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Der Hauptmann rannte die Treppen des Turms hinunter und erreichte den von Fackeln erleuchteten Tordurchgang, als Wilhelm seine zwei Finger wieder zum Mund führte. Der junge Soldat hatte sein Herz am richtigen Fleck, ein junger, sigmargläubiger Bursche. Solche Männer hätte er mehr brauchen können!
„Wer war das!?“, schnauzte er die Männer an, die immer noch hinter der dunklen Kutsche starrten, die polternd in der Nacht verschwand. Niemand verließ die Stadt noch so spät und wenn, dann hatte er meist unehrenhafte Gründe! „Unser Auftrag ist es, Diebe aufzuhalten und nicht, Ihnen die Tore zu öffnen, ihr Narren!“
Die drei Männer wurden plötzlich unruhig, keiner traute sich, ihm in die Augen zu blicken…
„Also was!?“, blaffte der Hauptmann.
„Er war ein Edelmann mit seiner Geliebten, Hauptmann…“ Endlich fand der alte Waffenmeister Nicolaus seinen Mut wieder, hob die Augen und stellte sich dem Blick des Hauptmanns.
„Der Kutscher sagte, sie haben es nicht weit. Nur eine Stunde nach Dunkelbrunn, wo sein Herr ein Jagdhaus besitzt.“ Seine Stimme klang fest, aber nicht ganz überzeugt. Wahrscheinlich hatte der Kutscher einem der drei einen Beutel zugesteckt, um ungehindert nach der Sperrstunde passieren zu können.
Doch gerade als der Hauptmann die Hand ausstreckte und den Mund aufmachte, um die Herausgabe des Schmiergeldes zu verlangen, sah er einen Soldaten, der scheinbar so schnell er konnte auf das Tor zu rannte. „Hauptmann! Hauptmann“, brüllte der Mann, immer noch viele Schritt entfernt.
„Im Roten Drachen… “ er kam die letzten Schritte die Gasse hinauf „Im Roten Drachen gibt’s ein Blutbad!“ er schnaubte und rang nach Luft „Fink der Oger ist durchgedreht… hat die Tür verrammelt … und schlachtet da drin mit der Axt jeden nieder…“ Der Junge Wachmann atmete nochmal tief ein und aus. „Er ist wie von Sinnen Hauptmann! Die Jungs versuchen die Tür aufzubrechen, aber durch das Fenster konnte ich das Blutbad sehen… Sigmar sei Dank hält ihn eine kleine Gruppe Söldner in Schach, aber schnell! Wir brauchen mehr Männer!“
„Ich habe schon immer gewusst, dass kein gottesfürchtiger Mann einen Oger beschäftigen sollte. “ brummte der Hauptmann „Nur Fressen und Schlachten im Kopf haben diese Monster. Schlagt Alarm!“
Und der junge Wilhelm rannte zur kleinen Glocke in der Wand und begann sie wild zu schlagen, um die Schlafenden Wachen in der angrenzenden Wachstube zu wecken.
Einen wütenden Oger in der Stadt zu bekämpfen war ein Alptraum, hatte man ihm oft gesagt. Doch nun würde er es herausfinden müssen....
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Irina hatte so viel erzählt, so viel von ihren Träumen und ihren Gefühlen, dass sie glaubte, diesen geheimnisvollen Mann schon seit Wochen zu kennen. Und Sie spürte, dass er ihre Geschichte sehr genoss, Wert darauf legte sie zu verstehen und nicht, nur ihren Körper zu besitzen.
In der engen Welt der dunklen Kutsche existierten nur Sie beide und sie konnte das Pochen ihrer beiden Herzen hören. Doch langsam brannte sie vor Neugier, wollte dass auch er sich ihr öffnet, auch wenn es schön war, ihm ihre Seele anzuvertrauen. Gerade fühlte sie sich entblößter und verwundbarer, als sie sich in ihrer ersten Liebesnacht gefühlt hatte.
„Bitte erzähl mir wer du bist.“ Irina bettelte fast, legte in ihrer Stimme alles an Weiblichkeit, über das sie verfügte, aber auch den ehrlichen Wunsch, mehr über ihn zu erfahren.
Und ein Lächeln erhellte sein Gesicht.
„Bald.“, sagte er „Sehr bald. Doch erst musst du mir eine Frage beantworten.“
Seine Stimme klang tief und wohltönend, seine Augen fixierten ihre, wie zwei leuchtende Rubine in der Dunkelheit der Kutsche. Um nichts in der Welt hätte Sie sich von Ihnen abwenden können.
„Möchtest du dir Reichtum, Kraft und die Macht, zu Eigen machen, wonach dein Herz begehrt? Möchtest du die Lügner enttarnen und ALLEN falschen Menschen und Götter gleichermaßen ins Gesicht lachen und Sie bestrafen wie sie es verdienen?“
„Oh JA…“, hauchte Irina inbrünstig.
„Und was bist du bereit, dafür zu geben?“ fragte seine tiefe Stimme.
„Alles!“, stöhnte das Mädchen
„Gut…“ Sie konnte im dunklen sein Lächeln sehen, als ein Augenblick des Mondlichts auf seine Zähnen funkelte. Und plötzlich, war er über sie! Er küsste sie innig und sein berauschender Duft erfüllte ihre Sinne.
„Dann möchte ich dir zwei Wünsche erfüllen“ hauchte er ihr ins Ohr, während er sie auf seinen Schoß zog.
„Ich bin Vlad.“, flüsterte er „Vlad von Carstein.“
"Vlad, der Drache von Sylvania", dachte Irina berauscht, doch plötzlich spürte Sie wie ihre Welt in unvorstellbarem Glück versank.
Seine Hände wanderten über ihren Körper, zerrissen dabei ihre Kleider immer wieder in kleine Fetzen, und ihr ganzer Körper reagierte, bebte und versank wie in einem dunklen, warmen, einladenden Zuber. Das wenige Licht in der Kutsche verschwamm und irgendwo, in der süßen Dunkelheit erschien ein Licht, dessen warmes Glühen Irina anzog, wie die Stimme einer Mutter wohl einen Neugeborenen in eine neue Welt anzieht.
Langsam und voller Zuversicht, strebte das junge Mädchen dem wachsenden Licht entgegen. Sie spürte, wie sanfte Klänge ihr willkommen hießen.
Dort musste das Glück sein.
Sie streckte dem Licht die Hand entgegen und glaubte einen gewaltigen braunen Bären zu sehen, der ihr ruhig die Pfote entgegenstreckte.
Doch plötzlich wurde Irina gepackt und mit unglaublicher Gewalt vom Licht weggezehrt.
Glück und Zuversicht wurden durch Schmerz ersetzt und die wohlige Wärme verwandelte sich schlagartig in sengende Hitze, als würde ihr Körper in glühenden Kohlen geschmissen.
Einen Augenblick lang vernahm sie, wie der große Bär traurig den Kopf sank und sich von ihr wegdrehte, bevor das Licht ganz verschwand.
Irina blieb brennend zurück in der Dunkelheit und schrie alleine in grauenvollen Schmerzen.