Ich finde, dass man hier erstmal zwischen zwei Parteien trennen muss:
1. Die Hobby-Spieler zuhause, die sich mit einem Kumpel auf ein Spiel bei Bier treffen.
2. Die Turnier-Szene.
Für die Turnier-Szene, auch wenn ich selber nicht in dieser spiele, sehe ich auch einige Entwicklungen kritisch. Hier braucht man ein System mit guten Regeln und optimalerweise einem klaren Balancing. Beides ist bei Warhammer 40k für diese Weise der Betrachtung nicht gegeben. Die Regeln lassen immer wieder viele Unklarheiten offen und zwischen manchen Codices bestehen sehr große Unterschiede im Balancing. D-Waffen, diverse Arten von Detachments, Dataslates, usw. bringen das Balancing immer wieder zum Schwanken und erlauben immer wieder irgendwelche Powerlisten von denen man im Netz immer wieder liest. Es ist fast nur noch die Frage, wer sich die fiesere Liste ausdenken kann und wer die Kohle & Zeit dafür aufwenden will, sich die (neuen) Schweinereien zu kaufen und die zu bemalen, und nicht mehr die primäre Frage, wer besser spielen kann.
In diesem Bereich wird man vermutlich über lang oder kurz nicht um sinnvolle Beschränkungen drumherum kommen. D-Waffen raus oder abschwächen, bestimmte Arten von Detachments ändern / verbieten, etc. Diese Regelungen müssen irgendwie vorgegeben werden bzw. die TO müssen sich irgendwie untereinander einigen (Gibt es nicht das GRC für sowas?), damit ein Turnier im Ruhrgebiet ähnlich / gleich zu spielen ist, als ein Turnier in München. Ansonsten stirbt die Turnier-Szene ggf. irgendwann aus, da die Turniere einfach ganz nicht mehr vergleichbar sind.
In der sogenannten "Bier&Brezel"-Szene sehe ich das vollkommen anders. Wir sind - überzählig - mündige Erwachsene und können untereinander sprechen.
"Ich bring heute Abend meinen Knight mit, ok?" - "Alles klar. Dann schau ich mal, dass ich ein paar schwere Waffen mehr einpacke."
Und wenn man merkt, dass klappt nicht, dann bekommt der andere eben mal XY Punkte mehr, damit sich das irgendwie ausgleicht, oder man spielt den Knight nur noch bei Apokalypse-Spielen. Ich sehe hier nicht das Problem, da meiner Meinung nach die schweigende Mehrheit der Leute zuhause die entspannten Partien spielt. Und hier wird man sich immer mit Hausregeln behelfen können um hinterher ein lustiges, ausgeglichenes Spiel hinzubekommen.
Ansonsten noch meine Meinung zum Thema "Balancing von Warhammer 40k":
So ein Spiel von Warhammer 40k auszubalancieren ist enorm schwierig bzw. nahezu unmöglich. Es gibt bestimmt einige sehr offensichtliche Ecken und Kanten, die man ohne großen Aufwand ausbügeln könnte, wie z.B. der Unterschied zwischen Space Wolve Graumähnen und Chaos Space Marines. Erstere kosten ca. 150 Punkte für 10 Space Marines mit Bolter, Boltpistole und Kettenschwert. Dazu bekommt man noch zwei Plasmawerfer hinterher geworfen. Die Chaos Space Marines müssen ca. 250 Punkte für einen vergleichbaren Trupp aufwenden, wenn man die Sonderregeln auch in etwa ausgleichen will. Da das sonstige Umfeld im Codex noch recht ähnlich ist (Schwere Waffen Trupps, Vindicator, Rhinos, Land Raider, etc.) finde ich den Punktunterschied von rund 100 Punkten einfach zu heftig. Aber es gibt einfach zu viele Ecken, welche sich nicht "mal eben" balancen lassen. Ich habe schon viele Leute über mathematische Simulationen sprechen gehört, aber dies ist kaum zu schaffen, da die Masse an Daten unfassbar riesig ist. Bei Warhammer hat man kein Raster in dem man sich bewegt (vgl. Schach), Einheiten erfüllen je nach Ausrüstung unterschiedlichste Rollen auf dem Schlachtfeld (z.B. Nahkämpfer vs. Fernkämpfer; Plasmawerfer gegen Infanterie vs. Melter gegen Fahrzeuge) und der Würfel bringt zusätzlich noch den Zufall mit sich. So können auch drei Terminatoren von einer Gitbrenna getötet werden, wenn man drei 1en beim Rüstungswurf würfelt. Die Informationen für ein gutes, automatisiertes Testverfahren wären extrem schwierig zu generieren und die anschließende Berechnung würde wohl im wahrsten Sinne des Wortes einen Super-Computer (
Klick mich) erfordern, da jeder normale Heimcomputer schon bei der Simulation von z.B. Schach schnell an seine Grenzen gerät.
Versteht mich hier aber auch nicht falsch: GW kann am Balancing noch etwas tun. Ich denke die 80/20 Regel ist hier ganz gut als Beispiel anwendbar. GW kann die 80% Balancing noch relativ einfach erreichen und das mit wenig Zeitaufwand (20%), aber die letzten 20% Balancing erfordern 4x soviel bzw. 80% der Zeit. Da aber regelmäßig neue Editionen, Codices und Co. herausgebracht werden, wird auch niemals ein perfektes Balancing erreicht, sofern gewisse Kernregeln (prominentes Beispiel: 6" Angriffsreichweite vs. 2W6" Angriffsreichweite) bei einer neuen Edition geändert werden. Möglich wäre dies nur in absehbarer Zeit, wenn man ein Regelwerk nimmt, mit Erratas und FAQ "perfektioniert" und alle Leute aus einem Codex spielen würden.
Insgesamt will ich sagen:
Man sollte bei den ganzen neuen Releases beachten, dass es im Grunde zwei Gruppen gibt, die sich hier unterhalten: Turnierspieler vs. "Bier&Brezel"-Spieler! Beide wollen unterschiedliche Dinge aus dem Spiel und werden sich in den Punkten wie Balancing und Co. wohl nie 100%ig einig werden. Und ein perfektes Balancing kann unter den aktuellen Gegebenheiten nie erreicht werden. GW hat hier Potential nach oben, welches mit mMn vertretbarem Aufwand erreichbar wäre, aber das perfekte Balancing im Sinne von z.B. Schach (Fähigkeiten der Spieler außen vor) wird niemals erreicht werden. GW ist eben eine Firma, welche Miniaturen produzieren möchte und dazu Regeln anbietet. Für mich persönlich und ich denke auch die meisten "B&B"-Spieler sind diese vollkommen ausreichend und alles andere wird mit (spontanen) Hausregeln nachgezogen. Für Turnierspieler sind diese nicht ausreichend und - meine persönliche Prognose - werden diese das auch niemals werden, da GW hier keinen gesteigerten Wert drauf zu legen scheint.