Meine Meinung dazu: Wo kämen wir hin, wenn in Zukunft in der Literatur jede Figur, die sich in irgendeiner Form als Identifikationsfigur eignet, ausschließlich politisch korrekt, unsexistisch, tolerant etc. handeln würde?
Meiner Meinung nach schlussendlich zu einer besseren Welt; auch, wenn der Übergang für all jene, die sich an gewisse Formen der Unterhaltung als „normal” gewöhnt haben, schmerzhaft wäre (und ist; sonst gäbe es hier nicht diese Widerstände).
Was spricht gegen einen sexistischen Dämon, einen schwulenhassenden imperialen Soldaten, einen Behinderte diskriminierenden Kommissar, einen rassistischen Zwerg, einen sadistischen Space Marine? Gar nichts.
Richtig, gar nichts. Ich würde auch gerne Geschichten lesen, in denen das thematisiert wird. Sehr wichtig ist aber, dass es in erster Linie der Autor ist, der in seinem Text anlegt, wie der gelesen wird. Wenn in einer Geschichte ein diskriminierender Kommissar auftaucht, ist wichtig, wie die Mitcharaktere und das Universum auf ihn reagieren. Unterstützen ihn die anderen Charaktere trotz seiner menschenverachtenden Reden und Taten vorbehaltlos, loben ihn deshalb vielleicht sogar? Wird derjenige vom Universum „belohnt”, der die diskiminierendsten Sprüche loslässt, weil er eher befördert wird oder materielle Vorteile erringt? Bei einer solchen Darstellung würde implizit das Bild vermittelt, dass es lobens- und lohnenswert sei, sich so zu verhalten. Und es ist der Autor, der das Verhalten der Mitcharaktere und des Universums festlegt!
In unserer gegenwärtigen Gesellschaft gehört diskriminierendes Verhalten nicht zur akzeptierten Norm; aber jeder Text, der es so darstellt, als sei es akzeptierte Norm, verschiebt auch die Norm im Kopf des Lesers und damit die der Gesellschaft. Schreiben ist eine gesellschaftlich verantwortungsvolle Aufgabe, weil hier diskutiert und weitergegeben wird, was „gut”, „normal”, „erstrebenswert”, „schlecht”, „abartig”, „bestrafenswert” usw. ist und das dann Auswirkungen auf die ganz realen Handlungen der Leser hat. Als Autor auf den „mündigen Leser” zu verweisen und diesen die Implikationen meines Textes ausknobeln zu lassen, wenn ich bewusst positive Anreize geben und ein menschlicheres Weltbild schaffen kann, halte ich bei all den Autoren, die geschriebene Texte bewusst zu Propagandazwecken und zum Manipulieren verwenden und die drum gar keinen mündigen Leser haben wollen, für fahrlässig.
Also ja, gerne Figuren mit negativen, kontroversen und kritischen Eigenschaften; aber immer auch ein bewusstes Statement, dass die Eigenschaften negativ, kontrovers und kritisch sind und im gesellschaftlichen handeln nicht erwünscht.
Ich habe im Diskussionsthread Vorschläge für Themen kommender Wettbewerbe gemacht.