schien.



Doch das Schlimmste war nicht die Struktur. Es war er selbst.



Elizar blickte an seinen eigenen Händen hinunter. Die einst glatte Haut war rissig, grau und schuppig, seine Finger knochig und klauenartig. Seine Gefährten – Deyron, Myra und Thalrik – waren nicht besser. Ihre Gesichter, die er so gut kannte, waren verzerrt, zerfurcht, und ihre Augen glühten mit einem fiebrigen, kranken Licht. Sie waren Ghule – Ausgeburten, die weder lebendig noch tot waren, sondern irgendwo dazwischen, verdammt zu existieren, ohne sich des Verfalls bewusst zu sein.



„Seht Ihr es?“ flüsterte Wisal, der sich zu ihm herunterbeugte. „Die Wahrheit ist schmerzhaft, nicht wahr?“



Doch in diesem Moment war Wisal nicht länger der charismatische Anführer, der um Elizars Unterstützung geworben hatte. Sein Antlitz schälte sich zurück, und darunter erschien ein Konstrukt aus weißem, poliertem Knochen, das in präzise Muster geschnitzt war. Seine Augenhöhlen waren leer, doch ein unheimliches grünes Licht glomm tief darin. Er war einer von ihnen – ein Krieger der Ossiarch Bonereaper, jene gefürchteten Konstrukte aus Knochen, die durch uralte und verdammte Magie zum Leben erweckt wurden.



Elizar bewahrte Ruhe und gab sein bestes, sich nichts anmerken zu lassen. Die Wahnvorstellung hielt diesmal aussergewöhnlich lange an. Als Sie zurück ins Lager ritten sah er, dass die „Schmieden“ im Lager keine Waffen produzierten. Stattdessen waren es grausige Fabriken, in denen das Fleisch von Leichen, Tieren und sogar Ghulen geschält wurde, um die makellosen Knochen freizulegen. Knochenpriester arbeiteten unermüdlich, rissen mit gestischer Präzision Fetzen Fleisch von den Skeletten und formten sie mit magischen Glyphen zu neuen Kriegern – Soldaten für eine Armee, die unaufhaltsam schien.



Elizar spürte Myras Hand auf seiner Schulter. Ihr Blick war verschwommen, doch sie sagte nichts. Ob sie ebenfalls einen Moment der Klarheit hatte oder einfach nichts sah, konnte er nicht sagen. Er zwang sich, ruhig zu bleiben, obwohl sein Inneres nach Flucht schrie.





Die Rückkehr ins Königreich verlief ohne Zwischenfälle. Doch die Reise war von einer beklemmenden Stille erfüllt. Elizar konnte sich keinen Moment lang sicher sein, ob Wisal ihn durchschaut hatte oder nicht. In seinen tiefsten Gedanken brodelte die Angst, dass der Knochengeneral seine Tarnung längst durchschaut hatte und ihn nur ziehen ließ, um den nächsten Schritt zu planen.



„Es war ein Erfolg,“ erklärte Elizar dem König, als er vor ihm kniete. „Wisal bereitet seine Truppen akribisch vor. Die Dunkelheit hat keine Chance gegen ihre Disziplin und Stärke.“



König Elior nickte zufrieden, sein Gesicht ernst, aber zufrieden. „Gut. Das ist beruhigend zu hören, mein Sohn. Aber etwas in deinem Tonfall verrät mir, dass du noch Zweifel hegst.“



Elizar zögerte. Sollte er die Wahrheit sagen? War es überhaupt noch die Wahrheit? Doch schließlich entschied er sich, die Vision mit seinem Vater zu teilen.



„Vater,“ begann er langsam, „ich habe etwas gesehen. Nicht mit meinen Augen, sondern mit meinem Geist. Etwas hat sich mir offenbart.“ Er beschrieb die makabren Szenen, die er in Wisals Lager wahrgenommen hatte, das wahre Wesen von Wisal und seinen Kriegern, und die düstere Natur des Grabsandes.



Der König hörte schweigend zu, doch sein Gesicht blieb reglos. Als Elizar geendet hatte, lehnte sich Elior in seinem Thron zurück. „Elizar,“ sagte er schließlich mit einer Stimme, die ruhig, aber eindringlich war, „was du beschreibst, klingt wie die Ausgeburten eines erschöpften Geistes. Du hast zu viel gesehen, zu viel Verantwortung auf deinen Schultern. Diese Vision – sie ist eine Ablenkung, ein Trugbild, geschaffen von deinem Zweifel.“



„Aber Vater,“ entgegnete Elizar, „es war so klar. So real.“



„Was ist real, Elizar?“ Der König erhob sich. Seine imposante Gestalt wirkte wie eine undurchdringliche Mauer. „Ist es nicht real, dass wir die Dunkelheit bannen müssen? Ist es nicht real, dass unsere Welt auf dem Spiel steht? Würdest du die Allianz riskieren, nur wegen eines Gefühls? Wegen einer Vision, die du selbst nicht erklären kannst?“



Elizar wollte widersprechen, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken. Der König trat näher, legte ihm eine schwere Hand auf die Schulter. „Du bist mein Sohn, und ich vertraue dir. Doch manchmal muss ein Anführer seine Zweifel beiseiteschieben. Lass nicht zu, dass diese… Gedanken uns die einzige Chance auf Sieg nehmen.“



Elizar nickte schließlich widerwillig. Doch tief in seinem Herzen blieb der Zweifel. War die Allianz wirklich die Rettung – oder der Untergang?
Die Erleuchtung
Elizar erwachte in der Dunkelheit seines Gemüts, während der kalte Wind durch die hohen Zinnen der Festung pfiff. Der Nachhall der Worte seines Vaters, König Elior, drang unaufhörlich in seinen Geist. In der Stille der Nacht lag er wach und dachte an die makabren Bilder, die sich ihm offenbart hatten – die schmerzlichen Enthüllungen über Wisal und seinen Knochensoldaten, die grausigen Schmieden, in denen das Fleisch vom Knochen gezogen und zu Kriegern verformt wurden. Jede Erinnerung nagte an seinem Selbstbild, während die Finsternis der Welt um ihn herum wuchs.



Draußen in den Schatten der Festungsmauern schien der kalte Mond über dem Reich zu wachen, als wollte er die Geheimnisse enthüllen, die in den Tiefen der Nacht verborgen lagen. Elizar erhob sich leise aus seinem Bett, zog seinen abgewetzten Mantel an und schlich sich zum kleinen Fenster, das auf den Innenhof hinausführte. Dort beobachtete er die Patrouillen der königlichen Wachen, die schweigend und diszipliniert ihre Runden zogen. Ihre Gesichter waren von einer Entschlossenheit geprägt, die er schon immer bewundert hatte – doch nun schienen sie ihm wie stumme Zeugen einer düsteren Wahrheit, die er kaum fassen konnte.



Er erinnerte sich an die Vision, die ihm im Moment der Klarheit über das wahre Wesen dieser Welt erschienen war. Und er dachte an Wisals Worte, die wie ein böses Echo in seinem Kopf widerhallten: „Die Wahrheit ist schmerzhaft, nicht wahr?“ Diese Worte hatten sich in seine Seele gegraben, und nun begann er, die Realität zu hinterfragen – war es möglich, dass er, sein Vater und das ganze Königreich in einen unheilvollen Pakt mit dunklen Mächten verstrickt waren?



An diesem schicksalhaften Abend, während der Regen unaufhörlich gegen die dicken Steinmauern peitschte, entschloss sich Elizar, Antworten zu finden. Er zog sich leise aus dem Schlafgemach und machte sich auf den Weg in das Archiv des Palastes – einen Raum, der von alten Pergamenten und mystischen Schriften durchdrungen war. Hier, so hoffte er, lag vielleicht ein Hinweis darauf, wie man der drohenden Dunkelheit entkommen konnte, oder zumindest, wie man ihr wahres Gesicht erkennen konnte.



Im schummrigen Licht einer einzelnen Kerze begann Elizar in den staubigen Büchern zu stöbern. Er fand Berichte von alten Kriegen, von finsteren Ritualen und von Helden, die das Licht gegen das unbändige Chaos verteidigt hatten. Immer wieder stieß er auf Hinweise zu den sogenannten „Ossiarch Bonereapern“, den schrecklichen Kriegern aus Knochen, deren Ursprung in längst vergessenen Zeiten lag. Und über vergessene Königreiche, die im Zeitalter des Chaos am verhungern waren und aus Verzweiflung damit begannen Ihre Toten zu verzehren, um selbst dem Tod zu entgehen. Mit zittrigen Händen las er über ihre Schöpfung durch uralte und verfluchte Magie, über den Pakt zwischen den Lebenden und den Toten, der einst besiegelt worden war, um das Ende jener Königreiche aufzuhalten – oder gar herbeizuführen.



Je länger Elizar las, desto mehr veränderte sich seine Wahrnehmung. Es war, als ob die Worte der alten Schriften seine Seele berührten und ihm ein düsteres Verständnis für die Welt eröffneten. Er erkannte, dass der König und sein Volk in ihrer Verzweiflung den Pfad der Dunkelheit betreten hatten, um den drohenden Untergang abzuwenden. Doch jeder Pakt mit dem Bösen brachte seinen eigenen Preis mit sich – die schleichende Verdammnis, die in seinen eigenen Adern pulsierte.



Mit jedem aufgeschlagenen Band fühlte er, wie der Schleier zwischen Schein und Wahrheit dünner wurde. Er dachte an Wisal, der mit seinem charismatischen Lächeln und dem goldenen Umhang das Vertrauen der Gefolgsleute gewonnen hatte, und an den Moment, als dessen wahres Antlitz – ein Konstrukt aus weißem, poliertem Knochen – sich vor seinen Augen offenbarte. War es möglich, dass dieser Krieger der Dunkelheit nicht nur ein Werkzeug, sondern selbst ein Opfer eines uralten Fluchs war? Elizar spürte, wie sich ein innerer Konflikt in ihm regte: Sollte er seinem Vater und der Allianz treu bleiben, oder war es seine Pflicht, die Wahrheit ans Licht zu bringen, auch wenn sie den Untergang bedeutete?



Während die Stunden verstrichen, wurde die Nacht immer tiefer, und der Regen hatte sich in ein monotonisches Trommeln verwandelt. In einem besonders alten Folianten entdeckte Elizar eine Passage, die von einem „Licht des Erwachens“ sprach – einem heilenden Strahl, der die dunkle Magie zerschmettern und die Wahrheit in den Herzen der Menschen entfachen konnte. Doch der Preis für diese Erleuchtung war hoch: Ein Opfer, das von denjenigen verlangt wurde, die bereit waren, sich ihrer eigenen inneren Dunkelheit zu stellen.



Der Gedanke an ein solches Opfer ließ Elizars Herz höherschlagen. War er bereit, diesen Weg zu gehen? Würde er die Dunkelheit in sich selbst konfrontieren, um das Reich vor dem Untergang zu bewahren? Die Vorstellung, dass auch er von dem verfluchten Blut des alten Königreiches durchdrungen sein könnte, ließ ihn erschauern. Doch gleichzeitig brannte in ihm ein Funke der Hoffnung – die Hoffnung, dass es noch einen Ausweg gab, einen Pfad, der das Reich von der drohenden Verderbnis befreien konnte.



Am frühen Morgen, als die ersten grauen Lichtstrahlen durch die hohen Fenster des Palastes fielen, traf Elizar eine Entscheidung. Er wusste, dass er nicht länger tatenlos zusehen konnte, wie die Schatten der Vergangenheit und die Dunkelheit der Gegenwart das Königreich verschlangen. Er musste handeln, auch wenn es bedeutete, gegen die Führung seines eigenen Vaters und die schrecklichen Verbündeten anzutreten, die sich unter dem Deckmantel der Hoffnung verbargen.



Er verließ das Archiv, seine Gedanken wirbelten wie die Blätter im Wind. Jeder Schritt hallte in den stillen Korridoren wider, als wollten die Geister der Vergangenheit seinen Entschluss verkünden. Er plante, einen geheimen Bund mit denen zu schließen, die noch am Licht glaubten – eine kleine, aber entschlossene Gruppe von Rebellen, bestehend aus Edelmut und Unbeugsamkeit, die den dunklen Pakt des Königs infrage stellten.



Unter den wenigen, denen er vertraute, waren alte Gefolgsleute, die sich abseits der offiziellen Armee verbargen, und einige Priester des Lichts, die noch an die Reinheit der Magie glaubten. In einem verlassenen Kellerraum, umgeben von uralten Runen und dem fahlen Licht einer einzelnen Fackel, traf Elizar auf sie. Mit ernster Stimme erklärte er, was er entdeckt hatte – die schreckliche Wahrheit über Wisal, die abgründigen Schmieden und den uralten Fluch, der womöglich auf Ihnen lastet. Er sprach von der Möglichkeit, dass das Licht des Erwachens, von dem er gelesen hatte, der Schlüssel sein könnte, um die Dunkelheit zu bannen und den Fluch zu brechen.



Die Anwesenden lauschten gebannt, während Elizar jeden Satz mit einer Mischung aus Verzweiflung und Entschlossenheit vortrug. Ihre Blicke spiegelten denselben brennenden Wunsch wider: den Preis der Dunkelheit abzulegen und das Reich in eine neue Ära des Lichts zu führen. Doch die Herausforderung war enorm – der Pakt, den der König geschlossen hatte, war mächtig und die Schatten, die ihn umgaben, waren tief.



„Wir müssen den Ursprung des Fluchs finden,“ sagte Elizar leise, aber mit fester Stimme. „Nur dann können wir den Weg zum Licht des Erwachens ebnen. Ich werde mich auf den Pfad begeben, den nur die Verlorenen kennen – in die Ruinen der alten Welt, wo die Götter einst wandelten und das Geheimnis der Dunkelheit geboren wurde.“



Die Rebellen nickten, wissend, dass dies ein nahezu aussichtsloser Unterfangen war. Doch in ihrer Entschlossenheit lag auch die Hoffnung, dass inmitten der tiefsten Dunkelheit immer ein Funke des Lichts brannte. Elizar versprach ihnen, dass er zurückkehren würde – mit Antworten, die das Schicksal des Reiches entscheiden würden.



Mit dem ersten Schimmer der Morgendämmerung verließ Elizar heimlich den Palast. Er ritt hinaus in eine Landschaft, die von der Kälte und dem drohenden Unheil gezeichnet war. Hinter ihm lag das Königreich, das von finsteren Mächten bedroht wurde, und vor ihm der ungewisse Pfad in eine Welt voller vergessener Geheimnisse. Jeder Schritt war ein Schritt ins Ungewisse, doch Elizar wusste, dass er nun nicht länger in Zweifel leben konnte. Die Wahrheit musste ans Licht, egal wie schmerzhaft sie sein mochte.



So begann seine einsame Reise – eine Reise in die Tiefen der Dunkelheit und in die Abgründe der eigenen Seele, mit der festen Überzeugung, dass nur wahres Licht den Schatten endgültig Einhalt gebieten konnte. Die kommenden Tage würden Prüfungen bringen, die den Mut der tapfersten Krieger auf die Probe stellten, und Elizar war fest entschlossen, selbst wenn sein eigenes Herz im Angesicht der Finsternis zu zerbrechen drohte.
Das Zwielicht der Dämmerung
Der Wind heulte über die zerklüfteten Ebenen von Sorrowmere, als Prinz Elizar durch die öde, von Asche bedeckte Landschaft ritt. Sein Gaul, ein abgemagerter Schrecken aus verdorbenem Fleisch und geborstenen Knochen, schnaufte leise, während seine Hufe auf totem, rissigem Boden hallten. Das Land war gezeichnet vom Einfluss des Todes – kein Vogel sang, kein Blatt regte sich. Doch Elizar kannte diese Stille gut, denn sie war das Flüstern der Leichenhöfe, die ihn einst genährt hatten.



Er war ein Ghulprinz der Höfe der Leichenfresser, ein “edler” Sohn des Wahns, getäuscht von Illusionen uralter Macht. Einst hatte er geglaubt, ein strahlender Ritter zu sein, Thronfolger eines glorreichen Reiches. Doch in jener Nacht, als er die Wahrheit im Archiv gefunden hatte, war der Schleier gefallen – zumindest teilweise.



Was nun in ihm lebte, war kein vollständiges Erwachen, sondern ein qualvolles Dazwischen. Er sah sich selbst als Prinz des Lichts, doch wusste um das verwesende Fleisch, das seinen Körper bedeckte, und um die Gier, die unter seiner Haut lauerte. Die Ghule, die ihn einst “Majestät” nannten, waren Kannibalen, wahnsinnige Kreaturen, die sich in Elizar ein Bild eines edlen Monarchen geschaffen hatten.



Er strebte nach dem Licht des Erwachens – doch in seinem Herzen brodelte der Hunger.



Vor ihm ragten die Ruinen von Caer Thryng auf, eine vergessene Stadt aus dem Zeitalter der Mythen. Einst war sie ein Heiligtum der Götter gewesen, nun jedoch ein Ort der Schatten. Hier, so hieß es, war der erste Pakt zwischen den Lebenden und den Toten geschlossen worden – ein verfluchter Schwur, der das Gewebe der Wirklichkeit selbst verändert hatte.



Elizar stieg ab, sein Blick schweifte über die zerfallenen Hallen. Riesige Knochen ragten aus dem Erdreich wie geborstene Pfeiler, und seltsame Glyphen, in die Mauern eingeritzt, pulsierten schwach in einem gespenstischen Licht.



In der Mitte des Haupttempels angekommen bemerkte er, dass er nicht allein war: Wisal. Es schien das er bereits auf Ihn gewartet hatte.



Der General der Ossiarch stand wie eine Statue aus makellosem Knochen, seinen Umhang aus goldgesäumtem Leinen in regloser Würde fallend. Seine Gesichtszüge waren fein gearbeitet, fast schön – doch leblos. Augenhöhlen ohne Pupillen blickten Elizar entgegen.



„Du bist gekommen, wie ich es vorausgesehen habe,“ sprach Wisal, seine Stimme klang wie das Knacken trockener Äste.



„Ich bin nicht gekommen, um zu kämpfen,“ sagte Elizar, seine Hand fern vom Griff seines verrotteten Schwertes. „Ich will wissen, warum. Warum dieser Pakt, warum diese Täuschung?“



Wisal trat langsam vor. „Weil die Wahrheit eine Last ist, die nur wenige tragen können. Ihr Ghulhöfe lebt in Illusionen, weil der Wahnsinn euch schützt. Ihr seht euch als Könige – aber du, Elizar, du hast durch die Risse gesehen. Und das macht dich gefährlich.“



„Ich will das Licht finden – das Licht des Erwachens. Ich will frei sein von diesem Hunger, von diesem Wahn.“



„Und was glaubst du, wirst du finden?“ fragte Wisal mit etwas, das beinahe wie Bedauern klang. „Dein ‘Licht’ ist eine Prüfung, eine Flamme, die nicht reinigt, sondern verbrennt. Die Leichenfresser sind nicht verflucht – sie sind der Fluch. Ihr seid geborene Söhne des Nichts, geschaffen durch den Irrsinn von degenerativen Vampiren und das Chaos von Shyish. Dein Erwachen wird nicht deine Rettung sein – sondern dein Untergang.“



Ein Zucken durchfuhr Elizar, sein Gesicht verzerrte sich kurz. Er spürte den Hunger an ihm nagen, wie eine Welle, die über seinen Geist rollte. Wisals Worte waren wie Dolche – aber auch wie Schlüssel.



„Dann muss ich es trotzdem versuchen,“ sagte er heiser. „Wenn es etwas gibt, das diesen Fluch brechen kann, dann werde ich es finden – auch wenn ich mich selbst dabei verliere.“



Wisal senkte den Kopf, als würde er Respekt zollen – oder Trauer. „Dann geh. Aber wisse, Elizar: Du wirst nicht zurückkehren, wie du gegangen bist.“



Mit diesen Worten wandte sich der Ossiarch-General ab, seine Schritte verhallten in den leeren Hallen der alten Stadt.





Als Elizar sich tiefer in die Ruinen wagte, führte ihn ein Strudel aus Erinnerungen und Visionen. Schatten huschten an den Rändern seines Blickfeldes, Stimmen aus der Vergangenheit riefen ihn bei Namen, die er längst vergessen hatte.



In einer kryptischen Kammer fand er schließlich das, was er suchte: Ein Monolith, aus schwarzem Obsidian, auf dessen Oberfläche Licht in Form alter Symbole tanzte.



Hier lag der Ursprung – der Ort, an dem der erste Ghul erwachte, geblendet vom Glanz eines vergessenen Gottes.



Elizar trat näher. Sein Herz schlug wie eine Kriegstrommel, sein Atem ging stoßweise. Und dann – griff er nach dem Licht.



Schmerz explodierte in seinem Haupt, ein Schrei gellte durch die Dimensionen. Die Dunkelheit in ihm bäumte sich auf, versuchte, das Licht zu verschlingen. Doch für einen Moment, einen einzigen, kostbaren Augenblick – sah Elizar klar.



Er sah sich selbst, wie er wirklich war. Nicht König. Nicht Ritter. Nicht einmal Mensch.



Aber in diesem Anblick lag auch die Freiheit.



Und so begann die zweite Phase seiner Reise: Nicht als Prinz eines verrotteten Hofes, sondern als der Suchende, der die Wahrheit gekostet hatte – und überlebte.
 
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Das Fest

Prinz Elizar kehrte mit seinen Männern in das Königreich zurück, ihre Banner hoch erhoben, die Farben leuchtend im goldenen Licht der untergehenden Sonne. Die Straßen der Hauptstadt waren gesäumt von jubelnden Bürgern, die Blumen und Konfetti auf den siegreichen Prinzen und seine Armee warfen. Die schweren Tore der Burg öffneten sich weit, als Elizar auf seinem Greifen durch die Tore schritt. Sein Herz hätte vor Stolz brennen sollen - und doch lastete eine unerklärliche Schwere auf ihm.

Sein Vater, König Elior, erwartete ihn im Thronsaal. Der alte König erhob sich, als Elizar näher trat, und breitete die Arme aus. „Mein Sohn, mein Erbe! Du hast das Königreich vor der Dunkelheit bewahrt! Heute ist ein Tag des Triumphes!"



Elizar kniete vor seinem Vater nieder.

„Die Ehre gehört meinen Männern und Euch, Vater. Eure Weisheit hat uns geleitet."

Doch selbst während er die Worte sprach, konnte er die Unruhe in seinem Inneren nicht verdrängen. Die Halluzination, die grotesken Bilder seiner eigenen Fratze, verfolgten ihn.

Er fühlte sich wie ein Schauspieler in einem Stück, dessen Text ihm fremd geworden war.



Am Abend fand ein großes Bankett zu Ehren des Prinzen statt. Der prächtige Saal erstrahlte im Licht hunderter Kerzen, ihre Flammen tanzten an den Wänden, die mit den Bannern des Königreichs geschmückt waren.

Elizar saß neben seinem Vater auf einem erhöhten Podest, den Saal überblickend. Die Tische waren überladen mit köstlichen Speisen: gebratene Fasanen, glasiertes Wild, duftendes Brot und schimmernder Wein. Die Hofmusiker spielten heitere Melodien, und das Gelächter der edlen Gäste erfüllte den Raum.



Elizar bemühte sich, die Fröhlichkeit zu teilen, doch ein Gefühl der Fremdheit durchzog ihn. Er fühlte sich isoliert, als gehöre er nicht zu dieser Welt. Als sein Vater ihn mit einem Pokal zuprostete, zwang er ein Lächeln auf sein Gesicht und nahm einen Schluck des Weins. Der süße Geschmack auf seiner Zunge wurde jedoch von einem bitteren Nachgeschmack überschattet, den er sich nicht erklären konnte.

Mitten im Bankett überkam ihn plötzlich eine Welle von Schwindel.

Er blinzelte, das Licht der Kerzen schien flackernd zu pulsieren, und die Stimmen der Anwesenden verzerrten sich zu einem unheimlichen Raunen.

Sein Blick glitt über die Tische, und was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.



Die prächtigen Speisen waren verschwunden, ersetzt durch blutige Überreste. Zerfetzte Gliedmaßen lagen zwischen Scherben von zerbrochenem Geschirr, die einst schimmernden Pokale waren gefüllt mit einer dunklen, dickflüssigen Substanz, die er instinktiv als Blut erkannte. Die Gäste, die zuvor in festlicher Laune gewesen waren, hatten sich verändert. Ihre Gesichter waren verzerrt, die Haut bleich, die Augen glühten in einem unnatürlichen Rot. Einige knurrten, während sie sich gierig über das abscheuliche Mahl hermachten.



Elizar wandte den Blick seinem Vater zu, der nun ebenfalls grotesk verändert war. König Eliors Gesicht war eine Fratze aus bleicher Haut und scharfen Zähnen. Seine Augen bohrten sich in die von Elizar, und sein Mund verzog sich zu einem blutigen Grinsen. „Mein Sohn", sagte die Kreatur mit einer Stimme, die gleichzeitig die seines Vaters war und doch etwas völlig Fremdes. „Du hast bewiesen, dass du einer von uns bist."

„Nein." flüsterte Elizar, seine Stimme zitterte. Er wollte zurückweichen, doch seine Beine fühlten sich wie gelähmt an. Die Halluzination verschlang den Raum, die grotesken Bilder drängten sich in seinen Verstand. Jeder im Saal schien nun eine abscheuliche Kreatur zu sein, die Elizar mit hungrigen Blicken fixierte.



„Das ist dein Erbe, Elizar", fuhr die Kreatur fort, die einst sein Vater gewesen war. „Du bist unser Blut, unser Fleisch. Dein Sieg war nicht der einer edlen Seele, sondern der eines Raubtiers. Du bist geboren, um zu herrschen, um zu nehmen, um zu zerstören."

Elizar schrie auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. Der Schrei riss ihn aus der Vision, und die grotesken Bilder verblassten. Er saß wieder im Saal, die Kerzen brannten ruhig, die Musik erklang wie zuvor, und die Gäste lachten und prosteten einander zu. Doch die Furcht hielt ihn noch fest im Griff. Sein Atem ging schwer, und Schweiß perlte ihm von der Stirn.

„Prinz Elizar? Geht es Euch gut?" fragte eine besorgte Stimme. Es war sein Hauptmann, der ihm gegenüber saß.



Elizar nickte schwach und erhob sich abrupt. „Verzeiht mir, ich... ich brauche frische Luft" Ohne eine weitere Erklärung verließ er den Saal, die Stimmen der Festlichkeit hinter sich lassend.

Im Schatten des stillen Burghofs hielt er inne. Der kalte Nachtwind wehte über sein Gesicht, doch er konnte das Gefühl der Dunkelheit in seinem Inneren nicht abschütteln. „Bin ich das Monster?" flüsterte er in die Dunkelheit, seine Hände zu Fäusten geballt. Die Antwort blieb aus, doch in seinem Herzen wusste er, dass er der Wahrheit nicht mehr lange würde entkommen können.

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Klarer Wein

Prinz Elizar verbrachte die Nacht schlaflos. Die Visionen ließen ihn nicht los, und seine Gedanken kreisten unaufhörlich um die Dunkelheit, die er in sich zu spüren glaubte. Als die ersten Strahlen der Morgensonne über die Zinnen der Burg krochen, fasste er einen Entschluss: Er musste mit seinem Vater sprechen. König Elior war nicht nur sein Herrscher, sondern auch der weiseste Mann, den er kannte. Wenn jemand ihm helfen konnte, dann er.



Noch bevor das Schloss erwachte, suchte Elizar den Thronsaal auf. Dort fand er seinen Vater, der in aller Frühe mit seinen Beratern die Reparatur der Grenzbefestigungen besprach. Als Elizar eintrat, unterbrach Elior das Gespräch und entließ die Männer mit einer Geste. Der König sah seinen Sohn mit ernster Miene an, doch seine Augen spiegelten Sorge wider.



„Elizar, mein Sohn“, sagte Elior, während er auf ihn zuging. „Du siehst aus, als hättest du die ganze Nacht gegen Dämonen gekämpft. Was bedrückt dich?“



Elizar zögerte einen Moment, suchte nach den richtigen Worten, doch schließlich entschied er, nichts zu beschönigen. „Vater, ich muss mit Euch sprechen. Allein.“



Elior nickte und führte ihn in eine kleine, mit schweren Teppichen ausgeschmückte Kammer neben dem Thronsaal. Dort setzte er sich auf einen der Sessel und deutete auf den anderen. „Setz dich, mein Sohn. Sprich frei.“



Elizar ließ sich nieder, seine Hände umklammerten die Lehnen des Stuhls, während er seinen Blick auf den Boden senkte. „Seit der Schlacht in Shyish, seit ich diesen Schlag gegen den Kopf erhielt…“ Er schluckte schwer, bevor er fortfuhr. „…sehe ich Dinge, Vater. Dinge, die nicht wirklich sein können. Zuerst waren es kurze Bilder, flüchtige Visionen, doch mit jeder Nacht werden sie deutlicher, realer. Ich sehe mich selbst… als etwas Abscheuliches. Eine Kreatur, ein Monster, das Menschen verschlingt. Und gestern Abend… im Bankett… sah ich Euch und die Gäste ebenfalls als solche Wesen. Es war, als würde ich wahnsinnig.“



Er hob seinen Blick und suchte die Augen seines Vaters. „Was, wenn diese Visionen keine Täuschungen sind? Was, wenn sie… eine Wahrheit über mich offenbaren?“



Elior lehnte sich zurück und schloss kurz die Augen. Sein Gesicht wirkte von einer plötzlichen Schwere gezeichnet, und eine lange Stille breitete sich aus, bevor er sprach. „Elizar, ich verstehe, was du durchmachst. Mehr, als du vielleicht ahnst.“



Elizar runzelte die Stirn. „Ihr versteht? Habt Ihr… so etwas schon einmal erlebt?“



Der König nickte langsam. „Ja, mein Sohn. Als ich in deinem Alter war, trug ich selbst die Last solcher Visionen. Es war nach meiner ersten großen Schlacht gegen die Horden des Chaos. Die Schrecken, die ich sah, verfolgten mich in meine Träume. Doch das Schlimmste waren nicht die Albträume – es waren die Momente, in denen ich nicht wusste, ob die Dunkelheit, die ich sah, real war oder nur in meinem Kopf existierte.“



Elior beugte sich vor und legte eine Hand auf die Schulter seines Sohnes. „Ich habe gelernt, dass solche Visionen oft die Folge von Erschöpfung, Verletzungen oder den Schrecken des Krieges sind. Aber sie können auch mehr sein. Eine Prüfung, mein Sohn. Die Dunkelheit versucht, deinen Geist zu schwächen, Zweifel in dir zu säen. Doch du musst stark bleiben.“



„Wie?“ fragte Elizar, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Wie habt Ihr diese Dunkelheit besiegt?“



„Durch Glauben“, antwortete Elior. „Ich habe mich an Sigmar gewandt. In meiner tiefsten Verzweiflung habe ich zu ihm gebetet, um Führung gebeten, um Schutz vor der Dunkelheit in mir und um mich herum. Sigmar ist unser Schild gegen das Chaos. Und er hört uns, Elizar, wenn wir ihn rufen.“



Elizar senkte den Kopf, seine Gedanken rasten. „Und das hat Euch geholfen? Die Visionen sind verschwunden?“



„Nicht sofort“, gestand Elior. „Es ist ein Kampf, der Zeit braucht. Ein Kampf gegen die eigene Furcht und die Zweifel, die die Dunkelheit nährt. Aber mit jedem Gebet, mit jedem Moment des Glaubens wurde die Last leichter. Sigmar zeigte mir, dass die Dunkelheit in uns nicht über uns herrschen kann, wenn wir sie nicht lassen. Sie mag da sein, Elizar, aber sie definiert uns nicht.“



Elizar atmete tief durch und ließ die Worte seines Vaters auf sich wirken. „Ihr glaubt also, dass diese Visionen nicht… wahr sind? Dass ich kein Monster bin?“



Elior drückte seine Schulter und sah ihm fest in die Augen. „Ich weiß, dass du kein Monster bist. Du bist mein Sohn. Und du bist stärker, als du glaubst. Du bist das Licht, das das Königreich braucht – nicht seine Dunkelheit.“



Ein leiser Hoffnungsschimmer erhellte Elizars Geist. „Ich… werde versuchen, zu Sigmar zu beten. So wie Ihr es getan habt.“



„Das ist der erste Schritt“, sagte Elior und lächelte. „Und vergiss nicht, Elizar, dass du diesen Weg nicht allein gehen musst. Ich bin hier, um dir zu helfen.“



Elizar erhob sich, ein Funke neuer Entschlossenheit in seinen Augen. „Danke, Vater. Ich werde kämpfen – gegen die Dunkelheit in mir, gegen alles, was unser Königreich bedroht.“



Elior nickte stolz. „Das ist mein Sohn.“



Plötzlich eilte eine Wache zu den beiden. „Mein König, Sie sind da! Die Gesandten, Sie sind soeben eingetroffen.“

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Du meinst ich soll die Fanworld als Medium zur weitreichenden Verbreitung meines Wahns nutzen? ? klingt super! ?

Freut mich wenns Dir gefällt.

Momentan gibt’s halt leider nicht wirklich viel von den Minis zu sehen, da ich erstmal allem Grundfarbe geben muss und bei 60 Figuren dauert das ne Weile. Aber ich bin bald damit durch, dann gibt’s auch mal wieder Fotos.
 
Freund oder Feind

Die schweren Türen des Thronsaals schwangen auf, und eine Gruppe von Kriegern trat ein. Elizar, der neben seinem Vater stand, hielt den Atem an. Die Männer – und eine Frau in ihren Reihen – trugen glänzende, mit kunstvollen Gravuren verzierte Rüstungen. Jeder von ihnen war eine lebende Verkörperung von Stärke und Entschlossenheit. Ihre Gesichter waren von Narben gezeichnet, ihre Haltung war gerade und stolz. Sie bewegten sich mit einer präzisen Disziplin, die Elizar sofort beeindruckte.



An ihrer Spitze ging ein Mann, dessen Erscheinung den Blick sofort auf sich zog. Er trug keine Helmzier, doch seine Präsenz war überwältigend. Seine Rüstung war dunkler als die der anderen, mit goldenen Verzierungen, die wie Flammen wirkten. Er hatte kurz geschnittenes, graues Haar und stechende grüne Augen, die jeden im Raum zu durchdringen schienen. Elizar spürte eine Autorität in diesem Mann, die nicht durch Worte, sondern durch bloße Ausstrahlung vermittelt wurde. Als die Gruppe vor dem Thron kniete, erhob der Mann sich als Erster und sprach.



„Euer Majestät, König Elior“, sagte er mit tiefer Stimme, die im Thronsaal widerhallte. „Ich bin Wisal, Gesandter von Lord Therion, dem Verteidiger der Reinheit und dem Streiter gegen die Dunkelheit. Wir sind hier, um eine Allianz zu suchen.“



Elior erhob sich von seinem Thron und musterte Wisal mit scharfen Augen. „Gesandter Wisal, Eure Ankunft ist willkommen. Doch erklärt mir, was für eine Allianz Ihr sucht – und zu welchem Zweck?“



Wisal nickte und trat einen Schritt vor. „Mein Herr hat von Euren glorreichen Taten gegen die Horden in Shyish gehört. Er erkennt in Euch und Eurem Königreich einen würdigen Verbündeten im Kampf gegen die Mächte des Bösen. Doch es gibt noch viel mehr zu tun. Die Grenzlande sind nach wie vor von finsteren Kreaturen bevölkert, und sie bedrohen nicht nur Euer Reich, sondern die gesamte Ordnung dieser Welt.“



Seine Augen wanderten zu Elizar, und ein kaum merkliches Lächeln zuckte über sein Gesicht. „Prinz Elizar hat bewiesen, dass er den Mut und die Stärke besitzt, sich diesen Schrecken entgegenzustellen. Lord Therion sieht in ihm ein leuchtendes Vorbild – einen Krieger, der an unserer Seite stehen könnte, um die Dunkelheit für immer zurückzudrängen.“



Elior hörte ihm aufmerksam zu, doch seine Miene blieb unverändert. „Was genau verlangt Lord Therion von uns?“ fragte er schließlich. „Unsere Armeen sind bereits durch den Kampf erschöpft. Mein Volk hat Opfer gebracht. Warum sollte ich weitere Krieger in einen Feldzug schicken, dessen Erfolg ungewiss ist?“



Wisal trat näher, die Hände erhoben, als wolle er beschwichtigen. „Wir verstehen Eure Sorge, Euer Majestät. Doch dieser Kreuzzug wird von den stärksten Armeen der Ordnung angeführt, vereint unter Lord Therion. Unsere Ressourcen, unsere Strategie – alles wurde darauf ausgelegt, den Feind vollständig zu vernichten. Wir bieten Euch Schutz und eine glorreiche Zukunft. Alles, was wir verlangen, ist Eure Unterstützung: Männer, Vorräte und den Beistand des tapferen Prinzen.“



Elior lehnte sich zurück und ließ sich Zeit, bevor er antwortete. „Das klingt wie ein großzügiges Angebot, doch ich vertraue nicht auf Worte allein. Solche Unternehmungen haben oft verborgene Kosten. Und Ihr sprecht von einer ‚glorreichen Zukunft‘ – doch wer wird diese Zukunft kontrollieren? Wer regiert die gesäuberten Länder?“



Ein leichtes Zucken ging durch Wisals Gesicht, doch er fing sich schnell. „Die gesäuberten Länder werden dem gehören, der sie zu verteidigen bereit ist, Euer Majestät. Es geht nicht um Herrschaft, sondern um Schutz.“



Elior nickte langsam, sagte jedoch nichts weiter. Wisal schien zu verstehen, dass das Gespräch vorerst beendet war. Er verneigte sich. „Nehmt Euch die Zeit, die Ihr benötigt, um zu entscheiden. Wir werden morgen früh aufbrechen. Doch denkt daran: Die Dunkelheit wartet nicht.“



Elior erhob sich und bedeutete Wisal und seine Krieger, den Saal zu verlassen. Als die Türen sich hinter ihnen schlossen, drehte er sich zu Elizar.



„Was hältst du von ihnen, mein Sohn?“ fragte er leise.



Elizar überlegte, bevor er antwortete. „Sie sind beeindruckend. Diszipliniert, stark und zielgerichtet. Doch… etwas an Wisal lässt mich zögern. Er scheint… zu perfekt.“



Elior nickte, als hätte er genau diese Antwort erwartet. „Deine Intuition täuscht dich nicht. Sie mögen ehrenhaft wirken, doch die Motive hinter einem Kreuzzug wie diesem sind selten rein. Ich traue ihnen nicht. Und ich werde nicht blindlings Männer und Ressourcen opfern, ohne ihre wahren Absichten zu kennen.“



Elizar runzelte die Stirn. „Was schlagt Ihr vor, Vater?“



Der König legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Morgen, wenn sie abreisen, wirst du sie beschatten. Finde heraus, wohin sie gehen, mit wem sie sprechen. Sieh genau hin, ob sie wirklich das sind, was sie vorgeben zu sein.“



Elizar zögerte einen Moment, dann nickte er. „Es soll geschehen, wie Ihr sagt.“



Am nächsten Morgen stand Elizar in einer schmalen Gasse nahe dem Tor der Burg. Die Gesandten hatten sich früh auf den Weg gemacht, ihre Pferde voll beladen mit Vorräten. Elizar war ihnen dicht gefolgt, sein Gesicht in einem Umhang verborgen, den sein Vater ihm gegeben hatte. Sein Greif war zurückgelassen worden, um nicht aufzufallen.



Die Reise führte die Gesandten aus der Hauptstadt hinaus und in die waldigen Hügel nahe der Grenze. Stunden vergingen, und Elizar hielt sich stets in sicherer Entfernung, seine Sinne wachsam. Schließlich erreichten sie eine Lichtung, wo die Gruppe anhielt. Elizar schob sich vorsichtig näher, verborgen im Dickicht.



Wisal sprach mit einer weiteren Gestalt, die aus dem Schatten trat. Es war ein Mann in einer schwarzen Robe, sein Gesicht unter einer Kapuze verborgen. Elizar konnte die Worte nicht verstehen, doch das Gespräch wirkte angespannt. Plötzlich streckte der Fremde eine Hand aus, und Wisal zögerte, bevor er etwas aus seinem Gürtel zog und es übergab – ein kleines, schwarzes Gefäß, das schwach glühte.



Elizar fühlte, wie sich seine Muskeln anspannten. Was immer hier vor sich ging, es war kein einfacher Kreuzzug, kein reines Bündnis. Die Gesandten hatten ihre eigenen, finsteren Pläne.

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Eine Allianz gegen das Böse

Elizars Herzschlag beschleunigte sich. Was war das für ein Gefäß? Welche Rolle spielte der Fremde? Ehe er weiter nachdenken konnte, knackte ein Zweig unter seinen Füßen. Einer von Wisals Männern drehte sich blitzschnell um und entdeckte ihn.



„Da ist jemand!“ rief der Krieger, und innerhalb eines Augenblicks waren fünf Männer auf den Beinen. Sie stürmten auf Elizar zu, ihre Schwerter gezogen, ihre Bewegungen tödlich präzise. Der Prinz hatte keine Wahl. Mit gezogenem Schwert trat er ihnen entgegen.



Der erste Gegner schlug zu, doch Elizar wich mit einer geschmeidigen Drehung aus und konterte mit einem schnellen Stoß, der die Rüstung des Kriegers durchbrach. Ein weiterer Gegner warf sich auf ihn, doch Elizar parierte den Angriff und streckte ihn mit einem geschickten Hieb nieder. Trotz seines Mutes und seiner Fähigkeiten waren die Krieger jedoch zu stark und zu zahlreich. Die verbleibenden drei Männer umzingelten ihn, ihre Angriffe wie ein choreografiertes Netz aus Stahl. Elizar kämpfte verbissen, doch schließlich wurde er entwaffnet und zu Boden gedrückt.



„Bringt ihn zu Wisal,“ befahl einer der Krieger, und Elizar wurde auf die Lichtung geschleppt, sein Kopf erhoben, um Wisal ins Gesicht zu sehen.



Wisal stand ruhig da, seine grünen Augen durchdringend, flankiert von drei gewaltigen Kriegern, die mannshohe Schilde trugen. Als Elizar vor ihm niedergeworfen wurde, bedeutete Wisal seinen Männern mit einer knappen Geste, sie sollten gehen. Die Hünen zögerten, folgten dann jedoch seinem Befehl und ließen Wisal und Elizar allein.



„Prinz Elizar,“ sagte Wisal, seine Stimme sanft, aber eindringlich. „Ihr habt Mut, das muss ich Euch lassen. Aber warum folgt Ihr uns?“



„Ich wollte Antworten,“ entgegnete Elizar kalt. „Wer war der Mann in der Robe? Was habt Ihr ihm gegeben?“



Wisal lächelte nachsichtig, als wäre die Frage eines Kindes an ihn herangetragen worden. „Das war einer unserer Verbündeten, ein Gesandter aus dem Osten. Das Gefäß, das Ihr gesehen habt, enthält Essenz von Celestium, einem göttlichen Material, das wir nutzen, um die Dunkelheit zu bannen. Es ist ein Mittel, kein Geheimnis, Prinz. Unsere Feinde würden alles tun, um es in die Hände zu bekommen, und deshalb waren wir vorsichtig.“



Elizar runzelte die Stirn. Die Erklärung klang logisch, und doch fühlte er sich unwohl. „Warum habt Ihr es ihm gegeben?“



„Er bringt es an einen Ort, wo es gebraucht wird. Die Grenze ist riesig, und unsere Verbündeten sind weit verstreut. Nur in Zusammenarbeit können wir gewinnen.“



Der Prinz schwieg, prüfte die Worte, die er gehört hatte. Wisals Tonfall war ruhig und ohne Furcht, seine Haltung offen. Vielleicht hatte Elizar sich getäuscht. Vielleicht war dies doch ein Mann, dem man vertrauen konnte.



„Prinz,“ fuhr Wisal fort, „ich verstehe Eure Vorsicht. Doch Ihr habt die Schrecken der Grenzlande gesehen. Ihr wisst, dass unsere Welt in Gefahr ist. Lasst uns diese Welt retten – gemeinsam.“



Elizar seufzte. „Und was verlangt Ihr von mir, wenn ich Euch vertraue?“



Wisal trat einen Schritt näher. „Vertrauen und Entschlossenheit. Sprecht mit Eurem Vater. Überzeugt ihn, dass wir keine Bedrohung sind, sondern die einzige Hoffnung gegen die Dunkelheit.“



Nach kurzem Zögern nickte Elizar. „Gut. Ich werde mit meinem Vater sprechen.“



Wisal lächelte, seine Augen strahlten triumphierend. „Ihr seid ein Mann von Ehre, Prinz Elizar. Gemeinsam werden wir Großes vollbringen.“



Als Elizar in die Burg seines Vaters zurückkehrte, trugen seine Schultern die Schwere einer Entscheidung, die die Zukunft seines Reiches bestimmen würde. Im Thronsaal berichtete er König Elior von allem, was er gesehen und gehört hatte. Er erklärte, wie Wisals Worte ihn überzeugt hatten und wie die Gefahr in den Grenzlanden real und drängend war.



Elior lauschte mit ernster Miene. „Du bist also überzeugt, dass diese Allianz die richtige Wahl ist?“



„Ja, Vater. Sie haben die Mittel und die Entschlossenheit, diese Bedrohung zu besiegen. Und sie brauchen uns.“



Der König erhob sich von seinem Thron und trat an ein Fenster, das die Lichter der Stadt zeigte. Nach einem langen Moment des Schweigens nickte er langsam. „Dann soll es so sein. Wir werden die Allianz eingehen. Aber,“ fügte er hinzu, „wir werden wachsam bleiben. Kein Bündnis ist ohne Risiko.“



Am nächsten Morgen verkündete König Elior die Allianz mit Lord Therions Armee. Elizar fühlte eine Mischung aus Erleichterung und Sorge. Er wusste, dass dies erst der Anfang war. Vor ihm lag ein Krieg, dessen Ausgang die Zukunft aller bestimmen würde – und er war fest entschlossen, an der Seite von Wisal und seinen Kriegern zu kämpfen, koste es, was es wolle.


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