@Calidus:
Eine interessante Beobachtung. Ich werde mal darüber nachdenken und mir die von dir angesprochenen Abschnitte nochmal anschauen. Es freut mich aber, dass es umindest keine negative Veränderung war.
Okay, dann mal für alle ein neuer Abschnitt, deismal mit einem ziemlichen Cliffhanger am Ende...
Fluchend rammte Haller eine neue Energiezelle in seine Laserpistole und feuerte eine Salve über den Rand seiner Deckung. Die Bodenwelle war kaum hoch genug, dass er dahinter liegen konnte, und sie würde ihm keinen Schutz vor den Shurikengeschossen bieten. Er musste weg hier und einen besseren Platz finden.
Kaum zwei Meter von ihm entfernt lag der Gefreite Stolte in seinem Blut. Eine Shurikensalve hatte die Brust des Soldaten wie ein Tranchiermesser aufgetrennt und den Inhalt seines Brustkorbs über den Waldboden verteilt. Stoltes Hände waren noch im Tod um das Lasergewehr gelegt. Der Rest von Hallers Kommandotrupp war irgendwo im gelände verstreut. Haller wusste nicht, ob die Männer noch am Leben waren, geschweige denn, wo sie sich befanden.
Haller kroch langsam und vorsichtig nach links. Es war eine verflucht dumme Idee gewesen, einen Angriff auf die Eldar zu versuchen. Offenbar hatte man im Regimentsstab nicht damit gerechnet, dass die Xenos einige ihrer schweren Shurikenwaffen, die die imperialen Soldaten inzwischen nur noch mit einer Mischung aus Grauen und Respekt „Schnitter“ nannten, versteckt in Stellung gebracht hatten.
Mindestens drei „Schnitter“ hielten die Anhöhe gut fünfzig Meter vor ihnen und hatten den Vormarsch der Imperialen mit blutiger Effizienz zum Stehen gebracht. Die hinterlistigen Xenos hatten die Vorhut herankommen lassen, um erst beim Eintreffen der Hauptstreitmacht das Feuer zu eröffnen. Wer das Pech gehabt hatte, mehr oder minder ungeschützt zu stehen, war augenblicklich niedergemäht worden. Nun schwiegen die Xenoswaffen. Die Eldar warteten auf neue Ziele.
Haller hatte den Rand seiner Deckung erreicht. Gute drei Meter weiter gab es dichtes Buschwerk, dahinter eine Baumgruppe, deren Stämme wohl ausreichend dick waren, um angemessenen Schutz zu bieten. Drei Meter im Offenen waren alles, was er jetzt überwinden musste.
Er fluchte leise und wenig imperatorgefällig, dann verzog sich sein Gesicht zu einem grimmigen Lächeln, als er daran denken musste, dass Vorgesetzte ihn früher wegen seiner Flucherei gescholten hatten. „Warp und Höllenfeuer!“, fluchte er noch einmal. Er fühlte sich sofort besser.
Haller sprang auf die Beine und hechtete los. Von der Anhöhe her war ein unterdrücktes Pfeifen zu hören, dann schlug die Kugel eines Scharfschützen zwischen seinen Füßen ein, aber er war zu sehr auf sein Ziel fixiert, als dass er sich davon hätte irritieren lassen. Keinen Moment zu früh sprang er in den Sichtschutz der Büsche. Nur Millimeter über seinem Kopf riss eine neue Shurikensalve das Blattwerk entzwei und ließ Blätter und Äste auf Haller herabregnen. Er beeilte sich, seine Position kriechend weiter nach links zu verlagern.
„Haller!“, zischte jemand aus Richtung der Baumgruppe. Erst als er genauer hinsah, bemerkte der junge Leutnant, die Erdkuhle dahinter und die beiden Soldaten, die darin lagen. Es waren Leutnant Strauß und sein Funker Lilienthal.
Haller glitt zu ihnen herüber, so schnell es der Waldboden erlaubte. Er hätte sich drei Dutzend Männer vorstellen können, die er in diesem Moment lieber um sich gehabt hätte als Leutnant Strauß, aber die Umstände waren, wie sie waren.
„In eine schöne Scheiße haben sie uns da geführt, Haller!“, begrüßte Strauß ihn in seiner gewohnt liebenswerten Art, aber mit für den Adligen ausgesprochen ungewöhnlicher Wortwahl. Der Leutnant wusste genau, dass Haller keine andere Wahl gehabt hatte, als genau diesen Weg zu nehmen, den der Angriffsplan des Regimentsstabs vorgesehen hatte, aber in diesem Moment schien er einfach ein Ventil für seine Wut und seine Verzweiflung zu brauchen. Haller ließ ihn diesmal gewähren.
„Wenn sie mir Mörserfeuer auf die Eldarstellungen anfordern sind sie mein Held, Leutnant Strauß.“, sagte er trocken.
Strauß sah ihn für einen Moment irritiert an, dann wedelte er seinem Funker hektisch vor dem Gesicht herum. „Nun machen sie schon, Lilientahl, sie haben den Leutnant gehört. Muss ich ihnen denn erst alles sagen?“
Lilienthal mühte sich eine Weile mit dem Funkgerät ab, während Haller und Strauß danebenlagen und auf die verzerrten Summtöne lauschten, die das Gerät von sich gab. „Nichts.“, meldete der Funker schließlich. „Die Xenos stören wohl die Verbindung.“
„Großartig.“, murrte Strauß.
Haller nickte. „In der Tat, Leutnant. Haben sie Vorschläge?“
Strauß kniff die Augen zusammen und legte unter dem Helm die Stirn in Falten. „Es ist nicht allzu weit. Wir könnten es mit Handgranaten versuchen.“
Haller winkte ab, bevor Strauß den Plan zuende denken konnte. „Vergessen sie’s, Strauß. Die Scharfschützen da oben würden jeden von uns erschießen, bevor auch nur eine Granate geworfen ist. Sich hier in der Stellung aufzurichten und zu werfen wäre Selbstmord.“
„Dann warten wir.“, meinte Lilienthal. „In Deckung sind wir einigermaßen sicher, bis man Panzer schickt, um hier den Durchbruch zu erzwingen.“
„Unsere Verwundeten müssen versorgt werden.“, entgegnete Haller und biss sich auf die Lippen. Es würde auch keine Panzer geben, aber das musste er dem Funker in der jetzigen Situation ja nicht auch noch sagen. Es sah wirklich schlecht aus.
Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen, dachte Haller. Er war nie jemand gewesen, dem sein eigenes Leben und seine Sicherheit übermäßig viel bedeutet hätten. Er war bereit, jedes Risiko einzugehen, dass den Erfolg der mission und das Leben seiner Männer sichern konnte.
„Sind sie ein guter Schütze, Leutnant?“, fragte er Strauß.
Strauß schwieg einen Moment, so als wäge er im Kopf zunächst einmal ab, welche Absicht hinter der frage stehen mochte, dann antwortete er: „Natürlich, Haller. Ich war Zweitbester im Abschlussschiessen meines Akademiejahrgangs. Ich habe drei Laserwaffenduelle siegreich hinter mich gebracht.“
„Natürlich.“, bestätigte Haller lächelnd. „Lilienthal, geben sie dem Leutnant ihr Gewehr.“
Strauß nahm das Gewehr, auch wenn er dabei fassungslos den Mund öffnete und schloss. „Was... Was haben sie vor, Haller?“, stotterte er.
„Ich bin ein Hase, Leutnant.“, erwiderte Haller und drehte sich so, dass er in Richtung der Büsche lag, in deren Deckung er einige Augenblicke zuvor gesprungen war. Sein suchender Blick fand eine andere Gruppe Büsche, die weiter in Richtung der Eldarstellungen lag.
„Ich werde jetzt loslaufen und das Feuer auf mich ziehen. Sie bleiben hier in Deckung und behalten die Stellungen im Auge. Wenn sie etwas sehen, dann schießen sie darauf. Sie haben mein vollstes Vertrauen, Leutnant.“
„Das klappt doch nie, Haller.“, maulte Strauß. Haller ignorierte ihn. Er nahm befriedigt zur Kenntnis, dass der Leutnant trotz seines offensichtlichen Widerwillens das Gewehr in Händen hielt und darauf wartete, über der Deckung in Anschlag zu gehen.
„Dann mal los!“, sagte Haller zu sich selbst. Er warf seine Laserpistole in die weiter entfernten Büsche, die er vorher ausgemacht hatte, und sprang dann auf, um wie ein Wilder längs zu den Eldarstellungen hakenschlagend durch den Wald zu stürmen.
Seine Rechnung ging auf. Das Rascheln des von der Pistole getroffenen Strauchs genügte tatsächlich, einen nervösen Eldar dazu zu bewegen, seine Xenofinger um den Abzug seiner Shurikenkanone zu krümmen und wild in die Gegend zu feuern. Seine Kameraden fielen mit ein, schossen erst auf die Bewegungen in den Büschen, dann auch auf den rennenden Haller.
Laserschüsse knackten, während Haller um sein Leben lief, sich hinter Baumstämme und in Vertiefungen duckte, Dornenranken übersprang und von Strauch zu Strauch hechtete. Die Shuriken umschwirrten ihn buchstäblich, doch wie durch ein Wunder traf ihn keins der Geschosse. Er betete, dass seine Glückssträhne lange genug anhalten mochte.