Das kavernenartige Gewölbe hallte von den Schreien der Sterbenden, vom Hämmern der Bolter, von den knackenden Entladungen der Lasergewehre, vom vielstimmigen Choral der Sororitas wieder. Mündungsfeuer warf Schlagschatten an die Wände, ließ von Hass und Qual verzerrte Gesichter aus dem Dunkel auftauchen und wieder verschwinden. Der Gestank von Eingeweiden, Schweiß und Pulverdampf lag in der Luft – zusammen mit einer unheiligen, körperlich spürbaren Präsenz, die jedes Haar an Franciscus’ Körper dazu brachte, sich aufzurichten.
Es war ein Gemetzel.
Franciscus hatte in seinem langen Leben genug Säuberungsaktionen geführt, um zu wissen, was geschah, wenn die besten Truppen des Imperiums gegen zusammengewürfelte Haufen von Kultisten geworfen wurden. Er hatte die ruhige, tödliche Effizienz der Grey Knights gesehen, ebenso wie die fast chirurgische Präzision, mit der die Gardisten der Inquisition operierten. Er hatte requirierte Verbände der Imperialen Armee geführt, die mit schweren Waffen, Panzern und Artillerie den Zorn des Imperators über den Feind gebracht hatten.
Die Sororitas stellten alles in den Schatten.
Mit Gebeten auf den Lippen waren sie die Treppen hinabgestürmt, ihre Bolter im Anschlag. So überraschend war ihr Ansturm, von solcher Wucht ihre in übermenschlicher Synchronität abgefeuerten Salven, dass sie das Dutzend Kultisten, die am Fuß des sich windenden Tunnels auf die Angreifer warteten, ohne einen Schuss Gegenwehr überwältigt hatten. Ihre Waffen hielten mit langgezogenen Feuerstößen, die als gleißende Sensen durch die Menge im Gewölbe schnitten, blutige Ernte unter den Ketzern. Sie töteten ohne Unterschied Männer, Frauen und Kinder. Nackte Körper wurden im Feuersturm der detonierenden Bolts zerfetzt. Innerhalb von Sekunden schwamm der felsige Boden in Blut, das sich in dunklen Lachen um die hingeschleuderten Leiber sammelte.
Die Sororitas hatten ein Dutzend Schritte in das Gewölbe zurückgelegt, bevor die Gegenwehr begann. Aus der Menge heraus hatten einzelne Kultisten zu feuern begonnen. Es war eine Wand von Körpern, in der der einzelne kaum zu erkennen war. Haut, Muskeln, Gliedmaßen wogten wie ein vielteiliger Organismus vor und zurück, eng aneinander gedrängt. Viele waren unbewaffnet, manche gefesselt. Einige trugen Masken oder zarte Seidengewänder. Es gab Klingen, automatische Waffen, Laser, Knüppel und bloße Fäuste. Unbewaffnete stellten sich schützend vor Bewaffnete, Kultisten stießen Opfer zwischen sich und die Boltermündungen. Sie schützten, was hinter lag: Ein gewaltiger, in gelblichem Licht glühender Meteor, an den eine junge Frau mit Ketten geschlagen war, und den Dämon – eine große, dürre Kreatur, die sich als dunkler Umriss gegen das Licht des Meteors abzeichnete.
Die Sororitas kannten keine Gnade. Sie schossen auf alles, was ihnen entgegenkam. Bald klickten die ersten Bolter leergeschossen, doch der vielkörprige Moloch warf sich ihnen weiter entgegen. Etwas trieb die, die einst Menschen gewesen waren, vorwärts, hinein in den sicheren Tod. Jeder Gedanke an das eigene Leben war in den schreienden, heulenden Kreaturen ausgelöscht worden.
Die bloße Masse ihrer entmenschlichten Gegner hatte sie zum Stehen gebracht, vor der Treppe in einen Halbkreis gezwungen, der sich allmählich des Ansturms des Kultes erwehren musste. Franciscus stand zwischen ihnen, dem anstürmenden, schreienden Mob mit dem Schwert in der Hand entgegenstarrend. Neben ihm war Carmine, der sich nur mühsam auf den Beinen hielt und die Hand in die Seite presste, aber dennoch nach vorn stolperte, das Rapier in der verkrampften Faust, und Kroll, der mit Brüllen und Fluchen in den Feuerhagel der Sororitas mit einfiel. Querschläger prallten singend von den Rüstungen der Schwestern ab. Ziellose Salven tasteten nach ihnen, doch nichts konnte den dünnen schwarzen Ring durchbrechen. Im Gegenzug hielten sie die Feuerdisziplin, gaben sich beim Nachladen gegenseitig Deckung, schlugen Schneise auf Schneise in die angreifende Menge.
Es war Wahnsinn. Sie hatten bereits Dutzende getötet, und noch immer kamen Dutzende. Tödlich Verwundete stemmten sich wieder hoch oder zogen sich, wo ihre Beine den Dienst versagten, mit zu Klauen verkrümmten Händen der kleinen Schar Sororitas entgegen. Ein Flammenwerfer brüllte, verwandelte eine ganze Gruppe Kultisten in kreischende, taumelnde Fackeln, doch sie kamen noch immer näher, brennende Arme nach ihren Feinden ausgestreckt. Wimmernde Schmerzensschreie erklangen, doch die Diener des Dämons weigerten sich zu sterben. Bloße Finger griffen nach den Sororitas, wo es aus Munitionsmangel nicht mehr gelang, die Wahnsinnigen auf Abstand zu halten. Hände schlossen sich um Unterarme und Unterschenkel, rissen die erste der Schwestern von den Beinen und in das Gewirr der Leiber hinein, wo sie schreiend unter wogenden Gliedmaßen verschwand. Andere ließen ihre Bolter fallen, zogen Kampfmesser oder kurze Schwerter. Der Gesang der Sororitas wurde lauter, kämpfte gegen die zornigen Schreie und das Brüllen der Kultisten an. Stahl schlug auf Stahl, Fleisch auf Ceramit, als der Nahkampf begann. Das Hämmern der Salven erstarb zum Donnerschlag vereinzelter Schüsse. Carmine, der nach vorn gehumpelt war, war nun nicht mehr zu sehen.
Franciscus warf sich in eine Bresche, das geweihte Energieschwert mit beiden Händen führend. Er war nie ein großer Fechter gewesen, aber seine Servorüstung gab ihm Kraft und Schutz, um die schwere Klinge mit grausamer Wirksamkeit gegen die Ungepanzerten vor ihm zu führen. Jeder Schlag verstümmelte und tötete, aber jedes Mal war ein neues, vor Hass verzerrtes Gesicht oder die grausame Fratze einer buntbemalten Kultmaske da, um den Platz des eben Gefallenen einzunehmen. Franciscus drängte nach vorn. Er wusste, dass sie den Dämon und den Meteor erreichen mussten. Das blindwütige Töten gab der Kreatur nur Zeit, das war offensichtlich. Zeit, die das Warpwesen stärker werden ließ und die es zur Verwriklichung seiner teuflischen Pläne benötigte. Zeit, die es mit dem Leben seiner Anhänger erkaufte.
Bonifatia war neben ihm. Ihe Klinge wirbelte gleißend um ihren Körper, schneller und tödlicher, als er ein Schwert je zu führen in der Lage gewesen wäre. Sie war eine Kämpferin von beachtlicher Fertigkeit, wechselte mit selbstverständlich erscheinender Eleganz von der einhändigen zur zweihändigen Führung und wieder zurück. Stechen, Schlagen, Parieren, alles war Teil eines untrennbar verbundenen Bewegungsablaufs. Sie tötete im Vorbeigehen, parierte Schläge, bevor Franciscus sie kommen sah. Und die ganze Zeit lag auf ihren Lippen ein Gebet an den Imperator. Sie orientierte sich, während sie schlug, schien darauf bedacht, zwischen dem vorgegangenen Franciscus und ihren Schwestern zu bleiben, die noch immer ihre Halbkreisformation hielten. Sie deckte seinen Rücken, erkannte Franciscus, hielt ihm einen Rückzugsweg offen.
„Prioris!“ schrie Franciscus. „Bleibt bei mir! Wir müssen zum Stein!“
Er war nicht sicher, dass sie ihn in dem höllischen Lärm verstanden hatte, doch sie nickte und packte das Schwert fester. Sie rief etwas, doch die Worte drangen nicht zu ihm durch. Er parierte einen Knüppelschlag, trennte dem Angreifer den Arm vom Körper.
Hinter der Menge richtete der Dämon sich zu seiner vollen Größe auf. Flackerndes Licht enthüllte seine Züge, als der Flammenwerfer mit einem Fauchen seinen letzten Flammenstoß entlud. Aus grausamen, schwarzen Augen in einem fahlen, in die Länge gezogenen Frauengesicht starrte das Wesen Franciscus an, entblößte nadelspitze Zähne in einem grotesk weit aufgerissen Mund. Zwischen einem Kranz aus dem Schädel sprießender Hörner fiel schwarzes Haar in Strähnen herab. Der Dämon richtete den Arm auf Franciscus, deutete mit einem unterarmlangen, klauenbewehrten, dürren Finger auf ihn. Helles Gelächter erfüllte den Raum, brach sich an den Wänden.
Es waren vielleicht noch zwanzig Meter, die Franciscus und den Dämon voneinander trennten. Zwanzig Meter – eine beinahe unüberbrückbare Distanz.
Mehr Kultisten drangen auf ihn ein. Eine Maschinenpistole hämmerte einen Feuerstoß gegen die Panzerung seines Bauchs. Die Wucht des Aufpralls nahm den Schwung aus seinem Schlag, ließ ihn einen Schritt zurückwanken. Mit Eisenstangen geführte Hiebe prasselten auf seine Arme nieder. Eine Klinge kreuzte seine, zerrte daran.
„Halte stand, Gotthardt!“, hörte er Carmines Stimme in seinem Kopf. Sie war schwach und schien von weit her zu kommen. Er stemmte sich gegen die an ihm zerrenden Kultisten. Sein Schwert war gebunden, weitere Schläge hämmerten auf ihn ein. Er zerrte am Griff seiner Waffe, versuchte die Klinge freizubekommen, doch es gelang ihm nicht. Die Anhänger des Dämons fielen buchstäblich über ihn her, warfen sich auf ihn, der sie in seiner Rüstung um Haupteslänge überragte. Ein junger Mann, kaum mehr als ein Knabe, umklammerte seinen Arm, blockierte mit seinem Körper die Gelenke. Schmerz stand in seinen Augen, als die unerbittlich arbeitenden Servomotoren von Franciscus’ Rüstung ihm die Hand zerquetschten, doch er ließ nicht los.
Franciscus wurde von hinten gepackt und aus dem Knäuel der Kultisten zurückgerissen. Bonifatias Schwert fuhr blitzend und zischend neben ihm durch die Luft, schnitt durch die überraschten Ketzer. Krolls Sturmbolter brüllte auf, als der Sergeant ihn über Franciscus’ Schulter hinweg abfeuerte. Blutiger Sprühnebel spritzte in das Gesicht des Inquisitors.
„Weiter!“ brüllte er, seine nun wieder frei gewordene Waffe in die Höhe reißend und sein Gesicht mit dem linken Unterarm abwischend. „Vorwärts! Wir müssen den Stein erreichen!“
Bonifatia bahnte ihnen mit tanzendem Schwert den Weg. Keiner der selbstmörderischen Kultisten vermochte ihrem Klingenspiel etwas entgegen zu setzen, doch die von ihr gebahnte Gasse drohte sich nur zu schnell wieder zu schließen. Franciscus beeilte sich ihr zu folgen. Aus dem Augenwinkel nahm er noch Kroll wahr, der zurückfiel, obwohl er sich mit Fäusten und Boltermündung gegen die Andrängenden wehrte. Rechts von ihm ragte aus dem Getümmel die steife, hinkende Gestalt Antiochias auf, die mit schwerfälligen Bewegungen ihr Energieschwert schwang. Wahnsinn flackerte in ihrem Auge, und aus ihrem offen stehenden Mund rann ein dünner, blutiger Speichelfaden herab.
Dennoch hielt sie mit der Unerbittlichkeit einer servogepanzerten Kriegsgöttin auf den Dämon zu.
Archon legt hier natürlich mal wieder mit dem ihm eigenen und von mir sehr geschätzten Charme den Finger in die Wunde. Es ist denke ich an der Zeit für eine Erklärung:
Im letzten Jahr hat sich für mich persönlich ziemlich viel getan. Nicht nur, dass ich seit über einem Jahr kein 40k mehr gespielt habe, ich habe leider auch das Schreiben drangeben müssen. Der Grund dafür sit einfach: Ich hatte keine Zeit. Aus gesundheitlichen Gründen musste ich massiv Sport treiben, und eine Stunde Jogging am Tag vermiest einem leider die Lust, sich danach noch vor die Textverarbeitung zu setzen. Dazu habe ich wieder intensiv mit Rollenspiel begonnen, leite in unserem Jugendheim eine Gruppe ehrenamtlich und eine weitere rein aus Privatvergnügen, spiele zudem in zwei weiteren regelmäßigen Runden. Nicht zuletzt trage ich jetzt politische Verantwortung, die mir zwar keinen Cent einbringt, aber ebenfalls viel Zeit und Arbeit frisst.
Ich habe über all die Zeit diese Geschichte nicht vergessen. Ich hatte immer den festen Vorsatz, sie zu Ende zu schreiben, irgendwann. Man kennt das mit den guten Vorsätzen...
Wachgerüttelt hat mich MacBs Aufforderung, den Thread zu schließen. Ich habe Eure Unterstützung und Ermunterung, das Lob und die Anerkennung immer genossen, mich immer gern daran erinnert, wieviel Spaß ich am Schreiben dieser Geschichten hatte. Mir ist klar geworden, dass ich das vermisst habe. Mir ist auch klar geworden, wie sehr ich meine treuen Leser durch die lange Funkstille enttäuscht haben muss.
Ich werde diese Geschichte beenden, so wie sie es verdient. Es wird auch kein weiteres Jahr mehr dauern. Ich merke leider, dass ich, was das Schreiben von Prosa angeht, sehr eingerostet bin, und dass die Texte mir nicht mehr so fließend von der Hand kommen wie früher. Glücklicherweise steht die Storyline für das Ende der Geschichte schon (und glaubt mir, ich hatte Zeit, mir darüber Gedanken zu machen 😉), sodass ich nur noch den Schreibprozess absolvieren muss.