Ich mag dieses Thema. Irgendwie immer aktuell und es gibt immer wieder neue Aspekte.
@Haakon
Du sprichst mir aus der Seele.
Zeit & ein ausreichendes Playtesting wären ideal. Längere Editionszyklen und auf die Editionen zugeschnittene Codizies wären auch toll ... ich finde das spielen mit erratierten Codizies der Vorgänger-Edition nicht besonders prickelnd.
Aber all das sind unrealistische Wünsche. Dagegen sprechen nicht nur handwerkliche Defizite bei Autoren sondern auch praktische und wirtschaftliche Gründe.
Was aber imho durchaus Aspekte sind, die GW verbessern könnte, sind die schon genannten Punkte:
1. Eine Vision, ein umfassendes Konzept über die Völker und Fraktionen. Wer nützt welche Strategien und Taktiken (beim Fluff klappt das ja ganz gut). Und dann sollten die Codizies so aufgebaut sein, dass das Spielen der Völker/Fraktionstypischen Strategien belohnt wird.
Ich denke mit fraktionstypischen AOPs und einem durchdachten Punkte-Management kommt man diesem Ziel schon einen Schritt näher (wenn man das nicht wieder durch unzählige Ausnahmen verwässert).
2. Internes Balancing zwischen den Einheiten in einem Codex. Codexleichen sind schon seit quasi allen Editionen ein Problem. Der Grund sind in der Regel zu hohe Punktekosten im Verhältnis zur Leistung, eine Schlachtfeldrolle, die nicht zu Strategie/Taktik passt oder einfach einfallslose oder nutzlose Regeln.
Dieser Punkt läßt sich imho durch erfahrene und kompetente Spieldesigner ändern. Viele Codexleichen springen selbst einem B&B Spieler bereits beim ersten lesen ins Gesicht.
So. Ich muss allerdings auch generell eine Lanze für die Spieldesigner brechen. Imho ist es absolut unmöglich ein perfektes Balancing ihn einem Tabletop zu erzielen. Gerade auch bei einem Tabletop mit dieser Anzahl von unterschiedlichen Fraktionen, Einheiten und Sonderregeln.
Und das macht die Frage nach dem Umgang mit misslungenem Balancing und Codexleichen unvermeidlich.
Als Wiedereinsteiger nach 2-3 Editionen Pause war ich über die aktuelle Frequenz der Erratas und Anpassungen nicht nur sehr überrascht sondern auch erfreut. Zu meiner aktiven Zeit musste man teilweise Jahre mit offensichtlichten Designfehlern in Codizies spielen.
Das die hohe Frequenz der Erratas auch Probleme mit sich bringt ist klar. Sich aktuell zu halten ist nicht nur anstrengend sondern auch nervig. Und ohne Wahapedia/Battlescripe könnte ich mir das Spielen nach aktuellem Stand der Regeln kaum vorstellen.
Rückblickend muss ich aber sagen, dass mir GWs Versuche durch die häufigen Updates und Erratas das Balancing zu verbessern lieber sind als die "Wartet bis zum nächsten Codex" Praxis vergangener Editionen.
Wie gut die Anpassungen des Balancings sind und auf welcher Grundlage diese erfolgen sind - offensichtlich - sehr kontrovers. Diese Diskussionen zeigen aber auch, wie unterschiedlich die Erwartungen sind.
Auf der einen Seite die Turnierspieler, deren Metagame sich nur selten auf den Tischen der B&B Spieler wiederfindet.
Auf der anderen Seite die B&B Spieler, auf deren Spieltischen oft ganz andere Probleme auftauchen.
Und dann gibt es ja noch unzählige Spieler zwischen Turnier und Bier & Brezel.
Imho schwierig bis unmöglich, alle zufriedenzustellen.
Das führt mich zu dem Punkt, wie GW denn Probleme im Balancing überhaupt festgestellt. Oder feststellen kann.
Von den Problemen der B&B Spieler in den Kellern, Dachböden oder Garagen dieser Welt wird GW vermutlich nie erfahren. Und auch wenn manche dieser Probleme ihren Weg in Foren finden, ist das Sammeln dieser Informationen in der Praxis nicht nur fast unmöglich sondern auch eine ziemlich subjektive Sache.
Das auswerten von Turnierergebnissen erscheint mir dagegen deutlich umsetzbarer und objekiver.
Ist es perfekt? Nein. Denn Turnierergebnisse haben ihre Ursachen eben auch in vielen nicht messbaren Ursachen. Würfelpech in entscheidenden Situationen, Tischgestaltung, Missmatch und natürlich auch individuelle Spielerskills und Erfahrung. Allerdings verlieren diese Aspekte mit steigender Zahl an ausgewerteten Spielen ihr Gewicht.
Ein weiteres Problem ist, dass auf diese Art natürlich hauptsächlich Probleme aufgedeckt werden, die aus dem Metagame der Turniere entstehen. Diese können auch auf den Tischen der B&B Spieler auftreten. Tun sie aber nicht immer.
Bis zu diesem Punkt habe ich wenig an der Errata/Update Praxis von GW zu kritisieren.
Eine objektive Übersicht kann nur über Turniere erfolgen. Und das das Turnier-Metagame nicht für alle Spieltische repräsentativ ist, liegt in der Natur der Sache.
Was aber kritikwürdig ist - zumindest soweit ich das hier aus dem Forum und meinen frühreren Erfahrungen her beurteilen kann - ist wenn Probleme zwar erkannt werden, aber nicht die Ursache. Wenn die Problemlösungen einfach scheiße sind oder neue Probleme schaffen.
An dieser Stelle sind wir wieder bei der Kompetenz der Verantwortlichen. Dieser Anspruch kann und sollte von GW erfüllt werden. Nicht zu 100% ... das ist imho niemanden möglich, aber ich erwarte eigentlich ein hohes Niveau.
Lange Rede - kurzer Sinn. Ich sehe keine objektive und praktikable Möglichkeit, als auf Basis der Auswertung von Turnierergebnissen Erratas und Updates zur Verbesserung des Balancings zu veröffentlichen.
Auch wenn diese Methode nicht perfekt ist, ist sie mir lieber wie keine Erratas oder Updates.
Allerdings habe ich die Erwartung, dass Spielentwicklung und Anpassungen des Balancings in Nottingham von kompetenten Köpfen umgesetzt wird!
Das würde sicherlich etliche Kritiker überzeugen.
An dieser Stelle uns als letzte Worte dieses Beitrags: Respekt für die Geduld des Lesens dieser Wall of Text.