Zunächst einmal einen frohgemuten Gruß an die werte Forengemeinde!
Nicht zuletzt durch die (parlamentarische) Sommerpause ist es still geworden um die streitlustigen, aber auch informativen Politikthemen hier in der Fanworld. Ich vermute darüber hinaus allerdings, dass ein weiterer Grund dafür natürliche Faulheit ist, von der sich niemand ganz freisprechen kann: man liest etwas in der Zeitung oder im Internet, möchte prinzipiell gerne darüber reden, einen eigenen Strang darob zu eröffnen ist dann aber doch mühsam und womöglich nicht lohnenswert.
Um diese Strapazen (😉) zu ersparen, möchte ich gerne einem allgemeinen Politikthema Leben einhauchen, in dem alles besprochen werden kann, was sich innerhalb der deutschen Politik so tut (eine globale Erfassung scheint mir dann doch zu weitgespreizt und nicht unbedingt zielführend).
Um gleich mal einen Aufhänger zu geben, beginne ich mit dem tumultuarischen Gezänk um die Rente mit 67:
Die SPD hat gestern einstimmig beschlossen, dass die in der großen Koalition verabredete (stufenweise erfolgende) Rentenerhöhung für die nächsten Jahre ausgesetzt worden soll. Zunächst sei erforderlich, die Beschäftigungsrate der 60 bis 64 Jahre Alten auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen, nach Berechnungsgrundlage der SPD liegt die derzeitige Quote bei 21,5 Prozent (nachzulesen z.B. hier).
Schon nach Bekanntwerden der zugrundeliegenden Skepsis seitens der SPD (insbesondere um den Flügel Gabriel/Wowereit) meldete sich Volker Kauder, der Fraktionsvorsitzende von der CDU/CSU, zu Wort und zieh die SPD eines Paradigmenwechsels von "Ideologie statt Vernunft" (für das vollständige Interview mit Kauder s. hier). Ferner kritisieren auch andere Zeitgenossen diese Abkehr, beispielsweise der ehemalige Bundeskanzler Schröder wie auch der Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegießer, der gar Fahrlässigkeit und Populismus unterstellt.
In meinen Augen ist der nun eingeschlagene Kurs der SPD allerdings richtig, die Erhöhung des Rentenalters scheint mir bislang mehr Nebelkerze zu sein als ursächliche Bekämpfung der zugrundeliegenden Problematik. Zunächst einmal ist der zugrundeliegende Einwand des linken SPD-Flügels nicht gänzlich von der Hand zu weisen: bei einem tatsächlichen Renteneintrittsalter von Männern in Deutschland bei 61, bei Frauen sogar schon bei 60 Jahren (Quelle) mutet die Erhöhung auf 67 Jahre wie eine verdeckte Rentenkürzung an. Solange das reale Eintrittsalter nicht einmal nahe bei 65 Jahren liegt (dessen Einhaltung ja durchaus rigider - z.B. mit stärkeren Abstrichen der Rentenzahlung für jedes vorzeitige Jahr bei Austritt aus dem Arbeitsleben - verfolgt werden kann), denn derzeit arbeitet nur jeder Dritte bis zum 65. Lebensjahr, in physisch anspruchsvollen Berufen sogar noch deutlich weniger (Quelle).
Überdies sehe ich mich angesichts der Problematik der Altersarmut überhaupt erneut in meiner Sicht zur Einführung eines moderaten flächendeckenden Mindestlohns bestätigt; dazu zunächst einmal das Zahlenwerk zu den Zuschüssen zur Rentenkasse. Auf Seite 2 des Berichts werden die einzelnen Etats beleuchtet, für die die Bundesregierung im Jahre 2007 aufkommen musste. Oben genannter Zuschuss zur Rentenkasse schlug mit 78,5 Milliarden Euro zu Buche, das sind 27,72% des Gesamtetats. Den demographischen Faktor vor Augen muss man konzedieren: Tendenz steigend. Zum Vergleich: für die akkumulierten Sozialleistungen und -ausgaben gab der Bund 2007 38 Milliarden Euro bzw. 13,42% seines Etats zur Verfügung, das ist weniger als die Hälfte im Verhältnis zu der ersten Summe.
Um die Konsequenzen dieser schon strukturellen Verfestigung von Altersarmut zu begrenzen (was, wie wir gesehen haben, uns ungemein teuer kommt und noch teurer kommen wird), ist ein vernünftiger Lohn in allen Branchen mehr und mehr notwendig, damit die nötigen Rentenbeiträge überhaupt sukzessive im Laufe des Arbeitslebens in einer angemessenen Höhe geleistet werden können und nicht der Bund die gewaltigen Lasten tragen muss.
Im Übrigen sehe ich eine weitere beunruhigende Tendenz auf die Renten zukommen - da die Renten in Deutschland an die Lohnentwicklung und nicht an die Inflation angepasst sind, droht eine klandestine Entwertung dieser. Wie hier nachzulesen, halbiert die Inflation in rund 30 Jahren die Rente. Freilich kostete eine Kopplung der Rente an die Inflationsrate den Steuerzahler noch mehr Geld; Italien beispielsweise ächzt unter dem Gewicht dieser Verbindung und muss mittlerweile mehr als ein Drittel seines Etats für die Renten aufbringen. Hier wären also alternative Einkommensquellen gefragt.
Nun seid ihr am Zuge: wie seht ihr die Entscheidung der SPD? Welche Optionen/Anwendungen seht ihr vor oder würdet ihr umgesetzt sehen wollen?
(Es wäre schön, wenn der Themenwechsel nicht ganz so schnell eintritt, damit eine achtbare Diskussion sich voll entwickeln kann und die Peripetien der Disputförderung sich inhaltlich niederschlagen - grundsätzlich aber soll ein jeder sein Anliegen deutscher Politik hier vortragen können. ^_^)
Nicht zuletzt durch die (parlamentarische) Sommerpause ist es still geworden um die streitlustigen, aber auch informativen Politikthemen hier in der Fanworld. Ich vermute darüber hinaus allerdings, dass ein weiterer Grund dafür natürliche Faulheit ist, von der sich niemand ganz freisprechen kann: man liest etwas in der Zeitung oder im Internet, möchte prinzipiell gerne darüber reden, einen eigenen Strang darob zu eröffnen ist dann aber doch mühsam und womöglich nicht lohnenswert.
Um diese Strapazen (😉) zu ersparen, möchte ich gerne einem allgemeinen Politikthema Leben einhauchen, in dem alles besprochen werden kann, was sich innerhalb der deutschen Politik so tut (eine globale Erfassung scheint mir dann doch zu weitgespreizt und nicht unbedingt zielführend).
Um gleich mal einen Aufhänger zu geben, beginne ich mit dem tumultuarischen Gezänk um die Rente mit 67:
Die SPD hat gestern einstimmig beschlossen, dass die in der großen Koalition verabredete (stufenweise erfolgende) Rentenerhöhung für die nächsten Jahre ausgesetzt worden soll. Zunächst sei erforderlich, die Beschäftigungsrate der 60 bis 64 Jahre Alten auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen, nach Berechnungsgrundlage der SPD liegt die derzeitige Quote bei 21,5 Prozent (nachzulesen z.B. hier).
Schon nach Bekanntwerden der zugrundeliegenden Skepsis seitens der SPD (insbesondere um den Flügel Gabriel/Wowereit) meldete sich Volker Kauder, der Fraktionsvorsitzende von der CDU/CSU, zu Wort und zieh die SPD eines Paradigmenwechsels von "Ideologie statt Vernunft" (für das vollständige Interview mit Kauder s. hier). Ferner kritisieren auch andere Zeitgenossen diese Abkehr, beispielsweise der ehemalige Bundeskanzler Schröder wie auch der Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegießer, der gar Fahrlässigkeit und Populismus unterstellt.
In meinen Augen ist der nun eingeschlagene Kurs der SPD allerdings richtig, die Erhöhung des Rentenalters scheint mir bislang mehr Nebelkerze zu sein als ursächliche Bekämpfung der zugrundeliegenden Problematik. Zunächst einmal ist der zugrundeliegende Einwand des linken SPD-Flügels nicht gänzlich von der Hand zu weisen: bei einem tatsächlichen Renteneintrittsalter von Männern in Deutschland bei 61, bei Frauen sogar schon bei 60 Jahren (Quelle) mutet die Erhöhung auf 67 Jahre wie eine verdeckte Rentenkürzung an. Solange das reale Eintrittsalter nicht einmal nahe bei 65 Jahren liegt (dessen Einhaltung ja durchaus rigider - z.B. mit stärkeren Abstrichen der Rentenzahlung für jedes vorzeitige Jahr bei Austritt aus dem Arbeitsleben - verfolgt werden kann), denn derzeit arbeitet nur jeder Dritte bis zum 65. Lebensjahr, in physisch anspruchsvollen Berufen sogar noch deutlich weniger (Quelle).
Überdies sehe ich mich angesichts der Problematik der Altersarmut überhaupt erneut in meiner Sicht zur Einführung eines moderaten flächendeckenden Mindestlohns bestätigt; dazu zunächst einmal das Zahlenwerk zu den Zuschüssen zur Rentenkasse. Auf Seite 2 des Berichts werden die einzelnen Etats beleuchtet, für die die Bundesregierung im Jahre 2007 aufkommen musste. Oben genannter Zuschuss zur Rentenkasse schlug mit 78,5 Milliarden Euro zu Buche, das sind 27,72% des Gesamtetats. Den demographischen Faktor vor Augen muss man konzedieren: Tendenz steigend. Zum Vergleich: für die akkumulierten Sozialleistungen und -ausgaben gab der Bund 2007 38 Milliarden Euro bzw. 13,42% seines Etats zur Verfügung, das ist weniger als die Hälfte im Verhältnis zu der ersten Summe.
Um die Konsequenzen dieser schon strukturellen Verfestigung von Altersarmut zu begrenzen (was, wie wir gesehen haben, uns ungemein teuer kommt und noch teurer kommen wird), ist ein vernünftiger Lohn in allen Branchen mehr und mehr notwendig, damit die nötigen Rentenbeiträge überhaupt sukzessive im Laufe des Arbeitslebens in einer angemessenen Höhe geleistet werden können und nicht der Bund die gewaltigen Lasten tragen muss.
Im Übrigen sehe ich eine weitere beunruhigende Tendenz auf die Renten zukommen - da die Renten in Deutschland an die Lohnentwicklung und nicht an die Inflation angepasst sind, droht eine klandestine Entwertung dieser. Wie hier nachzulesen, halbiert die Inflation in rund 30 Jahren die Rente. Freilich kostete eine Kopplung der Rente an die Inflationsrate den Steuerzahler noch mehr Geld; Italien beispielsweise ächzt unter dem Gewicht dieser Verbindung und muss mittlerweile mehr als ein Drittel seines Etats für die Renten aufbringen. Hier wären also alternative Einkommensquellen gefragt.
Nun seid ihr am Zuge: wie seht ihr die Entscheidung der SPD? Welche Optionen/Anwendungen seht ihr vor oder würdet ihr umgesetzt sehen wollen?
(Es wäre schön, wenn der Themenwechsel nicht ganz so schnell eintritt, damit eine achtbare Diskussion sich voll entwickeln kann und die Peripetien der Disputförderung sich inhaltlich niederschlagen - grundsätzlich aber soll ein jeder sein Anliegen deutscher Politik hier vortragen können. ^_^)