WHFB Das Herz des Roten Drachen

Ollowain

Blisterschnorrer
14. Januar 2008
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Nach Sonnenuntergang war der Schankraum des "Roten Drachen" nicht nur gut besucht, sondern sogar zum Bersten voll! Die leeren Fässchen und Baumstümpfe waren allesamt belegt und sogar die wenigen gezimmerten Stühle, die Leander für seine gut zahlenden Stammgäste, oder für die noch selteneren Edelleute reserviert hielt, waren heute Abend bis auf dem letzten besetzt.
Es war Großer Markttag in Marburg gewesen, wie es ihn nur einmal im Moorleibslauf gibt und sogar eine Karawane der Zwergen aus Karaz-a-Karak hatte den Weg durch die stirländischen Wäldern bis hierher gewagt. Die Zwerge stiegen natürlich nicht in solchen Kaschemmen ab und Kaschemme nannten Sie jede Kneipe, die sich kein Ausschank von Zwergenbier leisten konnte.
Aber eine Söldnertruppe hatte heute Abend den sechseckigen Stammtisch in Beschlag genommen und prahlten gerade mit ihrem Einsatz für die fahrenden Zwergenhändler. Ihrer Sprache und roher Erscheinung nach mussten es Averländer sein, trotzdem hatten die ungewaschenen Männer viel klingende Münze in den Börsen und der geschäftstüchtige Leander hatte vor, so viel davon wie möglich zu behalten.
Solche Tage waren die besten, brachten Sie oft mehr Goldkronen ein, als eine oder gar zwei geregelte Wochen beisammen!

"Irina, komm her Mädchen!" Brüllte Leander durch die Stimmen und den Rauch.
Die hübsche Bedienung schlängelte sich durch den vollen Schankraum, wie immer Komplimente, Heiratsanträge und Klapse auf dem Hintern erntend. Keine zu verwegenen, denn Leander hatte jeden Mann rausschleifen und zum Krüppel prügeln lassen, der das bisher gewagt hatte! Und das sprach sich inzwischen rum.
Seine Frau mochte meckern, doch dank Irina brummte der Rote Drache und selbst die fette streitsüchtige Henne konnte ihre Eifersucht im Zaum halten, wenn es um klingende Münze ging.
Leander folgte Irina mit den Blicken und ohne dass er wüsste begann sein Gesicht, seine lüsternen Gedanken wieder zu spiegeln.

"Da. Was iz?" fragte Irina mit ihrem rauen kislevitischen Akzent, als Sie die Theke erreichte und einen Haufen leerer, oder fast leerer Krüge abstellte, die Sie unterwegs von den Tischen geangelt hatte. Jaja, kislevitische Frauen waren berühmt für ihre Schönheit, aber nur wenige Männer vermochten eine zu bändigen...
Leander versuchte sein Bestes, seinem Gesicht die Züge des beschäftigten Chefs wiederzugeben. Irina war gut fürs Geschäft und er wollte nicht ihren Zorn auf sich heraufbeschwören.

"Geh doch mal..."
Leander wurde mitten im Satz unterbrochen, als die dunkle, schwere Schanktür aufging und ein einzelner Fremde den Raum betrat. Und Leander sprach nicht weiter, denn der neuen Gast zog seine Aufmerksamkeit ganz auf sich. Wie auch die vieler Anderen und die Lautstärke im Schankraum flaute in wenigen Augenblicken ab.

Und es war kein Wunder, denn der Fremde war... nun … sonderbar.
Ja Sonderbar war das richtige Wort. Ein Edelmann ohne Zweifel, oder zumindest ein reicher Händler, den seine Kleidung war von bester Qualität, feines Leder und feinste, unsichtbare Nähte. Er trug einen schönen, weiten dunklen Mantel, der staubig und dreckig war und so wenig zu seinen teuren, dunklen Lederstiefeln passen wollte, die kaum den Dreck der Straße auf sich trugen. Sein Gesicht war unter der großen Kaputze verborgen und nur ein blasser, energischer Kinn fing das schummrige Licht der Fackeln und des Kamins in der Schankstube auf.

Die Tür fiel hinter dem Fremden wieder zu und jetzt erst gewannen die Geräusche im Schankraum wieder an Leben. Gespräche wurden wieder aufgenommen, Würfeln rollten wieder und die Averländer riefen nach einer neuen Runde Feuerwasser.

Leander wollte sich gerade hinter der Theke hervorquetschen, als der Fremde sich langsam in Bewegung setzte und sich ihm der Weg zur Theke öffnete. …
Ein sonderbarer Anblick: Die gewöhnlichen Gäste machten dem Mann wie selbstverständlich Platz, vielleicht wegen dem Schwert aus dunklem Metall, das an seiner Seite hing, aber wahrscheinlich eher, weil jeder diesen Mann instinktiv fürchtete...
Und Leander auch!

**
Irina konnte den Blick nicht von dem schönen Fremden abwenden. Er hatte den leichten Gang einer Katze, die Schultern eines Bären und die selbstverständliche Würde eine Königs! Ein Mann wie ihn sich jede Frau wünschte!
Wahrscheinlich hatte er irgendwo Weib und Bälger und die Weibsbilder hier im Imperium wachten über ihre Männer wie Bärenmütter über ihre Jungen. Doch Irina scherte es einen Dreck! Sie hatte gelernt, die Weiber nicht mehr zu fürchten, denn ihr Tratsch hatte ihr wahrscheinlich schon an jeder Ecke Marburgs einen Ruf als Schlampe besorgt. Wie hieß es so schön? Hast du schon den Ruf eines Orks, kannst du in Ruhe wie ein Goblin leben! Und Irina wusste es, ihre Schönheit für ihre Zwecke einzusetzen. Selten mehr als das, denn selten war mehr nötig. Die meisten ihrer Verehrer taten schon für ihre Aufmerksamkeit so ziemlich alles, was Sie konnten. Beim kleinen Rest kam es auf den Mann an und was er ihr anzubieten hatte. Schade nur, dass die meisten hier im Saum so wenig hatten. Ein Schuster besorgte Irina regelmäßig schöne hohe Lederstiefel, wenn sie für ihn tanzte und ein Beckerjunge stahl täglich heiße Käsebrötchen und tauschte sie gegen ein-zwei Küsschen. Nur Marius, der Schneiderlehrling, hatte Irina wirklich imponiert. Er war frech, mutig und doch aufmerksam; doch selbst er hatte nur einfache Tuniken anzubieten und so selten schöne Farbige, wie die junge Frau sie liebte.
Schon öfters hatte Irina mit dem Gedanken gespielt, in einer anderen Kneipe zur Arbeiten, z. B. im Gasthof „Zur goldenen Kutsche“. Dem größten und prächtigsten Gasthof der Kutchergilde in der Stadt. Dort tranken nicht Gesellen, Tagelöhner und Freischärler, wie hier im Roten Drachen. Dort verkehrten Kutscher, Kuriere, Straßenwächter und eben allerlei Passagiere, die sich eine teure Kutschenfahrt zwischen den großen Städten des Imperiums leisten konnten. Und sogar Offiziere der Marburger Stadttruppen!
Wieso hatte Irina eigentlich noch nicht den Mut gehabt, in der „Goldenen Kutsche“ vorzusprechen?
Dort würde es mehr Männer geben wie er… .
Oh ja, … ER.
Irina war sich ihrer Schönheit bewusst. Sie hatte gelernt dass die Männer es mochten, wenn Frauen sie mutig anblickten und bei dem geheimnisvollen Fremden schien es nicht anders zu sein. Sie hatte ihn die ganze Zeit offen angeblickt und nun konnte Sie spüren, wie sein Blick sie fixierte und sich direkt in ihren Augen heftete! Und das ganz ohne ihren Körper zu taxieren!
Der schöne Herr kam immer näher und sie erkannte seine dunklen Augen im Schatten seiner großen Kapuze. Schwarz wie die Nacht, kalt wie Kislevs Winter und tiefer als die tiefsten Brunnen …

***
Leander trat zwei Schritte auf dem Fremden zu, sein erster Wunsch war es gewesen, den sicher gut zahlenden Gast überschwänglich zu begrüßen, wie es sicherlich seinem Stand geziemte. Und doch; gegen seinem Wunsch blieb der Wirt wie angewurzelt stehen. Eigentlich wollte er DIESEN Mann nicht begrüßen. Er wollte nicht mal, dass sich dieser Herr im Roten Drachen aufhielt!
Seine Blicke gingen rüber zu Irina und es wurde ihm einfach nur speiübel, als er bemerkte, wie fasziniert seine schöne Bedienung den Fremden anstarrte!
Wo war eigentlich der verfluchte Fink, wenn er ihn brauchte?
„Was passiert wohl, wenn ich diesen reichen Pinkel hier hochkant rausschmeißen lasse!? Er ist nicht von hier, glaube ich… Man hätte sonst von so einem auffälligen, komischen Kauz gehört. Oh bei Sigmar, Mädchen, starr den verfluchten Mistkerl doch nicht wie einen Weihnachtsbraten an!„ Irina war nicht nur das Herz des roten Drachen, sondern irgendwie mehr… Leander spürte, wie sich ein gewaltiger Klos in seinem Hals setzte! So riesig, dass ihm sogar das Atmen schwer fiel.
„Nein, sie darf nicht einfach mit so einem Reichen abziehen! Was wird aus der Kneipe? Was wird aus … MIR!?“ Panisch blickte er zur Tür, doch von Fink war keine Spur zu sehen. „säuft der Dreckskerl wieder wenn ich ihn fürs aufpassen bezahle? … eigentlich wollte ich meine alte doch lange loswerden und dem Mädchen einen Antrag machen…“
Es war wie eine Blitzerkenntnis, die Leander so hart traf, dass ihm die Knie weich wurden. Wie oft hatte er doch schon fantasiert, einem der vielen Halunken in der Kneipe einen Beutel zuzustecken, damit er die fette Gackerhenne verschwinden ließ… er hatte immer viele andere Ausreden dafür gehabt, aber eigentlich wollte er nur … Irina besitzen! Mit dem Segen Sigmars, ihrer kislevitischen Bärengötter, oder welcher Götter auch immer!
Doch nun … alles rinnte schneller davon als der Sand in einer dieser unerschwinglichen Sanduhren, die es in den Häusern der Reichen gab. Der Fremde hatte vor Ihnen Halt gemacht und seine Blicke schienen Irina zu verzehren, beide starrten einander an, ohne die Welt um sich herum auch nur eines Blickes zu würdigen. Alles war verloren.
„Ich muss was sagen! Sag was du Idiot! Lenk ihn von ihr ab!“ schrie sich Leander in seinen eigenen Gedanken an.
Er atmete tief ein…
„G…. G…. Ähm…“ fast hätte ihn der Mut ganz verlassen, doch dann schleuderte er dem Fremden doch entgegen: „Guten Abend!“ Voller Wut, Zorn und Eifersucht! „Oh Sigmar vergib mir! So geht man doch nicht mit Gästen um! Mit reichen, womöglich einflussreichen Gästen“
„G… Guten Abend, werter Herr.“ Kriegte Leander doch noch in halbwegs akzeptablem Ton heraus, bevor seine Stimme ganz versagte.
Doch der Fremde beachtete ihn nicht im geringsten.


** **
Der Fremde hob seine behandschuhte Handfläche nach oben und wie im Trance legte Irina ihre Hand in die Seine. So etwas Vornehmes hatte noch nie ein Mann mit ihr gemacht!
„Was ist dein Name, holdes Kind?“ sprach er zu m ersten Mal. Und seine Stimme klang ganz so, wie das Mädchen Sie sich vorgestellt hatte; wie das beruhigende, kraftvolle Rauschen eines wilden Winterbachs. Ihre Augen waren immer noch in seine gefangen, doch Irina fand ihre Sprache wieder:
„Irina, mein Herr.“ Und sie war überrascht, denn ihre Stimme klang selbstsicherer und koketter, als sie es gerade für möglich gehalten hätte. „stets zu ihren Diensten!“
Und das meinte Sie genau so! Unterstütze es sogar mit einem tiefen Knicks. Als Sie den Blick wieder hob sah sie den kühlen Edelmann leicht nicken und ein schmales Lächeln huschte über ihre Lippen.
„Irina …“ Er wiederholte ihren Namen so, als ob er ihn sich für alle Zeiten dieser Welt einprägen wollte und das Mädchen spürte plötzlich, wie ihre Knie weich wurden. Doch mit einer blitzschnellen Bewegung war er bei ihr, stützte sie und ihr Herz setzte aus, als dieser großartige Mann ihr zuflüsterte: „Du kommst mit mir, meine Schöne.“ Seine Stimme war ruhig, selbstverständlich, unerschütterlich.
Und ihr Traum wurde war.
** ***
Leander sah verdutzt zu, als die resolute Irina plötzlich schwach wurde und während er nur wie versteinert da stehen und zusehen konnte, legte der Fremde eine Hand um ihre Taille und führte Irina in Richtung der Tür. Das sah ihr gar nicht ähnlich!
Und plötzlich war seine Panik wieder da!
Reiche Edelmänner waren hungrige, herzlose Monster und wenn er Irina zu dieser späten Stunde mitnahm, so konnte das nur eines bedeuten: Er wollte sie … schänden!
Schänden, und am Ende der Nacht die Spuren seiner wilden Ausschweifung womöglich in die trübe Stir zu werfen, wo man das Mädchen Sigmar weiß wann als Moorleiche finden würde!
Er folgte Ihnen mit den Augen zur Schanktür, als diese aufging und Fink, ein alter, aber in Marburg für seine Brutalität berüchtigter Oger endlich den Türrahmen versperrte.
Ja! Der fremde würde ihm das Herz nicht herausreißen und das Mädchen mitnehmen das Leander selbst begehrte!
Beim Anblick von Fink war Leanders Panik plötzlich war seine Panik in Wut umgeschlagen. Mit wenigen wilden Sätzen und dem Einsatz seiner Fäuste bahnte er sich seinen Weg durch die Kundschaft, holte den Fremden ein und schrie zu Fink:
„Fink, der Mann kommt hier nicht raus!“
Es brauchte eine Sekunde, bis der Befehl durch die Ohren des Ogers drang und den Weg zu seinem Gehirn suchte… Doch Fink versteifte sich und blockierte den Fremden den Weg, indem er praktisch die komplette Tür ausfüllte. Nicht einmal ein kleiner Junge könnte jetzt den „Roten Drachen“ noch verlassen.
Leander atmete nochmal tief ein und aus, beruhigte sich. Dies war sein Laden, und bei ihm wurde weder die Zeche geprellt, noch gestohlen und ganz bestimmt nicht ein Mädchen entführt!
„Halt, mein Herr!“ In der Stille, die sich plötzlich im Schankraum ausgebreitet hatte, klang die Stimme des Wirts klar und fordernd, GESCHULT VON JAHRELANGEM Umgang mit den zweifelhaften gestalten Marburgs. Und unterstützt von den Muskeln eines Ogers.
„Ihr geht jetzt. Und das Mädchen bleibt hier!“
Der Fremde blieb unbewegt, das einzige Geräusch im „Roten Drachen“ war das tiefe Knurren eines Hundes, der scheinbar von der Situation eingeschüchtert war…
Dann konnte Leander sehen, wie der Fremde sich ihm langsam zuwendete, auf seinen Schmalen bleichen Lippen ein breites Lächeln.
„Oh nein, Sie kommt mit.“ Leander Stutze verwirrt.
„Und DU auch.“
*** ***
Und der Edelmann führte nun auch seinen Finger an die Lippen und sprach weiter:
„Und bitte: Kein Wort mehr von dir!“
Mit zwei Fingern winkte er Leander hinter sich her und der Wirt kam sich vor, als wäre er ein Zuschauer in seinem eigenen Körper. Eine leblose Marionette. Der Fremde zog an den Strängen und ließ ihn nun wandeln! Sein Leib folgte einfach dem Befehl des Fremden, setzte selbstständig einen Fuß vor den anderen und ging ihm nach!
„Hexerei! Bei Sigmar, dieser Mann ist ein Hexer!“, brüllte der Wirt aus Leibeskräften. „Ho…“ Doch nein, er brachte kein Wort heraus! Er hatte nichts gesagt! Wo war seine Stimme!?
„Auf ihn! Dieser Mann ist ein Hexer!“, schrie Leander in seinen Gedanken. Doch sein Mund blieb stumm, genauso wie der Fremde es ihm befohlen hatte. Und die Gäste machten weiter, so als sein die kleine Szene an der Tür nur ein kleines Getuschel unter Freunden.
Panisch sah er zu, wie der Hexer mit Irina weiter marschierte, bis er vor Fink stand. Das, was der Hexer zum Oger sagte, hörte Leander in seiner Panik nicht, doch der Oger machte dem Unheiligen einfach Platz, trat einen Schritt zur Seite und hielt die Tür auf!
Und Leander sah sich aus der dampfenden Stube in die dunkle Herbstnacht herausgetreten. Fink selbst blieb in der Stube und schloss die Schranktür hinter ihnen zu.
Leander konnte noch den Kopf bewegen und sah sich ein der Brauergasse panisch um. Weit und breit war keine Hilfe zu sehen! Die Gasse war, bis auf die Lampe, die über ihren Köpfen sein Tavernenschild beleuchtete, dunkel und kalt. Weit gegen Ende, in der Bäckergasse, leuchtete eine andere Laterne und er konnte dazwischen zwei-drei bucklige, humpelnde Bettler erkennen, die neugierig näher kamen.
Zu seiner rechten schwoll der Lärm einer fahrenden Kutsche an und Leander sah das pompöse schwarze Gefährt sich polternd auf sie zu bewegen; und genau vor dem Hexer zügelte der große dunkle Kutsche die vier gewaltigen schwarzen Rösser.
Die großen Tiere wieherten ganz leise und in der kalten Herbstluft trat modrig stinkender Dampf trat aus ihren Nüstern hervor. Mit Hufen so groß wie Kindersärge scharrten sie auf den Pflastersteinen, dass winzige kleine Funken flogen.
Leander starrte wie gebannt auf die grauenvollen Bestien, doch eine Mischung aus Angst und gebanntem Interesse ließ seinen Blick weiter über das düstere Gefährt wandern. Ein kalter Schauer der Angst lief über seinen Rücken als er sein Blick auf den Kutscher fiel. Ein stämmiger, düsterer Mann, mit wilden, mordlustigen Augen und einem zottligen, großen Bart. Eine große Narbe lief über seine rechte Wange und Leander wusste nur zu gut, dass es der Mann wohl absichtlich so schlecht hatte verheilen lassen. Zusammen mit seiner großen Statur und diesen brutalen Augen machte es ihn geradezu beängstigend.
Der Kutscher beugte sich nach vorne und nahm vom Edelmann dessen dreckigen Mantel entgegen. „Der deshalb nicht zu seinen Gewändern passt…“ dachte Leander und musste lächeln. „Wie ein Wolf in Schafspelz… oder ein Drache in Wolfsfell…“
*** *** *
Irina empfand die Situation irgendwie entrückt. Ihr hatten die Männer in der Kneipe schon viele Schauermärchen erzählt, um sich zu brüsten wie kampflustige Gockel, doch jetzt plötzlich wusste das Mädchen, weswegen die alten Soldaten erst saufen mussten, um manche Geschichten nur im Flüsterton zu erzählen…. Dies war so eine Geschichte.
Und wenn alle anderen Geschichten stimmten, dann müsste sie nun Angst haben. Vor ihm, vor der dreckigen alten Kutsche, vor dem Wolf auf dem Kutschbock. Ja, ein Wolf zu sein passte zu dem unheimlichen, gefährlichen Kutscher.
Ja, es war alles anderes als sie es je erlebt hatte, unheimlich und bedrohlich. Doch warum empfand sie selbst keine Angst?
„Steig ein, schöne Irina.“, hörte sie des Hexers Stimme, die ihre Beine weich werden ließ. Sie drehte sich um und blickte ihm in die Augen. Im schummerigen Licht der Tavernenlampe glitzerten sie in einem tiefen Blau und bargen nicht nur Alter und eine immense, herrschaftliche Kraft.
Sie hatten Zuneigung in sich. Ein Leuchten, das ihr heute Nacht alleine gehörte und jede Angst aus ihrem Herzen bannte.
Er öffnete ihr selbst die Tür, nahm ihre Hand und half ihr beim Einsteigen.
Das Innere der Kutsche war unbeleuchtet, doch das Mädchen, das immer von Luxus und Reichtum geträumt hatte, fühlte und ahnte, wie kostspielig es eingerichtet war. Feine schwere Samtvorhänge, weicher Teppich, goldbeschlagene Verzierungen und eine in Fahrtrichtung verlaufende breite Sitzbank, die mit handbestickten Polstern bezogen war.
Leander folgte ihr in die Kutsche und dann hörte sie die raue Stimme des Kutschers: „Wohin, mein Herr?“ „Nach Mortheim, Urien, nach Cutthroat’s Den!“, antwortete ihr Angebeteter mit lachender Stimme.
Nun stieg auch er ein, setzte sich neben ihr auf die Bank und Irina konnte nicht umher sich zu fragen, wieso sie allein bei der Erwähnung der gottverdammte Stadt Mortheim kein Bedürfnis verspürte, schreiend aus der Kutsche zu springen. Ein „anständiges“ Mädchen sollte das tun… Und eine gottesfürchtige auf jeden Fall!
Erst vor gut einem Jahr war die Stadt Mortheim durch Sigmars Zorn vernichtet worden, sogar von den Mauern Marburgs hatte man noch viele Wochen lang den Rauch der schwelenden Feuersbrunst den Stir hinauf beobachten können. Der Flusshandel war zusammengebrochen und seitdem wurden die Straßen nach Osten, Marburgs Quelle des Reichtums, sehr viel gefährlicher.
Um Mortheim rankten sich nun viele Gerüchte, die Irina bisher nur am Rande interessiert hatten. Es hieß nun, die Stadt liege unter Sigmars Fluch und sei beherrscht von Monstern und Mutanten. Und doch gebe es dort einen Schatz, noch wertvoller als Gold.
Nun gingen wieder Männer nach Osten; viele Abenteurer, Halunken oder nur einfach arme Männer ohne eine Existenz. Sie alle reisten zu Fuß oder mit Flussschiffen die Stir hinauf und Irina konnte sich an wenige Schatzsucher erinnern des schon wieder zurückgekommen wären.
Doch ihre Geschichten kursierten nun wild. Geschichten von Banden, die jeden Tag nach Mortheim hinein gingen, um ihr Glück zu finden. Geschichten von Phantasiewesen, wie laufende Ratten, oder realere Geschichten von Mutanten und Anbetern der dunklen Götter, die nun die Stadt ihr Eigen nannten. Und auch Geschichten von neunen Dörfern, die durch den Fluss der Abenteurer nicht nur gewachsen, sondern zu regelrechter Berühmtheit erlangt waren: Sigmars Heaven, Black Pit oder eben … Cutthroat’s Den; Die Grube der Halsabschneider.
Und über dieses Loch hatte Irina nun GAR NICHTS Gutes gehört!
„HYA!“ riss der Schrei des Kutschers, begleitet vom Knallen seiner Peitsche das Mädchen aus ihren abschweifenden Gedanken. Mit einem Ruck setzte sich die schwere Kutsche in Bewegung und begann immer schneller durch die gepflasterte Gasse zu rumpeln.
Und plötzlich erkannte Irina, dass es so unglaublich viel an dieser Situation gab, was Sie nicht verstand. So vieles, was sie über ihn wissen wollte.
„Sag mir wer du bist!“, forderte sie von ihrem Traumprinzen gerade heraus, während sie ihre Augen in die Seinen heftete. Er lächelte und sie verstand dass er von der Frage überrascht war; positiv überrascht!
Und doch ließ er sich Zeit mit einer Antwort.
*** *** **
Leander wäre fast gestolpert, als sein Leib gegen seinen Willen in die Kutsche stieg.
Der überschwängliche Luxus war das erste, was ins Auge fiel und doch wirkte es nur auf den ersten Blick. Sicher, Leander musste nicht erst drauf beißen um zu wissen, dass es echtes Gold war und doch war es vom Zahn der Zeit angegriffen, an vielen Stellen verfärbt oder so abgeblättert, dass darunter das dunkle Holz zum Vorschein kam. Die teueren Glasscheiben der Fenster waren schon lange nicht mehr geputzt, Leander konnte im Dämmerlicht nicht einmal die Gebäude ein Schritt weiter erkennen.
Und über Allem lag ein moderiger Geruch nach Feuchtigkeit, Erde und … Blut.
*** *** ***
„Es ist lange her, dass jemand so mit mir gesprochen hat, Irina.“
Der schöne Mann machte eine Pause und sein Lächeln wurde kalt.
„Wenn ich ehrlich sein darf, ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann das letzte Mal jemand mir einen Befehl erteilt hat. Und alle die es gemacht haben, sind nun tot. “
Irina lief zum ersten Mal ein Schauer über den Rücken und obgleich sie nun Angst hatte, war es die Erregung, die sie erschaudern ließ!
„Tot oder an meiner Seite.“, sprach er weiter und seine Augen fixierten sie wie mit einem Bann.
„Erzähl mir von dir. Nicht deine Vergangenheit, sie interessiert mich nicht. Erzähl mir, wer du bist und wer du sein willst.“
Mehrere Augenblicke lang war Irina einfach sprachlos; suchte nach Wörter. Wo sollte Sie anfangen? Das war etwas, was noch nie zuvor einen Mann interessiert hatte! Ihre Angst war wie weggeweht, ersetzt von Hoffnung und Aufregung.
Und sie begann zu erzählen. Von den Wünschen ihres Geistes, der Not ihres leeren Beutels, der Aufregung in ihrer Arbeit unter all den unterschiedlichen Menchen und dieser außergewöhnliche, faszinierende Mann hörte ihr einfach zu. Gebannt nahm er ihre Worte auf, durchdachte Sie, filterte Sie durch eine unglaubliche Lebenserfahrung und seine gelegentlichen Fragen führten sie immer tiefer in die Geheimnisse ihrer selbst. Und so vertraute Irina sich ihm an. Sie vergaß Leander neben sich ganz, erzählte ihrem Traumprinzen auch vom Ekel, von dem sie noch nie jemandem erzählt hatte. Dem Ekel vor Geld und Einfluss, vor Tratsch, Eifersucht und vorgespieltem Götterglaube.
Und so merkte Irina gar nicht, wie die Kutsche das Stadttor passierte, oder wie die Torwachen das Zeichen des zweischweifigen Kometen hinter den Unglücklichen her schickten, die so spät nach Einbruch der Dämmerung ihre Reise antraten. Sie würden den Schutz Sigmars gebrauchen.
Denn nachts wartete im Reikwald nur der Tod.
*** *** *** *
Der Hauptmann rannte die Treppen des Turms hinunter und erreichte den von Fackeln erleuchteten Tordurchgang, als Wilhelm seine zwei Finger wieder zum Mund führte. Der junge Soldat hatte sein Herz am richtigen Fleck, ein junger, sigmargläubiger Bursche. Solche Männer hätte er mehr brauchen können!
„Wer war das!?“, schnauzte er die Männer an, die immer noch hinter der dunklen Kutsche starrten, die polternd in der Nacht verschwand. Niemand verließ die Stadt noch so spät und wenn, dann hatte er meist unehrenhafte Gründe! „Unser Auftrag ist es, Diebe aufzuhalten und nicht, Ihnen die Tore zu öffnen, ihr Narren!“
Die drei Männer wurden plötzlich unruhig, keiner traute sich, ihm in die Augen zu blicken…
„Also was!?“, blaffte der Hauptmann.
„Er war ein Edelmann mit seiner Geliebten, Hauptmann…“ Endlich fand der alte Waffenmeister Nicolaus seinen Mut wieder, hob die Augen und stellte sich dem Blick des Hauptmanns.
„Der Kutscher sagte, sie haben es nicht weit. Nur eine Stunde nach Dunkelbrunn, wo sein Herr ein Jagdhaus besitzt.“ Seine Stimme klang fest, aber nicht ganz überzeugt. Wahrscheinlich hatte der Kutscher einem der drei einen Beutel zugesteckt, um ungehindert nach der Sperrstunde passieren zu können.
Doch gerade als der Hauptmann die Hand ausstreckte und den Mund aufmachte, um die Herausgabe des Schmiergeldes zu verlangen, sah er einen Soldaten, der scheinbar so schnell er konnte auf das Tor zu rannte. „Hauptmann! Hauptmann“, brüllte der Mann, immer noch viele Schritt entfernt.
„Im Roten Drachen… “ er kam die letzten Schritte die Gasse hinauf „Im Roten Drachen gibt’s ein Blutbad!“ er schnaubte und rang nach Luft „Fink der Oger ist durchgedreht… hat die Tür verrammelt … und schlachtet da drin mit der Axt jeden nieder…“ Der Junge Wachmann atmete nochmal tief ein und aus. „Er ist wie von Sinnen Hauptmann! Die Jungs versuchen die Tür aufzubrechen, aber durch das Fenster konnte ich das Blutbad sehen… Sigmar sei Dank hält ihn eine kleine Gruppe Söldner in Schach, aber schnell! Wir brauchen mehr Männer!“
„Ich habe schon immer gewusst, dass kein gottesfürchtiger Mann einen Oger beschäftigen sollte. “ brummte der Hauptmann „Nur Fressen und Schlachten im Kopf haben diese Monster. Schlagt Alarm!“
Und der junge Wilhelm rannte zur kleinen Glocke in der Wand und begann sie wild zu schlagen, um die Schlafenden Wachen in der angrenzenden Wachstube zu wecken.
Einen wütenden Oger in der Stadt zu bekämpfen war ein Alptraum, hatte man ihm oft gesagt. Doch nun würde er es herausfinden müssen....

*** *** *** **

Irina hatte so viel erzählt, so viel von ihren Träumen und ihren Gefühlen, dass sie glaubte, diesen geheimnisvollen Mann schon seit Wochen zu kennen. Und Sie spürte, dass er ihre Geschichte sehr genoss, Wert darauf legte sie zu verstehen und nicht, nur ihren Körper zu besitzen.
In der engen Welt der dunklen Kutsche existierten nur Sie beide und sie konnte das Pochen ihrer beiden Herzen hören. Doch langsam brannte sie vor Neugier, wollte dass auch er sich ihr öffnet, auch wenn es schön war, ihm ihre Seele anzuvertrauen. Gerade fühlte sie sich entblößter und verwundbarer, als sie sich in ihrer ersten Liebesnacht gefühlt hatte.
„Bitte erzähl mir wer du bist.“ Irina bettelte fast, legte in ihrer Stimme alles an Weiblichkeit, über das sie verfügte, aber auch den ehrlichen Wunsch, mehr über ihn zu erfahren.
Und ein Lächeln erhellte sein Gesicht.
„Bald.“, sagte er „Sehr bald. Doch erst musst du mir eine Frage beantworten.“
Seine Stimme klang tief und wohltönend, seine Augen fixierten ihre, wie zwei leuchtende Rubine in der Dunkelheit der Kutsche. Um nichts in der Welt hätte Sie sich von Ihnen abwenden können.
„Möchtest du dir Reichtum, Kraft und die Macht, zu Eigen machen, wonach dein Herz begehrt? Möchtest du die Lügner enttarnen und ALLEN falschen Menschen und Götter gleichermaßen ins Gesicht lachen und Sie bestrafen wie sie es verdienen?“
„Oh JA…“, hauchte Irina inbrünstig.
„Und was bist du bereit, dafür zu geben?“ fragte seine tiefe Stimme.
„Alles!“, stöhnte das Mädchen
„Gut…“ Sie konnte im dunklen sein Lächeln sehen, als ein Augenblick des Mondlichts auf seine Zähnen funkelte. Und plötzlich, war er über sie! Er küsste sie innig und sein berauschender Duft erfüllte ihre Sinne.
„Dann möchte ich dir zwei Wünsche erfüllen“ hauchte er ihr ins Ohr, während er sie auf seinen Schoß zog.
„Ich bin Vlad.“, flüsterte er „Vlad von Carstein.“

"Vlad, der Drache von Sylvania", dachte Irina berauscht, doch plötzlich spürte Sie wie ihre Welt in unvorstellbarem Glück versank.
Seine Hände wanderten über ihren Körper, zerrissen dabei ihre Kleider immer wieder in kleine Fetzen und ihr ganzer Körper reagierte, bebte und versank wie in einem dunklen, warmen, einladenden Zuber. Das wenige Licht in der Kutsche verschwamm und irgendwo, in der süßen Dunkelheit erschien ein Licht, dessen warmes Glühen Irina anzog, wie die Stimme einer Mutter wohl einen Neugeborenen in eine neue Welt anzieht.
Langsam und voller Zuversicht, strebte das junge Mädchen dem wachsenden Licht entgegen. Sie spürte, wie sanfte Klänge ihr willkommen hießen.
Dort musste das Glück sein.
Sie streckte dem Licht die Hand entgegen und glaubte einen gewaltigen braunen Bären zu sehen, der ihr ruhig die Pfote entgegenstreckte.
Doch plötzlich wurde Irina gepackt und mit unglaublicher Gewalt vom Licht weggezehrt.
Glück und Zuversicht wurden durch Schmerz ersetzt und die wohlige Wärme verwandelte sich schlagartig in sengende Hitze, als würde ihr Körper in glühenden Kohlen geschmissen.
Einen Augenblick lang vernahm sie, wie der große Bär traurig den Kopf sank und sich von ihr wegdrehte, bevor das Licht ganz verschwand.
Irina blieb brennend zurück in der Dunkelheit und schrie alleine in grauenvollen Schmerzen.

*** *** *** ***
Leander saß still im hinteren Teil der Kutsche, doch in ihm tobte sein Verstand so, dass er wie ein tosender Sturm gegen die Schranken der Beherrschung brandete, die ihn zum Schweigen und Untätigkeit verdonnert hatte.
Er hatte schon eine Weile gelebt und im Roten Drachen schon die wildesten Schauermärchen und Gespenstergeschichten gehört. Doch tatenlos eine Marionette in einer davon zu sein, damit vermochte sich der Wirt nicht abzufinden! Er wollte nicht mitansehen, wie dieser Hexer nach Strich und Faden die Frau verführte, die er schon seit Jahren besitzen wollte. Und doch genau das passierte.
Er beherrschte sie, er zwang ihr seinen Willen auf, doch sie widersetzte sich … tat sie das wirklich? Stand sie unter demselben Zwang wie er? Oder tat sie das … aus freien Stücken!?
Nein, unmöglich, kein Mann konnte so eine Auswirkung auf Frauen haben! Es musste Magie sein, wenn diesem Dämon das so mühelos gelang, wobei er so viele andere hatte scheitern sehen. Nicht einmal jetzt war er bereit zu zugeben, dass auch er an Irina gescheitert war… Es tat ihm in der Seele weh zu sehen, wie sie ihn anschmachtete und so blieb ihm nichts übrig als sein Blick angewidert abzuwenden. Das durfte er zumindest! Und doch litt er Höllenqualen unter der Ergebenheit und Faszination in Irinas Stimme. Wo waren ihr Biss, ihre Frechheit, ihre Unnahbarkeit!? Wer war dieser Taugenichts?
Sein Verstand setzte aus, als er den Namen hörte.
Vlad von Carstein … der umstrittene Herzog von Sylvania, einer der Herren der Imperiums, war in Wahrheit ein Ketzer und Anbeter der Dunklen Götter…
Leander brauchte einige Herzschläge, bis er überhaupt damit begann, die Tragweite dieser Tatsache zu begreifen und sein Herz schien dann auszusetzen.
Panisch blickte er zurück zu Irina, die sich gerade dem Monster hingab. Er zerriss ihre Bluse, entblätterte ihren ganzen Oberkörper. Seine Augen verschlagen fasziniert das, was er noch nie zu Gesicht bekommen hatte.
Und dann beobachtete er entsetzt, als in dem Mund des Grafen zwei lange Fänge wuchsen, die er in ihrem zierlichen Hals rammte! Blut sprudelte aus der Wunde und der Unhold trank es in tiefen Zügen… Ein hoher Fürst der sich von Blut nährte… Ein Dämon der Kindergeschichten.. ein Vampyr!
Leander schaute einfach mit leeren Gedanken zu, wie der Graf Irina tötete. Er trank ihren Lebenssaft solange, bis aus dem Sprudel ein Rinnsal wurde und auch dieser schließlich versiegte. Der Vampir leckte sich genüsslich die blassen Lippen und sein Blick wandte sich wieder zum ersten Mal seit Stunden Leander zu. Die Augen des Fürsten leuchteten in der Dunkelheit der Kutsche, wie Rubine mit einem inneren Feuer.
Und zum ersten Mal konnte Leander auch etwas in diesen Augen lesen; seinen Todesurteil.
Ergeben schloss er die Augen, um das Monster nicht zu sehen, wenn es ihn anspringen würde und stimmte ein stummes Gebet an Sigmar an. Er wartete auf den Tod. Und doch … passierte nichts.
Also riss er die Augen wieder auf.
Gerade rechtzeitig um zu sehen, wie ein kleines Blutrinnsal aus dem offenen Handgelenk des Grafen in Irinas toten Mund floss. Nur wenige Tropfen, dann leckte Vlad von Carstein über sein Handgelenk und seine Wunde schloss sich.
Verdutzt starrte Leander zwischen dem Grafen und dem toten Mädchen hin und her. Was sollte das werden? Wieso gab er ihr Blut? Sie war doch…
Erneut setzten seine Gedanken im Schock aus, als Irinas Augen aufsprangen und sich ihr ganzer zarter Körper in Zuckungen verrenkte. Und ihre Augen! Sie leuchteten nun, rot wie Rubine in der Dunkelheit!
Leander sah den Schlag gar nicht kommen, doch er war voller Schmerzen, als sein Kopf mit mächtiger Wucht gegen die Rückwand der Kutsche prallte. Und er spürte den brennenden Schmerz der tiefen Kratzer, die der Vampirgraf wohl mit seinen Nägeln auf seiner Wange hinterlassen hatte.
Blut sickerte daraus.
Und Irina wendete sich wie ein Blitz Leander zu!

*** *** *** *** *
Sengende Hitze verbrannte Irina und Dunkelheit umgab sie, wie das ölige Wasser eines bodenlosen Sees. Sie strampelte darin und arbeitete sich nach oben, langsam hinauf zum fahlen Licht an der Oberfläche. Als ihre Sinne wiederkamen, war es tatsächlich so, als hätte ihr Bewusstsein eine schummerige, trübe Wasserfläche durchstoßen, um in der Welt oberhalb wieder etwas wahrzunehmen: blasser Mondschein der auf Gold funkelt, ein eiserner Griff der sie festhält, das Geräusch eines schlagenden Herzen und einen unvorstellbar verlockender Duft. Einen Duft von den Sie wusste, dass er die sengenden Qualen ihrer inneren Brände löschen wird!
Und so setzte sie alles in ihrer Kraft Stehende darin, sich dieses Duftes zu bemächtigen!
Der eiserne Griff gab sie plötzlich frei und das nächste was Irina spürte war, wie Balsam ihre Kehle hinunter lief. Es linderte nicht nur ihr inneres Feuer, es spülte es förmlich hinfort, ersetzte Durst und Hunger mit einer wohligen Wärme und dem Gefühl der Erregung und der der gewaltigen Stärke. Sie trank in tiefen Zügen, bis zum letzten Tropfen.

Und auch als nichts mehr davon da war, zog und saugte sie gierig weiter, bis sich nicht nur ihre Augen, sondern auch ihr Verstand endlich klärte.
In ihren Armen lag Leanders schlaffer Körper. Seine Augen blickten sie starr und glasig an, sein Mund war erfroren in einer widerlichen Grimasse der Verzückung. Eine gewaltige, fast trockene Wunde klaffte an seinem Hals und Irina spürte, dass sie selbst die Fleischstücke im Mund hatte.
Angewidert spuckte sie aus und versuchte, eine Ordnung in ihren wirren Gefühlen zu bringen. Auch wenn ihr Verstand sich noch wehrte, sie hatte Leander getötet. Diesen gierigen, selbstsüchtigen Mann, der Sie immer angeglotzt und gegrapscht hatte. Sie hatte Leander schon immer abstoßend gefunden, war aber stets zu klug gewesen es ihm zu zeigen. Denn Leander hatte Sie auch Vieles zu verdanken: Mahlzeiten, ein Dach über den Kopf und dank der Arbeit im Roten Drachen auch stets einige Münzen in der Tasche. Er hatte sie zu dem gemacht was sie war…
Doch was war sie? War sie noch Irina, das Schankmädchen?
Oder hatte ER etwas anderes aus ihr gemacht?
Denn obwohl nur wenige Mondstrahlen durch die trüben Scheiben der Kutsche drangen, konnte Irina nun jede Einzelheit im dunklen Inneren ausmachen! Sogar die einzelnen Farben waren zu erahnen, allem voran aber dominiert durch seine rubinroten Augen.
Irina löste ihren Blick von der Leiche des toten Mannes in ihren Armen und blickte den lebenden Mann an, den die Dunkelheit der Kutsche umschloss wie ein elegant geschneiderter Mantel: Vlad von Carsten, der Fürst von Sylvania.
Vlad musste ihr Geheimnis wissen, denn er lächelte zufrieden.

„Wer bin ich jetzt, Vlad?“ fragte sie ihn direkt und Vlad lächelte noch offener, noch zufriedener.
„Du bist nun meine Tochter.“ Antwortete er mit Stolz in seiner Stimme. „Mein Kind in der Nacht. Ein Vampir. Gestorben und wiedergeboren, um über das Menschenvieh zu herrschen. Und damit erfülle ich dir deinen zweiten Wunsch“ lächelte der Graf.
„ Doch WER du bist musst du selbst bestimmen. Die alte Irina ist heute Nacht gestorben. Und was du aus dieser Chance machst liegt ganz bei dir, mein stolzes Mädchen“, seine Stimme klang liebevoll. „Du kannst beschließen eine Herrin zu sein und es mir beweisen. Oder du bleibst eine Schandmaid und besudelst mein Blut, dass nun in deinen Adern fließt. Dann werde ich wiederkommen und mein Blut wieder einfordern.“ Jetzt war Vlads Stimme noch eisiger als der tiefe Winter von Kiselev.
Irina war sprachlos und ihre Gedanken begannen zu rasen.

Die neugeborene Vampirin schwieg lange und auch ihr Erzeuger gab ihr Ruhe, um ihre wirren Gedanken zu ordnen.
Ein neuer Lebensabschnitt begann, ja sogar ein neues Leben. Gewaltige Macht, wenn nur die Hälfte der Schauergeschichten stimmte, die betrunkene Soldaten erzählten. Ein Leben unter dem Mond, nie wieder würde sie einen Schritt in die Sonne setzen können. Das Trinken von Blut. Morden, immer und immer wieder. Doch dafür ewiges Leben. Als eine Herrin der Toten.
Irgendwo in der Ferne heulte ein Wolf und riss Irina aus ihren Gedanken. Von Neugier getrieben griff Sie nach dem schweren Samtvorhang, schob ihn zur Seite und öffnete das kleine vergitterte Fenster. Die Kutsche raste die holperige Oststraße entlang, irgendwo tief im Inneren des Reikwaldes. Knorrige, verdrehte alte Stämme zogen vorbei, doch unter dem dichten Blätterdach konnte die junge Vampirin sehen wie an einem wolkigen Tag. Und sie erblickte einen Rudel gewaltiger grauer Wölfe, die mit der Kutsche rannten, sie begleiteten wie eine Eskorte wilder Steppenreiter .
Dem Rudel rannte ein mächtiges, schwarzes Tier voran, größer und kräftiger als die Anderen und Irina schaute fasziniert dem Muskelspiel unter dem schimmernden Fell zu, lauschte dem Atem des Tieres und seiner rhythmischen Herzschläge. Und als ihr Blick den des Wolfes traf, senkte das Tier seinen Blick schnell in Unterwerfung.
In diesem Monet verstand das Mädchen, dass sie in dieser Nacht genau da angekommen war, wo sie ihr Leben lang immer sein wollte. Dort, wo die Stärksten ihr Respekt zollen! Wo sie herrschte und belohnte.
Und so belohnte sie den Wolf für seine Unterwerfung: sie öffnete die Tür und warf Leanders Leiche den Wölfen zum Fraß vor. Japsend und jaulend hielten die Tiere an und versammelten sich um ihre Mahlzeit.
Lächelnd lehnte sich die Junge Vampirin in die Kutsche zurück und blickte wieder ihrem Erzeuger in die Augen.
„Ich möchte an deiner Seite über die Nacht herrschen!“ sagte Sie, spürte wie Sie mit den Worten ihr Herz an den Drachen von Sylvania schenkte.
Vlad, der Drache mit den Rubinaugen, lächelte liebevoll.
„Dann könnte es eines Nachts so sein. Bist du bereit, mir Treue zu schwören und deinen Wert zu beweisen?“
„Das bin ich.“, antwortete Irina mit vor Stolz bebender Stimme
Zufriedenheit erhellte das schöne Gesicht Vlad von Carsteins.
„Dann wird es in Mortheim beginnen!“

ENDE
 
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Ja, das liest sich nicht schlecht. Solide Beschreibungen, abwechslungsreiche Wortwahl und nachvollziehbare Gedankengänge. So solls sein.

Sprachlich dagegen sehr wechselhaft. Während kaum Kommata fehlen (eher zu viele sind), haben sich doch einige Fehlerchen eingeschlichten, von denen ich meinen würde, dass sie dir bei gründlichem Lesen selbst auffallen müssten. "trotzdem" schreibt man zum Beispiel im Satz immer noch klein und der Duden stimmt mir zu, dass es "das Kinn" heißt. Störender sind aber einige umständlich konstruierte Sätze.

Inhaltlich lässt sich noch nicht viel sagen. Als Einleitung auf jeden Fall sehr vielversprechend. Spannend, ohne zu viel zu verraten. Ich warte mal auf mehr.
 
Eine gute Einleitung, die Lust auf mehr macht - ich hoffe, da kommt noch was. 🙂

Wenn es weiter geht, würde ich dir empfehlen, deine Texte künftig von jemandem Korrektur lesen zu lassen. Das ist keine Schande, machen die meisten Hobbyautoren, die hier längerfristig aktiv sind, ich auch. Zur Not hätte aber auch die Korrekturfunktion von Word ein paar der Fehler ausmerzen können. 😉
 
Danke Leute.
Natürlich wird noch mehr folgen, die gesamte Geschichte wird nur der Teaser für eine Kampanie sein.
Und die Rechtschreibfehler stammen sicher davon, dass ich es in Wordpad geschrieben habe... Fehler! Werde in Zukunft Word verwenden.
Der7die das fehler sind bei mir leider normal, da Deutsch zwar nach 22 jahren ins Blut übergegangen ist, aber die Artikelsetzung manchmal ... eigenwillig ist 🙂

@ Chuckchuck : Ich bin ganz deiner meinung, aber die Geschichte steht nicht ganz für sich allein, so habe ich ein bisschen Details bewusst eingespart, um dem Ende auch entgegen zu kommen.
 
Der7die das fehler sind bei mir leider normal, da Deutsch zwar nach 22 jahren ins Blut übergegangen ist, aber die Artikelsetzung manchmal ... eigenwillig ist 🙂

das stimmt allerdings und es gibt auch genug deutsche Muttersprachler, die damit Schwierigkeiten haben.

Ich kann trotzdem nur die online-Seite des Dudens empfehlen. (www.duden.de) Da steht zum Beispiel:

http://www.duden.de/rechtschreibung/Kinn schrieb:
Kinn, das

Wortart: Substantiv, Neutrum

Also falls du dir unsicher bist, einfach schnell das Wort eintippen und gucken, welches Geschlecht es hat.

Aber über das eine oder andere Fehlerchen kann man auch mal hinwegsehen.

Natürlich wird noch mehr folgen, die gesamte Geschichte wird nur der Teaser für eine Kampanie sein.

na das klingt ja noch hohem Anspruch. Bin gespannt.
 
Danke Leute.
Natürlich wird noch mehr folgen, die gesamte Geschichte wird nur der Teaser für eine Kampanie sein.
Und die Rechtschreibfehler stammen sicher davon, dass ich es in Wordpad geschrieben habe... Fehler! Werde in Zukunft Word verwenden.
Der7die das fehler sind bei mir leider normal, da Deutsch zwar nach 22 jahren ins Blut übergegangen ist, aber die Artikelsetzung manchmal ... eigenwillig ist 🙂

@ Chuckchuck : Ich bin ganz deiner meinung, aber die Geschichte steht nicht ganz für sich allein, so habe ich ein bisschen Details bewusst eingespart, um dem Ende auch entgegen zu kommen.


Sauber, dann hast ja an alles gedacht... Und dafür, daß Deutsch nicht deine Muttersprache ist: Kompliment! Nicht schlimm, wenn ein paar Artikel falsch sind, hast ja schon Tips bekommen das zu umgehen. Ich wäre froh, ich könnte eine Fremdsprache so beherrschen...
 
**
Irina konnte den Blick nicht von dem schönen Fremden abwenden. Er hatte den leichten Gang einer Katze, die Schultern eines Bären, und die selbstverständliche Würde eine Königs! Ein Mann wie ihn sich jede Frau wünschte!

Wahrscheinlich hatte er irgendwo Weib und Bälger, und die Weibsbilder hier im Imperium wachten über ihre Männer wie Bärenmütter über ihre Jungen. Doch Irina scherte das einen Dreck! Sie hatte gelernt, die Weiber nicht mehr zu fürchten, denn sie hatten ihren Ruf als Schlampe wahrscheinlich schon an jeder Ecke Marburgs getragen. Wie hieß es so schön? Hast du schon den Ruf eines Orks, kannst du in Ruhe wie ein Goblin leben! Und Irina wusste es, ihre Schönheit für ihre Zwecke einzusetzen. Selten mehr als das, denn selten war mehr nötig. Die meisten ihrer Verehrer taten schon für ihre Aufmerksamkeit so ziemlich alles, was Sie konnten. Beim kleinen Rest kam es auf den Mann an, und was er ihr anzubieten hatte. Schade nur, dass die meisten hier im Saum so wenig hatten. Ein Schuster besorgte Irina regelmäßig schöne hohe Lederstiefel, wenn sie für ihn tanzte, und ein Beckerjunge stahl täglich heiße Käsebrötchen, und tauschte sie gegen ein-zwei Küsschen. Nur Marius, der Schneiderlehrling, hatte Irina wirklich imponiert. Er war frech, mutig und doch aufmerksam; doch selbst er hatte nur einfache Tuniken anzubieten, und so selten schöne Farbige, wie die junge Frau sie liebte.
Schon öfters hatte Irina mit dem Gedanken gespielt, in einer anderen Kneipe zur Arbeiten, z. B. im Gasthof „Zur goldenen Kutsche“. Dem größten und prächtigsten Gasthof der Kutchergilde in der Stadt. Dort tranken nicht Gesellen, Tagelöhner und Freischärler, wie hier im Roten Drachen. Dort verkehrten Kutscher, Kuriere, Straßenwächter und eben allerlei Passagiere, die sich eine teure Kutschenfahrt zwischen den großen Städten des Imperiums leisten konnten. Und sogar Offiziere der Marburger Stadttruppen!
Wieso hatte Sie eigentlich noch nicht den Mut gehabt, in der „Goldenen Kutsche“ vorzusprechen?
Dort würde es mehr Männer geben wie er… .
Oh ja, … ER.

Irina war sich ihrer Schönheit bewusst. Sie hatte gelernt dass die Männer es mochten, wenn Frauen sie mutig anblickten, und bei dem geheimnisvollen Fremden schien es nicht anders zu sein. Sie hatte ihn die ganze Zeit offen angeblickt, und nun konnte Sie spüren, wie sein Blick sie fixierte, und sich direkt in ihren Augen heftete! Ganz ohne ihren Körper zu taxieren!
Der schöne Herr kam immer näher, und sie erkannte seine dunklen Augen im Schatten seiner großen Kapuze. Schwarz wie die Nacht, kalt wie Kislevs Winter, und tiefer als die tiefsten Brunnen … .
 
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Schöne Fortsetzung des ersten Teils. Auch wenn in den recht kurzen Geschichtsabschnitten wenig Handlung steckt wecken sie Neugier. Gut gemacht.

Einzig die Aufmerksamkeit, die der Fremde erhält scheint mir doch etwas klischeebehaftet zu sein. Aber das tut dem guten Erzählstil keinen Abbruch.

Weiter so. Ich bin gespannt.
 
Geht recht passend weiter, ich bin gespannt, wo das hin führt.

Einzig die Aufmerksamkeit, die der Fremde erhält scheint mir doch etwas klischeebehaftet zu sein. Aber das tut dem guten Erzählstil keinen Abbruch.

Ich gehe mal davon aus, dass nicht nur die Kneipe was mit roten Drachen zu tun hat. 😀
Ein bißchen Kitsch ist es aber natürlich trotzdem. ^_^
 
***
Leander trat zwei Schritte auf dem Fremden zu, sein erster Wunsch war es gewesen, den sicher gut zahlenden Gast überschwänglich zu begrüßen, wie es sicherlich seinem Stand geziemte. Und doch; gegen seinem Wunsch blieb der Wirt wie angewurzelt stehen. Eigentlich wollte er DIESEN Mann nicht begrüßen. Er wollte nicht mal, dass sich dieser Herr im Roten Drachen aufhielt!
Seine Blicke gingen rüber zu Irina, und es wurde ihm einfach nur speiübel, als er bemerkte, wie fasziniert seine schöne Bedienung den Fremden anstarrte!
Wo war eigentlich der verfluchte Fink, wenn er ihn brauchte?
„Was passiert wohl, wenn ich diesen reichen Pinkel hier hochkant rausschmeißen lasse!? Er ist nicht von hier, glaube ich… Man hätte sonst von so einem auffälligen, komischen Kauz gehört. Oh bei Sigmar, Mädchen, starr den verfluchten Mistkerl doch nicht wie einen Weihnachtsbraten an!„ Irina war nicht nur das Herz des roten Drachen, sondern irgendwie mehr… Leander spürte, wie sich ein gewaltiger Klos in seinem Hals setzte! So riesig, dass ihm sogar das Atmen schwer fiel.
„Nein, sie darf nicht einfach mit so einem Reichen abziehen! Was wird aus der Kneipe? Was wird aus … MIR!?“ Panisch blickte er zur Tür, doch von Fink war keine Spur zu sehen. „säuft der Dreckskerl wieder wenn ich ihn fürs aufpassen bezahle? … eigentlich wollte ich meine alte doch lange loswerden und dem Mädchen einen Antrag machen…“
Es war wie eine Blitzerkenntnis, die Leander so hart traf, dass ihm die Knie weich wurden. Wie oft hatte er doch schon fantasiert, einem der vielen Halunken in der Kneipe einen Beutel zuzustecken, damit er die fette Gackerhenne verschwinden ließ… er hatte immer viele andere Ausreden dafür gehabt, aber eigentlich wollte er nur … Irina besitzen! Mit dem Segen Sigmars, ihrer kislevitischen Bärengötter, oder welcher Götter auch immer!
Doch nun … alles rinnte schneller davon als der Sand in einer dieser unerschwinglichen Sanduhren, die es in den Häusern der Reichen gab. Der Fremde hatte vor Ihnen Halt gemacht, und seine Blicke schienen Irina zu verzehren, beide starrten einander an, ohne die Welt um sich herum auch nur eines Blickes zu würdigen. Alles war verloren.
„Ich muss was sagen! Sag was du Idiot! Lenk ihn von ihr ab!“ schrie sich Leander in seinen eigenen Gedanken an.
Er atmete tief ein…
„G…. G…. Ähm…“ fast hätte ihn der Mut ganz verlassen, doch dann schleuderte er dem Fremden doch entgegen: „Guten Abend!“ Voller Wut, Zorn und Eifersucht! „Oh Sigmar vergib mir! So geht man doch nicht mit Gästen um! Mit reichen, womöglich einflussreichen Gästen“
„G… Guten Abend, werter Herr.“ Kriegte Leander doch noch in halbwegs akzeptablem Ton heraus, bevor seine Stimme ganz versagte.
Doch der Fremde beachtete ihn nicht im geringsten.
 
Eine hübsche Schlampe und ein mysteriöser Edelmann? Na das klingt ja mal nach einer interessanten Konstellation.

Das Ende des dritten Teils war leider kein so guter Cliffhanger wie die davor, aber das macht nichts. Bisher auf jeden Fall gut zu lesen, auch wenn jetzt mal langsam was passieren könnte. Wenn ich das richtig sehen, sind seit dem Beginn der Geschichte ja nichtmal 5 Minuten vergangen.
 
****
Der Fremde hob seine behandschuhte Handfläche nach oben, und wie im Trance legte Irina ihre Hand in die Seine. So etwas Vornehmes hatte noch nie ein Mann mit ihr gemacht!
„Was ist dein Name, holdes Kind?“ sprach er zu m ersten Mal. Und seine Stimme klang ganz so, wie das Mädchen Sie sich vorgestellt hatte; wie das beruhigende, kraftvolle Rauschen eines wilden Winterbachs. Ihre Augen waren immer noch in seine gefangen, doch Irina fand ihre Sprache wieder:
„Irina, mein Herr.“ Und sie war überrascht, denn ihre Stimme klang selbstsicherer und koketter, als sie es gerade für möglich gehalten hätte. „stets zu ihren Diensten!“
Und das meinte Sie genau so! Unterstütze es sogar mit einem tiefen Knicks. Als Sie den Blick wieder hob sah sie den kühlen Edelmann leicht nicken, und ein schmales Lächeln huschte über ihre Lippen.
„Irina …“ Er wiederholte ihren Namen so, als ob er ihn sich für alle Zeiten dieser Welt einprägen wollte, und das Mädchen spürte plötzlich, wie ihre Knie weich wurden. Doch mit einer blitzschnellen Bewegung war er bei ihr, stützte sie, und ihr Herz setzte aus, als dieser großartige Mann ihr zuflüsterte: „Du kommst mit mir, meine Schöne.“ Seine Stimme war ruhig, selbstverständlich, unerschütterlich.
Und ihr Traum wurde wahr.


*****
Leander sah verdutzt zu, als die resolute Irina plötzlich schwach wurde, und während er nur wie versteinert da stehen und zusehen konnte, legte der Fremde eine Hand um ihre Taille, und führte Irina in Richtung der Tür. Das sah ihr gar nicht ähnlich!
Und plötzlich war seine Panik wieder da!
Reiche Edelmänner waren hungrige, herzlose Monster, und wenn er Irina zu dieser späten Stunde mitnahm, so konnte das nur eines bedeuten: Er wollte sie … schänden!
Schänden, und am Ende der Nacht die Spuren seiner wilden Ausschweifung womöglich in die trübe Stir zu werfen, wo man das Mädchen Sigmar weiß wann als Moorleiche finden würde!
Er folgte Ihnen mit den Augen zur Schanktür, als diese aufging, und Fink, ein alter, aber in Marburg für seine Brutalität berüchtigter Oger endlich den Türrahmen versperrte.
Ja! Der Fremde würde ihm das Herz nicht herausreißen, und das Mädchen mitnehmen das Leander selbst begehrte!
Beim Anblick von Fink war Leanders Panik plötzlich war seine Panik in Wut umgeschlagen. Mit wenigen wilden Sätzen und dem Einsatz seiner Fäuste bahnte er sich seinen Weg durch die Kundschaft, holte den Fremden ein und schrie zu Fink:
„Fink, der Mann kommt hier nicht raus!“
Es brauchte eine Sekunde, bis der Befehl durch die Ohren des Ogers drang, und den Weg zu seinem Gehirn suchte… Doch Fink versteifte sich, und blockierte den Fremden den Weg, indem er praktisch die komplette Tür ausfüllte. Nicht einmal ein kleiner Junge könnte jetzt den „Roten Drachen“ noch verlassen.
Leander atmete nochmal tief ein und aus, beruhigte sich. Dies war sein Laden, und bei ihm wurde weder die Zeche geprellt, noch gestohlen, und ganz bestimmt nicht ein Mädchen entführt!
„Halt, mein Herr!“ In der Stille, die sich plötzlich im Schankraum ausgebreitet hatte, klang die Stimme des Wirts klar und fordernd, GESCHULT VON JAHRELANGEM Umgang mit den zweifelhaften gestalten Marburgs. Und unterstützt von den Muskeln eines Ogers.
„Ihr geht jetzt. Und das Mädchen bleibt hier!“
Der Fremde blieb unbewegt, das einzige Geräusch im „Roten Drachen“ war das tiefe Knurren eines Hundes, der scheinbar von der Situation eingeschüchtert war…
Dann konnte Leander sehen, wie der Fremde sich ihm langsam zu wandte, auf seinen Schmalen bleichen Lippen ein breites Lächeln.
„Oh nein, Irina kommt mit."
Leander stutzte verwirrt.

"Und DU auch.“
 
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Seid mir nicht böse, aber ich schreibe tatsächlich zwischendurch, wenn ich gerade ein bisschen zeit (und laune habe). Deshalb sind die Schnipsel auch so klein, denn selten habe ich mehr als 1h Zeit am Stück für dieses kleine Nebenprojekt 🙂
Und da ich inzwischen auch Korrekturlese, und auch Duden bemühe (Danke SHOKer), keommt in der zeit nicht mehr dabei rum.
 
Seid mir nicht böse, aber ich schreibe tatsächlich zwischendurch, wenn ich gerade ein bisschen zeit (und laune habe). Deshalb sind die Schnipsel auch so klein, denn selten habe ich mehr als 1h Zeit am Stück für dieses kleine Nebenprojekt 🙂
Und da ich inzwischen auch Korrekturlese, und auch Duden bemühe (Danke SHOKer), keommt in der zeit nicht mehr dabei rum.

nun solange du wenigstens regelmäßig dazu kommst, ist das schon in Ordnung. Lieber alle 1-2 Tage ein bisschen als einmal viel und dann ewig gar nichts.

Viel zu sagen gibts allerdings nicht. Macht wirklich neugierig und ist nach wie vor angenehm geschrieben. Interessante Charaktere. Bin mal gespannt, wo das noch hinführt.

Ein paar Fehler sind noch drin, aber die kann man größtenteils ignorieren. Ich werd da auch nicht groß drauf hinweisen, es sei denn, du willst das. Dafür, dass Deutsch nicht deine Muttersprache ist, ist das schon wirklich gut. Aber eins muss ich loswerden, weils doch etwas die Stimmung versaut: 😉

Und ihr Traum wurde war.
wahr (von Wahrheit, nicht von sein)

Vielleicht noch als allgemeinen Hinweis:
Es gibt einen Unterschied zwischen umwenden (etwas anderes umdrehen -> aktiv) und sich umwenden (-> passiv) ... im ersten Fall heißt die Vergangenheitsform "er wendete (das Blatt)" im zweiten "er wandte sich (um/zu/hin)". Du verwendest häufiger die Form des ersten und meinst das zweite.

wie der Fremde sich ihm langsam zuwendete
richtig wäre hier "zu wandte". Ich glaub in einem der früheren Teile ist mir Dasselbe mit "umwendete" aufgefallen.
 
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Danke für die Korrekturen

Leute, danke für das stetige Feedback, das hält schön am laufen. Heute im Laufe des Tages kommt noch ein Teil.

@SHOKer: Korrekturen kannst du gerne machen, wenn du Zeit und Lust dazu hast! Bin mir nicht zu schade zum korrigieren, schließlich werden diese Geschichte auch bald auch meine Leute lesen. 😀
Habe natührich auch deine erwähnten Fehler korrigiert.
 
*** ***
Und der Edelmann führte nun auch seinen Finger an die Lippen und sprach weiter:
„Und bitte: Kein Wort mehr von dir!“
Mit zwei Fingern winkte er Leander hinter sich her und der Wirt kam sich vor, als wäre er ein Zuschauer in seinem eigenen Körper. Eine leblose Marionette. Der Fremde zog an den Strängen und ließ ihn nun wandeln! Sein Leib folgte einfach dem Befehl des Fremden, setzte selbstständig einen Fuß vor den anderen und ging ihm nach!
„Hexerei! Bei Sigmar, dieser Mann ist ein Hexer!“, brüllte der Wirt aus Leibeskräften. „Ho…“ Doch nein, er brachte kein Wort heraus! Er hatte nichts gesagt! Wo war seine Stimme!?
„Auf ihn! Dieser Mann ist ein Hexer!“, schrie Leander in seinen Gedanken. Doch sein Mund blieb stumm, genauso wie der Fremde es ihm befohlen hatte. Und die Gäste machten weiter, so als sein die kleine Szene an der Tür nur ein kleines Getuschel unter Freunden.
Panisch sah er zu, wie der Hexer mit Irina weiter marschierte, bis er vor Fink stand. Das, was der Hexer zum Oger sagte, hörte Leander in seiner Panik nicht, doch der Oger machte dem Unheiligen einfach Platz, trat einen Schritt zur Seite und hielt die Tür auf!
Und Leander sah sich aus der dampfenden Stube in die dunkle Herbstnacht herausgetreten. Fink selbst blieb in der Stube und schloss die Schranktür hinter ihnen zu.
Leander konnte noch den Kopf bewegen und sah sich ein der Brauergasse panisch um. Weit und breit war keine Hilfe zu sehen! Die Gasse war, bis auf die Lampe, die über ihren Köpfen sein Tavernenschild beleuchtete, dunkel und kalt. Weit gegen Ende, in der Bäckergasse, leuchtete eine andere Laterne und er konnte dazwischen zwei-drei bucklige, humpelnde Bettler erkennen, die neugierig näher kamen.
Zu seiner rechten schwoll der Lärm einer fahrenden Kutsche an und Leander sah das pompöse schwarze Gefährt sich polternd auf sie zu bewegen; und genau vor dem Hexer zügelte der große dunkle Kutsche die vier gewaltigen schwarzen Rösser.
Die großen Tiere wieherten ganz leise und in der kalten Herbstluft trat modrig stinkender Dampf trat aus ihren Nüstern hervor. Mit Hufen so groß wie Kindersärge scharrten sie auf den Pflastersteinen, dass winzige kleine Funken flogen.

Leander starrte wie gebannt auf die grauenvollen Bestien, doch eine Mischung aus Angst und gebanntem Interesse ließ seinen Blick weiter über das düstere Gefährt wandern. Ein kalter Schauer der Angst lief über seinen Rücken als er sein Blick auf den Kutscher fiel. Ein stämmiger, düsterer Mann, mit wilden, mordlustigen Augen und einem zottligen, großen Bart. Eine große Narbe lief über seine rechte Wange, und Leander wusste nur zu gut, dass es der Mann wohl absichtlich so schlecht hatte verheilen lassen. Zusammen mit seiner großen Statur und diesen brutalen Augen machte es ihn geradezu beängstigend.
Der Kutscher beugte sich nach vorne und nahm von seinem Herren dessen dreckigen Mantel entgegen, um sich selbst darin zu hüllen. „Der Adelige passt deshalb nicht zu seinen Gewändern …“ dachte Leander und musste lächeln. „Wie ein Wolf in Schafspelz… oder ein Drache in Wolfspelz…“
 
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