Der Problem-BER

Evtl. sollte man nen Film drüber drehen Titel "Für eine Handvoll Euro mehr" 😉
Wenn Clint Eastwood da verantwortlich wäre ständ das Teil in einer Woche!
clint_eastwood.jpg
 
Es führt am konkreten Versagen mehrerer zuständiger Stellen vorbei, wenn hier nur Binsenweisheiten der Art "Lieber einmal richtig Geld in die Hand nehmen, anstatt mehrfach überrascht zu werden" in die Gemengelage geworfen werden. Es folgt eine auszugsweise Darstellung aus der Mängelliste:

- Nachdem der anvisierte Eröffnungstermin im Juni 2012 nicht mehr eingehalten werden konnte, ist die "Projektgruppe BBI" von ihrer Veranwortung als Generalplaner und Objektüberwacher entlassen worden. Bedauerlicherweise dachte niemand daran, dass besagte Projektgruppe sämtliche Unterlagen mitnehmen würde, was zu monatelangem Stillstand führte, da der aktuelle und zukünftige Stand wieder ausgearbeitet werden musste.

- Das Management versucht nicht einmal, die Terminpläne nach festen Zielvorgaben zu gestalten und hinterlässt ein insgesamt chaotisches Gesamtbild. Die SoKo des Bundesverkehrsministeriums, die Mitte Dezember eine Übersicht gewinnen sollte, spricht gar davon, dass sämtliche Terminpläne "gänzlich ungeeignet gewesen" seien.

- Die Technik, die eine Steuerung der Anlage gewährleisten soll, ist mangelhaft. Sowohl die Verkabelung als auch die Programmierung weisen gravierende Fehler auf, sodass zentrale Teilbereiche wie die Brandmeldung und -bekämpfung oder die Rauchentfernung entweder nicht oder nur unter starken Vorbehalten funktionsfähig sind.

- Überhaupt Verkabelung: hier herrscht keinerlei einsehbare Planung vor. Zu wenig Platz in den Kabeltrassen, zu wenig Platz in den Kabelschächten, zu viele Trassen in einem Schacht, verbotene Zusammenlegung der Kabel (Telefonleitungen neben Starkstromkabeln)...

- Die Planung des Brandschutzes krankt vom Konzept her an exaltierter Prioritätensetzung. Weil man aus optischen Gründen Schornsteine verweigerte, muss ggf. auftretender Rauch unter das Gebäude geleitet werden - eine Methode, die bislang in dem Maßstab unerprobt ist und entsprechend fehleranfällig ausfällt.

- Die Verzahnung mit dem im Keller des Flughafenterminals angeschlossenen Bahnhof ist gar nicht bedacht worden. Brandmeldeanlagen funktionieren nicht, die Dübel sind nicht brandsicher.

- Die Kühlung kann nicht gewährleistet werden, da die Kälteaggregate zu klein sind, außerdem sind die Kühlleitungen nicht hinreichend gedämmt, folglich werden wohl Decke und Mauerwerk eingerissen werden müssen, um das auszugleichen.

- Die Rolltreppen sind schlichtweg um einige Stufen zu kurz - wie es jovial heißt, ist dafür auch nicht der Lieferant verantwortlich, es handelt sich um einen Konstruktionsfehler.

- Der Regen kann bei ungünstiger Windrichtung direkt über die Lüftungssysteme des Terminals in dasselbige eindringen.

- Die Fußbodenfliesen müssen ersetzt werden, weil während der Bauphasen Abdeckungen nicht aufgelegt worden und Gabelstapler darübergefahren sind.

- 1.000 falsche Bäume sind an den falschen Plätzen auf dem Gebäude eingepflanzt worden und müssen umgepflanzt werden.


Meine Laienmeinung dazu: es ist schon konzertiertes und nachgerade gezieltes Versagen nötig, um so weitflächig Baustellen zu hinterlassen. Teils bedingt aus Prätention (fehlende Schornsteine), teils aus bestürzender Planungslosigkeit (Kabelverlegung, mangelnde Kühlung, fehlende Krankenstation), teils schlichtweg aus Blödheit (falsche Rolltreppen, Gabelstapler über ungeschützte Fliesen rollen lassen). Ich bin durchaus der Ansicht, dass die zuständigen Stellen (Management, Betreibergesellschaft, Controlling) dafür juristisch zur Rechenschaft gezogen werden sollten, genauso wie der offensichtlich blinde Aufsichtsrat. Ein solches Fehlverhalten wird in der Privatwirtschaft auch nicht geduldet, ganz gleich, ob die zuständige Quelle womöglich darüber in den Konkurs getrieben wird oder nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine Laienmeinung dazu: es ist schon konzertiertes und nachgerade gezieltes Versagen nötig, um so weitflächig Baustellen zu hinterlassen. Teils bedingt aus Prätention (fehlende Schornsteine), teils aus bestürzender Planungslosigkeit (Kabelverlegung, mangelnde Kühlung, fehlende Krankenstation), teils schlichtweg aus Blödheit (falsche Rolltreppen, Gabelstapler über ungeschützte Fliesen rollen lassen). Ich bin durchaus der Ansicht, dass die zuständigen Stellen (Management, Betreibergesellschaft, Controlling) dafür juristisch zur Rechenschaft gezogen werden sollten, genauso wie der offensichtlich blinde Aufsichtsrat. Ein solches Fehlverhalten wird in der Privatwirtschaft auch nicht geduldet, ganz gleich, ob die zuständige Quelle womöglich darüber in den Konkurs getrieben wird oder nicht.

Ganz exakt so ist es und vielen Dank für diesen Beitrag!
 
ABER: Wenn nun die Arbeiter bei einem solchen Grossprojekt entlassen und ggf. Schulden nicht mehr bedient werden (können), wird der Staat dann eben in Form von ALG, Stützgeldern etc. so oder so zahlen müssen.
Das ist ein Risiko, das eingegangen werden muss. Ähnlich wie bei Banken oder ganzen Staaten, die das Gemeinwesen damit erpressen, dass ihre Insolvenz weitere Schäden mit sich zieht, muss auch bei (Groß-)Unternehmern wesentlich stärker die private Haftung angestrengt werden. Neben dem sich perpetuierenden Versagen kommt doch auch die Psychologie hinzu: wenn die erste Betreibergesellschaft öffentlichkeitswirksam über einem staatlichen Bauprojekt fällt (aufgrund des Eigenversagens, versteht sich), werden es sich Nachahmer zweimal überlegen, ob sie derartig schlampige Kostenvoranschläge abgeben, mit der Planung und Übersicht sich heillos überfordert zeigen und vollkommen ziellos daherbauen. Geht der bisherige Prozess dagegen ad nauseam weiter, unterhalten wir uns auch noch in zwanzig Jahren darüber, welcher Tiefbahnhof/Flughafen/Prestigebau mal wieder ohne jegliche Konsequenz verschleppt wird. Dazu gehört freilich auch, der Verflechtung von Politik und Wirtschaft strengste Vorschriften aufzulegen und beide Schaltstellen mit empfindlichen (Geld- wie Freiheits)strafen zu sanktionieren, wenn Kungelei zustandekommt. Ja, das ist illusorisch, weil die gesetzgebenden Kräften sich selbst unter Kuratel stellen müssten. Das ändert aber nichts daran, dass es zu einem Mentalitätswechsel insofern führte, als dass über (persönliches) Versagen nicht mehr so unbekümmert hinweggegangen würde wie bislang.
 
ABER: Wenn nun die Arbeiter bei einem solchen Grossprojekt entlassen und ggf. Schulden nicht mehr bedient werden (können), wird der Staat dann eben in Form von ALG, Stützgeldern etc. so oder so zahlen müssen.

Ganz klar: Schuldeigene. Jeder normale Arbeiter kriegt Ärger, wenn er Fehler macht, viele werden schon bei Fehlern in Höhe von 1000 € entlassen und wenn die Arbeiter/die Firmen Fehler in Höhe von zig Milliarden machen, warum soll das plötzlich anders sein? Ich glaube, dass es ein Grundrecht in Deutschland gibt, in der die Rechte der Bürger gleich sein sollen, außer bei bestimmten Ausnahmen (gegen Demokratie oder so war das doch?). Das Gesetz wird doch dann gebrochen oder?
Wie auch der Vorposter KOG sagte, damit wird ein Zeichen für Zukünftige gesetzt und denke mal ganz klar, dass sich viele Firmen zeimal überlegen, ob das Geld reicht und die mit dem Geld ordentlich arbeiten können.

Ändern wird sich vorerst nichts, aber wenn der Staat ebenso wie die Großkonzerne oder hier viele "kleine Baufirmen" endlich mal deren Gehirne einschalten und mal nachdenken, was die da fabrizieren.

edit: da ich auf deinen Post eigentlich nicht direkt einging, wollte ich noch was sagen. Natürlich müssen die Leute dann erstmal ALG I oder II beziehen, aber in dem Beruf gibt es immer genug zu tun, wenn man sieht wielange sie brauchen um eine kleine Straße zu reparieren (3 Jahre). da schadet es nicht, wenn die eins auf dem Deckel bekommen und dann anderweitig arbeitet - klappt bestimmt. Aber irgendwas muss schon geschehen
 
Zuletzt bearbeitet:
[...](aufgrund des Eigenversagens, versteht sich)[...] Dazu gehört freilich auch, der Verflechtung von Politik und Wirtschaft strengste Vorschriften aufzulegen und beide Schaltstellen mit empfindlichen (Geld- wie Freiheits)strafen zu sanktionieren, wenn Kungelei zustandekommt. Ja, das ist illusorisch, weil die gesetzgebenden Kräften sich selbst unter Kuratel stellen müssten. Das ändert aber nichts daran, dass es zu einem Mentalitätswechsel insofern führte, als dass über (persönliches) Versagen nicht mehr so unbekümmert hinweggegangen würde wie bislang.

Prinzipiell sehe ich es ähnlich, nur habe ich die pessimistische Sicht, dass es bei konsequenter Anwendung der Eigenhaftung bei selbstverschuldetem Mist die Bereitschaft zur Projektführung massiv nachlassen wird. Es wird sich einfach niemand den Schuh dazu anziehen wollen, sofern es keine adäquate Kompensation gibt.

Im Moment ist es ja leider so, dass der Aufsichtsratposten keinerlei Nachteile mit sich bringt, auszer dem gefeuert werden. Das mag zwar ein wenig Sozialprestige kosten, ist aber eher lässlich.

Es wäre zwar schön, wenn dadurch wirklich etwas mehr Sachverstand und weniger das eigene Geltungsbewusstsein die Oberhand gewinnen würde, aber im Zweifel entscheidet man sich dann doch eher für die sichere Variante, die im konkreten Fall tendentiell öfter eine Nichtumsetzung des Geplanten darstellt (wie gesagt, pessimistische Sicht meinerseits).

Zudem sollte mittlerweile jeder, der ein offenes Auge auf solche groszen Projektverläufe hat, für sich als Faustformel zurechtgelegt haben, dass der initiale Kostenvoranschlag ungefähr verdoppelt werden sollte (vor der Mehrwertsteuer ^^) und auch noch ~45% der geplanten Zeit draufzulegen, um angenähert in die Gegend der Abschlussrechnung zu kommen... Ich bin daher immer über die Projekte (hier in Dtl.) erstaunt, die sowohl im Zeit- wie Kostenplan fertiggestellt werden, da dies gefühlt der eher seltenere Fall ist... Gibt es denn belastbare Studien dazu?
 
Egal wo, entlassen wird aufgrund der bestehenden Situation ohnehin. Wenn nicht bei den "Verantwortlichen" dann bei Dritten. Gerade heute hat mir eine Kollegin erzählt, Sie sei unlängst im Wasseramt von Berlin gewesen. Die hätten sich dort entschuldigt, dass es so lange gedauert hat, bis sie einen Termin bekommen hat, da zur Zeit nur noch wenige Kollegen übrig seien. Insgesamt sollten dort in den nächsten Jahren, aufgrund der BER Misere 400 Stellen abgebaut werden. Das Geld für den Flughafen ist also da...aber dann an anderen Stellen weg. Auf Arbeit werden wir derzeit mit einer anderen öffentlich geförderten Gesellschaft fusioniert. Mit dem Wissen im Hinterkopf bin ich schon gespannt, wie viele Kollegen gegangen werden...
 
Also wenn der Laden, für den ich arbeite eine Ausschreibung gewinnt, und dann hinterher mehr Geld verlangen würde, ich glaub die würden ein Arschtritt vom Staat bekommen. Wenn ich in einem Jahr zu viele Kopien mache gibts schon ärger, weil die eingereichte Rechnung nicht mehr auf geht. Wär ich mal nicht in der Bildung tätig...
Ist schon komisch, dass jeder Depp Bauaufträge vom Staat bekommt, in allen anderen Bereichen aber unheimlich gesiebt wird.
 
wenn die erste Betreibergesellschaft öffentlichkeitswirksam über einem staatlichen Bauprojekt fällt (aufgrund des Eigenversagens, versteht sich), werden es sich Nachahmer zweimal überlegen, ob sie derartig schlampige Kostenvoranschläge abgeben, mit der Planung und Übersicht sich heillos überfordert zeigen und vollkommen ziellos daherbauen.

Ich bin grundsätzlich vollkommen bei dir - zumal es so wie bisher einfach nicht weiter gehen kann.

Trotzdem dürfte es sich in der Praxis als sehr schwierig erweisen, ein Eigenverschulden nachzuweisen. Die Probleme beginnen schon bei Preisschwankungen und in der Zuliefererkette. Was ist, wenn nach Abgabe eines Kostenvoranschlages der Stahlpreis (und damit auch der Preis von Stahlprodukten) steigt? Was ist, wenn ein Zulieferer pleite geht und die Baufirma plötzlich ohne dringend benötigte Rohstoffe da steht? Was ist, wenn der Zulieferer sich als unzuverlässig erweist? Undsoweiterundsofort

Gerade bei einem Großprojekt, bei dem eine Vielzahl an Unternehmen beteiligt sind, wird sich der Schwarze Peter nach Belieben hin und her schieben lassen. Ich fürchte, da braucht es schon ein unwahrscheinliches "Glück" um mal einen Fall heraus zu greifen, an dem man ein Exempel statuieren kann.
 
Um mal eben deine fragen zu beantworten:
Kostenvoranschlag heißt nicht umsonst Kostenvoranschlag. Das ist ein etwaiger Preis, der durch verschiedenste Bedingungen geändert werden können. Das ist also kein endpreis gewesen

Sollte der Zulieferer Pleite gehen holt man sich ein neuen. Bei solchen Absatzgebieten herrscht kein Monopol, was in DE eh unzulässig wäre.

Sollte die Bedingung Stahlpreis hoher sein, wird der endpreis höher sein oder der Kostenvoranschlag wird angepasst. Da die Firmen eigentlich nie Stück für Stück einkaufen wäre das größtenteils irrelevant. Abgesehen davon dass ein zu hoher Preis nichts mit mangelnde Arbeit zu tun hat.
Oder sparen die dann am Metall, damit später rauskommt, das sie sogar Angst haben, dass der Tower stürzen kann?
 
Der Endpreis darf aber lediglich 15-20% vom Kostenvoranschlag abweichen, sonst kann man
den Vertrag einseitig kündigen und muss lediglich die bis dahin geleistete Arbeit bezahlen.

Welchen Sinn hätte sonst ein Kostenvoranschlag, wenn man sich nicht (in Grenzen) auf ihn
verlassen kann? Andernfalls könnte ein Anbieter dich ja mit einem billigen Kostenvoranschlag
ködern und du hättest später gegenüber einem wesentlich höherem Preis keine rechtliche
Handhabe.

Soll der Kostenvoranschlag wegen veränderter Bedingungen geändert werden, so muss dies
dem Kunden vorher angezeigt werden. Man kann ja nich einfach einseitig den Preis erhöhen.

"Ich hab zwar im KVO 2000€ gesagt, hab das aber später in 4000€ geändert, also stimmt
mein KVO! ... Wie das hat ihnen keiner gesagt ... das ist aber blöd!"