Geringe Wahlbeteiligung - Kausalitäten, Folgen und Meinungen

Das Ettikett als Radikalliberaler lasse ich mir gerne ankleben.
Bitte? Du bist doch mit dem Vorschlag gar nicht angekommen! Du bist auch kein Radikal-Liberaler, weil Solche auch einen Rauswurf aus dem Referendariat wegen der Mitgliedschaft in einer Death-Metal-Band extrem mies finden würden. Musst jetzt nicht alles was ich schreibe direkt auf dich beziehen.
So, das mal am Rande. Jetzt kann weiter diskutiert werden.
Zum Rest schreib ich eventuell später was.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Radikalliberalismus gehört auch das jeder sich seine Angestellten aussuchen kann... auch der Staat. Weniger gehört dazu das ich jeden Lebensentwurf gut finden muss: tolerieren ja (kommt übrigens von "ertragen"), mehr aber auch nicht.
btw. halte ich nicht so viel von Schubladen, aber du wirfst ja gerne mit plakativen Einordnungen um dich, vond aher dachte ich ich machs dir einfacher 🙂
 
Ich aber gleich mal.

(das die Gleichberechtigung in der DDR weiter war lässt sich auf das einfache Faktum zurückführen das fast alle Frauen berufstätig waren (wenn auch mieser bezahlt) und damit unabhängiger).

Andersrum siehts aus. Die Gleichberechtigungsgesetzgebung war Mittel zum Zweck, da man die Arbeitskraft der Frauen einfach benötigte. Aus diesem Grunde wurde auch die Kinderbetreuung staatlich und zwangsweise organisiert.

Und wer eine Wohnung zugeteilt haben wollte, der musste verheiratet sein. Einfach ausziehen und Wohnung suchen wie heute, das war nicht drin. Daher auch die Masse der Eheschliessungen, wenn man zwischen 18 und 22 war.

Soviel zur tatsächlichen "Unabhängigkeit".

Gesetzlich gleichgestellt waren Frauen aber tatsächlich viel früher als in der BRD, was auch der sozialistischen Ideologie zu danken ist.
 
Das Ettikett als Radikalliberaler lasse ich mir gerne ankleben.
Totalen Wahlrechtsentzug fände ich zwar etwas hart, aber die grundsätzliche Richtung ist nicht vollkommen verkehrt: es geht nicht an das eine Minderheit das Geld ranschafft und eine abhängige Mehrheit darüber entscheidet. Es gibt die ganz einfache Grundregel "wers Geld ranbringt ist Chef" - löst übrigens auch die miesten emanzipatorischen Probleme. (das die Gleichberechtigung in der DDR weiter war lässt sich auf das einfache Faktum zurückführen das fast alle Frauen berufstätig waren (wenn auch mieser bezahlt) und damit unabhängiger).
Auf internationaler Ebene hat damit auch keiner ein Problem (Griechenland....), aber national solls auf einmal i.O sein?


Na ja, das mit der "Oberschicht" ist ne Legende: es wird bei solchen Diskussionen gerne vergessen, aber Deutschland IST elitenfinanziert: die oberen 50% beziehen 82% des Gesamteinkommens, tragen aber auch 94% der Steuerlast (bezgl. Einommenssteuer).
zumal eine hohe Belastung auch struktruell unklug ist: wer Geld hat kann eben weg, wenn er keinen Bock hat. Und brain drain ist eben schon jetzt ein Problem: allein in die Schweiz wandert jedes Jahr ne Kleinstadt (30000) von Facharbeitern und Akademikern ab.

Und die beschriebenen Einschnitte sind halt weitgehend wirkungslos: einfach gesagt ne nullrude für Renter brignt nix - wir müssen einfach weg vom Generationenvertrag. Das System ist im Grunde dysfunktional seit die Verrentungen stärker ansteigen als die Geburten.
Auch im Gesundheistsystem ist unser "Mittelweg" bullshit: entweder ein rein staatliches System (also eine Kasse die die Grundversorgung übernimmt, austritt nicht möglich, private Versicherungen decken nur zusatzleistungen ab) oder eben rein privat. Abs "so ein bisschen staatlich" wo alle Leistungsträger dank besserer Konditionen in die privaten wechseln, und in den staatlichen nur Empfänger bleiben, kann nicht funktionieren.
Und solche Maßnahmen sind halt nicht durchsetzbar, weshalb man an Symptomen rumdoktort....

Deinen Einwurf kann man genauso gut als Legende bezeichnen. Wenn unsere „Eliten“ nämlich nicht über ein gerüttet Maß an „Bauern“ verfügen würden, die im Grunde die eigentlichen „Umsätze“ erwirtschaften, sähe es im oberen Bereich bei weitem nicht so rosig aus, wie es Heute der Fall ist.
Seit Mitte der 80er Jahre werden der Wirtschaft immer größere Zugeständnisse gemacht.
Natürlich immer mit der Begründung, daß wenn es der Wirtschaft besser gehe, es ja automatisch auch dem Arbeitnehmer besser gehen würde
Seit Mitte der 80er Jahre sind aber komischerweise auch die Reallöhne für einen Großteil unserer Arbeitnehmer ordentlich gesunken.


Wenn man den Niedriglohnsektor immer weiter ausbaut, brauch man sich auch nicht wunder, wenn
Verteilung des Steueraufkommens immer drastischer wird. Einem nackten Neger kann man schließlich nicht in die Tasche greifen.


Genauso sieht es im Sozialsystem aus. Die Leute die es sich leisten können verabschieden sich lustig aus dem System. Zurück bleiben nur die Leute die aufgrund ihres Einkommens erst gar nicht in der Lage sind einen großen Teil der Last zu tragen. Ob man da jetzt das Renten- oder Gesundheitssystem betrachtet ist eigentlich egal.
Das Problem unseres Rentensystems ist nicht eine immer älter werdenden Bevölkerung, sonder das die Leistungsfähigen erst gar nicht mehr am System beteiligt werden und gleichzeitig ein Großteil der Arbeitnehmer immer niedrigere Löhne bezieht.
Komischerweise wird aber beim Sparen in beiden Systemen auch nur in eine Richtung gespart. Und nicht zum Nachteil unserer „Eliten“.


Wir haben eine gewaltige Umverteilung in Deutschland, aber nicht von Oben nach Unten. Brauch man sich ja nur mal die Vermögensverteilung der letzten Jahre ansehen.
Im Gegensatz zur landläufig propagierten Meinung, erwirtschaftet sich das Vermögen unserer Eliten auch nicht mal ebenso aus dem Nichts(Mal abgesehen von manchen Bereichen im Finanzsektor. Aber wo das hinführt haben wir ja die letzten 2 Jahre gesehen.). Nein, dafür brauchen unsere „Eliten“ unsere Bevölkerung. Und da besteht seit Jahren ein eklatanter Mangel an Verantwortungsbewusstsein. Auf der einen Seite immer von der Verantwortung des Einzelne schwadronieren, aber wenn es darum geht selbst Verantwortung zu tragen ist das dann plötzlich nicht mehr zumutbar.
 
Zum Radikalliberalismus gehört auch das jeder sich seine Angestellten aussuchen kann... auch der Staat. Weniger gehört dazu das ich jeden Lebensentwurf gut finden muss: tolerieren ja (kommt übrigens von "ertragen"), mehr aber auch nicht.
btw. halte ich nicht so viel von Schubladen, aber du wirfst ja gerne mit plakativen Einordnungen um dich, vond aher dachte ich ich machs dir einfacher 🙂
Nein, dass der Staat Lebensentwürfe reglementiert oder abstraft, ist ein Nogo für einen Radikalliberalen. Das Private Geschäftsleute das können sollen, ist was anderes. So sind die dann zB. auch für Homoehen und so. Das ist mal übrigens einer der wenigen positiven Punkte an der ganzen Ideologie, mMn.
Du bist, würd ich sagen, Rechtskonservativ mit wirtschaftsliberalen Einschlag. Womit du ins CDU-Lager passt, bzw. in einem Flügel derselben.

Das meine ich jetzt übrigens wertfrei. Ist nur die "Schublade", die mir in den Sinn kommt. 🙂
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich versuch mal ein wenig Input zu geben, um ggf. nochmal ein anderes Licht auf die Wahlbeteiligung zu werfen:
Die Wahlbeteiligung nimmt zwar prozentual ab, aber die absoluten Zahlen sehen mMn ein wenig anders aus.
Schaut man sich die Wahlen seit 1990 an, fällt auf, dass die Zahl der abgegeben Stimmen leicht anstiegen, dann sehr leicht fielen, aber mMn bleibt das ganze recht konstant.

1990:
Wahlberechtigte: 60 436 560
abgegebene Stimmen: 46 995 915 [77,8%]

1994:
Wahlberechtigte: 60 452 009
abgegebene Stimmen: 47 737 999 [79,0%]

1998:
Wahlberechtigte: 60 762 751
abgegebene Stimmen: 49 947 087 [82,2%]

2002:
Wahlberechtigte: 61 432 868
abgegebene Stimmen: 48 582 761 [79,1%]

2005:
Wahlberechtigte: 61 870 711
abgegebene Stimmen: 48 044 134 [77,5%]

2009:
Wahlberechtigte: 62 168 489
abgegebene Stimmen: 44 005 575 [70,8%]


Quelle: http://www.bundeswahlleiter.de

Also von einem schon langen Trend kann man bei der Bundestagswahl nicht sprechen, da die Zahl der abgegebenen Stimmen doch recht konstant bleiben, bis auf das letzte Jahr, bei dem man wirklich sagen kann, dass wir es hier mit einem Abfall zu tun haben. (Immerhin über 4 000 000 Stimmen)

Bei den Landtagswahlen scheint es ein Phänomen nach der Wende zu sein (grober Überblick durch die Statistik http://www.bundeswahlleiter.de/de/b...fentlichungen/BTW09_Heft1_Gesamt_Internet.pdf)
 
Ist es nicht auch so, dass der zunehmende Bedeutungsverlust der Politik seinen Teil zur tiefen Wahlbeteiligung beiträgt? Wir hier in der Schweiz haben teilweise Stimmbeteiligungen von unter 50% (z.B. Parlamentswahlen 2003: 45%), wohl eine Folge der direkten Demokratie. Mich dünkt, dass die Politiker selbst immer weniger Macht haben bzw. diese an die Märkte abtreten. Einfach gesagt: Was die (freien) Märkte bestimmen, bestimmt nicht das Volk. Wer will denn Politiker wählen, die grosse Probleme/Ungerechtigkeiten wie z.B. die zu hohen Lohnunterschiede nicht angehen können, weil diese marktwirtschaftlich bestimmt werden und der Staat hier nichts zu sagen hat? Früher (60er/70er-Jahre) war zumindest in der Schweiz der höchste Lohn der eines Bundesrates, niemand aus der Wirtschaft hatte mehr verdient. Heute verdienen gewisse Manager teils mehr als hundert Mal so viel.

Diese Diskrepanz zeigt meiner Meinung nach einen Bedeutungsverlust, der auch mit der Internationalisierung der Wirtschaft zu tun hat. Heute ist es für Unternehmer viel einfacher, ihre Firmen ins Ausland zu verlegen, womit sie ein sehr starkes Druckmittel haben, das sie für ihre Zwecke einsetzen können. Die nationale Politik kann hier einfach nicht mehr mithalten, die Wirtschaftspolitik wird ihr von innen oder aussen aufgezwungen. So lassen sich die einzelnen Länder auch viel besser gegeneinander ausspielen um Steuervorteile oder ähnliches zu erhalten. Da man aber nicht mehr zur (nationalen) Wirtschaftspolitik der 60er-Jahre zurück kann, braucht es hier neue, supranationale Ansätze. Ohne diese wird der Bedeutungsverlust der Politik endlos weiter gehen, womit auch die Stimmbeteiligung sinken wird.