4.) Sie kommen!
17 Tage vorher, 3. Tag der Mission „Linden“
- „Ich war nie ein Freund von großen Strategien. Ich habe immer dass offensichtlich Notwendige getan, und dabei meine Männer immer von vorne angeführt. Ein Kommandant, der nicht das Vertrauen seiner Soldaten hat, ist praktisch ein geschlagener Kommandant. “
Generalfeldmarschall Ullrich von Horn
aus: Überlegungen zur imperialen Garde, Absatz VIII
Scaevola stocherte lustlos in seinem Mittagsessen herum. Es lag nicht am würzigen, warmen Nudelauflauf in der Aluminiumschüssel, den er in seiner rechten Hand hielt. Der Glücksschub den er sich gestern in Form eines Riegels gegönnt hatte, war definitiv verbraucht. Scaevola blickte auf die endlose Kolonne von Fahrzeugen, die sich bis an den Horizont im Norden erstreckte. Den Vormittag hatte er in der taktischen Einsatzbesprechung unter der Leitung von General Montecuccoli verbracht. Eine ermüdende Prozedur, bei der Scaevola sich fast danach sehnte wieder ein einfacher Soldat zu sein. Das Mittagessen war ihm wie die rettende Erlösung erschienen. Zumindest, bis sie kamen.
Hunderte Panzer und Transporter schoben sich unter lautem Röhren auf der Strasse vorwärts und deckten die Umgebung einer Wolke aus Abgasen ein.
Die Spitze der Nordarmee war vor drei Stunden hier eingetroffen, über und über bedeckt mit Dreck und Rauch, als sie durch die von der Flotte bombardierten Gebiete gefahren waren. Sie sahen müde aus, ihre kürzlich gemachten Erlebnisse mochte sich Scaevola nicht einmal vorstellen. Er hatte noch die Erleichterung und Freude in den Gesichtern der ersten Fahrzeugbesatzungen in Erinnerung, als sie ihre eigenen Stellungen erreicht hatten. Doch mehr hatte Scaevola die grimmige Entschlossenheit beeindruckt, die alle Überlebenden auszeichnete, während sie unter dem Jubel seiner Männer die Linien passierten. Die Ankunft der ersten Fahrzeuge hatte noch etwas Aufregendes an sich gehabt. Nun, gute drei Stunden später war der Anblick dieses endlos scheinenden, metallenen Lindwurms aus Rädern und Motoren zur Routine geworden. Scaevola blickte auf seinen Chronometer.
Kurz nach Mittag zeigte dieser an.
So weit er es überblicken konnte, lagen sie im Zeitplan. Wenn es zu keinen gröberen Verzögerungen kam, würde die Nachhut am Abend eintreffen. Entgegen seiner bisherigen Meinung konnte Scaevola nicht anders, als die hier gezeigte Leistung des Taktikstabes zu bewundern. Nach allem was er gehört hatte, war das Bombardement der imperialen Flotte vor zwei Tagen präzise auf die vorhergesagten Koordinaten niedergegangen. Gemäß ihren Anweisungen hatten sich die imperialen Einheiten rechtzeitig von der Front abgesetzt, und in Sicherheit gebracht. Dies traf allerdings nicht für das 10. Lorianische Dragonerregiment zu, welches sich zu sehr in den Feind verbissen hatte. Mehr als eintausendvierhundert Dragoner, darunter ihr Kommandant Noches Zachanassian, teilten den Feuertod mit der Orkhorde, die sich vor kurzem noch als die Vernichter der imperialen Garde gewähnt hatte. Das zehnte Loriar existierte damit nicht mehr. Scaevola gedachte der Gefallenen und befahl sie in einem Stillen Gebet der Obhut des Imperators an. Es war der schlimmste Tagesverlust der imperialen Armee seit Beginn dieses Feldzugs. So viele Opfer, doch sie waren es wert gewesen.
Der Ausbruch der verbliebenen Divisionen war dank des Opfers der Dragoner gelungen. Zwei Stunden Beschuss durch die Flotte hatten keinen nennenswerten Widerstand hinterlassen. Die Führungspanzer fanden sich nur mit der Herausforderung konfrontiert, einen fahrbaren Weg durch die geschwärzte Kraterlandschaft und die vereinzelten Feuer, einer Folgeerscheinung der Artillerieexplosionen, zu finden. Möglich war der Ausbruch auch nur dank der unermüdlichen Arbeit des Munitorums, der Logistikabteilung des Imperiums, die dafür gesorgt hatte, dass jedes fahrtüchtige Vehikel zum Abtransport in Gang gesetzt worden war. Es war ein gewaltiger logistischer Aufwand, den das Munitorum. Selbst der Fluss war voll mit Fähren und allen Schiffen, deren man hatte habhaft werden konnte. Bis zum kleinsten Fischkutter war jeder schiffbare Untersatz eingesetzt worden, um eine direkte Übersetzung von möglichst vielen Truppen über den Fluss zu schaffen. Flugfähren waren im Minutentakt gelandet und gestartet. Doch es gab zu viele Truppen und vor allem zu viele Fahrzeuge, als dass sie rechtzeitig evakuiert hätten werden können.
Zwei Tage würde es dauern, so hatte es die taktische Analyse ergeben, dann würde die nächste Orkhorde aus dem Osten anrücken.
Also war die Aufgabe klar.
Alle motorisierten Verbände würden nach Süden ziehen, wo Scaevolas Regiment die Brücke erobern und halten würde.
„Wir müssen unter allen Umständen diese Brücke erobern!“, hatte ihm Montecuccoli bei der Einsatzbesprechung vor Beginn der Mission eingeschärft. „Sie müssen die Ostseite nehmen, Scaevola, und sie bis zur Ankunft der Armee halten. Ich leugne nicht, dass dies eine verzweifelte Operation ist. Die Einnahme der Brücke muss gelingen, unser Regiment ist das letzte Aufgebot, dass Marschall Fey in die Schlacht werden kann.“
Das letzte Aufgebot, dachte Scaevola bitter, während die Kernbotschaft des Generals immer wieder in seinem Gedächtnis Geist abgespielt wurde.
Halten und erobern!
Zwei Tätigkeiten, die so einfach erschienen, und doch so schwierig waren, angesichts der Umstände. Über seinem Kopf brausten zwei Jagdbomber mit einem Knallen hinweg, als sie ihre Nachbrenner zündeten und sich auf ihren Patrouillenflug entlang der Kolonne machten. Das Geräusch war so markant, dass es sogar das dominierende Brummen der Kolonne übertönte.
Die scheinen ihre Sache gut zu machen, dachte Scaevola, als er ihnen nachblickte. Die imperiale Flotte hatte zurzeit die absolute Lufthoheit inne. Zu jedem Zeitpunkt waren hunderte Flieger auf Patrouillendienst, um die sich zurückziehende Armee abzudecken.
Zumindest hatte es im Kom- Verkehr keine Meldung über sich nähernde Orks gegeben. Auch beim Plaudern mit einigen Besatzungen der vorbeifahrenden Fahrzeuge hatte er nur erfahren, dass diese keine Begegnung mit dem Feind gehabt hatten. Aber angesichts der endlosen Reihe auf der Straße ahnte Scaevola, das es doch verdammt knapp werden würde. Die Ketten und Räder verwandelten die Straße langsam aber sicher in einen schlammigen Brei. Man musste kein Genie sein, um zu erahnen, dass die Verhältnisse für die hinteren Einheiten immer schwerer wurden, und das hatte wiederum Auswirkungen auf das Tempo. Scaevola kannte aus eigener Erfahrung den Unterschied zwischen Plan und Realität. Auf dem Papier waren es Zahlen, aber keine noch so komplexe Berechnung, konnte all die möglichen Unwägbarkeiten Miteinbeziehen. In seinen Augen war die das Hauptproblem der hohen Kommandanten und ihre Anhängsel, dem Taktik Stab. Sie absolvierten ihre hohen Militärakademien und analysierten die Berichte längst vergangener Schlachten. Doch die wenigsten von ihnen hatten sie mal aus dem Blickwinkel des einfachen Infanteristen betrachtet. Für sie war es nur eine Frage der Manöver, der Zeit für Anmarschwege und dem Verhältnis zum Gegner. Keiner von ihnen beachtete den psychischen Moral der Männer, ihren Grad Erschöpfung oder ähnliche Faktoren, die für den einfachen Gardisten wichtiger waren, als die taktischen Schachzüge des Generalstabes.
Für die Moral in der imperialen Garde hatte man ein einfaches Rezept. Kommissare, der politische Arm des Heeres, waren nur allzu schnell mit ihrer Waffe bei der Hand. Stockhiebe, Auspeitschungen und Straflager, ja sogar Erschießungen waren als Bestrafung für Vergehen in der imperialen Armee dementsprechend an der Tagesordnung. Manchmal schien es Scaevola, dass das Kommissariat bestrebt war, mehr Furcht vor sich und den eigenen Strafen zu erzeugen, als die Xenos selbst auslösten.
Scaevola selbst hielt nicht viel von dem Prinzip, durch überbordende Disziplinierung die Männer bei der Stange zu halten. Die überharte Hand mancher imperialer Organisationen, ihre fehlende Milde war seiner Ansicht nach kontraproduktiv. Zumindest aus seiner eigenen Erfahrung wusste er, dass harte Bestrafung nicht Verständnis nach sich zog. Schließlich war er es in seinem Fall auch nicht gelungen. Scaevola war nicht freiwillig hier, er konnte sich hunderte bessere Orte vorstellen, als in der imperialen Armee zu dienen.
Doch die harten Strafen verfehlten ihre Wirkung oft genug. Korruption, Mord und Vergewaltigungen waren fast allgegenwärtig. Auch Desertion kam trotz der darauf gesetzten Erschießung oft genug vor. Im Gegensatz zu den anderen Verbrechen, hatte Scaevola bei dem letztgenannten Begriff Einsicht. Der Krieg im Universum war grausam und in einer Intensität, die man sich selbst in seinen schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen konnte. Unbarmherzige Feinde bedrohten die Menschheit von allen Seiten. Planeten, die über Jahrhunderte in tiefstem Frieden ruhten, konnte im nächsten Augenblick in ein brennendes Schlachthaus verwandelt werden. Die interstellaren Routen waren voll mit Flüchtlingskonvois die versuchtem dem Grauen zu entfliehen, welches sie aus ihrem gewohnten Leben gerissen hatte.
Ist doch Wahnsinn!, schoss es ihm in den Kopf.
Dort wo jeder normale Mensch die Flucht ergreift, werden wir hingebracht!
Ein brennender Planet bot vielleicht noch aus dem Orbit einen schaurig-schönen Anblick. Am Boden war es damit jedoch vorbei. Die Realität der Trümmer, der brennenden Rauchsäule, die ramponierten Gebäude, in denen Menschen gelebt, gelacht, geweint und geliebt hatten. Er konnte verstehen, dass allein dieser Aspekt Soldaten zu Herzen gehen konnte.
Und dann war da noch der Krieg, die unmittelbare Schlacht, selbst. Die Galaxie war voll mit Feinden, deren Anblick einem den Mut sinken ließ. Doch der größte Feind war der Krieg selbst. Eine emotionslose Bestie, die kein Erbarmen kannte. Am Schlimmsten daran war die ständige Unsicherheit. Während eines Feldzuges musste man immer damit rechnen, beschossen zu werden. Eine Granata interessierte es nicht, ob sie einen zerfetzte, und nur den Arm, damit man in dem Explosionstrichter langsam und qualvoll krepierte.
Es gab nur wenige Orte während eines Feldzugs, die wirklich als sichere Zonen galten, und selbst dort konnte es einen treffen. Für Scaevola war dies der Hauptgrund warum Männer einfach zusammenbrachen. Was sie bräuchten wäre seelsorgerische Hilfe, stattdessen wartete meist ein Straflager, schlimmstenfalls die Erschießung durch das Kommissariat.
Scaevola wollte seinen Männern solch ein Schicksal ersparen.
Deshalb hatte er mit ihnen vor drei Tagen das Frühstück auf der Wiese vor dem Lager eingenommen. Es war eine Ruhepause, eine Flucht in eine Idylle, fern ab von den tobenden Schlachtfeldern. Solch ein kurzer Moment konnte schon ausreichen, um die erschöpften mentalen Reserven wieder aufzufüllen.
Doch wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er es für sich gemacht hatte. Er hatte diese Pause, diese Flucht aus dem Krieg, gebraucht. Doch alles war anders gekommen, und nun war er hier, und beobachtete eine endlose Schlange an Fahrzeugen. Der Krieg hatte ihn wieder einmal eingeholt.
Die Stunden vergingen nur mühsam. Belisar hatte ihn gerade erst am Kommandoposten abgelöst. Die Stimmung zwischen ihnen beiden war immer noch am Boden, die Anspannung war praktisch sichtbar gewesen. Scaevola schlenderte zu der hinten gelegenen Essensausgabe, um sich seine Mahlzeit zu holen. Seinen Helm mit dem eingebauten Kom- Hörer hatte er zur Erleichterung abgenommen und ließ ihn in seiner rechten Hand baumeln. Er stöhnte ein wenig, als er die Schlange vor der Ausgabe sah. Zum Glück waren es weniger als ein Dutzend, damit dauerte das Warten nicht so lange wie befürchtet. Der größte Teil der Soldaten hatte sich bereits ihre Näpfe mit der heißen Suppe geholt, dazu ein paar Scheiben Brot. Scaevola reihte sich ein, und hoffte, dass er nicht allzu lange warten musste. Er hatte sein Essen gerade von einem Angehörigen des Munitorums bekommen, als er die unverwechselbare Stimme von Major Klever hörte. Sein Tenor schallte über den ganzen Platz.
„Setzen sie sich zu uns, Leutnant.“ Scaevola folgte der Aufforderung, und fand Klever zusammen mit einigen Offizieren, die dabei waren, ihre Suppe in den Magen zu befördern. Klever sagte etwas für Scaevola nicht Hörbares zu der Gruppe, auf das schallendes Gelächter folgte. Das Gelächter war gerade am abklingen, als Scaevola sie erreichte. Sofort erkannte er die dort Befindlichen. Es waren die anderen Kompaniekommandanten des Bataillons. Genau wie er, hatten sie die letzte Schicht zur Essensausgabe genommen, damit ihre Männer zuerst ihren Hunger stillen konnten.
Die Pflicht eines Offiziers, dachte Scaevola im Stillen, als er sich einen Platz im Kreis suchte. Die Offiziere rückten ein wenig zur Seite, und Scaevola bekam einen Ehrenplatz neben dem Major.
„Mahlzeit Leutnant!“, sagte Hauptmann Tertius Sivering, Kommandant der ersten Kompanie mit einem freundlichen Nicken.
„Ja, Mahlzeit!“, fiel Major Klever ein. Dann legte er Scaevola seinen Arm kumpelhaft um die Schulter und neigte seinen Kopf in einer gespielt verschwörerischen Geste nach vorne.
„Auch wenn es nur eine dünne Suppe ist. Ich habe gehört, dass eigentlich ein ausgefeilteres Menü geplant war. Aber die Vollkoffer in der Verwaltung haben nicht einberechnet, dass wir hier ein Rendezvous mit mehreren tausend ausgehungerten Soldaten haben. Also hat sich unser Boss in einer edlen Geste dazu bewogen, unser Menü, welches sicher Drei-Sterne hatte, gegen das hier zu tauschen. Angeblich besteht es aus erhitztem Flusswasser mit ein paar Karotten von der vor-vorletzten Ernte.“
Das Zwinkern und der Ton in Klevers Stimme verriet Scaevola, wie groß der Wahrheitsgehalt in dieser Bemerkung war. Die Mehrheit der anwesenden Offiziere teilte offensichtlich Scaevolas Einschätzung und lächelte milde. Klever war ein loyaler Offizier und Diener des Imperiums. Im Gegensatz zu Scaevola war er freiwillig zur imperialen Armee gegangen und hatte sich dort hochgedient. Vom einfachen Sergeanten zum Offizier, der Stoff aus dem die Märchen des einfachen Soldaten waren. Auf jeden Fall war er ein verlässlicher Kommandant, der alle Befehle ihres Befehlshabers Montecuccoli ausführte. Seine Haltung zum Munitorum war da schon weitaus komplizierter, eine Einstellung die auch Scaevola nach jahrelanger, durchaus leidvoller Erfahrung teilte. Es mochte durchaus stimmen, dass den Sesselklebern des Munitorums ein Fehler bei der Bereitstellung des Essens unterlaufen war.
Major Klever hingegen war schon zu einem neuen Thema übergegangen.
„Gut dass sie hier sind Scaevola, wir hatten nämlich vorher eine Meinungsverschiedenheit bezüglich der besten Bar in Quellstadt. Haben sie nicht dort studiert? Mein Favorit ist auf jeden Fall das
Alexis im Südbezirk. Während Hauptmann Sivering hier mehr das
Vier Jahreszeiten in der Innenstadt bevorzugt. Jetzt lasst mich mal erklären Jungs, warum ich seinen Vorschlag für den Falschen halte. Vor Jahren war ich mal im
Alexis, und …“
Scaevola hörte der Episode aus Klevers Nachtleben nur mehr mit halber Aufmerksamkeit zu. Der Major hatte es immerhin geschafft, durch seine ersten Bemerkungen zwei Wunden in Scaevola aufzuwecken. Da war seine Verwendung des Wortes „Meinungsverschiedenheit“. Sie erinnerte ihn an seine gestrige Auseinandersetzung mit Vizeleutnant Belisar, die immer schwelte. Das Erwachen der anderen überraschte ihn, er hatte lange nicht mehr daran gedacht. Aber der Stich im Herzen zeigte auf, dass dieser lange Jahre zurückliegende Konflikt keineswegs vergessen war. Aber alte Wunden, noch dazu so tiefe, verheilten nie vollständig, sie schliefen nur.
Konzentriere dich auf das Hier und Jetzt!
Die Stimme von Klever drang wieder an sein Ohr.
„… und da stellte sich heraus, dass die wunderschöne Brünette in Wirklichkeit ein Mann war!“ Brüllendes Gelächter folgte der Geschichte des Majors. Scaevola zwang sich ein gequältes Lächeln ab, zum Glück registrierte es niemand. Dafür bemerkte er etwas anderes.
Es war Bewegung in die Soldaten gekommen. Die meisten beschleunigten ihre Schritte, bis sie schließlich rannten. Ein Mann, den er als Angehöriger von Klevers Stab identifizierte, strebte mit sichtlichem Tempo ihrer Gruppe zu. Nur zur Überprüfung nahm Scaevola seinen Helm auf. Des eingebaute Komm- Gerät explodierte förmlich.
„… liegen unter Beschuss ….haben Feindkontakte, ben.. Verstärk…“ „
Hier Rot Zwei, achten sie auf ihren Rücken, einer ist hinter ihnen, drehen sie ab, drehen sie ab!“
„Ich hab einen! Es sind so viele, beim Thron, es sind so viele!“
Scaevola drehte die Lautstärke herunter. Er wollte gerade den Major darauf aufmerksam machen, als ein Objekt mit einem ohrenbetäubenden Krachen über sie hinweg raste. Instinktiv zogen alle die Köpfe ein. Scaevola sah fassungslos zu, wie die Essensausgabe sich in einem Feuerball in ihre Bestandteile auflöste. Ein Teil rotierte durch die Luft und traf den Boten, der mit einem nicht hörbaren Schrei zu Boden ging, und sich nicht mehr erhob. Major Klever brüllte noch Befehle, doch die Offiziere waren bereits auf dem
Weg zu ihren Männern.
So viel zum Abendessen, dachte Scaevola, als er zu den Stellungen lief, während Flugzeuge im Zweikampf über den Himmel tanzten und die Luftabwehrgeschütze damit begannen, ihre tödlichen Geschosse in die Luft abzufeuern. Die Ruhe war mit einem Schlag verschwunden. Es roch nach beißendem Rauch, untermischt mit dem Gestank von verbranntem Metall und Schlimmeren. Hunderte Waffen hämmerten und beständig anwachsenden Lärm Munition in den dunklen Abendhimmel, der vom Feuerschein der Brände blutrot erleuchtet wurde. Seine Vergangenheit musste ruhen, jetzt hatte Scaevola dringendere Probleme. Vor allem war er damit beschäftigt, in diesem Feuersturm am Leben zu bleiben.
Beißender Rauch drang in Scaevolas Nase ein, sodass sein Augen tränten. Mühsam öffnete er sie und sah durch einen Schleier aus durchsichtiger Flüssigkeit. Rauch stieg aus mehreren Stellen auf, einige kleine Feuer wurden gerade von herbeieilendem Personal unter Kontrolle gebracht. Mehrere Leichen lagen herum. Scaevola zwang sich den Blick von den verbrannten Körpern abzuwenden. Die Aussicht nach Norden war erschreckend, vor ihm offenbarte sich die Hölle. Wo man auch hinsah, überall gab es brennende Wracks. Ungezählte Rauchsäulen stiegen von jenen Stellen auf, wo vor kurzem noch funktionierende Fahrzeuge gewesen waren. Aus einigen Luken hingen die verkohlten Überreste der Besatzungen, die verzweifelt versucht hatten, dem versengenden Inferno eines brennenden Panzers oder Transporters zu entfliehen. Mit Sirenengeheul rauschten die Raumfahrzeuge des Munitorums an ihnen vorbei, um zu retten, was noch zu retten war.
Sirenen, dachte Scaevola. Es hatte keinerlei Vorwarnung gegeben. Der massierte Angriff der Ork- Flieger hatte sie bei heruntergelassener Hose erwischt.
Macht gefälligst euren Job da oben, Flottenheinis!
„Statusmeldungen“, bellte Scaevola ins Kom, während er gleichzeitig und mühsam ein Husten unterdrückte. Die Meldungen trafen nach und nach ein, während er sich einen Schluck Wassers aus der Feldflasche genehmigte um seine gereizte Kehle zu beruhigen.
Ein dringlicher Funkspruch auf dem Befehlskanal unterbrach jedoch die Litanei seiner Truppführer.
„Hier General Montecuccoli an alle Einheiten. Feindliche Orkhorde gesichtet. Nähert sich unserer Position von Nord-Ost-Ost. Bereit machen zum Gefecht.“
Das hat gerade noch gefehlt, fluchte Scaevola. Vor ihm beeilten sich die Räumtrupps, um die Straße freizukriegen.
Gerade rechtzeitig!
Das letzte Hindernis wurde von der Straße gerammt, und die überlebenden Fahrzeuge strömten zwischen den Linien auf die Brücke zu.
„Waagh- Bikes auf elf Uhr!“
Die Warnung der ersten Verteidigungsstellung ließ Scaevola das Blut in den Adern gefrieren. Es war weniger die gellende Tonlage, mit der sie ausgesprochen wurde, es war vielmehr ihrer Botschaft. Auch die Kolonne hatte wohl eine ähnliche Warnung erhalten. Sie strebten mit sichtlich gesteigertem Tempo und deutlich zunehmender Hektik ihrem Ziel, dem rettenden westlichen Ufer zu. Dadurch erreichten sie jedoch das Gegenteil, die Straße verstopfte sich regelrecht unter dem stetigen Ansturm an Fahrzeugen.
Macht dass ihr hier wegkommt! Wenn ihr drüben seid, können auch wir uns absetzen!
Sein linkes Blickfeld bemerkte trotz der Dunkelheit der einfallenden Nacht, die sich nähernde Staubwolke. Sie war gigantisch, fast so groß wie die Rauchsäule des orbitalen Bombardements des vorherigen Tages. Die schemenhaften Umrisse wurde zunehmend immer deutlicher. Nun konnte er die Bikes mit bloßem Auge identifizieren.
Was für abenteuerliche Vehikel! Ein Wunder, dass diese Dinger nicht auseinander fallen. Gott-Imperator, sind die schnell!
Zu mehr Gedanken hatte Scaevola keine Zeit. Die vordersten Motorräder waren in Schussdistanz und beharkten die Nachzügler der Kolonne. Ein gepanzerter Transporter erzitterte unter den Einschlägen, bis ein Teil seines Gerüsts Feuer fing. Unter dem Kreischen von verbogenem Metall explodierte die Maschine. Die vorderste Linie der Imperialen hatte nun die Feuerfreigabe, und erwiderte das Feuer auf die Orks. Die Luft barst förmlich unter dem Gewitter an Laserstrahlen und Projektilen. Scaevola hörte die vertrauten Geräusche der Schlacht und bereitete sich auf die Auseinandersetzung vor.