Und daran halten sich die Amis und im Speziellen das Verfassungsgericht nunmal Wort für Wort.
Das stimmt in dieser Grundsätzlichkeit auch nicht. Richtig ist, dass - aus den von coolguy angeführten historischen Gründen - sowohl in der Bevölkerung als auch bei den Rechtsgelehrten (von den libertären bis hin zu den linksliberalen) die Einsicht stark ausgeprägt ist, dass der Bürger als Individuum die Möglichkeit haben sollte, sich zur Wehr zu setzen, da der Staat dazu nicht in der Lage ist (oder ggf. sein könnte, wenn man es weniger radikal sieht).
Allerdings: der Oberste Gerichtshof hat Ausnahmen gebilligt, auch wenn es bisweilen einen anderen Anschein macht. Beispiel "Gun Free School Zones Act": 1990 eingeführt, besagte das Bundesgesetz - wie der Name vorweggibt -, dass das Tragen von Schusswaffen innerhalb des Schulgebäudes untersagt ist. Dieses Gesetz ist 1995 kassiert worden, aber nicht wegen eines Verstoßes gegen den zweiten Zusatz zur Bundesverfassung, sondern nur, weil Formulierungsunschärfen dazu führten, dass die Befugnisse des Kongresses überschritten worden sind. Die Generalermächtigung (die es erst ermöglicht, dass der Bund zentrale Gesetzgebung gestaltet) reiche nicht aus, weil der nötige Zweck des Gesetzes - der Schutz der Kinder - nicht eindeutig ersichtlich werde. Kurz darauf ist der Text präziser ausgearbeitet worden (mit der Begründung und der konkreten Aussage, dass auch innerhalb von 300 Metern einer Schule das Tragen einer Waffe, die zu einem früheren Zeitpunkt Handelsware gewesen ist, illegal ist) und bis heute in Kraft.
Tatsächlich stand vor 2008 (und dem Fall Heller) nicht einmal fest, dass der zweite Zusatz einer Auslegung bedürftig ist, die den Waffenbesitz auf individueller Ebene regelt. Die "well regulated Militia" war nach Auffassung vieler (teils sogar libertärer) Juristen immer nur in Abgrenzung zu setzen zur Berufsarmee, nämlich als Bürgerheer. Antonin Scalia grenzt in seinem Grundsatzurteil ein, dass im Kern dieses Rechts aber auch nur die häusliche Selbstverteidigung liegt, alle anderen Teilbereiche unterlägen nicht derselben vom zweiten Verfassungszusatz gewährten Unantastbarkeit. Von einer einseitigen verfassungsrichterlichen Perspektive kann also mitnichten die Rede sein.
Abgesehen davon halte ich die Statistiken aber für eindeutig:
Zunächst einmal stecken die USA bzgl. anteilsmäßiger Waffen pro Haushalt gerechnet jedes andere Land in die Tasche, selbst unter Einbezug (die freilich auf Schätzung basiert) der illegalen bzw. unangemeldeten Waffen:
http://www.smallarmssurvey.org/file...l-Arms-Survey-2007-Chapter-02-annexe-4-EN.pdf. Und wer sich mal auf
http://www.gunpolicy.org/ umsieht, wird auch erkennen, dass die USA mehr Tötungsdelikte mit Schusswaffen auf 100.000 Einwohner zu verzeichnen haben als jedes andere Industrieland, von 1999 aufwärts waren es jeweils wenigstens 10,8 Morde mit Schusswaffen je 100.000 Einwohner, Tendenz steigend. Überhaupt wird in fast jedem Jahr wenigstens jeder zweite Mord mit einer Schusswaffe begangen, in Deutschland dagegen regelmäßig nur ein Viertel (ganz zu schweigen von der allgemein deutlich niedrigeren Mordrate). Es lässt sich wenigstens mit Sicherheit belegen, dass eine Zunahme an Waffen nicht etwa in einem spärlicheren Gebrauch derselben mündet (wie es die NRA zu suggerieren versucht), sondern ganz gegenteilig deutlich häufiger zu diesen gegriffen wird. Für mich besteht da auch ein gewisser Zusammenhang zu den Toten insgesamt: wer eine Schusswaffe greifbar hat und diese entsprechend freizügig(er) benutzt, wird eben mit höherer Wahrscheinlichkeit ein Tötungsdelikt begehen, als wenn einzig die Fäuste, eine abgebrochene Bierflasche oder sogar ein Messer zur Verfügung stehen.