@Kanedat:
Auf der anderen Seite kann man davon ausgehen, dass die Masse (bzw. der Durchschnittswähler) heute genauso viel bzw. wenig weiß wie früher, aber der subjektive Anreiz früher höher war, da man aufgrund der schlechteren Informationslage (bzw. überschaubaren Menge an Informationen, die durch Medien verbreitet wurden) tendenziell leichter an einfachen Weltbilder festhalten konnte.
Objektiv stimmt Deine Aussage natürlich. Ich kann mir aber eigentlich nicht recht vorstellen, dass diejenigen, die bereits früher ein simplistisches Weltbild mit sich trugen, dieses heute bereitwillig oder zumindest wegen der besseren Verfügbarkeit an Informationen ernsthaft aufgeben. Dass man diese Scheuklappen früher einfacher rechtfertigen konnte, stimmt selbstredend, es ist aber nur dann relevant, wenn man sich überhaupt dem Diskurs stellt. Folglich ist das auch nur eine Frage des "kulturellen" Kontextes: wenn mein ganzes Umfeld die soziale Schieflage seit Jahren auf die "Ausländerflut" schiebt und sich einzig durch die BILD-Zeitung und die persönlichen Erfahrungen bestätigt sieht, dann ist in diesem Ausschnitt politischer Realität die bessere Informationsinfrastruktur vergebens, weil ich niemals in die Notlage kommen werde, mein Wahlverhalten faktisch zu untermauern. Zumal mit dem größeren Markt an weitgehend objektiven Zeitungen auch ein gigantisches Anschwellen polemischer Blogs und Foren einhergegangen ist, man sich sein verqueres Weltbild also noch mit allerlei "Fakten" ausstaffieren kann. Insofern involuiert sich der positive Gesamteindruck auch schon wieder.
@Rawke:
Bloodknight hat es ja schon anklingen lassen: wirklich gut im Bilde sind auch die älteren Wähler nicht. Wenn man sich mal alte Wahlkampfplakate ansieht, sieht man bisweilen noch mehr ideologische Zuspitzung, als es heute schon der Fall ist ("Rote Socken", "Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau" usw. usf.), da
kann der durchschnittliche ältere Wähler (auch wegen der von Kanedat erwähnten schlechteren Informationslage) auch schwerlich viel gebildeter sein als der jüngere.
Aber der Klassenaspekt von Bloodknight als Rencontre der Realität erheischt durchaus Sinn.
@Preda:
Meiner Meinung nach fehlt den Herren und Damen in Berlin einfach Mut.
Capt.Nuss hat das ja schon entkräftet, darum nur ein markantes Beispiel: welche Partei, die ernsthaft (wieder-)gewählt werden möchte, kann denn heute gegen 20 Millionen Rentner, Tendenz steigend, Politik machen? Da wären gewisse Einschnitte bitter nötig, aber wie um alles in der Welt sollen die Parteien dagegen ankommen? So viel Ehrlichkeit will dann auch keiner haben...
@Da Mägamoscha:
Der Übergang zur Post-materialistischen Epoche in dem wir uns befinden und die damit Verbundene Fixierung auf "den Pluralismus".
Mit dem Postmaterialismus wäre ich vorsichtig. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich grundlegend gewisse Anzeichen dafür bilden. Andererseits ist das auch ein Phänomen bei denjenigen, die eben nicht so sehr von materialistischen Erzeugnissen dependent sind. Oder grob ausgedrückt: wer am Ende des Monats auf seine Gehaltsabrechnung blickt und nicht weiß, wie er im nächsten Monat seine Familie über die Runde bringen soll, wird tendentiell sehr viel materialistischer eingestellt sein als eine Familie, die im Wohlstand lebt. Und ich wage zu behaupten, dass die auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich uns eher in eine materialistische denn in eine postmaterialistische Gesellschaft befördern wird. Ohne pekuniäre Eleutherie gibt es eben keinen Postmaterialismus.
@Moiterei_1984:
Wie sagte mal ein berühmter Mensch, dessen Name mir jetzt leider nicht einfällt:
"Die Demokratie ist das denkbar schlechteste Staatsgefüge, aber leider das beste, das wir haben."
Der alte Churchill muss eben in jeder Debatte herhalten.
😉
Zu lang getippt, Kaisi hat es schon genauer klarifiziert.