Ich würde das nicht als Stolz, sondern als Gefühl der Zufriedenheit bezeichnen. Natürlich mag ich das Land in dem ich lebe. Wenn ich aber in der Altstadt einer Deutschen Stadt stehe, beeindruckt von den historischen Bauten bin und mich auf das leckere lokale Essen freue, dann bin ich nicht Stolz auf meine "deutschen Vorfahren", die die Gebäude gebaut haben oder den "Deutschen Koch" der mir das "deutsche" Essen kochen wird, sondern ich fühle mich in meiner Heimat wohl. Wenn mich mein Lebensumstände ins Ausland führen würden, dann würde ich mich dort ebenso wohl fühlen. Stolz ist meiner persönlichen Meinung nach etwas, das der eigenen Leistung vorbehalten ist. Die eigenen Kinder mögen da eine (kleine) Ausnahme sein 🙂.
Stolz ist natürlich als "Gefühl großer Zufriedenheit" definiert. Ich habe nichts gegen Stolz, also dagegen sehr zufrieden zu sein. Aber das Land mit ins Spiel zu bringen, also den Nationalstolz, finde ich überflüssig. Denn die Nation an sich hat nichts dazu beigetragen, es sind immer Individuen die etwas schaffen auf das ich stolz sein kann. Es hat nichts mit dem "Deutsch sein" zu tun, dass dies oder jenes so ist wie es ist. Der Mittelalterliche Baumeister hätte das Rathaus der Stadt X auch dann so wunderschön gebaut, wenn die Geschichte anders verlaufen wäre und man andere Herrscher gehabt hätte (als fiktives Beispiel mag das Grenzgebiet zweier Länder gelten; also man hätte genau so schöne Gebäude im Saarland, wenn es im Laufe der Geschichte französisch geworden wäre [bis heute], es ist total egal ob die Menschen dann dort auf Frankreich oder auf Deutschland stolz wären, das was ihre Vorfahren geschaffen haben ist von Nationen, Staaten, Sprachen und genetischer Abstammung unabhängig, sie hätten einen begabten Baumeister, darüber kann man sich freuen, man darf sich in der Heimatstadt wohl fühlen. Aber zu sagen "im bin stolz Deutsch zu sein, weil die deutschen Bauherren dieses wunderbare Rathaus im Mittelalter errichtet haben", empfinde ich als falsch; vor allem schon weil auch Baumeister anderer Nationalität am Bau teilgenommen haben werden).
Und irgendwelchen Bezug zu Deutschland habe ich nicht wirklich. Eben weil die Geschichte so viele Wanderungen von Volksgruppen, wechselnde Herrscher und regionale Traditionen hervorgebracht hat. Ich kann einfach nicht stolz auf etwas sein, nur weil es jemand gemacht hat, der im gleichen Staatengebilde lebt wie ich. Ich bin zwar aus Prinzip Fan von Hannover 96, wenn es um Fußball geht, aber Stolz auf meine Heimatmannschaft kann ich nicht wirklich sein, denn der Kader wechselt von Saison zu Saison und Hannoveraner spielen kaum noch in der Mannschaft (konkret schafft es ab und an mal einer aus der Jugend in die A-Mannschaft, der wird dann aber verkauft wenn er gut genug sein sollte). Dieses Fußballbeispiel zeigt eigentlich recht gut, dass "Stolz auf Deutschland sein" eine totale Illusion ist, man kann das auf alle Bereiche der Gesellschaft übertragen, nichts ist im Kern "Deutsch" - wie definiert ihr Deutsch sein überhaupt? Mitglied in der aktuellen Republik sein, die es in 100 Jahren vielleicht nicht mehr gibt? Genetische Verwandtschaft mit Volksgruppe X die im Jahre Y auf dem Gebiet der aktuellen BRD gesiedelt haben? Wer sich mal mit den Völkerwanderungen, der Entstehung der Mittelalterlichen Reiche/Staaten (ich sage nur Karl der Große, irgendwie sind wir doch alle Fran(ken)zosen 😉) beschäftigt, merkt bald, dass "stolz auf Nation X" sein recht lächerlich ist.