Wichtig: Volkserhellung!

ArtCrusade

Codexleser
15. Februar 2012
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ACHTUNG, VOLKSERHELLUNG!!!

Standard/Standart:

Die Art und Weise zu stehen. Ob man auf einem Bein steht oder auf 2; ob man wackelig steht oder firm. Außerdem ist es - und Wikipedia bestätigt dies - eine häufig vorkommende Falschschreibung des Begriffs "Standard". Da diese Schreibart hier "Standard" ist, wollte ich über die Unterschiede dazwischen aufklären.

Das/Dass:

Das Wort "dass" ist meistens eine neutrale Subjunktion, die auf Objekt-, Subjekt- oder Attributsätze folgt und wird meistens nach Ausdrücken der Sicherheit verwendet. Ein Beispiel wäre "Ich war so traurig über die katastrophale Rechtschreibung vieler Forum-User, dass ich sogar diesen Thread schrieb". Oder für Normalos: verwendet "das" nach einem Komma, wenn der danach folgende Satz lediglich ein Nomen beschreiben soll. Beispiel: "Ich breche in das Haus ein, das die Untermenschen beherbergt, die mir diese Arbeit machen". Allgemeiner: könnt ihr "das" mit "jener" oder "welcher" ersetzen lasst das zweite S weg.

Thread/Threat:

Aus dem Englischen stammend verwirren diese zwei ähnlich klingenden Begriffe viele deutsche Forum-User. Zu beachten ist, dass die Bedeutung entgegen der landläufigen Meinung nicht die selbe ist, nein! In Wirklichkeit bedeutet "threat" Gefahr - und das in zwei Hinsichten! Zum Einen im wörtlichen Sinne. Zum Anderen darin, dass ihr Gefahr lauft mich euch stalken zu lassen.

Genitiv-/Dativ-Nutzung:

Tja. Ein altes Thema will man meinen. Auch ein lediges bedenkt man, dass es schon Bücher zu dem Thema gegeben hat wie zum Beispiel "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod. Besonders die heutige Jugend ist von diesem Thema betroffen, wobei auch ältere Generationen sich hier ebenfalls Blößen geben. Die Rede ist von der korrekten Nutzung des Dativs und des Genitivs. Bei gängigen Präpositionen wird in der Umgangssprache zumeist der Dativ durch den Genitiv ersetzt. Da wir uns hier aber weder auf dem Bolzplatz noch auf der Grundschule befinden möchte ich gerne detaillierte Aufklärung betreiben.
Zur Erklärung: den Genitiv verwenden wir um Besitz- und Eigentumsverhältnisse auszudrücken. Beispiel: "Wessen Gewehr ist es, dessen Lauf sich direkt auf mein Gedankenzentrum richtet?" Antwort: "Meine, solltet ihr diese Lektion nicht kapieren." Das ist jedenfalls die verbreiteste Nutzung, nämlich der Genitivus Possessivus. Darüber hinaus bezeichnet der Genitiv Eigenschaften ("Sprache zweiter Klasse"), eine Beziehung des Anteils ("Hauptaspekt des Sprachproblems"), die Quelle einer Handlung ("Die Bestrafung des Schreibers"), das Ziel einer bestimmten Handlung ("Erlernung der Grundfertigkeiten"), eine nähere Erklärung eines Nomens ("Strom der Hoffnung: der Thread zum Thema Rechtschreibung!"), als Ausdruck höchster Qualität ("Deutsch, oh Sprache der Sprachen!") oder als Bezeichnung der Urheberschaft ("ArtCrusade's 1. Ragethread").
Wenn ihr also in Zukunft gefragt werden solltet, wessen Liste ihr kopiert habt, so antwortet nicht "Dem Typen X da seine Liste." sondern "Die Liste des Typen X!"


Sollte weiterer Bedarf an Aufklärung notwendig sein so kann ich das gerne auf PN-Anfrage nachtragen. Diesen Thread habe ich erstellt, da ich mir das Ganze lange genug gelesen habe und dessen überdrüssig wurde. Hoffentlich konnte ich einigen von euch helfen euren Sprachhorizont zu erweitern! Und nehmt die sarkastischen Spitzen nicht zu ernst, es ist nur zu Eurem Besten! Solltet ihr aufmerksam werden auf User, die eine.. Sprachstütze.. brauchen könnten, so verweist sie doch auf diesen Thread um ihnen die Dinge leichter und verständlicher zu machen!


Gruß,
ArtCrusade 😉
 
Eigentlich eine schöne Zusammenstellung der üblichen Fehler und wie es richtig zu machen wäre.
AAAAAAAAAABER leider ist es meiner Erfahrung nach zu hochtrabend geschrieben. Würde ich dies meinen Schülern vorlegen, die diese Fehler regelmäßig machen, würden sie im Nachhinein weniger verstehen als vorher.

Zur Erklärung: den Genitiv verwenden wir um Besitz- und Eigentumsverhältnisse auszudrücken. Beispiel: "Wessen Gewehr ist es, dessen Lauf sich direkt auf mein Gedankenzentrum richtet?" Antwort: "Meine, solltet ihr diese Lektion nicht kapieren."
War der Numerus-Fehler in der Antwort jetzt beabsichtigt? 😉

oder als Bezeichnung der Urheberschaft ("ArtCrusade's 1. Ragethread")
Konsequenterweise hättest Du auch die korrekte Benutzung des Apostrophs im Deutschen mit aufnehmen sollen. In unserer Sprache wird der Apostroph nur beim Genitiv verwendet, wenn das den Urheber beschreibende Wort auf einen S-Laut endet, wobei der Apostroph dann das zusätzliche Genitiv-S ersetzt:
"Ist dies jetzt Salomos Weisheit? Nein, aber hoffentlich Johannes' Offenbarung."
😉
 
"Ich breche in das Haus ein, das die Untermenschen beherbergt, die mir diese Arbeit machen".
Ein richtiger Rechtschreibnazi 😀

Und was ist mit malen/mahlen? Das habe ich hier auch schon öfter gesehen, und die Figuren sahen garnicht gemahlt aus ^^
 
Ein richtiger Rechtschreibnazi 😀

Und was ist mit malen/mahlen? Das habe ich hier auch schon öfter gesehen, und die Figuren sahen garnicht gemahlt aus ^^

Also wenn eine Figur sch... bemalt ist, dann kann man sie doch entfärben. Muss es denn gleich mahlen sein? Dafür sind die zu teuer.
 
Was ich vor dem Hintergrund dieses Forums gerne hinzugefügt sähe: "Errata" ist der Plural von "Erratum". Das Erratum ist ein Neutrum, daher sieht der Plural aus wie der Singular von anderen Feminina. So etwas wie "Erratas" gibt es nicht; und es ist mir mithin egal, wenn GW selbst diesen Fehler bei mancherlei Gelegenheit macht, es wird dadurch nicht richtiger.

Eine andere Sache betrifft die stetig zunehmende Verwechslung von "anscheinend"/"offenbar" und "scheinbar", die mittlerweile sogar gewiefte Nutzer trifft, die sich sonst kaum eines Vergehens gegen den Stil schuldig zeichnen. "Scheinbar" bedeutet "nur dem Schein nach", beispielhaft in dem Satz "Scheinbar war Paul krank, er erfreute sich allerdings bester Gesundheit", "anscheinend"/"offenbar" dagegen beschreiben den phänomenologischen Sachverhalt, der offenliegend zu sein scheint (ob sich nun der Betrachter dabei täuscht oder nicht, ist erst einmal unerheblich).
 
. Da wir uns hier aber weder auf dem Bolzplatz noch auf der Grundschule befinden möchte ich gerne detaillierte Aufklärung betreiben.

Pff, Präskriptivismus. Der Genitiv ist im mündlichen Sprachgebrauch mehr oder weniger tot, Sprachentwicklung hält man nicht auf (vermutlich haben um 700 rum die Angelsachsen auch gemeckert, weil nach und nach der Großteil der Deklination, mehrere Kasus und Pluralendungen verschwunden sind - Deutsch mit seiner Grammatik auf mittelenglischem Niveau hat da noch eine lange Reise vor sich 😉). Im Fremdsprachenunterricht Deutsch gibt es mittlerweile Lektionen, die sich mit dem Unterschied zwischen Schriftsprache und gesprochener Sprache beschäftigen, damit die Lerner in der Lage sind, angemessene Register zu wählen; der Genitiv im mündlichen Gebrauch wirkt heute nicht mehr sonderlich angemessen, sondern altmodisch. Internetkommunikation wie Email und Forenposts neig aber dazu, sich am mündlichen Gebrauch zu orientieren.

n unserer Sprache wird der Apostroph nur beim Genitiv verwendet

Und bei Auslassungen sowie bestimmten Ortsnamen wie D'Horn (da ist das keine Auslassung, der Ort heißt seit Ewigkeiten so). 🙂
 
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Pff, Präskriptivismus. Der Genitiv ist im mündlichen Sprachgebrauch mehr oder weniger tot, Sprachentwicklung hält man nicht auf (vermutlich haben um 700 rum die Angelsachsen auch gemeckert, weil nach und nach der Großteil der Deklination, mehrere Kasus und Pluralendungen verschwunden sind - Deutsch mit seiner Grammatik auf mittelenglischem Niveau hat da noch eine lange Reise vor sich 😉).
Deskriptive Grammatik, wie sie bei Deutsch und Englisch genutzt wird, kann ein Segen und ein Fluch sein. Ein Segen, weil wir unnötige Konstruktionen nicht künstlich über Jahrhunderte festhalten, ein Fluch, wenn ich mir die Redeweise vieler Jugendlicher anhöre und mir vorstelle, wie unsere Grammatik dadurch in 25 Jahren vielleicht aussehen wird...


Und bei Auslassungen sowie bestimmten Ortsnamen wie D'Horn (da ist das keine Auslassung, der Ort heißt seit Ewigkeiten so). 🙂
Ich bezog mich auch ausschließlich auf die Verwendung beim Genitiv.
 
Weder noch. Codices.
Zum Plural von Codex noch was; wenn man die deutsche Schreibweise mit K wählt, ist laut Duden Kodexe oder Kodizes akzeptabel. Sobald vorne ein C steht, fallen -odexe und -odizes weg, das ist in dem Fall beides falsch.
Stilistisch stimme ich unbesehen zu. Grammatisch bin ich in der Hinsicht wesentlich flexibler: recht eigentlich sollte es auch "placieren", wenigstens aber "plazieren" sein, da hat die sprachliche Konvenienz auch ihres Amtes gewaltet (ebenso bei vielen lateinischen Fremd- und Lehnwörtern wie Antecedens/Antezedens oder cerebral/zerebral), ganz zu schweigen von griechischen Begriffen. Bei der heutigen Beliebigkeit einiger Begriffe (T(h)unfisch, Pant(h)er) halte ich es nicht unbedingt für einen schweren Fehler, "Codizes" zu schreiben, gleichwohl es dem sprachlichen Äquivalent einer Kombination aus Jogginghose und Smoking ähnelt.
Abgesehen davon wäre es doch Merkmal präskriptiver Grammatik, "Codizes" als unumstößlich falsch zu klassifizieren, oder?
Pff, Präskriptivismus.
...und daher: die bloße Angst vor der generativen Grammatik treibt Dich um, mein Lieber. 😀
 
wenn ich mir die Redeweise vieler Jugendlicher anhöre und mir vorstelle, wie unsere Grammatik dadurch in 25 Jahren vielleicht aussehen wird..

Jein. Wenn ich mich so umschaue bei den Jugendlichen, sind mir zwei Dinge aufgefallen: erstens scheint "Ich Kino" eher ein urbanes Phänomen zu sein, zweitens bleibt von Jugendsprache meistens nicht viel übrig (wie ich letztens traurigerweise feststellen musste, als ich im Seminar was gesagt habe und mir veraltete Jugendsprache attestiert wurde 😉) und drittens sind die meisten doch in der Lage, in offiziellen Situationen so was wie Hochdeutsch zu sprechen. Außerdem bestimmen ohnehin Mittelschichtfrauen, was richtig und falsch ist 😉.


Abgesehen davon wäre es doch Merkmal präskriptiver Grammatik, "Codizes" als unumstößlich falsch zu klassifizieren, oder?

Ich ordne für mich selbst gesehen (keine Ahnung, wie die Forschung das sieht) Orthographie nicht wirklich bei der Grammatik ein, weil Orthographie mehr oder weniger willkürlich ist; selbst phonetisches Schreiben funktioniert nicht dauerhaft, sobald man ein Regelsystem dafür festlegt, eben weil sich auch Aussprache ständig ändert - die Regeln sind eben immer nur eine Art Screenshot einer relativ kurzen Periode; im Englischen erkennt man ganz gut, dass man da irgendwann ein phonetisches Gerüst dahinter hatte, was mittlerweile so weit verloren gegangen ist, dass viele Muttersprachler Probleme haben, ihnen unbekannte Worte richtig auszusprechen, wenn sie sie lesen (daran sieht man, dass die deutsche Rechtschreibung vergleichsweise neu ist).

Bei der deutschen Rechtschreibreform waren jedenfalls offenbar nicht viele tatsächliche Linguisten beteiligt, viel zu viel folk etymology und laienhafte Erklärungen dabei für ein echtes Expertengremium, deswegen ist das Ergebnis IMO auch so schlecht - aber als Opfer sämtlicher Änderungen seit 1996 mag man mir die Meinung verzeihen 😉.

Zu den Codices: ich habe an sich auch nichts gegen Codizes; Rechtschreibung nach Duden ist eh nur für den amtlichen Verkehr und Schulen verbindlich. 😀
 
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Morphologie [...] Somit sind Rechtschreibung und Grammatik verschiedenen Bestandteilen der Linguistik zuzuordnen.
Morphologie ist Bestandteil einer jeden Grammatik, so nahtlos, wie Du die Übergänge hier zeichnest, sind sie mitnichten. Wenn ein Lautwandel stattfindet (Beispiel: Rhotazismus), ist es Aufgabe sowohl von Morphologie, Phonologie wie Graphematik, zu überprüfen, welche grammatischen Eigenarten sich auftun. Es ist nicht immer eindeutig einem Teilgebiet zuzuordnen (d.h. im Voraus), immerhin wirken sich Veränderungen der Laut- auch auf die Schriftsprache aus und bisweilen, wenn auch seltener, umgekehrt. Es ist gut möglich, dass wir etwa durch angelsächsische oder chinesische Einflüsse dereinst mehr als unsere rund 40 Phoneme haben werden, was sich natürlich direkt auf die ohnehin schwindelerregend große Zahl der Morpheme auswirkt. Da käme doch auch keiner auf die Idee, zu behaupten, es handele sich ausschließlich um ein Phänomen dieses oder jenen Teilbereichs - es bestehen gut erkennbare Schnitt- und Teilmengen.
Abgesehen davon halte ich "Orthografie" für ein blatantes ästhetisches Verbrechen. 😛
 
Oho, ein Thema um der Rettung der deutschen Sprache willen. Sehr nett. 😉

Bei der heutigen Beliebigkeit einiger Begriffe (T(h)unfisch, Pant(h)er) halte ich es nicht unbedingt für einen schweren Fehler, "Codizes" zu schreiben, gleichwohl es dem sprachlichen Äquivalent einer Kombination aus Jogginghose und Smoking ähnelt.
Dazu hebe ich gleich zweimal die Augenbrauen:
1. Seit wann schreibt man die Fischart und die Großkatze ohne "h"? Das wäre mir vollkommen neu.
2. Daß strenggenommen "Codices" richtig ist, war mir nicht bewußt. Danke, wieder etwas gelernt.

Abgesehen davon halte ich "Orthografie" für ein blatantes ästhetisches Verbrechen.
Ich gebe ja zu, daß ich selbst auf diesem Gebiet ein wenig willkürlich bin, dafür jedoch konsequent. Tatsächlich entscheide ich mich aus ästhetischen Gründen zwischen "ph" und "f". So schreibe ich "Foto" statt "Photo" (uuaargh), aber "Physik" statt "Fysik". Derartige Beispiele gibt es noch viele mehr. Im Falle der Orthographie stimme ich dir jedoch voll und ganz zu.


Rechtschreibung nach Duden ist eh nur für den amtlichen Verkehr und Schulen verbindlich. 😀
Selbst wenn du einen Smiley verwendest, frage ich, warum? Warum nur dort? Warum nicht auch für Bücher, gleich ob Lehrbücher oder Unterhaltung? Zeigt man dem Leser nicht mehr Achtung, wenn man einwandfrei schreibt? Steckt da vielleicht Bequemlichkeit dahinter?
 
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1. Seit wann schreibt man die Fischart und die Großkatze ohne "h"? Das wäre mir vollkommen neu.
Seit der letzten Rechtschreibreform von 2006 sind die Zügel beim Gebrauch von Fremdworten und manchen anderen Einzelfällen gelockert worden. Hier das PDF zu den Veränderungen, die o.g. Beispiele finden sich auf Seite 6 am rechten Rand: http://pub.ids-mannheim.de/laufend/sprachreport/pdf/sr06-extra.pdf.
So schreibe ich "Foto" statt "Photo" (uuaargh), aber "Physik" statt "Fysik".
S. dazu auch Seite 5 des Dokuments - nicht jedes "ph" darf regelkonform durch ein "f" ersetzt werden, "Physik", "Philosophie" oder "Phrenologie" behalten ihre alte Form.


Weil wir uns nun tiefer in etymologische Belange hineinbewegt haben: weiß eigentlich irgendwer, warum das Präfix "ante" in manchen Fremdwörtern semantisch irreführend zum "anti" verkommen ist? "Antizipation" ist die Vorwegnahme von etwas und nicht etwa ein Widerstand oder eine abwehrende Haltung, die ein "anti" bedingte. Ähnlich verhält es sich mit dem "antichambrieren": es meint lose übersetzt, dass jemand katzbuckelt, scharwenzelt, oder - mit Donald Duck gesprochen - sich anwanzt; es kommt aus dem französischen Diplomatensprech, da solche Anbiederungen oftmals im Vorzimmer stattfanden, "anti" erheischt hier nicht einmal im Ansatz Sinn. Oder ganz bodenständig: "Antipasto" beschreibt eine Vorspeise und nicht etwa eine Gegenmahlzeit, um den Hunger noch anzuregen.
Ich vermutete einfach, dass es sich reine Bequemlichkeit handelte, es muss aber erstaunen, dass Begriffe wie "Antezedens", "Antependium" oder "anterior" das richtige Präfix tragen. Schon denkwürdig, dass die Herrschaften sich mit solchen ernsthaften Problemen nicht befassen, wohl aber Vernakular-Vulgarismen der Art "Orthografie" wie eine stolze Primigravida durchgehen lassen. Es ist eine Schande.
 
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Weil wir uns nun tiefer in etymologische Belange hineinbewegt haben: weiß eigentlich irgendwer, warum das Präfix "ante" in manchen Fremdwörtern semantisch irreführend zum "anti" verkommen ist? "Antizipation" ist die Vorwegnahme von etwas und nicht etwa ein Widerstand oder eine abwehrende Haltung, die ein "anti" bedingte. Ähnlich verhält es sich mit dem "antichambrieren": es meint lose übersetzt, dass jemand katzbuckelt, scharwenzelt, oder - mit Donald Duck gesprochen - sich anwanzt; es kommt aus dem französischen Diplomatensprech, da solche Anbiederungen oftmals im Vorzimmer stattfanden, "anti" erheischt hier nicht einmal im Ansatz Sinn. Oder ganz bodenständig: "Antipasto" beschreibt eine Vorspeise und nicht etwa eine Gegenmahlzeit, um den Hunger noch anzuregen.
Ich vermutete einfach, dass es sich reine Bequemlichkeit handelte, es muss aber erstaunen, dass Begriffe wie "Antezedens", "Antependium" oder "anterior" den richtigen Präfix tragen. Schon denkwürdig, dass die Herrschaften sich mit solchen ernsthaften Problemen nicht befassen, wohl aber Vernikular-Vulgarismen der Art "Orthografie" wie eine stolze Primigravida durchgehen lassen. Es ist eine Schande.

Ich denke, es hat etwas mit einer Lautverschiebung vom lateinischen Ursprung in der Sprache zu tun aus der es entlehnt wird. Das kann man gut an der griechischen Sprache sehen, wo das etha schon im mittelgriechischen den Lautwert des Iota angenommen hat. Das ist zwar ein Beispiel innerhalb einer Sprache, zeigt aber dass e sich durchaus in ein i verwandeln kann. Ich denke, es hat etwas damit zu tun, dass das i als Binnenvokal leichter von der Zunge geht und dann irgendwann die Schreibweise der Aussprache angepasst wurde.

Was mich an solchen Wörtern wie Orthografie stört, ist die Aushebelung der Entlehnungslogik. Da kann man eigentlich nur den Kopf schütteln. Denn das beruht wohl darauf, dass die Macher der Reform nicht mehr um die griechische Schreibweise wissen. Denn sonst hätten sie auch das h als Markierung des griechischen Theta entfernt.

Antezedens schmerzt in den Augen. Ich weigere mich das so auszusprechen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Lateiner dies so je ausgesprochen hätte. Als ob in der lateinischen Sprache irgendwann das k ausgestorben wäre.