Banken denken über Euro Ende nach

Da schließe ich mich an.

Rene hats vielleicht überzogen ausgedrückt. Abgesehen davon haben Bankenführer und schwerste Finanzverbrecher nicht wirklich etwas mit religiösen Minderheiten zu tun. Die sind aber das richtige Stichwort. Wozu dient denn die ganze Islam, Griechen- und Hartz Debatte hierzulande?
Doch vor allem zur Ablenkung von den Kapitalverbrechen, die unseren Kontinent von der einen Krise zur nächsten treiben.
Das ist das tolle der PR verseuchten Qualitätsmedien. Die Leidtragenden, die eh schon ausgegrenzt, gebeutelt und arm sind, landen am Pranger. Die Verursacher feiern sich als sog. Leistungsträger. Es ist pervers!
 
Der Archetyp Ackermann ist mit all seinen Charaktereigenschaften aber genau wegen dieser Charaktereigenschaften auf seinem Posten. Ich denke, man überschätzt den Spielraum für ethisch richtiges Handeln bei Topmanagern. Würde Ackermann keien Dividende von 25% ausloben, wäre er seinen Posten los und würde durch einen anderen ersetzt, der das tun würde. Es ist die Aufgabe von Konzernchefs möglichst hohen Gewinn im Rahmen des rechtlich Erlaubten anzustreben. Das kann man ihnen also nicht zum Vorwurf machen. Man kann aber der Politik zum Vorwurf machen, nicht auf sich abzeichnende Missstände zu reagieren und die Interessen einer kleinen Gruppe zum Schaden aller zu vertreten. Wenn geltendes Recht zu massiven Verwerfungen führt, ist es die Pflicht des Gesetzgebers ordnend einzugreifen. Das geschieht aber nicht. Bezeichnend ist auch der Name des Threads. Es steht Banken gar nicht zu, darüber nachzudenken, eine Währung abzuschaffen. Das ist das alleinige Recht der Politik. Dieses Verhältnis hat seit der Ära Kohl schleichend Schaden genommen, da einzelnen Wirtschaftsverbänden ein unangemessen hoher Einfluss auf die Politik gewährt wurde. Die ganze Krise lässt sich doch nicht durch die Gier einzelner Marktptrotagonisten erklären, sondern nur durch Versagen der Rahmenbedingungen.
 
Es ist die Aufgabe von Konzernchefs möglichst hohen Gewinn im Rahmen des rechtlich Erlaubten anzustreben. Das kann man ihnen also nicht zum Vorwurf machen.

Doch, kann und sollte man auch. Gesellschaftsschädigendes Verhalten bleibt nunmal gesellschaftsschädigend, auch wenn es innerhalb der Grenzen unserer Gesetze stattfindet.
Man sollte sich so langsam mal von diesem öminösen, "Die Wirschaft brauch sich nicht um Moral und Ethik zu sorgen.", verabschieden.
 
Ich stimme deinen Ausführungen grundsätzlich zu, bis auf...

Würde Ackermann keien Dividende von 25% ausloben, wäre er seinen Posten los und würde durch einen anderen ersetzt, der das tun würde.

Dies ist jene Form von Logik, mit der schon immer gerne Henker, Todesschützen an der Mauer sowie Fahrkahrtenkontrolleure und Politessen argumentieren: "Wenn ich es nicht mache, tut es eben jemand anders."

Es stellt sich doch einfach die Frage, ob nicht so manchem Manager, der ansonsten immer gerne einen auf dicke Hose macht, unterm Strich die Eier fehlen, vor seinen Vorstand zu treten und zu sagen, dass er diese oder jene Maßnahme nicht billigt, da er sie nicht für vertretbar hält.

Und es stellt sich weiterhin die Frage, welcher grottendämliche Schwachmat irgendwann einmal angefangen hat, die These zu verbreiten ein Unternehmen und dessen Gewinne müssten ständig wachsen. Wachstum hat seine Grenzen, so etwas geht nicht bis in die Unendlichkeit. Diese simple Grunderkenntnis geht jedoch vollkommen an den Finanzmärkten vorbei und ist imho einer der Hauptgründe für unethisches Verhalten. Dieses tritt vor allem dann auf, wenn ein organisches Wachstum nicht mehr möglich ist und man tief in die Trickkiste greifen muss. Diese falsche Denkweise ist jedoch ein Systemfehler, der weit über die Begrenzungsmöglichkeiten der Politik hinaus geht. Es ist ein Gesamt-Gesellschaftliches Problem. Versteh mich nicht falsch, ich möchte die Politik nicht aus der Verantwortung nehmen. Aber die hohe Relevanz politischer Steuerinstrumente kann die Banken ihrerseits nicht aus der Verantwortung entlassen.
 
Ihr wisst aber schon, dass Ackermann von der Eigenkapitalrendite und nicht von der Umsatzrendite spricht, ja? Da ist auch eine Steigerung von 25 Prozent nicht weiter schwierig, wenn der Grundwert nicht allzuhoch bemessen war. Auf die anderen sich liturgisch wiederholenden Falschdarstellungen oder zumindest -suggerierungen ("die Verursacher" sind ruchlose Spekulanten, die gleichsam im Alleingang ganze Staaten in den Untergang treiben; Nahrungsmittelspekulation als maßgeblicher Preisindikator oder überhaupt eo ipso amoralischen Treibens [der Versicherungsaspekt ist auch schon erwähnt worden]; Banker gleichen Mördern und sollten vorsorglich gelyncht werden) gehe ich nicht ein, das ist lang und breit hier diskutiert, im Gegenteil zu den Klagegesängen hier sogar gegenteilig belegt worden. Wenn ihr solche Anschuldigungen macht (was euer sehr gutes Recht ist), dann gebt euch doch die Mühe, das mit Fakten zu untermauern: wenn das Unrecht so offenkundig daherkommt, muss es doch ein Leichtes sein, das auch zu belegen. Mittlerweile wird's aber wirklich witzlos, wenn die Debatte dauernd an einem Punkt revolviert, ohne dass echte Informationen hinzukommen.
 
@ KOG Das lässt sich nicht wirklich allgemein belegen. Denn die Intentionen jedes einzelnen Marktteilnehmers sind unterschiedlich. Ich glaube eher, dass den meisten Akteueren die Tragweite ihrer Handlungen nicht bewusst sind und sie Systemzwängen folgen um konkurrieren zu können. Wenn sie die Auswirkungen sehen, können sie durchaus auch in der Lage sein, ihre Geschäftsmethoden kritisch zu hinterfragen. Ich meine mich erinnern zu können, dass Marx sogar ein Gegenbeispiel gebracht hat, wo Textilunternehmer sich im 19. Jh. an die englische Regierung gewandt haben, damit diese den FActory Act auf den Weg bringe, weil die Fabrikbesitzer gesehen haben, was übermäßig langen Abrbeitszeiten bei ihren Arbeitern angerichtet haben, sie sich aber wegen des Wettbewerbs außerstande sahen, die Arbeitszeit eigenständig zu reduzieren und trotzdem noch profitabel zu sein. Im Finanzbereich ist dies heute schwieriger, weil die Operationen sehr abstrakt sind und die Auswirkungen auf die Realwirtschaft nur schwer eindeutig nachweisbar sind.
 
Wenn ihr solche Anschuldigungen macht (was euer sehr gutes Recht ist), dann gebt euch doch die Mühe, das mit Fakten zu untermauern

Wo denkst du hin? Dann müsste man sich ja oberhalb von Bildzeitungsniveau damit befassen. :cat:

wenn das Unrecht so offenkundig daherkommt, muss es doch ein Leichtes sein, das auch zu belegen. Mittlerweile wird's aber wirklich witzlos, wenn die Debatte dauernd an einem Punkt revolviert, ohne dass echte Informationen hinzukommen.

Ich denke, was das angeht wird oft auf verschiedenen Ebenen und damit aneinander vorbei diskutiert. Das Kernproblem, welches häufig auf die Banken projiziert wird ist so alt wie die Menschheit: Die ungleiche Verteilung von Vermögen. Hinzu kommen Maßnahmen wie Banken- und Staatenrettungen, welche letzten Endes von der Allgemeinheit getragen werden. Um es mal polemisch auszudrücken, muss der Bürger dafür zahlen, wenn "die da oben" sich verzocken. Der Gipfel dieses Prozesses ist jedoch, wenn eine Bank kackdreist die Rettungsgelder einstreicht, und danach großzügige Gewinne anmeldet oder Manager mit Abfindungen von utopischer Höhe nach Hause schickt. Dies ist das offenkundige Unrecht, welches tatsächlich nicht weiter belegt werden muss, weil es eben einfach offensichtlich ist.

Um einen Überblick zum weniger offenkundigen Unrecht zu bekommen, muss man sich tatsächlich tiefer mit der Materie befassen. Ein Teilaspekt davon sind die von mir angesprochenen Spekulationen auf Lebensmittel. Sicherlich mag deren Effekt auf die Endpreise nicht so hoch sein, wie oftmals behauptet wird, aber Diebstahl fängt schließlich auch nicht erst beim Museumsraub an, ein Verbrechen zu werden.
 
@Knight-Pilgrim:
Denn die Intentionen jedes einzelnen Marktteilnehmers sind unterschiedlich. Ich glaube eher, dass den meisten Akteueren die Tragweite ihrer Handlungen nicht bewusst sind und sie Systemzwängen folgen um konkurrieren zu können.
Müssen sie auch gar nicht. Du als Nachfrager von Gütern oder Dienstleistungen musst auch kein Wissen um Kartellrecht haben, damit Du Dir Kugellager bestellen kannst oder an der Tankstelle Sprit kaufen darfst. Die Konsequenzen aus materiellem (natürlich auch formellem) Recht abzuwägen liegt nicht in der Verantwortbarkeit des Markteilnehmers, das wäre ja noch schöner.

Apropos Marx: dieser konstatiert in seiner "Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie" folgendes: "Die deutsche Rechts- und Staatsphilosophie ist die einzige mit der ofiziellen modernen Gegenwart al pari stehende deutsche Geschichte. Das deutsche Volk muß daher diese seine Traumgeschichte mit zu seinen bestehenden Zuständen schlagen und nicht nur diese bestehenden Zustände, sondern zugleich ihre abstrakte Fortsetzung der Kritik unterwerfen. Seine Zukunft kann sich weder auf die unmittelbare Verneinung seiner reellen noch auf die unmittelbare Vollziehung seiner ideellen Staats- und Rechtszustände beschränken, denn die unmittelbare Verneinung seiner reellen Zustände besitzt es in seinen ideellen Zuständen, und die unmittelbare Vollziehung seiner ideellen Zustände hat es in der Anschauung der Nachbarvölker beinah schon wieder überlebt." (Hervorhebungen nicht von mir)
Wie sich bei einer derartig angemahnten Radikalität der Umwerfung staats- und rechtspositivistischen Gutes sprichwörtlich ein Staat machen lassen soll, der ironischerweise nicht eine hohe Kongruenz zu der ja gleichfalls kritisierten Proudhon'schen "Philosophie des Elends" aufweisen soll, bleibt allein sein Geheimnis. Kontinuität des Rechts und der Gerichtsbarkeit verträgt sich nur schwerlich mit linkshegelianischem Idealismus, sintemalen der Factory Act auch nichts anderes als eine Umsetzung manufakturellen Idealismus in den Realismus ist, wenn man das erkenntnistheoretisch festhalten möchte. Es gibt eben kein richtiges Leben im Falschen. 😀


@Blackorc:
Hinzu kommen Maßnahmen wie Banken- und Staatenrettungen, welche letzten Endes von der Allgemeinheit getragen werden.
Nur ist das eine rein politische Entscheidung. Es ist ja unheimlich in Mode gekommen, Risiken auf die Allgemeinheit abzuwälzen und eine Haftungsgemeinschaft aufzuspannen, die vertraglich nie konstituiert worden ist. Das ist mitnichten eine Notwendigkeit, es wäre sehr wohl möglich, weniger relevante Banken oder auch Volkswirtschaften in eine geordnete Insolvenz gehen zu lassen, historische Anleihen (😉) gibt es zuhauf. Das gilt natürlich auch für die privaten Anleger; deswegen war es auch richtig, den Schuldenschnitt durchzuführen, wer sich eine Griechenlandanleihe gekauft hat, musste wissen, dass das nicht ohne Risiko vonstatten geht - nur dauerte die Realisierung solcher Selbstverständlichkeiten wesentlich länger als erwartet.
Der Gipfel dieses Prozesses ist jedoch, wenn eine Bank kackdreist die Rettungsgelder einstreicht, und danach großzügige Gewinne anmeldet oder Manager mit Abfindungen von utopischer Höhe nach Hause schickt.
Wiederum ein kontraktuales Sujet. Wenn die Politik unfähig ist, solche Konditionen für die Rettung einer Bank zu stellen, dann ist das ein klares Versagen auf deren Seite.
Ein Teilaspekt davon sind die von mir angesprochenen Spekulationen auf Lebensmittel. Sicherlich mag deren Effekt auf die Endpreise nicht so hoch sein, wie oftmals behauptet wird, aber Diebstahl fängt schließlich auch nicht erst beim Museumsraub an, ein Verbrechen zu werden.
Nur, dass Diebstahl in all seinen Ausführungen strafrechtlich relevant wird, Spekulation im Allgemeinen und Nahrungsmittelspekulation im Besonderen aber keinen Straftatbestand darstellt.
Eine gewisse Exkulpation der Spekulation scheint mir hier auch sachdienlich: jeder von uns, der schon einmal einem Verwandten oder Bekannten Geld geliehen hat, ist ein Spekulant. Wer Geld befristet abgibt, folgerichtig die Rückzahlung verlangt, begeht eine Wette auf die zukünftige Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Jeder Bankkredit ist eine Spekulation, wir leben mithin in einer Welt spekulativer Annahmen. Warum es da verwerflicher sein soll, auf die Zahlungsfähigkeit eines ganzen Staatswesens zu wetten, erschließt sich nicht direkt.
Und nochmal bzgl. der Nahrungsmittel: die Spekulation darauf ist ein Instrument der auch von den Farmern und/oder Agrarhändlern beauftragten Hedgefonds, um sich gegen Missernten abzusichern oder Preisschwankungen einzudämmen. Das kann negative Effekte zeitigen, stellt auch keiner in Abrede. Die Verantwortlichen sind aber nicht nur zynische Krawattenträger, sondern auch direkt damit involvierte "realwirtschaftliche" Subjekte, die sich absichern wollen. Das mit derselben Verve zu verurteilen ist noch etwas anderes als ein Schreckgespenst aufzustellen, auf das einzuschlagen erheblich leichter fällt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nur, dass Diebstahl in all seinen Ausführungen strafrechtlich relevant wird, Spekulation im Allgemeinen und Nahrungsmittelspekulation im Besonderen aber keinen Straftatbestand darstellt.

Dennoch genügt es mir nicht, die Verantwortung alleine auf den Gesetzgeber abzuwälzen. Ein anderes Beispiel: Seine Ehefrau / Freundin zu betrügen ist strafrechtlich gesehen kein Verbrechen. Dennoch wird es nach gängigem Konsens als unmoralisch angesehen. Moralisch korrektes Handeln muss nicht an Gesetze gebunden sein. Dies trifft auch auf Unternehmen zu. Ein guter Chef kann für ein gutes Unternehmensklima sorgen, ohne dass ihn Gesetze dazu zwingen. Und eine Bank könnte sich durchaus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung (die sie zweifelsohne hat) entsinnen, ohne dass man sie dazu zwingen muss. Ich finde es sehr bedenklich, dass mittlerweile Wirtschaftssubjekten häufig nicht nur jegliche Moral abgesprochen wird, sondern amoralisches Verhalten auch noch als rationale Notwendigkeit gebilligt wird.

Eine gewisse Exkulpation der Spekulation scheint mir hier auch sachdienlich: jeder von uns, der schon einmal einem Verwandten oder Bekannten Geld geliehen hat, ist ein Spekulant.

Wenn ich privat Geld verleihe, erziele ich damit keine Einnahmen. Es ist ein deutlicher Unterschied, so etwas als Geschäftsmodell zu betreiben, oder jemandem einen Gefallen zu tun.

Jeder Bankkredit ist eine Spekulation, wir leben mithin in einer Welt spekulativer Annahmen. Warum es da verwerflicher sein soll, auf die Zahlungsfähigkeit eines ganzen Staatswesens zu wetten, erschließt sich nicht direkt.

Staatsanleihen und herkömmliche Aktien (also Unternehmensanleihen) finde ich keineswegs verwerflich. Dies hat glaube ich auch bisher niemand in diesem Thread behauptet.

Das kann negative Effekte zeitigen, stellt auch keiner in Abrede. Die Verantwortlichen sind aber nicht nur zynische Krawattenträger, sondern auch direkt damit involvierte "realwirtschaftliche" Subjekte, die sich absichern wollen. Das mit derselben Verve zu verurteilen ist noch etwas anderes als ein Schreckgespenst aufzustellen, auf das einzuschlagen erheblich leichter fällt.

Ich bleibe an dieser Stelle bei meinem Standpunkt, dass bereits die Erfindung dieses speziellen Instrumentes grotesk war. Es mag sein, dass auch Marktteilnehmer involviert sind, die "sich einfach nur absichern" möchten beteiligt sind, aber ich möchte dies mit einer Selbstschussanlage vor dem eigenen Haus vergleichen, die bisweilen auch auf unbeteiligte Passanten feuert.
 
Dennoch genügt es mir nicht, die Verantwortung alleine auf den Gesetzgeber abzuwälzen.
Die Ahndung der Rechtsbrüche obliegt selbstredend einzig und allein den judikativen, die eigentliche Gesetzgebung den legislativen Stellen im Staate. Alles andere ist interpersonal. Notorische Lügner beispielsweise können vielleicht von ihrem Umfeld abgestraft werden, aber aus gutem Grund hält sich der Staat da raus. Bei wem willst Du denn die "Verantwortung" zum juridischen Verfolgen belassen, wenn nicht beim Staat? Entweder berührt etwas Rechtsgrundsätze und wird gerichtlich verfolgt oder es ist diesbezüglich uninteressant und muss gesellschaftlich ausgemacht werden, ob nun im kleinen oder großen Rahmen. Untreue in der Ehe, schlechtes Arbeitsklima, vom Arbeitgeber verursacht, oder Profitgier des Anlegers werden auch nicht als Notwendigkeit verbrämt, sie sind aber rechtlich zulässig. Was die Umwelt daraus macht, ist eine ganz andere Sache.
Wenn ich privat Geld verleihe, erziele ich damit keine Einnahmen. Es ist ein deutlicher Unterschied, so etwas als Geschäftsmodell zu betreiben, oder jemandem einen Gefallen zu tun.
In Bezug auf Deine Erwartungshaltung ist das völlig gleichgestellt. Du hast Vertrauen in die Solvenz Deines Schuldners. Genauso wie eine Bank. Spekulation als Begrifflichkeit und aktuale Auslebung des Begriffes beinhaltet nicht zwingend eine Nützlichkeit; Du unterschlägst allerdings, dass Du jemandem auch Geld leihen könntest, weil Du Dir immateriellen Nutzen (Vertrauen, Zuneigung, eine Gefälligkeit) erhoffst. Der Gegenwert muss nicht in klingender Münze erfolgen.
Staatsanleihen und herkömmliche Aktien (also Unternehmensanleihen) finde ich keineswegs verwerflich. Dies hat glaube ich auch bisher niemand in diesem Thread behauptet.
S. die letzten Beiträge von Cywor et al., die die "Spekulation" gegen Griechenland als Krisenherd ausmachen. In den Medien geraten die privaten Investoren auch zunehmend in Kritik und gelten als unmoralisches (amoralisch wäre hier ja noch eine Nobilitierung!) Gesindel, ganz zu schweigen von den Banken, die derartige Papiere (auch auf Zuruf der Politik, mitsamt der Vorzüge bei der Gewichtung risikobelasteter Aktiva) halten.
Ich bleibe an dieser Stelle bei meinem Standpunkt, dass bereits die Erfindung dieses speziellen Instrumentes grotesk war. Es mag sein, dass auch Marktteilnehmer involviert sind, die "sich einfach nur absichern" möchten beteiligt sind, aber ich möchte dies mit einer Selbstschussanlage vor dem eigenen Haus vergleichen, die bisweilen auch auf unbeteiligte Passanten feuert.
Wenn überhaupt, dann ist das mit einem Küchenmesser vergleichbar, das auch zu einer Mordwaffe umfunktioniert werden kann. Der praktische Nutzen ist nämlich in beiden Fällen unbestreitbar, auch wenn eine Zweckentfremdung stattfinden kann. Eine Selbstschussanlage impliziert ihren Nutzen, wenn sie einen Menschen tötet, ein Küchenmesser nicht, genausowenig wie z.B. ein gedeckter Leerverkauf dazu dienen soll, solvente Unternehmen zu zerstören (was ohnehin nur denkbar selten passiert).
 
Die Ahndung der Rechtsbrüche obliegt selbstredend einzig und allein den judikativen, die eigentliche Gesetzgebung den legislativen Stellen im Staate. Alles andere ist interpersonal. Notorische Lügner beispielsweise können vielleicht von ihrem Umfeld abgestraft werden, aber aus gutem Grund hält sich der Staat da raus. Bei wem willst Du denn die "Verantwortung" zum juridischen Verfolgen belassen, wenn nicht beim Staat?

Natürlich obliegt es dem Staat, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und Verstöße gegen diese zu ahnden. Aber der Staat trägt nicht die Verantwortung für das Handeln selbst der in ihm agierenden Subjekte.

Worum es dabei geht ist Folgendes:
Es wird oftmals behauptet, die Banken würden lediglich so handeln wie sie es müssen, um auf dem Markt erfolgreich zu sein. Führt dies zu unmoralischem Handeln, könne man dies nicht der Bank anlasten, da sie sich ja im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bewege.

Ich halte diese Aussage für falsch. Dies ist in etwa, wie wenn jemand, der seine Frau betrügt sagt "Bei der scharfen Braut konnte ich einfach nicht anders." Man versucht, eine Legitimation zu erreichen, indem man sein Handeln als blanke Notwendigkeit verkauft. Dies ist jedoch nicht richtig. Es liegt eine breite Spanne zwischen beispielsweise der Spekulation auf Lebensmittel auf der einen Seite und der Vergabe von Mikrokrediten mit niedrigem Zinssatz für Arme auf der Anderen. Sicher, auch letztgenanntes Instrument birgt seine Schattenseiten, aber dies ist ein Thema für sich.

Wenn eine Bank einen Manager, der sie an den Rand des Abgrundes getrieben hat, nach Auszahlung eines Rettungspaketes mit einer millionenschweren Abfindung entlässt, ist dies aus moralischer Sicht schlicht und ergreifend nicht entschuldbar. Solches Handeln ist weder von einer betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit getrieben, noch auf andere Weise rational verständlich. Natürlich kann man dem Staat anlasten, er hätte bei Auszahlung des Rettungspaketes schärfere Rahmenbedingungen schaffen müssen, aber die Schuld für ihr Fehlverhalten aus moralischer Sicht liegt bei der Bank selbst - und ist auch einer der Gründe dafür, warum die Leute aus meiner Sicht zu Recht zum Demonstrieren auf die Straße gehen.

Du unterschlägst allerdings, dass Du jemandem auch Geld leihen könntest, weil Du Dir immateriellen Nutzen (Vertrauen, Zuneigung, eine Gefälligkeit) erhoffst. Der Gegenwert muss nicht in klingender Münze erfolgen.

Die Sozialwissenschaften streiten sich schon lange darüber, ob es so etwas wie wahrhaft altruistisches Handeln wirklich gibt, oder ob nicht letzten Endes alles was wir tun einem Selbstzweck dient. Natürlich kann man das so sehen wenn man möchte, aber ich persönlich halte das für ein recht negativ gefärbtes Menschenbild. Generell ist dies ein sehr interessantes Thema, dass ich gerne diskutiere, in diesem Strang würde es uns aber glaube ich etwas arg weit vom Thema abbringen.

S. die letzten Beiträge von Cywor et al., die die "Spekulation" gegen Griechenland als Krisenherd ausmachen. In den Medien geraten die privaten Investoren auch zunehmend in Kritik und gelten als unmoralisches (amoralisch wäre hier ja noch eine Nobilitierung!) Gesindel, ganz zu schweigen von den Banken, die derartige Papiere (auch auf Zuruf der Politik, mitsamt der Vorzüge bei der Gewichtung risikobelasteter Aktiva) halten.

Stimmt - letzten Endes ist es das, was ich damit meinte, dass wir in diesem Falle alle auf verschiedenen Ebenen diskutieren.

Wenn überhaupt, dann ist das mit einem Küchenmesser vergleichbar, das auch zu einer Mordwaffe umfunktioniert werden kann. Der praktische Nutzen ist nämlich in beiden Fällen unbestreitbar, auch wenn eine Zweckentfremdung stattfinden kann. Eine Selbstschussanlage impliziert ihren Nutzen, wenn sie einen Menschen tötet, ein Küchenmesser nicht, genausowenig wie z.B. ein gedeckter Leerverkauf dazu dienen soll, solvente Unternehmen zu zerstören (was ohnehin nur denkbar selten passiert).

Im Falle der Lebensmittelspekulation, die ich wie man mittlerweile gemerkt haben düfte, persönlich rigoros ablehne, sehe ich die Selbstschussanlage als das passendere Beispiel. Das Küchenmesser wird nur dann zu einer Mordwaffe, wenn es ganz bewusst als solches verwendet wird. Der Spekulant kann jedoch Schaden anrichten, ohne auch nur den Funken eines Gedanken daran zu verschwenden.
 
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Natürlich obliegt es dem Staat, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und Verstöße gegen diese zu ahnden. Aber der Staat trägt nicht die Verantwortung für das Handeln selbst der in ihm agierenden Subjekte.

Worum es dabei geht ist Folgendes:
Es wird oftmals behauptet, die Banken würden lediglich so handeln wie sie es müssen, um auf dem Markt erfolgreich zu sein. Führt dies zu unmoralischem Handeln, könne man dies nicht der Bank anlasten, da sie sich ja im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bewege.
Verantwortung erwächst zunächst aus einer übergeordneten Position heraus, besonders augenfällig da, wo das Mündel selber keine Verantwortung übernehmen kann. Tierhalter tragen Verantwortung für ihre Kreaturen (wertneutral verstanden), Eltern für ihre Kinder, pflegende Angehörige für womöglich nicht länger zurechnungsfähige Verwandte. Ferner ergibt sich eine Verantwortung dort, wo es möglich ist, rechenschaftspflichtige Regularien aufzustellen: ein Staat hat die Verantwortung, mithilfe seiner Gesetze ein sicheres Zusammenleben seiner Bürger zu gewährleisten. Sonst ist er wertlos und verliert seine Berechtigung (einmal auf diesen einen Punkt heruntergebrochen).
Wenn dem Staat Sittenstrenge besonders am Herzen läge, könnte er das Fremdgehen in der Ehe zum Straftatsbestand erklären (wie es in einer Vielzahl islamischer Staaten der Fall ist); gleiches gilt für Vergütungen in Banken oder sogar Lohnobergrenzen.
Der relevante Gesichtspunkt ist aber nicht eine angemaßte Legitimität, sondern allein die Legalität. Wäre es nicht strafbar, jeden dritten Sonntag Wilderei zu begehen, dann brauchte sich ein Verwundern über nämliche Handlung an besagten Tagen nicht einzustellen. Die Frage ist nicht, ob man moralisch so oder so handeln muss, sondern ob man es könnte, wenn man wollte. Und das ist ein sehr hohes Gut in unserer Gesellschaft: niemand sollte sich für ein Handeln wortwörtlich verantworten müssen, das ihm jederzeit rechtlich gewährt wurde. Eine moralisch fundierte Kritik gehört in den Dezisionismus genauso hinein, immerhin wird das moralisch mit derselben Schwungkraft gewährleistet. Soziale Konsequenzen sind ein statthaftes Sanktionsmittel. Aber die Behauptung, jemand dürfe etwas nicht, weil es moralisch nicht tragbar, gesetzlich aber zugesichert sei, ist in letzter Hinsicht eine Form der Selbstjustiz von seiten (gute alte Rechtschreibung...) der oder des Antragsteller(s).
Im Falle der Lebensmittelspekulation, die ich wie man mittlerweile gemerkt haben düfte, persönlich rigoros ablehne, sehe ich die Selbstschussanlage als das passendere Beispiel. Das Küchenmesser wird nur dann zu einer Mordwaffe, wenn es ganz bewusst als solches verwendet wird. Der Spekulant kann jedoch Schaden anrichten, ohne auch nur den Funken eines Gedanken daran zu verschwenden.
Der Hersteller des Küchenmessers kann potentiell täglich doppelzentnerweise Mordinstrumente herstellen, ohne auch nur den Funken eines Gedanken daran zu verschwenden. Anknüpfend an Dein obiges Zitat handelt ein solcher Produzent moralisch womöglich nicht tragbar, derart gedankenlos der Kriminalität Vorschub zu leisten. Abgesehen davon ist auf dem Finanzmarkt des einen Schaden des anderen Gewinn, mit der Begründung wird ein agonales Wirtschafts- und Finanzsystem jederzeit kriminell. Ein Leerverkauf ist in erster Linie eine Versicherungsoption, so wie ein Küchenmesser seine Verwendung beim Schneiden oder Spalten von Nahrungsmitteln findet. Beide stiften mehr Nutzen als Schaden, so wie auch Automobile, um einen weiteren Vergleich heranzuziehen, bei dem auch unwillentlich großer Schaden entstehen kann. Verdammen magst Du diese Methodik auch weiterhin, solltest aber Farbe bekennen, dass es Dir lediglich um Deine Emotionen geht, Fakten und Rechtslage lehren etwas anderes.
 
Verdammen magst Du diese Methodik auch weiterhin, solltest aber Farbe bekennen, dass es Dir lediglich um Deine Emotionen geht, Fakten und Rechtslage lehren etwas anderes.

Dessen bin ich mir vollkommen bewusst - aber was ist denn z.B. Occupy Wallstreet anderes, als eine emotionale Reaktion? Im Prinzip ist dies genau das "abstrafen durch das soziale Umfeld" von dem du zuvor gesprochen hast, nur natürlich in einem größeren Maßstab, als in unserem Beispiel.

Ein Staat besteht eben neben schriftlich fixierten Gesetzen auch aus einem Moralkonsens innerhalb der Gesellschaft. Wird gegen diesen zu ausdauernd und zu stark verstoßen, sei es nun durch ein Individuum oder eine Organisation, so hat das Auswirkungen.
 
"Ein Staat besteht eben neben schriftlich fixierten Gesetzen auch aus einem Moralkonsens innerhalb der Gesellschaft. Wird gegen diesen zu ausdauernd und zu stark verstoßen, sei es nun durch ein Individuum oder eine Organisation, so hat das Auswirkungen."

Das ist so nicht ganz richtig. Die Gesetze eines Staates spiegeln in kodifizerter Form den Konsens einer Gesellschaft über die Mores, die Sitten zu einem bestimmten Zeitpunkt wider. Moral besteht also nicht nebenher, sondern ist die Quintessenz des Rechts. Genaugenommen ist das Recht der kleinste gemeinsame Nenner unterschiedlicher Moralauffassungen in einer Gesellschaft. Moral ist per se nicht gut oder schlecht, sondern nur das Übliche. Wenn sich die Sitten einer Gesellschaft verändern, dann müssen die Gesetze entsprechend angepasst werden. Wenn ein Staat nicht mehr dazu in der Lage ist, auf einen veränderte Sitttenkonsens zu reagieren, wird er früher oder später scheitern. Weil du die Occupy- Bewegung anführst: An ihr wird deutlich, dass kodifiziertes Recht nicht mehr im Einklang mit dem Wertekanon der Gesellschaft befindet. Soll heißen, wenn ein Verhalten, welches nicht justiziabel ist, sich zum Schaden aller oder der Mehrheit auswirkt, so muss der Gesetzgeber dieses Verhalten justiziabel machen, um den Frieden einer Gesellschaft zu wahren/ wiederherzustellen. Denn wenn man ausschließlich moralische Entrüstung zum Maßstab für Bestrafung nimmt, kommt man schnell in den Bereicch der Willkür. Das sol die Banker nicht davon entlasten, sich für ihr Verhalten vor sich selbst zu rechtfertigen. Aber eine rein moralische Argumentation hilft nicht weiter, weil sie den Blick auf systemimmanente Probleme verstellt. Und ich bleibe dabei, dass die Hauptverantwortung für die Krise bei der Politik zu suchen ist. Denn das Nichteinschreiten bei offensichtlichen Fehlentwicklungen, ja sogar die Förderung gesellschaftsschädigenden Verhaltens seitens der Politik ermöglicht es erst, dass sich ein Klima ausbreitet in dem Korruption und Selbstbereicherung solche Ausmaße annehmen, dass sie systemgefährdend werden.
 
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Wenn sich die Sitten einer Gesellschaft verändern, dann müssen die Gesetze entsprechend angepasst werden. Wenn ein Staat nicht mehr dazu in der Lage ist, auf einen veränderte Sitttenkonsens zu reagieren, wird er früher oder später scheitern. Weil du die Occupy- Bewegung anführst: An ihr wird deutlich, dass kodifiziertes Recht nicht mehr im Einklang mit dem Wertekanon der Gesellschaft befindet.

Exakt das wollte ich ausdrücken. ^_^

In diesem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es mit zunehmender Schnellebigkeit für den Gesetzgeber immer schwieriger wird, mit solchen Entwicklungen Schritt zu halten. Ein Beispiel aus dem Bankenwesen wäre der computergesteuerte Handel, der so schnell abläuft, dass im Prinzip niemand mehr eine Kontrolle darüber hat, was da eigentlich passiert. So etwas sind neue Entwicklungen, bei denen es traditionell eine Weile dauert, bis Gesetzgeber überhaupt in der Lage sind, sich damit zu befassen.

Ein Beispiel aus einem anderen Bereich sind z.B. die Online-Abmahnwellen gegen Blogger, die urheberrechtlich geschützte Bilder eingebunden haben. Im Prinzip ein unmoralisches Geschäft, dass die Abmahnanwälte da betreiben, da sie i.d.R. schlicht und ergreifend Unwissenheit ausnutzen, aber der Gesetzgeber hat darauf bisher nicht reagiert.