Bei den Unterkünften
Beim verdammten Thron!
Eremias saß aufrecht und hell wach in seinem Bett. Er hatte verschlafen.
In seinem Alter schlief er für gewöhnlich nicht länger als ein paar Stunden und seine innere Uhr hatte ihn bisweilen stets pünktlich aufwachen lassen. Nicht so heute. Erst das Schlagen der Glocken hatte ihn aus seinem unruhigen Schlaf gerissen und so saß er mit Schweißperlen auf der Stirn und ein wenig zittrig mit an die Brust gezogenen Knien da und klammerte sich an seine dünne Decke, die er bis zum Kinn gezogen hatte. Er brauchte einen Moment, um den Schock abzuschütteln und seine blassen Beine aus dem Bett zu schwingen. Mit nackten Füßen lief er über den kalten Boden und hinüber zur Waschschüssel. Er spritze sich zwei Hände Wasser ins Gesicht und fuhr sich mehr symbolisch als reinigend mit je einer Hand voll Wasser unter die Arme. Er verspritzte dabei gut die Hälfte und trat auf der Stelle auf nassem, kalten Stein, während er sich mit einem Tuch trocken rieb. Das Läuten der Andachtsglocken und sein nervöses Gemurmel begleiteten ihn, als er in der kleinen Kammer hinüber zum Wäscheschrank ging, eine neue Kutte und Schuhe überstreifte und dann auf einem kleinen Tisch die Hand voll Arbeitspapiere zusammensuchte, die er gestern zurecht gelegt hatte. Zu einem dichten Stapel zusammen gerafft, legte er sie nun doch noch ein Mal aus der Hand und ging hinüber zu dem kleinen Imperiumsschrein, der am Fußende seines Bettes lag. Ein scheußliches Ding, nach Eremias Meinung. Es war ein schmuckloses Gebilde aus den Insignien der heiligen Kirche, der Inquisition und dem Thron zu Terra; von einem namenlosen Pontifex gesegnet. Es gehörte zur Standardinventur in diesen Gemäuern und Eremias hatte nie viel um Gebete gegeben. Er kam sich albern dabei vor, seine Worte an jemanden zu richten, der ihn entweder nicht hören konnte oder aber viel zu beschäftigt war, als dass er ihm Gehör schenken würde. Er pflegte seine Bitten und Wünsche meist herunter zu schlucken. Im Dienste der Inquisition war wenig Platz für persönliches Glück.
Die Glocken waren bereits verklungen. Nichts desto trotz kniete er sich für den Augenblick hin, wobei seine Knie hörbar knackten, legte flüchtig einen Finger an das metallene Gebilde und summte ein bisschen unverständliches Zeug, während er an frisches Obst, warme Sonnenstrahlen und guten Tabak dachte. Nach wenigen Sekunden erhob er sich wieder, nahm den Stapel Papier an sich und ging in Richtung Flur. Vor seiner Tür hob er einen Arm, schnüffelte prüfend am Stoff an seiner Achselhöhle und steckte seine Nase in den Kragen seiner Kutte.
Wird schon gehen.
Mit diesem Befund verließ er schnellen Schrittes sein Quartier.
Zu den Unterkünften der Space Marines waren es nur ein paar Minuten, doch er beeilte sich und kam ein bisschen außer Atem, als er am Rande des Segmentums ankam. Er wartete außerhalb des Sichtbereichs und lauschte einen Moment. Wenn schon alle versammelt waren, wollte er nicht den Eindruck erwecken, er hätte sich verspätet oder etwas ähnlich Blamables. So beschränkte er sein Keuchen auf ein Minimum und setzte einen geschäftigen Gesichtsausdruck auf, als er um die Ecke bog.
Das Schauspiel war vollkommend vergeudet, denn vor den Quartieren sah er lediglich Ario und Jurin, die beiden Ordensdiener. Von den Astartes war nichts zu sehen. Er gesellte sich zu den beiden und begann zur Überschallung der erdrückenden Stille eine Unterhaltung über Belangloses:
"Guten Morgen. Zeit für den Vorstand beim Ordenspriester? Jaa, ja auch für unsere neuen Freunde wird es langsam ernst, was?"
Er nickte ein wenig nichtssagend und schaute in die Ferne. Er wusste nicht in wie weit die beiden aufgeklärt waren, doch er vermutete, dass Jurin ihn längst durchschaut hatte. Der Alte hatte mehr auf dem Kasten, als man ihm ansah. Eremias war selbstverständlich nicht zu dieser Veranstaltung geladen und genau genommen wusste er auch nicht, ob er eingelassen werden würde oder was ihn dort erwartete, doch er war so frei, es einfach drauf ankommen zu lassen. Die letzten Initiierungen hatte er durch seine Arbeit verpasst. Dieses Mal wollte er einfach mal Mäuschen spielen, wie es so schön heißt. Er blätterte abwesend durch den Stapel Papiere, die er im Arm trug und blickte fragend zu den beiden Dienern. Er wusste nicht, ob ihnen nach reden zu Mute war.