[...]in die Bildung wird allgemein deutlich zu wenig Geld investiert,[...]
Ich glaube mittlerweile, dass das weitgehend völlig unerheblich ist. Erstaunlicherweise schneiden die Bundesländer, die konstant am meisten Geld für ihre Schulbildung investieren, bestenfalls mäßig ab (Thüringen), gerne aber auch katastrophal (Berlin). Sachsen oder Bayern fahren regelmäßig Spitzenergebnisse ein, wenden aber verhältnismäßig wenige Geldmittel auf. Dass ein gewisser Grundstock an laufenden Kosten finanziert werden muss, sollte klar sein, aber bei einem grundlegend falschen Bildungssystem helfen auch die ständigen Rufe nach mehr Geld nicht weiter. Zunächst einmal meine ich, dass Bildung zentralisiert werden muss: es kann nicht sein, dass dieselbe Arbeit in Baden-Württemberg mit "Ausreichend" und in Meckelnburg-Vorpommern mit "Gut" bewertet wird (abzüglich der persönlichen Einschätzung eines jeden Lehrers); und mit einem Zentralabitur meine ich nicht, dass der niedrigste Level für alle gilt. Das wird ja immer weiter vorangetrieben (Sitzenbleiben wird perpetuierlich abgeschafft, zwei Jahrgänge in eine Klasse gelegt, Lotteriesystem bei der Auswahl fürs Gymnasium angewandt, die Anzahl an Punkten für eine Note beständig heruntergesetzt - derzeit noch nicht alles und nicht überall (Berlin ausgenommen), aber trotz aller Proteste des Philologenverbandes wird ja genau daran gearbeitet) und ist meines Erachtens der eigentliche Grund, warum wir uns derart lausiger Ergebnisse "erfreuen".
Man muss sich auch einfach nur die Kompetenzkataloge mit den Anforderungen mit vollem Bewusstsein durchlesen, da ist derart oft von einer diffusen Kompetenz zum "problemorientierten Denken" oder ähnlichen Schnörkeln die Rede, dass der eigentliche Inhalt mehr und mehr zurücktritt (s. auch den exzellenten Artikel "
Biologie ohne fachwissenschaftliche Inhalte"). Ich schätze mich mithin als linksliberal ein, aber in der Bildungspolitik verfolgte ich einen konservativeren Kurs (natürlich nicht im Sinne der Konservierung des jetzt Bestehenden): konzentrierte und anhaltende Arbeit mit und am Text, klare Leistungskriterien auch in den Geisteswissenschaften, die selbstverständlich die Erlernung der hermeneutischen Kriterien voraussetzen, viel mehr Wertsetzung auf Einzelarbeit denn auf gutgemeinte und doch kontraproduktive Gruppenarbeiten, deren Ergebnisse im Anbetracht des Zeitaufwandes oftmals kläglich ausfallen. Oder mal ein anderes plastisches Beispiel: die zu übersetzenden Texte für das schriftliche Abitur in Latein waren in den fünfziger und sechziger Jahren nicht nur um 40% länger als die heutigen, sondern mussten auch ohne jedwedes Wörterbuch bewältigt werden, meines Wissens in derselben Zeit wie heute. Ich habe da doch den Verdacht, dass heutige Schüler notorisch unterschätzt werden, dümmer geworden sind diese ja wohl schwerlich in einem derartigen Maße, als dass man sie so zimperlich anfassen müsste.